Erste Szene:
"Ihr Termin zum Räderwechseln fällt leider aus. Der Radsatz ist nicht angekommen. Wir melden uns wieder."
Es vergehen anderthalb Wochen. Dann melde ich mich und frage, ob inzwischen ein Termin in Sicht sei. Antwort:
"Ja, der Radsatz ist schon seit langem da. Schön dass Sie sich melden, dann können wir einen Termin machen."
Zweite Szene:
Ein Kollege arbeitet eine Vorgehensweise für die Behördengenehmigung (Zulassung) von Produktbauteilen aus. Er lädt zig Verantwortliche ein, die den Begriff "Verantwortlicher" in ihrer Rollen- und Aufgabenbeschreibung haben, zu einer Inforveranstaltung ein. Er macht alle Informationen zugreifbar und verteilt "Einseiter", auf denen alles in Bildern erklärt ist. So weit so gut.
Melden sich nach der Veranstaltung mehrere "Verantwortliche" per Email bei meinem Kollegen: "Du, das ist ja sehr kompliziert. Bitte achte mit darauf, dass ich da nichts vergesse und melde Dich, wenn ich da etwas übersehe." Sie melden sich schriftlich, weil sie glauben, sich so abgesichert zu haben und die Verantwortung an den Kollegen abgeschoben zu haben.
Dritte Szene:
Deutsche Bahn. Antwort einer Zugchefin zu einem Kunden, der wegen der Zugverspätung einen Termin verpasst:
"Aber man weiß doch, dass wir Probleme mit der Pünktlichkeit haben, das muss man bei der Reiseplanung doch berücksichtigen."
Vierte Szene:
Hausverwaltung einer Eigentümergemeinschaft. Antrag eines Miteigentümers, die Zustimmung der ETG zum Austausch zweier Fenster auf die nächste Versammlungsagenda zu setzen.
Antwort der Verwaltung, danach mischt sich noch ein Beirat ein::
"Haben Sie einen Beleg, dass Sie die Genehmigung brauchen?"
"Nein,, in Ihrem Onlinearchiv habe ich dazu nichts gefunden deshalb habe ich mich auf das WEG Gesetz berufen. Wir müssen die Zustimmung und Kostenträgerschaft klären."
"Können Sie mir das Gesetz mal zu mailen?" (Es zu kennen, genau so wie die geltenden Regelungen der ETG, ist eigentlich Aufgabe der Hausverwaltung. Aber weil ich mir die Mühe der Recherche gemacht habe, kann ich die Absicherung des Vorgehens aus Sicht des Hausverwalters gleich ganz übernehmen. Aber das ist noch nicht alles, es meldet sich der Beirat.")
"Das brauchen wir nicht. Meine Fenster habe ich der früheren HV einfach zur Kenntnis und formalen Zustimmung gegeben."
"Wo steht, dass wir so vorgehen?"
"Das steht in einer Email des Mitbeirates an eine Miteigentümerin, als die die gleiche Frage hatte."
"Aber diese Email kennen nur Sie drei. Wo ist das geregelt?"
Schweigen. Seitdem herrscht Schweigen. Weitere Nachfragen wie es weitergeht, bleiben unbeantwortet.
All diesen Szenarien ist folgendes gemeinsam:
- Niemand fühlt sich mehr für irgendetwas verantwortlich - lässt sich für die Funktion aber gerne so beauftragen, ansehen und bezahlen.
- Jeder, auch ein mandatierter Funktionsträger, wurschtelt sich nur irgendwie durch. Die Mühe, Vorgehensweisen zu besprechen und zu verankern, um Rechts- und Investitionssicherheit zu schaffen, macht sich keiner mehr.
- Wenn es schwierig wird, taucht man ab. Oder hängt die Verantwortung jemanden um, der sich schon mehr als er müsste um die Sache gekümmert hat, weil er um die Unfähigkeit der anderen weiß.
- Die Unfähigkeit der Verantwortlichen wird als bekannt vorausgesetzt und zur Grundlage einer Verschiebung der Verantwortung vom Verantwortlichen auf den Gewissenhaften angesehen.
- Das Amt füllt die Leute aus, nicht mehr umgekehrt.
Das ist nicht nur Endzeitstimmung, sondern bereits Endzeit. Alles bricht auseinander, überall. Den obigen Schlußfolgerungen ist nichts hinzuzufügen - obwohl sie hätte deutlich drastischer formuliert werden müssen.
AntwortenLöschenDanisch.de hat auf dieses Schriftstück aufmerksam gemacht:
https://www.danisch.de/blog/wp-content/uploads/2023/04/rpschule.pdf
https://www.danisch.de/blog/2023/04/17/schule-der-zukunft-schafft-rheinland-pfalz-jetzt-den-schulunterricht-ab/
Man denke daran, daß - zumindest früher - in der Schule großflächig (und weiland auch erfolgreich!!) die "Grundlagen" gelegt wurden. Es war einmal...