Wohin nur mit all diesen angststarren mittleren Managern? Selbst wenn Du ein funktionierendes "Scaled Agile" Projekt am Laufen hast, und transparent berichten willst, was funktioniert und was nicht - dann grätschen Dir die kleinen Fürsten dazwischen und verschleiern wieder die Fakten. Das alte Denken, bei dem man darauf hofft, dass andere System-, Modul- oder Funktionsverantwortliche zuerst das Handtuch werfen, damit man es selbst nicht tun muss, sitzt so tief wie zu Kaiser Wilhelms Zeiten. Normalerweise solltest Du die Stände aller Teilprojekte transparent auf dem Wiki lesen können.
Aber wozu, so fragen untere und mittlere Leitende, "wozu haben wir denn das Rechtemanagement", wenn nicht dazu, den technisch abhängigen Kollegen die Sicht auf den Stand zu versperren?
Dazu kommt: Wenn man zu viele Schichten Lähmschicht hat, dann bekommt das Topmanagement nichts mehr davon mit - und engagiert Unternehmensberater (!). Die beherrschen dann auch beides: Die Wahrheit, und das was das Topmanagement hören will...
So wird das nichts werden. Die Transformation wird nicht ohne Ruppigkeiten und Regelverstöße ablaufen. Aber auch da hat man ja vorgesorgt, indem man ein Meldesystem installiert hat, in dem man anonym sofort pfeifen kann, wenn einem etwas nicht passt. Super.
Bin etwas skeptisch. Andererseits, andere Großunternehmen haben die Kurve auch schon mal gekriegt.
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Dienstag, 6. August 2019
Freitag, 26. April 2019
Von Schnellbooten, Tankern und Bohrinseln
Großunternehmen stehen sich hauptsächlich selbst im Weg. Sie haben alles, was es braucht. Aber auch alles was es zur Verzögerung, Verschleppung, Verlangsamung braucht. Was wir beim Verbrennungsmotor akzeptieren, eine Mindestdrehzahl (Leerlaufdrehzahl n0) damit er nicht abstirbt, das akzeptieren wir bei den menschlichen Antrieben nicht: eine Mindestfortschrittsgeschwindigkeit, unterhalb der man vergisst, worauf man eigentlich hinauswollte und mental abzusterben droht.
Aus dem Schnellboot kommend, baue ich nun Verbindungen zum Tanker auf. Das Schnellboot soll den Tanker ziehen. Eine aberwitzige Vorstellung. Noch aberwitziger, wenn man feststellt, dass der Tanker ja eine Bohrinsel ist, die mit n=0 Ebbe und Flut standzuhalten sucht. D. h. was wir eigentlich tun ist, erstmal aufzudecken, wo die Bohrinsel überall im Meeresboden verankert ist. Danach planen, wie wir sie bewegungsfähig machen und dann die Verankerungen lösen.
Gott sei Dank treffe ich überall auch Gleichgesinnte. Die mit anpacken, um die Bohrinsel zu verrücken. Aber wir fragen uns, ob diese Dauerkraftanstrengung ins Ziel führen kann. Denn n=0 ist wirklich fundamental angelegt. Wo immer Du ein Seil vertäust, um an einer vermeintlich empfindlichen Stelle zu ruckeln, da tauschst Du Dich. Auch diese wunden Punkte sind gut geschützt. Diese Leute haben viel Zeit und tun den ganzen Tag eigentlich nichts anderes, als die Bohrinsel noch fester zu verankern.
Kann es sein, dass es erst noch schlimmer werden muss? Dass der Stillstand von den Aufständischen ganz oben bewusst, aber taktisch unterstützt wird, um es ins Absurde zu führen? Um bei aufgestauten Drehmoment plötzlich die Anker zu lichten und nach vorne zu schnellen?
Wir haben so viele lähmende mittlere Manager zu viel an Bord, die nach Kräften bremsen. Die "den Ball so weit werfen können, dass Ihr den nicht mehr findet."
Beispiele (die harmlosesten):
Wo wir im Digital Lab ein Wiki hatten, um Wissen aufzubauen, Protokolle, Aufgabenlisten, Spezifikationen zu beschreiben, da haben wir hier deren drei. Die Stärke eines Wiki wie Confluence ist, über Entwürfe zu diskutieren, sie im Termin gemeinsam zu editieren, und das was wir dann stehen lassen, das ist die Endversion. Fragen zu beantworten, Gegenvorschläge als Versionen zu handhaben. Offene Aufgaben im Blick zu halten und termingerecht zu erinnern. Und beschlossene Regeln und Spezifikationen als "publiziert" zu handhaben. Ein Leben ohne MS Office und Outlook ist nicht nur möglich, sondern besser.
Unser IT-Management der Bohrinsel geht da auf Nummer sicher. Und teilt (und beherrscht) das Wiki in seine Bestandteile auf, bietet drei "kollaborative Werkzeuge" an und organisiert die typische Bürokratie drumherum: "Owner", Budgetverantwortliche, Administratoren etc. Ich warte bis heute auf die Freischaltung in meinem eigenen Wiki, in dem wir beschlossene Inhalte publizieren. Teile und herrsche, entschärfe die Synergien und die Selbstermächtigung des Volkes.
Außerdem wird jede Rolle, die in agilen Vorgehensweisen ermächtigt und befähigt ist, Entscheidungen im Rahmen zu treffen, gesplittet. Wo man im "Lab" genug weiß, um hier und jetzt beschließen zu können, da rennt man auf der Bohrinsel eine Woche durch Gremien. Gremien, von denen keiner mehr weiß, wozu sie gegründet wurden. Wo sich fast die gleichen Leute treffen, um sich in hintereinander liegenden Sitzungen -mal Arbeitsebene, mal strategische Ebene- die gleichen Dinge vorzutragen. Und weil das so langweilig ist, entsenden immer mehr Teilnehmer ihre Vertretungen, die aber weder mandatiert sind noch Informationen haben. Vertane Zeit.
Es wird umorganisiert, und man versteht nicht, wozu. Hauptabteilungsleiter, die schon lange keine Fortbildung mehr gemacht haben, hören sich Product Owner und etliche weitere (künstliche) Funktionäre an, um über Budgets und "Building Blocks" zu entscheiden. Sie nicken, sagen nichts. Einer fragt, keiner weiß, also delegiert an die "Experten". Vertagt, Woche verloren.
Dann der Höhepunkt der Woche. Eine Belehrung über korrektes Benehmen (Compliance). Warum wir uns an Anstand und Gesetz halten sollen. Warum wir kein Altöl ins Abwasser kippen sollen (wert tut sowas in der Softwarewelt?). Junge, erfahrungslose, aber moralisch auf Ballhöhe befindliche und mit der heute so gängigen Doppelgesichtigkeit aus jugendlicher Weltoffenheit und listigem Hinterhalt, erklären uns, was wir zu tun und zu lassen haben. Weder nennen sie den Anlass, noch die eigentlichen Adressaten. Da steht ein Elefant im Raum, keiner benennt ihn. Alle wollen es schnell hinter sich bringen, deshalb fragt keiner nach. Ich ja auch nicht. (Aber ich erkenne das Muster wieder: Nach den Steuerhinterziehungen, all den "Papers", hoben Juncker und Steinbrück irgendwann das Bankgeheimnis auf - für uns Otto Normalos. Genauso wird jetzt so getan, als hätten Monteure, die zu früh nach Hause gehen und unterwegs Altöl wegkippen, das Unternehmen in die Krise gestürzt.)
Krass auch der Kontrast zu den anderen "Labs", die im großen Dauerwerbeintranet gelegentlich publizieren. Sie gehen ganz anders vor als wir es taten. Ich will uns nicht belobhudeln. Aber bei uns erinnerte nichts an Kindergarten. Wir hatten einen guten Mix aus Lebenserfahrung, beruflicher Erfahrung und aktuellem Wissen. Wir delegierten, kamen aber auch wöchentlich zusammen. Fast nichts delegierten wir zurück an den Tanker. Wir trauten uns selbst.
Hier nun mutet es mich so an, als wisse man lediglich, dass man "irgendwas tun müsse" und dass es mit knappen Fachkräften zu tun hat, die man unbedingt halten muss. Aber weder weiß man, wie man sie steuern muss, noch traut man sich, sie sich selbst steuern zu lassen. Ein El Dorado für Schauspieler.
Aber all das wusste ich vorher. Deshalb bin ich nur über das Ausmaß überrascht. Ich weiß um Pläne, wie man die Lähmschicht loswerden will. Aber die schleppt sich Runde um Runde über die Zeit. Die lokale, ja persönliche Optimierung steht immer noch über allem.
Ich muss an Gorbatschow denken. Der stürzte als "System Owner" seine Domänen Owner ins Unglück, in dem er Verantwortung an sie delegierte. Viele -wie Honnecker- wiesen die Eigenverantwortung empört zurück. Andere, wie Havel und Orban griffen zu. Die aufgestaute Lawine kam schnell ins rutschen und war bald nicht mehr aufzuhalten.
Voranschreiten, helfen, auf Gelegenheiten achten, gemeinsam vorzugehen, das ist mein innerer Modus. Mein direktes Umfeld ist in Ordnung. So werde ich durchhalten. Mein Akku ist immer noch voll. Mein Kompass ist kein reines Konzept mehr, sondern ein verinnerlichter Kompass, der -egal wo die Mächte den geographischen Nordpol hinlegen- sich immer nach dem Magnetfeld richtet. Mein Kompass funktioniert auch im Dunkeln.
Aus dem Schnellboot kommend, baue ich nun Verbindungen zum Tanker auf. Das Schnellboot soll den Tanker ziehen. Eine aberwitzige Vorstellung. Noch aberwitziger, wenn man feststellt, dass der Tanker ja eine Bohrinsel ist, die mit n=0 Ebbe und Flut standzuhalten sucht. D. h. was wir eigentlich tun ist, erstmal aufzudecken, wo die Bohrinsel überall im Meeresboden verankert ist. Danach planen, wie wir sie bewegungsfähig machen und dann die Verankerungen lösen.
Gott sei Dank treffe ich überall auch Gleichgesinnte. Die mit anpacken, um die Bohrinsel zu verrücken. Aber wir fragen uns, ob diese Dauerkraftanstrengung ins Ziel führen kann. Denn n=0 ist wirklich fundamental angelegt. Wo immer Du ein Seil vertäust, um an einer vermeintlich empfindlichen Stelle zu ruckeln, da tauschst Du Dich. Auch diese wunden Punkte sind gut geschützt. Diese Leute haben viel Zeit und tun den ganzen Tag eigentlich nichts anderes, als die Bohrinsel noch fester zu verankern.
Kann es sein, dass es erst noch schlimmer werden muss? Dass der Stillstand von den Aufständischen ganz oben bewusst, aber taktisch unterstützt wird, um es ins Absurde zu führen? Um bei aufgestauten Drehmoment plötzlich die Anker zu lichten und nach vorne zu schnellen?
Wir haben so viele lähmende mittlere Manager zu viel an Bord, die nach Kräften bremsen. Die "den Ball so weit werfen können, dass Ihr den nicht mehr findet."
Beispiele (die harmlosesten):
Wo wir im Digital Lab ein Wiki hatten, um Wissen aufzubauen, Protokolle, Aufgabenlisten, Spezifikationen zu beschreiben, da haben wir hier deren drei. Die Stärke eines Wiki wie Confluence ist, über Entwürfe zu diskutieren, sie im Termin gemeinsam zu editieren, und das was wir dann stehen lassen, das ist die Endversion. Fragen zu beantworten, Gegenvorschläge als Versionen zu handhaben. Offene Aufgaben im Blick zu halten und termingerecht zu erinnern. Und beschlossene Regeln und Spezifikationen als "publiziert" zu handhaben. Ein Leben ohne MS Office und Outlook ist nicht nur möglich, sondern besser.
Unser IT-Management der Bohrinsel geht da auf Nummer sicher. Und teilt (und beherrscht) das Wiki in seine Bestandteile auf, bietet drei "kollaborative Werkzeuge" an und organisiert die typische Bürokratie drumherum: "Owner", Budgetverantwortliche, Administratoren etc. Ich warte bis heute auf die Freischaltung in meinem eigenen Wiki, in dem wir beschlossene Inhalte publizieren. Teile und herrsche, entschärfe die Synergien und die Selbstermächtigung des Volkes.
Außerdem wird jede Rolle, die in agilen Vorgehensweisen ermächtigt und befähigt ist, Entscheidungen im Rahmen zu treffen, gesplittet. Wo man im "Lab" genug weiß, um hier und jetzt beschließen zu können, da rennt man auf der Bohrinsel eine Woche durch Gremien. Gremien, von denen keiner mehr weiß, wozu sie gegründet wurden. Wo sich fast die gleichen Leute treffen, um sich in hintereinander liegenden Sitzungen -mal Arbeitsebene, mal strategische Ebene- die gleichen Dinge vorzutragen. Und weil das so langweilig ist, entsenden immer mehr Teilnehmer ihre Vertretungen, die aber weder mandatiert sind noch Informationen haben. Vertane Zeit.
Es wird umorganisiert, und man versteht nicht, wozu. Hauptabteilungsleiter, die schon lange keine Fortbildung mehr gemacht haben, hören sich Product Owner und etliche weitere (künstliche) Funktionäre an, um über Budgets und "Building Blocks" zu entscheiden. Sie nicken, sagen nichts. Einer fragt, keiner weiß, also delegiert an die "Experten". Vertagt, Woche verloren.
Dann der Höhepunkt der Woche. Eine Belehrung über korrektes Benehmen (Compliance). Warum wir uns an Anstand und Gesetz halten sollen. Warum wir kein Altöl ins Abwasser kippen sollen (wert tut sowas in der Softwarewelt?). Junge, erfahrungslose, aber moralisch auf Ballhöhe befindliche und mit der heute so gängigen Doppelgesichtigkeit aus jugendlicher Weltoffenheit und listigem Hinterhalt, erklären uns, was wir zu tun und zu lassen haben. Weder nennen sie den Anlass, noch die eigentlichen Adressaten. Da steht ein Elefant im Raum, keiner benennt ihn. Alle wollen es schnell hinter sich bringen, deshalb fragt keiner nach. Ich ja auch nicht. (Aber ich erkenne das Muster wieder: Nach den Steuerhinterziehungen, all den "Papers", hoben Juncker und Steinbrück irgendwann das Bankgeheimnis auf - für uns Otto Normalos. Genauso wird jetzt so getan, als hätten Monteure, die zu früh nach Hause gehen und unterwegs Altöl wegkippen, das Unternehmen in die Krise gestürzt.)
Krass auch der Kontrast zu den anderen "Labs", die im großen Dauerwerbeintranet gelegentlich publizieren. Sie gehen ganz anders vor als wir es taten. Ich will uns nicht belobhudeln. Aber bei uns erinnerte nichts an Kindergarten. Wir hatten einen guten Mix aus Lebenserfahrung, beruflicher Erfahrung und aktuellem Wissen. Wir delegierten, kamen aber auch wöchentlich zusammen. Fast nichts delegierten wir zurück an den Tanker. Wir trauten uns selbst.
Hier nun mutet es mich so an, als wisse man lediglich, dass man "irgendwas tun müsse" und dass es mit knappen Fachkräften zu tun hat, die man unbedingt halten muss. Aber weder weiß man, wie man sie steuern muss, noch traut man sich, sie sich selbst steuern zu lassen. Ein El Dorado für Schauspieler.
Aber all das wusste ich vorher. Deshalb bin ich nur über das Ausmaß überrascht. Ich weiß um Pläne, wie man die Lähmschicht loswerden will. Aber die schleppt sich Runde um Runde über die Zeit. Die lokale, ja persönliche Optimierung steht immer noch über allem.
Ich muss an Gorbatschow denken. Der stürzte als "System Owner" seine Domänen Owner ins Unglück, in dem er Verantwortung an sie delegierte. Viele -wie Honnecker- wiesen die Eigenverantwortung empört zurück. Andere, wie Havel und Orban griffen zu. Die aufgestaute Lawine kam schnell ins rutschen und war bald nicht mehr aufzuhalten.
Voranschreiten, helfen, auf Gelegenheiten achten, gemeinsam vorzugehen, das ist mein innerer Modus. Mein direktes Umfeld ist in Ordnung. So werde ich durchhalten. Mein Akku ist immer noch voll. Mein Kompass ist kein reines Konzept mehr, sondern ein verinnerlichter Kompass, der -egal wo die Mächte den geographischen Nordpol hinlegen- sich immer nach dem Magnetfeld richtet. Mein Kompass funktioniert auch im Dunkeln.
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