Samstag, 11. April 2015

Radio "Philo" über Angst und Infantilisierung

Lob an WDR5 Radio Philo für einige der letzten Sendungen. Jürgen Wiebicke und Gundi Große (Redaktion) hatten interessante Gäste: Susan Neiman ging es um die infantile Gesellschaft, die die gebürtige Amerikanerin in Deutschland beobachtet. Und mit Heinz Bude ging es um unsere Angstgesellschaft. Beiden Beobachtungen ist gemein: die Verweigerung von Freiheit und Verantwortung.

Infantile Gesellschaft

Gesprächsabend der Philosophin Susan Neiman mit Freunden (alle in ihren 60er Jahren).
Sie: "Ich schreibe ein Buch über das Erwachsenwerden."
Freund:  "Oh, was für ein blödes Thema. "
Anderer Freund: "In der Tat. Mein Held war immer Peter Pan."

Nicht Erwachsen zu werden, galt damals vielen Alt-68ern als Form des Widerstands. Doch eigentlich -so Neiman- ist Erwachsenwerden, d. h. das mutige Bekenntnis zur Freiheit und Verantwortung für sein Leben zu übernehmen (sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu führen), die beste Voraussetzung für Widerstand. Aber natürlich nur, wenn man wirklich Verantwortung für einen Widerstand übernehmen will.

Kant erfand nicht nur das Wort von der selbstverschuldeten Unmündigkeit, sondern sagte auch: "Die Gesellschaft will keine mündigen Bürger haben. Es ist viel einfacher infantilisierte Menschen zu manipulieren und ruhig zu stellen als selbst denkende Bürger."
Neiman:
"Unsere Gesellschaften unterstützen diese Infantilisierung: Ich finde es  schon bezeichnend, dass die mächtigste Politikerin Europas 'Mutti' genannt wird. .. Ihre Botschaft ist ständig eine Beschwichtigung: Macht ruhig weiter, Mütti kümmert sich. Da braucht Ihr keine Alpträume über Griechenland zu haben."
Wer Kinder großgezogen habe, wisse wie man Kinder ablenken muss, um sie von ihrem Willen zu lösen. Wir als Erwachsene seien ebenfalls fast permanent abgelenkt. Auch ohne "soziale" Medien. Wir bekommen die Botschaft, Erwachsenwerden heiße möglichst viel Spielzeuge zu sammeln. Nur bezeichnen wir diese Spielzeuge verschleiernd als "Werkzeuge". Bei deren Benutzung haben wir  immer mehr unwichtige Entscheidungen zu treffen (Konfigurationen) und Aufmerksamkeiten zu zollen (Benachrichtungen, Updates..). Dabei vergessen wir, dass die wichtigsten Entscheidungen für unser Leben -anders als das Smartphone- nicht in unseren Händen liegen. Aber wer darauf hinweise, werde für kindisch gehalten. Das heißt, die die uns für eigene Zwecke infantilisieren wollen, werfen uns Infantlität vor, wenn wir uns dagegen wehren. (Das erinnert mich an die Prophezeiung von Ignazio Silone, nach der der neue Faschismus in der Gestalt des Antifaschismus daher kommen werde.)
Erwachsensein ist die Fähigkeit mit einem Auge zu sehen wie sie ist, und mit dem anderen Auge zu sehen, wie sie sein sollte. Das ist kein Zustand des Stillstandes. Die meisten Menschen geben leider irgendwann eine der Blickweisen auf.
Susan Neiman

Für einen weiteren Irrtum halte sie die Erwartung, erwachsen zu werden heiße mehr Sicherheit im Leben zu bekommen. Sie fordert vielmehr: "Bereitet junge Leute auf die Unsicherheiten im Leben vor."

Kritik:
Die Beobachtung der Infantilisierung teile ich. Ich meine, sie kommt auch oft in Form von Verdummungsangriffen daher. Verdummungsangriff entweder als Versuch uns zu verdummen. Oder unsere Dummheit bereits voraussetzend. Angriffe geführt aus der Haltung eines sich für klüger haltenden und sich uns verdummen zu dürfen anmaßenden Aggressors. Beispiel: Die Begründung der Einführung der PKW-Maut im Bundestag.

Gesellschaft der Angst

Heinz Bude meint:
In den westlichen Gesellschaften bietet Herkunft keine Sicherheit mehr. Es haben die an Sicherheit verloren, deren Herkunft Garant für Wohlstand und Ansehen war.
An die Stelle der Herkunft seien Leistung und persönliche Verbindungen getreten. Niemand steht mehr für einen ein, außer man selbst. (Denn auch Verbindungen funktionieren nur nach Geben und Nehmen.)

Keine Generation habe deshalb je so gute Chancen gehabt wie die heute 20jährigen. Ihnen schreibt er eine "demographische Rendite" in Form vieler offener Stellen am Arbeitsmarkt zu. Dennoch sei diese Generation eher pessimistisch - Stichwort "Generation Praktikum".
Bude erklärt sich diesen Widerspruch mit Verlustangst: "Ja es geht uns gut, aber wie lange noch?" Die Deutschen "trauen dem Braten nicht." Ergebnis: Verbitterung, Verdruss, Verzagtheit.

Bude fragt rhetorisch:
Was ist ein gelungenes Leben, was ist mein Maßstab dafür, ob ich mich verlaufen habe oder auf der richtigen Spur bin? Antwort: Diesen Maßstab gibt es nicht. Es wird sich immer erst im Nachhinein erweisen, ob das Leben gut war. 
(Ich erinnere i. d. Zshg. an die Sendung von Ende Dez. 2013 "Was ist das gute Leben?"). Dennoch empfinden wir nach Bude eine Schuldigkeit gegenüber den Möglichkeiten des Lebens. Wer die -im Nachhinein- falschen Entscheidungen treffe, empfinde eine Schuld gegen sich selbst. Nicht nur, wenn ihm die falsche Entscheidung geschadet habe, sondern bereits, wenn er nicht den optimalen Nutzen für sich gezogen habe.

Bude:
Die Freiheit lässt uns zittern und wir suchen -nach Sartre- Zuflucht bei den anderen. Und empfinden ihnen gegenüber wiederum Zweifel, in der Angst, sie könnten sich von uns abwenden..
Dilemma: Es geht uns gut, aber es nagt der Zweifel darin getäuscht zu werden. Haben wir keine Urteilskraft mehr, wie es uns gerade geht, weil man uns widersprüchliche Signale (oder Schweigen) sendet?

Kritik:
Die Angstbeherrschtheit vieler Zeitgenossen lässt sich m. E. nicht leugnen. So viel Konformität und Bereitschaft zur Fremdsteuerung war selten. Der Mainstream sowieso. Aber auch die Guten sind in der Defensive. Sie sind ernüchtert und stellen keine hohen Erwartungen mehr. Ich selbst habe immer noch den Dot.com Crash in den Knochen, wenn ich tief in mich reinhöre. Dafür aber auch mehr Bewusstsein für das was gut ist. Ich erlebe Verstörtheit bei Mächtigeren, die mich über Angst steuern wollen und dabei ihre Wirkungslosigkeit erleben.

Was mich allerdings tief verstört: Wenn ich Menschen sagen höre, dass andere sie definieren sollen. "Was ich gut kann, muss mein Chef mir sagen." Oder (Neurentner): "Die plötzliche Freiheit, das war das schlimmste." Die alles Gute um sie herum verpassen, weil sie aus der Defensive nicht mehr herauskommen. Oder, das Gute sehen, aber nur auf dem Display ihres Smartphones - mit Selfies beschäftigt. Den Nachweis einer Teilhabe sichernd. Aber was für eine Teilhabe ist das..?

 Streit und Kritik sind ja selbst im politischen Raum verpönt. Ein kräftiges Wort auf Twitter und man verliert zehn Follower. Nein, der gute Ton ist die dezente Andeutung, die dem Leser den Schluss nahe legt. Die Artikulierung eigener Interessen, die zur Aufdeckung von Interessenskonflikten führen könnte, ist tabu. Derzeit zu besichtigen in der sog. "Alternative" für Deutschland.

Am Ende stimme ich zu: Es gibt ein Regiment, eine Machtausübung, die nur andeutet, die Gehorsam erwartet und jede sich erhebende Stimme über sich selbst erschrecken lässt, weil sie die Stille erschüttert. Uns gewahr werden lässt, wie still es ist. Die Menschen sollen sich in ihre Kinderzimmer, auf die Bauteppiche und die Appstores verziehen. Die einzige von oben vergönnte Freude soll Erleichterung sein, dass die letzte Angst vielleicht doch unbegründet war.

Nicht gelitten zu haben, soll genug Freude sein.
"Grübeln Sie nicht zu viel."
Jürgen Wiebicke

Sonntag, 15. März 2015

Samstag, 21. Februar 2015

Berlin, Potsdamer Straße ("Potse")

Über Nacht ist die "Potse" erwacht. Gallerien, Baustellen, Restaurants und Bars. Ganz neues Gefühl, wenn man zum Cafe Einstein läuft. Ich freue mich :-)





Freitag, 20. Februar 2015

Is evolution "over"?

Evolution entsteht durch Mutationen und Auslese. Mutationen finden dauernd statt, aber eine neue “Auslese” erfolgt erst, wenn sich die Umwelt bedeutend verändert. 
Z. B. brauchen wir in unserer Welt der allgegenwärtigen Flachbildschirme künftig kein räumliches Sehen mehr und deshalb keine überlappenden Sehfelder unserer Augen.
Daraus folgt, dass unsere Augen vom Gesicht wieder mehr in Richtung Ohren wandern könnten, um das Sichtfeld zu vergrößern..
Unser Kultur der Technologie dämpft die harte Auslese durch Umweltbedingungen, weil wir ja auf fast jede Herausforderung eine mildernde Antwort haben: Kälte, Hitze, Dunkelheit, grelles Licht.
Der nächste Mutationsschub steht an, wenn unser Magnetfeld seine Pole wechselt. Dann kömmt eine Phase ohne schützendes Magnetfeld vor der kosmischen Strahlung.

Sonntag, 1. Februar 2015

"Das sind nicht unsere Schulden", sagte Lenin

Die Rhetorik der neuen griechischen Regierung deutete bis zum Wochenende auf einen kommenden einseitigen Schuldenschnitt hin: "Das sind nicht unsere Schulden." meinte Tsirpas und verwies auf die für das Desaster verantwortlichen griechischen Regierungen vor ihm.

Dass all diese Regierungen vom Volk gewählt worden waren und somit in dessen Namen handelten scheint für Syriza und Konsorten keine Rolle zu spielen. Dass die gleichen Griechen, die die Troika aus dem Land gejagt sehen wollten, nun erstmal ihre Ersparnisse abhebt, interessiert auch niemanden in Athen. Entwicklung ist halt Kampf der Gegensätze sagen sich die nationalen und internationalen Sozialisten.

Und ihr Vorbild scheint Genosse Lenin zu sein, der nach der siegreichen Oktoberrevolution erst einmal erklärte, dass die Altschulden die Angelegenheit des Zaren seien. Zahllose Anleger, vor allem in Frankreich, gingen daraufhin Pleite. Erst 1997, in der Russlandkrise, ging die damalige russische Regierung hin und kündigte an, die Altschulden begleichen zu wollen. Sie war nämlich Pleite und wollte am Markt neue Anleihen aufnehmen.

Diese Abhängigkeit vom Markt und dem Vertrauen der Anleger müsste man auch einem Tsirpas klar machen können. Sonst kommt Ende Februar der Zusammenbruch, denn da werden auslaufende Kredite bzw. Anleihen fällig.

Die Geschichte wiederholt sich, könnte man meinen: SPIEGEL 1/1997 (Link)

Montag, 19. Januar 2015

Heideggers "Sein und Zeit" bei WDR5

Was die Quantenmechanik bei den Physikern, war der Existenzialismus bei den Philosophen: Dazu gehört der Schritt von der bestehenden Welt in die mögliche. Vorigen Freitag hatte Jürgen Wiebecke den bis vor kurzem noch Vorsitzenden der Martin-Heidegger-Gesellschaft, Günter Figal, zu Gast.

Ich fasse die Erkenntnisse und Schlüsse der Sendung über Heideggers Werk "Sein und Zeit" mal so zusammen: Unser Leben spannt einen Möglichkeitsraum auf, aus dem heraus das tritt, für das wir uns entscheiden oder was uns zustößt. Bewusst wird uns unser reales Leben, weil wir um seine Befristung wissen. Jedenfalls ab dem Moment dieser Erkenntnis (der "Blitz der Wahrheit").

Dieser stochastische Charakter unseres Lebens wäre damit ein Spiegelbild der Erkenntnisse (oder Modellierungen) aus der Quantenmechanik: Die Welt vor unseren Augen ist eine der vielen möglichen. An welcher Barriere das Wellenteilchen gebrochen wird, steht vorher nicht fest, aber es hat alle Möglichkeiten. Und Schrödingers Katze ist uns eh ein Begriff.

(Später transferierte Heidegger den "Blitz der Wahrheit" für ein Individuum auf eine Gruppe, ein Kollektiv. Von da an wurde seine Philosophie zur Ideologie, in der er pesönliche Ressentiments auslebte.)

Faszinierend finde ich, dass hier eine Denkwelt auf der anderen aufbaut. Wussten beide voneinander oder war "die Zeit reif" für diesen Durchbruch im Denken?

Kommenden Freitag geht es übrigens um "Kapitalismus", zu Gast sein wird Meinhard Miegel.

Samstag, 3. Januar 2015

Zwischen den Jahren

"Bedenke, dass Du sterblich bist."
Das ist das eigentliche liberale Manifest. Es relativiert alle gelernten Ängste und überwindet die selbst auferlegte Unfreiheit. Auf die Panik der Einsicht folgt die Leichtigkeit der neu erkannten  Unverbindlichkeit: Wir schulden niemandem etwas, schon gar nicht seine Erwartungen an uns. Es bleibt überhaupt wenig Kommunikation übrig, wenn man alle Erwartungen und Projektionen von anderen in uns abzieht oder abstellt.

"Habt eine gute Zeit", sagte ich vor einem Jahr. Genießt, schafft, erholt Euch und schaut. Allein oder mit euch angenehmen Menschen.

Apropos: Nicht nur wir sind sterblich, die anderen auch. Nur Viren und Einzeller leben ewig, die es nicht wissen. Ihr, die ihr Kinder habt, ihr lebt in denen fort. Ich hoffe, das ist allen schon klar, wenn alle noch leben. Ihr ohne Kinder, ihr lebt in der Art fort, also den Kindern der anderen. Nur eure Erfahrung ist verloren - wenn ihr kein Testament gemacht habt oder Proben eurer DNA gesichert habt.

In eurer DNA sind euer Bauplan und eure Instinkte und Erfahrungen gespeichert. Eure Ribosomen bauen danach Zellen. Als ihr zum ersten mal gebaut wurdet, im Mutterleib, durchwandertet ihr im Schnelldurchlauf die Entwicklungsgeschichte des Lebens bis zum Menschen. Wir durchleben also schon eine sehr spannende Zeit, bevor wir das Licht der Welt erblicken.

Ob wir dabei auch eine Phase durchleben, in der wir vorübergehend der Photosynthese fähig sind, weiß ich nicht. Wären wir es als Mensch, hätten wir ein Problem weniger. Es wäre die Erklärung von Unabhängigkeit (Arbeit) und Pazifismus (Schlachthöfe) gleichermaßen. Allerdings müssten wir wohl Wurzeln schlagen oder im Wasser leben.

Also, wir Menschen schlagen einander nicht die Köpfe ein, weil wir einander fressen müssen. Das wäre ein unlösbares Dilemma. Wir schlagen für weniger einander die Köpfe ein, meistens aus Angst, die anderen wollten uns die Köpfe einschlagen. Was aber wiederum eine Projekt unserer unterdrückten Aggression ist usw. Aber wir schlagen Tieren die Köpfe ein, und ich frage mich, warum unser Stoffwechsel so angelegt ist: Warum lutschen wir nicht an Kohle und Steinen und trinken Öl? Wasser ist das anorganische Lebensmittel, von dem wir am meisten brauchen. Aber unsere Energie brauchen wir in organischer Form. Warum? Geht die Evolution unserer Enzyme noch weiter? Wie wäre es mit Photosynthese, also der Einverleibung von Chloroplasten. Gleichzeitig würden wir das CO2 reduzieren:

6CO2 + 6H2O + Licht -> C6H12O6 (Zucker) + 6O2

Noch mehr aber erleichtert mich, dass wir keine wilden Tiere über uns mehr fürchten müssen. Wir haben sie uns alle Untertan gemacht, zumindest halten wir sie uns vom Leib.

Warum eigentlich spekulieren wir über außerirdisches Leben? Meine Vorstellung davon ist wie die Entdeckung einer uns bis dahin unbekannten Tierart. Und wenn wir wissen wollen, wir mit Außerirdischen umgehen würden, müssen wir uns nur erinnern, wie wir mit Tieren umgehen. Oder mit Menschen, die anders aussehen als wir (oder umgekehrt), oder an etwas anderes glauben als wir (bzw. umgekehrt).

Trotzdem haben wir das Recht -sogar die Notwendigkeit- uns von der Umwelt zu distanzieren. Schon die erste Zelle entstand, indem sie eine Membran um ihre Organellen entwarf und sich fortan von der Ursuppe abgrenzte. Nur durch Abgrenzung entsteht 'ich'. Die Entwicklung schritt voran durch Eingemeindung von Nützlichem, wie z. B. Enzymen, Energiewandlern. Danach kam der kooperative Schritt: Die Mehrzeller.

Welch ein Glück, dass wir das heutzutage im Lichtmikroskop in Bewegung sehen können (Link). Vielleicht können wir bald die Geißeln der Menschheit wie Krebs und AIDS unterm Mikroskop erforschen?

Die Schritte an Land und die Entwicklung zum Warmblüter waren wieder Distanzierungen. Auch Abstraktionen entstehen durch Distanzierung, durch den Blick aufs Ganze um das Gemeinsame zu entdecken.

Ich finde es faszinierend, dass man eine durchgehende Entwicklungskette ziehen kann, vom Wasserstoffatom über Einzeller bis zum Menschen. An keiner Stelle brauchen wir hier einen Gott als Lenker, weil alles im ersten Element angelegt war. Aber in jedem Fall brauchen wir einen Gott als Schöpfer. Es wäre aber vermessen zu sagen, dass wir für ihn eine besondere Rolle spielen. Oder gar ein Einzelner von uns. Vielleicht unterscheidet man von göttlicher Warte aus überhaupt nicht zwischen uns, sondern wir bilden gemeinsam einen Organismus auf einem Zahnrad im großen Getriebe.

Wie auch immer. Dankbar können wir sein zu leben, weil wir ein Lustzentrum haben. Und Augen zum Sehen, Ohren zum Hören, ein Gehirn zur Verdichtung. Und Familie und Freunde.

Jedoch, wenn ich an meine mich jetzt gerade plagende Erkältung denke, relativiere ich meine Dankbarkeit etwas. Aber wenn ich an Montag denke, wenn die Zeit zwischen den Jahren wieder einmal vorbei ist, dann fühle ich mich wieder enorm unfrei und fremdbestimmt.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Bahn erhebt Zwangsreservierungsgebühr OHNE Sitzplatzanspruch


Ich bin Fernpendler und fahre täglich ICE. Inzwischen in der 1. Kl. weil es nur da fast immer einen Sitzplatz gibt (zum Arbeiten am PC). Der 1. Kl. Aufschlag ist so teuer wie es eine tägliche Reservierung in der 2. Kl. wäre.

Rückblende: Petition "Sitzplatzanspruch in Fernzügen"

Im Frühjahr zur Hannovermesse sah ich erste Fälle von Stehplätzen auch in der 1. Kl. und dachte: Was ist am Stehplatz erstklassig? Und reichte eine Petition beim Bundestag ein: Link
Text der Petition:Mit der Petition soll durch eine Änderung des § 13 Eisenbahnverordnung erreicht werden, Reisenden einen Sitzplatzanspruch zu gewährleisten, um eine Überfüllung von IC- und ICE-Zügen zu vermeiden.
Die Petition wurde veröffentlicht (Link), scheiterte aber am erforderlichen Quorum. Etliche Bahnfreunde argumentierten, es wäre das Ende der freien Zugwahl, wenn die Bahn ihre Kapazitäten an die Nachfrage anpassen müssten. Ein klarer Fall von Kapitulation vor der Bürokratie.

DB Meinungsumfrage zu "Sitzplatzgarantien"

Im Spätsommer gab es eine Meinungsumfrage der Bahn unter 1. Kl. - Kunden, was wir von einer Sitzplatzgarantie halten würden. Und ich dachte: Wow, es passiert doch etwas.

Falsch gedacht. Genau verkehrt herum. Die Bahn bringt keinen Sitzplatzanspruch. Sie bringt eine Zwangsreservierungsgebühr und OHNE Sitzplatzanspruch: Link

Ergebnis: Zwangsreservierung OHNE Sitzplatzanspruch

 Die Bekanntmachung klingt zunächst wie ein Sitzplatzanspruch:
Für die gewählte Verbindung wird dem Kunden bei Verfügbarkeit automatisch ein inkludierter Sitzplatz zur Verfügung gestellt, so dass er sich bereits bei der Buchung sicher sein kann, während der Fahrt sitzen zu können. Um-gekehrt kann er volle Züge ohne Sitzplatzverfügbarkeit meiden.
Die "integrierte Sitzplatzreservierung" kostet immer, leistet aber nicht unbedingt:
Ist der Fahrkartenkauf nicht mehr möglich, wenn es im gewählten Zug keine freien Sitzplätze mehr gibt?
Doch, der Fahrkartenerwerb ist auch möglich, wenn keine Sitzplätze mehr verfügbar sind. Der Kunde erhält allerdings explizit den Hinweis, dass keine freien Sitzplätze mehr vorhanden sind und kann selbst entscheiden, ob er eine Fahrkarte für den entsprechenden Zug kaufen möchte. Grundsätzlich soll die flexible Nutzung der Fernverkehrszüge weiterhin möglich sein.
Nachfolgend steht es klipp und klar zu sagen: Wenn Sie stehen müssen, wird es nicht billiger:
Wird mein Fahrpreis in der 1. Klasse günstiger, wenn ich keine Sitzplatzreservierung mehr bekomme?
Nein. Der Fahrpreis ist unabhängig von der Reservierung. Wir informieren darüber, wenn eine Sitzplatzreservierung auf der gesamten Verbindung bzw. einem Teil der Verbindung nicht mehr möglich ist, so dass sich der Kunde für eine andere Verbindung entscheiden kann.
Es handelt sich also um nichts anderes als eine verkappte Preiserhöhung. Zunächst in der 1. Klasse. Und wenn die Beschwerden nicht allzu laut werden, folgt die 2. Klasse.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Vorfälligkeitsentschädigung für LBS-Kunden?

Wer seine laufende, festverzinste Hypothek kündigt, um von den niedrigen Zinsen zu profitieren, dem  berechnet die Bank eine sog. "Vorfälligkeitsentschädigung". Ob diese rechtens ist, sei mal dahingestellt.

Interessant sind aber die umgekehrten Fälle: Die nordrheinwestfälische und die bayerische LBS kündigten ihren Kunden die mit 3,5% relativ hochverzinsten Sparverträge, weil diese ungünstig für die Bank sind: WELT

Dass LBS Vizechef Helmut Straubinger dabei ein Unrechtsempfinden gehabt hätte, darüber ist nichts bekannt. Der WELT beklagte er aber, dass ihm dies "keinen Spaß" gemacht habe - also im Unterschied zu dem, wie Banken sonst ihr Geld verdienen und mit ihren Kunden umgehen.

Aber die Kunden lassen sich das zum Glück nicht gefallen und beschweren sich zu tausenden. Auf die Bafin können sie dabei allerdings nicht zählen. Diese betreibt Lobbyarbeit beim Gesetzgeber und will durchsetzen, dass Bausparkassen ihren Kunden lästige Altverträge leichter kündigen können.

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Tiergartenunnel angeblich wieder frei

Gestern geschah das kleine Wunder von Berlin Mitte: Weil der Tagesspiegel über die Posse der Verkehrslenkung (beim Berliner Senat) berichtete, fingen die Herren Arndt und Klein gestern an, etwas zu unternehmen.

Und siehe da: Gestern Abend kamen die Leserkommentare, dass der Tunnel wieder frei sei.

Wir werden es heute Morgen mal testen...

So oder so aber: Es ist unfassbar dreist, wie die SPD Genossen wochenlang die Berufspendler von einem Verkehrschaos ins nächste lenken.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Wowereits Kofferträger nennt Parlament "Quasselbude"


Wowereits -man traut sich das angesichts des gezeigten Niveaus kaum auszusprechen- "Chef der Senatskanzlei" Björn Böhning hat gestern öffentlich zu Protokoll gegeben, was er vom Berliner Abgehordnetenhaus hält: Nicht mehr als Wilhelm II - und mal sehen ob er sich noch steigert. 

Böhning hat am Institut von Gesine Schwan sein Diplom in "Politikwissenschaften" abgelegt und begann seine berufliche Laufbahn bei den Jusos. Über jedwede Kontakte mit dem realen Leben ist bisher nichts bekannt. Vielleicht entsteht so die Verachtung für die Leute, die die Abgeordneten und Amtsträger eigentlich repräsentieren..

Tiergartentunnel: SPD sperrt Ausfahrt Hauptbahnhof

Die Berliner Verkehrssenatsverwaltung (namentlich: Matthias Arndt) arbeitet nach Kräften an ihrer Bewerbung zum "Peinlichsten Berliner 2014".

Am Wochenende war der Tunnel ganz geschlossen, am Dienstag wieder geöffnet. Aber: seit Montag sind die Ampelschaltungen am Tiergartentunnel nicht mehr nur idiotisch und CO2-treibend. Nein, die Ampel am Hauptbahnhof ist jetzt gleich ganz ausgefallen. Deshalb wurde die Ausfahrt gesperrt und damit die letzte Nord-Süd-Verbindung durch Berlin.

Und was in normalen Städten binnen 1h behoben ist, dauert unter der SPD-Verkehrssenatsverwaltung eben locker eine ganze Woche. Matthias Arndt leitet Pendler im Tunnel um auf die Nordausfahrt - und dort mitten in eine Baustelle: Stau, keine Wendemöglichkeiten. Man dreht durch und verpasst seinen Zug.

Natürlich sind auch Polizisten im Einsatz. Aber nicht, um den Verkehr zu regeln. Sondern um zu überwachen, dass kein Pendler der Schikane ausweicht.

Immerhin haben wir es geschafft, dass nun auch der Tagesspiegel darüber berichtet:
Link
Die Ampelanlage, die auf der Invalidenstraße den Zu- und Abfluss in den Tunnel Tiergarten Spreebogen regelt, ist seit Ende der vergangenen Woche defekt. Die Aus- und Einfahrt in den Tunnel musste seither zeitweise immer wieder gesperrt werden. Die jetzige Sperrung soll nun erst aufgehoben werden, wenn die Anlage repariert ist.
Alle Versuche der Wartungsfirma, die Ampel wieder in Gang zu bringen, seien bisher gescheitert, sagte die Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung, Petra Rohland, die zunächst nicht zu erreichen war. 
SPD - halt.


Wir haben Matthias Arndt deshalb gestern der TIP-Redaktion zum peinlichsten Berliner vorgeschlagen. Natürlich kann er auch seinen neuen Chef Andreas Geisel vorschicken, denn der bisherige Verkehrssenator Michael Müller wird am 11. Dezember befördert: Zum neuen Regierenden Bürgermeister...