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Montag, 3. August 2020

Sommerfrische 2020

Schon oft hatte ich mich über die Rückständigkeit des Brandenburger Havellandes geärgert und beschwert. Doch jetzt, in diesem Coronasommer, bin ich heimlich froh. Denn genau das hält uns nun Touristenströme vom Leibe. Gerade weil es in Dörfern und Vororten rund um die Seen hier keine Läden, keine Supermärkte, Getränkemärkte, Pensionen oder gar Hotels gibt, ist es hier auch zur Hochsaison leer. Das gilt für die Badestrände, die Uferwege und auch auf dem Wasser. Nur wer selbst aus der Gegend stammt oder zum Stammgast wurde, ist auch in diesem Jahr hier.

Und so bleibt uns eine der wichtigsten Voraussetzungen für Erholung erhalten: Ruhe. Damit meine ich nicht Friedhofsruhe, sondern die Abwesenheit von Leuten, auf die ich Rücksicht nehmen müsste, oder von denen ich Rücksicht erwarten würde. Mit denen ich das Kreuzen von Wegen aushandeln müsste. Ich laufe einfach durch den Garten, über den Uferweg, den wir uns unter Nachbarn teilen, auf den Steg und steige die Leitersprossen herunter ins Wasser. Gewöhne mich an die Wassertemperatur. Prüfen die Klarheit des Wassers, das Wachstum der Algen und den Stand des Schilfes. Und das Wasser ist klar, die Algen wachsen und ebenso das Schilf. Von rechts kreuzt Erpel Donald mit seiner ganz schön gewachsenen Familie meinen Weg. Sonst nichts. Ich tauche ins Wasser und stoße mich ab und schwimme raus ins Blaue. Die Sonne hatte mich vorher auf der Liege durchgeglüht, jetzt genieße ich die Abkühlung. Und den Effekt, den man nur auf dem Wasser, auf Bergwipfeln oder in der Luft hat: Man lässt alles hinter sich. Die Großwetterlage der Welt. die zerbröselnde Demokratie, Masken, Bauarbeiterangebote und unbeantwortete Botschaften in der Messenger-App. Alles egal, ich bin im Wasser. 

Früher, in den Aufzeichnungen von Stefan Zweig und Hermann Hesse, hieß das Sommerfrische. Zu den Zeiten in denen ich an den Strand von Mallorca, Tarragona oder des Balkan musste, bemitleidete ich die Zeitgenossen der 20er Jahre oder Jahrhundertwende immer, dass sie die Wellen des Mittelmeeres nicht kannten und mit Badeseen in der Umgebung Vorlieb nehmen mussten. Heute bin ich so dankbar, dass ich all das hier haben kann ohne zuvor im Stau oder in Schlangen stehen zu müssen. Auch genieße ich es, meinen Urlaubsort zu kennen. Auch das nimmt Stress. Ich muss keine Karten studieren, Sprachen lernen. Ich weiß, was ich wo rechtzeitig besorgen muss. 

Ich verstehe Herman Hesse, wenn er in seinen Sommertagebüchern davon schrieb, wie weit der (erste) Weltkrieg weg war. Wie er sich damit begnügte, ein Stück Brot und eine Flasche Wasser in den Rucksack zu stecken, und an seinen Badesee im Tessin zu ziehen. Wie er alleine wechselte zwischen dem Aufheizen am Strand und dem Abkühlen im Bergsee. Wie er abends auf dem Rückweg in seiner "Grotte" im Dorf Halt machte für ein Abendbrot und ein Glas Wein oder zwei oder drei. Wie er sich auf das Dorfleben einließ. Mal war Sommerfest, mal irgendein Geburtstag oder eine Hochzeit. Vor allem aber hatte er alle Sinne offen für die Natur. Und auch diese erlebt man nur richtig, wenn man seine Landschaft kennt. Wenn man den Stand des Kalenders morgens daran festmacht, ob die Sonne noch am linken Fensterrand aufgeht, oder schon in die Mitte gewandert ist. Und vor allem, um welche Uhrzeit sie aufgeht. Ende Juni war das um viertel vor fünf. jetzt hat sich der Sonnenaufgang schon auf halb sechs vorgearbeitet. Ein untrügliches Zeichen, dass wir im Hochsommer sind und es bereits wieder abwärts geht. 

Aber auch an den Äpfeln und Beeren im Garten kann ich es ablesen. Kaum waren wir froh, den ganzen Tag barfuß und in kurzen Sachen herumzulaufen weil die Temperaturen über 20 Grad gestiegen waren, schon sind wir im letzten richtigen Sommermonat August angekommen. Aber immerhin, noch haben wir anderthalb Wochen vor uns. 

Zurück auf der Liege lese ich ich durch meinen Bücherstapel. Voriges Jahr nahm mich der NASA Film über die Mondlandung voll in seinen Bann. Mitten im Hochsommer, bei weit über 30 Grad erlebten wir den Countdown der Apollo 11 Mission. Und im Kino herrschte passend die Hitze von Florida. Wir zitterten mit bei der Landung der Fähre, als der Prozessor Überlast meldete. Als wir später wieder in der gleißenden Sonne waren, vom Glück der erfolgreichen Landung beseelt, fühlte ich mich eine Sekunde lang wie im Kennedy Space Center.

Dieses Jahr lese ich das Buch über die Pluto-Mission, das David mir dankenswerter Weise geschenkt hatte. Und es ist genau so spannend. In Englisch, aber flüssig zu lesen, weil gut geschrieben. Zuerst betrachte ich die Seiten mit den Fotos. Die jubelnden Wissenschaftler und Ingenieure und Stakeholder. Diese tiefe, erlösende Freude, wenn eine große Sache endlich klappt. Und ich denke, habe ich wirklich den richtigen Beruf gelernt? Ja, habe ich. Ok, aber war ich manchmal zu bequem, um vielleicht meinen Kindheitstraum (NASA-Astronaut!) zu verwirklichen? Mit Sicherheit ja. Und sind Autos nicht wenigstens fast so spannend wie Raketen? Naja, ein bisschen.

Trost und Identifikation finde ich dann doch in den Kapiteln 2 und 3, als es darum geht, durch die Behördeninstanzen Budget für die Mission zu bekommen. Wie man in endlose Runden geschickt wird, um seine Mission zu begründen. Vor Hierarchen, die die Gründe doch kennen müssen, sonst säßen sie doch sicher nicht dort?? Und wie es unerwartet weiter geht und dann doch wieder gestoppt wird. Wie man mühsam erarbeitete Beziehungen wieder verliert, weil ein wohlgesonnener Sponsor einen neuen Karriereschritt macht oder in Rente geht. All das kenne ich denn doch auch aus meiner Arbeitswelt.  
Und doch ja, solche Momente, in denen man die Luft anhielt und sich mit dem Team freute, dass alles hielt und abholt, wenn man mit einem neuen IT-System zum ersten Mal live ging, hatte ich ja schon auch. Und auch die Belohnung und das Ansehen, wenn auch nur in einer überschaubaren Ecke meines kleinen Universums. 
Und der Weltraum fasziniert mich doch auch immer nur in seiner Totalen. Im Anblick der Milchstraße, des Mondes, der Sternbilder. Der Fotos von Jupiter und Saturn. Wenn ich dann von Spezialisten lese, die die Spektren von Atmosphären analysieren, mühsam Großphotographien auf wandernde oder retardierende Planetenbewegungen absuchen, usw., all die detaillierte, langwierige Kleinarbeit ist dann doch weniger etwas für mich. Die Arbeitsteilung von Weltraummissionen ist so groß wie die in meiner Arbeitswelt. Am Ende kann man nie auf einen zeigen, es war immer Teamarbeit. Man ist entweder der, der die große Idee hatte, oder der, der sie konkretisiert, in einen Plan herunter gebrochen hat. Arbeitspakete geschnürt hat. Und dann die, die diese Arbeitspakete umgesetzt haben. Dann die Komponenten- und Systemtester usw. usf.. Auch der erste Mann auf dem Mond, war kein lonesome Cowboy sondern der körperlich und kognitiv hart trainierte Umsetzer eines Plans (allerdings der erste, der es körperlich erlebte). 

Aber ist genau das dann nicht das Wesen unserer Kultur? Wie wir gemeinsam Großes vollbringen? Zum "Großen" gehört doch schon unser Alltag. In Frieden, meistens in Gesundheit, gesättigt, unterhalten, entlastet von 1.000 dummen Handgriffen?

Andersherum, sind es nicht genau diese Komplexitäten, von denen ich mich hier auf der Liege und im Wasser erholen will? Ist es nicht das einfache Leben der Bauern und der Bergbewohner im Tessin? Nein! So wirkt es nur auf die, die es schauen. Auch ein Hermann Hesse lebte von den Tantiemen seiner Bücher. Er malte die Dörfer und schrieb über die Leute. Aber weder pflügte er den Acker, noch trieb er das Vieh noch bückte oder streckte er sich zur Obst- oder Weinlese. Sein Haus, den Holzvorrat, sein Brot und Wein bezahlte er mit den Früchten seiner vorherigen langen geistigen Arbeit. Und auch seiner Leiden als Knabe, als Sohn und Schüler. Als Bürger und Antiheld. Als Beneideter, Unterschätzter, Unverstandener. Genau wie ein Ingenieur oder Wissenschaftler.

Und so schließt sich der Kreis. Dass ich hier liegen kann, und nicht mit den Massen auf Mallorca oder an der Ostsee, dass ist nicht Ausfluss meiner kleinen Ansprüche und Anstrengungen sondern meiner großen Ansprüche und Anstrengungen. 







Mittwoch, 21. September 2016

Sommertage

Im August, während meiner letzten Urlaubswoche, drehte der Sommer noch mal so richtig auf. Es kamen die Tage, in denen die Zeit still zu stehen scheint unter dem Regiment der hoch stehenden Sonne. Der See, das Schilf, die Wiesen stehen im gleißenden Licht und für Mensch und Tier ist es zu warm, um irgendwas zu unternehmen. Darauf sind wir im Hochsommer alle verständigt: Es muss nichts gearbeitet werden, nichts fertig werden. Stattdessen verlangsamen wir bis zum Stillstand. Das Wetter ist das einzige, was passiert.

Allenfalls gehen wir in den See schwimmen, um uns abzukühlen und mit allen Sinnen aufzunehmen: es ist Sommer.

Es sind die Tage, die wir im Nachhinein nicht mehr unterscheiden können. Weil wir sie so gestalten, wie wir uns perfekte Sommertage vorstellen: Draußen frühstücken, dann mit Badehandtuch und iPod oder einem Buch auf die Liege. Den Sonnenschirm aufstellen. Barfuß über den Rasen laufen. Wer der Stille lauscht vernimmt allenfalls mal ein Flugzeug oder einen Rasenmäher.

Das Urlaubsgefühl steigert sich noch, wenn andere um uns herum geschäftig sind - natürlich in gebührendem Abstand, so dass wir nicht auf sie reagieren müssen.

Wie wäre es jetzt, ins Wasser zu gehen? Über den gemähten Weg durchs Schilf zum Steg. Vom Stegende ins Wasser springen. Die Kühle tut gut, wenn es so heißt ist. Dann weiter gehen, bis an die Kante, wo das Schilf endet und ab da kann man schwimmen. Schwapp, rein, herrlich. Wir tauchen ins Wasser und indem wir von ihm umfangen sind, entkoppeln wir uns von allem, was auf dem Festland passiert. Wir entrücken uns und spüren nur noch: Sommer.

Freitag, 8. Mai 2015

"Der Gärtner war's" - Die Buga in Rathenow

Die Bundesgartenschau 2015 findet im schönen Havelland statt (westlich von Berlin). Und die Besucher strömen, und die Havelländer legen für einen Moment ihren Missmut ab. Hoffe ich.

Station 1: Rathenow

Autofahrer, lass dir nicht verblüffen: Folge der Bugaroute, und wenn du das Parkplatzschild siehst, folge diesem. Die Bugaroute verbindet die Parkplätze der fünf Standorte. Der Shuttlebus bringt dich vom Parkplatz zum Eingang. So ist es jedenfalls in Rathenow. Klar, Du kannst auch versuchen auf dem Obiparkplatz gegenüber vom Optikpark abzuparken. Aber dann verpasst Du die kleine Stadtrundfahrt vom Hbf zur Havelschleuse - durch das nicht so gut ausgeschilderte Rathenow.


Wir waren am vorigen Samstag dort und waren angetan. Eine Buga kann man leicht zu einer populistischen Blümchenschau verunstalten. Aber dem ist hier ganz bestimmt nicht so. Es ist durchdacht und hat Geschmack. Fanden jedenfalls wir. Das blaue Band des Frühlings (oder das der Havel?) mäandert über den Weinberg, neben Blumenströmen und Blütenbetten.


In Rathenow liegen der Optikpark (eine Freiluftdauerausstellung und der Weinberg nebeneinander, verbunden durch eine Havelbrücke. Mehr will ich nicht erzählen, schaut die Bilder. Und PS: Wilma Wels fanden wir im Optikpark. Sie gab ein Ständchen für den Besuch aus Bochum :-)











Samstag, 11. August 2012

Schauplatz der letzten Schlacht in Weltkrieg 2: Seelow

"Im Ersten Weltkrieg verloren ingesamt
9.737.000 Menschen ihr Leben,
davon 500.000 Zivilisten. 
Im Zweiten Weltkrieg wurden
55.293.500 Menschen getötet,
davon 24.475.800 Zivilisten. 
In der Schlacht um die Seelower Höhen
fielen 33.000 sowjetische, 12.000 deutsche
und 5.000 polnische Soldaten."
Tafel im Museumsfoyer der Gedenkstätte Seelower Höhen (Link)

Man hat es schon x-mal gelesen oder in Dokumentationen gehört, aber immer wieder ist es Wahnsinn. Im zweiten Weltkrieg wurden fast so viele Menschen getötet, ermordet wie die Bundesrepublik, in der ich aufgewachsen bin, Einwohner hatte. Noch lange Zeit nach dem Gorbatschow die DDR Bürger ermutigt hatte, die Mauer niederzureißen, hatten "östliche" Namen wie Oder und Polen für mich einen zerbrechlichen Klang. Als wir 2003 zum ersten Mal durch Polen reisten, war mir unsere Geschichte so gegenwärtig wie nie zuvor.

Im sogenannten Oderbruch (was das Binnendelta der Oder, das Sumpfland bezeichnet, Link) fand die letzte große, entscheidende Schlacht gegen Nazideutschland statt. Die Oder ist hier westlich und östlich von Höhenzügen flankiert, die das Queren der Oder und der Etappe im flachen Gelände zu einem riskanten Manöver machten. Auf den Seelower Höhen standen die Deutschen und hielten ihre Geschütze auf die anstürmenden Russen und Polen.



Hier errichteten die Sowjets später ein Mahnmal zu Ehren ihrer getöteten Soldaten. Soldatengräber und ein Denkmal. Und ein kleines Museum. Darin der Tagebucheintrag einer gebürtigen Seelowerin. Es zeigt, dass man sich im Krieg (oder Krisen allgemein) nie sicher sein kann. Seelow lag östlich von Berlin mitten in Deutschland, es war also keine Frontstadt. Es hatte auch keine Industrie und war deshalb kein Ziel für Bombenangriffe. Aber es lag westlich der Oder strategisch wichtig für die in die Defensive geratenen Nazis. Hitler verlegte große Teile des Heeres hier hin, als ihm klar wurde, dass es zu Ende gehen könnte. Und so wurde das Städtchen Seelow in den letzten Kriegswochen zum Schauplatz einer blutigen Schlacht.


Im Museum gibt es einen kleinen Filmraum, in dem eine Dokumentation über die Schlacht gezeigt wird. Keine Angst, falsche Heroisierungen finden hier nicht statt. Stattdessen wird dokumentiert, wie die Nazis gegen Ende Zivilisten in Uniformen steckten, schlecht ausrüsteten und in die Schlacht schickten - anstatt sie zu evakuieren.



Im Gästebuch etliche Einträge von Überlebenden und Hinterbliebenen. "Unser Großvater war hier 1945 verwundet worden. Er wollte unbedingt noch einmal nach Seelow. Als er es gesehen hatte, sagte er, 'Jetzt ist es gut.'"




Die Soldatengräber und das große sowjetische Ehrenmal lassen einen verstummen. Viele der gefallenen Soldaten waren nicht mal zwanzig Jahre alt. Todesangst, Todesmut, es den Nazis heimzahlen, sie besiegen wollen. Im Geschosshagel und Geschützdonner. Vertrauen müssen auf die Strategie und Taktik der sowjetischen Offiziere. Der Dokumentationsfilm zeigt Flüchtlinge (dann doch) und Gefangene, die beim Abmarsch von den umstehenden Sowjetsoldaten immer wieder mit bloßwn Fäusten geschlagen werden. Man kann es ihnen nicht verdenken. Ich hoffe nur, dass auch ein paar deutsche Offiziere darunter waren.

Hier der Ausblick der deutschen Seite auf das Schlechtfeld gen Osten:


Ein letzter Blick auf die Gedenkstätte. Dann entscheiden wir: Wir fahren weiter Richtung Oder.


Fahrt durch das Oderbruch, in dem im Frühjahr die Schlecht tobte.


Kurz vor der Brücke über die Oder, im Küstriner Kiez, stehen auf der rechten Seite ein paar alte Häuser. Wenn Steine reden könnten..


Dann fahren wir rüber. Nach Polen.



Ruhig und friedlich fließt die Oder. Wir fahren zuerst mit dem Auto rüber. Und immer wieder: Hätte uns das einer 1988 vorhergesagt, als wir zwischen Abitur/LK Geschichte und Wehrdienst waren. Die Grenzstation gibt es noch, aber keine Schranken oder Posten. Man fährt einfach durch.


Dann machen wir kehr und fahren zurück. Parken das Auto und gehen noch mal zu Fuß über die Oderbrücke. Wir sehen ein Rentnerehepaar, vielleicht auf der Suche nach irgendwelchen Spuren.



Die Grenze ist grün, es ist August. Die Oder fließt weich und leise unter uns durch. Gut, dass irgendwann Schluss war mit Krieg, Diktatur und Revanchismus. Soweit darf es nie wieder kommen. 

Hier noch ein (mehrteiliges) Video auf Youtube: Link

Freitag, 10. August 2012

Der Starnberger See des Ostens: Neuruppin

Als ich noch in Potsdam arbeitete, bekam ich oft den Tipp, doch mal nach Neuruppin zu fahren. Sei ein schönes Städtchen, und Geburtsstadt von Theodor Fontane. Da ich kein Fontanefreund bin (genauer: war) zog es mich nie dorthin. Ich kannte bis dahin schon Stadt Brandenburg, Potsdam, Frankfurt Oder und Cottbus und dachte: den Rest kann ich mir schon denken.

Doch weit gefehlt. Wem das Havelland zu verschnarcht und nachlässig, Frankfurt Oder zu verzweifelt und Cottbus zu weit draußen ist, der sollte trotzdem in die Prignitz fahren. Wenn man vom Havelland nordwärts fährst und einem irgendwann auffällt, dass die Dörfer und Höfe nicht mehr so runtergekommen aussehen, dann ist man in der Prignitz. Und wenn Du geglaubt hast, bis auf Potsdam sei Brandenburg doch ziemlich arm, dann fahr nach Neuruppin. Es ist der Starnberger See des Ostens. Nur weiß das kaum jemand.



Neuruppin ist gut erhalten und renoviert. (Wozu dann noch den Soli zahlen? fragt der Touri aus dem Westen. Wer weiß die Antwort..?) Man findet leicht einen Parkplatz im alten Stadtkern. Und fragt sich zuerst zum Fontanehaus durch, dann "hat man das wech"..

Ist es das..?



Nein, das ist es nicht. 
Das ist es:



 Fontane wuchs gut behütet in einer Apothekerfamilie auf, wurde aber Dichter. Die "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" sind ein gewichtiges Werk über die Geschichte Brandenburgs. Man muss nicht alles gelesen haben, aber man findet hier u.a. die Erklärung, warum es "Mark" heißt und was es mit dem "Märkischen Kreis" in NRW zu tun hat.

Ok, von hier gleich weiter zum Denkmal von Karl Friedrich Schinkel, dem Stadtplaner und Architekten des Preußischen Klassizismus. Es steht im Stadtpark, gleich neben einer stattlichen deutschen Eiche.



Nach soviel Geschichte zurück in die Gegenwart. Zum See. Es gibt ein exklusives Ufer, wer hier keine Villa hat, der sieht den See nicht.






Und gegenüber liegen die Therme und das Wellness Hotel. Man fühlt sich wie am Starnberger See. Ist das wirklich Brandenburg?



Ist es. Ein Besuch lohnt sich. Und wie gesagt: Am besten mit einem Besuch des Tucholsky Museums in Rheinsberg verbinden. Auf dem Weg zur Ostsee oder nach Berlin.