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Dienstag, 19. November 2013

Raubkopieren - Musikkids verboten, Google erlaubt

Wenn zwei das gleiche tun, ... und so weiter.

Vor zehn Jahren hafteten Eltern für ihre Kinder. Wer beim Raubkopieren von Musik erwischt wurde, oder geraubte Musik auf Napster "teilte", für den wurde es richtig teuer. Sogar dann, wenn die eigentlichen "Täter" noch minderjährig waren. Da hielt sich die Musikindustrie an den Eltern schadlos. Die Streitwerte wurden -dem Modell Abschreckung folgend- astronomisch hoch angesetzt. Eine ganze Generation Jugendlicher wurde kriminalisiert, nur weil die Musikindustrie es nicht auf die Reihe bekam, die neuen Techniken in ein neues Geschäftsmodell zu münzen. Dieter Gorny erinnert sich sicher. Da musste erst Steve Jobs kommen..

Und heute?

Ich lese, dass Google das Recht hat, Millionen von Büchern zu scannen und über das Internet verfügbar zu machen. Ohne Rücksprache mit den Inhabern der Urheber- oder Verwertungsrechte. Ein US-Gericht ist der Meinung, dass Google da mit niemanden reden muss, Auch nicht mit ausländischen Verlagen oder Autoren.

Interessant: Der Blog von Authors Guild, einem Interessenverband von US-Autoren, Link

Sonntag, 10. Februar 2013

Patentierte Geschäftsmodelle für gebrauchte, digitale Werke

Die Anfänge: Gebrauchtsoftware
Im Geschäft mit Unternehmenssoftware gibt es den Handel mit Gebrauchtlizenzen schon länger. Und seit Juli 2012 gibt es vom EuGH dazu auch ein Gerichtsurteil. Nicht nur Software auf CD oder DVD darf vom Käufer wieder verkauft werden, sondern auch Downloads (SPON). Geklagt hatte die Fa. UsedSoft (Link) gegen Oracle.

Die Richter machten dafür den sog. "Erschöpfungsgrundsatz" geltend, nachdem man an einem geistigen Eigentum entlang einer Wertschöpfungskette nur einmal verdienen darf. Kurz gesagt: Wenn ich ein Auto kaufe, in das Patente von Zulieferern eingegangen sind, dann stecken diese Lizenzkosten im Preis des Autos, weil der Autohersteller hierfür gezahlt hat. Ich muss nicht zusätzlich Lizenzen für Patente auf Navigationssystem, Airbag oder sonstwas zahlen.

Wichtig für die Umsetzung eines Gebrauchtlizenzenverkaufs: Ich darf als Verkäufer keine Kopie behalten. Sonst habe ich Geld für eine Raubkopie genommen und mich strafbar gemacht. 

Dies in der Unternehmenswelt zu kontrollieren ist vergleichsweise einfach: Wenn ein Unternehmen nach Verkauf einer Oracle- oder SAP Unternehmenslizenz diese trotzdem weiterverkauft, dann könnte sich das schnell bis zum Softwarehersteller herumsprechen..

Übertragung auf Kunstwerke
Anders im Privatsektor: Schon in der Homecomputerära war allen klar, dass man Software kopieren und weiterreichen kann. Allen war irgendwie klar, dass ein Computer Geld kostet. "Da hat man ja was in der Hand." Dass Software auch Geld kostet weil Arbeit drinsteckt, damit waren die ersten schon überfordert. Das zog sich später auch durch die Reihen der Raubkopierer von Musik, Büchern und: Doktorarbeiten ;-)

Trotzdem war die fehlende Möglichkeit, Bücher nach dem Lesen wieder zu verkaufen bis jetzt der Grund, warum ich mir keinen Ebook Reader zugelegt hatte. Meine Kosten für Literatur würden sich dadurch schlicht erheblich erhöhen. 

Ich kaufe viele Bücher, verkaufe sie aber auch wieder. Ich kaufe auch gebrauchte Bücher. Und verlasse mich implizit darauf, dass dieser den Verlagen entgehende Umsatz schon irgendwie in die gebundenen Buchpreise einkalkuliert ist. So wie ja auch die Kopierabgabe in USB-Sticks, Drucker und Kopierer eingepreist ist.

Jetzt haben amazon und die Fa. ReDigi (Link) Patente auf Wiederverkaufsmodelle für Digitalgüter bekannt gemacht. Schauen wir uns die Patente doch mal an:

1. amazon.com
Patenttitel: "Secondary market für digital objects" (Link)
Anmeldedatum: 05.05.2009

Zusammenfassung:
Ein digitaler Marktplatz für elektronische Bücher, Audio, Video, Apps. Die digitalen Güter werden in einem persönlichen Speicher abgelegt. Der Käufer kann seine Rechte auf Download, Verschieben und Streaming an einen anderen Nutzer verkaufen. Nach dem Verkauf wird der Inhalt aus dem Speicher des Verkäufers gelöscht. Das Recht auf Download, Verschieben und Streaming kann auch nach Erreichen einer maximal zulässigen Zahl erschöpft werden.

Die Wiedergabe der schwer verständlichen Patentansprüche unterlasse ich mal. Der Stoff ist aber ao schon spannend genug.

Diskussion:
1. Die Formulierung "persönlicher Speicherbereich" umfasst beides: Die Cloud und den PC/Tablet. In der eigenen Cloud hat amazon alles im Griff. Will ich Musik hören oder ein Video als Stream abspielen geht das einfach nicht mehr, wenn ich gerade die Lizenz dafür weiterverkauft habe. So lässt sich übrigens gleichzeitig eine zeitlich oder stückbezogene Lizenz abbilden. Der Server misst die Zeit, zählt meine Streams, erlaubt oder sperrt. Und auch der Verleih von User zu User lässt sich so abbilden. Verleihen heißt: Ich bekomme meinen Access solange gesperrt wie ich ihn an den Empfänger verliehen habe. 
Was aber ist mit Downloads? Dann muss amazon meinen Player, d.h. mein Gerät (meinen Kindle, meinen PC/Tablet durchsuchen und löschen dürfen. Das wird für einen nächsten Aufschrei sorgen, diesmal von Datenschützern..
Für amazon ist es fast das perfekte Geschäftsmodell: Einmal installiert, muss amazon überhaupt nichts mehr bewegen, um Geld zu verdienen. 

2. ReDigi
Die Fa. beschreibt sich selbst als der Welt erste reale und legale Alternative zu teuren Online-Musikhändlern und illegalen Filesharern (Link). ReDigi beruft sich auf das US-amerikanische Pendant zum europäischen "Erschöpfungsgrundsatz", die "First Sale Doctrine" aus dem Jahre 1908 - die Voraussetzung für das Geschäftsmodell mit gebrauchten Werken. 

ReDigi steuert die Lizenzen über seine... Cloud. 

Titel des noch nicht erteilten Patents: "Method and apparatus for sharing, transferring and removing preiviously owned digital media." (Link)
Anmeldedatum: 31.12.2010

Zusammenfassung (in eigenen Worten):
Nach der Registrierung eines Users und dessen Markierung eines digitalen Werkes auf seinem PC/Tablet als "Zum Verkauf" prüft der ReDigi Server zunächst, ob der Anbieter tatsächlich Eigentümer der angebotenen Kopie ist. Im positiven Fall nimmt die Cloud das Angebot in die Angebotsliste für die anderen User auf. Findet sich ein Käufer, wird der Verkauf und Download abgewickelt. Siehe auch nachfolgende Grafik aus der Offenlegungsschrift.


Diskussion:
Ich bin die Offenlegungsschrift nur durchgeflogen, sie klingt im Vergleich zum amazon Patent etwas oberflächlicher. Fest steht aber, dass bei diesem Verfahren der Rechner bzw. die Contentliste des Anbieters gründlicher durchsucht wird. Insbesondere das Wasserzeichen bzw. das digitale Recht des angebotenen Inhaltes. Wie ReDigi selbst schreibt: "Niemand darf das Haus verkaufen, in dem er nur zur Miete wohnt." Nicht nur das. Könnte ja auch sein, dass ReDigi dabei auch auf illegale Kopien stößt? Aber gut, wer hier Gefahr läuft, wird sich auf diesem Markt nicht anbieten. Unklar ist mir, ob man hier auch als iTunes oder amazon Kunde mitspielen kann.

Kritik und Ausblick:
Allmählich wird sichtbar, welchen Nutzen die Cloud Unternehmen wie Apple, amazon oder auch neuen Content Unternehmen bietet: Die komplette Steuerung unseres Nutzungsverhaltens bei digitalen Inhalten.

Musik subventionierte den iPod
Von Apple wissen wir: Er hat den Markt für MP3 Musik legalisiert und einfach benutzbar gemacht. Gott sei Dank. Aber er hat unterm Strich den Preis pro Kopie verbilligt. Es ging Steve Jobs darum, den Content billig zu bekommen, um teure Geräte verkaufen zu können. Und was er neu ermöglichte war, ein Album stückeweise kaufen zu können. Ich bin ihm dafür dankbar, aber ich schätze, die Künstler nicht so..

Jetzt geht es noch einen Schritt weiter. Jetzt kann jeder Inhaber einer Kopie selbst als Anbieter auftreten. Und wenn ich eine gebrauchte Kopie kaufe, habe ich davon zunächst keinen Nachteil. Denn digitale Kopien kommen -anders als LPs damals im Plattenladen- ohne Qualitätsverlust. Damit ich meine Gebrauchtkopie loswerde, werde ich bestehende Preise für "Neuware" unterbieten müssen. 

Bei Unzufriedenheit sinken die Preise
Schlecht für Verlage, wenn sie Künstler unter Vertrag haben, deren Werke nach dem Kauf schnell wieder abgestoßen werden, weil sie nicht gefallen. Je höher die Wiederverkaufsrate, desto niedriger der durchsetzbare Preis. Der Effekt, dass versprochene Qualität nicht gehalten wird, wird hier schneller für sinkende Preise sorgen.

Patentierbarkeit von Geschäftsmodellen:
Erfindungen, die technisch keine erfinderische Höhe haben aber trotzdem mittels Einsatz von Technik Märkte verändern können, haben in Deutschland eigentlich keine Chance auf Patentierung. Das Europäische Patentamt ist da schon toleranter. Die deutschen Auftragsentwickler, viele von ihnen Freiberufler oder kleine Dienstleister, wollen keine Patente lesen. Sie entwickeln keine Standardprodukte und -dienstleistungen. Sie programmieren für andere. Unternehmen wie SAP sind in DE die Ausnahme und so verhält sich das DPMA.
Das EPA schaut von Europa auf die Welt und sieht, dass die europäischen Großunternehmen im internationalen Wettbewerb stehen. Und spielt, soweit es die Gesetze zulassen, mit.
Man muss nur bedenken, dass mit der Patentierung von Geschäftsmodellen auch deren Monopolisierung zugelassen wird.

Freitag, 1. Februar 2013

Jahresbericht Patentamt 2011


Etwas verspätet hier meine Auswertung des Jahresberichtes des Deutschen Patentamtes für 2011, publiziert im Sep. 2012 (Quelle: DPMA). Dafür werte ich diesmal Patent und Marken aus. Denn was nützt Erfindergeist, wenn die Marketingabteilung ihn nicht vermarktet bekommt?

1. Patente
Das interessiert Ingenieure. Die Patentaktivität ist ein Maß für den Innovationswillen eines Unternehmens. Seine Fähigkeit, Standards zu setzen und Standardprodukte zu entwickeln, die sich als Markenprodukte produzieren und exportieren lassen.

Bundesländer:
2007 hat Baden-Württemberg die Tabellenführung von Bayern übernommen. Dabei bliebt es auch 2011. Es gab es folgende Anmeldezahlen:

1. Baden-Württemberg: 14.355
2. Bayern:  13.340
3. NRW: 7.052
4.  Niedersachsen: 2.930
..
9. Berlin: 918
10. Hamburg: 915
12. Brandenburg: 322

Wertung:
3/4 aller Patentanmeldungen stammen von den Top 3 Bundesländern. NRW schafft aber nur die Hälfte von Bayern oder BaWü. Das finde ich relativ schwach, gemessen an der Einwohnerzahl, Hochschullandschaft und daran, dass es sich als ein Industriekernland versteht (DAX-Unternehmen: Bayer, Eon, Henkel, RWE, ThyssenKrupp plus Logistikdienstleister Deutsche Post). Berlin und Hamburg liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Brandenburg enttäuscht, all die Hitech-Initiativen der letzten zehn Jahre haben doch nicht so gezündet.

Top 10 Anmelder in Deutschland, alle Branchen
1. Bosch: 3.602
2. Daimler: 2.014
3. Siemens: 1.910
4. Schaeffler: 1.832
5. GM: 1.566
6. Bosch-Siemens Hausgeräte: 884
7. Volkswagen: 730
8. ZF: 669
9. Audi: 661
10. BMW: 658

Alle Hochschulen: 672 (theoretisch Platz 8).

Wertung:
Was IBM in den USA, ist Bosch in Deutschland: Der ewige Patentanmeldemeister. Beeindruckend auch der Abstand zum zweiten Platz, der überraschenderweise nicht von Siemens, sondern von Daimler belegt wird. General Motors (OPEL Rüsselsheim!) ist der aktivste ausländische Patentanmelder in Deutschland.

Top 12 Technikfelder (nach IPC):
1. Fahrzeuge allgemein: 5.993 (11% aller Anmeldungen)
2. Maschinenbau: 4.809 (9%)
3. Elektrische Bauteile: 4.101
4. Messen und Prüfen: 3.677
5. Medizin: 2.485
6. Brennkraftmaschinen: 2.193
7. Elektrische Energietechnik: 2.191
8. Logistik: 1.497
9. Kraft- und Arbeitsmaschinen: 1.489
10. Computer, EDV: 1.306
11. Nachrichtentechnik: 1.277
12. Landfahrzeuge (ohne Bahn): 1.160

Wertung:
Deutschland, Land der Auto- und Maschinenbauer und Elektroingenieure. Messen und Prüfen ist auch eine typisch deutsche Stärke ("..alles, alles ganz, ganz genau" ;-). Unsere Schwäche: Computer- und Nachrichtentechnik, jedenfalls was Konsumprodukte angeht. Der Rückzug von Siemens macht sich bemerkbar.

Top Automobilhersteller
1. Daimler: 2.014
2. GM: 1.566
3. Volkswagen: 730
4. Audi: 661
5. BMW: 658
6. Porsche: 405
7. Ford: 394
8. Hyundau: 293

Wertung:
Daimler ist der in Deutschland patentaktivste Automobilhersteller und liegt gleichzeitig auf Platz 2, wenn man Hersteller und Zulieferer zusammen betrachtet (siehe Tabelle unten). Respekt!
Addiert man die zum gleichen Konzern gehörenden Marken VW + Audi + Porsche belegen sie mit 1.796 Platz 2. Und dann kommt schon GM, also OPEL. Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig das GM Management von der Innovationskraft der OPEL Ingenieure auf die Straße bringt..
Porsche ist -gemessen an der niedrigen Stückzahl von knapp über 100.000 Autos pro Jahr sehr patentaktiv.

Top 10 Automobilzulieferer
1. Bosch: 3.602
2. Schaeffler: 1.832
3. ZF: 669
4. Denso: 512
5. Continental Automotive: 424
6. Continental Teves: 327
7. Brose Fahrzeugteile: 150
8. Hella: 114
9. Continental Reifen: 107
und Benteler: 107

Wertung:
Bosch hält sie alle auf Abstand. Selbst wenn man Schaeffler und seine Contibeteiligungen addiert, reicht es mit 2.690 nicht um an Bosch vorbei zu ziehen. Warum Conti Teves hier noch nicht unter COnti Automotive subsumiert wird, weiß ich nicht. Trotzdem scheint Schaeffler die Turbulenzen der Contiübernahme (Schuldenstand im Jan. 2009 immerhin 23 Mrd €) wenigstens hinsichtlich  ihres Erfindergeistes überwunden zu haben.
Interessant an der Statistik ist die immer noch herausragende Rolle des Maschinenbaus (Schaeffler, ZF) gegenüber Elektronik und Elektrotechnik (Bosch, Denso, Hella). Siemens taucht in der Statistik übrigens nicht mehr auf, weil Siemens VDO 2007 von Continental übernommen wurde.

Top Anmeldefelder Automotive:
1. Hybridantriebstechnik: 1.727
2. Abgastechnik: 1.375
3. Batteriefahrzeugtechnik: 249

Wertung:
Seit 2010 werden mehr Hybrid- als Abgaspatente angemeldet. Treiber sind hier seit 2009 inzwischen die deutschen Anmelder. Eine Folge der Autokrise? Auffallend auf jeden Fall: Obwohl die vermeintlich zu geringe Reichweite von Batteriefahrzeugen ein -inzwischen abflauendes- Dauerthema in den Medien ist, ist die Patentaktivität -und somit die FuE-Intensität- eher schwach. Ich vermute, dass man hier einen Branchentrend ablesen kann.

Verteilung der Anmeldefelder Erneuerbare Energien:
1. Solartechnik: 976
2. Windkraft: 733
3. Erdwärme: 164
4. Wasserkraft: 139

Wertung:
Solartechnik vor Windkraft. In den Medien, bzw. seitens der Regierung wird die Solartechnik als übersubventioniert und nicht lohnenswert dargestellt, die Patentaktivität ist hier aber am intensivsten. Das könnte daran liegen, dass hier Photovoltaik (Strom) und Solarthermie (Wärme, Warmwasser) zusammen betrachtet werden?

2. Markenanmeldungen
Das interessiert Betriebswirte und Marketingexperten. Wertet man die Patentstatistik also als Ausweis für Knowhow-Stärke, ist die Markenstatistik ein Ausweis für Marketingintensität, also die Fähigkeit, aus Forschung und Entwicklung Produkte zu machen. Richtig stark ist also, wer in beiden Statistiken vordere Plätze belegt. Dienstleister, die Produkte nur im Auftrag entwickeln und ihre Methoden nicht standardisieren, sind keine Patentunternehmen. Ihre Mitarbeiter vielleicht schon, wenn sie als Miterfinder in die Patentanmeldung gehen. Dienstleister sind deshalb viel mehr auf Markenstärke angewiesen.

Nach Bundesländern:
1. NRW: 13.058
2. Bayern: 10.823
3. BaWü: 8.085
4. Hessen: 4.990
5. Berlin: 4.834
6. Niedersachsen: 4.216
7. Hamburg: 3.307
..
12. Brandenburg: 1.067

Nach Bundesländern pro Einwohner:
1. Hamburg: 185
2. Berlin: 140
3. Bayern: 86
4. Hessen: 82
5. BaWü: 86
6. NRW: 82

Wertung:
Höchst interessant: NRW ist -in absoluten Zahlen- zwar relativ patentschwach, aber markenstark. Erst danach folgen die Patentplatzhirsche Bayern und BaWü. Besonders auffällig: Berlin auf dem 5. Platz. Ein klarer Hinweis, dass Berlin inzwischen Markenprodukte und Dienstleistungen produziert. Woher die überraschende Stärke Brandenburgs? Das muss an Potsdam liegen..
Bezieht man die Markenanmeldungen auf die Einwohnerzahl wird sichtbar: Hamburg und Berlin sind hip. München kann Bayern nicht retten ;-)

Nach Leitklassen:
1. Werbung: 7.565
2. Bildung, Sport, Kultur: 6.926
3. Elektrische Apparate und Instrumente: 4.342
4. Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen: 3.555
5. Kleidung: 2.844
6. Medizinische Dienstleistungen: 2.712
7. Versicherungen: 2.606
8. Pharma: 2.158
9. Büroartikel: 2.132
10: Hotelgewerbe: 1.996

Wertung:
Wo kann man Lifestyletrends besser ablesen, als bei der Markenstatistik?! Die Werbung feiert sich selbst. Unübersehbar ist der Trend zum kohl'schen kollektiven Freizeitpark :-) Wir bilden uns, treiben Sport und gehen in Markenkulturveranstaltungen (Musicals, Kinos,..).
Auch stark: Der Trend zur Auslagerung von wissensbasierten Wertschöpfungen an externe Dienstleister. Hitechdienstleistung ist ja überwiegend nur ein anderes Wort für "Leiharbeit für Akademiker". Und die Geschäftsführer machen daraus Markenartikel. Nun gut..
Auch interessant: Medizinische Dienstleistung sind inzwischen kommerzialisiert.

Die aktivsten (Produkt)-Markenanmelder:
1. Boehringer Ingelheim: 110
2. Daimler: 85
3. BMW: 76
4. Bayer: 73
5. Volkswagen: 71
    Weco Pyrotechnik: 71
7. Bosch-Siemens Haushaltsgeräte: 66
    Fraunhofer: 66
9. METRO IP: 59
10 .  STADA Arzneimittel: 57
11. Netto-Marken Discount: 55
12. Henkel: 54
13. FKW Keller: 53
14. Deutsche Telekom: 49
..
18. Audi: 45
19. Vodafone: 43
..
24. Siemens: 38
..
37. Burda: 30
40. BILD digital: 28

Wertung:
Daimler ist sowohl sehr patent- als auch markenaktiv. Die erfolgreichen Automarken sind auch markenaktiv. Auffällig: GM/OPEL ist zwar patent- aber nicht markenaktiv. Telekom und Medien belegen hintere Plätze. Wir sind ein Maschinen- und Pharma - Land ;-)

Patentanwälte:
Vielleicht am Ende noch interessant: Wie viele Patentanwälte buhlen um Mandate von Patent- und Markenanwälte?

2005: 2.389
2011: 3.089

Wertung:
Die Zahl der Anwälte steigt stärker als die Zahl der zu vergebenden Mandate. Gut für die Klienten.

Samstag, 12. Januar 2013

Bauhaus AG mahnt Bauhaus-begeisterte Studenten ab

Einer meiner -wirklich so erlebten- Lieblingswitze über die Entfremdung zwischen Wessis und Ossis lautet ja: "Reisetipps für den Osten? Fahrt doch mal nach Dessau und schaut Euch das Bauhaus an." Antwort: "Warum sollen wir denn dafür bis nach Dessau fahren?"

Klar stolpert man nach einem Umzug immer mal über die Frage, ob die Baumarktkette irgendwas mit der Gropiusschule zu tun hatte. War es etwa nach der Gründung der Erstausrüster von Architekturstudenten und Möbeldesignern im Praktikum?

Nichts dergleichen. Der Baumarktkettengründer hat nichts mit Dessau, Weimar oder gar Berlin zu tun. Er ist gebürtiger Schwabe. Sein Name: Baus. (Der Mann lebt in der Schweiz, Zeitungen beißen sich an ihm die Zähne aus, z.B. Bilanz) Von Baus zum Bauhaus brauchte es vielleicht nur einen inspirierten Abend. Und ich kenne Leute, die sprechen Bauhaus durchaus so einsilbig wie den Namen dieses Gründers aus. Ich kenne aber auch Leute mit dem dicken BAUHAUS Wälzer im Bücherregal, den man auch auf irgendeinem Foto von John und Yoko sieht und mancher hält es für einen Katalog.

Vielleicht habe ich mich nach der Besichtigung der Meisterhäuser in Dessau mal flüchtig gefragt, warum ich erst hier erfuhr, dass diese Möbeldesigns, die ich schon lange kannte, a) aus den 20ern stammen und b) ich noch nie unter dem Namen Bauhaus wahrgenommen hatte. Die Frage verging dann wieder. Doch heute erfuhr ich die Antwort:

In einem Interview (Link) mit der Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs auf Dradio ging es zuerst darum, dass die Bauhausschule 1933 von den Nazis verboten wurde. So weit bekannt. Und nach dem Krieg meldete o.g. Baus Markenrechte fürs "Bauhaus" an. Er war einfach schneller als die Designschule, die diesen Namen erfunden hatte und in die USA emigriert war. Aus den USA brachte Baus auch seine Idee für einen Heimwerkermarkt mit. Baus wusste sicher, was er da tat. Aber bis heute verfolgt er Verletzungen seiner Markenrechte konsequent mit Abmanhnungen. Zuletzt bekam das eine Bauhausbegeisterte Studentengruppe zu spüren, die ein Textilunternehmen gründeten und Taschen mit der Aufschrift "My Bauhaus is better than yours" verkaufte (Link).

Ich habe mal im Register des Patentamtes nachgeschaut. Und tatsächlich: Seit 1970 ist Bauhaus eine eingetragene Marke für eine Fülle von Warenklassen: Link


Rechtlich kann man der Bauhaus AG nichts. Das Markengesetz ist anders als das Patentgesetz. Eine Wortmarke muss nicht neu sein, um sie anmelden zu können. Sie muss nur gerade frei sein. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurden z.B. auch viele etablierte Marken frei, die sich später andere aneigneten. Die Marke bleibt solange besetzt, bis der Inhaber aufhört, sie zu benutzen oder die Gebühren zu zahlen.

Ich finde das unerhört. Aus zwei Gründen:

Der Begriff Bauhaus ist erstens von einer kreativen Gruppe für eine Stilrichtung erfunden worden, die heute weltweit bekannt und als geniales Kreativwerk anerkannt ist. Große Unternehmer wie Max Braun und Steve Jobs haben auf deren Designprinzipien Weltunternehmen gegründet. Die Besetzung durch einen Schrauben, Hammer und Bohrmaschinenverkäufer, der sicher nicht ohne Bedacht auch stilisierte Lampen verkauft, hat dagegen nichts mit der Popularisierung der Bauhaus-Idee zu tun. Das zeigt er durch sein Vorgehen gegen die Studentengruppe.

Zweitens wären die Bauhaus Genies vielleicht noch selbst auf die Idee gekommen, ihre Wortschöpfung schützen zu lassen, sie waren eben noch nicht in der Kommerzialisierungsphase angekommen. Aber die Nazis machten ihnen einen Strich durch die Rechnung.

Frau Jaegl sagt zum Schluss des Interviews, dass ihr Dessauer Kollege vorhat, der Bauhaus AG eine "kultivierte Koexistenz" vorzuschlagen. Denn Museen wie das Bauhaus sind auf private Einnahmen angewiesen. Dass die Museen ihre populären Ikonen als Re-Editionen nicht mal unter eigenem Namen verkaufen dürfen, ist ein ganz schlechter Witz.

Sollte die Bauhaus AG nicht mit sich reden lassen, sollten wir eine Bewegung daraus machen, bis der Gesetzgeber eingreift.

Besucht alle einfach mal: http://www.betterbauhaus.com/

Samstag, 8. September 2012

Wie Google Patentrecherchen popularisieren wird

Patentdatenbanken als Infoquelle
Produktneuheiten findet man zuerst in Patentdatenbanken. Warum wühlen Technik- und Börsenjournalisten trotzdem nicht dauernd in ihnen? - Weil man wissen muss, wie das geht. Wie man Patentanmelder oder Patentfelder beobachtet und durchsucht. Das ist was für Spezialisten. Etwas für Patentingenieure und Patentprüfer. Noch.

Denn wie so viele Berufsfelder wird auch der 'Patentresearcher' vom Internet "bedroht", seiner hat sich vor längerer Zeit schon Google angenommen.

Patente recherchiert man aus Neugier, weil man z.B. wissen will, was amazon, Apple oder Porsche in ihren Entwicklungsabteilungen gerade so treiben. Oder man hat eine eigene Erfindung oder Idee und will wissen, ob man damit der Erste wäre..

DEPATISNET (Deutsches Patentamt)
Früher ging man in die Recherchesäle des Patentamtes wie z.B. in Berlin Kreuzberg und durchwühlte Microfilme. Ende der 90er baute das Deutsche Patentamt für seine Prüfer sein DEPATIS (DEutsches PATent InformationsSystem) auf und öffnete es 2000 fürs Internet (www.depatisnet.de).

Services
Seitdem hat das Patentamt immer mehr Services entwickelt, die es dem Benutzer leichter machen mit dem komplexen Patentsystem umzugehen. Patentinformationen bestehen aus technischen und rechtlichen Informationen. Nicht nur was ein Patent abdeckt ist interessant, sondern auch, wem es gehört, bis wann es gilt und ob es überhaupt noch in Kraft ist.

DEPATISnet bietet zwar auch Einsteigerrecherchen, aber die eignet sich nur für sehr konkrete Abfragen, z.B. die Liste aller Patente und -anmeldungen eines bestimmten Unternehmens oder Erfinders. Wer den Stand einer bestimmten Technik recherchieren will, muss aufwendige Terme entwickeln mit vielen UNDs und ODERs, Platzhaltern etc.. Ein Fall für Patentrechercheure.

Oder für Google. Denn es ist so: Entweder legt man seine Daten gut sortiert ab und kennt sich darin anschließend auch aus. Oder man hat eine gute Suchmaschine, die sich selbst einen Index bildet.

Man kennt das von ebay. Wenn Du weißt, wo Dein Produkt im Schlagwortbaum abgelegt ist, entgeht Dir dort nichts mehr. Wenn Du das nicht weißt, musst Du das Suchfeld solange benutzen, bist Du halbwegs sicher bist, alle Schreibweisen zu kennen. Oder Du findest den ersten Treffer und klickst dann auf das angezeigte Schlagwort.

Google
Google bietet seit 2006 die Suche in US Patenten (Link). Danach schlichen sie sich ans Europäische Patentamt ran und kamen zuerst mit einem automatischen Übersetzungsservice ins Geschäft (Link). Denn siehe: Europäische Patente sind vor allem deshalb so teuer, weil man Übersetzungsspezialisten für Techniksprachen braucht, um sie in die Amtssprachen der EU zu übersetzen. Google macht diese gerade arbeitslos. Jetzt hat Google die Suche nach Europäischen (EP)  Patenten eröffnet: Link



Der Service dient der Stand-der-Technik-Recherche. Klickt man oben rechts auf den blauen "Stand der Technik suchen"-Button durchsucht Google alles, was es indiziert: Webseiten, Bücher, andere Patente... Auf der Trefferseite werden die benutzten Suchworte angezeigt, man kann eigene ergänzen und weitersuchen. Man kann von hier auch ins Espacenet springen, um in der Patentdatenbank des Europäischen Patentamtes weiterzusuchen. Im Patentregister könnte man dort für das gefundene Patent den Rechtsstand abfragen.

Klickt man das Dropdown Menü mit dem Zahnrad runter, kann man in gewohnter Google Art "erweiterte Patentsuche" nutzen. Hier muss man keine IKOFAX Abfragesprache können, sondern benutzt die UND und ODER Felder.


Bewertung von Google Patents
Das ist ein mächtiges Tool, das Patentrecherchen populär machen könnte. Alles was mit Patenten zu tun hat, stellt für Ingenieure und Informatiker ja immer eine Barriere da. Patentrecherchen verströmen für manche den Esprit eines Amtsbescheides. Diesen Nimbus konserviert der Stand der Patentanwälte natürlich auch gerne, rechtfertigt er doch nicht zuletzt ihr Monopol auf Rechtsberatung. Doch so exakt, dass man sich damit vor einem Patentgericht verteidigen könnte, will man es oft gar nicht wissen. Es reicht oft eine kurze Recherche, um einen ersten Überblick zu bekommen oder eine konkrete Frage zu beantworten.

IKOFAX in Depatisnet
Ich habe einige Jahre IKOFAX Recherchen für Entwickler gemacht (nicht hauptberuflich), weil ich vom Wert der Patentinformationen überzeugt bin. Hat man erst mal seine Schlagworte in dem Wust ausfindig gemacht (allein für das Finden seines Schlagwortes im 80.000-teiligen IPC Katalog gibt es eigene Suchmaschinen..), wird es leicht, sein Technikgebiet zu verfolgen. Aber seitdem ich Tags und Tagclouds zum ersten mal sah, fragte ich mich, ob man die Verschlagwortung von Patenten nicht demokratisieren sollte. Soll doch jeder, der ein Patent gefunden hat, selbst einen Tag hinterlegen. So wie mit Büchern bei amazon. Social Bookmarking für die Verschlagwortung von Patenten.

Bürgerdialog der Kanzlerin
Genau diese Idee brachte ich im Frühjahr beim Bürgerdialog der Kanzlerin ein (Link). Ich bekam sogar eine Antwort vom Ideenbüro: Bitte wenden Sie sich mit Ihrer Idee ans Patentamt! Gesagt getan, bekam ich Anfang August aber den "Ablehnungsbescheid": Das Patentamt öffne sich im Sinne einer Open-Data-Strategie, werde die Patente aber weiterhin im international abgestimmten IPC System ablegen.

Antwort des Patentamtes
Aber, so schrieb mir der zuständige Leiter der "Informationsdienste für die Öffentlichkeit", man werde die Entwicklungen im Crowdsourcing und Social Bookmarking "aufmerksam verfolgen".

Das Patentamt wird als Informationsquelle und als Instanz, welche den Status Patent verleiht, unersetzlich bleiben. Zumindest für Maschinenbau, Chemie und klassische Elektrotechnik. Bei den Softwareentwicklern bin ich mir da nicht so sicher.

Aber Patentrecherchen werden immer häufiger über Google laufen, da bin ich mir sicher. Google geht hier klug vor, und kämpft nicht gegen die Patentmämter sondern kooperiert Schritt für Schritt.

Ich aber überlege, ob ich meinen fertig getippten Ratgeber "Patentrecherchen für Mittelständler" überhaupt noch veröffentlichen soll.

Dienstag, 10. April 2012

Traummargen: Wissenschaftsverlage verwerten öffentliches geistiges Eigentum

Sollten die Erkenntnisse und Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung kostenlos zugänglich sein? Das meint die Open Access Bewegung schon lange. Sie stört sich an den dramatisch gestiegenen Kosten für Fachbücher und -magazine. Deren Inhalte erarbeiten Professoren und Doktoranden, sie sind also -überwiegend- öffentlich finanziert. Privat finanziert sind die Forschungen und Entwicklungen, die anschließend der Geheimhaltung oder Exklusivlizenzierung unterliegen.

Schon als das Hochschullehrerprivileg fiel, das Hochschullehrern bis dahin ihre Patente auf eigene Faust vermarkten ließ, war die Industrie irritiert: Wieso denn nochmal für das Nutzungsrecht von etwas zahlen, dessen Entwicklung sie bereits vorfinanziert hatte? Die Antwort war: Weil die Hochschule die Rahmenbedingungen und die Vorleistungen bereits finanziert hatte. Und weil Exklusivität extra kostet. Bei Patenten gilt allerdings, und zwar im Gegensatz zu sonstigem wissenschaftlichem "Content": Die darf jeder lesen, und zwar gratis. Und zwar in den kostenlosen Online Patentdatenbanken.

Bei den Fachbüchern liegt der Fall so: Weil sich der Markt für Fachbuchanbieter heute auf nur noch wenige Große (Elsevier, Sptinger, Wiley) konzentriert hat, sind die Preise entsprechend gestiegen. Meistens geht es bei 50 EUR erst los, 100 EUR zu überbieten ist keine Kunst. Fachmagazinabos kosten erheblich mehr.

Der Hochschullehrer wirkt hier als Autor und fasst in Worte, was öffentlich finanziert wurde. Gut so. Wir wünschen uns solche Verbreitungen von Wissen (Übrigens auch von den Geisteswissenschaftlern). Der Prof schreibt, der Verlag bringt es in Form, produziert und vertreibt. Arbeitsteilung.

Bei Fachmagazinen kommt noch etwas hinzu: Die Reviews, also die Redaktion, die Auswahl, machen ebenso die Wissenschaftler. Sie besorgen dem Verlag, bzw. dem Magazin die Reputation. Wer es in die hoch angesehenen Magazine schafft, hat es geschafft. Aber wieso dafür diejenigen noch mal zahlen lassen, die die Arbeit damit hatten?

Die Hochschulen, und mit ihnen manche Hochschulprofs, beginnen sich zu wehren. Die Universitätsbibliotheken ächzen unter den steigenden Beschaffungskosten für Werke, die sie, als Hochschule, selbst finanziert haben. In UK sind das 200 Mio Pfund p.a., 10% des Forschungsetat. Die Fachbuch- und -magazinverlage machen eine Marge von 35%, schreibt der Guardian.

In Cambridge ist im Januar der Mathematiker Tim Gowers voran gegangen, als er einen Blogbeitrag über Elsevier postete (Link), in dem er sich über deren Bundleangebote beklagte. Elsevier bietet seine Magazine nur noch als Bundleabo an, nicht mehr als Einzelthemen. Elsevier unterstützte bis dahin auch Proteste gegen die Open Access Bewegung und die Befürworter von SOPA, PIPA usw.

Ein Leser seines Blogs griff das Thema sofort auf und rief eine Unterschriftensammlung namens "The cost of knowledge" ins Leben, die sich gegen das Verhalten von Elsevier richtet (Link). Daraufhin ließ Elsevier seine Unterstützung von Openacess Gegnern fallen.

Quelle: The Guardian

Was "lernt" uns das?

1. Es wird Zeit, dieses Verlagsoligopol, das sich von Autoren und Lesern bezahlen und Autoren und Reviewern die Arbeit machen lässt, aufzubrechen. Man kann sie vermutlich sogar ersetzen durch Funktionen, die das Web 2.0 anbietet.
2. Die Verwertung öffentlicher Werke zugunsten privater Gewinne ist das unternehmerische Pendant zur unterstellten Raubkopie des Privatkonsumenten. Wo bleibt der Aufschrei z.B. des Handelsblatts?
3. Elsevier und Co. sollten vorsichtig sein. Wenn sie von ihren hohen Rössern nicht herunterkommen könnte es ihnen ergehen wie der Enzyklopedia Britannica.

Freitag, 6. April 2012

Replik auf Handelsblattkampagne "Mein Kopf gehört mir"

The creative process is a process of paying lawyers.
Lawrence Lessig

Das Handelsblatt versucht heute, was schon Dieter Gorny vor Jahren missglückt ist: Eigenes Unvermögen in einen Angriff auf ihre Kunden umzuwandeln. Sie nennt es "Mein Kopf gehört mir" und leitet wie folgt ein:

Denker, Tüftler und Dichter fordern im Handelsblatt: Auch künftig muss, wer immaterielle Werte schafft, entlohnt werden. Eine Gesellschaft, die ihre Kreativen vernachlässigt, beraubt sich der Zukunft.

Fast ein Jahrzehnt nachdem der New Yorker Juraprofessor und Miterfinder des Creative Commons Lizenzmodells Lawrence Lessig unsere Denkfiguren von Schutzrechten ins digitale Zeitalter transformiert hat, kommt dieser Diskurs endlich auch in Deutschland an. Die Protagonisten der alten Welt meinen aber, keine Antworten sondern vor allem Anklagen liefern zu müssen. Sie meinen hier sicherlich, wie vor kurzem Sven Regener, allen voran die Piraten und ihre Wähler. Verstanden haben sie aber offenbar wenig. Niemand will den Kreativen etwas wegnehmen.

Die Piraten positionieren sich auf ihrer Website wie folgt (Zitate):
Die Fähigkeit zur aktiven Teilhabe an der Gesellschaft hängt heute in immer größerem Maße vom erworbenen Wissen und Können ab. Aus diesem Grunde muss allen Menschen die Möglichkeit gegeben werden, diese Fähigkeiten zu erwerben. Erforderlich hierfür ist ein freier Zugang zu hochwertiger Bildung für alle Menschen. Alle finanziellen und rechtlichen Beschränkungen, die den Zugang zum Wissen verhindern oder erschweren, müssen überprüft und – soweit möglich – abgebaut werden.
Quelle: http://www.piratenpartei.de/politik/wissensgesellschaft/

Dies zielt auf freien Zugang zu Bildung und Wissen. "Frei" ist im Deutschen ja leider doppeldeutig: Meinen sie "kostenlos" oder "unbehindert"? Sie meinen beides, das steht da explizit. Hier ist noch nicht von Urheberrechten die Rede. Könnte sie aber einführen, z.B. indem man die horrend hohen Preise für Fachbücher thematisiert, die Verlage für einen Content verlangen, der mit Steuermitteln finanziert worden ist: die Forschungserkenntnisse deutscher Hochschulen.

Ihre Positionen zum Urheberrecht formulieren die Piraten so:
Ablehnung des Verbots der Privatkopie und der damit einhergehenden technischen Kopierschutztechniken (Digitales Rechtemanagement".
Begründung: Künstliche Verknappung, Kontrolle des Benutzers.
Zitat:
Wir sind der Überzeugung, dass die nichtkommerzielle Vervielfältigung und Nutzung von Werken als natürlich betrachtet werden sollte und die Interessen der meisten Urheber entgegen anders lautender Behauptungen von bestimmten Interessengruppen nicht negativ tangiert.
Dem stimme ich zu, solange mit "privat" nicht die ungebremste Weitergabe auch an Freunde und Bekannte gemeint ist: Ich erwerbe mit dem Kauf eines digitalen Musikstückes das Recht, dieses beliebig oft zu hören. Ein Teil des Preises deckt auch die Aufnahmekosten (Studio), Produktions- und Vertriebskosten. Für die Privatkopie, d.h. der Kopie fürs Auto, den iPod, die Hifianlage, entstehen dem Anbieter keine Produktions- und Vertriebskosten. Was früher möglich war, z.B. eine Single fürs Autoradio auf eine Cassette zu kopieren, muss auch mit MP3 möglich bleiben. Apple hat dies inzwischen auch eingesehen und die Limitierung für die Privatkopien im iTunes aufgehoben. Ich selbst habe eigentlich noch nie einen Kopienraub begangen, wohl aber schon x Stücke inzwischen dreimal erworben: als Vinyl, CD und MP3.

Das gleiche muss für elektronische Bücher und Zeitungen gelten. Was verboten bleiben muss, weil es dem Urheber Umsatz wegnehmen würde, ist die gewerbsmäßige Kopie zum Weiterverkauf. Nur das sind Raubkopien. Gerade die Zeitungsverlage leiden aber unter einer Kostenloskultur, die sie selbst geschaffen haben. Sie beklagen also im wesentlichen, wie früher Dieter Gorny, eigenes Unvermögen, aus den neuen Möglichkeiten ein Geschäft zu machen.

Bei Filmen hat sich das digitale Angebot auch schon an die Unterschiede und Möglichkeiten angepasst: Ich sehe Filme nur einmal, besonders gute auch ein paar mal mehr. Aber weitaus weniger als ich Musikstücke höre. Deshalb unterscheidet iTunes Angebote zwischen Kauf (beliebig oft schauen) und Ausleihe (1x schauen).

Was die digitalen Verlage uns noch schuldig sind, ist der Weiterverkauf gebrauchter Werke. Ich räume die besondere Schwierigkeit ein, weil sich ein gebrauchtes MP3 in seiner Qualität nicht von einem neuen unterscheidet. Außerdem müsste man sicherstellen, dass das Werk nach meinem Weiterverkauf von meinem Rechner auch gelöscht wird. Und natürlich auch alle Privatkopien... Schwierig, wenn nicht unmöglich.

Die Piraten erkennen die Rechte des Urhebers ausdrücklich an. Sie weisen aber völlig zu recht darauf hin, dass jedes kreative Werk als Input selbst auf vorherige Werke zurückgegriffen hat. Der kreative Prozess, das Werk, ist ohne kreativen Input so gut wie un-möglich. Man denke nur an Disneys Verarbeitungen von Grimms Märchen zu eigenen Filmen (z.B. Schneewittchen zu Cinderella). Übrigens flogen ausgerechnet die Kopierer hartnäckig verfolgende US-Filmindustrie nur deshalb an der Westküste, weil die Patentinhaber für Film- und Studiotechnik wie z.B. ein gewisser Thomas Alva Edison an der Ostküste saßen. Die Gründer von Hollywood waren durch die Bank Patentverletzer. Die Kritiker der Elche... Fachbücher führen im Anhang ein Literaturverzeichnis, eine Liste von Werken, die sie inspiriert hat und die sie zitieren. Neue Musikstile entwickeln sich ebenfalls durch Zitate, Anlehnungen und Inspirationen.

Das Patentwesen ist by the way ähnlich gestrickt wie der kreative Prozess des Künstlers: Wer ein Patent anmeldet muss erklären, welche Aufgabe er löst und wie diese früher gelöst wurde (Patentzitate). Und worin die Verbesserung der eigenen Erfindung liegt.

Die Piraten reagieren mit ihren Positionen auch auf die unangemessenen Verhaltensweisen von Verlagen gegen -meist minderjährige- Ersteller von Privatkopien. Die drakonischen Strafen der Vergangenheit waren umso ungerechter, weil die Kläger eigene legale Angebote, die die Vorteile der digitalen Möglichkeiten unterstützt hätten, lange schuldig blieben. Allen voran in Deutschland. Erst Apple hat daraus ein funktionierendes Geschäft gemacht. 1 Song für 1 Euro. Zu analogen Zeiten zahlten wir 5DM für eine Single.

Was die Piratenkritiker auch verkennen ist der Unterschied zwischen einem Download und einem Stream: Wenn ich bei YouTube ein Video schaue ist das für mich als Konsumenten wie Fernsehen. Ich erzeuge keine Kopie auf meinem Rechner. Es hat eher einen Werbeeffekt, der mich evtl. zum Kauf des Videos oder den Song anregt.

Vor allem noch unbekannte Bands oder Autoren/Blogger nutzen das Internet, um bekannt zu werden und sich einen Ruf aufzubauen. Der Aufstieg beginnt immer bei Null. Am Anfang steckt man nur rein, spielt auf der Straße, liest in einem Autorenworkshop etc. Erst später, wenn man gut ist, kann man Einnahmen erzielen.
Das ist auch die Motivation vieler Open Source Programmierer: Anfänger leisten etwas für die Codebibliotheken und machen sich sukzessive einen Namen. Wer andere überzeugt, verbessert seinen Marktwert. Und: Wer für eine Community arbeitet bekommt das Recht, auch deren Werke zu benutzen.

Wer sich also auf den Standpunkt stellt, die Piraten wollen alle geistigen Eigentümer enteignen hat das Programm nicht gelesen oder die feinen Unterschiede zwischen heute und früher nicht erkannt. Das Handelsblatt und ihre besorgten Köpfe beantworten Fragen, die keiner gestellt hat. Die Piraten wollen niemanden enteignen.

Die Nichtanerkennung des geistigen Eigentums ist keine linke Position, sondern eine libertäre, wie die Lektüre der Website "Eigentümlich Frei" beweist.

Die Sozialdemokraten sollten beides unterstützen: Das Urheberrecht. Und das Recht auf die kostenlose Privatkopie.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Mitmachpolitik im Web 2.0: Kanzlerin übernimmt Grünes Konzept

Zwar waren die Grünen in Berlin nicht in die Regierung gekommen, und im Nachhinein muss man froh sein. Denn so wie die sich öffentlich gefetzt haben wäre diese Koalition eh nicht weit gekommen. Aber eins muss ich auch im Nachhinein wirklich loben: Die Idee mit der Ideenplattform "Da müssen wir ran".


Hier konnte jeder auf einer Berlinkarte einen wunden Punkt markieren, sagen was ihn da stört und einen Vorschlag machen. Superidee. Ich hab mitgemacht: Die blöde Ampelschaltung, also die kurze Grünphase auf dem 17. Juni vor der Tiergartenbrücke. Hier hat man morgens 15 Sekunden grün, dann 2 Minuten rot. Über 800 Unterstützer bekam ich dafür. Und nicht nur das. Eine Grüne Politikerin meldete sich bei mir und brachte die Sache auf dem Bezirksamt zur Sprache. Und nicht nur das. Vom Verkehrsdezernten bekam ich die Antwort, dass man die Sache vor Ort geprüft habe. Und dass die Ursache für die blöde Ampelschaltung die dahinter liegende Ampelkreuzung und deren Rückstau und der Grünvorrang für die Fußgänger an der S-Bahn Brücke sei. So wurde mein Problem zwar nicht abgestellt, aber ich verstand die Ursache. Und das hilft oft auch schon, den Ärger zu reduzieren.

Es wäre Schade um die gute Idee dieser Plattform gewesen, wenn sie mit den Grünen auch wieder unter gegangen wäre. Aber jetzt die Bundeskanzlerin die Idee aufgegriffen und heute ihre neue Plattform "Dialog über Deutschland" veröffentlicht. In drei Kategorien kann hier jeder Fragen stellen und Vorschläge posten. Ist zwar immer irgendwie ungerecht, wenn Ideen kopiert werden. Aber sollte man eine gute Sache lassen oder ablehnen, nur weil sie von der anderen Seite gemacht wird? Ich meine: Nein. Und hab wieder mitgemacht. Mit einem Vorschlag für das Patentwesen:

Patentdatenbank als Social Bookmarking organisieren

Wenn Sie die Idee interessant oder gut finden, unterstützen sie mich doch :-)
Beschreibung steht: Link

Samstag, 28. Januar 2012

Rekordanmeldungen beim Europäischen Patentamt

Das Europäische Patentamt (EPA) berichtete am 17. Januar von einem neuen Rekord der Anmeldezahlen: 2011 gingen 243 tausend Anmeldungen ein, ein Plus von 3%.

Dabei haben sich bestehende Trends weiter fortgesetzt: Es sind inzwischen vor allem nicht-europäische Anmelder, die ihre heimischen Patente auf Europa erstrecken wollen (62%, USA, Japan, China, Korea). Ein Beleg dafür, das Europa entweder als Absatzmarkt, Entwicklungs- oder Produktionsstandort trotz der Krise für Technologieunternehmen attraktiv ist.

In der Innensicht kommen die meisten Anmeldungen aus Deutschland, Frankreich und -obacht, wer hat's erfunden?- der Schweiz.

Stark zunehmen tun Anmeldungen aus Indien, Russland und Brasil. Ein interessanter Indikator dafür, welche Schwellenländer im Begriff sind, Schwellen zu überschreiten..

Quelle: PM des EPA vom 17.01.2012 (Link)

Mittwoch, 18. Januar 2012

Zensur über das Urheberrecht geht so

In Kurzform:
Du brauchst eine Lizenz von mir, wenn Du mich zitieren willst, um mich zu kritisieren.


Wie man über Schutzrechte auf geistiges Eigentum Zensur ausüben kann, habe ich hier schon mehrmals beschrieben - und ich bin auch nicht der einzige.

Man sichert sich z.B. das Markenrecht auf seinen eigenen Namen und verbietet Kritikern dann diesen Namen in Film- oder Buchtiteln zu nennen. Aberwitzige Folge: Man braucht dann eine Lizenz, um dies tun zu können. Der Markeninhaber kann dies tun oder lassen - wie eine Zensurbehörde. Ein Beispiel hierfür ist Valentin Ceausescu, der so einen Film über seine Familie verhindern wollte.

Viel umfassender lässt sich aber das Urheberrecht für Zensur missbrauchen. Die Idee: Ich verfolge, wo mich Kritiker zitieren, um mich kritisieren zu können. Das Prinzip Rede und Gegenrede wird ausgehebelt, wenn ich jeden meiner Debattenbeiträge als schützenswertes "Werk" bezeichne. Dieses Werk kann natürlich auch die Form eines Buches oder eines Essays haben. Wenn dieses jedoch politischer Natur ist, dann sollte ich mit meinem Urheberrecht großzügig umgehen, denn politische Beiträge haben in unserer Demokratie den Zweck, erwidert zu werden. Man stelle sich vor, Sarrazin würde auf die Gegner seines Buches nur noch über seinen Urheberrechtsanwalt reagieren. Durchgezogen hat dieses Prinzip bis jetzt u.a. eine bekannte Sekte, die in ihrem Namen eine Anspielung auf Wissenschaftlichkeit führt. Sie verklagte Kritiker, die sich in ihren Beiträgen auf Bücher des Sektengründers bezogen. Woraus sofort ersichtlich wird, was man auch in der Wissenschaft mit dem Missbrauch, also der übertriebenen Ausübung des Urheberrechts machen könnte.

Aber auch das Whistleblowing würde erschwert, wenn vorgelegtes Beweismaterial als "Werk" gelten würde, dessen Verbreitung einer Lizenz bedarf, weil es z.B. durch eine Geheimhaltungsvereinbarung vor Verbreitung geschützt wurde.

Fatal an dem heiß diskutierten SOPA (Stop Online Piracy Act) Gesetzesvorhaben der USA ist, dass es sich auch gegen ausländische Webseiten richtet.

Von einem Gesetz zur Verhinderung von Raubkopien einen Bogen zur Meinungsfreiheit zu ziehen, scheint also zunächst weit hergeholt. Den Medienkonzernen, die dieses Gesetz auf den Werk gebracht haben, geht es sicher mehr um den Schutz ihrer finanziellen Interessen, als um Zensur. Dieses Gesetz wäre jedoch auf einfache Weise wandelbar in ein Instrument der Zensur, und deshalb sollte es nie in Kraft treten. Vor allem in den USA, wo die Bush-Jahre gelehrt haben, wie schnell in den USA eine Stimmung erzeugt werden kann, die Kritiker faktisch mundtot macht und sogar kritische Sender und Verlage plötzlich die Schere im Kopf walten lassen.

Der Fall SOPA ist ein weiteres Lehrbeispiel dafür, dass Netzpolitik allerhöchste Aufmerksamkeit braucht, weil es um den Schutz der Meinungsfreiheit geht.

Dienstag, 27. Dezember 2011

Fallstudie: Strategische Erkenntnisse aus einer Patentanalyse

Mit Patentdatenbanken ist es so: Entwicklern graut es davor, sie durchwühlen zu müssen um womöglich etwas zu finden, was sie dann noch lesen müssten. Und Produktmanager und Marketingstrategen kommen nicht auf die Idee, dort mal reinzuschauen.

Dabei gibt es für Technologieunternehmen kaum eine wertvollere Informationsquelle als Patentdatenbanken. Und das auch noch kostenlos. Aber vielleicht ist genau das das Problem: Was nichts kostet, ist auch nichts (wert). Ich hoffe, dass die Patentämter nie auf die Idee kommen, Nutzungsgebühren für ihre Onlinedatenbanken einzuführen. Merksatz fürs Büro: 80% der Technik- und Marktinformationen, die in einem Patent enthalten sind, stehen nirgendwo anders.

Ein Beispiel, was man aus Patentinformationen rausziehen kann, gab vor zwei Jahren das Magazin ipFrontline. Ich finde es so beeindruckend und lehrreich, dass ich es hier verkürzt widergeben möchte. (Quelle: www.ipfrontline.com)

1) Patentinformationen
Explizit recherchierbar und extrahierbar sind folgende adressierbaren Datenfelder in Patentdatenbanken:
Patenttitel, Zusammenfassung, Erfindungsbeschreibung, Datum von Anmeldung und Erteilung, Namen von Unternehmen und Erfindern, zitierte Patente, Patentansprüche, Zeichnungen.

Implizite Patentinformationen, die auf Auswertungen von recherchierten Mengen an Patentdokumenten basieren, sind u.a.:
Anzahl von Patenten und -anmeldungen eines Unternehmens in einem bestimmten Technikfeld, Anzahl Patentanmeldungen in einem Technikfeld über die Jahre, Patentqualitäten bzw. -relevanzen (über die Anzahl an Zitierungen), Industrietrends, FuE-Entwicklungen von Marktteilnehmern, Stand der Technik, geschützte Problemlösungen,

All diese Informationen werden in den meisten Unternehmen nicht erhoben, weil das Management glaubt, dass das zu zeitaufwendig und teuer sei. Besonders ausgeprägt sei das Unverständnis über den Wert von Patentinformationen in kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger 500 Mitarbeitern. (Anm.: Ich kann das bestätigen, kenne aber auch Ausnahmen.)

Andererseits gaben die aktivsten Patentanmelder beim europäischen Patentamt in einer Umfrage an, dass sie besonders an folgenden Informationen und -diensten interessiert sind:

1 - Technologiebeobachtung
2 - Wettbewerbsbeobachtung
3 - Marktbeobachtung
4 - Benachrichtigungsservices ("Alarme")
5 - Praktische Beratung

2) Fallbeispiel
Wie man aus Daten Informationen macht. Samsung untersucht ein Toshiba Patent für einen tragbaren Computer.
Das Ziel: Erkenntnisse über Toshibas Strategie im Markt für tragbare Computer.
Fragestellungen:
1 - Hat der Markt für tragbare Computer ein robustes Wachstum?
2 - Wie gut ist Samsung gegenüber seinem Wettbewerber Toshiba aufgestellt?
3 - Stellt das Toshiba Patent für Samsung eine Bedrohung dar?
4 - Wieviele Patente spielen in diesem Technikfeld eine Rolle?
5 - Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb in diesem Segment?

Anmerkung: Zur Zeit der Erstellung dieser Untersuchung war von Tabletcomputern noch keine Rede. Auch spielt Toshiba inzwischen keine große Rolle mehr auf dem Markt. Umso interessanter, was man damals aus verfügbaren Patentinformationen hätte ableiten können..

Der Autor zieht dann zunächst die expliziten Informationen aus der Patentschrift: Titel, Anmelder, Erfinder, Beschreibung, Anmeldedatum. Das sind die Stammdaten.

Nun zu den impliziten Infos und der Beantwortung der o.g. Fragen:

zu 1 - Robustes Wachstum?
Zeichnete man 2009 die jährlichen Patentanmeldungen (je nach betrachtetem Markt, entweder Länder, oder PCT-Anmeldungen) in dem Technikfeld auf einer Zeitachse, sah man bis 2002 einen tlw. unterbrochenen Anstieg. 2003 kam ein Einbruch unter das Niveau von 2001, danach ein noch steilerer Einbruch auf das Niveau von 1991.
Mein Fazit (Anm.: Abweichend von der des Autors): Dieser Markt hat seine innovativste Phase hinter sich und befindet sich vermutlich in der Preiskampfphase.

zu 2 - Wie steht Samsung im Wettbewerb?
Hierzu erstellt man sich eine Übersicht über die Inhaber der 100 relevantesten Patente. Hierzu muss man wissen, wie man die 100 relevantesten aus einer Datenbank zieht: Dies ist mit den kostenlosen Datenbanken der Patentämter schon etwas schwieriger, mit den kommerziellen Tools geht es besser.
Im Ergebnis liegt Samsung jedenfalls an erster Stelle. Fazit des Autors: Samsung muss seine FuE Anstrengungen hier nicht erhöhen, weil es die meisten relevanten Patente hat.

zu 3 - Welche technische Lehre offenbart das Toshiba Patent?
Hierzu werden zuerst die ICP Klassen des Patents selbst und der Patente, die zitiert werden (vom Anmelder und vom Prüfer) ausgewertet. Daraus werden Technologiecluster formuliert. Diese Cluster werden vom Toshiba Patent berührt. Was genau geschützt wird, beschreiben die Patentansprüche.

Ist das Toshiba Patent eine Bedrohung für Samsung?
Hierzu werden diverse Statistiken wie z.B. Zitierungen ausgewertet. Auch wird das Anmeldejahr bewertet, da sich aus diesem die Restlaufzeit (20 Jahre minus x) ergibt

zu 4 - Anzahl der relevanten Patente
Summenbildung über Patente, die das Toshiba Patent zitieren, semantische Analysen und ICP-Auswertungen

zu - 5 Hat Samsung selbst einen wertvollen Patentkorb?
Aus der Menge der relevantesten Patente werden diejenigen von Samsung und Toshiba abgezählt. Im Ergebnis hat Samsung mehr als Toshiba. Daraus folgert der Autor, dass Samsung nicht zwangsläufig mehr in seine FuE investieren muss.
Es werden auch Zeichnungen von Laptop- und Notebookvarianten gezeigt, die die Ausgangsbasis für die späteren Tabletcomputer darstellen. Auch hier ist Samsung gut aufgestellt.

3) Fazit
Der Autor zieht folgendes Fazit:
1. Der Markt für tragbare Computer (Anm.: solche mit Tastatur und Trackfield für Zeigersteuerung) wächst.
2. Samsung hat hierfür mehr relevante Patente als Toshiba.
3. Das betrachtete Toshiba Patent ist statistisch schwach, wird nicht als Bedrohung (kein teures Prozessrisiko) betrachtet.
4. Samsung hat Patente für viele wichtige Techniken in diesem Produktumfeld.
5. Samsung muss derzeit nicht mehr in seine FuE investieren. Sollte sich die Anzahl der Patentanmeldungen in einer der Weiterentwicklungsvarianten (aus heutiger Sicht: Tabletcomputer) erhöhen, sollte Samsung wieder mehr investieren, da dies als Initialzündung für einen neuen Trend gewertet werden könne.

Samstag, 12. November 2011

Toyota ist besonders patent bei Elektromobilität

Die Patentanwaltskanzlei Grünecker hat eine Rangliste der Patentanmelder in Sachen Elektromobilität (inkl. Hybrid) veröffentlicht. Seit 2006 wurden von Automobilherstellern so viele Patente angemeldet (Link):

1. Toyota: 2588
2. Nissan: 940
3. Honda: 727
4. Ford: 455
5. Mitsubishi: 366

6. Huyndai/Kia: 283
7. Mercedes: 205
8. General Motors: 182
9. Peugeot: 176
10. Volkswagen: 148

11. Mazda: 146
12. BMW: 134
13. Suzuki: 80
14. Chrysler: 46
15. Fiat: 16

Toyota führt das Feld mit Abstand an (ein Grund hierfür ist die hohe Erfinderkultur bei Toyota. Dort reichen Mitarbeiter der technischen Entwicklung mehrmals im Monat Verbesserungsvorschläge oder Patente ein). 2007 hatte das Deutsche Patentamt in seinem Erfinderbericht mal den Toyota Prius hinsichtlich seiner Patente analysiert. Ergebnis: Viele grundsätzlichen Anordnungen und Konstruktionsvarianten wurden von Toyota belegt. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum viele andere Hersteller erst so spät auf den Markt kamen oder kommen. An sich ist weder ein Elektromotor, noch die Leistungselektronik noch die Batterie mitsamt Steuerung ein besonders neues Thema. DIe Spannungsebene 400V Gleichstrom, ok das ist neu. Aber Gleichstrommotoren werden schon seit hundert Jahren in Straßenbahnen eingesetzt. Mir ist schleierhaft, warum Frau Schavan dafür noch Millionen an Fördergeldern bereit stellt.

Beachtlich ist übrigens, welchen Sprung Huyandai/Kia nach vorn gemacht hat. Im Frühjahr 2011 lagen sie mit Neuanmeldungen für das laufende Jahr bereits auf Platz 2 hinter Toyota. Die Südkoreaner kommen!

Grünecker hat noch aktuelle Zulassungszahlen in seinem Bericht: Im ersten Quartal 2011 waren rund 41.000 Hybridautos in DE zugelassen. Davon neu zugelassen: 3.800 Hybride (+30%) und 450 reine Elektroautos. Die asiatischen Hersteller sind dabei ganz vorne. Natürlich spielt es in ein paar Jahren keine Rolle mehr, wer zuerst am Markt gewesen ist. Sehr wohl spielt es aber eine Rolle, wer die entscheidenden Patente zuerst angemeldet hat..

Samstag, 5. November 2011

Weiterverkauf trotz Patentverletzung (Erschöpfungsgrundsatz)

"Die IBM Deutschland GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart."
Fritz Teufel, früherer Patentmanager

International tätige Konzerne haben viele Vorteile, wenn sie in ihren Märkten lokale Tochtergesellschaften gründen, z.B. steuerrechtliche. Auf einen weiteren hat gestern ein Urteil des Landgerichtes Mannheim gezeigt: Es hat der Klage der Motorola Mobility Inc. (deren Patente demnächst an Google gehen) gegen die Apple Inc. stattgegeben (Link), die auf das Angebot von iPhones in Deutschland abzielt. Begründet wird das Urteil mit drei Motorola Patenten zur Synchronisation von Nachrichten, gegen die Apple offenbar verstoßen hat.

Apple Inc muss Motorola nun Rechenschaft darüber ablegen wie viele solcher Geräte, die die besagten Patente verletzen, es seit 2003 verkauft hat und an wen.

Jetzt kommt der Punkt: Das Urteil betrifft nur den Stammsitz Apple Inc. in Cupertino. Alle anderen Unternehmen, insbesondere Händler, dürfen iPhones weiterverkaufen. Dies bewirkt der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz des Immaterialgüterrechts (Link). Der Inhaber eines Schutzrechtes (Patent, Marke, etc.) kann sich nicht mehr bei Produkten auf sein Patent berufen, die er willentlich in Verkehr gebracht hat. Heißt auf deutsch: Entlang einer Vertriebskette kann der Inhaber eines Patentes nicht jedesmal Lizenzgebühren verlangen, sondern nur in der ersten Stufe, in der er selbst lizenziert bzw. verkauft. Dahinter ist sein Recht auf das Patent "erschöpft". Und das ist gut so. Man stelle sich vor, man müsse beim Verkauf seines Gebrauchtwagens auch noch Patentlizenzgebühren an den Hersteller abführen. Das gilt dann aber auch für die Einräumung einer Patentlizenz. Der iPhone Hersteller hätte mit Motorola die Benutzung seiner Patente verhandeln müssen, aber nicht alle nachgelagerten iPhone-Händler. Telefongesellschaften, die das iPhone als Händler einkaufen und im Rahmen von Mobilfunkverträgen weitervertreiben, dürfen dies deshalb weiterhin tun.

Der Erschöpfungsgrundsatz veranlasst Patentinhaber also bei vermuteten Patentverletzungen gegen den Hersteller vorzugehen. Verbundene Unternehmen eines verurteilten Patentverletzers bleiben davon unberührt, z.B. ggf. die deutschen Apple Stores (Apple Retail Germany GmbH) oder der deutschsprachige Onlinestore, der von der Apple Sales International mit Sitz in Cork, Republik Irland, betrieben wird. Diese dürfen weiterverkaufen, weil Motorola von diesen nach dem Erschöpfungsgrundsatz keine weiteren Patentlizenzgebühren oder eine Unterlassung verlangen kann.

PS: Dieses Urteil erging nicht nach einer inhaltlichen Prüfung, ob iPhones die betroffenen europäischen Patente wirklich verletzen, sondern nach einem Fristversäumnis von Apple. Der Fall kann noch weitergehen (Widerspruch, Wiedereinsetzung,..).

Dienstag, 1. November 2011

Durchsetzung der Lizenzüberwachung an Schulen und Kindergärten



Vor einem Jahr hatte ich darüber berichtet, dass die GEMA von Kindergärten Lizenzgebühren eintreibt, wenn diese an St. Martin Lieder singen. Auf Twitter brachte jemand das Thema wieder auf und berichtete, dass die GEMA in der Vergangenheit vor Ort Kindergärten besucht und abkassiert habe.

Ich konnte das nicht glauben, und fragte bei der GEMA auf Twitter (@GEMAdialog) nach, wie hoch die Lizenzgebühr sei, wenn 50 Kinder ihren Eltern "Sonne, Mond und Sterne" vorsingen. Hier ist die Antwort:

Nur die Kinder, die vom Blatt singen, müssen GEMA-Gebühren zahlen. Irrtum und Satire ausgeschlossen, denn der @GEMAdialog wittert Umsatz und fragt sofort nach, wie viele der 50 Kinder von einer Notenblattkopie singen:



Die Devise der Kindergärtner kann also nur heißen: Auswendig lernen! Die GEMA teilt ihren Mantel nicht so gerne..

Man hat diesen Fall gerade verdaut, da flattert die nächste Meldung von Netzpolitik.org rein: Schulbuchverlage haben die Überwachung ihrer Urheberrechte an deutschen Schulen mittels Trojanern durchgesetzt. "Lizenzüberwachung" heißt das offiziell, "Schultrojaner" nennt man es im Netz. Der Trojaner soll Server an Schulen auf Plagiate von Schulbüchern überwachen, und bei Verstößen die verantwortlichen Lehrer "sanktionieren".

Neben all den arbeits- und beamtenrechtlichen Fragen, wirft dies auch Zweifel an der Reife der handelnden Personen auf. Man muss sich das einmal klar machen. Was früher normal war, wenn z.B. die Deutschlehrerin Kopien eines Gedichtes an die Schüler verteilte, steht demnächst unter der Überwachung einer Trojanersoftware von Schulbuchverlagen. Mal eben ein Scan aus einer Zeitung oder einem Buch, das geht künftig nicht mehr ohne vorher eine Lizenz beim Rechteverwerter einzukaufen.

Ich will nicht falsch verstanden werden. Natürlich haben auch die Autoren und Komponisten von Schulbüchern und Sanktmartinslieder Rechte an ihren Werken und natürlich müssen sie von irgendwas leben. Hier geht es aber um den Stil. Wer an Schulen und Kindergärten aufkreuzt um zu kontrollieren, ob auswendig oder vom Blatt gesungen wird, und ob Frau Lehrerin sich um die Gedichtlizenz für die Hausaufgaben gekümmert hat, handelt stilistisch völlig daneben. Er kriminalisiert seine Kundschaft so krass unangebracht, wie es zuvor die Musikindustrie gemacht hat.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Samsung scheitert mit Patentverletzungsklage gegen Apple

Interessanter Fall: Samsung scheitert mit einer Patentverletzungsklage gegen Apple, weil es sich um Patente handelt, die Samsung in einen Industriestandard gegeben hat. Das Gericht in Den Haag hat Samsung aufgefordert, Apple eine Lizenz auf die beklagten Patente zu geben.

Das Handelsblatt schreibt:
Das Gericht folgte Samsungs Argumentation nicht, dass Apple in seinen Geräten geschützte Funktechnologie ohne Lizenz verbaut habe. Da es sich um einen akzeptierten Industriestandard handele, habe Samsung die Pflicht, Apple ein faires, vernünftiges und nicht diskriminierendes Lizenzangebot zu machen, entschied das Gericht.


Das entschärft das Risiko von Patentverletzungsklagen erheblich. Denn: viele wichtige Patente werden von Standardisierungsmitgliedern in die Standards hinein-spezifiziert. Normalerweise gilt: Wer einen Standard lizenziert bezahlt damit (und nur deshalb wird eigentlich eine Nutzungsgebühr für Industriestandards erhoben) das Recht, die betroffenen Patente zu benutzen.

Umgekehrt gilt dann aber auch: Wer auf die Nutzung eines Standards verzichtet, weil er sich selbst für stark genug hält, eine eigene Lösung am Markt zu etablieren, kann dabei darauf vertrauen, dass man ihm zunächst ein Angebot machen muss, wenn er ein Patent verletzt, dass auch in einen Standard eingegangen ist. Die Wahrscheinlichkeit, ein Patent zu verletzen und die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein wichtiges Patent handelt, sind dabei positiv korreliert.

Das Patent auf die Halloweenlaterne

Halloween ist bei den christlichen Kirchen nicht gern gesehen, weil es als heidnisch gilt - und kommerziell (etwas, was christlichen Bräuchen völlig abgeht..). Aber immerhin im weltlichen Patentamt hat die Sagenfigur Stingy Jack ihre Spuren hinterlassen..

Jack trieb innerhalb und außerhalb irischer Pubs sein Unwesen und traf eines Nachts auf den Teufel, der ihn zu sich holen wollte. Jack war schlauer als drei Iren und bat den Teufel um die Erfüllung seines letzten Willen: Ein Ale, oder zwei. So geschah es. Doch beide saßen ohne Geld in dem Pub und so schlug Jack den Teufel vor, sich selbst in eine Münze zu verwandeln, mit der Jack die Biere bezahlen könne. Auch so geschah es. Doch Jack steckte die Münze in die Tasche und verschwand ohne zu bezahlen.

In der selben Tasche befand sich ein Kruzifix, das die Rückverwandlung des Teufels verhinderte. Jack ließ die Rückverwandlung erst zu, nachdem er für sich zehn weitere Lebensjahre herausgehandelt hatte. Als diese um waren, trafen die beiden sich wieder.

Wieder hatte Jack einen letzten Willen: Einen Apfel, frisch gepflückt. Der Teufel stieg für Jack in den Apfelbaum. Das nutzte Jack, um Kruzifixe um den Baumstamm herum zu streuen. Der Teufel saß im Apfelbaum fest.. Jack handelte diesmal nicht zehn Jahre für sich raus, sondern dass der Teufel ihn auf ewig in Ruhe lassen würde. So verschwand der Teufel aus seinem Leben.

Doch als Jack dann doch irgendwann den Gang allen Irdischen ging, wollte man ihn weder im Himmel noch in der Hölle. Der Teufel markierte ihn, als in der Unterwelt unerwünschte Person - in der Erfüllung seiner letzten Zusage.

Seitdem ist Jack der Wanderer zwischen den Welten. Ausgerüstet mit einer Kohle in einer ausgehöhlten Rübe als Laterne. Diese dürftige Ausrüstung des armen Jack ließ dem US-Amerikaner GEORGE BEIDLEE keine Ruhe. Er verbesserte die Halloweenlaterne auf entscheidende Weise und meldete sie am 17. Februar 1888 zum Patent an. Der Patentprüfer muss die Sache mit spitzen Fingern behandelt haben. Denn erst ein Jahr später, am 15. Januar 1889 erteilte er das Patent, auf die hier skizzierte "Jack-A-Laterne".



Und es dauerte mehr als hundert Jahre, bis das Patent wieder zitiert wurde. Als sich Halloween zunehmend kommerzialisierte, beschäftigten sich Erfinder wieder mit der klassischen Halloweenlaterne und zitierten sie als Stand der Technik.

Das Patent auf die Halloweenlaterne

Halloween ist bei den christlichen Kirchen nicht gern gesehen, weil es als heidnisch gilt - und kommerziell (etwas, was christlichen Bräuchen völlig abgeht..). Aber immerhin im weltlichen Patentamt hat die Sagenfigur Stingy Jack ihre Spuren hinterlassen..

Jack trieb innerhalb und außerhalb irischer Pubs sein Unwesen und traf eines Nachts auf den Teufel, der ihn zu sich holen wollte. Jack war schlauer als drei Iren und bat den Teufel um die Erfüllung seines letzten Willen: Ein Ale, oder zwei. So geschah es. Doch beide saßen ohne Geld in dem Pub und so schlug Jack den Teufel vor, sich selbst in eine Münze zu verwandeln, mit der Jack die Biere bezahlen könne. Auch so geschah es. Doch Jack steckte die Münze in die Tasche und verschwand ohne zu bezahlen.

In der selben Tasche befand sich ein Kruzifix, das die Rückverwandlung des Teufels verhinderte. Jack ließ die Rückverwandlung erst zu, nachdem er für sich zehn weitere Lebensjahre herausgehandelt hatte. Als diese um waren, trafen die beiden sich wieder.

Wieder hatte Jack einen letzten Willen: Einen Apfel, frisch gepflückt. Der Teufel stieg für Jack in den Apfelbaum. Das nutzte Jack, um Kruzifixe um den Baumstamm herum zu streuen. Der Teufel saß im Apfelbaum fest.. Jack handelte diesmal nicht zehn Jahre für sich raus, sondern dass der Teufel ihn auf ewig in Ruhe lassen würde. So verschwand der Teufel aus seinem Leben.

Doch als Jack dann doch irgendwann den Gang allen Irdischen ging, wollte man ihn weder im Himmel noch in der Hölle. Der Teufel markierte ihn, als in der Unterwelt unerwünschte Person - in der Erfüllung seiner letzten Zusage.

Seitdem ist Jack der Wanderer zwischen den Welten. Ausgerüstet mit einer Kohle in einer ausgehöhlten Rübe als Laterne. Diese dürftige Ausrüstung des armen Jack ließ dem US-Amerikaner GEORGE BEIDLEE keine Ruhe. Er verbesserte die Halloweenlaterne auf entscheidende Weise und meldete sie am 17. Februar 1888 zum Patent an. Der Patentprüfer muss die Sache mit spitzen Fingern behandelt haben. Denn erst ein Jahr später, am 15. Januar 1889 erteilte er das Patent, auf die hier skizzierte "Jack-A-Laterne".



Und es dauerte mehr als hundert Jahre, bis das Patent wieder zitiert wurde. Als sich Halloween zunehmend kommerzialisierte, beschäftigten sich Erfinder wieder mit der klassischen Halloweenlaterne und zitierten sie als Stand der Technik.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Embryozerstörende Stammzellengewinnung in Europa nicht mehr patentierbar

Unter dem Aktenzeichnen DE 19756864C1 (z.B. auf DEPATISNET) findet man das 1997 angemeldete, 1999 erteilte und 2004 von Greenpeace beklagte Patent von Oliver Brüstle "Neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten"

Unter "neuronalen Vorläuferzellen" kann man Zellen verstehen, die sich zu gesunden Gehirnzellen entwickeln, die als Austauschzellen für fehlende oder gestörte Zellen bei z.B. Alzheimerpatienten genutzt werden könnten. Später, noch gibt es diese Medikamente bzw. Implantate nicht.

Der Europäische Gerichtshof hat heute entschieden, dass keine Patente auf Verfahren mit menschlichen Stammzellen erteilt werden können, wenn dadurch der gebende Embryo zerstört wird.

Nach Brüstles Verfahren werden Embryonen aufgetaut, wachsen gelassen und ihnen dann einige Stammzellen entnommen, um sie als die im Patenttitel genannten Vorläuferzellen zu entwickeln und dann zur Therapie neurologischer Krankheiten zu verwenden. Der Embryo selbst -und das ist hier wichtig- wird dabei zerstört.

Wie schon häufig, liefen der Prozess und das Urteil unter dem Label "Patentierbarkeit des Lebens". Oft ist diese plakative Zusammenfassung nicht zutreffend, weil es um Verfahren zur Erkennung oder Auswahl aus einer Gruppe etc. geht. In diesem Fall ging es dagegen sehr wohl um die ethische Grenzen der Patentierbarkeit, in Form der Frage, ab wann wir von einem Embryo sprechen. ( Die Frage, "bis wann" ist beantwortet: laut Wikipedia ist es die Phase des "Keimling" bis zur Ausbildung der inneren Organe, d.h. bis zur neunten Schwangerschaftswoche.)

Das Gericht hat nun entschieden, dass das menschliche Leben (der Embryo) unmittelbar nach der Befruchtung der menschlichen Eizelle beginnt. Ein Verfahren, selbst zu einem gutem Zweck wie einer Therapie, bei der ein Embryo wie ein Verbrauchsmaterial genutzt wird, sei nicht patentierbar.

Quelle: Z.B. Deutsche Welle (Link)

Die deutsche Max-Planck-Gesellschaft, bzw. ihr Emeritus Straus, hält dieses Urteil für "nicht konsequent" (Link zur PM).
Die Gesetzgebung einer Reihe von EU-Mitgliedsstaaten erlaubt unter strengen Vorgaben die Generierung von embryonalen, menschlichen Stammzellen aus überschüssigen Embryonen und die Vermarktung von potentiellen Produkten daraus. Umso verwunderlicher ist nun dieses aktuelle Urteil, das den Zwischenschritt verneint, ihre Patentierbarkeit.

D.h. das Verfahren darf genutzt werden, Medikamente oder Implantate dürften vermarktet werden, weil die Gesetze der EU-Staaten das erlauben. Aber patentiert werden dürfen die Verfahren zur Herstellung der Produkte nicht. D.h. jeder darf das Verfahren nachahmen, dem Forscher bleibt nur der Ruhm und die Verwertung im Wettbewerb.

Die FAZ teilt die pessimistische Beurteilung des Urteils nicht, weil sie hinsichtlich solcher Verfahren selbst pessimistisch ist: Link
Denn erstens hätten inzwischen viele Forscher den Bogen raus, Stammzellen zu irgendwelchen Zellen weiter zu entwickeln. Zweitens birgt dieser Therapieansatz etliche Risiken wie z.B. die Abstoßung der implantierten Zellen.

Enthusiastisch hingegen der Patentberater von Greenpeace, Christoph Then (Link):
Heute wurde europäische Rechtsgeschichte geschrieben, sagt Christoph Then, Patentberater von Greenpeace. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes muss der Mensch in allen Phasen seiner Entwicklung vor kommerzieller Verwertung geschützt werden. Dies gilt auch für Embryonen in der Petrischale. So hat der Gerichtshof den Schutz menschlichen Lebens gegenüber wirtschaftlichen Interessen deutlich gestärkt.


Warum hat der EuGH darüber entschieden? Weil der Erfinder in der vorherigen Instanz, dem Bundespatentgericht unterlegen war. Der Bundesgerichtshof, die nächste Instanz, in die der Erfinder gehen wollte, verwies den Fall an den EuGH zur Klärung des Begriffes "Embryo".

Greenpeace verweist darauf, dass das Europäische Patentamt schon seit 2006 keine Patente auf embryonale Stammzellen mehr erteilt hat. Aber nationale Patentämter müssen nun ebenso verfahren. Und das gilt für alle Forscher, Pharma und Biotechnikunternehmen gleichermaßen. Zumindest in Europa..