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Mittwoch, 10. Januar 2024

"Einfach machen!" sagte der Dünnbrettbohrer

Wie können sich gestandene Bürger nur so ins Bockshorn jagen lassen?

Die beruflichen Aha-Momente liegen ja schon hinter mir. Seit einiger Zeit habe ich die familiären und gesellschaftlichen Aha-Momente. Und wie schon früher in Ausbildung und Beruf erlebe ich die Momente der Erkenntnis nicht als erhebend, sondern ernüchternd. Nie war ich auf einen neuen Stand gehoben worden sondern erkannte vielmehr, wie niedrig der Bewuchs um mich herum doch eigentlich ist.

Egal ob Rentner oder noch in Arbeit. Die Klügsten unter ihnen lassen sich brav von den Dummen regieren. Ob das die Miteigentümer sind, die sich von dummen Beiräten, Hausverwaltern und Architekten für dumm verkaufen lassen, oder die Fachexperten, die sich von ungebildeten, aber karrieregeilen Dünnbrettbohrern beiseite drängen lassen. Sie lassen es mit sich machen. Irgendwie steckt die alte Autoritätsgläubigkeit noch in ihnen. "Na, wenn sie es doch ansagen, dann haben sie sich doch auch was dabei gedacht." Nein - haben sie nicht. Die denken nicht. Die geilen nur. Nach Status, Wohlstand und möglichst wenig Anstrengung.

Da kam zum Beispiel ein gelernter Mechaniker vom Testbau in die Elektronikintegration und hatte wirklich null Ahnung. Hinter vorgehaltener Hand fragte man "wie der denn zu uns gekommen" sei. Und er hatte auch noch einen Kollegen mitgebracht. Sie beiden zeigen unterschiedliche Strategie bei der Verschleierung ihrer Inkompetenz: Der eine steht grundsätzlich breitbeinig da wenn jemand etwas erklärt und hält die Arme verschränkt. Und dann hebt er den rechten Arm so, dass er sich pseudonachdenklich durch den Vollbart streichen kann. Der andere ging als allerstes zu unserer internen Kommunikationabteilung und lud sich in einen der nächsten Videodrehtermine für agile Projekte ein.

"Bei diesem Videointerview erklärte er dann, dass er in unserer Meilensteinplanung gleichzeitig Product Owner und Scrum Master sei - so toll sei er. "Aber macht das denn Sinn?" fragte der Interviewer. "Das sind doch zwei komplementäre Rollen, die einander ergänzen und mitunter auch korrigieren sollen. "Ach ja?" antwortete er. "Das wusste ich gar nicht. Aber wenn man es nicht weiß, stört es auch nicht. Es funktioniert trotzdem. Einfach machen!" gab er zum Besten.

Das Erfolgsgeheimnis: Wenn die Chefs auch nicht schlauer sind, dann funktioniert Dünnbrettbohren tatsächlich. Aus so einer Umgebung kann man nur noch das Weite suchen. Vor kurzem erzählte mir ein Kollege, dass dieser unbefangene Alleskönner nun auch noch die Nachfolge von drei Strategieberatern übernehmen werde und das ganze strategische Thema allein stemmen werde. Außerdem kümmere er sich auch noch um die Weiterentwicklung unserer Cloud basierten Update Prozesse. 

"Und wie um Himmels Willen macht er das?"

"Ja, also. Er achtet darauf, für all diese Aufgaben noch einen Stellvertreter zu bekommen. Und der macht dann die fachliche Arbeit. Er selbst lädt nur zu den Terminen ein und schreibt die Protokolle. So sieht es von außen aus, als steuere er all die Themen."

Einfach machen. Als nächstes könnte er davon in unseren Cultural Change und Diversity Zirkeln davon berichten. Denn deren Quoten erfüllt er obendrein.

All die anderen Vögel, die vor fünf Jahren "Agile Ambassadors" oder "Fell Good Manager" in unserer Softwaretochter waren, sind inzwischen woanders. Auf LinkedIn grüßen sie jetzt vom nächsten großen Ding KI. "Nein, man muss die Dinge die man steuert nicht verstehen." 

So funktionier ja inzwischen ganz Deutschland. Und es funktioniert nicht mehr. Das zu benennen ist aber verpönt, unsagbar. Dabei ist es genau das Ergebnis, vor dem vor zehn Jahren kritische Geister gewarnt haben. Von Verantwortung wollen die "Steuernden" aber nichts wissen. "Können wir bitte mal aufhören alle Schuld nur bei den Grünen abzuladen?!" musste ich mir vor kurzem anhören, nachdem ich Baerbock für die Folgenlosigkeit ihrer Russlandsanktionen kritisiert hatte. Bzw. der Tatsache, dass diese Sanktionen nur uns geschädigt haben. Und dann hatte ich es auch noch gewagt, an das Baerbock Zitat zu erinnern, nach dem "Deutschland bereit" sei ", einen hohen Preis zu zahlen."

Auch die deutsche Industrie hat hohe Preise gezahlt. Für die Sanktionen. Hohe Energiepreise vor allem. Aber sie zahlt auch immer noch ab an dramatischem Missmanagement. Wie z. B. bei Bayer, wo sie sich an Monsanto verhoben haben. Oder in Wolfsburg, wo Herbert Diess extrem gemisswirtschaftet hat. Oder bei der Deutschen Bahn, dem Wohnungsbau, im Gesundheitswesen - kurz überall dort, wo nichts mehr richtig funktioniert.

Es ist jetzt da. Es ist jetzt so, wie wir immer befürchtet haben. Aber wo sollen wir hin? Ein Freund schaut sich gerade in Dubai um und ist beeindruckt davon, was sie dort in kurzer Zeit aufgebaut haben. Dumm reinreden lassen sie sich dort nicht. Wer dort denen in die Suppe spuckt, die die Suppe bezahlt haben, wird ausgepeitscht. Bei uns wird er mit Auszeichnungen überhäuft und weiter alimentiert. So blöd wie wir kann man doch eigentlich gar nicht sein.

Freitag, 14. Juli 2023

Bester Arbeitstag des Jahres

Wenn Freitag der schönste Tag einer Arbeitswoche ist, dann ist der Freitag vor dem Urlaub der schönste Tag des Jahres. Der ganze Urlaub liegt noch vor einem. Es ist die präholidare Euphorie und diese Wortschöpfung ist von mir :-).

Und was haben wir dieses Jahr für einen Sommer, mit viel Sonne aber auch Regen. Ich bin neulich mit der U2 über den Gleisdreickpark in Kreuzberg gefahren. Und er war saftig grün. Ich habe den Park seit Jahren nur sonnenverdorrt gelb in Erinnerung. Jetzt wirkt er wie im April. 

Und die Temperaturen sind genau richtig. Man kann in Kurz herumlaufen, aber auch ohne Schweißband. Man kann etwas machen ohne zusammen zu brechen, aber man kann auch im Garten auf der Liege liegen. Ich finde das perfekt.

Wenn dann auch noch ein paar Tage Urlaub an der Ostsee gebucht sind, dann können die 3 Wochen Urlaub doch kommen. Schon ist es auch, wenn alle Kollegen gleichzeitig in Urlaub gehen. Genannt Werksurlaub. Diesem Tag freuen wir uns alle entgegen wie früher auf den letzten Schultag. Und zum Abschied spielt am Werkstor das Werksorchester. Eine der letzten Traditionen.

Jetzt liegt alles vor uns. Reisepläne, Bücher. Wir müssen erstmal runter kommen. Noch schwirrt alles in meinem Kopf: Budgetrunden, Steuerkreisagenden, Architekturabstimmungen. Jeder will am letzten Tag seinen Schreibtisch leer haben und jeden Ball weiter oder zurückgespielt haben, bevor er geht.

Gerade habe ich den Rechner herunter gefahren, der Rest läuft über das Smartphone. 

Nachher fahren wir erstmal einkaufen. Morgen soll es ja über 30 Grad geben, da planen wir erst einmal Garten - und nichts tun. Vielleicht die Gemüsebeete etwas nachdüngen. Ansonsten aber vor allem das nächste Buch vom Stapel nehmen. Jetzt kommt die Science Fiction dran: "2054". Aber vielleicht ist es auch keine Science Fiction.

Samstag, 13. Februar 2021

Was die Frauenquote in der Politik bewirkt

 Ich meine, wir bekommen derzeit Anschauungsunterricht wie die Frauenquote in der Bundes- und Europapolitik Gutes bewirkt:

Leitfaden zur Prävention und Kontrolle von Corona-Übertragungen in Schulen

  1. Dorothee Bär, ihres Zeichens Staatsministerin für Digitalisierung, postet auf LinkedIn Fotos von Kindergeburtstagen. Währenddessen schieben die Gesundheitsämter eine ruhige Kugel bei der Einführung der Sormas Software für die Meldung von Coronazahlen an das RKI. (Währenddessen posaunt Steffen Seibert in die Welt, dass Deutschland "Vorreiter bei der Digitalisierung" ist. Kein Scherz!)
  2. Die Zypriotin Stella Kyriakides hat zusammen mit der ebenso hellen Kerze auf der EU-Torte Ursula von der Leyen Tote und Kranke auf dem Gewissen, weil sie bei der Bestellung von Impfstoffen für die EU-Bürger völlig versagt hat.
  3. Angela Merkel haftet da mit, weil sie Jens Spahn anwies, die Bestellungen in die Hände der Versagerinnen zu geben.
  4. Dabei versagt Ursula von der Leyen gerade zum x-ten Male. In ihrer Zeit als Bundesverteidigungsministerin versenkte sie hunderte von Millionen EURO zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Zugleich zog sie ein beispielloses Eine-Hand-wäscht-die-andere-System mit McKinsey in ihrem Ministerin auf. 
  5. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (Hotelfachfrau mit BWL-Abschluss an der Fernuni Hagen) schaffte es nicht, Dunja Hayali von Staatssender ZDF, ihren Leitfaden zur Prävention und Kontrolle von Corona-Übertragungen in Schulen zu erklären. Das ist so, als würde Robert Lewandowski von einem gewogenen Schiedsrichter den üblichen Elfmeter in der Nachspielzeit bekommen und den Ball anschließend dem Schiri ins Gesicht schießen. 
  6. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (Germanistin und Ex-Beraterin bei Booz-Allen, wo sie irgendetwas Kompromittierendes über Angela Merkel gefunden haben muss, anders ist ihre Karriere nicht erklärbar) reguliert und verteufelt Dinge, die sie nicht versteht: Den Bauern will sie den Export von Innereien geschlachteter Tiere verbieten. Ebenso verbietet sie im Rahmen einer Insektenschutzkampagne Glyphosat. Dabei ist Glyphosat ein Unkrautvernichtungsmittel.
Und so weiter. Habe ich jemanden vergessen? 

In einem funktionierenden, leistungsorientierten System gibt es keine Diskriminierungen. Auch Männer arbeiten nicht gerne in reinen Bullenklöstern, in denen es den ganzen Tag nur um die Hackordnung geht. Auswahlkriterien jenseits der Leistung sind immer ein Zeichen dafür, dass die Führungsqualität im Sinken begriffen ist. Wir wissen: Erstklassige Leute suchen sich erstklassige Leute. Zweitklassige Leute suchen sich drittklassige Leute. Die Bundesregierung ist ein frappierendes Beispiel dafür.

Das schlimme ist: Damit beginnt der Niedergang des ganzen Gemeinwesens. Denn nicht nur, dass diese Drittklassigen nichts Gutes bewirken. Sie bewirken auch erhebliche Schäden, und zwar nachhaltig. Ursula von der Leyen steht da inzwischen ganz oben, denn sie hat nicht nur finanzielle Schäden angerichtet, sondern inzwischen auch die Gesundheit und das Leben tausender Menschen auf dem Gewissen.

Dienstag, 2. Februar 2021

Neue Systemarchitektur im Homeoffice

 Ich hatte ja im November geschrieben, dass ich meine heimische "Systemarchitektur" so umbauen muss, dass ich externe Geräte wie Monitor, Maus und ggf. Tastatur für beide Rechner, den privaten und den beruflichen, nutzen kann.

Ich hatte geschrieben, in der Minimalausstattung bräuchte ich noch nicht mal mehr einen neuen privaten Rechner, sondern würde mein iPhone 11 einfach an den externen Monitor anschließen und eine externe Tastatur über Bluetooth verwenden. Ich hatte das ausprobiert, aber es funktionierte nicht sehr gut. Bzw. es funktionierte zwar technisch, war aber nicht komfortabel genug.

Diese Konfiguration bestand aus:

  • iPhone
  • Monitor
  • HDMI Kabel mit Adapter für Thunderbolt-Anschluss
  • Bluetooth Tastatur
Zwei Nachteile brachte dies:
  • Die Bildschirmauflösung lässt sich nicht auf 16:9 bringen.
  • Statt einer Maus muss man weiterhin seinen Finger benutzen, auf dem iPhone Display.
Danach blieben zwei Optionen für einen neuen privaten Rechner:
  • einen Mac mini (Rechner ohne Peripherie)
  • ein Macbook
Von einem Apple Rechner wollte ich nicht abrücken, weil ich inzwischen Gefangener unseres aufgebauten "Ökosystems" bin, inklusive Musikdateien.

Etwa zur gleichen Zeit brachte Apple die ersten neuen Rechner mit dem Inhouse Prozessor M1 heraus. Dieser würde das neue Betriebssystem Mac OS Big Sur nutzen, dass darauf hinausläuft, Apps künftig sowohl auf Mac OS als auch iOS und iPadOS laufen lassen zu können. Bzw. von einer Softwareplattform ableiten zu können. Diesen Pfad wollte ich dann von Anfang mitgehen.

Apple bot als erstes einen Mac mini und ein Apple Macbook an. Der Preisunterschied lag bei über 400 EUR. Für diesen Preisaufschlag hätte ich beim Macbook natürlich noch die Vorteile einer Mobilität und einem weiteren Display (als "Sidekick", wie es bei Apple heißt) gebracht. Das war es mir jedoch in dem Moment nicht wert. Deshalb entschied ich mich für den neuen Mac mini M1.  Ich nutzte am Black Friday Angebote bei Cyberport und Gravis.
Also:
  • mac Mini M1 mit 8 GB RAM bei Gravis für 918 EUR
Dazu noch folgende Peripheriegeräte:
  • Monitor MSI Optik von Cyberport für 234 EUR
  • Logitech Maus von Cyberport für 10 EUR
  • Logitech Tastatur K480 von Amazon für 44 EUR
Die Gesamtrechnung beläuft sich damit auf 1.206 EUR.

Ich benutze diese Konfiguration nun seit zwei Monaten. Sie funktioniert wie erwartet, d. h. ich benutze jetzt Monitor und Maus für Privat und Beruf. Den iMac mit integriertem 27"-Monitor benutzen wir für andere Zwecke weiter. 

Ein erster Nachteil hat sich allerdings gezeigt: Auf meinem Schreibtisch gibt es jetzt zusätzliche Kabel. Schön ist das nicht. Auch kann ich sie nicht beliebig eng bündeln, weil HDMI-Kabel da empfindlich sind. 
Ein zweiter Nachteil ist die noch fehlende Reife des Betriebssystems Big Sur. Das Monitorbild war bis zum heutigen Update auf 11.2 nicht optimal. Ebenso gestaltete sich die Kopplung von Bluetooth Geräten fehleranfällig. Auch das soll jetzt behoben sein. 
Ich werde weiter berichten.

Donnerstag, 28. Januar 2021

Die Einsamkeit der Anforderungsmanager und IT-Architekten

 Ich soll mal wieder einen Workshop machen. Einen Workshop, wo ich meine "Befunde adressieren" kann. Bei Unkundigen.

Dabei hatte ich nur angemerkt, dass unser Gefilde inzwischen so komplex ist, dass wir Anforderungen nicht mehr auf dem Flur auf Zuruf aufnehmen, sondern jetzt endlich mal oben anfangen und uns runter hangeln müssen.

Die Zeit, wo wir nicht wissen, worauf wir hinauswollen und auf welchem Weg sollte jetzt vorbei sein. Wir sollten inzwischen zumindest wissen, wie wir de-facto arbeiten und was wir dazu benutzen.

Oder in meinen Worten: So etwas wie Prozesse und eine Facharchitektur kennen. Aber schon diese Begriffe lösen bei unseren nur Kopfkratzen aus. 

Ich war neulich ausgebrochen, als ich hörte, dass irgendein Unterabteilungsleiter mit irgendeinem Mitarbeiter mal aufschreiben wollte, wie wir hier eigentlich arbeiten. Einerseits gut, denn da hatte jemand erkannt, dass wir das tun müssen. Andererseits hatte er durch Zuhören allein noch nicht erkannt, dass das auch irgendwas zu tun hat mit dem, was wir hier so machen.

Ich sagte also in unserem "Regeltermin", dass es so nicht weiter geht. Dass wir jetzt wenigstens innerhalb einer HA übergreifend denken und arbeiten müssen. Ich würde nicht länger als Bestellannahme fungieren.

Und da rede ich nur über drei Unterabteilungen und zwei Systeme. Unser Datenfluss erstrecke sich aber über viel mehr. Und ohne ein fachliches Programmmanagement werden wir nie in einen sinnvollen Zustand  kommen. Und außerdem habe ich keine Lust mehr, den Dingen hinterher zu laufen.

Ich erntete von oben Zustimmung, von den unteren Reihen Schweigen. Es ging so aus, dass ich die Aufgabe bekam, einen Workshop vorzubereiten. Allein natürlich, denn irgendeinen Gleichgesinnten und Verständigen habe ich hier nicht.

Ich hätte das gerne als wichtigste Aufgabe der Woche gehandhabt. All die nervenden Befunde, Erkenntnisse und Vorschläge mal aufschreiben. Aber man braucht dazu Zeit. Und man will ja auch etwas Pepp reinbringen, kreativ sein.

Das war nun leider nicht möglich, da mich die gleichen Leute wie gewohnt in ihre Adhoc Runden zogen. Ich bin ja nicht nur irgendwas mit Fachprojektleiter und Programm"Koordinator". Ich bin ja auch Hotline, Vertreter, Finanzen, Coach, Arbeitsgruppenleiter usw. 

Und 20x 10 Minuten sind nunmal nicht das gleiche wie 3 Stunden am Stück wo man in einen Flow kommt.

Und dass ich das in Folien gießen soll, stört mich auch. Wir haben völlig die Kompetenz verlernt, komprimiert, fokussiert zu sprechen und ebenso zuzuhören. 

Das war in dem Digital Lab anders. Ich hatte mich mit den Architekten so gut verstanden, dass wir es sofort auf unseren beschreibbaren Wänden festhalten konnten. Ganz wenig Verständnisdiskussion, dafür ganz viel Fortschritt.

Darauf darf ich hier nicht derzeit nicht hoffen.

Samstag, 2. Januar 2021

Unterbrecher in Diskussionen

Die Neigung mancher Zeitgenossen, andere sofort zu unterbrechen, wenn ein Stichwort bei ihnen eine Assoziation auslöst, trifft und nervt nicht nur Frauen. 

Dieses Verhalten ist nicht nur respektlos sondern auch destruktiv für die Konzentration, besonders in Audiomeetings. Beobachtete Motive sind:

- Dominanztrieb (Ich rede, also bin ich.)

- Lenkung einer Diskussion vom unsicheren ins vertraute Gelände

- Angst, eine Gelegenheit zur Profilierung zu verpassen.

Höfliches Schweigen wird oft als Schwäche oder gar Zustimmung ausgelegt. Es hilft mehr, selbst einfach weiterzureden bis sich ein dritter beschwert, dass er nichts mehr versteht. 

https://slate.com/human-interest/2014/07/study-men-interrupt-women-more-in-tech-workplaces-but-high-ranking-women-learn-to-interrupt.html

Donnerstag, 17. September 2020

Die Budgets wandern von Wertschöpfenden zu Regelschaffenden

 In Unternehmen, die bisher wacker durch die Krise gekommen sind, wird es im nächsten Quartal eng mit der Projektarbeit. Ich höre von anderen, erlebe aber auch selbst wie die Budgeteinschnitte jetzt durchschlagen. Wer sein Geld zu früh verbrannt hat, weil er auf Nachschläge spekuliert hatte, muss jetzt die Bremse treten. Deshalb wird das Geschäft mancher Dienstleister im kommenden Quartal sinken. 

Für Projektleiter birgt das mehrere Risiken: Eingeplante Umfänge werden dieses Jahr nicht mehr ausgeliefert, Anwendergruppen und Lenkungskreise enttäuscht. Das zweite Risiko ist der Bestand des eingespielten Projektteams. Wenn wir Entwickler frei geben müssen, gehen die in ihren Firmen in andere Projekte, wenn verfügbar. Und nur wenn wir Glück haben, können wir sie Anfang nächsten Jahres wieder zurückholen. Wenn wir Pech haben, bekommen wir neue Leute, die wir erst einarbeiten müssen. 

Es gibt schlimmere, klar. Manche Unternehmen kämpfen gerade ums Überleben, manche müssen sich massiv umorientieren. 

Ich muss lange zurückdenken, wann ich zum letzten Mal Budgetprobleme hatte. Das war in der Finanzkrise um 2010 herum. Und davor war es der dot.com Crash 2001. Also alle 10 Jahre geht es mal kräftig runter.

Ich bin jetzt froh, vom Digital Lab zurück auf dem Tanker zu sein. Auch wenn ich nicht sicher bin, ob unsere Strategie hinhauen wird. Sie stützt sich sehr auf die politische Regulierung, insbesondere die Klimapolitik auf allen Ebenen: Die EU Präsidentin hat gerade eine abermalige Verschärfung der CO2-Vorgaben angekündigt, Großstädte verkünden, Verbrennungsmotoren innerhalb der nächsten 10 Jahre zu verbieten. 

Egal wie man zur Klimapolitik steht, und Ich halte den Anspruch Vorreiter zu sein, für übertrieben. Aber ich muss das für meinen Berufsweg einplanen. Die ganze Landschaft wandelt sich gerade stark zu einem Ökosozialismus. Der Staat manipuliert die Märkte, schafft Zombieunternehmen, erwirbt selbst Unternehmensanteile. Verkehrsminister Scheuer will jetzt sogar ein Mobilfunkunternehmen gründen, um Funklöcher abzudecken. 

Innerhalb der Unternehmen zieht ein neuer Zeitgeist ein. Compliance ist angesagt. Es gibt Ombudsleute, anonyme Whistleblower Briefkästen, und regelmäßige Statistiken über Kündigungen wegen Regelverstößen. Dazu kommen Quoten für Geschlechter und Diversion-Kampagnen. Leistung und Kompetenz verlieren stark als Karrierefaktoren. Es kommt ein blühendes Zeitalter für Konformisten.

Immer präsenter werden auch Initiativen und Kampagnen, die gar nichts mehr mit Geld verdienen zu tun haben. Mit neuen Produkten, Märkten, Erfindungen. Stattdessen dominieren Soziologen, Bachelors of Art oder Lehrberufe das Intranet. Es wird fast mehr geredet als geschaffen. Es kommen Leute hoch, bei deren Lebensläufen man sich wirklich wundert. Auch in der Softwareentwicklung. Die führenden Rollen sind von Maschinenbauern, umgelernten Werbe- oder Industriekaufleuten oder Magistern besetzt. Die wirklich Fähigen minimieren ihre Kontakte zu diesen Queraufsteigern. Sie nutzen die Zeit, die sich nicht in Seminaren, Pflichtwebinaren und dem Lesen neuer Hausmitteilungen verbringen müssen, um mit ihrem Code weiter zu kommen.

Wir sind endgültig kein Land der Tüftler mehr. Alle wollen sich die Errungenschaften der Tüftler ans Revers heften. Aber es gibt inzwischen gefühlt mehr Industriebeamte als Wertschöpfende. Aber die Budgets der Industriebeamten steigen. Unsere sinken.

Montag, 3. August 2020

Sommerfrische 2020

Schon oft hatte ich mich über die Rückständigkeit des Brandenburger Havellandes geärgert und beschwert. Doch jetzt, in diesem Coronasommer, bin ich heimlich froh. Denn genau das hält uns nun Touristenströme vom Leibe. Gerade weil es in Dörfern und Vororten rund um die Seen hier keine Läden, keine Supermärkte, Getränkemärkte, Pensionen oder gar Hotels gibt, ist es hier auch zur Hochsaison leer. Das gilt für die Badestrände, die Uferwege und auch auf dem Wasser. Nur wer selbst aus der Gegend stammt oder zum Stammgast wurde, ist auch in diesem Jahr hier.

Und so bleibt uns eine der wichtigsten Voraussetzungen für Erholung erhalten: Ruhe. Damit meine ich nicht Friedhofsruhe, sondern die Abwesenheit von Leuten, auf die ich Rücksicht nehmen müsste, oder von denen ich Rücksicht erwarten würde. Mit denen ich das Kreuzen von Wegen aushandeln müsste. Ich laufe einfach durch den Garten, über den Uferweg, den wir uns unter Nachbarn teilen, auf den Steg und steige die Leitersprossen herunter ins Wasser. Gewöhne mich an die Wassertemperatur. Prüfen die Klarheit des Wassers, das Wachstum der Algen und den Stand des Schilfes. Und das Wasser ist klar, die Algen wachsen und ebenso das Schilf. Von rechts kreuzt Erpel Donald mit seiner ganz schön gewachsenen Familie meinen Weg. Sonst nichts. Ich tauche ins Wasser und stoße mich ab und schwimme raus ins Blaue. Die Sonne hatte mich vorher auf der Liege durchgeglüht, jetzt genieße ich die Abkühlung. Und den Effekt, den man nur auf dem Wasser, auf Bergwipfeln oder in der Luft hat: Man lässt alles hinter sich. Die Großwetterlage der Welt. die zerbröselnde Demokratie, Masken, Bauarbeiterangebote und unbeantwortete Botschaften in der Messenger-App. Alles egal, ich bin im Wasser. 

Früher, in den Aufzeichnungen von Stefan Zweig und Hermann Hesse, hieß das Sommerfrische. Zu den Zeiten in denen ich an den Strand von Mallorca, Tarragona oder des Balkan musste, bemitleidete ich die Zeitgenossen der 20er Jahre oder Jahrhundertwende immer, dass sie die Wellen des Mittelmeeres nicht kannten und mit Badeseen in der Umgebung Vorlieb nehmen mussten. Heute bin ich so dankbar, dass ich all das hier haben kann ohne zuvor im Stau oder in Schlangen stehen zu müssen. Auch genieße ich es, meinen Urlaubsort zu kennen. Auch das nimmt Stress. Ich muss keine Karten studieren, Sprachen lernen. Ich weiß, was ich wo rechtzeitig besorgen muss. 

Ich verstehe Herman Hesse, wenn er in seinen Sommertagebüchern davon schrieb, wie weit der (erste) Weltkrieg weg war. Wie er sich damit begnügte, ein Stück Brot und eine Flasche Wasser in den Rucksack zu stecken, und an seinen Badesee im Tessin zu ziehen. Wie er alleine wechselte zwischen dem Aufheizen am Strand und dem Abkühlen im Bergsee. Wie er abends auf dem Rückweg in seiner "Grotte" im Dorf Halt machte für ein Abendbrot und ein Glas Wein oder zwei oder drei. Wie er sich auf das Dorfleben einließ. Mal war Sommerfest, mal irgendein Geburtstag oder eine Hochzeit. Vor allem aber hatte er alle Sinne offen für die Natur. Und auch diese erlebt man nur richtig, wenn man seine Landschaft kennt. Wenn man den Stand des Kalenders morgens daran festmacht, ob die Sonne noch am linken Fensterrand aufgeht, oder schon in die Mitte gewandert ist. Und vor allem, um welche Uhrzeit sie aufgeht. Ende Juni war das um viertel vor fünf. jetzt hat sich der Sonnenaufgang schon auf halb sechs vorgearbeitet. Ein untrügliches Zeichen, dass wir im Hochsommer sind und es bereits wieder abwärts geht. 

Aber auch an den Äpfeln und Beeren im Garten kann ich es ablesen. Kaum waren wir froh, den ganzen Tag barfuß und in kurzen Sachen herumzulaufen weil die Temperaturen über 20 Grad gestiegen waren, schon sind wir im letzten richtigen Sommermonat August angekommen. Aber immerhin, noch haben wir anderthalb Wochen vor uns. 

Zurück auf der Liege lese ich ich durch meinen Bücherstapel. Voriges Jahr nahm mich der NASA Film über die Mondlandung voll in seinen Bann. Mitten im Hochsommer, bei weit über 30 Grad erlebten wir den Countdown der Apollo 11 Mission. Und im Kino herrschte passend die Hitze von Florida. Wir zitterten mit bei der Landung der Fähre, als der Prozessor Überlast meldete. Als wir später wieder in der gleißenden Sonne waren, vom Glück der erfolgreichen Landung beseelt, fühlte ich mich eine Sekunde lang wie im Kennedy Space Center.

Dieses Jahr lese ich das Buch über die Pluto-Mission, das David mir dankenswerter Weise geschenkt hatte. Und es ist genau so spannend. In Englisch, aber flüssig zu lesen, weil gut geschrieben. Zuerst betrachte ich die Seiten mit den Fotos. Die jubelnden Wissenschaftler und Ingenieure und Stakeholder. Diese tiefe, erlösende Freude, wenn eine große Sache endlich klappt. Und ich denke, habe ich wirklich den richtigen Beruf gelernt? Ja, habe ich. Ok, aber war ich manchmal zu bequem, um vielleicht meinen Kindheitstraum (NASA-Astronaut!) zu verwirklichen? Mit Sicherheit ja. Und sind Autos nicht wenigstens fast so spannend wie Raketen? Naja, ein bisschen.

Trost und Identifikation finde ich dann doch in den Kapiteln 2 und 3, als es darum geht, durch die Behördeninstanzen Budget für die Mission zu bekommen. Wie man in endlose Runden geschickt wird, um seine Mission zu begründen. Vor Hierarchen, die die Gründe doch kennen müssen, sonst säßen sie doch sicher nicht dort?? Und wie es unerwartet weiter geht und dann doch wieder gestoppt wird. Wie man mühsam erarbeitete Beziehungen wieder verliert, weil ein wohlgesonnener Sponsor einen neuen Karriereschritt macht oder in Rente geht. All das kenne ich denn doch auch aus meiner Arbeitswelt.  
Und doch ja, solche Momente, in denen man die Luft anhielt und sich mit dem Team freute, dass alles hielt und abholt, wenn man mit einem neuen IT-System zum ersten Mal live ging, hatte ich ja schon auch. Und auch die Belohnung und das Ansehen, wenn auch nur in einer überschaubaren Ecke meines kleinen Universums. 
Und der Weltraum fasziniert mich doch auch immer nur in seiner Totalen. Im Anblick der Milchstraße, des Mondes, der Sternbilder. Der Fotos von Jupiter und Saturn. Wenn ich dann von Spezialisten lese, die die Spektren von Atmosphären analysieren, mühsam Großphotographien auf wandernde oder retardierende Planetenbewegungen absuchen, usw., all die detaillierte, langwierige Kleinarbeit ist dann doch weniger etwas für mich. Die Arbeitsteilung von Weltraummissionen ist so groß wie die in meiner Arbeitswelt. Am Ende kann man nie auf einen zeigen, es war immer Teamarbeit. Man ist entweder der, der die große Idee hatte, oder der, der sie konkretisiert, in einen Plan herunter gebrochen hat. Arbeitspakete geschnürt hat. Und dann die, die diese Arbeitspakete umgesetzt haben. Dann die Komponenten- und Systemtester usw. usf.. Auch der erste Mann auf dem Mond, war kein lonesome Cowboy sondern der körperlich und kognitiv hart trainierte Umsetzer eines Plans (allerdings der erste, der es körperlich erlebte). 

Aber ist genau das dann nicht das Wesen unserer Kultur? Wie wir gemeinsam Großes vollbringen? Zum "Großen" gehört doch schon unser Alltag. In Frieden, meistens in Gesundheit, gesättigt, unterhalten, entlastet von 1.000 dummen Handgriffen?

Andersherum, sind es nicht genau diese Komplexitäten, von denen ich mich hier auf der Liege und im Wasser erholen will? Ist es nicht das einfache Leben der Bauern und der Bergbewohner im Tessin? Nein! So wirkt es nur auf die, die es schauen. Auch ein Hermann Hesse lebte von den Tantiemen seiner Bücher. Er malte die Dörfer und schrieb über die Leute. Aber weder pflügte er den Acker, noch trieb er das Vieh noch bückte oder streckte er sich zur Obst- oder Weinlese. Sein Haus, den Holzvorrat, sein Brot und Wein bezahlte er mit den Früchten seiner vorherigen langen geistigen Arbeit. Und auch seiner Leiden als Knabe, als Sohn und Schüler. Als Bürger und Antiheld. Als Beneideter, Unterschätzter, Unverstandener. Genau wie ein Ingenieur oder Wissenschaftler.

Und so schließt sich der Kreis. Dass ich hier liegen kann, und nicht mit den Massen auf Mallorca oder an der Ostsee, dass ist nicht Ausfluss meiner kleinen Ansprüche und Anstrengungen sondern meiner großen Ansprüche und Anstrengungen. 







Montag, 3. Februar 2020

Wir kriegen einen frühen Frühling

"Glauben Sie, dass wir einen frühen Frühling kriegen?" ist genau die Frage, die einem Anfang Februar durch den Kopf geht. Aus seinem Hotelzimmer sieht Phil Schneereste in den Vorgärten der Siedlung. Draußen ist noch Winter, aber im Kopf beginnt die erste Phase des Frühlings: die Tage werden länger, der Nachtfrost verzieht sich. Wir atmen auf.

Es waren deutsche Einwanderer, die Maria Lichtmess nach Pennsylvania brachten. Und weil es dort keine Dachse gab, schauten sie einfach auf's Murmeltier. Und so begann eine -wie ich finde- sehr nette Tradition.

Und auch den Film schaue ich mir immer wieder gerne an. Phil erlebt genau an dem Tag, der Hoffnung auf die Bestätigung eines frühen Frühlings die ewige Wiederholung des beruflich Gleichen. Sein Ausweichen in Zynismus, die Ausnutzung der Vorhersehbarkeit seines Arbeitstages für die Erfüllung fremder Erwartungen, ist von außen leicht zu kritisieren. Weniger leicht, wenn man es selbst so erlebt. 

Phil kommt erst weiter, als er sich auf seine eigenen Ressourcen besinnt. In sich rein hört. Fremde Erwartungen an ihn abschüttelt. Da ist doch was, was verschütt gegangen ist? Buddel es aus. Und du wirst sehen, wie anders es weiter geht.

So gesehen ist "Und täglich grüßt das Murmeltier" keine Identifikation mit der eigenen Zeitschleife, sondern die Aufforderung aus ihr auszubrechen.

Mein Wochenende begann mit dem Treffen mit einem Ex-Kollegen. Wir sitzen quasi an den entgegengesetzten Enden der Produktentwicklung. Und glauben voneinander, der andere habe es gerade besser. 

Aber die Synthese aus zwei Lamentos war am Ende etwas Drittes: die Erkenntnis unserer Ressourcen. "in der richtigen Umgebung würden wir wieder richtig zusammen spielen." So hatten wir es ja bereits erlebt. Und auch wenn die Frage "Wo denn?" nicht sofort gelöst werden kann, hilft einem der Blick auf die eigenen Kräfte schon mal weiter.

Das sind so Momente von denen man später sagt: Da begann die Wende, denn da wurde mir etwas klar.

Die Branche in der wir uns bewegen, wird noch manche enge Kurve durchfahren müssen. Da ist die Gegenwart eh nur eine Momentaufnahme. Und erfüllt nur einen Zweck, der später wie ein Puzzleteil von vielen zu etwas Größeren passen würde.

Die Tage werden entlang des Februar zwei Stunden länger. Nächstes Wochenende verbringen wir an der polnischen Ostsee. Auftanken, Ideen brainstormen, Pläne machen. 

Ich habe meinen Schatten gestern übrigens nicht gesehen. Wir kriegen einen frühen Frühling :-)




Freitag, 6. September 2019

Inbetween Days

Nächste Woche beginnt die IAA. Das war mal -zusammen mit der IFA- ein Highlight des Jahres. Im Herbst fahren die Bauern ihre Ernte ein, und wir Industrie- und Stadtleute schauen mal rum, was wir uns demnächst so gönnen könnten. Für das was wir geerntet haben. (Wenn da nach Steuern noch was übrig ist.)

Klar war immer: Nur wer gesät hat, und seinen Acker oder seine Plantagen bearbeitet hat, kann auch etwas ernten. Auch klar war: Ernten ist gut, keine Sünde.

Heute ist das alles anders. Da sind immer mehr Leute, die noch nie etwas gesät oder geackert haben und die uns unsere Ernte mies machen wollen. Die uns Horden von Wilden auf den Acker treiben, die wir gefälligst "ausbilden" sollen, und mit denen wir unsere Ernte "teilen" sollen. Einfach so. Ohne Not.

Die uns das Auto fahren mies machen, also blockieren und verteuern. Und während der Rest der Welt Adams Smith's Lehren aus dem "Wohlstand der Nationen" folgt, schaffen wir das Eigentum wieder ab. Auto mieten, statt besitzen. Wohnung mieten, statt besitzen. Mieten entlastet von Verantwortung, man hat einen Dummen, der wieder repariert. Man hat eine Nanny, die man anrufen kann, wenn der Abfluss verstopft ist.

Die Nachwuchswähler sind klamm. Die Regierung erzählt ihnen, das sei gar nicht schlimm. Man könne schließlich alles "teilen" und mieten. Und die Vermieter sind Kapitalisten. Die muss man melken, denn das ist moralisch richtig.

Die einzigen Selbständigen, die man z. B. in Kreuzberg hätschelt und tätschelt sind die Dealer im Park. Die "gehören dazu", sagt Monika Herrmann. Die gleiche Monika, die gegen amerikanische Investoren hetzt, wenn die hier Arbeitsplätze schaffen wollen.

Andererseits: Warum wehrt sich da niemand? Weil es zum Selbstverständnis des Bürgertums gehört, darauf zu warten, bzw. zu "erwarten", dass sich ein anderer kümmert. Wo ist der Dumme, der den Widerstand wagt und organisiert? Den man dann zuerst der "Polemik" bezichtigt und dessen Ernte man dann aber gerne mit einsteckt. Merkel und Westerwelle waren auf diesen Wegen in ihre Ämter gekommen. Beide steckten die Ernte der Emanzipation ein, für die andere auf dem Acker geschwitzt hatten.

Auch die AfD spielt die Rolle des nützlichen, mutigen Idioten. Die meisten Forderungen von Bernd Lucke haben CDU und SPD damals heftig attackiert und später ins eigene Programm aufgenommen.

Die Autohersteller werden sich nächste Woche für ihre Elektropremieren feiern lassen. Aber was man aus der Branche so liest und hört, klingt nicht rosig. Nächstes Jahr um die Zeit werden wir über Arbeitsplatzabbau, Abfindungs- und Altersteilzeitprogramme diskutieren. Wir werden sehen, wie gut die neuen Tochterunternehmen ("Digital Labs") leisten und an die Prozesse ihrer Mütter angeschlossen sind. Ich sage: es wird knirschen.

Ich spreche Leute, die sagen: Weißt Du, ich habe es ihnen (den Lenkungskreisen) jetzt x-mal erklärt. Aber sie verstehen es nicht. Sie haben es versäumt, sich rechtzeitig weiterzubilden. Sie denken immer noch in alten "Solution Matrices", Plan-Build-Run-Blueprints, und sie verstehen den Übergang vom Modell zum Produkt nicht. Sie verstehen nicht, wie eine Softwarefactory funktioniert. Vor allem aber: Sie glauben, dass man jeden Monat wichtige Entscheidungen wieder umschmeißen kann.

Unser HR Manager ziehen feiernd durch die Frauencommunities und posieren für "Diversity"-Fotos. Schön war die Zeit, werden sie in ein, zwei Jahren sagen. Ebenso wie diverse Startupnight-Organisatoren, die sich ihre Buzzwords um die Ohren hauen und die Arbeit immer schön abschieben.

Mir hat man diese Woche eine Rolle bei der Beratungstochter angeboten: Sie suchen einen, der die Aufträge der Mutter in einer Expertendomäne annimmt. Und dann externe Berater rekrutiert, die Ahnung vom Thema haben. Und der in einem Lenkungskreis über den Verbrauch des Budgets (und den Zuwachs an Powerpointfolien) berichtet. Muss ich nicht kommentieren, oder?

Also Sandwichposition. Unter mir die Anspruchsgruppen mit Beamtenmentalität. Die "Aufträge" brauchen, wenn sie etwas tun sollen. Und über mir Manager und Soziologen, die Buzzwords raushauen und meine Sprache kontrollieren.

Ein früherer Beraterkollege (einer der Guten aus Düsseldorf) sagte mir mal: Du hälst das nur aus, wenn Du Dich zwingst, das Projekt nicht an Deinen eigenen Ansprüchen zu messen, sondern an den Ansprüchen Deiner Kunden.

Da hat er sicherlich recht. Aber so viel Verdrängungsarbeit grenzt an Schizophrenie.

Mittwoch, 6. Februar 2019

A very proper gender..

Beraterinnen der öffentlichen Hand tummeln sich auf LinkedIn. Sie liken Beiträge, in denen Propaganda für berufliche Sonderrechte für gefühlt Benachteiligte gemacht wird. Beispiele:
  • Weil Frauen schlechter verhandeln, sollen sie ihre Gehaltserhöhungen künftig per Gesetz bekommen. Bei Frau Barley, SPD, läuft das unter #GenderPayGap. Hier sieht man, zu welchem Zweck diese Pseudowissenschaft "Gender" eigentlich betrieben - und öffentlich finanziert wird.
  • Sonderrechte für Frauen einmal auf dem Weg, melden sich wiederum männliche Ex-Kollegen. Und zwar solche, die aus "benachteiligten" Kontinenten eingewandert sind. Sie bringen Totenschädel, die in der Charite lagern in Verbindung mit empfundenen Gehalts- und Karrierenachteilen. "Bei der Gelegenheit kann man doch gleich alle Diskriminierungen abstellen und weitere PayGaps schließen.
  • Des weiteren geben sich Absolventinnen der Orchideenfächer gerne bildungshungrig und trendy. Sie stellen Fragen wie: "Auf welchem MeetUp kann ich mich in Architekturmanagement" aufschlagen, wenn uns unsere IT-Architektin verlässt?
  • Auch machen sie reichlich Gebrauch vom grünen Soziologendeutsch in Ingenieursdisziplinen: Das bei Grünen verschriene Verbundnetz, das ja nur der "Vernetzung von Atomkraftwerken diente" wird in "Energie teilen" umbenannt, wenn es um BHKW oder Windkraftanlagen geht. "Das Netz speichert hier Energie und hilft den Grenzstädten Frankfurt und Slubice Energie zu teilen". Die dumme Denke, das man geistiges Kapital einfach zu stehlen kann und es "teilen" nennt, findet sich auch wieder, wenn man den Energieerhaltungssatz mal eben außer Kraft setzt. Haben sie aber nie von gehört, denn in der Mittelstufe haben sie Physik abgewählt, um mehr Raum für Religion und Ethik zu haben...
Ich muss ehrlich gesagt immer an mich halten, wenn ich diesen Stuss lese. Von meinen anderen Ex-Kollegen, die vom Fach sind, kommt keine Reaktion. Man will ja keine Spaßbremse sein, kein Spielverderber und schon gar kein "Ewiggestriger". Man hofft, dass sich andere die Zunge verbrennen. Und so geht die Spirale eben solange weiter, wie Merkel, Giffey, Bärbock, Bär ihren Stuss in die Welt pusten.

Mittwoch, 14. März 2018

Alte Videos aus Dortmund

Großen Dank an David, an den findigen RWEer und die Stadt Dortmund, die diesen Werbefilm von 1964 gefunden und bereitgestellt haben.

 Eine frisch wieder aufgebaute und im Saft stehende Stadt. Meine Stadt.



Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll. Stadtszenen, die ich kannte als sie schon ein bisschen abgenutzt waren, erstrahlen hier neu. Stadtmitte, Stadthaus, Alter Markt, Westenhellweg, Straßenbahnen, LKWs, PKWs. Fließender Verkehr, Bürger in Kostüm und Anzug. Schulen, Kliniken, Ämter, Hauptbahnhof mit Dampfzügen. Und ein Bürgermeister, der mit der Entwicklung "seiner Stadt" beschäftigt ist, und von Gender und Social Justice noch nix ahnt.

Bastelnde Schulkinder, mit Etuis auf Holztischen. Fluren und Gänge in dem einst auch mir vertrauten Klinker. Nüchtern, streng, zweckmäßig - aber in Schuss. Kinder mit Respekt vor den Lehrern, aber auch der Freiheit zur Kreativität. Weder tropft es durch die Decke ins Klassenzimmer, noch müssen sich Lehrer um Messerstecher und angehende Rapper kümmern und das Niveau ihres Unterrichts absenken. Aber einige dieser Kinder haben später den Untergang ihrer eigenen "Welt von gestern" vorbereitet und führen ihn jetzt gerade durch.

Und wie das bei YouTube so ist, gibt ein Video das nächste. Zum Beispiel dieses hier: Hoesch Westfalenhütte, Warmwalzwerk 1995. Eine Videodokumentation des Walzvorgangs einer Bramme.



Etwa genau zu der Zeit war ich genau an dem Ort, weil mein damaliger Schwager in spe, der als Elektroingenieur bei Siemens an der Steuerung des Warmwalzwerkes arbeitete, mal für ein paar Tage in den Semester"ferien" mitgenommen hatte. Es ist berührend, das einmal genau so wieder zu sehen. Denn das ganze Werk gibt es heute nicht mehr. Auch nicht die Fabrik MfD, die den Brückenkran für die Umsetzung der Brammen baute, gibt es nicht mehr. Auch diese Fabrik hatte ich kurz vor ihrem Exitus als Praktikant noch einmal besucht. Mein Vater hatte dort seine Lehre gemacht und später angefangen. Er sprang aber auch rechtzeitig wieder ab.

Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Schwippschwager darüber philosophierte, ob man die Kranfahrten mit einem Schwingungsdämpfer beschleunigen könnte. Damals war Fuzzylogik gerade "in" und ich suchte nach Anwendungsmöglichkeiten ;-). Aber er sagte nur, im Walzwerk herrsche eine ganz einfache Logik: Bramme kommt, oder kommt nicht.

Vielleicht spiegelte sich darin die damalige Mentalität der "Belegschaft", die der bis dato Erfolg so sicher gemacht hatte, dass man sich weder im Betrieb noch in der Weiterentwicklung überschlagen müsse. Trotzdem bin ich voller Sympathie für die Gesichter, die ich in dem Video sehe. Ich war im Glauben, dass etwa so mal mein späterer Arbeitsplatz aussehen müsse: Spektakulär mit sprühenden Funken und Höllenlärm. Dazwischen ich, mit den Händen an einer Tastatur ;-)
Stahl oder Kraftwerk, dachte ich. Und nahm wenig später ein Angebot von RWE an..

Heute beschäftige ich mich mit agiler Softwareentwicklung in allen möglichen Organisationen. Ich habe in der Automobilentwicklung gearbeitet und kenne inzwischen sogar die Bundesverwaltung.  Irgendwann hat man als Jugendlicher ja plötzlich eine Intuition und greift nach etwas, was man sein Leben lang nicht mehr loslassen wird. Weil es einen fasziniert. "Alles!" war 1982 meine Antwort, als meine Eltern mich fragten, was man denn mit einem "Homecomputer" machen könne.

Ich komme ins Sinnieren. Wie oft ich meine berufliche Wirkungsstätte schon gewechselt habe, obwohl ich abstrakt einem roten Faden folgte. Ich traue keinem Frieden, auch wenn es mal gut läuft. Der Ingenieursberuf bewirkt und unterliegt Veränderungen. Es hält mich aber nich davon ab, Gelegenheiten zu nutzen. Zum Beispiel für einen Umzug nach Berlin. Das war seit 1987 mein Traum.

Vielleicht berührt mich der Anblick meiner Vergangenheit auch gerade deshalb. In der Gegenwart ist man immer gerade dabei, sich etwas zu erkämpfen. Mit Anstrengung und Unsicherheit. Dann wieder mit Momenten der Bestätigung und der Sinngebung und Motivation für die nächste Etappe.

Erst Rückblickend verstehe ich immer, was das eigentlich gerade gewesen ist.

Montag, 22. Januar 2018

Teambesetzung in Beratungsunternehmen

Je unschärfer ein Problem erscheint oder die Aufgabenstellung für ein Projekt ist, desto mehr lohnt der Einsatz eines Teams aus komplimentären Fähigkeiten, Kenntnissen und Kulturen. Denn um so mehr kommt es hier darauf an, eine Situation aus möglichst vielen Perspektiven zu analysieren.

Je konkreter die Aufgabe ist, desto eher sollte man einen Mix aus nahe beieinander liegenden Spezialisten einsetzen. Wie Peter Felixberger (Gründer von ChangeX) schreibt: Man will nicht von einem Team aus Visionären, Elektrikern und Schuhdesignern operiert liegen, wenn man auf dem OP-Tisch liegt. Man will auch nicht vier OP-Schwestern oder vier Chirurgen. Man braucht insbesondere nicht die, die gerade zufällig Zeit haben (!).

Genau letzteres ist aber leider der Normalfall in vielen Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Das gilt erstaunlicherweise besonders für die knowhow-intensiven Branchen. Jedenfalls, wenn diese traditionell und hierarchisch auf "Ressourcenauslastung" gesteuert werden. Hier versucht jeder Abteilungsleiter lediglich, seine Leute irgendwie unterzubringen und die sich zufällig ergebenen Projektthemen anschließend zu einem Abteilungsprofil zusammen zu reimen...

Das hohe Risiko dieser Vorgehensweise reduziert man in der Industrie, indem man dem Kundenprojektleiter die Projektverantwortung überlässt. Das Ergebnis schadet am Ende allen. Zuerst der Qualität der Projektergebnisse. Dann der Zufriedenheit des Kunden. Es macht einen Unterschied, ob dieser sich lediglich Verstärkung einkaufen wollte und selbst wusste, wohin die Reise gehen soll. Oder ob er glaubte, sich echte Spezialisten einzukaufen, die selbst eine Problemlösung entwickeln. Aber auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter, leidet, wenn diese permanent als etwas verkauft werden, was sie nicht sind. Sie kommen so nicht weiter und bauen so ihre Stärken nicht aus. Der Wertbeitrag ihres Arbeitgebers zu ihrem Lebenslauf sinkt.

Wohlgemerkt: Es geht mir nicht darum, immer nur dasselbe Handwerk auszuüben. Aber der rote Faden muss erkennbar und entwickelbar bleiben. Dies macht den Unterschied zwischen attraktiven und unattraktiven Dienstleistungsarbeitgebern aus.

Fazit:
Der wahllose, gerade verfügbare, Skillmix macht noch keine "Diversity". Breite Diversity braucht man in Projekten mit unscharfen oder grundlegenden strategischen Aufgabenstellungen. je konkreter der Auftrag, desto enger wird der Bedarf an Diversity.

Sonntag, 7. Juni 2015

Ausfall der Erregermaschine

Ich habe "Sorge dich nicht, lebe!" nie gelesen, lebe aber inzwischen nach diesem Titel. Bevor etwas Neues Einlass in mein Bewusstsein begehrt, frage ich es: Was hast du mit mir zu tun?

Und zack, werden die meisten Nachrichten und Neuigkeiten herausgefiltert. Das entlastet Prozessor und Speicher, Bewusstsein und Gedächtnis. Anderer Leute Probleme belegen bei mir keine Ressourcen mehr. Ich entlerne sogar Empathie, also die Empfindung von Schmerz, wenn ich ihn bei anderen sehe. Denn Empathie quält nur, wenn man doch nichts helfen kann.

Ich verliere an Breite und gewinne an Tiefe. Mal Jahre lang ein Projekt weiterentwickeln. Einfach am Ball bleiben und sehen, wie es wächst. Und wie ich selber wachse. Kollegen kommen und gehen, ich bleibe. Und immer wenn ich dachte, so - jetzt bin ich auf dem Höhepunkt, oder sogar über den Berg, dann kam danach ein noch größerer Hügel von dem aus ich noch mehr sah.

Ja, man klebt an alten Gewohnheiten wie tagesschau, heute journal im Fernsehen und den notorischen Webseiten mit Neuigkeiten und auch den Medien, auf denen man Austausch und Feedback bekommt. Aber es geht auch ohne. Dazu braucht es vielleicht einen Ruck, wie ihn uns die Telekom vor einigen Wochen verabreichte: Abends fiel in Kreuzberg/Mitte ein ganzer Netzbezirk aus. Wir waren nicht nur telefonisch nicht erreichbar, wir hatten auch keine Emails und kein Internet. Und sogar das Hintergrundrauschen für unser Onlinegeplapper fiel aus: das Fernsehen. Denn bei uns kommt alles über "das Netz".

Stattdessen lauschten wir vor der Terrassentür einem aufziehenden Gewitter und beobachteten die zunehmende Dunkelheit. Als wären wir im Urlaub, wo wir ja stets feststellen, ohne was man alles leben kann und wie viel stattdessen schon da ist. Gut, anfangs schalteten wir das Radio ein, weil wir annahmen, der Grund für den Ausfall sei ein Blitzeinschlag bei der Telekom. Wir lauerten also auf Nachrichten mit Bedeutung für uns. Aber stattdessen kam nur das übliche. Und deshalb schalteten wir es irgendwann auch aus. Da hörten wir nur noch, wie der Regen in Bäume und Hecken rauschte.

Mein Religionslehrer in der fünften Klasse begann seinen Unterricht immer mit den Worten "Sammelt euch." Dann mussten wir aufstehen, die Hände falten und auf die Stille warten. Heute verstehe ich, was er mit "sammeln" meinte: die verstreute Aufmerksamkeit, die überall herumspringt, nur nie bei uns selber ist.

Vertiefe dich auf dich und deine ureigenen Angelegenheiten und du wirst überrascht, wie viel da ist. Auf der Arbeit meide ich Großraumbüros, auch das Büro, in dem mein Schreibtisch steht. Denn es reicht ein Kollege, der meint, die anderen mit seinen Wehwehchen bequatschen zu müssen. Ich nutze freie Besprechungsräume oder belege welche, wenn ich mit jemanden etwas besprechen muss. Ich bin mit meinem Projekt beschäftigt, mit der Suche von leeren Räumen oder auf den Weg zu ihnen. Ich schaue nicht mehr ins Internet oder bin neugierig auf noch mehr neue Emails.

Und wenn es Konflikte gibt, bin ich heute fähig, sie sofort anzusprechen und damit auszuräumen. Auch Konflikte belegen bei mir heute deutlich weniger Ressourcen, weil ich sie konzentriert angehe.

Ich frage mich seitdem, warum ich jetzt erst darauf gekommen bin. Denn ich gewinne ungemein an Stärke, Konzentration und brauche für Arbeiten erheblich weniger Zeit. Die Erregermaschine arbeitet unablässig daran, uns von uns selbst abzulenken, und uns damit zu schwächen. Die Medien verstehen sich nicht mehr als Aufklärer, sie wollen uns nur noch erregen. Wie Nörgler, denen nicht an der Lösung von Problemen und Störungen gelegen ist, sondern an der Aufmerksamkeit, die sie von anderen auf sich lenken zwecks Bestätigung ihres Daseins.

Seitdem ich so arbeite und lebe erlebe ich immer häufiger den Flow und ein fideles Körpergefühl. Ich bin in meiner Mitte. Ich glaube, das ist es wo ich all die Jahre, als ich glaubte mich selbständig machen zu wollen, hinwollte.

Mittwoch, 2. April 2014

Verpass auf dem Weg ins Büro den Frühling nicht

Hermann Hesse lehrte in seinen Büchern und Briefen die "kleinen Freuden des Lebens". Gerade jetzt sollte man mit offenen Augen ins Büro gehen. Die gelben Osterglocken und Forsythien sehen, die weißen Baumblüten. Den blauen Himmel.




1904 schrieb er in "Peter Camenzid":
Ich wollte erreichen, dass ihr euch schämet, von ausländischen Kriegen, von Mode, Klatsch, Literatur und Künsten mehr zu wissen als vom Frühling, der vor Euren Städten sein unbändiges Treiben entfaltet, und vom Strom, der unter euren Brücken hinfließt, und von den Wäldern und herrlichen Wiesen, durch welche eure Eisenbahn rennt.



Hat er nicht recht? Liegen uns das eigene Leben, der eigene Weg, Garten, Freunde, Familie, Beruf nicht näher als das was uns die Onlinezeitungen unablässig aufs Auge drücken? Fängt das eigene Leben nicht damit an, morgens die Amsel im Garten zu hören, das Fenster zu öffnen um den Geruch des Gartens hereinzulassen? Auf die Dämmerung zu achten, während der Kaffee durch die Maschine läuft? An anstehende Geburtstage, die Osterurlaubsplanung und so weiter?

Mag sein, denken die Schreiber bei SPIEGEL, Tagesspiegel, stern und taz. Mag sein, denken sie, aber  du hast kein Recht, an dich zu denken. Sie schreiben sich die Finger wund um uns von unserem eigentlichen Leben abzulenken. Du sollst nicht in den Himmel schauen und nicht auf den Forsythienstrauch. Du sollst an die Krim denken, an die Akropolis und an Afrika. Du sollst gelesen haben um nicht als Ignorant zu gelten. Du sollst die Weltwirtschaft verstanden haben und was deine Stulle mit den Ressourcenkriegen in Afrika zu tun hat. Und wenn du dich weigerst, dich von deinem Leben ablenken zu lassen, verpassen dir die Beamten der privaten Zensurbehörden einen Stempel "Rechts".

Und das gilt nur für dein privates Leben, wenn du dich entscheidest nach Feierabend aufs Smartphone zu schauen oder einen Parkspaziergang zu machen. Aber auch zwischen Morgendämmerung und Feierabend hält man dich vom Eigentlichen ab. Wolf Lotter schreibt in der neuen Ausgabe der brand eins unter dem Titel "Ruhe, bitte!" (Link):
Die Aufmerksamkeitsgesellschaft ist in Wahrheit eine Ablenkungsgesellschaft. Aktionismus rückt an die Stelle von überlegtem Tun.
Er meint damit, dass das konzentrierte Arbeiten an Lösungen und Ideen dem fortlaufenden Umwälzen der Probleme gewichen ist. Es heißt nicht mehr "tue Gutes" sondern: "Rede darüber". Unablässig wird nur noch kommuniziert. Auch die Arbeit an Powerpointfolien, die dem Entscheider begreiflich machen sollen, worum es gerade geht, ist Kommunikation. Denn, so lernte ich in meinem ersten Beruf in einem DAX-Unternehmen:
Wenn ein Unternehmen ein Problem hat, dann hat es meist ein Kommunikationsproblem.
Damit hatte er sicher recht. Aber das Management reagierte auf unser Nichtwissen nicht mit mehr Information. Vielmehr expandierte es in Regionen und Kulturen, von denen es nichts verstand und deshalb Anlass zu Misstrauen sah und verbarrikadierte die zum Arbeiten und Problemlösen wichtigen Informationen hinter noch mehr Regeln. "Need to know" heißt das so schön doppeldeutig.


Die Firma unternimmt jedoch alles, um uns von Problemlösungen abzuhalten. Sie steckt uns in Großraumbüros für einen besseren Informationsfluss. So bleibt kein Telefonat von Kollegen geheim, kein Witz unerzählt, kein Ärger an den Kollegen ausagiert, keine Besprechung auf die Beteiligten beschränkt. Und natürlich steht die Tür eines Großraumbüros immer offen, so dass sich jeder eingeladen fühlt, ein Bedürfnis sofort abladen zu können und befriedigt zu bekommen.

Und so wie die Medien uns zum Zwecke ihres eigenen Lebensunterhaltes ständig von uns selbst ablenken so lenkt uns auch das Management ständig von unserem eigentlichen Arbeitsauftrag ab. Wolf Lotter:
So geht es auch den Organisationen nicht darum, sich auf eine Problemlösung zu konzentrieren, sondern fleißig den Bestand zu erhalten und seine eigene Beschäftigung zu legitimieren. Viel reden, wenig sagen und noch weniger tun.
Das hat Folgen. Die Verweigerung, eine Aufgabe auch einmal zu Ende bringen zu dürfen, verweigert uns auch den Stolz und tiefe Zufriedenheit über das Ergebnis. Arbeit lenkt uns nicht von uns selbst ab, wenn man uns mal machen lässt. Wenn wir in sie versinken, etwas schaffen und dann wieder auftauchen. Danach würden wir zufrieden nach Hause gehen. Oder in den Park.

All das kostet uns Nerven und Kräfte. Wir sind dauernd an mehreren Fronten unterwegs. Wir sind mehr mit der Abwehr der Ablenkung beschäftigt, als mit dem worauf wir uns konzentrieren wollen.

Es ist aber reine Übungssache all das abzuschütteln. Den Blick zum Himmel und aufs Grün muss ich mir nicht mehr angewöhnen. Wenn ich unserem Großraumbüro in Wolfsburg entkommen will, beginne ich meinen Marsch durch nicht genutzte Besprechungsräume. Nirgendwo kann ich so gut arbeiten. Meistens aber nur für eine oder zwei Stunden. Dann rückt die Besetzung für das nächste Meeting ein.

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Letzter Arbeitstag

So, letzter Arbeitstag. Weihnachten liegt in diesem Jahr arbeitnehmerfreundlich und ich habe noch ein paar Urlaubstage übrig. Deshalb ist schon Donnerstag mein Letzter.

Ob wenigstens der Zug heute schon ein bisschen leerer ist? Immer weniger Pendler, dafür immer mehr Touristen im ICE.

Was macht man am letzten Tag im Büro? Wäre ich im Vertrieb tätig (also als Projektleiter unter einem umsatzverantwortlichen Teamleiter..) würde ich heute die Versäumnisse meiner Bereichsleitung nachholen müssen: Angebote unterschreiben lassen, dafür sorgen, dass sie noch zur Post kommen, was man als Projektleiter halt so macht.

Wäre ich Projektingenieur, würde ich die allerletzten Rechnungen für dieses Jahr "für die Richtigkeit" zeichnen.

In diesem Jahr aber hatte ich wenigstens damit Glück. Mit guten Leuten ein gutes Projekt gemacht. Also ein Anlass, Dankesemails zu schreiben oder zu besuchen, jedenfalls die, die zu Fuß erreichbar sind und noch nicht im Urlaub.

Das Wetter ist ja angenehm für einen wetterfühligen Bahnpendler. Ich brauche keinen Schnee, solange ich die Bahn brauche.

Das neue Jahr bringt Veränderungen, so viel weiß ich schon. Ich habe gelernt, dass man sich gar nicht selbst verändern muss, um Änderungen zu erleben. Das habe ich spät gelernt und bin deshalb später als andere "sesshaft" geworden. Da es aber bis jetzt überdurchschnittlich gut war, rechne ich da eher mit Verschlechterungen.

Meine Regelgröße ist für mich: die richtigen Leute um mich zu haben für eine anspruchsvolle Aufgabe.



Gestern las ich auf Twitter einen guten Rat für Projektleiter: Wann immer Sie unterjährig ein Ziel erreichen, senden Sie sich darüber eine Email. Im Januar sind Sie dann froh, dass bereits alles dokumentiert ist. Ich habe mir zwar selbst keine Emails geschrieben, aber schon immer einen Haken in meinem Projektplan gemacht..

Werden wir im Büro heute singen und Gedichte auf den Beamer legen? Ich glaube nicht. Aber gut drauf sind wir trotzdem. Weil sich alle auf die Feiertage mit Familie und Freunden freuen.

Dass man sich gut fühlt und weiß warum, darum geht es, finde ich.

Mittwoch, 10. April 2013

Diesen Beitrag schreibe ich vom Krankenbett aus. Ja doch, das ist ok so. Schließlich beantworte ich auch Büroemails, obwohl ich krank geschrieben bin. Mit Grippe oder grippalem Effekt, wer weiß das schon.

Ich kam Dienstag nach Ostern ins Büro. Drei Kollegen waren da, sie winkten alle meinen Handschlag ab: "Bin noch erkältet." Eine Kollegin hatte sogar etwas Akuteres auf ihren Stimmbändern ausgestanden. Hätte man einen Röntgenblick, man hätte außer Viren in unserer Büroluft vermutlich nichts gesehen. Rund um mich herum ein dauerndes Husten und Niesen. Da fühlt man sich nicht nur schlecht, abends hat man es dann auch.

Ich fühlte schon auf dem Heimweg Nackenschmerzen. Jeder hat ja so seine Patentrezepte. Meine lauten: 2 Aspirin, Honigbrot, heiß duschen. Damit wehrte ich die erste Angriffswelle ab und die ganze Woche durch. Frühling war noch nicht. In Berlin immer noch Nachtfrost. Tagsüber schmolz der Schnee, das war schon was.

Am Wochenende brach es dann aus: Husten. Montagmorgen zum Arzt, Krankschreibung bis Mittwoch. Sah noch nicht so schlimm aus. SMS an den Chef. Antwort: "Bin selber krank." Am Dienstag explodierte meine Erkältung dann förmlich. Das Championsleaguespiel gestern Abend verfolgte ich wie Dagobert Duck in "Phantastische Geschichten". Ich fiel mittendrin immer wieder in Fieberträume. Wenn die Reporterstimmen des RBB (überragend das Gespann Holger Dahl und Armin Lehmann) wieder lauter wurden, wurde ich wieder wach. Es war mir lange Zeit nicht möglich, den realen Spielstand im Kopf zu behalten, weil sich Phantasie und Wirklichkeit vermischten. Die letzten zehn Minuten erlebte ich zum Glück hellwach. Und ich hätte gedacht, dass mich die sensationelle Wende, die der BvB hingelegt hatte, irgendwie mental und physisch nach vorne bringen würde. Aber heute morgen: nichts von alledem.

Dafür habe ich meine bessere Hälfte angesteckt. Jetzt liegen wir beide hier. Ich bin sauer. Wir müssen wieder dahin kommen: Wer krank ist bleibt zu Hause und steckt nicht heldenhaft alle anderen an. Krank ins Büro zu kommen, ist eine Form der Selbstausbeutung, deren betriebswirtschaftlicher Unsinn sofort einzusehen ist. Deshalb kehre ich erst zurück, wenn ich niemanden mehr anstecken kann.

Dienstag, 26. Februar 2013

Welche Lobby haben Ingenieure und Informatiker?

Wer unterstützt die Interessen angestellter Ingenieure? Keine leichte Frage. Viele Gruppierungen klingen so als ob, sie tun es aber nicht.

"Brauchen wir das überhaupt?" Ist nicht jeder seines Glückes Schmied? Darauf vermag sich verlassen, wer will. Ich habe das direkt nach meinem Berufseinstieg auch geglaubt. Es lief auch lange gut. Aber irgendwann merkt man, dass von der Individualisierung und Vereinzelung nur die Arbeitgeberseite profitiert. Unser Berufs"stand" war selbst Schuld, die Vertretung eigener Interessen für unfein zu halten:

Die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) gibt es nicht mehr, sie ist formal in ver.di aufgegangen. Sie litt unter sinkenden Mitgliederzahlen. Man ließ lieber andere für sich kämpfen und nahm das Erreichte gerne mit. Wenn dann jeder so denkt, kämpft irgendwann keiner mehr. Die anderen Gewerkschaften sind den meisten Akademikern zu rot. So dachte ich auch lange. Bis ich bei einem Ingenieursdienstleister in Berlin Charlottenburg lernte, dass man sich selbst für den Inflationsausgleich penetrant selbst einsetzen muss. Tarife sind eine Seltenheit geworden, viele Arbeitgeber gehören keinem Verband an. Betriebsräte sind auch eine Seltenheit, junge Leute glauben halt, dass sie sich damit unbeliebt machen und lassen es lieber. Es ist nicht schick zu sagen: Ja, ich gehöre einer Gruppe an, die für meine Interessen kämpft. (Einher damit geht meistens, sich zu etlichen "berechtigten Interessen" von Gruppen zu bekennen, denen man selbst nicht angehört.) Dann gibt es noch den VDI - und die SPD.

Wer also setzt sich für unsere Interessen ein:
- Eindämmung der verkappten Zeitarbeit und Leiharbeit für Akademiker, auch "Beratung" oder "Dienstleistung" genannt (soll nicht pauschal für alle gelten, aber für viele).
- Eindämmung des Outsourcing von Produktion und neuerdings Entwicklung. "Made in Germany" sollte nur drauf stehen, wenn es hier entwickelt und produziert wurde.
- Vertretung von politischen Positionen, mindestens da, wo Expertenrat gefragt ist. Wir sollten Themen wie Energiewende und Elektromobilität nicht Juristen und Verwaltungswissenschaftlern überlassen.
- Gutes Geld für gute Arbeit. Wir bekommen heute das in EURO was wir vor der Einführung des EURO in DM bekamen. Ist das eine gute Entwicklung? Ingenieure und Informatiker sollten sich einen Neuwagen deutscher Marke in der Kompakt- oder Mittelklasse (ca. 25- 30 Tausend EUR) leisten können, sage ich immer. Wer ins Management aufsteigt, natürlich mehr.
- Die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (10h-Tag). Berater und Dienstleister wissen oft gar nicht, welchen gesetzlichen Schutz vor Schinderei sie genießen.

Antworten:

Der VDI?

Nein, der VDI vertritt Arbeitgeberinteressen, z. B. bei der Regierung. Er gibt vor, damit auch Arbeitnehmerinteressen zu vertreten. Am deutlichsten ist das bei der Karriereberatung von Heiko Mell. Er rät seinen Lesern stets zu Konformismus, wenn sie "Karriere machen wollen". Stets mit dem Hinweis, dass er nur wiedergibt, was er beobachtet. Aber damit leugnet er seinen Einfluss, den er vor allem auf Berufseinsteiger hat.

Gewerkschaften?

Ja. Die IG Metall hat z. B. auch Arbeitsgemeinschaften und Foren speziell für Angestellte und Ingenieure. Sie hat in den Jahren nach der Krise merkliche Tariferhöhungen erzielt. Nicht umsonst hat sie 2,2 Mio. Mitglieder, Tendenz steigend.

Der Betriebsrat?

Ja. Allerdings muss man das genau verfolgen. Ein Betriebsrat ist kein Anwalt für Einzelne sondern vertritt die Interessen der Mehrheit der Angestellten, erarbeitet z. B. Betriebsvereinbarungen über Gleitzeit, Gehaltsbänder, Bonusregelungen. Er vermittelt bei Konflikten und redet bei Neueinstellungen  für Nicht-Leitende mit. Er wacht auch auf den Arbeitsschutz, Stichwort: Ergonomie (PC, Monitor, Gewicht des Rucksacks). Der Alptraum vieler Geschäftsführer von Dienstleistungsunternehmen ist ein Betriebsrat, dessen Mitglieder in der Gewerkschaft sind. Dann sitzt die Gewerkschaft mit am Tisch. Die Geschäftsführer wissen, wie sie ihren Angestellten ihr eigenes Horrorszenario als deren Horror unterjubelt. Es gibt auch Betriebsräte, die nur die Nähe zur Geschäftsführung suchen, für später.

Die SPD?

Nein. Das muss ich so sagen, siehe auch meinen Beitrag unten. Als akademischer Industrieangestellter (als Freiberufler noch weniger) findest Du in der SPD inzwischen keine Lobby mehr. Vor Wahlen tut sie stets so, aber das Sagen haben die Angestellten aus den öffentlichen Verwaltungen und immer mehr Minderheiten, die mit dem Stichwort "Arbeiterpartei" nicht viel am Hut haben. Es hat schon seinen Grund, dass die SPD mit 440.000 Mitgliedern auf einem Allzeittief angekommen ist.

Fazit:
Vergesst die SPD und den VDI. Gründet einen Betriebsrat, und überlegt eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. Wenn es einen Tarif gibt, unterstütze diejenigen, die ihn eingeführt haben.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Bio-Break!

In Arbeitsgruppen ist es wie im Mannschaftssport: Kaum hat man mal einen Lauf, muss man ihn unterbrechen. Man braucht in all dem Getöse um einen Herum immer ein bisschen Zeit, um auf den Arbeitspunkt zu kommen, ab dem es produktiv wird.

Es war aufwendig genug, es überhaupt stattfinden lassen zu können. Einen Zeitpunkt verabreden, früh aufstehen (Schlafmangel), anreisen (Ärger, Energie), den Besprechungsort finden, auf den letzten Verspäteten warten (es trifft meist genau einen), herauskriegen, wie der Beamer funktioniert. Und: Haben wir hier WLAN..., wie lautet das Gästepasswort, die Proxyeinstellung...?

Dann die Agenda durchgehen, die Vorgeschichte rekapitulieren, die Diskussion in Gang bringen. Dann kann es schon auf elf Uhr zugehen. Dann läuft die Diskussion endlich und konkretisiert die Fragestellungen und Aufgaben. Und dann, mitten im Lauf, kommt jemand rein und sagt: "Sie müssten jetzt essen gehen, jetzt ist für Euch reserviert." Heißt: Wir unterbrechen für mindestens eine Stunde.

Eine Stunde, in der wir etwas anderes sehen, z.B. das Betriebsgelände. In der wir uns teilweise aus den Augen verlieren und nur mit einem Teil der Gruppe das Thema weiterbesprechen. Alles Gute, was jetzt gesagt wird, bringen wir nicht schriftlich unter und wir werden auf dem Rückweg die Hälfte vergessen haben. In der Kantine müssen wir uns anstellen, aussuchen, uns sammeln, den Tisch finden. Am Tisch dann andere Themen.

Um kurz nach eins sind dann alle zurück im Besprechungsraum. Kaffee, Wasser. Voller Magen, Trägheit. "Also, zurück zum Thema. Martin hatte zuletzt vorgeschlagen...und gerade bei Tisch kam die Idee, ..."

Mühselig suchen wir nach dem Flow, den wir vor der Mittagspause hatten. Langsam kommt er wieder in Fluss. Dann gehen die ersten auf Toilette. "Bio-Break" für alle. Abermalige Unterbrechung.

Und so weiter. Dann schreiben wir die ersten Ergebnisse auf. Dann muss der erste schon wieder weg. Wenig später der nächste. "Am Ende des Tages" werden wir etwas geschafft haben. Betonung auf "etwas".

Wir sind Menschen. Wir müssen einander sehen, beim kommunizieren. Dazu müssen wir unsere Körper in Verkehrsmittel bringen und irgendwohin reisen. Vor Ort haben wir andauernd, obwohl wir nur die digitalen Ergebnisse für substantiell halten, biologische Bedürfnisse. Durst, Hunger, Zigarettenschmacht, Verdauung, Schlaf.

Aber so ist der Mensch. Und deshalb werden wir trotz technischem Fortschritt auch nicht schneller.

Donnerstag, 3. Januar 2013

Postholidare Traurigkeit

Sie erwischt mich zweimal im Jahr. Nach dem Sommerurlaub ist es die Naturverbundenheit, die mich der Vorstellung beraubt, jemals wieder ganze Tage in einem Büro verbringen zu können. Zu Weihnachten und Silvester ist es die Zeit mit Familie und Freunden, die mich vergessen lässt, eigentlich ein abhängig Beschäftigter zu sein.

Es beginnt immer mit dem schönen Gefühl am Feierabend des letzten Arbeitstages: Den ganzen Urlaub noch vor mir. Den ersten Feier"abend" im wörtlichen Sinne begehe ich vor Weihnachten immer mit einem Kollegen. Erst Weihnachtsmarkt, dann Kreuzberg. Die Freude des ersten Urlaubsabends speist sich aus dem Bewusstsein für den Unterschied, fürs erste nicht mehr arbeiten zu müssen.

Am zweiten Urlaubstag spätestens habe ich dann innerlich komplett umgeschaltet. Nein, ich brauche keinen Bürorythmus, damit meine Tage Struktur haben, ich kann mein, unser Leben auch ohne komplett füllen. Das gilt natürlich vor allem in den guten Jahren, in denen man keinen Ärger oder Ängste mit nach Hause nimmt.

Und verbringen wir nicht viel zu wenig Zeit mit denen, denen wir, und die uns soviel zu sagen haben? Ist es nicht dieser Austausch, der uns Bestätigung bringt, der uns immer wieder wundern lässt, wie ähnlich wir doch alle leben? Wir brauchen diesen Raum des Vertrauens, in dem wir offen reden können. Früher waren es mehr Freunde, heute mehr Familie. Doch es sind die gleichen Themen.

Dann liegen die Feste hinter einem. Noch einen Tag Urlaub. Auch ein gutes, zum Urlaub gehörendes Gefühl: Die anderen Arbeiten schon, ich habe noch frei. Dieses wohltuende Geräusch des Straßenverkehrs der frühen Pendler, die Schritte im Hausflur, die Haustür. Meine bessere Hälfte, die schon mit dem Geschirr klappert..

Doch auch dieser Tag vergeht und heute Morgen ist alles vorbei. Ich bin vor dem Wecker wach. Habe mir selbst Kaffee gemacht und frühstücke vor dem Rechner. Und sinniere nach einem Begriff, der mein momentanes Gefühl, oder den dahinter liegenden Befund beschreibt.

Wie wäre es mit: Postholidare Traurigkeit?