Freitag, 27. Juni 2014

Immobilienblase

Dieses Gefühl kommt mir bekannt vor. Zu lesen, dass die Immobilienpreise schon wieder gestiegen sind. Gut, wenn man nicht mehr sucht sondern schon zugegriffen hat. Jedoch, wer finanziert ärgert sich über die noch immer fallenden Zinsen. Man zahlt ein Premium an die Banken oder die Vorbesitzer.

Das erinnert mich an die Jahre 1996 bis 2000. Dieses Gefühl von Sicherheit und Wohligkeit, es kann nur noch aufwärts gehen. Das Gefühl, endlich wieder sicher im Sattel zu sitzen macht Gedanken für Wachstum frei. Man liest Zeitung und liest, dass sich die Deutschen so gut wie noch nie (noch nie!) fühlen. Die Löhne steigen real, die Aktien auch - aber das interessiert kaum noch jemanden. Es ist alles verkauft und in Immobilien angelegt. Ich höre von Kaufpreisen für Häuschen im Grünen, da halte ich die Luft an. Aber egal, der Käufer hat vorher zu einem ebenfalls atemberaubenden Preis verkauft.

Merkel wäre schön blöd, jetzt vor einer Immobilienblase zu warnen. Wer wiedergewählt wurde, warnt nicht. Warnen tut nur, wer Schaden vom deutschen Volke abwenden will. Niemand warnt oder fürchtet, eine Dummheit zu begehen. Denn anders als Aktien haben Immobilien ja einen Nutzwert, das ist keine Spinnerei für Zocker, nicht wahr. Und auch das Internet nützt nicht so viel. Denn die realen Preise lassen sich da nicht verfolgen, höchstens die Preisvorstellungen der Verkäufer. Man muss auch Zeitungen lesen, oder wissen wo es im Internet gute Statistiken gibt.

Die Mutter aller Risiken ist das ansteigende Kreditvolumen. Es überrollt alle Überzeugungen. Selbst die, nach der Besitz besser als Miete sei. Besitz auf Pump ist nämlich noch kein Besitz. Draghi senkt die Zinsen in Richtung Null - nehmen die Leute und Firmen jetzt Kredite en masse auf?

Irritierende Statistiken zeigen: nicht Unternehmen sondern Private treiben das Kreditvolumen. Nachdem sie sich mit Gold eingedeckt hatten, greifen sie jetzt nach Wohnungen am Ku'damm und Häusern im Taunus. Ach, und ein neuer Targa ist auch noch drin.

Die Musik wird noch eine Weile spielen, Draghi dreht die Knöpfe ja gerade alle nach rechts. Aber ein gutes Ende wird das nicht nehmen. Die Politiker haben überhaupt nichts gelernt. Und wo sie die Anforderungen an die Vergabe von Krediten erhöht haben, senkt Draghi die Zinsen. Die Banken erhöhen ihr Eigenkapital indem sie sich in Grundbücher reinschreiben und aus getilgten Forderungen nicht einfach aussteigen sondern neue nachschieben. Bloß im Grund drin bleiben!

Das blöde an Finanz- oder Schuldenkrisen ist: Sie tragen jedes mal eine andere Maske und man weiß nicht, wer wann und warum den Stecker ziehen wird. Irgendein Kreditausfall wird den Stein ins Rollen bringen, dann kommt die erste Villa unter den Hammer. Irgendwann kommen traumhafte Kaufgelegenheiten. Aber im Sommer gucken wir erstmal WM und dann begehen wir den 100. Jahrestag von August Vierzehn.

Samstag, 21. Juni 2014

Auswertung Patentstatistik 2013

Etwas verspätet hier meine Auswertung des Jahresberichtes des Deutschen Patentamtes für 2013, (Quelle: DPMA).

1. Patente

Bundesländer:
Bayern hat den Spitzenplatz zurückerobert. Es gab es folgende Anmeldezahlen:

1. Bayern: 14.829
2. Baden-Württemberg:  14.564
3. NRW: 7.073
4.  Niedersachsen: 2.924
..
8. Berlin: 897
9. Hamburg: 41
12. Brandenburg: 322

Top 10 Anmelder in Deutschland, alle Branchen
1. Bosch: 4.144
2. Schaeffler: 2.100
3. Daimler: 1.854
4. Siemens: 1.784
5. GM: 1.289
6. BMW: 1.182
7. Ford: 1060
8. Audi: 1027
9. Volkswagen: 836
10. ZF: 708
11. Hyundai: 511
12 Bosch-Siemens Hausgeräte: 509
13. Continental: 465
14. Fraunhofer: 459
15. Infineon: 439
16. Porsche 431

Alle Hochschulen: 672 (theoretisch Platz 8).

Wertung:
Was IBM in den USA (in Deutschland mit 156 Anmeldungen auf Platz 32), ist Bosch in Deutschland: Der ewige Patentanmeldemeister. Beeindruckend auch der Abstand zum zweiten Platz, der vom "Aufsteiger" Schaeffler belegt wird. BMW springt von 10 auf 6. BMW hat wie Audi seine Anmeldezahlen fast verdoppelt. Ford ebenfalls und springt damit in die Top 10. Rechnet man VW, Audi und Porsche, die zum gleichen Konzern gehören zusammen, ergibt sich mit 2.294 Anmeldungen Platz 2.

Top 12 Technikfelder (nach IPC):
1. Fahrzeuge allgemein: 6.13 (10% aller Anmeldungen)
2. Maschinenbau: 5.420 (9%)
3. Elektrische Bauteile: 4.478
4. Messen und Prüfen: 3.677
5. Brennkraftmaschinen: 2.282
6. Elektrische Energietechnik: 2.2260
7. Medizintechnik: 2.214
8. Computer, EDV: 1.694
9. Kraft- und Arbeitsmaschinen: 1.496
10. Landfahrzeuge (ohne Bahn): 1.449
11. Nachrichtentechnik: 1.410
12. Logistik: 1405

Wertung:
Aufgeholt in Anmeldezahlen haben Computer und Nachrichtentechnik.

Top Anmeldefelder Automotive:
Die Verbrauchssenkungsziele drücken sich laut DPMA in folgenden Anmeldethemen aus: Kompensation von Hubraumreduzierungen und Zylinderzahlreduzierungen durch Turboaufladung und Direkteinspritzung. Um 18% gestiegen sind die Anmeldungen von Hybridantriebstechniken. Themen hier: Energie-/Akkumanagement für Plugin-Hybride. In die Berechnung fließen inzwischen auch Navigationsdaten ein (Höhenprofile, Verkehrsdaten).

Verteilung der Anmeldefelder Erneuerbare Energien:
In Summe stammen 2/3 der Anmeldungen hier von ausländischen Unternehmen. Was evtl. daran liegt, dass der deutsche Herstellermarkt von mittelständischen Unternehmen geprägt ist.Auf jeden Fall spiegelt sich darin ein Rückgang der Subventionen für regenerative Stromerzeugung in Deutschland.


Patentanwälte:
Wie viele Patentanwälte buhlen um Mandate von Patent- und Markenanwälte? 2013 gab es 202 Patentanwälte neu zugelassen, 50 wurden "gelöscht".

2005: 2.389
2011: 3.089
2013: 3.349

Sonntag, 1. Juni 2014

Heimgekehrte und Daheimgebliebene

Von Herman Hesse gibt es das schöne Zitat, nachdem der Daheimgebliebene sich dem Heimgekehrten überlegen fühlt. Ich kenne da auch ein paar Beispiele. Und oft handelt es sich dabei um Gespräche zwischen Eltern und Kindern. Um Dorf und Stadt. Um Standpunkt und Horizont.

Dem Konservativen geht es um die Bewahrung von Werten. Doch das Bewusstsein um Werte entwickelt sich eigentlich nur, wo auch die Abwesenheit dieser Werte erfahren wird. Alles andere ist nur Gewohnheit, bzw. Angst um den Verlust dieser Gewohnheit.

Safranski verdichtete Goethes Faust neulich im WDR dahingehend, die Kunst bestehe darin, sowohl das Bewusstsein für sich selbst als auch für die Welt zu behalten und in Einklang zu bringen. Genau daran hapert es hierzulande, meine ich. Wir haben die Dörfler, "die ihre Selbstsicherheit nur aus ihrer Unwissenheit beziehen". Ihnen gab der linke Zeitgeist das bequeme Argument, Reisen sei Zerstörung. Und wir haben die Weltauskenner, denen die verdächtig sind, die noch ein Bewusstsein für sich selbst haben.

Entschuldigung, wenn ich von "Dörflern" spreche. Der Stadtteil in dem ich aufgewachsen bin, nannte sich selbst so: "Ich gehe noch mal ins Dorf einkaufen", sagte man zu den Läden am Hellweg. Mit "Stadt" hingegen war immer Stadtmitte gemeint.

Ein Freund von mir packte vor zehn Jahren in die Koffer, um nach Warschau aufzubrechen. EU-Osterweiterung! Geschichte! Er hatte das Angebot von dort nicht gesucht, man machte es ihm und er begriff es als Chance. Sein Umfeld sprach nur dagegen. So wie bei mir als ich mich im Sommer '89 um einen Studienplatz in Berlin kümmerte. Doch im Unterschied zu mir, ließ er es sich nicht ausreden und ging. Im Unterschied zu mir verpasste er es nicht weil er das Bewusstsein hatte, das mir damals noch fehlte und dass ich zwölf Jahre später nachholte.

Als er nach Hamburg zurückkehrte sagte man ihm: "Siehste, habe ich dir doch gleich gesagt." Als ich in Berlin blieb sagte man mir: "Haben wir dir doch immer gesagt."

Mein neuer Konservatismus ist vielleicht vorübergehend. Ich habe ihn mit dem Bewusstsein für nicht selbstverständliche Werte, für die ich früher blind war, heraus entwickelt. Gleichwohl bin ich liberal geblieben und eigentlich immer liberaler geworden. Meine Toleranz ist heute keine Kopfsache mehr sondern speist sich aus einem tiefen Respekt für jede Form von Leben. Und dieser ist an Erfahrungen gewachsen. Gespräche statt Fernsehen oder Internet.

Der Daheimgebliebene hat nie etwas riskiert, denn er hat von allen Risiken schon gehört. Und die restlichen denkt er sich selbst aus. In seinen Angstphantasien konfrontiert er sich eigentlich nur mit sich selbst. Und genau so ist es mit seinen Vorurteilen gegen andere. Der Daheimgebliebene ist bei SMS geblieben, hört von den NSA-Enthüllungen und sagt: "Siehste!" Er fährt mit seinem Auto immer die gleichen Strecken, gibt in jeder Kurve Gas und beschwert sich über Auswärtige, die die Wegweiser tatsächlich lesen müssen. Er zieht daraus ein Überlegenheitsgefühl. Fährt er mit dem Auto nach Berlin, staut es sich hinter ihm. Und wehe dem, der sich bei ihm beschwert.

Der Daheimgebliebene bevorzugt den vertrauten Schmerz vor dem Risiko einer Lösung. Der Schmerz gibt ihm Identität. Berichtet man ausnahmsweise ihm vom eigenen Schmerz besteht seine Antwort aus seinem Pendant. Nach zehn Minuten haben Sie einen Satz gesagt, und er diesem das Stichwort für einen eigenen Monolog übernommen. Er verzehrt sich dabei, brennt dabei mitunter sogar aus und sein Blick wird immer aggressiver.

Der Heimgekehrte redet nicht so viel. Das Erlebte verarbeitet er in seiner Vorstellung von der Welt. Und je mehr er erlebt hat, desto weniger hält er für erwähnenswert. Er beschränkt sich auf das wenige wesentliche. Der Heimgekehrte ist von wenigem wirklich abhängig. Er hat gelernt, das Land, den Kontinent, den Planeten als seinen Boden unter den Füßen zu betrachten. Er erstarrt nicht vor Angst, er klebt an keinem Besitz. Er tauscht was er nicht mehr braucht gegen das was er braucht. Es hält sowieso nichts für immer. Kein Besitz und kein Leben. Er weiß um die Sterblichkeit. Aber wo sich der Daheimgebliebene seinem Schicksal ergibt und höheren Mächten seine Angst und Bequemlichkeit als Verzicht verkauft um diese gnädig zu stimmen, da folgert der Heimgekehrte aus der Begrenztheit seiner Tage, dass jeder einzelne von diesen wertvoll ist.