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Dienstag, 6. Februar 2018

Wie der Evolutionsbiologe Richard Dawkins Familie und Nation modelliert

Der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins veröffentlichte bereits 1976 einen revolutionären Vorschlag, wie wir Evolution (weiter) denken müssen. Jetzt, da ich es lese, verstehe ich nicht, warum sein Gedanken nicht längst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Denn sie liefern gute Argumente gegen den linksliberalen Mainstream der da von Selbstaufgabe und Fremdüberhöhung predigt. Und also antiwissenschaftlich handelt. Und das geht so:

Wessen Interessen verfolgen Individuen in ihrem Überlebnskampf? Ihre individuell eigenen? Die ihrer Familie? Die ihrer Gruppe oder die ihrer Gattung?

Dawkins interpretiert all die bis dahin veröffentlichten Beobachtungen indem er sie auf eine Ebene tiefer verschiebt? Wer ist "Individuum"? Inspiriert von den Erkenntnissen Darwins und anderer verschiebt er den Betrachtungsgegenstand auf die Gene des Individuums und sagt:

Nicht der Mensch kämpft ums Überleben sondern jedes einzelne seiner Gene um möglichst breite Vervielfältigung in anderen "Überlebensmaschinen". Es ist nicht die Gattung, die sich an den Umweltbedingungen misst, sondern das Gen, das eigentlich -aber über den Umweg seines Wirts- dem Ausleseprozess unterliegt.

Mithin sei es nicht so, dass der Mensch (oder jedes andere Lebewesen) Gene habe, sondern die Gene haben ihn. Als "Überlebensmaschine". Und bei der Paarung kämpft jedes einzelne Gen um Dominanz. Was sich in unserem Körper abspiele, sei der Kampf ums Überleben einzelner Gene um die Wertigkeit im Genom. Der gemeinsame Abwehrkampf gegen Viren via Immunsystem entspreche dem Phänomen, nichts eine mehr als der Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner (der eigenen Überlebensmaschine).

Folgt man dieser Interpretation von Leben stellen sich viele wichtige Fragen ganz anders. Wenn jedes Gen einzeln nach Vervielfältigung strebt, dann hat das Folgen für die Überlebensstrategien von Menschen. Dann spielt nicht nur "man selbst" eine Rolle, sondern auch die Verwandtschaft, mit der man halt einen besonders hohen Anteil von Genen teilt. Dawkins durchläuft den Stammbaum und rechnet aus, wer ihm gentechnisch "am nächsten" liegt. Dabei spielt noch ein geschlechtsspezifischer
Faktor eine Rolle: Die Mutter ist immer sicher, der Vater immer mit einer Unsicherheit behaftet. Linien entlang von Frauen sind deshalb sicherer und deshalb "näher" als die über Männer.

Daraus folgt zum Beispiel: Die Enkelin der Tochter ist einer Großmutter näher als der Sohn des eigenen Sohnes. Denn der eigene Sohn wisse nicht sicher, dass sein Sohn von ihm stamme. Usw. Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, mit dieser These einmal Verhaltensmomente in der eigenen Verwandtschaft durchzuspielen ;-)

Mit seiner Genmathematik zeigt Dawkins, dass die familiäre Bande nur zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Geschwistern besonders ausgeprägt ist. Schon bei Cousins / Cousinen fällt der Anteil gleicher "Familiengene" stark ab. Aber dies ist ein relativer Wert, der davon abhängt, wie "homogen" der Kreis ist, mit dem man die eigene Familie vergleicht.

Dieser Umstand bewirkt, dass wir a) unsere Verwandtschaft bevorzugen, b) innerhalb unserer Verwandtschaft wiederum Unterschiede anhand der genetischen Nähe zu uns selbst machen. Nach außen wirkt dieses Verhalten wie familiärer Altruismus, tatsächlich steckt aber der Egoismus unserer Gene dahinter.

Interessant insbesondere das Verhältnis zwischen Frau und Mann eines Paares. Denn diese beiden haben -Inzucht ausgenommen- keine genetische Verwandtschaft. Mithin gäbe es keinen Anlass zu Altruismus. Stattdessen kommen hier Verliebtheit und Liebe ins Spiel. An anderer Stelle (Quelle weiß ich nicht mehr) las ich, dass Verliebtheit ein biochemischer, hormoneller Vorgang sei, der die Nähe herstelle, die aufgrund fehlender genetischer Verwandtschaft fehle. Wo zwischen normalen Fremden ein gesundes Misstrauen herrsche, überwinde Verliebtheit genau das. Und genau das, und nur das, schafft die Voraussetzung für die Paarung, wo aus zwei fremden Chromosomen ein gemeinsames Neues entstehe.


Daraus folgen jede Menge wissenschaftliche Gründe für das moralische Gedankengebäude vom Wert der Familie. Wenn wir als Wesen nur Erscheinungsformen von um Verbreitung kämpfenden Genen sind, dann erklären sich plötzlich viele kulturelle -und politische- Phänomene wissenschaftlich.

Dann ist zum Beispiel das eigene Territorium -bzw. Revier- der Schutzraum, in dem Gene die Reproduktion ihrer selbst sicherstellen. Denn nicht nur die eigentliche Reproduktion bedarf des besonderen Schutzes, sondern auch die Aufzucht. Fast alle Tiere erkämpfen und verteidigen Reviere für Futter und Aufzucht. Viele Tiere -wie auch Menschen- ziehen gemeinsam die Nachkommen ihres Rudels groß. Löwenmütter zum Beispiel säugen ihre eigenen Jungen, erziehen sie dann aber gemeinsam mit den anderen Müttern.

Von den Vögeln lernen wir über die Herausforderung, sich keine Brut unterjubeln zu lassen. Im Unterschied zu jungen Säugetieren kann man Eier nicht so einfach voneinander unterscheiden. Was sich z. B. der Kuckuck zunutze macht. Die Evolution reagierte darauf, mit der Herausbildung von Mustern auf den Eierschalen einiger Vogelarten. Einige Kuckucke zogen mit diesen Mustern nach. Allerdings natürlich regional typischen Mustern, abhängig von den Vögeln, die in ihren Revieren die Bruttiere ihrer Eier stellen...

Spannend wird es, wenn man diese Erkenntnisse auf unsere aktuelle politische Lage überträgt. Der derzeit verpönte sog. "Egoismus" der "Privilegierten" z. B. ist nichts anderes als gesunder Egoismus. Es ist nicht nur natürlich, der eigenen Familie die höchste Priorität einzuräumen, es hat auch seinen Sinn. Völlig kontraproduktiv, geradezu selbstzerstörerisch, ist es, Fremden eine höhere Priorität einzuräumen, als der eigenen Familie oder gar sich selbst. Dies führt binnen weniger Generationen zum Selbstmord. Schon die Verschiebung der Geburt des ersten Kindes von den 20ern auf die 30er Jahre schwächt die Dynamik des eigenen Volkes. Eine Kinderzahl kleiner 2 schwächt sie weiter.

Wer zusätzlich in signifikanten Größen fremde, geburtenstarke Gruppen in sein Revier aufnimmt, betreibt den Selbstmord des eigenen Volkes. Das ist gegen unsere Natur und deshalb rebelliert bei gesunden Menschen innerlich alles gegen die gegenwärtige Politik.

Ich weiß, dass diese Thesen in den Ohren linksliberaler Narzissten "völkisch" klingt. Denen sage ich: Ihr werdet schon noch merken, was es mit den inneren Triebkräften ums Überleben auf sich hat, wenn die Räume für Euch mal enger werden. Wenn ihr den Unterschied zwischen "dominant" und "rezessiv" am eigenen Leibe erfahren werdet. Seid gewiss, dass nur weil ihr selbst auf die Vertretung eurer eigenen Interessen verzichtet, es andere deshalb nicht genau so tun werden. In wirtschaftlich guten Zeiten wie der jetzigen funktioniert das vielleicht. Aber auch nur unter den gebildeten Schichten. Wartet ab, wenn es mal wieder um die Wurst geht. (Auch wenn ich weiß, dass ihr auf Wurst gar nicht so steht...)

Wenn ich diesen Text noch einmal Korrektur lese, bin ich selbst etwas erstaunt, wie schnell man doch wieder in "völkische" oder "rassistische" Raster und Muster rutschen kann. Doch ich meine es in keiner Weise in einem solchen Sinne. Denn ich plädiere nicht für solche Ziele. Ich stelle keine Ethnie über eine andere in absoluten Werten gesprochen. Wohl aber sind mir die meinen näher als die anderen. Und im liberalen Sinne sage ich: wenn alle so dächten, hätten wir ein stabiles Gleichgewicht. Aber so denken nicht alle. Einige, und zwar ausgerechnet solche, die demnächst wieder in der Regierung sind, bewerten die eigenen niedriger als die anderen. Und alles was sich da in mir regt, sind Überlebensinstinkte. Und Dank der Wissenschaft kann ich sie sogar rational begründen.

Richard Dawkins ist auch Atheist (geworden). Trost findet er nicht im Glauben, sondern in der Erkenntnis. Ich selbst bin noch im Glauben verhaftet, aber mit immer mehr Distanz. Ich kann immer noch staunen, glaube aber nicht mehr an den Weihnachtsmann.

Quelle: Richard Dawkins, "Das egoistische Gen", 1976
Website seiner Stiftung: Link
Interview im Stern: Link

Mittwoch, 16. August 2017

Darwin, Dawkins und der "gesunde" Egoismus

Darwin - "Die Entstehung der Arten"

Richard Dawkins schrieb 1976 über das "Egoistische Gen" und gehört seitdem zu den am meisten mißverstandenen Autoren. So missverstanden wie Charles Darwin, auf den er sich bezieht.

Darwin gilt unter Linken als ein Verfechter des Egoismus, um nicht zu sagen "Neoliberalismus", der ebenfalls zu den bewusst missverstandenen bzw. missbrauchten Begriffen zählt. Und um die Reihe komplett zu machen, füge ich noch Itai Yanai und Martin Lercher mit ihrem Werk "The Society of Genes" von 2016 hinzu, die sich auf Richard Dawkins beziehen.

Die genannten Biologen beschreiben die Dinge wie sie sind, oder zu sein scheinen. Unsere Gesellschaft ist aber so, dass sie den Überbringer der schlechten Nachricht zu steinigen pflegt, gerade so, als sei jeder Beobachter auch der zugehörige Schöpfer. Das könnte daran liegen, dass die zur Beobachtung Unfähigen natürlich auch zur Analyse und Schlussfolgerung unfähig sind. Und natürlich erst recht zur Schöpfung von irgendetwas. Wozu diese Zeitgenossen aber in besonderer Weise fähig sind -jedenfalls aus ihrer Sicht- ist die moralische Bewertung dessen, was sie nicht verstehen.

"Darwinismus" gilt Linken und Grünen -insbesondere Pazifisten- als Gründer einer politischen Denkrichtung, nach der sich in jeder Gesellschaft der Stärkere durchsetzen soll und dies auch tut. Diese Interpretation beruht auf der falschen Übersetzung des Wörtchens "fittest". Wenn der Zeitgeist draußen gerade der Fitness das Wort redet, übersetzt man die englische Fitness natürlich mit Stärke und nicht mit Anpassung. Aber das wussten Sie, lieber Leser, sicher schon.

Dawkins - "Das egoistische Gen"

Richard Dawkins addiert zu der auf zufälligen Mutationen und den auslesenden Effekten der Umwelt beruhenden Evolution einen aktiven Motor: das Gen und seine egoistische Ausrichtung. Und aufgepasst, wieder lauert die Gefahr einer Missinterpretation: Dawkins sagt, das Gen ist egoistisch auf der individuellen Ebene, nicht der Ebene seiner Gattung. Wenn alle individuellen Gene einer Gattung einen Überlebensvorteil aus einem Merkmal beziehen, dann profitiert die gesamte Gattung davon. Auch der Mensch - so Dawkins- handele egoistisch auf individueller Ebene, und die Gattung profitiere davon. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Kultur (inklusive Forschung und Technologie) eine zusätzliche Hebelwirkung bewirke.

Was Linke auch nicht so gerne hören werden ist, dass selbst scheinbar altruistisches Handeln in Wahrheit egoistisch sein kann. Und gerade da bin ich der Meinung, liefert unsere Zeit gerade Anschauungsbeispiele in Hülle und Fülle. Nämlich Menschen, die öffentlich Forderungen erheben und dabei so tun, als würden sie altruistische Motive verfolgen. In Wahrheit aber nichts anderes als egoistische Motive verfolgen, also Vorteile für sich auf individueller Ebene verfolgen, indem sie altruistisch auf der Ebene der Gattung vortäuschen. Wenn Sie Zeitung lesen, wissen Sie wovon ich spreche. Wenn Sie sich ausschließlich aus öffentlich-rechtlichen Medien informieren sollten, bin ich mir allerdings nicht ganz so sicher.

Um ein unverfängliches Beispiel zu geben: Wenn Eltern sich um ihre Jungen kümmern und dabei auch Lebensrisiken eingehen, dann tun sie das scheinbar für die Erhaltung ihrer Gattung. Aber aus der Diskussion über den demographischen Faktor wissen sie, worin der Egoismus in der Aufzucht von Nachkommen liegt ;-).

Aber selbst wenn wir eine Gruppe annehmen, in der das altruistische Verhalten dominiert, wird sie nicht verhindern - so Dawkins- von egoistischen Gruppen unterwandert zu werden, die von diesem altruistischen Verhalten dominiert. Dawkins schrieb auch (1976), dass das Aussterben einer Gruppe viel langsamer von Statten geht, als ein "Hieb- und Stichwechsel einen Konkurrenzkampfes". - Prophetische Worte..

Im weiteren Verlauf seines Werkes entwickelt Dawkins die Idee der Auslese einer Gattung über die Auslese von Individuen einer Gattung hin zur Auslese von Genen und Genabschnitten in einem Individuum. Für Dawkins findet der Kampf der Gene ums Überleben bei der Fortpflanzung statt: wie viel bekommt das Kind von der Mutter mit, wie viel vom Vater? Übrigens lässt sich von dort auch eine Theorie für unseren Familiensinn ableiten. Ich hoffe, dass kein Linker das Buch vor dem Bundestagswahlkampf am 24.9.2017 lesen wird...

Yanai und Lercher - "Das geheime Leben der Gengesellschaft im Menschen"

Yanai und Lercher schließlich interpretieren Dawkins Sicht weiter. Für sie ist Krebs ein Beispiel dafür, wenn einzelne Individuen sich nicht an die Regeln halten und das Boot in dem sie selbst sitzen zum Kentern und Untergang bringen. Sie erklären damit auch, wie wichtig die "innere Sicherheit" des Körpers ist, nämlich die sozusagen "Autonomen" vom Immunsystem rechtzeitig zu erkennen und unschädlich zu machen. Die Autoren identifizieren wie Dawkins unsere Gene als Hauptschauplatz unseres Daseinskampfes. Sie gehen soweit zu sagen, dass nicht wir Gene haben, sondern die Gene haben uns - als Vehikel für ihr Weitertragen der Geninformation von Generation zu Generation.

Fazit:

Ich ziehe aus der Lektüre von Dawkins einerseits und Yanai/Lercher andererseits folgende Schlüsse:
1. Unser Verständnis vom Wesen des Lebens hat gerade erst begonnen.
2. Wir müssen die Denkblockaden, die Moralisten um Darwin errichtet hatten, überwinden und die Erkenntnisse der Forschung in unser Verständnis einfließen lassen. Wir müssen überhaupt Forschung in der Mikrobiologie und Genetik erlauben.
3. Wir müssen scheinbar altruistisches Handeln, das in Wahrheit nur dem Ego dient, enttarnen und benennen. Dieses Phänomen ist in der westlichen Welt fast selbst zu einem Krebsgeschwür geworden, das im Begriff ist, das Immunsystem zu überwinden.