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Donnerstag, 13. März 2025

Blick in den Haushalt 2025 des BmVg

Der Bundeshaushalt 2025 sieht 53 Mrd. EUR für die Verteidigung vor. Darunter dürften sich die meisten Deutschen, zumindest die, die viel von Minister Pistorius halten, einen Etat vorstellen, in dem Beschaffungspositionen zu Lande, Wasser und Luft hart um üppige Anteile kämpfen. Man würde denken, mindestens die Hälfte der 53 Mrd EUR gehe dafür drauf. Schließlich sind wir auf dem Weg von 2 zu 3 oder mehr Prozent unseres BIP für Rüstung auszugeben. Glaubt der Bürger. Glaubt die NATO.

Falsch!

Die Position "Militärische Beschaffungen" beträgt gerade einmal 2,5 Mrd EUR, was nicht einmal 5 Prozent des Etats entspricht. 


Der größte Batzen von fast 70 Prozent, die Grundlast sozusagen, geht für Soldaten, Gebäude und die Verwaltung drauf. Die Materialerhaltung erfordert 18 Prozent. Das heißt: Der bisherige Etat sorgt dafür, dass das Personal bezahlt wird, eine Unterkunft hat und sein Einsatzmaterial nicht wegrostet.

UPDATE:

Dazu kommen 22 Mrd EUR aus dem bisherigen Sondervermögen für die Bundeswehr. Die Sondervermögen werden per Gesetz begründet, das eine Mittelverwendung vorschreibt: Bundeswehrfinanzierungs- und sondervermögensgesetz - BwFinSVermG (Link).

Die Bundesregierung beschreibt die Verwendung des Sondervermögens wie folgt:

"Ein wesentlicher Teil des Geldes wird für den Kauf von Großgeräten verwendet – sie sind im Wirtschaftsplan zum Sondervermögen konkret benannt. 
Mit 33,4 Milliarden Euro werden Beschaffungen im Bereich der Luftwaffe der größte Ausgabeposten der nächsten Jahre sein. 
Weitere Vorhaben sollen unter anderem die Entwicklung und der Kauf des Eurofighter ECR sowie der Kauf von F-35 als Nachfolger des Tornados sein. 
Der Verteidigungsbereich „Land“ erhält laut Wirtschaftsplan 16,6 Milliarden Euro, auf den Bereich „See“ entfallen 8,8 Milliarden Euro. 
20,8 Milliarden Euro können für Beschaffungen im Komplex „Führungsfähigkeit und Digitalisierung“ verwendet werden." Das betrifft insbesondere die verschlüsselte Vernetzung mit NATO Verbänden.

  • Die F35 werden die Tornados ablösen, die als Trägersysteme für die US Atombomben in Büchel eingesetzt werden. (Die US-Army lizenziert hierfür ausschließlich US-Flugzeuge).  Bestellte Stückzahl: 35. Lieferzeit 2026-2023. Danach müssen sie getestet und geschult werden.
  • Der ECR Eurofighter werden die Tornado ECR ablösen und dienen der "Electronic Combat" Fähigkeit: Er stört gegnerische Radare der Lufverteidigung und klärt den Feind auf. Lieferzeit: 2025-2029.
  • Das Heer plant bzgl. Waffensysteme die Beschaffung von Artilleriesystemen und die digitale Vernetzung der Landstreitkräfte. Und: die Vervollständigung der persönlichen Schutzausrüstung jedes Soldaten. (Nicht einmal das gönnte Merkel unseren Soldaten...)
Ok, einiges ist auf den Weg der Beschaffung gebracht. Aber die Systeme müssen in dieser Stückzahl erst einmal produziert, geliefert, getestet und geschult werden. Das wird Jahre dauern. In diesem Zeitfenster bleibt die nukleare Abschreckung unser wirksamstes Mittel.


Dienstag, 11. März 2025

Eigene Lage, Feindeslage

 Militärforscher Frank Sauer wies bei Maybritt Illner auf einen wichtigen Unterschied zwischen der Abschreckungsstrategie im kalten Krieg und heute hin:

Während und direkt nach dem kalten Krieg glaubten wir, die Abschreckung habe verhindert, dass der Warschauer Pakt uns angegriffen habe. Und der Warschauer Pakt habe dies umgekehrt auch geglaubt. Aber nach einiger Zeit kam heraus, dass keine der beiden Seiten ernste Absichten eines Angriffs gehabt habe - obwohl Pläne dazu vorlagen.

Es sei also falsch aus dem kalten Krieg den Schluss zu ziehen, Abschreckung sei der sichere Weg zum Frieden. Das nehmen wir nur an.

Unser größtes Manko ist, dass wir Putin nur deuten können. Wir schließen aus seinen Reden, dass er die Grenzen der UdSSR wiederherstellen will. Und dass nach der Ukraine das Baltikum "dran" käme.

Aber auch hier ein wichtiger Unterschied zwischen damals und heute: Die UdSSR hatte die Länder, über die wir heute sprechen, schon vor dem kalten Krieg besetzt und einverleibt. Deshalb gab es während des kalten Krieges keine vergleichbaren Kriege wie sie Putin heute führt. Die waren da schon gelaufen gewesen.

Die FAZ hatte neulich einen langen Artikel über die französische Pazifistin Simone Weil. Sie habe in den 30er Jahren ihre französischen Landsleute davon überzeugen wollen, es führe zum gleichen Ergebnis, aber zu geringeren Kosten, wenn man Hitler gleich zu Beginn das überlasse, was er kriegerisch erobern wolle. So ähnlich argumentierten auch Sarah Wagenknecht und die AfD: unsere Waffenlieferungen würden den Krieg nur unnötig in die Länge ziehen, aber am Ende werde eh Putin siegen.

Was heute die Ukraine ist, war damals der spanische Bürgerkrieg. Dort liefen sich die späteren Gegner des zweiten Weltkrieges warm. Eine wichtige Voraussetzung für Kriegstüchtigkeit: Ungeübt sollte man nicht in den Krieg ziehen - oder sich verteidigen müssen.

Putins große Unbekannte ist die Reaktion der NATO, wenn er ein kleines Mitgliedsland angreift. Er kann aus den Waffenlieferungsdebatten zu Beginn der Vollinvasion den Schluss ziehen, dass die Verteidigungsmüdigkeit mit dem Abstand zur Front ansteige. Die baltischen Staaten zeigen sich verteidigungswillig. Wären aber im Fall des Falles auf unseren Beistand angewiesen. Und ich glaube da nicht mehr dran. Das wird um so eher scheitern, je früher es kommt. Die dänische Ministerpräsidentin Frederiksen gab auf dem letzten EU Gipfel ungeniert zu, dass das Risiko eines sofortigen Waffenstillstandes in der Ukraine  (oder gar Friedens - Gott bewahre!) darin liege, dass Putin die Hände frei bekäme, ein NATO Land anzugreifen. 

Ich habe seit der Finanzkrise schon n-mal gedacht, noch schlimmer könne es nicht werden. Im ersten Corona Lockdown (apropos!) bekam ich zum ersten Mal depressive Schübe. Aber ich fürchte, die Aussichten für Deutschland waren noch nie so beschränkt wie jetzt. 

Ich traue unserer Führung nicht zu, uns aus dieser Krise zu führen.

Dienstag, 4. März 2025

Full Meeting between Trump, Vance and Zelenskyi


Präsident Trump hatte diese PK vor der Endverhandlung und Unterzeichnung des "Mineralvertrages" mit der Ukraine angesetzt. Warum davor, wäre es nicht klüger, erst abzuschießen und dann gute Stimmung zu machen?

Vielleicht wusste er schon, dass es mit Selenskyi schwierig werden würde und wollte ein bisschen den Erwartungsdruck auf ihn erhöhen.. Dass Trump die spätere Eskalation geplant hatte um die Unterzeichnung dann abzusagen glaube ich nicht. Wer das behauptet hat die gesamt Sitzung nicht gesehen, sie nicht verstanden oder will bewusst Stimmung gegen Trump machen.

Trump hebt in der PK mehrmals hervor, dass er sich hier als Makler in der Mitte sieht, der den Krieg beendet. Er sieht sich nicht als Anwalt von Selenskyi. Trotzdem versucht Selenskyi immer wieder, Trump für sich einzunehmen. Trump ignoriert das anfangs noch höflich, später wehrt er ab. Als Selenskyi es dann immer noch nicht versteht und Vance fragt "what sort of diplomcy are you talking about?" platzt beiden der Kragen. Wenn Selenskyi die Rolle der USA nicht versteht macht es keinen Sinn, einen Vertrag mit ihm zu machen.

Sachlich sehe ich den Hauptwidersprich zwischen beiden so:
1. Trump glaubt daran, dass sein Handel mit der Ukraine den Frieden fördert, weil die Russen nicht auf amerikanische Arbeiter und Sachanlagen schießen werden. Erst recht nicht, wenn Trump gleichzeitig den Handel mit den Russen wieder aufnimmt. Ein Friedensvertrag fällt dann leichter, Sicherheitsgarantien auch.

2. Selenskyi will die umgekehrte Reihenfolge: Erst Sicherheitsgarantien, dann den Handel. Er begründet das mit den gebrochenen Zusagen und Verträgen Putins in der Vergangenheit.

Vance erklärt Selenskyi, dass die Diplomatie in der Vergangenheit nicht funktioniert hat, weil sie schlecht gemacht war und die Interessen nicht ausgeglichen hat. (Man könnte noch weiter zurückgehen und sagen: Selenskyis Vorgänger wollte sogar noch mehr Interessenausgleich, weil er die Ukraine zu beiden Seiten offen halten wollte...)

Selenskyi flippt aus, als ihm klar wird, dass die USA gar nicht als seine Schutzmacht auftreten wollen, sondern, wie Trump mehrmals erwähnt, gleichen Abstand zu beiden Seiten halten wollen. 

Daraus machen unsere nun alle möglichen Verschwörungstheorien und trommeln zur Aufrüstung in wahninnigen Dimensionen. Baerbock hielt eine unglaublich dumme Rede am Sonntag. Merz sagte am Montag in einer PK zur Wahl in HH, er glaube, Trump und Vance hätten bewusst zur Eskalation hingeführt. Und pumpt das geplante "Sondervermögen" (aka Schattenhaushalt) auf 200 Mrd EUR allein für Rüstung auf. Da rechnet er vermutlich deutsche Sonderbeiträge zu einem geplanten Rüstungsfonds der EU rein. Das macht er nach eigener Aussage, weil der Erwartungsdruck auf Deutschland  in der EU so hoch sei. Eine Woche nach der Wahl schmeißt er bereits mehrere Wahlversprechen über den Haufen und knickt schon ein, wenn ihn jemand streng anguckt.

Der Start mit Merz ist nicht gut. Alice Weidel hatte es prophezeit..

Samstag, 1. März 2025

Der Komiker und seine Instagramweiber

US Vizepräsident Vance hat gestern vor den Augen der Welt den ukrainischen Präsidenten Selenskyi zum Verlust seiner Impulskontrolle gebracht. Dazu genügte es, ein paar Wahrheiten auszusprechen. Wie zum Beispiel: Dass Anspruchsdenken in Maximalform keine adäquate Attitüde ist, wenn man in Existenznot ist. Oder dass nicht alle Ansprechpartner so strategisch naiv und eitel sind wie die EU Funktionärinnen und Außenministerinnen. 

Wir Steuerzahler wurden vom ukrainischen Botschafter Melnyk vom ersten Tag an an diesen Ton gewöhnt. Die Ukrainer seien todesmutige Helden, und die Deutschen hätten Bitteschön Überstunden zu machen, um die Ukraine nach Kräften mit Waffen zu versorgen. Währenddessen saß Melnyk's Sohn in einer Berliner Bar und erklärte deutschen Studenten, warum er leider zu Hause nicht mitkämpfen könne und er als Influenzier auf Instagram unentbehrlich sei.

Seine Selfies konkurrieren dort bis heute mit denen unserer Außenministerin. Die sich ihrer Pflicht, eine Gegenleistung für unsere Waffen mit der plumpen Story entledigt, die Ukraine kämpfe auch für unsere Freiheit.. Noch am Morgen hatte Baerbock im DLF erklärt, was ihre entschlossene Antwort auf den interessenorientierten Umgang von Trump mit Selenskyi sei: "Wir stehen entschlossen bei der Ukraine." Der Moderator hakte nach: "Und was tun sie ganz konkret? Wie reagieren sie auf einen etwaigen kompletten Rückzug der USA aus Europa?" - "Wir stehen zusammen mit der regelbasierten Welt und wir sind immer noch die Mehrheit der Staaten. Die US-Regierung muss einsehen, dass es auch in ihrem Interesse ist, der Ukraine beizustehen."

Als Hörer und Steuerzahler ist man einigermaßen verblüfft angesichts dieser Kombination aus strategischer Naivität und Sendungsbewusstsein. Sie ist unsere Chefdiplomatin und hat den Auftrag, unsere Außenbeziehungen so zu pflegen, oder so zu handeln, dass sich alles möglichst zu unseren Gunsten bewegt. Bzw. zu retten, was zu retten ist. "xy muss einsehen, dass" ist keine diplomatische Initiative. Und wirft die Frage auf, ob Baerbock selbst noch zu retten ist.

Die Videos von dem gestrigen Disput im Weißen Haus zeigen, von welch starkem Kaliber J. D. Vance ist. In drei Sätzen hatte er Selenskyi auf dem Baum und ihn aller Berechtigungen entblößt an die USA noch irgendwelche Forderungen zu richten. Denn anstatt wenigstens mal anzuerkennen, was die US Steuerzahler bereits geleistet haben, und sich wie jemand zu geben, der Hilfe braucht, drohte dieser Trump und Vance damit: "Ihr werdet noch lernen, wie man sich fühlt, wenn man angegriffen wird." (auf deutsch: Ihr werdet noch sehen, was Ihr davon habt!)

Da reichte es dann auch Donald Trump. "Don't tell us what we have to feel!"

Vance forderte in dem Konflikt etwas ein, wozu die bisherigen westlichen Akteure nicht fähig oder nicht willens waren: Diplomatie! Gleichzeitig demonstrierte er, was Diplomatie eigentlich ist: Die Verhandlung von Interessen. Nicht dumm daherlabern, wie von der Leyen, Baerbock und neuerdings auch Kallas es demonstrieren. Jede der unseren ist Vance unterlegen. Intellektuell, rhetorisch und strategisch.

Selenskyi ist am Ende der Sackgasse angekommen. Unter normalen Umständen würde ich seinen Rücktritt erwarten. Zwar sind Neuwahlen unter Kriegsrecht in der Ukraine von der Verfassung verwehrt. Aber erstens: Was bedeutet in der Ukraine schon die Verfassung? Und zweitens sieht diese den Parlamentspräsidenten als Vertreter des Staatspräsidenten vor, wenn dieser ausfällt. 

Denn: Selenskyi steht jetzt ohne Schutzmacht da: Die USA fallen aus. Und die EU ist nicht mal fähig, sich selbst zur verteidigen. Sie wird jetzt wochenlang Tweets und Instagram Posts absetzen, in denen sie die eigene Vorstellung der regelbasierten Welt für überlegen hält. Man wird Gipfeltreffen organisieren, Erklärungen abgeben und am Tisch sitzen bleiben.

Trump will etwas für die Milliarden Dollar, die an die Ukraine geflossen sind. Es kann ihm egal sein, ob er mit der Ukraine oder Russland einen Liefervertrag über die Bodenschätze im Donbas abschließt..

Die EU ist auf ihrem hohen Ross der Doppelmoral am Ende. 

Donnerstag, 18. Juli 2024

Andrick und Desmet haben ihre Hannah Arendt gelesen

Mattias Desmet ist ein belgischer Autor ("Die Psychologie des Totalitarismus", 2023) und  Psychologieprofessor. Er hat das Verhalten westlicher Regierungen während der Corona- und Ukrainekrisen analysiert und kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie der deutsche Philosoph Michael Andrick ("Erfolgsleere", "Im Moralgefängnis", Kolumne in der Berliner Zeitung).

Desmet hält die westlichen Gesellschaften anfällig für autoritäre Ansprachen weil sie in der jüngeren Vergangenheit vereinzelt worden sind. Zunächst isolierten sie sich durch die exzessive Nutzung von Onlinemedien selbst. Die einen konsumieren intensiv, die anderen exponieren sich in Social Media in der Hoffnung auf Bestätigung via Likes. Aber die Digitalisierung entkoppelt die Leute auch von realen sozialen und Naturerfahrungen. Und dabei entstehen unbewusste seelische Defizite, die Regierungen erkannt haben und ausnutzen.

Vor der Beschreibung der Regierungsstrategien holt Desmet aber noch weiter aus. Die Aufklärung habe mit der Entdeckung des eigenen Verstandes bekommen. Mit der Erfahrung, dass das Verhalten der Natur nicht vom Eigenwillen Gottes abhängt, der nur durch Frömmigkeit und Ermächtigung der Kirche beeinflusst werden kann. Sondern durch Studium und Erkenntnis der Natur auch von eigenen Verstand vorhergesagt werden kann. Mit dieser Selbstbefreiung via Naturwissenschaft und Technik hätte die Menschheit einen steilen Aufstieg genommen. Dieser endete aber vorerst mit den elektronischen Medien. Deren Inhalte sorgten unterm Strich für eine zunehmende Verdummung der Leute, weil sie reale Welterfahrungen verdrängen. 

In dieser Medien konsumierenden Vereinzelung wachsen seelische und soziale Bedürfnisse und es baut sich aus der fehlenden Befriedigung dieser Bedürfnisse eine latente Aggression auf.In diesem Moment kommen die Regierungen ins Spiel.

Die Regierungen bauen große Ängste vor globalen Ereignissen auf. Sie bündeln die allgemein vorhandenen individuellen Ängste und projizieren sie in eine Angst vor Coronaviren und Russen. Zusätzlich produzieren sie reale Ängste, die man aber nicht öffentlich aussprechen kann ohne geächtet zu werden, z. B. vor der wachsenden Kriminalität illegaler Flüchtlinge.

Ein Großteil der Leute stürzt sich dankbar auf diese Ängste, die öffentlich anerkannt sind und nicht schamvoll unterdrückt werden müssen. Dankbar nehmen sie auch die Anweisungen der Regierung entnehmen, genauso wie ihre Parolen.

Auch für die angestauten Aggressionen hat die Regierung eine Verwendung: die werden auf die Abweichler abgeleitet. Der Regierung sind diese ein Dorn im Auge, weil sie ihr zu stark sind. Weil diese sich weigern, das kritische Denken einzustellen. Und den Angsthasen sind sie ein Dorn im Auge, weil sie denen ihren Mut und ihre Angstfreiheit neiden. Wenn der Maske tragende Angestellte den Maske verweigernden Kollegen anschwärzt, dann vor allem deshalb, weil er diesem seine Angstfreiheit neidet.

Michael Andrick nennt das den "Solidatitätsrausch". Ein Blick ins 20. Jahrhundert zeigt, dass wir das schon mal hatten. Mit äußerst negativem Ausgang.

Die Denkleistung von Mattias Desmet ist, die Voraussetzungen zur Entstehung von Totalitarismus in einer Demokratie, die Hannah Arendt beschrieben hatte, in unserer heutigen Welt wiedererkannt zu haben. Es ist die Atomisierung der Mitglieder einer Massengesellschaft. Einer Gesellschaft, in der Individuen nicht mehr miteinander reden und dabei die Glaubwürdigkeit ihres Gegenübers beurteilen können. Sondern über Medien, in denen einer, die Regierung, zentrale Botschaften an alle ausgibt. 

Die Denkleistung von Michael Andrick ist, die seelische Befriedigung, die die konformistische Masse bei ihrer Gefolgschaft empfindet, erklärt zu haben.

Mittwoch, 29. Mai 2024

Vorsicht vor Marine Le Pen

Die Abwendung von Marine Le Pen von der AfD kommt mir ein bisschen, nun, "spanisch" vor. Schon vor dem "Waffen-SS"-Zitat von Maximilian Krah hatte sie angekündigt, die Zusammenarbeit mit ihr ihm EP zu beenden. Das Interview ließ sie nun mit der AfD brechen.

Was steckt dahinter? Man könnte argumentieren, bei Nazi-Themen, die nach Relativierung riechen, versteht eine Französin keinen Spaß, egal aus welchem Lager oder Partei.

Aber wenn man etwas tiefer liest, kann man es auch so deuten: Sie bereitet den Bruch mit Deutschland nach ihrer Wahl zur französischen Präsidentin vor. Da können so viele Gemeinsamkeiten mit der AfD in der Ablehnung der EU sein wie sie will. Sie strebt erklärtermaßen nach einer Kooperation mit Russland. Zwar wird auch der AfD Nähe zu Putin nachgesagt, aber wer weiß, mit wem es Putin am Ende halten würde. Sein Ziel wäre schon bei einem Zerfall der EU (und ggf. NATO) erreicht. Dann eine freie Wahl bei neuen Bündnispartnern zu haben, wäre für ihn ein Traum.

Ein Bündnis mit Frankreich wäre etwas ähnliches wie eine Neuauflage der Entente aus der Zeit nach Bismarck (1904). Bismarck hatte das, was heute die EU als Union bewirkt durch etliche bilaterale Verträge mit den Nachbarstaaten Deutschlands geschaffen: Bündnisse. Teilweise geheim. 

Nachdem der Lotse von Bord ging, ließ Wilhelm Zwo diese Verträge auslaufen, ohne Verlängerung. Und schon wurde die Sache instabil. Ein paar unnötige Sprüche (a la Baerbock) und aus Verbündeten wurden Gegner, bis die Triple Entente aus Frankreich, Russland und damals auch England perfekt war. In der Mitte ein eingekreistes Deutschland, das sich infolge nur noch auf Österreich-Ungarn und Italien verlassen konnte.

Man stelle sich vor, Frankreich würde aus der EU austreten und ein Bündnis mit Russland eingehen. Zweit Atommächte im Bund, losgelöst von jedweden Verpflichtungen. Und sich gegenseitig Rückendeckung gebend. Wir wären endgültig zurück in der Zeit vor 1914, nur schlimmer. 

Dienstag, 28. Mai 2024

Gibt es ein erhöhtes Risiko eines Atomkrieges?

Moritz Kütt, Friedensforscher an der Uni Hamburg, sieht im NDR Interview folgende Gründe GEGEN die Zündung einer Atombombe durch Russland:

  • Kaum militärische Vorteile für Russland. 
  • Gefährdung eigener Soldaten, 
  • Zerstörung und Verseuchung von Land, das man annektieren will, 
  • Risiko von Verwehung von Fallout ins eigene Land. 
Er unterscheidet taktische und strategische Atomwaffen nicht nach technischer Ausführung. "Technisch sind da keine Unterschiede. Die Zweckbindung erfolgt nur durch die militärische Führung."

Er sagt auch, Einsatzvorbereitungen im großen Stil würde von Überwachungssatelliten erkannt werden. Die Vorbereitung einzelner Waffen eventuell nicht.

Für eine Einschätzung der Zerstörung der Nuklear Radare (weitreichender, hochauflösender Radarfelder im russischen Hinterland) kam das Interview leider zu früh.

Deshalb eine vorsichtige Einschätzung von mir: Konzeptionell gerät das Gleichgewicht des Schreckens in Schieflage wenn einer Seite die Fähigkeit zur Früherkennung von Angriffen der Gegenseite fehlt. Das könnte die "existenzielle Bedrohung" heraufbeschwören, die die russische Nukleardoktrin bereits zum Anlass für einen nuklearen Erstschlag als "Reaktion" vorsieht.

Allerdings wissen wir nicht, wie stark die Zerstörung ist und wie schnell die Radare repariert werden können. Daraus würde sich ggf. ein begrenztes Zeitfenster ergeben, das der Gegner (die NATO) ausnutzen könnte. Ich hoffe, dass das rote Telefon schon in Betrieb ist, um eine Eskalation zu verhindern.. Denn hier steht nicht ein Atombombeneinsatz in der Ukraine in Rede, sondern ein Präventivschlag gegen die NATO.

Sonntag, 19. Mai 2024

Zeitleiste Russland und NATO 1987 - 2019 (INF Kündigung)

Zum Verständnisaufbau "wann änderte Putin warum seine Politik?" soll folgende Zeitleiste dienen. Wichtige Ergänzungen gerne in den Kommentaren.

1987: Abschluss INF Vertrag (Abrüstung konventioneller und nuklearer Mittelstreckenraketen 500-5.500km Reichweite)

1988: Sowjetische SS12 Raketen, die 1984 stationiert worden waren, werden aus der Königsbrucker Heide bei Bischofswerda (Sachsen) zur Verschrottung nach Kasachstan abtransportiert.

1989: Mauerfall

1990: Deutsche Wiedervereinigung unter den Bedingungen des 2+4 Vertrages.

1991: Demontage der letzten Mittelstreckenrakete gemäß INF. Darüber hinaus beginnen Bush und Gorbatschow mit einseitigen Abrüstungen taktischer Atomwaffen ("Präsidenteninitiative"). USA: Abzug landgestützter Kurzstreckenraketen und Cruise Missiles. Boris Jelzin führt von Gorbatschow begonnene Initiative fort.

1992: GUS-Staaten werden Rechtsnachfolger für sowjetische Mittelstreckenraketen auf ihren Territorien. Im Lissaboner Protokoll bekunden Kasachstan, Ukraine und Weißrussland ihre Absicht, diese an Russland zurück zu geben.

1993: Die Ukraine nennt immer mehr Bedingungen für die Rückgabe ihrer Nuklearwaffen und Verschrottung ihrer Trägersysteme: Sicherheitsgarantien von Russland und USA, finanzielle Kompensation für die Rückgabe.

1994: Budapester Memorandum (Quelle) im Rahmen der Umgestaltung der OSZE zur KSZE. Russland, USA und England geben Kasachstan, Ukraine und Weißrussland Sicherheitsgarantien gegen nukleare Bedrohungen für deren Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag. Die drei GUS Staaten liefern die "geerbten" Nuklearwaffen an Russland ab. Für sie selbst waren sie nicht nutzbar, da Russland exklusiv über die Freischaltcodes verfügte. Frankreich und China geben den drei GUS Staaten eigene Sicherheitsgarantien.

Die letzten russischen Truppen verlassen deutschen Boden.

1996: Die Auslieferung der Nuklearwaffen an Russland ist umgesetzt. Die russische Duma unterzeichnet das Memorandum nie und bezeichnet es als "Absichtserklärung". 10 Jahre später kommt eine Diskussion über die Rechtsverbindlichkeit des "Memorandums" in Gang.

1999: USA beschließen neues Raketenabwehrsystem gegen ballistische Interkontinentalraketen ("National Missile Defense"). Stationierungsorte sollen u. a. auch Polen und Tschechien sein.

2000: Putin löst Jelzin ab.

2001: Ende der weiteren gegenseitigen Überwachung. INF vollständig umgesetzt. Ukraine setzt ihre Verpflichtungen aus dem Budapester Memorandum vollständig um.

2004: Russland (Verteidigungsminister Iwanow) erklärt Wille, aus dem INF-Vertrag auszusteigen.

2006: Gasstreit zwischen Russland und Ukraine. Die Ukraine ruft die Unterzeichner des Memorandums an, ihre Sicherheitsgarantien in Anspruch nehmen zu wollen.

2007: Die USA testen erfolgreich NMD Umsetzung. Putin erklärt INF Vertrag für obsolet da neue Nuklearmächte nicht an ihn gebunden sind.

2008: Russland testet in der Nähe von Wolgograd neue Marschflugkörper.

2009: Barack Obama erklärt Verzicht auf NMD Standorte Polen und Tschechien (wohl im Zuge seiner Neufokussierung von Europa in Richtung Pazifik). Putin lobt ihn dafür. Russland und die USA erneuern ihre Sicherheitsgarantien für die Ukraine auch über das Auslaufen des START-Vertrages hinaus.

2011: Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien. Der vom Westen unterstützte "Arabische Frühling" greift auf Syrien über, wo er russische Interessen berührt. Er will ein Chaos wie es im arabisch geprägten Nordafrika nach dem Sturz der dortigen Diktaturen (und dem tlw. Ersatz durch Islamisten) entstanden ist, und der EU die unkontrollierte Masseneinwanderung beschert hat, an der eigenen Südflanke vermeiden. Deshalb unterstützt er den Diktator Assad. Die USA mischen dort mit, um eine islamistische Oberhand durch den Iran zu vermeiden. Syrien ist seitdem der der erste Stellvertreterkrieg in unserer Sicherheitssphäre.

2014: Russland annektiert die Krim. England und die USA, die UNO und Deutschland werten dies als Verstoß des Budapester Memorandums. Russland kontert den Vorwurf, England und USA würden das Memorandum durch ihre Einmischung in ukrainische Angelegenheiten und damit deren Integrität verletzten.

2017: Die NYT berichtet über zwei neue russische Bataillone mit Marschflugkörpern und wertet dies als Verletzung des INF Vertrages.

2019: Die USA kündigen den INF-Vertrag. Kurz darauf auch Russland. Seitdem können Russland und die USA wieder landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen stationieren.

2022: Putin marschiert in die Ukraine ein. Neben Syrien ist sie damit der zweite Schauplatz (engl.: "Theatre") für einen Stellvertreterkrieg in unserer Sicherheitssphäre.



Von Stalin zu Putin - das wiederkehrende Dilemma

Zur Frage, wann und warum Putin sich vom Good zum Bad Guy wandelte, hat Leonid Wolkow einige innenpolitische Gründe genannt. Demnach verhärtete Putin seinen innenpolitischen Kurs, als das Energiegeschäft den Wohlstand für alle nicht mehr merklich steigerte und in eine Stagnation geriet. Zudem soll die Verwaltung, die Regional- und Kommunalpolitik immer träger geworden sein und die Leute immer unzufriedener. Regional entstanden Protestgruppen, die Nwalny und Wolkow mittels Internet verbanden. Und dagegen hielt Putin mit immer restriktiveren Gesetzen.

Das ist eine innenpolitische Erklärung.

Versucht einer außenpolitischen Erklärung.
Bekannt ist ja die Kritik an der NATO Osterweiterung. Besagt: Je mehr ehemalige Kolonien der ehem. Sowjetunion in Richtung EU und NATO strebten, desto aggressiver reagierte Putin.

Was man auch bedenken muss: Als die Sowjetunion in die GUS-Staaten zerfiel und diese nach und nach abtrünnig wurden, hatten diese ja noch Atomwaffen. Diese waren nicht im Kernrussland stationiert sondern zu einem wesentlichen Teil um Russland herum, so nahe wie möglich an Europa. Der INF Abrüstungsvertrag sah die GUS Staaten als Rechtsnachfolger der Sowjetunion, so dass alle Abrüstungsverpflichtungen auch für diese galten. Auch in der ehemal. DDR (bei Bischofswerda) waren sowjetische Atomwaffen gebunkert.

Um die weitere Verfolgung dieses Vertrages nicht zu kompliziert werden zu lassen und im Vertrauen auf die Einhaltung internationaler Verträge stimmten die neuen Atommächte zu, ihre Kernwaffen an Russland abzugeben und im Gegenzug Sicherheitsgarantien zu bekommen.

Dies Vollzug sich zwar im wesentlichen unter Jelzin's Prüsidentschaft. Aber man stelle sich vor, Putin hätte sofort nach seinem Amtsantritt 2000 begonnen, einen harten Kurs gegen die ehem. GUS-Staaten zu fahren. Das hätte das Vertrauen der Unterzeichner in die Sicherheitsgarantien sofort gebrochen. 

So ist es eben erst 2014, spätestens 2022, zerbrochen. 

Der Fall zeigt die Logiklücke unserer NATO: Die Abschreckung funktionierte zwischen den beiden Machtblöcken. Aber losgelöste Pufferstaaten, die einerseits direkte Nachbarn Russlands sind, andererseits aus Angst in die NATO streben sind von dieser NATO Strategie nicht mit bedacht.

Putin bedroht nicht die NATO. Sondern Nachbarn, die in die NATO streben.

Putin versucht diese zu erobern und droht der NATO gleichzeitig mit dem Einsatz von Atomwaffen. Und die NATO weiß nicht genau, wie sie damit umgehen soll. Sie eiert entlang des Pfades, den das Völkerrecht erlaubt. Aber was ist ein Völkerrecht wert, an das sich Putin nicht mehr gebunden hält?

Putins Strategie führt zu der Frage ob die NATO entweder
  1. Die Eroberung der Satellitenstaaten zulässt - oder
  2. Diese mit immer mehr Waffen unterstützt und dabei das Völkerrecht bis an die Grenze ausreizt.
Dieses Dilemma macht nebenbei auch klar, dass schon Stalin nicht um die "Befreiung" vom Faschismus ging. Es ging im 2. Weltkrieg (wie in jedem anderen Krieg) um Geopolitik. Die Westalliierten wussten, dass Stalin ein Imperialist mit ideologischem Vorwand war. Und zur Befriedung des "Theaters" überließen sie ihm die osteuropäischen Staaten. 

Da stehen wir heute wieder: Verraten wir sie - oder gehen wir Risiken für sie ein?

Samstag, 11. Mai 2024

Unsere Welt von morgen

Ich bin dabei, mich in Putin und Russland einzulesen. Dort gewesen bin ich leider nie. Weiter als Polen kam ich nicht. Leonid Wolkows "Putinland" und Rüdiger von Fritsch's "Zeitenwende" wurden kurz nach Putins zweiter Invasion in die Ukraine veröffentlicht. Wolkow war ein langjähriger Gefährte von Alexander Nawalny, von Fritsch war lange deutscher Botschafter in Russland und davor Vizechef des BND. 

Natürlich sind beide Bücher nicht objektiv. Wolkow zum Beispiel lässt offen, womit er und Nawalny eigentlich ihren Lebensunterhalt verdienen. "IT-Unternehmer" reicht mir da nicht. von Fritsch war Botschafter und BND VIzechef, seine Sicht ist mir zu wohlwollend gegenüber seinen früheren Dienstherren. Geholfen haben mir auch einige längere Gespräche mit russischen und ukrainischen Bekannten. Trotzdem habe ich mein Bild von Putin etwas aufgeklärt. Ich habe mich nie näher mit ihm beschäftigt. Aber mich oft gefragt, ob er irgendwann seine Politik scharf gewendet hat oder ob ich seine Richtung nur früher nie bemerkt habe. 

Ich fasse mein derzeitiges Bild mal so zusammen: 
Putin hat sich nach seinem Amtsantritt im eigenen Land Zustimmung erworben, weil er nach Jelzin Stabilität brachte. Er brachte die Energieindustrie zum Laufen und steigerte den Wohlstand für viele. Dabei habe er aber auch, so von Fritsch, geerntet, was Jelzin gesät hatte. Putin war in seinen Jahren beim Geheimdienst zu einem äußerst misstrauischen Menschen geworden, der weiß, dass man seine Macht in Russland besonders absichern muss. Er wählte dafür die Methode, die jede organisierte Kriminalität nutzt: Korruption und Kompromate. Jeder Manager in Russland ist abhängig von Putin. Dieses System führte zum Aufstieg für viele, geriet dann aber in eine Sättigung. Seitdem sanken seine Zustimmungswerte und wachse die Unzufriedenheit, besonders bei der jüngeren Generation, die früheren kargen Sowjetjahre nicht mehr kennengelernt haben. 

Und seitdem schaut Putin nicht mehr nach vorne und malt eine Zukunft aus. Sondern wühlt in der Geschichte und verkündet, sie wieder herstellen zu wollen. Er deutet die Sowjetunion als Höhepunkt der russischen Geschichte, weil dort alle russischstämmigen Völker in einem Staat vereint waren. Gorbatschow und Jelzin hätten das verraten und zerfallen lassen. Er, Putin, sei nun der Retter, der die Hilferufe der 25 Million in Nachbarländern wohnenden Russen erhöre und sie quasi "heim ins Reich" hole. 

Dazu spielt er jedesmal das gleiche Stück. Er inszeniert Revolten von Russen gegen die Unterdrückung ihrer Regierung. Er bemüht dafür das Feindbild, auf dessen Niederlage noch heute alle Russen stolz sind: Die Nazis. Die Unterdrückerregierungen in den Nachbarstaaten sind Nazis - "wie früher". Er benutzt also das gleiche simple Feindbild, dass auch die deutsche Regierung gegen jeden Oppositionellen bemüht. Nur hier halt im eigenen Land. "Der Westen" ist für ihn das abschreckende Beispiel für Dekadenz. Und da hat er einen Punkt. Wir werden von Dekadenz regiert und weite Teile unserer Gesellschaften sind ebenfalls dekadent. Und so "wollen wir nicht werden." verkünden Putin und Medwedew. 

Man kann daraus m. E. folgendes für die Zukunft ableiten: 
- Putin wird nach und nach versuchen, alle früheren Sowjet-"Republiken" wieder zu okkupieren. 
- Er geht dafür in einer geostrategisch günstigen Reihenfolge vor. (Tschetschenien sichert ihm die Südflanke. Weißrussland den Zugang zu Könidgsberg. Die Ukraine wird ihm den fast exklusiven Zugang zum schwarzen Meer sichern und die Ukraine vom Seehandel abschneiden.) 
- Die Nicht-NATO Satelliten einzusammeln wird ihm noch relativ leicht fallen. Aber das Baltikum ist Mitglied in der NATO - und daran könnte sich der nächste Weltkrieg entzünden. Wir können Putins militärische Fähigkeiten nicht gut einschätzen. 

Natürlich wird er nicht alle Länder gleichzeitig überfallen. Aber immerhin leistet er sich parallele Kriege in Syrien und der Ukraine. In Afrika (Mali, Niger) ist er auch präsent. Die Ukraine macht ihm auf See schwer zu schaffen. Zu Lande hielt sie gegen bis ihr der Nachschub ausging. Und zur Abwehr der russischen Luftwaffe fehlt es ihr an Lufthoheit. Eine Flugverbotszone würde ihr helfen, aber das traut sich die NATO nicht. 

Zu den kurzfristigen Fragen: 

Wird Putin im Nachbarland Atombomben zünden? - Nein, glaube ich nicht. Damit könnte er sich bei Westwind auch selbst schaden. 

Wird Putin die NATO angreifen? - Ja, weil er das Baltikum will und ihm dies als NATO-Mitglied ein zu großes Risiko für seine militärischen Stützpunkte in Königsberg ist. Er wird hierfür die Zeit nutzen, in der die NATO noch nicht nachgerüstet hat. 

Wird er gegen uns Atomwaffen einsetzen? - Das hängt von der Glaubwürdigkeit der britischen und französischen Abschreckung ab. Und der traue ich selbst nicht. Die Anfänge der Invasion haben gezeigt, dass hier jedes Land für sich selbst kalkuliert. EU und BATO sind politische Absichtserklärungen, die aber nie stärker als die Einzelinteressen sind. Dies um so mehr, je größer beide werden. Man kleistert nicht alle gegensätzlichen Interessen zu, indem man einfach einen großen Kreis um sie zieht - wie es der Baerbock'schen Kindergartenlogik entspricht. 

Prognose für die nächsten 5-10 Jahre: 

- Sobald Putin Odessa (ggf. via Moldau) erobert hat, wird er die Ukraine kontrollieren. 
- Mit der Niederlage der Ukraine werden wir uns abfinden müssen. 
- Danach wird er Konflikte im Baltikum schüren, bis er den "Hilferuf" der russischen Minderheiten dort "erhören" wird. Er wird sich bemühen, die UN auf seiner Seite zu halten. 
 - Die NATO wird sich zerstreiten, ob das Baltikum einen Atomkrieg wert ist. Im ersten Ernstfall wird sich der NATO Artikel 5 als wertlos erweisen. Die NATO hat nur die Option Atomwaffen, da sie konventionell zu schwach ist: Keine Waffen, keine Soldaten. Und dann? 
- Die EU Bürger werden von ihren Regierungen genug haben, und ihre Regierungen abwählen. In Deutschland werden AfD und/oder BSW stärkste Kraft werden. 
- Die Besten werden bis dahin ausgewandert sein. Prominente werden schlaue Reden halten. Warum sie das "immer gewusst" haben, dass "sie selbst nichts tun konnten", dass man jetzt "nach vorne schauen" müsse. - Sie werden auf ihren Yachten sitzen, oder in Südamerika - und Freiheit und Wohlstand genießen.

Mittwoch, 1. Mai 2024

Wie viel ist der NATO Artikel 5 im Kriegsfall wert?

Die NATO Mitglieder kriegen nicht einmal die Versorgung der Ukraine mit Munition hin. Wie soll da im "Verteidigungsfall" der Artikel 5 funktionieren? 

"Artikel 5 
Die Parteien vereinbaren, daß ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird; sie vereinbaren daher, daß im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten. Vor jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten." 

Ob die NATO auf den Angriff eines ihrer Mitglieder mit Gesprächen oder Waffen reagiert, steht also überhaupt nicht fest. Sondern wird erst dann diskutiert und beschlossen werden. 

Wir haben schon im Februar 2022 gesehen, wie unterschiedlich die Bewertungen der NATO Mitglieder für die russische Invasion waren. Je weiter weg von der Front desto entspannter die Einschätzung und unwilliger die Haltung zu einer Reaktion. 

Sind wir mit dieser Erfahrung nicht zurückgeworfen auf die Landkarte? Hängt nicht das Schicksal jedes europäischen Landes jetzt vor allem davon ab, wo es geographisch liegt? Und werden sich daraus wieder neue Bündnisse ergeben, die nicht so schwerfällig und groß wie die NATO sind? Ein Bündnis im Baltikum, als direkte Frontstaaten. Ein weiteres von den Ostseeanrainern. Und noch eines im westlichen Kontinentaleeuropa. Man kann davon ausgehen, dass sich die europäischen Länder nicht gegenseitig angreifen werden. Aber ihre Solidaritätsbereitschaft stelle ich mal dahin. 

Im Krieg zählt der Raum. Der Abstand. Die Flugzeiten der Waffen, die die verfügbare Zeit für eine Reaktion bemessen. Man kann die jüngere europäische Geschichte auch anders lesen, rein geographisch. Deutschlands Einigungskriege zur Reichsgründung waren ein Sieg Preußens über west- und süddeutsche Länder und den Rauswurf Österreichs für die preußische Dominanz. Die Wiedervereinigung 1989 lief umgekehrt: West- und süddeutsche Länder übernahmen das Erbe, dass die Kommunisten aus Preußen gemacht hatten. Preußen ist bis heute erledigt. Sachsen muckt immer noch auf. Und der Südwesten opfert seine Assets gerade einer evangelisch-ökologischer Ideologie, die jetzt - da ihre Entmachtung droht, zu den Waffen ruft. Alles andere ist wie immer: Russland ist einfach "da" und jede Außenpolitik eines europäischen Landes muss sich zu ihm positionieren. 

Wenn diese Positionen aber in Gruppen zerfallen ist auch der Raum für neue Spielchen eröffnet. Der hintere Westen wird die Frontstaaten als seine Bauern betrachten. Frankreich sieht sich als Dame mit Nuklearmacht und Deutschland darf die Rolle des Königs annehmen. Also dessen, der alles bezahlt, der aber selbst nur ein Kästchen weiterrücken kann. Diese Erkenntnis läuft m. E. gerade. 

Dennoch braucht Europa eine gemeinsame militärische Aufstellung. Die Luftverteidigung muss an der Front stehen. Russische Bomber, Marschflugkörper und Raketen müssen vorne abgefangen werden. Dahinter liegt die 2. Verteidigungslinie. Und durch Deutschland geht die 3. Linie. Aber diese Architektur entsteht nicht durch bilaterale Absprachen, wie derzeit bei der tschechischen Initiative zur Einsammlung von Munition für die Ukraine. Es braucht eine zentrale Planung, die den NATO-Mitgliedern Aufträge und Ressourcen zuweist. Und es braucht mehr Verbindlichkeit als heute im Artikel 5 steht. Es muss einen Plan geben, wie man zumindest auf einen ersten Angriff Russlands auf ein NATO-Mitglied reagieren wird. Danach wird jeder Plan ohnehin hinfällig. Bei richtiger Aufstellung sind wir Russland überlegen. Als dekadenter Verein, in dem im Ernstfall jeder zunächst mal an sich denkt, können wir durch schnelle Kriegsführung überrumpelt werden.

Montag, 29. April 2024

OPLAN DEU - der totale Plan

Gestern Morgen habe ich zum ersten Mal von einem "Verteidigngsplan Deutschland" und einem dazu passenden "Operationsplan Deutschland" gehört. Beide zusammen organisieren die zivilie Unterstützung für "Aufmärsche an die NATO Ostflanke" (heißt dort wirklich so) und für die Bundeswehr im Speziellen. Bundesinnenministerin, Verteidigungsminister und Bundeswehr sind Hand in Hand in Kriegsvorbereitungen. Abends dann auf WELT TV "Die Welt in Flammen". 

Die x-te Dokumentation über den 2. Weltkrieg. In Farbe. Damit wir uns es besser vorstellen können? Jedenfalls auch die Sportpalastrede mit dem Kommentar: "Der totale Krieg ist die Verzahnung zwischen Militär und Zivilisten". Noch Fragen? Uwe Steimle bemerkte ja schon: "Früher wurde man wenigstens noch gefragt, ob man den totalen Krieg will!" Was das alles bewirkt? Wir gewöhnen uns daran. Und lernen implizit, dass die Zeit des Redens und Verhandelns vorbei ist. Wir sind schon im Aufmarsch. Sie teilen uns unsere Rollen im Krieg zu. Gut, könnte man, sagen, würden sie es nicht tun, würdest du ihnen wieder Tatenlosigkeit vorwerfen. 

Als Corona losging, war die Kritik an Spahn ja, dass das deutsche Gesundheitswesen völlig unvorbereitet war, nicht einmal Masken eingelagert hatte. Jetzt trifft die Regierung Vorbereitungen für den "Verteidigungsfall" und da ist es auch wieder nicht recht? "Wer Bunker baut, schmeißt Bomben" wie es in Kreuzberg heißt? Die EU hat es so bräsig passieren lassen wie alles andere vorher auch, was man als Vaterlandsverrat zusammenfassen kann. Die unkontrollierte Masseneinwanderung organisierter, ungebildeter Marodeure. Die Marktüberschwemmung durch China, das seinen eigenen Markt kontrolliert abschottet. Ist den EU Bürokraten, die weder in der Industrie arbeiten noch Flüchtlingsheime oder Clans in ihrer Nachbarschaft dulden, egal. 

Die Fronten verlaufen zwischen Europa und den Marodeuren. Aber auch innerhalb der EU zwischen dem EU-Adel und den Wertschöpfenden, den Clans und den Islamisten. Und die EU rüstet gegen die Wertschöpfenden. Jede Kritik "delegitimiert" den Staat. Künftig zersetzt sie sicher auch unsere Wehrkraft. Irgendwer, der sich den Aufbau der sog. "Machtvertikale" von Putin genau angeschaut hat, berät die EU Innenminister wie man es macht. 

Ich beneide jeden, der das rettende Ruhestandsufer schon in Sicht oder erreicht hat und damit bewegungsfrei ist. Ich muss immer noch darauf achten, einen Bahnhof in der Nähe zu haben. Oder mich mühselig nochmals um einen neuen Job kümmern. Ja schon, ich könnte das "sehr attraktive" Aufhebungsangebot nutzen. Aber es ist nur auf den ersten Blick "sehr attraktiv". Denn Lindner würde gleich mal hart zugreifen und ein Drittel bis zu Hälfte für die Projekte von Paus und Habeck abgreifen. Die übrig bleibende Hälfte müsste man in Wehrtechnikaktien investieren, um wenigstens an ihrer Kriegslüsternheit mitverdienen zu können. Da ist die deutsche Industrie ja noch vorne dabei, wie Taurus zeigt. 

Unterm Strich fällt gerade eine Prämisse für unsereinen, die ich für unumstößlich hielt. Dass wir die erste Generation sein würden, die in Europa keinen Krieg erlebt. Meine Eltern wurden kurz nach WK II in die Trümmer geboren. Und wir könnten in Trümmern sterben. Wenn wir nicht rechtzeitig handeln. Immer schön darauf achten, dass der Wagen vollgetankt ist und in Fluchtrichtung parkt. Ich bin neulich schon zurückgewechselt auf Verbrenner. Ich will den NATO Kolonnen auf der A2 nicht stundenlang von Ladestationen zuschauen müssen. Ich will dann Gas geben können, bevor die anderen kommen..

Donnerstag, 11. Januar 2024

"Inzwischen kennt jede Russin eine Freundin, deren Mann im Krieg ist."

 Die Stimmung in Russland wandelt sich gerade. Eine russische Kollegin sagte mir im November, inzwischen kenne jede Russin eine Freundin, deren Mann im Krieg ist und dort verwundet oder sogar getötet wurde.

Und da wird es dann ernst. Neben der persönlichen Trauer bewirkt der Tod des Ehemanns (und oft auch Vater) den Verlust des Familienernährers. Und wenn das gehäuft auftritt bekommt das eigene Boot allmählich Schlagseite.

Es ist auch der Moment, in dem Bürger zwischen Regierung und ihnen selbst zu unterscheiden lernen. Glaubte man anfangs noch der Propaganda, stellt sich nun für immer mehr Russen die Frage, welchen Preis sie selbst zu zahlen bereit sind.

Diese Frage hatte Annalena Baerbock für die Deutschen ja schon im Februar 2022 beantwortet: "Deutschland ist bereit einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen."

Blöd nur, dass wir nun einen hohen Preis bezahlt haben (eine zweistellige Milliardensumme). Aber dafür so gut wie nichts gewonnen haben. Denn während unsere Wirtschaft geschrumpft ist, ist die russische gewachsen. 

Es sei unerhört, so szu sprechen, antwortete mir ein Bekannter darauf. Die Wirkungslosigkeit der EU Sanktionen liege nur daran, dass die gesamte restliche Welt nicht geschlossen mitgemacht habe. Ah so, sagte ich, die Welt hätte am deutschen Wesen genesen können - wollte aber nicht. So sprechen sei wiederum polemisch, sagte mein Bekannter.

Wir haben uns inzwischen nicht nur verausgabt und militärisch "nackig gemacht". Wir haben auch nichts getan, um unsere Kapazitäten und Fähigkeiten aufzustocken. Viel gelabert, aber wirklich nichts geschaffen. Wir können von Glück reden, dass zwischen uns und dem Kriegsgebiet Ukraine noch Polen liegt. Derzeit ist die Ukraine unser Pufferstaat zu Russland. Würde sie fallen, zum Opferstaat werden (was ich den Amis jederzeit zutraue), würde Polen unser neuer Pufferstaat. Aus französischer Sicht wäre dann Deutschland der nächste Pufferstaat. 

Anders in Schweden. Dort wühlt der Zivilschutzminister gerade die schwedischen Seelen vollends auf, indem er auf der jährlichen Sicherheitskonferenz fragte "Was wirst Du machen, wer wirst Du sein, wenn der Krieg kommt?"

Ein schwedischer Freund wies mich darauf hin, dass unsere Bewertung und Hoffnung, die Russen würden sich an der ukrainischen Front verausgaben und sich selbst schwächen, nur für die Landstreitkräfte gelte. Finnland und Schweden denken aber vor allem an die Front in der Ostsee. Hier seien die NATO Staaten jeder für sich zwar gut gerüstet. Und regelmäßige Manöver würden sie auch als Verbund in Übung halten. Aber der Aufbau der neuen Kommandostruktur in Rostock würde ja wohl noch dauern. Und diese Zeit könnte Putin zu einem Schlag verführen..

Während ich so schreibe merke ich wie ich selbst in einen Kriegsmodus wechsle. Ich gehe halb unbewusst immer mehr davon aus, dass uns der Krieg früher oder später erreichen wird. Nur die Frage ob zu Lande, zur See oder aus der Luft ist noch offen.

Die Unbekannte darin ist die russische Volksseele. Wie viel lassen sich die Russen gefallen, wenn die nächste Mobilisierungswelle anliefe..?

Mittwoch, 3. Januar 2024

Baerbocks Rohrkrepierer Russlandsanktionen

Der Jahresbericht der UBS über die Entwicklung von Wohlstand und Reichtümern zeigt, dass die russische Wirtschaft, insbesondere ihre Eigentümer, im Krieg wachsen. Und Europa schrumpft. 

Baerbocks großmäulige Ankündigung vor zwei Jahren, nach der Deutschland bereit sei, große Opfer für die Ukraine zu bringen, war schon damals nahe dem Volksverrat. Inzwischen kann man es gesichert so nennen. Die sanktionierenden EU-Länder haben mit ihrem Verzicht auf Gas und Öl in ihren Volkswirtschaften Milliardenverluste hingenommen. Zusätzlich zu den Milliarden die sie an Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge (inkk. der Fahnenflüchtigen) aufgebracht haben. Und den Waffenlieferungen aus den eigenen Beständen.

Für die Grünen war der Krieg ein willkommener Vorwand, unsere Versorgung mit fossilen Energieträgern abzuschneiden. Nichts anderes.

So wie die Dumpfbacken der SPD gerade das Hochwasser zum Vorwand nehmen wollen, die Schuldenbremse abzuschaffen.

Mittwoch, 13. Dezember 2023

USA lassen Ukraine offenbar fallen

 Was genau war es, das Präsident Biden zur Umkehr in seiner "solange es nötig ist"-Politik bewegt? Waren es wirklich nur die Republikaner - oder am Ende auch die Hamas?

Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer beriefen sich schon im Februar auf amerikanische Warnungen vor einer Patt-Situation im Ukrainekrieg. Dafür wurde man da noch diffamiert. 

Inzwischen ist es so eingetreten. Natürlich war es für US Generäle nicht so schwierig, den weiteren Kriegsverlauf vorherzusagen, denn die USA selbst haben mit ihren sehr genau kalkulierten Waffenlieferungen die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine beeinflusst, wenn nicht gesteuert. Immer nur so viel, dass die Russen sich weiter verschleißen, am besten so lange bis sie militärisch bankrott sind. Aber da haben die Russen einen langen Atem. Sie haben ihre Verteidigungslinien entlang der tausend Kilometer langen Grenze extrem befestigt.

Im Herbst gab es dann schon Gespräche mit China, die die Kriegsrhetorik zu Taiwan zum Schweigen brachten. Dann kam der Angriff der Hamas auf Israel und seitdem ist Biden sehr vorsichtig geworden, Vielleicht sind ihm die Shutdownszenarien und Drohungen der Republikaner sogar ein willkommener Vorwand gewesen, die Ukraineunterstützung herunter zu fahren.

Am 1. November dann das Interview mit Ukraine General Salushnyi, der die Patt-Situation höchstselbst feststellte und beklagte. Ebenfalls im November machten Gerüchte über eine Planung von Friedensverhandlungen die Runde. (Auch das hatten deutsche Pazifisten schon im Januar gefordert.)

Und neulich berichtete die FAZ über eine denkwürdige Ansprache des neuen deutschen Botschafters in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff zum bevorstehenden russischen Weihnachtsfest. Da war plötzlich von langjährigen Beziehungen die Rede, deren Zerrüttung man bedaure.

WAR IS OVER if you want it - texteten John und Yoko. Sie meinten damals die US-Soldaten, sie bräuchten nur zu desertieren. Jetzt sieht es so aus, als würde der US Präsident selbst seinen Stellvertreterkrieg desertieren.

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Unterschätzt den Shut-down nicht

Der drohende Shut-down in den USA wird in unseren Medien immer als eine Art Tag ohne Müllabfuhr dargestellt, also eine Art Streik von oben. Sogar Markus Koch sagte kürzlich, die Wallstreet würde darüber einmal die Stirn runzeln und dann weiter machen.

Aber er wäre viel mehr als das. Die USA wären in dem Falle zahlungsunfähig. Denn streng genommen wäre dann auch kein Geld mehr für Zinszahlungen und Tilgungen. Das Rating müsste abgestuft werden und der Leitzins in den USA würde weniger von der FED als vielmehr von den Anleihemärkten bestimmt. Mächte, die dem Dollar eh ans Leder wollen, würden diese Chance zu nutzen versuchen.

Es wäre auch das Ende der großzügigen Rüstungen der USA an die Ukraine und womöglich das schnelle Ende des Krieges.

Sind die EU Kommission und der Rat auf etwas derartiges vorbereitet? Verstehen sie überhaupt was gerade passiert und was droht?

Donnerstag, 28. September 2023

Die Hochrüstung der Ukraine als künftiges Sicherheitsrisiko

 Wir rüsten die Ukraine hoch als gäbe es kein Morgen. So wie früher die Mujaheddin in Afghanistan (gegen die Sowjets) und den Irak (gegen den Iran). Wir wissen, was später daraus wurde: Weil beides instabile Staaten sind fielen die Waffen später Terroristen in die Hände, die sie gegen uns benutzten.

Nun ist die Ukraine kein islamistisch geprägter Steinzeitstaat. Aber eine stabile Demokratie gemäß Aufnahmekriterien in die EU ist sie auch nicht. Dafür reichen ein Blick in die jüngste Geschichte. Aber auch die letzten 200 Jahre liefern hierfür Argumente.

Da alle NATO Staaten Waffen an die Ukraine liefern, die sie zur Niederringung eines zahlenmäßig überlegenen Gegners braucht, hat die Ukraine inzwischen ein Best Of NATO-Waffen in ihren Arsenalen. Und sie muss noch nicht mal etwas dafür zahlen. Weil ihr Präsident diese Waffen unentwegt aggressiv einfordert. Der frühere ukrainische Botschafter Melnyk beleidigte deutsche Politiker sogar, wenn diese sich Zeit zum Nachdenken vor der Lieferung nahmen. Melnyk selbst gehört dem rechtsextremen politischen Lager der Ukraine an, das gerne an den Patriotismus der Landsleute appelliert, während er selbst lieber in Berlin wohnte und seinen Sohn nachzog, so dass der hier ein Studium beginnen konnte - das ihn bis heute vor der Einberufung an die Front schützt.

Und dann ist der bis heute unaufgeklärte Anschlag auf die Nordstream Gasröhren. Hier führen Spuren in die Ukraine.

Und drohte Selenskyi nicht neulich Polen, als diese sich weigerten ihren Agrarmarkt für ukrainisches Getreide zu öffnen? Weil sie an die Abmachung erinnerten, dass der Landweg durch Osteuropa nur eine Ersatzroute für den Hafen in Odessa sein soll, solange die Rissen hier scharf schießen? Ein Widerwort genügte und Selenskyi drohte Polen mit "Vergeltung".

Nein, ich traue der Ukraine nicht mehr. Wir dürfen höchstens stets nur so viele Waffen liefern, wie wir sicher sind, dass die Ukraine sie auch verbraucht - und nicht in eigenen Arsenalen sammelt für spätere Pläne, zu denen sie sich dann als neue Großmacht in Europa inspiriert fühlen könnte.

Donnerstag, 23. Februar 2023

Warum das Friedensmanifest die einzig tragbare Haltung ist

Die ersten klugen Worte über die Gewaltspirale in der Ukraine kamen von Klaus Dohnany. Der hatte gerade ein Buch über nationale Interessen und Geostrategien von Deutschland und Europa veröffentlicht. Lafontaine legte hierzu später eine Zugabe nach. 

Dohnany ging vom simpelsten, aber wirksamen Handwerkszeug aus, das Außenpolitiker früher beherrscht haben: Die Identifizierung der eigenen nationalen Interessen (Wohlstand in Frieden). Und er betrachtete die Interessen anderer Mächte, die Einfluss auf uns haben: Russland, China und USA. Und er erkannte, was schon Kohl und Genscher bei einer NATO Übung Ende der 80er Jahre erkannten: Die amerikanischen Interessen sind nicht deckungsgleich mit den europäischen und speziell den deutschen, wenn es um Sicherheitspolitik geht. 

Zum Kalkül der NATO Abschreckung und der später hinzugekommenen Erstschlagfähigkeit gehörte die Opferung von Deutschland (BRD und DDR). Degaulle wusste das schon immer und deshalb bevorzugte er eigene französische Atomwaffen. Bei Amis und Briten kann man nie wissen.. Und im Hintergrund begründete dieser Unterschied die deutsch-französische Freundschaft nach dem Krieg. 

Eine Sicherheitsarchitektur ist um so stabiler, je mehr Vorwarnzeit in sie eingebaut ist. Je kürzer die Vorwarnzeit bei einem Angriff, desto größer die Paranoia. Die Machtblöcke brauchen Raum und Zeit zwischen sich. Pufferzonen. Im kalten Krieg waren das die von Russland annektierten Nachbarländer, die es fortan als UdSSR bezeichnete. Im Westen war wie gesagt Deutschland der Pufferstaat. Deutschland war mit der US Airbase Ramstein und dem Atomwaffenlager in der Blüchel gleichzeitig ein markiertes Ziel für Russland - und ist es bis heute. 

Soweit die Grundlagen.

Bezogen auf Ukraine und Russland gibt es nur wenige Denker im Lande, die zu beiden Abstand halten. Wir wissen aus beiden Ländern nicht was Sache ist. Wir hören nur Putins Reden und ertragen die tägliche Propagandaspam von Selenskyi und Melnyk. Beides sind korrupte Oligarchenstaaten. Beide suchen nur nach ihrem Vorteil. Für Putin ist die Ukraine Kleinrussland. Zusammen mit Weißrussland und seinem Russland ergibt das nach seiner Lesart einen Zusammenhang. Und in der Vergangenheit war es das auch schon. In der Ukraine wohnen aber nicht nur Russen. Historisch wuchsen West-, Ost- und Südukraine erst allmählich zusammen. Und ob die heutige Ukraine sich gen EU oder Russland orientieren soll, spaltete das Land und führte zum Putsch vor zehn Jahren. 

Man sollte sich also mal fragen, wie weitsichtig es ist, dass wir eine Ukraine mit eigenen Waffen ausrüsten, die uns anschließend fehlen. Ein Regimewechsel in der Ukraine und wenn wir Pech haben, wendet sich die Ukraine mit unseren Waffen gegen uns. Könnten wir dümmer da stehen?

Selenskyi und Biden scheinen ein Interesse daran zu haben, den Krieg in die Länge zu ziehen. Um Russland zu schwächen - dieses Ziel verfolgen beide. Um an Waffenverkäufen zu verdienen - das macht es für Biden zu einer Win-Win-Situation. 

Die einzigen, die an die Schicksale der bombardierten Zivilbevölkerung und der geopferten Soldaten denken, sind diejenigen, die einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen fordern. Das war früher eine selbstverständliche Position für Deutschland. Heute kommt dazu von unserer Regierung gar nichts. Im Gegenteil. Der "schrillsten Trompete der Grünen" (Antje Volmer über Annalena Baerbock) ist nichts zu dämlich und nichts zu peinlich, um sich mit Ranschmeisse an Biden und Selenskyi, Kriegserklärungen, 360-Grad-Wenden und Hüpfspielen im finnischen Bunker in die sozialen Medien zu bringen. Jeder Affe, der eine Pistole im Wald findet, geht damit vorsichtiger um als unsere Dumpfbacke vom Werderschen Markt.

Zu den wenigen, die das auch so sehen, gehören Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und Marius Müller Westernhagen (bei Maischberger). Es ist kein Zufall, dass es sich dabei um die Generation 50+ handelt. Wir waren die letzten, die noch kritisches Denken gelernt haben und in Poltik die Vertretung von Interessen sehen.

Zum Wertewesten haben sich diejenigen ernannt, die erkennbar überhaupt keine Werte mehr vertreten, sondern denen Blitzkarriere durch Konformismus über alles gehen. Schon überhaupt nicht mehr gehört Humanismus zu deren Werten.

Sonntag, 2. Oktober 2022

Die Gelegenheit zu Verhandlungen ist jetzt

 Putin hat mit der Annexion der von ihm (noch) kontrollierten Provinzen und seiner Rede (Übersetzung wie gewohnt beim Anti-Spiegel verfügbar) einen Punkt gesetzt, den man als Ausgangsposition für Friedensverhandlungen betrachten könnte, wenn man wollte.

Selenskiy hat dies glaube ich sofort verstanden und seine eigene Ausgangsposition aufgebaut, indem er die Aufnahme seines Landes in die EU fordert.

Damit könnte man an den Verhandlungstisch gehen. Die annektierten Gebiete sind von ethnischen Russen dominiert. Aber sie bergen auch die Bodenschätze, die zum Asset der Ukraine gehören. Diese müssten mit auf den Verhandlungstisch. 

Die einzigen, denen das überhaupt nicht passen kann, sind die USA und Frau Strack-Zimmermann. Gerade erst haben sie mit der Sabotage der beiden Nordstream Pipelines davon profitiert, dass wir selbst in einer Nach-Putin-Ära kein russisches Gas mehr beziehen würden, jedenfalls nicht mehr auf direktem Wegen, d. h. an Polen und der Ukraine vorbei. 

Die USA profitieren auch von der Schwäche unseres Bundeskanzlers. Schwäche nicht im Sinne mangelnder Härte gegen Putin, sondern in Bezug auf die Vertretung eigener nationaler Interessen. Es wirkt auf mich fast so, als hätten ihn beide Seiten, Putin und Biden, in der Hand, als ei erpressbar. Und womit kann Olaf Scholz erpressbar sein? Da fallen einem natürlich Wirecard und Cum-Ex ein. Und dann macht Scholz auch noch einen Termin in Saudi Arabien bei diesem buchstäblichen Halsabschneider Mohammend bin Salman. Da kann Scholz nur hoffen, dass es auf seinem Smartphone nun keine fliegenden Pferde gibt, die brauchbare Informationen in den Palast des Kronprinzen transportieren.

Wir sind also nicht im normalen Vasallenstatus, unser Vertreter ist auch noch im besonderen Maße erpressbar und weiß nicht, wohin. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn er demnächst zurücktreten würde.

Mittwoch, 7. September 2022

Worum geht es eigentlich?

Als Ingenieur bin ich gewohnt, komplexe Dinge zu modellieren. D. h. die scheinbar nicht zusammenhängenden Puzzlestücke, Anforderungen und Randbedingungen übereinander zu bringen, so dass Sinn entsteht.

Eine ähnliche Aufgabe haben Analysten, Diplomaten und Journalisten in Bezug auf die Weltlage. Aber ihre Fähigkeiten, ihr Wille oder beides Hand in Hand, hat so stark nachgelassen, dass man es nur noch durch eigenes "Triangulieren" (wie die Positionsbestimmung im Navigationsgerät) bzw. Kreuzpeilung erreichen kann.

Und hier verlieren wir viel Zeit bei der Suche, Sichtung und Bewertung all der Blogs, Magazine und  Videoaccounts. Aber hin und wieder stößt man auf etwas, was den eigenen Horizont erweitert. So stieß ich neulich auf den Begriff vom "Dritten Rom", als ich nach langer Zeit mal wieder durch Lettre International stöberte. Die Figur vom "Dritten Rom" stammt aus einem kircheninternen Brief aus der Zeit, als Byzanz an die Osmanen verloren ging.

Die osmanische Herrschaft über den Balkan ist die Grundierung auf der man heutige Verbundenheit von Serben, Ungarn und anderen Balkanstaaten mit Russland, bzw. seiner Kirche, verstehen muss. Es ist auch der durch Jahrhunderte schwelende Kampf zwischen Christen und Muslimen, bzw. Islamisten. Meiner Meinung nach kann man auch den Zerfall und den Krieg in Jugoslawien als religiös-kulturellen Krieg deuten. Aber niemand im zerfallenen Westeuropa wagt es, es auszusprechen. Außer Peter Handke und einigen anderen.

Jedenfalls sahen nach dem Siegeszug der Osmanen über Byzanz einige Kirchenschreiber und Fürsten in Moskau die einzige Macht, die den Osmanen Widerstand bieten könnten. Und tatsächlich, 300 Jahre später warfen die Russen die Osmanen bis nach Istanbul zurück. Die wichtigsten Schlachten gewannen die Russen in Bulgarien. Doch die mit befreiten Europäer bekamen kalte Füße und distanzierten sich bei den Verhandlungen von Russland. Und seitdem könnte im russischen Gedächtnis der Stachel eines verratenden Europas sitzen. Eines Europas, das sich der islamischen Mentalität nahe sieht, andere die Arbeit machen zu lassen, und erst hinzu zu kommen, wenn die Beute oder die Ernte verteilt wird. (So gestaltete sich ja auch die Herrschaft der islamischen Mauren in Spanien.)

"Das Dritte Rom" mag nur noch ein Leitstern sein, aber Putin weiß ihn zu spielen. In dem zerfallenden, dekadenten Europa muss einer die Sache in die Hand nehmen. Und wer dabei stört, wird angegriffen. Die Ukraine wäre nicht der erste Schauplatz, in dem die USA hinter den Kulissen eine Invasion provoziert haben. Die Familie Biden ist viel zu sehr ins korrupte ukrainische Geschäft verwickelt, um hier Abstinenz zu unterstellen.

Ich unterstelle aber auch Putin keine höheren kulturellen Ziele. Ich unterstelle ihm, wie jedem, der auch mit 60+ immer noch nicht von Macht und Geltung lassen kann, Geltungs- und Herrschsucht als Kompensation für einen persönlichen Schmerz. Aber er muss seinem Volk eine Geschichte erzählen, die die Bereitschaft zum Krieg nährt. Und die Verteidigung gegen ein Europa, das sich und andere an Islamisten verrät, dürfte Motivation genug sein. Putin muss nur auf den 11. September verweisen oder die Zustände in deutschen Städten, um zu zeigen was passiert, wenn man sich nicht verteidigt.

Für uns Bürger lauten die Optionen dann allerdings nur noch, entweder zäh und kleistrig unterzugehen oder in einem autoritären Staat unter russischer Aufsicht weiter zu leben.