Ein Interviewer fragte Björk, wie sie zu ihrem Musikstil gekommen sei und welche Rolle traditionelle isländische Musik darin spiele.
Sie antwortete sinngemäß:
Ich sang früh in einem Kirchenchor und meine Eltern schickten mich mit 5 auf eine Musikschule. Dort versuchte man mir deutsche klassische Musik beizubringen. Aber ich schaffte es nicht, eine Beziehung dazu aufzubauen. Denn ich spürte, dass sie nicht auf meinen Traditionen und meinem Land beruhten. Island hatte da einen Minderwertigkeitskomplex: Musik galt nur als bedeutend, wenn sie aus dem Ausland kam. Man zwang mich, mich mit etwas zu beschäftigen, das nicht meins war. Das stachelte mich an, mich mit isländischen Musikwurzeln zu beschäftigen und etwas daraus zu machen. Und ich lernte isländische Musiker kennen, denen es genau so ging. Wir wollten einen isländischen Sound schaffen. Eine isländische Realität. Wir wollten nicht die uns aufgezwungene Musik spielen weil wir dachten, dass wir selbst auch etwas zu sagen haben.
Quelle: YouTube (etwa ab Minute 4:00
Ironischerweise kann ich gerade als Deutscher nachvollziehen, was sie meint. Ich bin auch aufgewachsen mit der Vorgabe, was aus Deutschland komme, tauge nichts, sei peinlich. Lehrer, die Witze auf Schüler machten, die sich für die eigenen Wurzeln interessierten. Im Unterschied zu Björk und ihren Altersgenossinnen nahmen wir diese Vorgaben allerdings auf. Deutsche Musik war nur interessant, wenn sie sich von Deutschland distanzierte. Natürlich lag hinter uns ein Berg von Trümmern. Aber dahinter lag auch etwas. Uns davon abzuschneiden war nichts anderes als Manipulation, Entwurzelung, eigentlich seelische Gewalt. So als nähme man ein Baby früh von seinen Eltern weg um zu einem Subjekt von Ideologen zu machen.
Wir erleben ja gerade wohin eine systematische Entwurzelung führt. Wir haben unsere Substanz aufgebraucht, weil wir uns von uns selbst distanzieren ließen.