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Mittwoch, 6. April 2022

Agenda und Akteure wechseln von Pandemie zur Gasversorgung

Nachdem die Pandemie in Deutschland kein Ende findet, sondern im Sande verläuft zeichnet sich in puncto Angstagenda schon ihr Nachfolger ab: Die Gasangst.

Karl Lauterbach überreicht den Stab an Robert Habeck. Dieser hat als Dramaturg ja mindestens genauso viel Berufserfahrung wie sein Kollege. Habeck agiert jetzt und kommuniziert was die Stunde geschlagen hat. Nachdem er von den Scheichs in Katar zurück war, enteignete er erstmal Gazprom Deutschland. Dann guckte er sich eine Behörde aus, die wie bis dato das RKI fortan die negativen Folgen der Ministerpolitik verkünden müssen wird: Die Bundesnetzagentur. Praktischerweise wird diese ja von einem Grünen geführt. Und der schaute offenbar mal kurz auf die Webseite des RKI und guckte, wie die das vom Beginn der Pandemie an gemacht haben: Ah, ok. Einen regelmäßig zu aktualisierenden Lagebericht aufsetzen und Zahlen veröffentliche, die den Inzidenzen, Hospitalisierenden usw entsprechen.

Ich übersetze den Agendawechsel mal so:

Spahn / Lauterbach -> Habeck

RKI -> Bundesnetzagentur

Inzidenzen -> Abgeklemmte Gaskunden

Todesfälle -> Insolvenzen ("mit oder an Gasmangel")

Impfungen -> "Transformationen" auf regenerative Energien (Subtext: Selbst schuld!)

Maske -> Wohnzimmertemperatur / Duschverhalten

Solidarität -> Frieren für die Freiheit

Demographischer Makel -> CO2-Ausstoß 

Hotspot -> Großverbraucher 

Coronaleugner -> Putinversteher







Samstag, 8. März 2014

Milde Winter, heiße Zeiten

Nein, ich habe Tom Clancy nicht gelesen. Habe mich aber auch schon mehrmals gewundert, wenn ein Filmplot später in die Realität umgesetzt wurde. Man denke nur an 'Wage the dog' oder 'Der Morgen stirbt nie' oder ein 'Ein Quantum Trost'. Ich kenne das aber auch aus Forschung und Entwicklung. Es ist die Literatur, die unserer Phantasie Bilder und unserem Streben Ziele gibt.

Ich habe über die Krise in der Ukraine nicht sehr viel gelesen. Ich habe nur mitbekommen, dass man Demonstranten als Marionetten bezeichnen kann, und schon sind die Sympathien fürs Volk ausgehebelt. Oder umgekehrt: Der einzige Grund, warum Demokratien überhaupt noch geduldet werden ist, dass man als Strippenzieher so schön auf den Willen des Volkes zeigen kann..

Man kann auch immer sagen: 'Ok, da haben fünf Millionen gegen die Regierung demonstriert. Aber fünfzig Millionen haben nicht demonstriert'.

Wenn US-Schauspieler Präsidenten oder Gouverneure werden, lacht unsere Linke. Und wenn im Osten ein Boxer in den Ring steigt? Ok, dann ist das ein ehrlicher, harter Typ. Und der Reiter mit dem nackten Oberkörper in der Taiga? Ist auch ein ganzer Mann.

Gerade in unserer übererregten Gesellschaft, in der für Menschen die nicht mehr wissen ob sie Männchen oder Weibchen sind eine dritte Toilette aufgestellt wird, wirkt ein halbnackter Mann auf dem Pferd ganz stark auf das Unterbewusstsein. Als Mann weiß man da plötzlich wieder, wo es lang gehen muss. Ich zum Beispiel ziehe mir beim Hanteln inzwischen auch das Hemd aus.

Nein, die Sache mit der Ukraine hat glaube ich einen einfachen Auslöser: Es war der milde Winter. Der hat ein Loch in die Kassen der Gazpromaktionäre und Gashändler gerissen. Da müssen ein paar Bestellungen für ersehnte Luxusgüter verschoben werden. Die Oligarchen berichten ihren Gattinnen Gewinnwarnungen und die antworten: 'Dann tu was!' Bei der Gelegenheit haben sie auch noch auf die Polen verwiesen, die sich mit Fracking etwas unabhängiger von Putin und Co. machen wollen.

Ja, und dann sind sie eben zur Tat geschritten.

Samstag, 30. März 2013

Ramsauer, Rösler und Altmaier planen E20

Geht's noch? Weil E10 von uns nicht angenommen wird, dreht das Kabinett eine Runde weiter an der Schraube: Jetzt sollen wir unsere Autos mit E20 schrotten, schreibt Auto.de (Link).

Die Regierung Merkel hat dem Autoverkehr einen Beitrag zur CO2-Senkung Deutschlands zugewiesen. Dieser sollte durch sinkende Verbräuche, durch 1 Mio. Elektroautos und durch E10 erreicht werden. Doch so gut nichts davon konnte die Regierung realisieren.

Die deutschen Privaten können sich Neuwagen kaum noch leisten, Stichwort Reallohnverluste. Sie rochen den Braten: Nach der Abwrackprämie wurde E10 aufgelegt. Ein verkapptes Abwrackprogramm ohne Prämie? Und wie war das mit dem Einfluss auf die weltweite Agrarwirtschaft und Lebensmittelpreise?

Und Batterieautos? - Nicht vorhanden, oder zu teuer. Betterplace? Gescheitert. Tesla Motors? Von Mercedes unter Kontrolle gebracht. OPEL Ampera? Wie, wenn das Management das Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens zerstört. Und wer glaubt überhaupt noch an Klimawandel, wenn wir von Nikolaus bis Ostern durchgängig Schnee haben.

Ramsauer verkündet, E10 laufe gut. Die Wahrheit ist: Wir haben uns daran gewöhnt, dass es an der Zapfsäule auch E10 gibt, lassen es aber links liegen. Deshalb hat er jetzt die nächste Stufe beschlossen: Ab 1. Januar 2014 kommt E20.

Die Logik: Je höher der Ethanolanteil, desto weniger Autofahrer müssen umsteigen, um die CO2-Senkung zu erzielen. Auto.de zitiert Ramsauer so: Weil die Autobauer die EU-Abgasnormen nicht übererfüllen um die Merkelsche Energiewende zu stützen, müssen jetzt eben die Autobesitzer ran. Deutschland dürfe nicht von der Rolle des Umweltvorreiters abfallen.

Die ersten Experten haben mal gerechnet. Wenn Ramsauer E20 parallel zu E10 anbieten will, wird es eng auf dem Markt für Ethanol und wir müssten importieren. Das aber würde den Preis für E20 nach oben treiben. Und weil es eine Verdrängung zwischen Lebensmitteln und Ethanoltreibstoff gibt, würden wir das Ramsauerprogramm auch bei den Lebensmitteln merken.

'luja, sog I. Was für eine verachtende Haltung gegenüber dem eigenen Volk. Noch ein Grund, am 22.09. AfD zu wählen.

Samstag, 9. Februar 2013

Ein Fall von Fehlsteuerung: Das EEG

Prof. Kemfert ist Abteilungsleiterin Energie am DIW und hat mir in einem Interview mit der WAZ (Link) endlich die Frage beantwortet, warum die Strompreise für Privatkunden steigen obwohl Überangebote an Wind- und Photovoltaikstrom die Preise an der Börse senken. Die meisten Bürger sehen darin eine Abzocke durch die Energieversorger (was verständlich ist).
Kemfert: Je niedriger der Börsenpreis ist, desto größer ist die Lücke zu den festen Vergütungssätzen, die die Erzeuger von Ökostrom erhalten. Diese Lücke muss die EEG-Umlage füllen. 
Aha. Keine weiteren Fragen. Also ein Fall von typischer, staatlicher Fehlsteuerung.

Beispiel:
Wenn an einem wolkenlosen Sommertag die Sonne am höchsten steht, speisen alle Photovoltaikanlagen ihre Höchstleistung ein. Der Strompreis an der Börse hat deshalb nicht mehr mittags seinen höchsten Wert. Am Samstag, 16. Juli 2011, lag er sogar auf Nachtstromniveau, also einem Preisniveau, das dem von Grundlastkraftwerken entspricht (Link). Das hängt allerdings inzwischen nicht mehr nur von der Erzeugungsstruktur ab, sondern auch die Nachfrage hat sich verändert. Die Mechanismen wie ein Strompreis zustande kommtn, haben sich trotzdem nicht verändert.

Einerseits:
Dass Photovoltaik -und auch Windkraft- jemals einen solches Potenzial entfalten könnte, das haben die Energieversorger früher stets bestritten - von Prof. Knizia (Ex VEW-Chef) bis zu den ersten Geschäftsführern der DEW21 in Dortmund. Insofern ein voller Erfolg der Solarfreunde.

Andererseits:
Je erfolgreicher Photovoltaik ist, d.h. je höher ihr Anteil an der Stromerzeugung, desto mehr muss die Förderung zurückgefahren werden. Sonst droht Dauersubventionsbedarf. Der niedrige Strompreis der Mittagsspitze spiegelt den "Erfolg" -im Sinne gewonnener Marktanteile- der Photovoltaik. Eine garantierte Einspeisevergütung auf überhöhtem Niveau ist nicht mehr nötig. Das ist so, als hätte man früher zu viele Spitzenlastkraftwerke am Netz gehabt und vom Staat eine Kompensation dafür verlangt.

Reformbedarf EEG: 
Es sollte mehr in die Richtung Selbstversorgung gehen. Wer selbst ein Kraftwerk betreiben will, der sollte zuerst seinen eigenen Bedarf damit decken und den Rest einspeisen, das ist der Sinn von Energieversorgungsnetzen. Wenn wir Mittags jetzt eine Strompreisdelle haben, ist das ein Zeichen für Überkapazitäten. Der Fokus der Einspeisevergütung ist inzwischen der Fehler im EEG.

Man braucht nicht mehr mit CO2 zu argumentieren, das dient nur der Rechtfertigung von Subventionen mit unterstellten Klimakatastrophen.  Auch das Argument "Verstärkung des Selbstversorgungsgrades" greift nicht ganz: Kohle für Grundlastkraftwerke importieren wir aus stabilen Ländern. Gas für Spitzenlast und GuD-Mittellast aus Norwegen und Russland. Gazprom ist ein Preistreiber, je unabhängiger wir von ihm sind, desto besser.

Wenn die Regierung etwas fördern sollte, dann ist es die Speichertechnologie. Aber: siehe Elektroautos. Bei der Batterietechnik sind wir etwas weiter gekommen, aber noch lange nicht am Ziel.

Kemfert hat den Zusammenhang richtig erklärt, zieht aber die falschen Schlüsse. Und bleibt -als Forscherin- die Antwort auf die wichtigste Frage schuldig:
Ich warne davor, das EEG abzuschaffen, die Investoren würden abspringen und die Energiewende käme zum Erliegen. Was wir brauchen ist ein marktfähiges System, das in der Übergangszeit das Nebeneinander von fossilen und erneuerbaren Energieträgern regelt. Der Markt regelt das nicht von allein.
Doch, wir sehen doch, dass der Markt das regeln könnte. Kemfert würde dagegen sagen: "Aber die Photovoltaikbetreiber brauchen Planungssicherheit, für Privatleute sind das hohe Investitionen." Ja, so ist das in der Energiewirtschaft: Sie ist kapitalintensiv. Deshalb muss man hier zielgerichtet, aber ohne Hektik rangehen. Schon heute wird in manches Spitzenlastkraftwerk auf Gasbasis nicht mehr investiert.

Kemfert sieht ein Dilemma darin, dass auch in der Übergangsphase alte Kohle- und Gastkraftwerke auslaufen und durch neue ersetzt werden müssen. Stehen diese aber erstmal, müssen sie auch ausgelastet werden und konkurrieren gegen die Regenerativen. Die Antwort auf dieses Dilemma lautet: Dann müssen diese neuen Kraftwerke entpsrechend niedriger dimensioniert werden. Genau darin liegt die Aufgabe.

"Kampf um Strom"
Was mich ärgert: Kemfert hat unter diesem Titel ein populärwissenschaftliches Buch veröffentlicht. Ein Blick in die Vorschau bei amazon (Link) hat mich etwas irritiert: Ich habe nichts dagegen, wenn sich Forscher allgemeinverständlich ausdrücken, das kommt leider nur selten vor. Aber das Niveau finde ich doch ziemlich platt. Und der Buchtitel, der an "Kampf um Rom" angelehnt ist, ist nicht ihre Erfindung. Dr. Kurt Berlo, heute beim Wuppertalinstitut, hatte in den 90ern zuerst die Idee zu diesem Titel: Für unsere damaligen Untersuchungen der Rekommunalsierung der Stromversorgung in Dortmund. Wir hatten es dann doch noch anders genannt.

Fazit:
Es ist irreführend, wenn Trittin und Co. es als Abzocke bezeichnen, wenn an der Strömbörse der Preis für Sonnenstrom sinkt, die EVU aber mit dem EEG ihre Preiserhöhungen begründen. Das EEG ist der Grund, warum wir trotz gesunkener Spotpreise draufzahlen.

Es war in der Anfangsphase richtig, die Regenerativen zu fördern. So sind alle Energieformen, die wir heute nutzen, anfangs ebenfalls gefördert worden. Aber wir müssen das CO2-Argument aus der Debatte nehmen, es fungiert nur als Joker für alle Rechnungen, die nicht aufgehen.
Wir können mit Selbstversorgung, Unabhängigkeit von Russland und Saudi Arabien argumentieren und mit den Exportchancen der Hersteller.

Freitag, 8. Februar 2013

#Fracking - Notizzettel und Watchlist

Es wird Zeit, sich mit "Fracking" zu beschäftigen, einem zweiten Bergbauthypehema nach CCS (dem unterirdischen CO2-Speicher) binnen weniger Jahre. Schiefergas scheint die USA künftig zu einem Selbstversorger zu machen. Die Ölpreise für US- und Nordseeöl laufen bereits auseinander. Es könnte aber auch sein, dass Fracking vor allem für die Ausrüster ein Geschäft wird.

Begriff
Der Begriff stammt von "Fraktura", also dem Riss oder Bruch. Kurz gesagt ist das eine seit langem gebräuchliche Technik zur Unterstützung von Bohrungen nach Öl und Gas aber auch Trinkwasser.

Technik
Während ein Bohrkopf immer nur auf einer Stelle aufsetzt und bohrt, kann man mit einer Hydraulikflüssigkeit den Druck auf eine Wand oder Decke flächendeckend verteilen. So erwischt man auch die Stelle mit der geringsten Stabilität und bricht durch ("Fraktur"). Anschließend holt man die Hydraulikflüssigkeit, die in diesem Fall aus mit Additiven versetzten Wasser besteht, wieder hoch. Dabei wird es mit Mineralien und Gasen der unten liegenden Gesteinsschichten verseucht, was zu einer Entsorgungsaufgabe führt. Auch bestehen Risiken, dass sich Trinkwasser- und Energievorkommen gegenseitig durchmischen.
Damit das Gas oder Öl anschließend zuverlässig strömt, braucht es mehrere solcher Bohrungen.

Wirtschaftlichkeit und Länder
Man erhöht mit der Technik den Ausbeutungsgrad bekannter Lagerstätten. Manche Lagerstätten werden allerdings erst durch Fracking überhaupt interessant, auch wenn sie bereits nach kurzer Zeit ausgebeutet wären, z. B. etliche in Europa (Frankreich, Deutschland, Polen). Die USA und Polen haben sich für Fracking entschieden, Frankreich dagegen, die noch amtierende deutsche Regierung will es im Einzelfall nach Umweltverträglichkeitsprüfungen ausprobieren. In Deutschland werden vor allem NRW und Niedersachsen untersucht. In den USA bewegt Fracking derzeit Welten. Die strategische Bedeutung der Tankerbrücke von Rastanura in Saudi Arabien sinkt, Barrack Obama hat durchgesetzt, dass einer von zwei Flugzeugträgern aus der Region nach Hause beordert wird. Da werden Milliarden im US-Haushalt und nach den sinkenden Energiekosten auch in den Taschen der US-Konsumenten frei.

Ein groß angelegte Frackingstrategie bringt neue Energieanbieter ins Spiel und schwächt die bestehenden Exporteure Russland und Saudi Arabien. Sichere Gewinner dieses neuen Goldrausches sind natürlich die technischen Ausrüster.

Das Manager Magazin zitiert US- und UK-Analysten, die das wirtschaftliche Potenzial von Schiefergasvorkommen außerhalb der USA für nicht groß genug halten. Ich meine: es würde schon reichen, dass ein paar Gazpromkunden ihre Bestellungen reduzieren, um die russischen Oligarchen etwas zur Räson zu bringen.

Unternehmen
Treiber von Fracking sind:

Bohrunternehmen:
  • ExxonMobil
  • Wintershall (BASF)
  • BG International
  • BNK Petrol
  • 3legs Resources
  • RealmEnergy
Ausrüster:
  • Baker Hughes
  • Halliburton
  • Schlumberger

Eine Bedrohung ist es für die derzeit mächtigen Öl- und Gasversorger der USA:
  • Gazprom
Es gibt also auch innerhalb des Energiemarktes Gewinner und Verlierer. Beide werden Einfluss nehmen auf die Politik. Das muss man im Hinterkopf haben, wenn sich Regierungen und Oppositionen Gutachten über Fracking gegenseitig um die Ohren hauen.

Quellen:
Wikipedia
n-tv
Manager-Magazin
Fracking Lobbyportal "Unkonventionelles Erdgas"
ExxonMobil Deutschland


Mittwoch, 2. Januar 2013

Industrie wird zum billigen Offshore-Windstrom wandern

In der Geschichte der Energieversorgung haben sich Manufakturen und Unternehmen immer dort angesiedelt. wo es die benötigte Energie am reichlichsten und günstigsten gab. Gerbereien an Flußläufen, die erste Aluhütte am Rheinfall von Schaffhausen und natürlich die raumgreifende Wertschöpfungskette der Montanindustrie an Ruhr und Saar.

Wo es die Technik erlaubte, Primärenergieträger in Nutzenergie zu wandeln, da entstanden ganze Industriegebiete. 

Bei den regenerativen Energien gab es solche Ideen zuerst nicht, weil sie als gezielt dezentrale Energieformen den großen Energieversorgungsunternehmen Konkurrenz machen wollten. Bei den privaten Solarzellen wird das auch so bleiben.

Bei den Windparks an Land beantwortet sich die Frage oft mit den Eigentumsverhältnissen der Flächen, auf denen die Windparks stehen. Diese werden meist landwirtschaftlich genutzt.
Erst seitdem es große Windparks im Binnenland gibt und erst recht seit den Plänen für Offshore Windparks kann man allerdings fragen:

Warum siedeln sich energieintensive Industrien künftig nicht dort an wo die Energie verfügbar ist sondern werden hunderte von Kilometern lange Hochspannungsleitungen zu ihren heutigen Standorten geplant und gerade die energieintensiven Unternehmen von diesen Extrakosten auch noch entlastet?

Gerade die energieintensiven Unternehmen sollten ihren Standort künftig nach Norden zum Offshore Windstrom verlagern. Zuviel verlangt? Sicher nicht, denn um Lohnkosten zu sparen, war diesen Unternehmen früher auch kein Weg zu weit.

Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler gehen hier genau verkehrt vor. Sie sollten mit den Wirtschaftsministern der Nordländer zusammen planen. Es besteht das Risiko, dass die Bundespolitik und die großen Netzbetreiber hunderte von Prozessen für ihre Trassen führen müssen und gleichzeitig die anvisierten Großverbraucher ihren alten Standort verlassen. 

So ein Strukturwandel würde sich natürlich über Jahrzehnte hinziehen, wäre aber nachhaltig. Denn die Windkraftanlagen rechnen sich erst über lange Zeiträume und das Wetter wird sich an der Küste auch so schnell nicht grundlegend ändern. 

Mittwoch, 30. Mai 2012

Photovoltaikbetreiber sollten sich an den Markt trauen

Operation misslungen, Patient gerade noch gerettet. So könnte man die letzten Wochen in der Photovoltaikbranche deuten. Dass die Pläne von Ex-Umweltminister Röttgen zur abrupten Kürzung der Einspeisevergütung im Bundesrat gestoppt wurden, kam für manche Entwickler und Hersteller in Deutschland zu spät. Sie meldeten Insolvenz an, weil ihre Nachfrage ebenfalls abrupt zurückgegangen war. Kein Wunder, denn die Kürzung sollte massiv ausfallen: Von bisher rd. 24 Ct/kWh auf rd. 18. Da musste jeder neu rechnen, der eine solche Investition plante.

Wehmütig schauten deutsche Hersteller sicherlich auf die USA, wo Obama Importzöller auf die zu  Dumpingpreisen vertriebenen chinesischen Anlagen ankündigte. (Ganz schlecht fand ich dem Zusammenhang Aussagen von FDP Mitgliedern, wir sollten uns doch über die gesunkenen Anlagepreise freuen.)

Im deutschen Markt aber gingen Nachfrage und auch Aktienkurse stark zurück. Doch Pfingsten könnte die erneute Wende gebracht haben: Die Nachricht von den 22 Gigawatt Einspeiseleistung, die 20 Atomkraftwerke ersetzen würden, war beste PR, hat die Phantasie neu angeregt und die Aktienkurse gestern um bis zu 7% steigen lassen. Zusätzliche Phantasie bewirkte Peter Altmaier mit der Aussage, er wolle im Bundesrat schnelle eine Einigung mit den Ländern erzielen.

Bisher war die gesetzliche Einspeisevergütung auf diesem Niveau eine bequeme und lukrative Grundlage für die privaten Betreiber von PVA Anlagen. Allerdings bekamen sie auch nur soviel, wie die großen Stromversorgungsunternehmen selbst für eine Kilowattstunde Ökostrom verlangen. Eigentlich noch weniger, denn einen Grundpreis ("festen Leistungspreis"), der das Investitionsrisiko zu einem Fixanteil auf den Abnehmer abwälzt, konnten sie nicht in Rechnung stellen.

Was die Vergütungspläne des Energieeinspeisegesetztes EEG bisher auch nicht berücksichtigt haben, ist die unterschiedliche Wertigkeit von Leistung und Energie abhängig von der Tageszeit. Die würde Photovoltaik aber zugute kommen.

Denn die Einspeiseleistung geht mit dem Sonnenstand und hat mittags ihr Maximum. Also genau dann, wenn auch die Stromnachfrage ihr Maximum hat. Weil alle konventionellen Kraftwerke nach dieser Spitzenlast (die man auch noch übers Jahr betrachten muss) ausgelegt sind, ist die Last- bzw. Leistungsspitze ein gewichtiger Faktor für den Strompreis. Photovoltaik mit ihre Mittagsspitze senkt also die Leistungskosten im Kraftwerkspark, was sich über die Jahrzehnte mit kleineren Auslegungen bemerkbar machen müsste. Schon heute merkt man den positiven Effekt an den gesunkenen Preisen an der Strombörse.

Röttgens Vorhaben hätte man deshalb auch so interpretieren können: Nachdem die Privaten nun kräftig in Spitzenlastkraftwerke investiert haben und nicht mehr zurückkönnen, könnte man diesen Nutzeneffekt doch einfach mitnehmen und den Preis dafür nun kürzen. Zugunsten der großen Energieversorger, die davon durch künftig geringeren Bedarf an teuren Spitzenlastkraftwerken und geringere Einspeisevergütung  profitieren. (Sie gehen sogar noch weiter und wollen sich auch die verbliebenen Investitionen in Spitzenlastkraftwerke subventionieren lassen. Sie rechnen das so, dass die Experten in den Ministerien womöglich kaum durchblicken..)

Die privaten Betreiber könnten darauf mutig und marktwirtschaftlich reagieren: Indem sie ihre Anlagen mittags vom Netz nehmen und sich bessere Angebote machen lassen. Sie könnten sich virtuell zusammen schließen und gemeinsam am Markt anbieten. Wäre doch spannend, wo der Preis dann liegen würde.

Was ich allerdings noch nicht verstanden habe in dem ganzen Spiel: Warum verbrauchen private Erzeuger ihren selbsterzeugten Strom nicht zuerst selbst? Gibt es ein besseres Gefühl, als sich zumindest etwas von den steigenden Strompreisen unabhängig zu machen? Zumindest auf dem Lande müsste der Trend doch dahin gehen, lokale Teilnetze zu betreiben, um Schwankungen in Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. NATÜRLICH WÜRDE SONNENSTROM DEN BEDARF BEI DUNKELHEIT NICHT DECKEN, das weiß ich selbst. Aber man würde mit den Großanbietern anders ins Geschäft kommen.


Mittwoch, 16. Mai 2012

Energiewende a la Eon: Nach Stromlücke jetzt Überlast

Wir erinnern uns: Seit den 80ern warnen die Energiemonopolisten vor Stromlücken, wenn wir Atom- und Kohlekraftwerke durch Wind, Sonne und Laufwasser ersetzen sollten. Das Licht würde flackern, Rechner abstürzen, das Mittagessen bliebe kalt.

Sonne und Wind gebe es in DE prinzipiell zu wenig, um damit den Strombedarf zu decken. Sagten die, die auch nichts unterließen, den Strombedarf künstlich zu pushen. Z.B. mit Stromheizungen, die sie grob irreführend "Fernwärme per Draht" nannten.

Die Monopolisten rechneten ihre Anlagen schön, indem sie -ähnlich wie heute die Banken- Risiken an den Steuerzahler auslagerten. Forschung und Entsorgung von Kernbrennstäben z.B. überließen sie großzügig uns. Oder wie es mal ein SZ Redakteur formulierte: Die Risiken der Kernenergie trägt zur Hälfte der Stromkunde, die andere Hälfte trägt der Steuerzahler.

Laut Eon und Co. also würde der Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen nur noch aus der Leitung tröpfeln.

Inzwischen haben Wind und Sonne ihren Anteil an der Stromversorgung auf 11%, die Regenerativen insgesamt auf 20% hochgeschraubt. Und der Anschluss von Seewindkraft ans Transportnetz steht erst noch bevor. Sonnenstrom, der natürlich nicht nachts verfügbar ist, hat die hohen Kosten für die Lastspitze am Mittag deutlich gekappt, also verbilligt. Die Warnungen der Monopolanbieter sind also widerlegt.

Doch was jetzt? Jetzt wenden auch sie. Allerdings nur ihre Argumentation für neue Subventionen. Jetzt drohen Stromlücken nicht mehr wegen zu wenig, sondern zu viel Windstrom. Jetzt stellt sich heraus, dass sie ihre goldenen Netze jahrzehntelang falsch geplant haben, bzw. planerisch überhaupt nicht auf den Energietrend reagiert haben. Jetzt droht plötzlich Überlast, also: Netzabschaltung, also: eine neue Stromlücke. Und natürlich halten sie wieder die Hand auf beim Steuerzahler. Obwohl sie seit fast zehn Jahren die Monopolpreise für Strom kräftigst erhöht haben, nehmen sie weiter kräftig Einfluss auf den Wirtschaftsminister, um neue Abgaben einzuführen. Mit Erfolg: Heute berichtet die FAZ von einer neuen Umlage, mit der Planungs- und Wartungsfehler bei Netzanschlüssen von Offshore-Anlagen abgesichert werden sollen. Der Netzbetreiber Tennet, an den man die Nordnetze vergeben hat, ist finanziell zu schwach auf der Brust, um das Unternehmen Energiewende tatsächlich stemmen zu können. Mehr Chaos, mehr Dilettantismus in der Energiepolitik geht kaum.

Strom und Benzin sind bereits Inflationstreiber Nummer eins. Aber Rösler, Mitglied der Steuersenkungspartei, packt noch einen drauf.


Mittwoch, 6. Juli 2011

Steuerung der Luftklappen eines Kühlergrill

In Schweden kann man seit langer Zeit Einsätze für den Kühlergrill seines Autos kaufen. BMW geht einen Schritt weiter und verbaut steuerbare Luftklappen in seinen Kühlergrills. Warum machen die das?

a) Damit im Winter der Kühler nicht mit Schnee verstopft wird.

b) Damit der Motor im Winter schneller warm wird.

c) Damit das Auto aerodynamischer wird.

Antwort: Für Schweden gilt a). Für BMW gilt b) - und c).

BMW schreibt auf seiner Website, dass der Motor schneller auf Betriebstemperatur kommt, wenn man die Luftklappen nach dem Start erst einmal schließt. Ist der Motor auf Betriebstemperatur werden die Klappen geöffnet. Einleuchtend. Doch -und das überrascht mich- auch danach kann es für eine optimale Betriebstemperatur wieder nötig werden, sie zu schließen. OK, vielleicht bei schneller Autobahnfahrt bei zweistelligen Minusgraden? Oder eher bei moderater Stadtfahrt?

Das Argument Aerodynamik leuchtet auch ein. Der Lüfter ist die einzige Partie der Autoform, die den Luftstrom nicht möglichst geschmeidigt vorbei lenkt, sondern gezielt nach innen - und dort für Verwirbelungen und Stauung sorgt. Schließt man diese Lücke, verbessert sich die Aerodynamik - was sich bei hohen Geschwindigkeiten in einer Verbrauchssenkung bemerkbar macht.

Die vergleichmäßigte Betriebstemperatur verlängert obendrein die Motorlebensdauer.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Wie die Privatkunden den Atomausstieg bezahlen sollen

Die Szenerie scheint vom Irrsin beherrscht: RWE Chef Großmann trat vor nicht mal einem Jahr eine Kampagne zum Ausstieg aus dem Ausstieg los. Das von Rot-Grün geänderte Atomgesetz war ihm ein Dorn im Auge und er schaffte die missliebigen Änderungen aus der Welt. Gestern nun wurde sein Brandbrief an Kanzlerin Merkel, mit der er im Herbst auf die Laufzeitverlängerungen angestoßen hatte, (Link, via: Ruhrbarone.de) bekannt. In diesem beruft er sich allen Ernstes, und scheinbar ohne jede Scham, auf das von ihm so kritisierte Atomgesetzt von 2002 für einen Bestandsschutz seiner Verstromungsansprüche für das AKW Mülheim-Kärlich. Das ist absurd.

Die Aktionäre von RWE und Eon reagieren auf auf den gestern beschlossenen Wiedereinstieg in den Ausstieg ebenfalls irrational mit einer regelrechten Verkaufspanik.

10-Jahreschart Eon-Aktie (Quelle: Comdirect)


10-Jahreschart RWE-Aktie (Quelle: Comdirect)

Dabei sind die Energieversorger lediglich auf die Geschäftsaussichten vor Merkels abrupter Laufzeitverlängerung zurückgefallen. Allerdings minus der Steuer auf die Kernbrennstäbe. Von dieser Steuer hieß es bei ihrer Einführung durch Schwarz-Gelb, sie sei der Beitrag der Kraftwerksbetreiber zum Laufzeitverlängerungsdeal mit der Regierung. Philipp Rösler begründete deren Beibehaltung trotz Ausstiegs gestern mit einer Beteiligung der Kraftwerksbetreiber an den Entsorgungskosten, z.B. für das Versuchslager Asse 2. Die Anwendung des Verursacherprinzips empört die Energiemanager natürlich.

Doch sind die dramatisch niedrigen Aktienkurse der Versorger gerechtfertigt? Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Versorger steigende Erzeugungskosten stets überproportional an ihre Privatkunden weiterreichen konnten. Das Argument, dass die steigenden Erzeugungskosten die Ergebnisse von RWE und Eon erheblich belasten werden, ist also wenig belastbar. Die Monopolstruktur des deutschen Strommarktes hat noch immer dafür gesorgt, dass sich die Erzeuger aller Risiken entledigen können.

Außerdem -und das werden wir in Zukunft häufig hören- besteht der Strompreis nicht nur aus Erzeugungs- sondern auch Leitungskosten. In diese sollen die Energieversorger kräftig investieren, um Küstenwindstrom gen Süden transportieren zu können. Das wird sich aber noch hinziehen. Denn einerseits sollen die Genehmigungsverfahren laut Rösler merklich gestrafft und verkürzt werden, damit der Wutbürger die Energiewende nicht blockiert. Andererseits hat NRW Ministerpräsidentin Kraft bereits darauf hingewiesen, dass NRW im Energiewendezeitalter zum Transitland werden wird. Dafür will sie etwas bekommen.

NRW wird aus noch einem Grund eine spannende Rolle spielen. Kraft wies in dem Interview mit dem Deutschlandradio auch darauf hin, dass die meisten CO2-Emissionsrechte von energieintensiven Unternehmen mit Sitz in NRW gebraucht werden. Damit fließe besonders viel Geld aus NRW in den Energiewendetopf und deshalb müssten dessen Einnahmen vor allem in NRW reinvestiert werden.

Da ist also noch viel zu verhandeln. Und was der Wutbürger nicht blockieren kann oder soll, das wird die Landespolitik schon hinbekommen..

Die neuen Hochspannungstrassen werden viel Geld kosten. Philip Rösler hat gestern gesagt, wer es bezahlen wird: Die privaten Stromkunden. (Das brachte er in dem Interview in einem Halbsatz unter, den er halb verschluckte und den man deshalb leicht überhören konnte..)

Bleibt noch eine offene Frage: Womit schließen wir die Erzeugungslücke? Wind allein wird es nicht leisten können. Wir werden neue fossil befeuerte Kraftwerke benötigen, vorzugsweise -weil erstens schneller regelbar und zweitens mit der besseren Emissionsbilanz als Kohle- mit Gaskraftwerken. Das Erdgas wiederum wird vorzugsweise durch Transportnetze von Ruhrgas und Wintershall von den Pipelines aus Russland, den umkämpften Ländern am kaspischen Meer oder Norwegen zu den neuen Kraftwerken strömen. Gazprom z.B. wird also von der Energiewende in Deutschland profitieren.

Schwarz-Gelb hat sich auch schon überlegt, wie Deutschland trotz gesteigertem Strom aus Erdgas seine CO2-Emissionen insgesamt senken wird: Nämlich, in dem die Besitzer von Häusern und Eigentumswohnungen kräftig in Wärmedämmung investieren. Das tut der Häuslebauer sowieso, weil er direkt von den eingesparten Energiekosten profitiert. Wohnungsvermieter tun das noch lange nicht, weil sie Energieverbrauchskosten einfach auf ihren Mieter umleiten (wenn dieser nicht schon einen eigenen Vertrag mit einem Gasversorger hat). Allerdings könnte der Wert einer Wohnung mit günstigem Energiepass demnächst steigen. Ob das aber die Investitionskosten komplett ausgleicht..? Ob er seine Investitionskosten auf die Mieter umlegen darf, ist strittig. Die Berliner SPD unternimmt Anstrengungen, dass die Kosten allein am Vermieter hängen bleiben. Denn: "Die Energiewende muss sozial verträglich gestaltet werden."

Und damit kommen wir vom Irrsinn zur Schizzophrenie: Denn während hohe Steuern auf Energie, auch Benzin, ständig mit ihrer ökologischen Lenkungswirkung gerechtfertigt werden, werden die gleichen Kostensteigerungen diffamiert, wenn sie von Privaten eingetrieben werden - selbst wenn sie dem gleichen Ziel dienen, das die Politik verfolgt. Das dürfte noch Krach geben.

Unterm Strich: Leitungsnetze für Strom und Erdgas werden an Bedeutung gewinnen. Besitzer von Trassenrechten und Netzinfrastruktur werden künftig mehr verdienen, weil die Transportwege für Strom länger werden und weil mehr Erdgas für die Ersatzktaftwerke gebraucht werden wird. Nicht die Betreiber und nicht deren Industriekunden werden die Energiewende bezahlen, sondern wir Privatkunden. Für ein Elektroauto wird da übrigens nicht mehr viel Geld übrig bleiben.. Das könnte zu einem Luxus- oder Statusobjekt mutieren.

Die Profiteure der Energiewende heißen deshalb meiner Meinung nach: Eon, Gazprom und RWE als Erzeuger und Transpoteure sowie Siemens und die Hersteller von Windkraftanlagen.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Die Brennelementesteuer ist verbrauchsabhängig

"Die Steuer für ein Gramm Plutonium 239, Plutonium 241, Uran 233 oder Uran 235 beträgt 145 Euro."
Quelle: Wikipedia

Die Brennelementesteuer (korrekt: Kernbrennstoffsteuer) wird also abhängig vom Verbrauch erhoben. Sollte die Bundesregierung einige Kernkraftwerke stillegen, müsste sie die Steuer nicht "logischerweise wieder abschaffen", wie das heute Vertreter der Kraftwerksbetreiber und Politiker wie Horst Seehofer forderten. Bei "null Atomstrom" beträgt die Steuer ebenfalls null.

Zusätzlich zahlen die Kernkraftwerksbetreiber neun Euro pro zusätzlich eingespeister MWh (= 1.000 kWh) in einen Fonds zur „Finanzierung der Förderungsmaßnahmen zur Umsetzung des Energiekonzeptes“

Freitag, 15. April 2011

Das Hochspannungsnetz an neue Lastflüsse anpassen

Die ersten Kraftwerkshersteller wie z.B. AEG betrieben ihr Kraftwerk noch selbst und zogen Leitungen zu den Verbrauchern. Der erste Verwendungszweck von Strom war Licht. Gasbeleuchtung war eine häufige Brandursache in Wohnhäusern, Strom bot hier die Aussicht auf Besserung. Die Drehschalter in den Kellern alter Häuser sind den Gasdrehschaltern nachempfunden, die sie ablösen sollten. Man drehte den Gasstrom auf oder zu, wie bei einer Wasserleitung. Die Kunden sollten sich beim Umstieg auf Strom möglichst nicht umgewöhnen müssen.

Das kann man z.B. sehr anschaulich bei Kurt Berlo (dem Gründer des Dortmunder Energiewendekomitee) und Hartmut Murschall-Zabel nachlesen (Link). Irgendwann hatte jemand die Idee, zwei "Inselnetze" zu verbinden, um sich gegenseitig bei Wartungsstillständen oder Ausfällen Backup zu liefern. Damit ein Kraftwerk für das andere einspringen konnte, musste dieses Reserveleistungen mobilisieren können, um die zusätzlichen Verbraucher mitversorgen zu können.

So entstand die Idee des Versorgungs- und später Verbundnetzes. Man baute große zentrale Kraftwerke, die einander aushelfen können. Je größer das einzelne Kraftwerk, desto mehr musste natürlich im Falle eines Ausfalls ersetzt werden. Andererseits, je mehr Kraftwerke man zu einem Verbund zusammenschloss, desto mehr konnten sich an der Abdeckung eines Ausfalls beteiligen. Unterm Strich entstanden so aber mehr Kraftwerkskapazitäten als die reine Addition der Verbraucher ergeben hätte. Das sind die sogenannten "Überkapazitäten". Stromim- und -export war schon immer Plan des Verbundnetzes, aber die Auslegung sollte so sein, dass sich jedes Energieversorgungsunternehmen im Normalfall selbst versorgen kann.

Die Kraftwerke wurden dort gebaut, wo die Verbraucher waren. Und die Verbraucher waren dort, wo es Arbeit und Rohstoffe gab. Im Ruhrgebiet z.B. Kohle und Erze. Da Großkraftwerke wassergekühlt sind, baut man sie vorzugsweise an einen Fluss oder Kanal mit natürlicher Strömung.

Da das Ruhrgebiet "mehr Kohle hatte, als es brauchte" (schönes Bild..) exportierte es sie, z.B. ins Agrarland Bayern. Da man Wind, Sonne und Wasserkraft aber nicht exportieren kann, wird man sie in Form von Strom exportieren müssen. Auch hier kommt der Verbundnetzgedanke zum Tragen: Die Küste hat mehr Windstrom, als sie selbst braucht. Spanien und Desertec werden mehr Sonnenstrom produzieren, als sie selbst brauchen. Die Übertragungsstrecken werden dabei länger, als zwischen den alten Großkraftwerken: Pro km Entfernung beträgt die wirtschaftliche Übertragungsspannung 1kV. Im Ortsnetz sind das 400V wegen durchschnittlich 400m Entfernung zur Trafostation. Unser 400kV Netz transportiert wirtschaftlich bis zu 400km. Diese Entfernung war früher die wirtschaftliche Grenze der Hochspannungstechnik in unseren Gefilden, darüber hinaus wurde es wirtschaftlicher, ein neues Kraftwerk zu bauen.

Das Problem ist heute: Das alte Verbundnetz stützt sich auf andere Verbindungsachsen, als wir sie für die Energiewende brauchen. Aber dann bauen wir es eben um. Es ist ja auch so irgendwann mal nach Bedarf entstanden. Der Bedarf ändert sich aber gerade, und das Netz ist eh in die Jahre gekommen. Die Netzbetreiber hatten sich nur daran gewöhnt, nichts mehr investieren zu müssen, weil so eine Leitung, Umspannstation samt Trafo eben Jahrzehnte hält.

Die Hochspannungstechnik ist inzwischen vorangeschritten. Dank der Weiterentwicklungen in der Leistungselektronik gibt es heute Möglichkeiten auch hohe Leistungen über mehr als 1.000km wirtschaftlich zu transportieren.

Übrigens meldet die Tagesschau, dass es mit den Bürgerprotesten gegen neue Freileitungen gar nicht so weit her ist, wie die CDU stets behauptet. Die meisten Netzbauprojekte lägen laut DENA voll im Plan. Der Grund dafür sei, dass die Bundesregierung selbst den Weg frei gemacht habe für Erdkabel in Siedlungsnähe und für Hochspannungsgleichstromübertragung (Link zur PM Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) )

Montag, 11. April 2011

Solms: Sofortabschaltung war "autokratische" Entscheidung der Ministerpräsidenden

In den vergangenen Tagen hat die FDP Spitze, zuletzt durch Hermann-Otto Solms im Interview der Woche des DRadio (Link), den Eindruck erweckt, sie habe bereits 1981 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Da fragt man sich, warum sie bis zu ihrer Abwahl von der Bundesregierung 1998 und nach ihrer Wiederwahl 2010 nicht nur nichts für den Ausstieg unternommen hat sondern sogar die beschlossenen Laufzeitverkürzungen wieder rückgängig gemacht hat. Die FDP hätte es im eigenen Interesse besser unterlassen, auf Antiatompartei zu machen, denn so wird nur wieder einmal das Bild von der Umfallerpartei bestätigt.

Solms hat in dem Interview noch etwas interessantes gesagt: Es sei nicht die Bundesregierung gewesen, die nach Beschluss des "Moratoriums" die sieben Altkraftwerke vom Netz genommen habe. Sondern die Unions-Ministerpräsidenten, die Bundeskanzlerin Merkel zuvor ins Gebet genommen habe:
Adler: Nun war das eine Entscheidung, die ja zusammen mit der Bundesregierung getroffen worden ist - zusammen mit der Kanzlerin, mit dem Bundesumweltminister, mit dem Bundeswirtschaftsminister von Ihrer Partei. Das war ja keine autokratische Entscheidung von Ministerpräsidenten.

Solms: Doch, das war eine autokratische Entscheidung der Ministerpräsidenten, die für die Atomaufsicht zuständig sind . . .

Adler: . . . in der Ausführung . . .

Solms: . . . nein, die sind für die Atomaufsicht zuständig und nur sie konnten diese Entscheidung treffen. Wenn es eine Entscheidung der Bundesregierung gewesen wäre, dann hätte der Umweltminister die Abschaltung anordnen müssen. Das hat er nicht getan. Das war sozusagen eine klare einseitige Entscheidung der Ministerpräsidenten. Die Bundeskanzlerin hat nicht widersprochen, weil sie erkannt hat, dass die Ministerpräsidenten den Wunsch hatten, dies zu tun und sie das auch gar nicht verhindern konnte.

Quelle: DRadio Interview

Im weiteren Interviewverlauf bestätigt er sogar explizit, dass sich deshalb etwaige Schadensersatzklagen nicht gegen die Bundesregierung sondern gegen die handelnde Atomsicht im jeweiligen Bundesland zu richten habe. Allen voran gegen den bayerischen MP Seehofer, weil der am meisten Druck in diese Richtung gemacht habe.

Wer solche politische Verbündete hat, braucht wahrlich keinen politischen Gegner mehr. Mag sein, dass Solms juristisch richtig liegt. Aber ich kann mich an kein Statement der Bundesregierung gegen die sofortige Abschaltung erinnern. Im Gegenteil hat FDP Generalsekretär Lindner durch sein Nachpreschen, keiner der abgeschalteten Altkraftwerke dürfe je wieder ans Netz gehen, suggeriert, die Bundesregierung sei mit der Sofortabschaltung mehr als einverstanden.

Von der RWE Klage gegen die Abschaltung von Biblis ist nur bekannt geworden, dass sie beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingereicht worden. Gegen wen genau sie sich richtet, konnte ich nicht recherchieren. Bisher waren aber wohl alle Beobachter in dem Glauben, die Abschaltung sei in direkter Folge des sog. Atom-Moratoriums erfolgt. So ist auch dessen Definition bei Wikipedia formuliert: Link
Auf Bitte der Bundesregierung ordneten die Atomaufsichtsbehörden der Länder, in denen diese Kraftwerke stehen, ihre befristete Stilllegung (Abschaltung) an. Einige Bundesländer fürchten erhebliche Schadensersatzforderungen, falls Gerichte das Moratorium als rechtlich unzulässigen Eingriff beurteilen.
Quelle: Wikipedia


Konkret wird Umweltminister Röttgen wie folgt wiedergegeben:
Das Gebot äußerster Vorsorge zwinge erst einmal zur Abschaltung der älteren Kraftwerke, ergänzte Röttgen. Als rechtliche Grundlage dafür nannte er Paragraph 19, Absatz 3 des Atomgesetzes.

Dies steht im Widerspruch zur Aussage von Solms: Damit dürfte weiterer Streit zwischen CDU und FDP bzw. Bund und Ländern entstehen, wenn es darum geht, für den Schadensersatz an RWE aufzukommen, wenn das Gericht für RWE entscheiden sollte. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht.

Donnerstag, 7. April 2011

Beim Atomausstieg voRWEggehen

"Was nutzt es, wenn wir aus der Atomenergie aussteigen und dann Atomstrom aus Frankreich und Osteuropa beziehen?" fragen Atomenergiebefürworter.

Hier meine Antwort: Mit jedem Kilometer Abstand zu einem Atomkraftwerk gewinnt man an persönlicher Sicherheit. Rein egoistisch gedacht, beziehungsweise: liberal.

Steigen dadurch die Risiken für die Anwohner der exportierenden Atomkraftwerke? Das hängt davon ab, wie die Betreiber mit der Mehrauslastung umgehen. Wenn das Risiko tatsächlich steigen sollte, müssen die Anwohner vor Ort sich bemerkbar machen und auf die EdF oder ihre Regierung einwirken. Politische Willensbildung betreiben. Vielleicht steigen sie dann irgendwann auch um.

Vielleicht können sie dann schon auf Deutschland verweisen, dass beim Umbau seiner Stromversorgung noch weiter voran gekommen ist.

Die Einführung des Autos haben wir schließlich auch ohne "Abstimmung" und "Gesamtkonzept" vorangetrieben, einfach weil wir es wollten. Sicher hat es auch damals schon die Mentalität gegeben, gegen Autos und für die Beibehaltung des Pferdes zu sein. Allerhöchste deutsche Kreise sollen dazu gehört haben.

Auf jeden Fall wird die regenerative Stromerzeugung den Anteil der Kernkraftwerke bald überflügeln können. Es steht nur noch 17:22 (Link). Es wird etliche Weiterentwicklungen geben, die die Wirkungsgrade von Altanlagen verbessern. Es ist nämlich so: Beim Aufbau der Windkraftanlagen wurden die besten Windstandorte zuerst bebaut. Aber zu Beginn hat man eben auch die schlechtesten Anlagen verbaut, weil die Entwicklung noch nicht so weit war. Würde man die besten Standorte mit dem Stand der Technik bebauen, wäre die Stromausbeute wesentlich höher. Diese Potenziale wird man in den nächsten Jahren realisieren.

So wird es kommen: Deutschland geht bei der Energiewende (die übrigens eine Erfindung des Ökoinstituts in Freiburg, und nicht von Schwarz-Gelb ist) voran. Auch allein. Zu unser aller Nutzen.

Dienstag, 5. April 2011

Die Unterzeichner des Atomappells 2010

Hier noch mal die Unterzeichner des Atomappells 2010, mit dem die Regierung dazu gebracht wurde, die Laufzeiten alter Atomkraftwerke zu verlängern.

Keiner von ihnen kann sich auf das Argument berufen, er habe damals noch nicht die Erkenntnisse von heute gehabt. Es geht seit dreißig Jahren um genau diese Erkenntnisse. Er wollte sie nur nicht zur Kenntnis nehmen, weil er es besser wusste und sich in dieser Pose gefiel.

Es befinden sich übrigens viele Personen darunter, bei denen der kurzfristige Erfolg auf Kosten bzw. zu Lasten anderer auch sonst zum Selbstverständnis gehört: Z.B. Ackermann, Clement, Grube, Maschmeyer, Merz, Schily, Jürgen Thumann (Ex-IKB). Sachverständige befanden sich nicht auf der Liste. Und diesen Appell hat keine Frau mit unterschrieben.

Josef Ackermann, Vorstandschef der Deutschen Bank
Dietrich Austermann, CDU-Politiker, er war von 2005 bis 2008 Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein
Werner Bahlsen, Bahlsen
Paul Bauwens-Adenauer, Bauwens
Wulf Bernotat, BDI-Vizepräsident, war Eon-Vorstandsvorsitzender
Oliver Bierhoff, Manager der Fußball-Nationalmannschaft
Manfred Bissinger, Publizist
Herbert Bodner, BDI-Vizepräsident
Wolfgang Clement, Ministerpräsident und Bundeswirtschaftsminister a. D.
Eckhard Cordes, Metro-Vorstandsvorsitzender
Gerhard Cromme, ThyssenKrupp
Michael Fuchs, Unternehmer und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag
Ulrich Grillo, Grillo-Werke
Jürgen Großmann, BDI, RWE
Rüdiger Grube, Deutsche Bahn
Christopher W. Grünewald, Papierfabrik Gebr. Grünewald, BDI
Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzenden und BDI-Vizepräsident
Tuomo Hatakka, Vattenfall-Chef
Wolfgang Herrmann, TU München
Horst W. Hippler, KIT
Hans-Peter Keitel, BDI-Präsident
Arndt G. Kirchhoff, Kirchhoff Automotive, BDI
Kurt J. Lauk, Wirtschaftsrat der CDU
Ulrich Lehner, Henkel, BDI-Vizepräsident
Friedhelm Loh, Friedhelm Loh Group, BDI-Vizepräsident
Carsten Maschmeyer, MaschmeyerRürup
Friedrich Merz, Rechtsanwalt
Arend Oetker, BDI-Vizepräsident
Hartmut Ostrowski, Bertelsmann
Bernd Scheifele, HeidelbergCement
Otto Schily, Bundesinnenminister a.D. und Rechtsanwalt
Wolff Schmiegel, Ruhr-Universität Bochum
Ekkehard Schulz, ThyssenKrupp und BDI-Vizepräsident
Johannes Teyssen, Eon
Rainer Thieme, Salzgitter
Jürgen Thumann, BusinessEurope, Ex-Präsident und heutiger Vizepräsident des BDI
Michael Vassiliadis, IG BCE
Hans-Peter Villis, Vorstandschef von EnBW
Gerhard Weber, Gerry Weber International
Werner Wenning, Bayer
Matthias Wissmann, VDA, BDI-Vizepräsident

Quelle: FAZ

Samstag, 2. April 2011

Ist die Atomwirtschaft systemrelevant?

Auch in der Logik der Atomindustrie gilt: Gewinne privatisieren, Verluste (und Risiken) sozialisieren. Das zeichnet sich in Fukushima ab. n-tv zitiert Japans Ministerpräsident Kan sinngemäß mit den Worten, TEPCO werde für die Schäden zahlen und weiterhin hart arbeiten müssen. Aber damit TEPCO dies könne, müsse der Staat stützend zur Seite stehen.

Ob er mit harter Arbeit nur die verstrahlten Arbeiter meinte, oder auch den mit Kopfweh krankgeschriebenen Vorstandsvorsitzenden Shimizu sei mal dahin gestellt. Allerdings ist das Ende von dessen Amtszeit nun absehbar. Wenn der Staat bei TEPCO das Heft in die Hand nimmt, wird man sich Mühe geben, dem sicherlich untröstlichen Shimizu irgendwie wieder Licht ins Leben zu bringen. Und sei es mit einem goldenen Handschlag. Jedenfalls hat Kan gestern zum Zeichen der Entsolidarisierung mit der Bevölkerung und den Rettungsarbeitern von Fukushima gestern seines blauen Overalls entledigt und sah gestern wieder wie ein Mitglied der Elite aus.

Ein goldener Handschlag für den Vorstandsvorsitzenden vom Ministerpräsidenten, der mit Staatsgeldern jetzt mal das Ruder übernimmt. So sind die Gepflogenheiten.

Fukushima wird dann nicht nur das Tschernobyl des (politischen) Westens sein. Sondern TEPCO wird das Lehman Brothers der Atomwirtschaft. Von einem intellektuellen oder moralischen Standpunkt aus könnte man das jetzt irrtümlich als das Symbol verstehen, das alle Regeln geändert hat, weil von "heute an nichts mehr ist wie es war." Nein, so meint die industrielle Logik das nicht. Sondern so, dass die auf den Punkt gebrachten, mit einem Super-Gau den gesamten Business Case des Unternehmens über den Haufen werfenden Verluste jetzt bitte nicht den Aktionären und Managern die Laune verderben. Sondern dem Steuerzahler.

Nannte nicht Warren Buffet die nicht mehr kontrollierbaren Derivateprodukte von Lehman und Konsorten finanzielle Massenvernichtungswaffen? Dieser Begriff passt auf die Nuklearwirtschaft noch besser.

In Deutschland sind bis jetzt keine Schäden aber jede Menge Risiken der Atomwirtschaft sozialisiert: Z.B. fahren alle AKWs seit dem ersten Betriebstag ohne Versicherung.
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hält Nuklearkatastrophen für unversicherbar. Der Preis für eine solche Absicherung wäre außerordentlich hoch und die Übernahme dieses Risikos für eine Versicherung aus Sicht des Branchenprimus nicht verantwortbar.
Quelle: n-tv

Unser System fährt hier also ein Risiko, dass es innerhalb seiner eigenen Logik nicht versichern kann. Dafür muss es Gründe geben. Die gab es auch. Erstens verhieß das Atomzeitalter zu seinem Beginn billigen Strom, also Energie, also Wohlstand für alle. Ohne Abgase. Und für Atomminister Strauss verhießen die Meiler und alles was da noch geplant war, obendrein den Zugang zu waffentauglichem Material. Also, ein großer Zugewinn für das Allgemeinwohl, deshalb auch ein zumutbares Risiko für die Allgemeinheit? Mit einem Wort: Ist die Atomwirtschaft "systemrelevant"?

Die verheißungsvollen Annahmen haben sich alle als falsch erwiesen. Die Atomenergie rechnet sich nur für ihre Hersteller und die Betreiber und deren Großkunden. Für die Allgemeinheit rechnet sie sich nicht, weil die alle Folgekosten tragen muss, die nicht in den Lebenszyklus der Anlagen eingerechnet sind. Neben den Super-GAU Risiken ist das vor allem die Endlagerung.

"Systemrelevant" gaukelt also auch hier nur vor: "Im Interesse von allen".

Doch wie reagierten die inflagranti ertappten Banker, als wir sie zur Rede stellten? Als wir sie fragten, wie sie Lieschen Müller mit windigen Zertifikaten um ihre Ersparnisse für ihre Rente (von der Regierung dazu aufgefordert) bringen konnten? Ihre Antwort war: Jeder muss wissen was er tut, und für die Gier der Leute könne man nichts.

Ob solcherart Sprüche auch die Vorstände von Energieunternehmen auf den Lippen haben? Bevor wir diese Frage beantwortet bekommen, muss schnell gehandelt werden. Entweder machen wir das Risiko Atomenergie kalkulierbar, in dem wir alle Kosten und Risiken in den Strompreis einrechnen und dann entscheiden ob wir das machen wollen. Oder wir schaffen sie ab.

Dienstag, 29. März 2011

Lastwechselbetrieb von Atomkraftwerken bei Zubau von Windkraft

Die Energieversorger haben ihre Gründe, Windkraftanlagen zu verhindern. Dazu gehört die schlichte Konkurrenzsicht. Atomkraftwerksbetreiber haben darüber hinaus noch ein einen speziellen Grund: Materialermüdung durch ständiges Nachfahren der Windkraftschwankungen.

Denn, sollte der Zubau von Windkraftanlagen (WKA) so weiter gehen, wird man die Atomkraftwerke, die eigentlich für gleichmäßigen Grundlastbetrieb ausgelegt sind, stärker in ihrer Leistung regeln müssen, abhängig von der WKA-Einspeisung ins Netz - denn Wind hat gesetzlich Vorrang. (Die Einspeisung aller Kraftwerke wird anhand der Beobachtung der Netzfrequenz von 50Hz dem momentanen Verbrauch nachgefahren.)

Bislang galt die ausgeprägte Leistungsregelung nur für Spitzen- und Mittellastkraftwerke, also Gas und Kohle. Zu dieser Auslegung gehört die Berücksichtigung der Materialermüdung von Kessel, Wasserrohren, Turbine und Generator durch ständiges Erhitzen und Abkühlen.

Die meisten deutschen Atomkraftwerke sind nicht auf einen solchen Lastwechselbetrieb ausgelegt - sagen Kritiker. Doch der Lastwechsel - oder -folgebetrieb werd umso häufiger, je mehr Windkraft wir ins Netz bekommen.

Nur die drei "neuesten" Atomkraftwerke, Isar2, Neckar-Weistheim 2 und Emsland, sind auf solchen Lastwechsel- oder Lastfolgebetrieb ausgelegt: 2x pro Monat dürfen sie auf 20% Leistung heruntergehen und alle 36 Tage auf 0. (Spezifikation Konvoibauweise laut Gesellschaft für Reaktorsicherheit GRS, 1990).

Wenn die Regierung an der Laufzeitverlängerung und gleichzeitig an dem Ausbau der regenerativen Energien festhält, wird sogar diese Auslegung der Konvoikraftwerke überschritten werden. Das sagt der Sachverständigenrat für Umweltfragen: Die GRS habe nur für eine Anlage für drei Szenarien durchgerechnet und danach empfohlen, dass alle Kraftwerke für 25 Störfallszenarien hinsichtlich ihrer Belastungen für Thermik und Chemie im Reaktor durchgerechnet werden.

Wolfgang Renneberg vom Sachverständigenrat sieht im Lastwechselbetrieb eine wesentliche Änderung der Betriebsweise der Anlagen und hält neue Genehmigungen für die Kernkraftwerke erforderlich. Dabei verweist er auf das Atomgesetz.

Die Szenariorechnungen und neue Genehmigungen sollten seiner Meinung nach Ergebnis des Moratoriums sein. Biblis A, Unterweser, Neckar-Westheim 1 sind bereits im Lastwechselbetrieb gefahren. Doch der ist in der Liste der geplanten Sicherheitsüberprüfungen bis jetzt nicht aufgeführt.

Die Kraftwerksbetreiber sind da anderer Meinung. Sie haben die Auswirkungen des Lastwechselbetriebes vom Kraftwerkshersteller untersuchen lassen. Ergebnis: Kein Grund zur Sorge!

Unabhängig vom Reaktortyp gilt: Die populäre Annahme, dass ein Kernkraftwerk "von null auf hundert" ein bis zwei Tage brauche, gelte nur für ein Runterfahren zum Brennelementewechsel. Wenn es nur darum ginge, kurzfristige Leistungsschwankungen, wie z.B. bei einer Windflaute, auszugleichen, sei ein AKW viel schneller zu regeln. Es kühle sich auch nicht wesentlich dabei ab.

Siedewasserreaktoren (SWR):
Die Leistungsregelung erfolgt hier hauptsächlich über die Drehzahl der Umwälzpumpen für den Wasserkreislauf. Erhöhe man den Wasserdurchsatz, nehme der Dampfanteil im Reaktorkern ab und der Wasserpegel zu. Da das Wasser nicht nur Kühlmittel sondern auch die Kettenreaktion unterstützender "Moderator" ist, nehme auch diese zu. Und umgekehrt: Pumpen runter fahren, heißt: Dampfanteil erhöhen, Moderatorbedeckung senken, Leistung herunterfahren. Auf diese Weise könne man den Siedewasserreaktor zwischen 60 und 100% regeln, ohne die Brennstäbe selbst verfahren und diese somit thermischen Belastungen aussetzen zu müssen. (Einwand: Kann man das so sagen? Es macht schon einen Unterschied, auch thermisch, ob der Brennstab von Wasser oder von Dampf bedeckt ist.) Bis zu 10% der Nennleistung könne der Reaktor so pro Minute rauf- oder runterfahren. Nur für den Bereich zwischen 20 und 60% müsse man auch die Brennelemente selbst ansteuern. Dies komme in den Szenariorechnungen Windkraft jedoch praktisch nicht vor, wenn alle Kernkraftwerke mit regeln. (Übrigens nebenbei: Man sieht hier, dass der SWR in gewissen Grenzen eine Eigensicherheit hat: Wenn die Temperatur steigt, steigt der Dampf, sinkt der Wasserpegel, sinkt die Bedeckung der Brenstäbe mit Moderator, sinkt die Leistung.)

Druckwassereaktor (DWR):
Hier lässt sich nichts über den Dampfanteil regeln, weil der Primärwasserkreislauf, der durch den Reaktor, unter so hohem Druckgehalten wird, dass das Wasser nicht verdampft. Deshalb wird der DWR über Verfahrprogramme für die Brennelemente geregelt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass es nicht zu lokalen Überschreitungen der Leistungsdichte kommt. Dafür ist eine genaue Beobachtung jedes einzelnen Brennelementes erforderlich. Dies sei in deutschen DWR gegeben.

Zu zyklischen Beanspruchungen des Reaktors durch Lastwechsel heisst es:
Lastwechsel in dem vorstehend beschriebe- nen Rahmen sind ganz überwiegend mit nur geringen Änderungen von globalen An- lagenparametern wie Druck und Tempera- tur im Reaktorkühlsystem verbunden. Die dadurch bedingten geringen Wärmespan- nungen sind für die Ermüdung der betrof- fenen Komponenten unerheblich. Größere Temperaturgradienten mit entsprechend höheren Beanspruchungen können auftre- ten, wenn in einzelnen Komponenten unterschiedlich heiße Medien aufeinandertreffen.
..
Deutsche KKW sind für die mit Lastwechseln verbundenen Belastungen ausgelegt. Dabei ist eine bestimmte An- zahl von Lastfällen (in diesem Fall Lastwechselvorgängen) unterstellt, die die über die Lebensdauer der Anlage zu erwarten- den Häufigkeiten abdeckt.

Die Frage ist hier, ob die zu erwartenden Lastwechsel bei der Planung schon so waren, wie wir sie heute erwarten? Dazu verweist die Studie auf laufende Überwachung und regelmäßige Prüfungen aller relevanten Materialien und Bauteile..

Fazit:
Die Fragestellung ist komplex. Konzeptionell kann man den Darstellungen der Kraftwerksbetreiber zwar folgen. Aber was zeigt die Praxis?
Man könnte auch andersherum argumentieren: Je mehr und verteilter Windparks in Deutschland installiert sind, desto mehr verwischen sich auch die Flauten und damit der Effekt. Nur längere, tagelange, Flauten, womöglich verbunden mit niedrigen Wasserständen in Flüssen bei hohen Sommertemperaturen und das ganze zyklisch wiederholt, könnten für die Kernkraftwerke Stress bringen.

Quellen:
Deutschlandradio Wissen und Natur,
Studie Renneberg Consult (Link),
Regelwerk der GRS (Link)
Internationale Zeitschrift für Kernenergie "Lastwechselfähigkeiten deutscher Kernkraftwerke" (Link)

Sonntag, 20. März 2011

Erstaunlich realistisch: "Das China-Syndrom" mit Jane Fonda

Das "China-Syndrom" hat seinen Namen von der Fiktion, dass sich der geschmolzene Kern eines amerikanischen Atomkraftwerks immer tiefer in die Erde durchfrisst, bis er in China wieder ans Tageslicht tritt. In Japan müsste man dieses Syndrom also logischerweise als Europasyndrom bezeichnen. Was genau gegenüber von Fukushima liegt, kann uns OSM-Mapper Werner sicher sagen?

Es gibt auch einen gleichnamigen Film (Wikipedia Link). Er handelt von einem Störfall in einem Atomkraftwerk in Kalifornien. Er kam 1979 kurz vor Bekanntwerden des Störfalls in Three Mile Island in die Kinos, sein Drehbuchautor bewies damit ebenso prophetische Fähigkeiten (oder Insiderwissen) wie der Film "Wage the dog". Zum Zeitpunkt des Unfalls befindet sich zufälligerweise ein Reporterteam im Kraftwerk und lässt sich dessen Funktionsweise erklären. Plötzlich zittert das ganze Gebäude, als habe es einen -Achtung:- Erdstoß gegeben. Die Mannschaft im Kontrollraum reagiert schnell. Aber sie reagiert - wie sich später zeigt- auf widersprüchliche Anzeigen der Leitwarte. Der Wasserpegel im Reaktorraum wird mal zu hoch und mal zu tief angezeigt. Die Mannschaft wird damit für einen Augenblick zu genau entgegensätzlichem Verhalten von dem animiert, was eigentlich richtig wäre. Später zeigt sich, dass ein fehlerhaftes Generatorrelais der Auslöser des Ganzen war. Das klingt harmlos (und beruhigend, wenn man nicht mehr erfährt), brachte das Kraftwerk jedoch im weiteren Verlauf nahe an den GAU.

Damit zielt der Film auf die stets verharmlosende Rhetorik in offiziellen Meldungen, hier oder da habe man eine defekte "Schweißnaht" oder eine "nicht anspringende Pumpe" entdeckt. Die Berichterstattung macht sich da stets die Komplexität eines solchen Kraftwerks zunutze und den damit vorraussetzbaren populären Irrtum in der Bevölkerung, ein einziger Befund werde schon nicht so dramatisch sein. Denn es wird ja selten in den Vordergrund gestellt, welche Bauteile die Schweißnaht verbindet, oder welchen Wasserstrom die Pumpe betreibt. Doch es geht dabei um die Schweißnaht des Reaktordruckbehälters und es geht um den Kühlkreislauf, der ein schnell abgeschaltetes Kraftwerk von der Kernschmelze abhält.

Auch darum geht es in dem Film. Und darauf richten sich derzeit unsere Hoffnungen bei der aktuellen Entwicklung in Fukushima.

Der leitende Ingenieur in dem Film geht dem Unfall gründlich nach und findet Pfusch bei der Genehmigung des Kraftwerks. Der zuständige Gutachter hat nicht von jeder Schweißnaht eine Röntgenaufnahme gemacht, sondern von einer. Und hat Kopien von dieser als Aufnahmen aller anderen Schweißnähte ausgegeben. Als der Ingenieur den zuständigen Gutachter darauf zur Rede stellen will, droht dieser ihm mit den nicht zimperlichen Gepflogenheiten des Kraftwerkssicherheitsdienstes.

Wir lernen: Es ist die Kombination aus technischem Versagen (das Relais, die fehlerhafte Anzeige) und menschlichem Versagen (der Pfusch bei der Genehmigung, die richtige Reaktion auf falsche Anzeigen), die aus einem kleinen Störfall einen großen macht.

Hinter den Kulissen findet ein dramatischer Kampf zwischen den Kraftwerksbetreibern und dem Nachrichtensender der Reporterin statt. Denn unbemerkt hat der Kameramann den Leitstand des Kraftwerks gefilmt, als die Mannschaft versuchte, den Reaktor abzufangen. Doch der Chefredakteur weigert sich, mit Verweis auf das Strafrecht, das Material zu senden. Dem Kraftwerksbetreiber geht es währenddessen darum, die Genehmigung für ein baugleiches zweites Atomkraftwerk nicht zu verzögern. Das würde ihn Millionen kosten.

Diese Finanzinteressen entpuppen sich als mindestens genau so mächtig wie die Urantablette, die der Reporterin zu Beginn ihres Drehs gezeigt wurde. Es werden Männer fürs Grobe eingesetzt, um zu verhindern, dass die Sache mit dem Pfusch und dem wahren Ausmaß des Unfalls ans Licht kommt. Zum Schluss wird der leitende Ingenieur vom Sicherheitsdienst erschossen, und vom Vorstandsvorsitzenden als psychisch labiler Mensch dargestellt, der unter Alkoholeinfluss versucht habe, das Kraftwerk in seine Gewalt zu bringen.

Mir fällt auf, dass wir in den Medien derzeit von Eon stets den Vorstandsvorsitzenden Teyssen sehen, von RWE aber immer nur den für die Kraftwerke zuständigen Vorstand Dr. Jäger. Ob das etwas mit dem Thema Unternehmerhaftung oder mit dem an Grad an Fachkenntnis zu tun hat, spielt auf den ersten Blick keine Rolle. Ich will dann aber auch wissen, wer bei einem Störfall in Biblis eigentlich das letzte Wort über Rettungsmaßnahmen hätte: der Vorstandsvorsitzende Grossmann oder Dr. Jaeger? Der letzte Verantwortliche RWE Vorstand, dem ich persönlich vertraut hätte, ist leider schon 1999 gegangen: Prof. Dr. Werner Hlubek war ein Vollblutkraftwerker und Wissenschaftler. 1999 verließ er RWE, nachdem zuvor sein Unmut über nachlassende Investitionen in die Kraftwerke laut geworden war.. Sein Nachfolger wurde der vorherige Chefcontroller -und damit mutmaßlicher Gegenspieler: Dr. Jaeger. (Wenn dem Leser nun Ähnlichkeiten zum Investitionsverhalten der Deutschen Bahn im Vorfeld ihres Börsengangs in den Sinn kommen, muss er das selbst verantworten..)

Was wir aber auf jeden Fall lernen: Die andere Seite, das sind die Kraftwerksbetreiber und die Bundesregierung, spielt Fukushima nun insofern herunter, als wir in Deutschland keine Naturkatastrophen a la Japan zu erwarten haben. Jedenfalls hat sich laut WAZ (Link) Kanzleramtsminister Pofalla (ein ausgemachter Kernkraftexperte, der nebenbei Sozialpädagogik und Jura studiert hat, wenn man Wikipedia glaubt) im Wahlkampf so geäußert. Pofalla wäre der Mann, der uns ein defektes Relais entgegenhalten würde, um zu beweisen, dass nicht die Kernenergie versagt hat, wenn mal was passieren sollte.

Die andere Seite lernt offenbar nur aus Erfahrung. Wie Werner mal sagte: Sie verändern lieber die Wahrheit als ihren Business Case. Die einzige positive Überraschung im konservativen Lager sind für mich die Redaktionen der FAZ und der Welt. Sie halten die kognitiven Dissonanzen und die fortwährenden Beleidigungen ihres Intellekts durch Figuren wie Guttenberg, Merkel, Westerwelle, Brüderle, Homburger und nun auch Pofalla schon seit langem nicht mehr aus.

FAZ Kommentator Volker Zastrow bringt es sehr gut auf den Punkt (Link) , wenn er der Kanzlerin entgegenhält:
Das illustriert ihr Satz, in Japan sei das „Unmögliche möglich“ geworden – eine absurd romantische Wendung; wobei niemand die Bundeskanzlerin für naiv genug halten kann, dass sie nicht wüsste, was in Japan geschehen ist: Nicht das Unmögliche ist möglich, sondern das Mögliche ist wirklich geworden.


Wie ich heute morgen auf SPIEGEL Online (Link) mit einer gewissen Hoffnung auf sich einstellende Lerneffekte lese: Am Mittwoch soll der Wahlkampfhubschrauber von Bundeskanzlerin Merkel beinahe abgestürzt sein. Nachdem er sie abgesetzt hatte. Beide Triebwerke seien ausgefallen, der Hubschrauber sei ins Trudeln geraten. Die Piloten fingen den Hubschrauber im letzten Moment ab. Was mag sie bei der Nachricht gedacht haben? Ich will jetzt nicht hören, dass die Kanzlerin das Sicherheitskonzept ihrer Hubschrauberstaffel in Zweifel zieht. Es kann schließlich sein, dass nur ein einziges Relais seinen Dienst versagt hat.

Donnerstag, 17. März 2011

Vorlesungsskripte zu Kernprozesstechnik I+II

Die Skripte zur Vorlesung "Kernprozesstechnik" von Prof. Schwarz, ehemals VEW, die ich 1994/95 gehört (und geprüft!) habe, gibt es im Internet zum Download: Link

Prof. Roßnagel: Schwarzgelb hat eigenes Atomgesetz ausgehebelt

Interessantes Interview im Deutschlandradio mit Prof. Alexander Roßnagel, Uni Kassel (Link). Er klärt über die rechtlichen Zusammenhänge auf.

Keines der europäischen Atomkraftwerke verfügt über einen "Corecatcher", der eine Kernschmelze auffangen könnte. Deshalb seien die von Oettinger bzw. Merkel angekündigten Stresstests ein "Placebo".

Was Atomkraftwerke eigentlich brauchen:
- Einen externen Leitstand, der benutzbar ist, wenn der reaktornahe Leitstand nicht mehr benutzbar ist.
- Vorrichtungen, die auch bei Kernschmelzen, nach außen Sicherheit gewährleisten. Z.B. redundante Kühlsysteme und einen Corecatcher.

Rechtlich steht für ihn außer Frage, dass Merkels und Westerwelles Moratorium nicht rechtmäßig ist. 1994 verabschiedete die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung ein Gesetz, nachdem neue Atomkraftwerke nur genehmigungsfähig sind, wenn die Auswirkungen eines Unfalls in jedem Fall auf das Kraftwerksgelände begrenzt bleiben. 2010 verlängerte sie die Laufzeiten für Kraftwerke, die das Gesetz von 1994 eben nicht erfüllen. Bzw. ohne zu prüfen, ob sie es erfüllen. Die Laufzeitverlängerung war demnach gesetzeswidrig, bzw. im Widerspruch zu einem bestehenden Gesetz. Dagegen lässt sich klagen und das hat die Opposition ja auch angestrengt.

Deshalb sei das "Moratorium" ein nicht funktionierender Versuch, die unrechtmäßige Laufzeitverlängerung rückgängig zu machen. Man könnte ergänzen: um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

Die jetzt außer Betrieb gehenden Atomkraftwerke sind schon seit 1983 nicht mehr genehmigungsfähig.

Wenn ich es richtig verstehe, leitet sich das aus $7, Abs. 2, Punkt 3 des Atomgesetzes (Link) und der zur Umsetzung erlassenen Verfahrungsordnung (Link) ab:
(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn
1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Errichtung, Leitung und Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen,
2.
gewährleistet ist, daß die bei dem Betrieb der Anlage sonst tätigen Personen die notwendigen Kenntnisse über einen sicheren Betrieb der Anlage, die möglichen Gefahren und die anzuwendenden Schutzmaßnahmen besitzen,
3.
die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist,

4.
die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist,
5.
der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist,
6.
überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Umweltauswirkungen, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen.


Wenn Merkel und Lindner diesen Zusammenhang nun als "spitzfinding" bezeichnen, zeigt das, wie wenig ernst sie unser Rechtswesen nehmen, wenn es drauf ankommt.

Quellen
Atomgesetz: Link
Verfahrensordnung: Link
Interview im Deutschlandradio: Link