Sonntag, 30. April 2023

Wie Chris und Larry das Geschäftsmodell "Transformation" erfanden

Lange Zeit waren Erfindungen unsere treibende Kraft für Wirtschaft und Wohlstand. Jedesmal wenn ein Gerät im Haushalt kaputt ging, oder neue Erwartungen nicht mehr erfüllte, wurde es durch ein besseres ersetzt. Es gab auch neuartige Produkte, die sofort einen Bedarf in uns weckten. Das gab es im Kleinen wie im Großen. Als Kleinkinder steckten uns Spielzeuge wie Mondauto und Saturnrateken an. Später Autos und Stereoanlagen. Dann Handies und Internet. Es gab immer etwas, was uns faszinierte, und was wir irgendwann einmal haben oder machen wollten.

Die Maxime in Marketingabteilungen hieß: Wie bringen wir die Leute dazu, unsere Produkte haben zu wollen?

Inzwischen ist das anders. Es gibt ein neues Geschäftsmodell, und es wird im ganz großen Stil aufgezogen. Seine Maxime lautet: Wir bringen wir die Umstände dazu, dass die Leute unsere Produkte kaufen müssen, obwohl sie noch gar nicht kaputt sind?

Der Ersatz funktionierender Produkte durch teure Produkte, die nicht mehr können, manchmal sogar weniger. In einer Marktwirtschaft würde so etwas nicht funktionieren. Deshalb haben die Leute, die es können, Einfluss auf die Politik genommen und dafür gesorgt, dass wir funktionierende Produkte durch teurere, schlechtere ersetzen MÜSSEN. 

Ihre PR-Berater dachten sich dafür neue Schlagworte aus, die heute wie ein Glaubensbekenntnis von ungebildeten Politikern und halb gescheiten Leuten wiederholt werden. Sie lauten:

Transformation und Planetenrettung

Es fing klein an. Zuerst wurden Glühbirnen verboten. Warmes Licht, das nach dem Einschalten sofort da war, wurde ersetzt durch kaltes Licht, das nach dem Einschalten eine halbe Sekunde braucht, wenn Du also schon in die erste Heftzwecke oder auf ein Playmobilmännchen Deiner Kinder getreten bist. Zum Zeichen seiner "Innovation" waren die neuen Leuchten 10x so teuer. Und es gab Leute, die zum Zeichen ihrer "Fortschrittlichkeit" sofort darauf ansprangen. 

Ein prächtiges Geschäft. Bedeutende Institutionen wie die EU-Kommissionen erkannten sofort das Potenzial für die eigene Machtsicherung. Und bedeutende Investoren das Potenzial für Geschäfte, die nicht mehr durch Forschung und Entwicklung zu betreiben waren, sondern durch Einflussnahme auf Regierungen.

Nach den Glühlampen kamen die Staubsauger. Der Schritt von den EURO-Produkten zu den zig  EURO Produkten.

Und dann hatten die, die am großen Rad drehen, die beste Idee: Lasst uns die mehrere, wenn nicht zig  tausend EURO Produkte, die Lebensanschaffungen, per Gesetz ersetzen. Autos und Heizungen.

Man müsste eine Wende einleiten. Sich mit grünen Aktien eindecken. Dann die Regierungen dazu bringen, die Produkte der grünen Unternehmen zur Pflicht zu machen. Und sich ebenfalls mit Aktien von Unternehmen eindecken, die diese Produkte kaufen müssen. Über die Stimmrechte bringen wir sie dazu. Warum nur Geschäfte mit Konsumenten machen, wenn man auch das B2B Geschäft kriegen kann? Und damit unsere Aktien auch sicher steigen, müssten wir andere Anleger dazu bringen, nur noch in grüne Aktien zu investieren.

Das bräuchte einen Plan, dachte sich Larry Fink, der Chef von Friedrich Merz bei der Firma Blackrock. Und Pläne kosten Zeit und Arbeit. Kann die Regierung diesen Aufwand nicht auch noch übernehmen? Ok,  sagte Ursula von der Leyen, wir beauftragen bei Euch eine Studie

"Hey!", rief Chris Hohn, ein Emporkömmling von Perry Capital, der es zu einem eigenen Fonds gebracht hatte, "ich bin auch noch da!" - "Kümmern Du Dich um den politischen Arm, wir übernehmen die Corporate Bonds.", beruhigte ihn Larry.

Wenige Jahre später war alles up and running:

  • Das Green Deal Programm der EU.
  • Eine politische Bewegung von Kindern mit einem neuen Kinderstar Greta Thunberg.
  • Beteiligungen sowohl an Ausrüstern der Wende, wie z. B. Carrier Global, und zu transformierenden Unternehmen wie Airbus, VW etc.
"Jetzt brauchen wir nur noch ein griffiges Schlagwort, das am besten in jeder Sprache der westlichen Wert gleich lautet." sagte Larry.
"Wie wäre es mit >Transformation<?", fragte Chris. Ds klingt groß und etwas mystisch, weil es keine Richtung hat.
"Oh, großartig." Larry war begeistert. Denn ihr neues Geschäftsmodell hatte in puncto Fortschritt in der Tat keine Richtung. Es würde ein Riesengetöse werden, ohne irgendeine Verbesserung zu bringen. 

Und sie legten los:
  • Chris finanziert über seinen Children's Investment Funds die Fridays for Future, Extinction Rebellion (die mit dem grünen Hakenkreuz und dem Desinteresse an Demokratie) und Letzte Generation.
  • Außerdem finanzierte er die Lobbyagentur Agora Energiewende. 
  • Und er stresste die Vorstände von Flugzeugherstellern, Fondsgesellschaften und Autoherstellern in Richtung Transformation. Der Dieselskandal war ihm ein nützlicher Vorwand, Vorstände komplett auszutauschen.
  • Die EU beschloss ein Verbot von Verbrennungsmotoren in Autos. Fortan brauchen Autohersteller neue Lieferanten und Autofahrer neue Autos.
  • Als die Grünen an die Regierung kamen, schickte er den Agora Gründer ins Klimaministerium. Und dessen Verwandtschaft und engste Freunde dazu. Dort arbeiteten sie ein Gesetz aus, das die Leute zum Kauf einer bestimmten Wärmequelle verpflichtet.
  • Larry arrangierte sich mit Friedrich Merz. Beteiligte Blackrock an Carrier Global und diese kaufte die Wärmepumpensparte von Deutschlands größtem Wärmepumpenhersteller. 
  • Fondsmanager, die den neuen ESG Pflichten nur formal folgen, aber Larry's und Chris' Aktienkurse in der Praxis doch nicht beflügeln, kriegen Stress. Die Leute bei DWS wissen, wovon ich rede.
Und siehe. "Transformation" war die beste Idee nach der Marktwirtschaft:

"Lass uns dafür sorgen, dass die Leute neue Produkte nicht mehr nur kaufen, weil die alten kaputt sind, oder es neue Innovationen gibt. Sondern weil sie es MÜSSEN. Und wer der neuen Pflicht als erstes folgt, ist ein moralischer Held. Wer sich widersetzt, wir geächtet."

Montag, 24. April 2023

Von der Klassensprecherin im Auswärtigen Amt zum Niedergang unserer Autoindustrie

Richard David Precht ist seit vorigem Jahr auf der Überholspur. Da publizierte er mit Harald Welzer ein Buch über den zunehmenden Konformismus deutscher Medien. Seitdem ist er auf der Liste der Linientreuen. 

In der aktuellen Episode seines Podcasts mit Markus Lanz geht er jetzt aufs Ganze und scheut keinen Gegenverkehr. Und das kam so:

Vor einigen Wochen hatte Precht den indischen Autor Pankaj Mishra zu Gast. Dieser erklärte, warum die aufstrebenden Großmächte Indien und China so empfindlich gegen moralische Belehrungen aus dem Westen sind. Und dass europäische Morallehren in der neuen Weltordnung eine schwindende Rolle spielen. Seine Kernthese ist, dass die früheren Kolonialherren bis heute nicht über ihre Verbrechen nachgedacht haben und sich ihren früheren Knechten bis heute überlegen fühlen. Mit einer Ausnahme: Deutschland. Kein Land habe seine Vergangenheit so gründlich aufgearbeitet wie Deutschland die Verbrechen der Nazis. (Wobei man nie vergessen sollte, dass die Nazis auch im inneren eine Diktatur waren. Die NSDAP trickste sich in die Regierung, hatte aber nie eine absolute Mehrheit.)

In dem Podcast mit Lanz führt Precht den Gedanken weiter. Anlass ist die wachsende Bevölkerung von Indien, die inzwischen China überholt hat. Statistisch gesehen ist nun jeder 2,5te Mensch ein Inder oder Chinese. China und Indien hätten in den letzten Jahrzehnten so viele Menschen aus der Armut geholt wie keine anderen. 

Precht (ab Minute 25): Während wir unsere Führungsrolle auf den Märkten an die neuen Supermächte verlieren und werden unsere politischen Protagonisten immer belehrender und überheblicher. Während diese uns, den Westen, eigentlich immer in Ruhe gelassen haben kommen wir ihnen mit Belehrungen und bezeichnen sie als "Systemrivalen". Unsere Regierung legt damit altes Denken aus dem Kalten Krieg nun über China. Als sei China ein kommunistisches Land. In Wahrheit sei es doch ein kapitalistisches Land, also ein Wettbewerber und kein "Systemrivale". Die Frage sei, wer hier eigentlich wen missioniere. Und warum.

Und dann kann sich Precht nicht mehr halten: 

"Warum können wir China nicht in Ruhe und sie ihren Weg gehen lassen. Unsere Außenministerin, hätte im Auswärtigen Amt unter normalen Umständen nicht mal ein Praktikum gekriegt. Und tritt auf der Weltbühne mit der Inbrunst einer Klassensprecherin auf.

Nur wer wirtschaftlich stark ist, wird von den Mächten ernst genommen. Wenn wir aber unsere wirtschaftliche Stärke aufs Spiel setzen, indem wir unsere Werte als Drohmittel einsetzen, riskieren wir neben unserer Glaubwürdigkeit auch unsere wirtschaftliche Stärke und unseren Wohlstand. .. 

Nur wer wirtschaftlich stark ist und seine dafür notwendigen Werte lebt, überzeugt auch andere. Man überzeugt andere nicht, indem man sie missioniert.. Wir erreichen damit genau das Gegenteil. Ich möchte keine Außenministerin sehen, die in der UNO den Chinesen droht. Diese 40-jährige junge Frau hat in ihrem Leben noch nichts geleistet. China hat Millionen aus der Armut geholt. Und hat eine Kultur der Altersweisheit. Dort wird man erst angesehen, wenn man im Leben etwas geleistet hat. Das einzige was an Baerbock grün ist, ist die Farbe hinter ihren Ohren." 

Genau! Und noch dümmer ist es, auf diese Mission westlicher Werte noch das Attribut "feministisch" zu setzen. Aber es wird noch interessanter:

Precht zieht dann noch folgenden Schluss:

"Wir sind von China so abhängig so abhängig, dass wir nur wegen ihnen unsere Automobilindustrie von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe umstellen. Und die chinesische Regierung stellt auf Elektroantriebe um, weil das weniger Knowhow erfordert und es dort leichter mitbieten kann. VW ist zum ersten Mal seit 40 Jahren nicht mehr Marktführer in China. Sein Marktanteil bei Elektromobilität liegt in China bei 2,5 Prozent."

Und genau dieser Abstieg ist es, den die Grünen, aber auch Marodeure wie Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident und Klimaheuchler Charles Michel, beabsichtigen. Eine Mischung aus Neid und Dekadenz, die Europas, und insbesondere Deutschlands Abstieg nach Kräften beschleunigt.



Sonntag, 23. April 2023

Berufliche Reiseflughöhe bereits verlassen...

Mein Diplom in Elektrotechnik an der Uni war hart erarbeitet. Dafür fühlte ich mich anschließend wie ein Allrounder Ingenieur. Genauer gesagt: Ein Ingenieur, der in allen Disziplinen mindestens prinzipiell mitreden könne. Bis heute hilft es mir, mich schnell in andere technische Themen einzuarbeiten. Bei Produkten wie dem Auto kommen inzwischen auch so gut wie alle Disziplinen vor.

Was ich aber schnell merkte: Projektmanagement und Entwicklungsmethoden kamen überhaupt nicht dran. Und sie vermisste ich nach einigen Jahren am meisten. 

Nicht in meinem ersten Job als Planungsingenieur im Corporate Netzwerk eines großen Energieversorgers. Da sagte der Lieferant aus München, wo es lang ging. Ich sorgte eigentlich nur für die Budgetierung, Beauftragung und Rechnungskontrolle. Das einzige Engineering war, dass ich die Reihenfolge und Ausstattung der Bauprojekte für unsere Netzstandorte mitbestimmen konnte. Aber zeitlich überwog das Kaufmännische. Ingenieure waren Ende der 90er Jahre auch eher verpönt, die Arbeitsmarktlage war nicht gut. 

Das änderte sich aber schnell mit der Liberalisierung und dem Fortschritt in Telekommunikation und  Internet. Hier zählte technisches Verständnis, am liebsten in Kombination mit fachlichem Anwenderwissen. 

Ich ging in die Beratung und lernte schnell: Ich habe kein Projektmanagement gelernt. Jeder schrieb einen Projektplan auf Basis seines Vorgängers. Die Vorgehensweisen Anfang der 2000er Jahre waren methodisch kein Vergleich mit den heutigen strukturierten Methoden. Trotzdem wurde ich Projektleiter. Weil ich ein Projekt bei einem Kunden aus meiner früheren Branche akquiriert hatte. Ich konnte gut die Zusammenhänge und das Ziel formulieren. Aber wirklich Ahnung von der Leitung eines IT-Projektes hatte ich nicht. Wir wurschtelten uns durch und schrieben Rechnungen, die ich haute auf Kundenseite nicht mehr akzeptieren würde.

Nicht viel besser bei meinem Start in der Automobilbranche, einer Elektronikstochter eines großen Herstellers. Ich kannte mich nun aus in elektrischer Energietechnik und den Basics von Softwareprojekten. So weit so gut. Aber ich kam nicht in ein Projekt, das meinen Kenntnissen entsprechend, sondern direkt ins Infotainment. In ein Standardisierungsprojekt. Das war noch mal die Steigerung von Spezifikationsarbeit, denn jetzt sollte sie für die Lieferkette gelten und zwischen allen Mitgliedern des Standards abgestimmt werden. Ich fragte mich immer wieder, warum Dienstleister und Berater so ticken, dass ihnen beim Einsatz ihrer Berater Verfügbarkeit über passendes Profil geht. 

Erst nach meinem Wechsel zum Hersteller wurde es besser. Hier gab es einen Produktentwicklungsprozess aus Meilensteinen. Endlich eine Orientierung. Und Projektmanagement gehörte hier zur obligatorischen Weiterbildung. Endlich! Technisch war mein Studium immer noch brauchbar, obwohl 15 Jahre vergangen waren. Aber methodisch lernte ich nun immens dazu. 

Und seitdem flutscht es - eigentlich. Wenn viele angesammelte Puzzleteile plötzlich ein Bild ergeben, dann geht es los. Und erst damit lernte ich, wie toll eigentlich der Ingenieursberuf ist. Es gibt nichts Erhebenderes als mit Systemarchitekten an der Tafel zu stehen und gemeinsam zu entwickeln, was wir brauchen, um etwas machen zu können. Und sich dabei gut zu verstehen. Am besten erlebte ich es im Ausland, in Schweden. Wir brachten eine Programmstruktur für ein komplexes, vernetztes Steuergerät zum Laufen.

Und seitdem, wieder zurück in Deutschland und den Grünen an der Regierung geht es leider schon wieder bergab. Ich erlebe um mich herum, wie Anforderungen an Personal und Vorgehensweisen abgesenkt werden. Nachdem ich nun selbst im Sattel bin und Reiten kann, erlebe ich wie von Management bis zum Nachwuchs fachliche Kompetenz wieder entwertet wird.

Bachelors of Arts, vorzugsweise Geistes- und Sprach"Wissenschaftlerinnen" dominieren inzwischen unsere agilen Communities. Und fragen zum Einstieg, welches Tier wir heute sein wollen. Es sprießen AGs zu Diversity und Women in Leadership aus dem Boden. Es machen Leute Karriere, die vieles angefangen haben und schnell weiter befördert wurden und ihren Nachfolgern Chaos hinterlassen. Es ist binnen kurzer Zeit eine ganz andere Arbeitskultur aus Inkompetenzen geworden. Und man feiert sich sogar dafür. Man bietet sich in Vorstellungsgesprächen jetzt mit "Passion" statt Kompetenz an, denn man kann "ja alles lernen, wenn Sie es mir gut genug beibringen". In "Fucked-up Nights" protzt man mit an die Wand gefahrenen Projekten - und davon gibt es in Deutschland genug..

Das einzig Gute daran für mich haben Danisch und andere bereits geschrieben. Wir erledigen in diesen Umgebungen unsere Arbeit mit einem Bruchteil der geplanten Zeit. Ich höre die Frage, warum ich denn schon wieder unzufrieden sei, noch öfter. Denn wenn Langeweile mein einziges Problem sei, dann hätte ich gar keines. 

Tja, die Erfüllung wahren Schaffens ist jemandem schwer zu erklären, der es noch nie gemacht hat. Wenn ich bei uns erkläre, berichte und schwärme höre ich meist: "Ach komm, die kochen auch nur mit Wasser." Sie versuchen, mich auf ihr Niveau herunter zu ziehen. Manche warnen mich sogar, ich solle meine Unzufriedenheit und Kritik nicht all zu vernehmlich machen.

Ehrlich gesagt rechne ich in naher Zukunft mit "Angeboten" für die "teuren Spezialisten". Denn man hat jetzt zwei Programmierschulen eröffnet in denen man Quereinsteiger zu Softwareentwicklern weiterbildet. Voraussetzungen gibt es keine. "Bringe Passion mit, alles andere haben wir." Angelernte Programmierer für sicherheitsrelevante Funktionen?

Nee, wieder ein Grund, sich von den spannenden Projekten lieber fern zu halten. Gerade kam die Nachricht, dass voriges Jahr 2 Mio Deutsche ausgewandert sind, die meisten nach Portugal. Portugal habe ich auch im persönlichen Umfeld oft als Auswanderungsziel gehört. Sonne, Strand, die Eurorente kommt, und Amerika kann man am Horizont schon erahnen...


Samstag, 22. April 2023

Die schwindende Reife im Geschäftsleben

 Erste Szene:

"Ihr Termin zum Räderwechseln fällt leider aus. Der Radsatz ist nicht angekommen. Wir melden uns wieder."

Es vergehen anderthalb Wochen. Dann melde ich mich und frage, ob inzwischen ein Termin in Sicht sei. Antwort:

"Ja, der Radsatz ist schon seit langem da. Schön dass Sie sich melden, dann können wir einen Termin machen."

Zweite Szene:

Ein Kollege arbeitet eine Vorgehensweise für die Behördengenehmigung (Zulassung) von Produktbauteilen aus. Er lädt zig Verantwortliche ein, die den Begriff "Verantwortlicher" in ihrer Rollen- und Aufgabenbeschreibung haben, zu einer Inforveranstaltung ein. Er macht alle Informationen zugreifbar und verteilt "Einseiter", auf denen alles in Bildern erklärt ist. So weit so gut.

Melden sich nach der Veranstaltung mehrere "Verantwortliche" per Email bei meinem Kollegen: "Du, das ist ja sehr kompliziert. Bitte achte mit darauf, dass ich da nichts vergesse und melde Dich, wenn ich da etwas übersehe." Sie melden sich schriftlich, weil sie glauben, sich so abgesichert zu haben und die Verantwortung an den Kollegen abgeschoben zu haben.

Dritte Szene:

Deutsche Bahn. Antwort einer Zugchefin zu einem Kunden, der wegen der Zugverspätung einen Termin verpasst:

"Aber man weiß doch, dass wir Probleme mit der Pünktlichkeit haben, das muss man bei der Reiseplanung doch berücksichtigen."

Vierte Szene:

Hausverwaltung einer Eigentümergemeinschaft. Antrag eines Miteigentümers, die Zustimmung der ETG zum Austausch zweier Fenster auf die nächste Versammlungsagenda zu setzen. 

Antwort der Verwaltung, danach mischt sich noch ein Beirat ein::

"Haben Sie einen Beleg, dass Sie die Genehmigung brauchen?"

"Nein,, in Ihrem Onlinearchiv habe ich dazu nichts gefunden deshalb habe ich mich auf das WEG Gesetz  berufen. Wir müssen die Zustimmung und Kostenträgerschaft klären."

"Können Sie mir das Gesetz mal zu mailen?" (Es zu kennen, genau so wie die geltenden Regelungen der ETG, ist eigentlich Aufgabe der Hausverwaltung. Aber weil ich mir die Mühe der Recherche gemacht habe, kann ich die Absicherung des Vorgehens aus Sicht des Hausverwalters gleich ganz übernehmen. Aber das ist noch nicht alles, es meldet sich der Beirat.")

"Das brauchen wir nicht. Meine Fenster habe ich der früheren HV einfach zur Kenntnis und formalen Zustimmung gegeben."

"Wo steht, dass wir so vorgehen?"

"Das steht in einer Email des Mitbeirates an eine Miteigentümerin, als die die gleiche Frage hatte."

"Aber diese Email kennen nur Sie drei. Wo ist das geregelt?"

Schweigen. Seitdem herrscht Schweigen. Weitere Nachfragen wie es weitergeht, bleiben unbeantwortet.


All diesen Szenarien ist folgendes gemeinsam:

  1. Niemand fühlt sich mehr für irgendetwas verantwortlich - lässt sich für die Funktion aber gerne so beauftragen, ansehen und bezahlen.
  2. Jeder, auch ein mandatierter Funktionsträger, wurschtelt sich nur irgendwie durch. Die Mühe, Vorgehensweisen zu besprechen und zu verankern, um Rechts- und Investitionssicherheit zu schaffen, macht sich keiner mehr.
  3. Wenn es schwierig wird, taucht man ab. Oder hängt die Verantwortung jemanden um, der sich schon mehr als er müsste um die Sache gekümmert hat, weil er um die Unfähigkeit der anderen weiß.
  4. Die Unfähigkeit der Verantwortlichen wird als bekannt vorausgesetzt und zur Grundlage einer Verschiebung der Verantwortung vom Verantwortlichen auf den Gewissenhaften angesehen.
  5. Das Amt füllt die Leute aus, nicht mehr umgekehrt.

Montag, 3. April 2023

Immobilienmarkt

Markus Krall zitierte neulich einen Makler. Demnach sind die Immobilienpreise seit Jahresanfang 2023 um 30% eingebrochen. Der Absatz sei sigar um 80% zurückgegangen. Grund dafür ist natürlich die schnelle Zinsanhebung.

Was gerade passiert, und sich noch beschleunigen wird, ist doch folgendes:

  • Sukzessive laufen Zinsbindungsfristen aus. Da der Beginn der Nullzinspolitik schon etwa 10 Jahre zurück liegt, laufen auch langfristige Bindungen aus.
  • Die Anschlussfinanzierung fällt bedeutend teurer aus, da muss jeder Bankkunde erstmal neu rechnen.
  • Wer die neue Zinslast nicht stemmen kann, muss verkaufen.
  • Und dann kommt das neue Risiko: Die Preise fallen.
Nicht alle werden unter das Niveau ihres eigenen Kaufpreises zurückfallen. Die Immobilienblase hatte sich ja über die Jahre aufgebaut, nicht jeder fällt jetzt unter seinen damaligen Kaufpreis. Aber die Nebenkosten muss man auch noch bedenken.

Es wird also einen gewissen Anteil geben, der seine Hypothek auch bei einem Verkauf nicht mehr tilgen kann. Und da wird es ganz schwierig.

Bei Neubauprojekten kann es sogar zu einer regelrechten Kapitalvernichtung kommen. Nämlich dann, wenn eine wichtige Bauphase nicht mehr abgeschlossen werden kann und der Rohbau selbst Schäden oder Mängel erleidet. Dann kann man noch nicht mal mehr notverkaufen. Und vor veropuschten Rohbauangebiten sei gewarnt

Das wird private und gewerbliche Immobilienkunden treffen. Aber auch deren Banken. Denn die verlustbehafteten  Sicherheiten (Grundbuch) nutzen ihnen dann auch nur noch begrenzt.

Und da kommt es jetzt auf das individuelle Risikoprofil jeder einzelnen Bank an.

Für zahlungsfähige Interessenten an Bestandsimmobilien kommen jetzt interessante Zeiten. Da bin ich mal gespannt, wie viel Unterhaken und Zusammenhalt dann noch zählen...