Montag, 9. Mai 2011

Indirekte Sensorik im Fahrzeug

Reifenluftdrucküberwachung
Je größer der Durchmesser eines Rades, desto weniger Umdrehungen braucht es um einen bestimmten Weg zurückzulegen. Mit diesem Wissen kann man Veränderungen des Luftdrucks in den vier Rädern eines Autos messen ohne tatsächlich den Luftdruck an den Reifenventilen messen zu müssen. Man beobachtet einfach die Umdrehungszahlen die die vier Räder in einer Zeiteinheit absolvieren. Vergrößert sich die Umdrehungszahl an einem Rad deutet dies auf einen reduzierten Durchmesser, also schwindenden Luftdruck hin.

Regensensor
Es klingt wie Luxus ist aber eine sehr angenehme Funktion: Der Regensensor, der die Scheibenwischer nicht in einem festen Zeitintervall betätigt, sondern bei Bedarf. Obwohl intuitiv so nahe liegend, misst der Regensensor gar keine "Nässe". Er befindet sich nämlich auf der Innenseite der Windschutzscheibe und beobachtet stattdessen, wie sich seine Sicht nach vorne verschlechtert. Genauer: Es wird (Infrarot-)Licht auf die Scheibe gesendet. Bei trockener Scheibe wird dieses totalreflektiert, Wasser verändert den Brechungsindex so, dass nicht mehr alles Licht reflektiert wird. Je weniger Licht reflektiert wird (und von einer Fotozelle erfasst wird), desto mehr muss es regnen, und desto kürzer werden die Wischintervalle bemessen.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Berlin ist nicht dynamisch, sondern gefragt

Berlin wird teurer. D.h. in immer mehr Bezirken steigen die Immobilienpreise und Mieten. Makler berichten von europäischen Käufern, die tlw. ungesehen kaufen. Weil sie die Hyperinflation fürchten und weil Berlin immer noch vergleichsweise billig ist: "Eine Wohnung im Wedding kostet soviel wie ein Autostellplatz in guter Lage in Moskau. Sogar Kiew erlebt gerade einen Hype."

Auch die Lebenshaltungskosten steigen. Wasser und Strom sind schon teurer. Aber vor allem der Öffentliche Nahverkehr, Gastronomie und Lebensmittel werden laufend teurer. Eine Ursache dafür ist der gewaltig gewachsene Tourismus und seine Nachfrage. 20 Mio Übernachtungen verkaufen die Berliner Hotels inzwischen pro Jahr.

Da ensteht ein gewaltiges Trugbild. Man könnte meinen, Berlin sei im Aufschwung. Die SPD macht Wahlkampf mit 100.000 neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Sogar das Wort "Industrie" fiel voriges Jahr auf einer Ideenkonferenz der Arbeiterpartei. Aber das sind Tropfen auf heiße Pflastersteine. Am Werke ist nur Geld, das von außen in die Stadt getragen wird. Ein interessantes Gegenmodell zur produzierenden Exportwirtschaft: Berlin exportiert nicht viel, importiert dafür aber Menschen, die Geld ausgeben - so wie Disneyland.

Berlin erfreut sich keiner besonderen wirtschaftlichen Dynamik sondern ist schlicht und einfach gefragt. Und das ist nachteilig für die, die hier wohnen und Geld verdienen müssen. Unsere Gehälter steigen nämlich nicht in dem Maße, wie Mieten und Preise. Wer hier ein Leben führt, wie es anderswo als "normal" gilt, für den interessiert sich die Politik nämlich nicht. Die SPD hofiert allen voran ÖffDie's und Pensionäre, die wochentags nachmittags Zeit für Parteiveranstaltungen haben und in Wahlprogramm und Newslettern wimmelt es von nichtssagenden Bekenntnissen zu nachrangigen Themen. Sie nennt das kiezig "soziale Stadt". (Die Grünen nennen es noch unverbindlicher: "Eine Stadt für Alle"). Wer glaubt, dass sich in der Hauptstadt die Denktanks der deutschen Politik tummeln, die politisch Denkrichtungen entwickeln, Deutungen oder gar Antworten auf die Welt im Wandel geben, Künstler inspirieren, wird hart eines besseren belehrt. Hier wimmelt es von Politikberatern und Lobbyisten die sich auf unpolitische und überforderte Mandatsträger stürzen. Akademische Freiberufler, Anwälten und Ärzte, deren Praxen schlecht laufen. Die gehen -letzter Versuch, noch Karriere zu machen- in die Politik und geben sich die Schlammschlachten um Listenplätze.

Zum guten Ton in Wahlprogrammen gehört reichlich Toleranz: Z.B. für Leute, die sich Parks "aneignen" um zu grillen und Müllberge im Grünen zu hinterlassen. "Wo soll ich grillen, wenn ich es hier nicht mehr darf?!" fragte neulich einer in die RBB Kamera. Unter Privatisierung des Politischen bzw. Öffentlichen versteht man hier immer mehr, sein Wohnzimmer in Parks und U-Bahnen auszulagern - mit allen Gewohnheiten. Neulich wurde in Kreuzberg jemand OHNE Bierflasche in der Öffentlichkeit gesichtet. Es war eine Mutprobe.. (Dank an Werner für den Hinweis). Am 1. Mai stiegen weiße Schwaden aus dem Tiergarten: Es waren hunderte Grills im Einsatz. Es ist inzwischen normal, dass Leute ihr Frühstück oder Mittagessen in der U-Bahn einnehmen. Im ICE ist es normal, sich mit Rollkoffer und Kaffebecher in die Gänge zu quetschen, während man mit dem zwischen Schulter und Kinn eingeklemmten Smartphone telefoniert. Mit all so was wird man einfach belästigt.

Berlin ist nicht jugendlich, sondern infantil. Hat keine Schnauze mehr, sondern quengelt. Weiß mit seinem Leben wenig anzufangen und erhebt die einfallslose Beliebigkeit zur Kreativität. Ist nicht rau, sondern weich - oder kriminell.

Die SPD ist hier einfach zu lange am Ruder. Sie hat keine Ideen mehr. Wowereits Politik war es lange, obwohl selbst Westberliner, die alten Symbole Westberlins einzureißen. Die Stillegung von Bahnhof Zoo und Flughafen Tempelhof waren nur die prominentesten. Und als Nachnutzung zu Tempelhof fällt ihnen dann nur ein "Wiesenmeer" ein..

Wer ein normales Leben führt, erfährt viele Widerstände. Die Minderheit z.B. die einem Beruf nachgeht, kann mal zusehen, wie sie ins Büro, ins Werk oder zum Kunden kommt. Man wird behindert zu Lande, zu Wasser, zu Schiene und in der Luft sowieso. Als Autofahrer braucht man eine grüne Umweltplakette von der Zulassungsstelle, einen Parkausweis vom Bezirksamt, einen Wachmann, der aufpasst, dass das Auto nachts nicht abgefackelt wird und wenn man sein Auto tagsüber benutzen will, wird man nur ausgebremst. Wer nach Stillegung des Bahnhofs Zoo z.B. in die Nähe des neuen Hauptbahnhofs nach Mitte zog, kommt jetzt zwar zum Zug, weiß aber nicht, wo er sein Auto parken soll. Wer S-Bahn oder Bus benutzen will, wartet im Winter vergeblich. Das alles kümmert den Senat nicht, oder er ist sogar Verursacher der Misstände.

Und auch Wirtschaftspolitik betreibt der Senat nicht wirklich. Anfangs warb man anderen Städten noch die eine oder andere Konzernhauptverwaltung ab. Inzwischen ist aber selbst das zu mühselig. Berlin fremdelt mit Unternehmern und Unternehmen. Dabei ist SPD-Landesvorsitzender Müller ein gelernter Kaufmann und selbständiger Drucker. Er könnte als "Mister Mittelstand" auftreten und sich für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins stark machen. Aber man hat bei ihm leider oft den Eindruck eines Rufers in der Wüste. Er ruft eigentlich nicht einmal mehr sondern reiht sich ein in die soziale Stadt. Das Stichwort Industrialisierung (das eigentlich Re-Industrialisierung heißen müsste) verdanken wir sicher ihm.

Diese Woche gab es wieder eine Enttäuschung: Siemens hat sich für München als Standort für seine neue Sparte "Infrastruktur" entschieden. London wird auch noch etwas abbekommen. Von Wowereit und Wirtschaftssenator Wolf (Linke) hörte man zwar Töne in der Art, die Ansiedlung in Berlin sei eigentlich selbstverständlich. Aber um etwas kämpfen tun die nicht gerne. Die sind eher Spezialisten im Thema Förderprogramme.

Optisch tut sich derzeit viel in Berlin. Der Kudamm feiert sein 125 Jähriges. Am Zoo entsteht ein neues Hochhaus. Am Bahnhof Zoo sollen künftig wieder nicht nur Spielautomaten Kundschaft in den Bahnhof locken, sondern Reisende.

Aber da, wo es nach Arbeit riecht, wo die Potenziale sind, z.B. im Technologiepark Adlershof im Südosten, da sieht man Wolf nur selten. Nicht einmal vernünftige S-Bahn Anschlüsse gibt es dort.

Wenn schon also Industrie und Forschung Stiefkinder dieses Senates sind, wie steht es dann mit dem, für das viele Berlin halten: Ein kreatives Zentrum? Auch von Mode und Musik hört man nur selten, leider. Viele sind gut, haben sich einen Namen gemacht und halten sich über Wasser. Aber es wachsen keine kräftigen Äste.

Alles in allem ist Berlin ein Phänomen. Es weckt anscheinend viele Erwartungen, Phantasien und Sehnsüchte. Aber es erfüllt sie nicht. Nach zehn Jahren in Berlin ist es für mich schwer geworden mir vorzustellen, was Touristen in Berlin sehen. Ich habe es vor zwanzig Jahren mal als größer als mich selbst empfunden. Etwas, was schier unüberschaubar, undurchdringbar ist, in dem es 1.000 Chancen gibt und viele Bewegungen und Kräfte, die es voran bringen, die einen fordern. Aber da ist nichts mehr..

Montag, 2. Mai 2011

"Alle Pötte in den Pott!"



JAWOLL, Dortmund ist Meister!! Das am 30. April, am 32. Spieltag, war seit langem mal wieder ne euphorisierende Schlusskonferenz im Radio (Hier nochmal zum genießen). Als das 2-0 für Köln gemeldet wurde, flutete Adrenalin den Körper! Wohl auch bei Sabine Töpperwien, die -so klang sie jedenfalls- am liebsten mit dem Mikro mit auf dem dem Zaun der Südtribüne gesessen hätte :-)

(2002 hielt ich die Liveberichte zu Hause nicht mehr aus und joggte mit Radioknopf im Ohr eine Runde um den Lietzensee in Charlottenburg. Dortmund lag 0-1 hinten gegen Bremen und alle Dortmunder warteten auf das 1-1. Und da brach ich fast zusammen, als Manfred Breukmann in der Halbzeitkonferenz in die Runde rief: "Zweii..." (NEIN!! 2-0 für Bremen??)... "Zweii, zweiii Meter misst der Jan Koller und nur deshalb kommt er an diesen Ball heran...")

Dortmund jubelt und atmet durch. Es hat hingehauen. Dieser Trainer, der dieser jungen Mannschaft das Fussball"spielen" eingeimpft hat, die haben das verdient. Was Löw bei der Nationalmannschaft schon länger als Parole ausgegeben hat, haben Kloppo und seine Mannen in Reinstkultur umgesetzt: Spielen, Passen, Anspielen und Verwandeln. Wenn einer besser postiert steht, abgeben!

Wer Dortmund spielen gesehen hat, der kann sich bei anderen höchstens an Leidenschaft und Dramatik hochziehen. Aber nicht an Spielklasse. Das sage ich ganz besonders in Richtung Süden. Nicht Geld (FC Bayern), Eitelkeit (FC Bayern) oder Managementpowerpointfolien (VfB Stuttgart) schießen Tore, sondern Können, Leidenschaft und Mannschaftsgeist.

Ich freue mich tierisch auf die Meisterfeier in Dortmund. Und eine Woche drauf kommen die Schalker nach Berlin zum Pokalfinale. Dann heißt es, denn dann kennen wir nur noch Pöttler: "ALLE PÖTTE IN DEN POTT!"

Und vielleicht geht ja sogar diese Woche noch was in Manchester? ;-)

Freitag, 29. April 2011

Die Aufregung um Spritschlucker lohnt kaum

Je kostspieliger eine Fahrzeugklasse ist, desto weniger werden davon gekauft. Desto weniger Exemplare fahren also davon herum. Desto weniger sind sie dann am Schadstoffausstoss beteiligt. Porsche produziert z.B. pro Jahr ca. 100.000 Autos. Das ist nichts im Vergleich zu Toyota, Volkswagen oder GM/Opel deren Stückzahlen in die Millionen gehen.

In Berlin sind laut amtlicher Statistik etwa 1,1 Mio PKW (1994: 1,2 Mio) zugelassen. Pro 1.000 Einwohner sind das 321 (1994: 346) PKW. Etwa 84% davon haben einen Hubraum von max. 2,0 Liter.


Grafik: Amtliche Statistik Berlin

Die Anzahl der PKW und auch der Nutzfahrzeuge (Busse, LKW) sinkt seit Jahren kontinuierlich. Nur die Anzahl an Motorrädern hat zugenommen.

Welche Fahrzeugklasse ist nun die wichtigste, wenn wir über Schadstoff- und Verbrauchssenkungen sprechen? Hier kann jeder auf den anderen zeigen: Der Kleinwagenfahrer sagt dem Geländewagenfahrer: Meiner verbraucht per se schon wenig, Du bist am Zug. Der Geländewagenfahrer sagt: Meine Gruppe ist viel kleiner, deshalb spielt der Ausstoss meines Wagens eine unbedeutendere Rolle. Beide können sagen: Die Normverbräuche aller Neuwagen aller Fahrzeugklassen sind gerade in den vergangenen 2 Jahren deutlich zurück gegangen.Auch ohne Hybridantrieb.

Das Argument des Geländewagenfahrers trifft zu, verstößt aber gegen den kategorischen Imperativ: Man kann die spezifisch höheren, gesellschaftlich relevanten Schäden eines Privilegs nicht damit rechtfertigen, dass es halt ein Privileg ist und dadurch nur wenigen zugänglich. Das wäre dekadent.

Wohl aber kann er ebenso berechtigt sagen: Innovationen, und dazu zählt die Verbrauchssenkung, werden zuerst durch die Premiummodelle finanziert. Und erst wenn sie ausgereifter und am Markt akzeptiert worden ist, lohnt der Übergang auf die Massenproduktion, die Preissenkungen ermöglicht.

Das lässt sich für die gesamte Historie des Autos nachweisen. Und als es noch nicht so viele Premiummodelle gab, wurden einige Innovationen von Lastkraftwagen in den PKW übertragen, wie z.B. Servolenkung, Dieselmotor und Turbolader.

Was der typische Berliner Autokritiker dem Geländewagen aber nie ansieht ist, wozu er gebraucht wird. Es soll Geländewagen geben, die regelmäßig in Brandenburg bewegt werden. Und auf den Landstraßen zwischen den Brandenburger Städten, auf den nicht befestigten Wegen und auf den Schlaglöchern Berlins braucht man einen Geländewagen.

Und bei der Gelegenheit kann ich gleich mit noch einem Gerücht aufräumen: Es ist nicht das höhere Gewicht, das den Verbrauch des SUV stark erhöht. Sondern die Anforderung an Beschleunigungswerte wie ein Sportwagen, vor allem im niedrigen Drehzahlbereich. Mithin ist das "S" in SUV der Malus. Was viele SUV Fahrer aber in Wahrheit wollen, sind bekanntermaßen der Komfort des hohen Einstiegs und der guten Übersicht nach vorne und die gefühlte Sicherheit. Aber auch so gilt: Die wenigsten zugelassenen Autos in Berlin sind SUVs. Sie spielen immer noch keine Rolle.

Der Hass der Berliner Autobrandstifter kann deshalb nicht ökologisch begründet sein. Er ist schlicht sozial begründet, vulgo: Neid.

Ein weiterer Aspekt: Bis zu 25% des tatsächlichen Verbrauchs hängen von der Fahrweise ab. Und wiederum ein hoher Anteil davon ist ständigem Beschleunigen und Bremsen zuzuschreiben. So gesehen sind die Tiefbauämter und der Senat Berlins mit die größten Treiber für mobilitätsbedingten CO2-Ausstoss und bremsabriebbedingten Feinstaub: Es herrscht auf allen Hauptverkehrsstraßen konsequent rote Welle.

Donnerstag, 28. April 2011

Götz Aly und Edwin Black über Volkszählungen

Zwei Literaturhinweise zum Thema Volkszählung:

Götz Aly, "Restlose Erfassung"
An die Volkszählung 1983 in der alten Bundesrepublik kann ich mich erinnern, ebenso an die damaligen Redewendung des Bundesinnenministers Zimmermann "Datenschutz" seit "Tatenschutz". Von Götz Alys Werk (Link), dass die notwendige Unterstützung der Holocaust Schreibtischtäter für die Organisation und Logisitik des Holocaustes durchleuchtet, wusste ich lange nichts. Es kann als ein Basiswerk für Datenschutz im Computerzeitalter angesehen werden. Und es hat seine Aktualität wieder bekommen im Zusammenhang mit dem 2001 von Edwin Black veröffentlichten Enthüllungswerk "IBM und der Holocaust".
Vorgänger der IBM Deutschland war die "Deutsche Hollerith Maschinen Gesellschaft" mit Sitz in Berlin Dahlem. Hollerith, ein deutschstämmiger Amerikaner, war der der Erfinder der Lochkarten-basierten Erfassungs- und Sortiermaschinen. Diese wurden zunächst für Volkszählungen in den USA genutzt. Statistik und Volkszählung als (Pseudo-)Wissenschaft bekam seine unheilvolle Macht erst von den Nazis verliehen. Diese verlangten immer mehr Daten und abgeleitete Informationen, aus denen sich Juden identifizieren lassen konnten. Nach dem Beginn der Pogrome in Deutschland konvertierten viele Juden formal zum Christentum. Dies gab den Chefstatistikern der Nazis jedoch Anlass, auch Juden auf die Listen zu setzen, die konvertiert waren. Oder deren Eltern oder Großeltern Juden gewesen waren. Mit der Einführung der "Rassenlehre" und deren Unterfütterung mit statistischen und pseudowissenschaftlichen Therorien erhielten Statistiker erst so richtig auftrieb. Diese Analysen wären ohne maschinelle Unterstützung wie die der Hollerith-Maschinen allerdings kaum möglich gewesen.

Die Nazis gehörten zu den besten Kunden der deutschen IBM Tochter Dehomag. In diesem Werk wird jedoch nicht die Rolle der IBM durchleuchtet. (Hierzu empfehle ich die Lektüre von Edwin Black, "IBM und der Holocaust") Sondern die Entwicklung der statistischen Wissenschaft. Im Mittelpunkt stehen die beiden Volkszählungen 1933 und 1939. Und vor allem eine Erkenntnis: Datenschutz muss immer ins Kalkül ziehen, ob erhobene Daten in der Hand von Verbrecherregimen zum lebensbedrohenden Nachteil der Erfassten werden können. Daraus folgt die Widerlegung des o.g. Zitates, weil eben auch die Erfasser und Besitzer dieser Daten selbst "Täter" sein können. Die Anzahl der Interviewer für die Volkszählungen ging in die Hunderttausende. Von Juden wurden zusätzliche Daten auf gesonderten Karten erhoben. Um sie in Sicherheit zu wiegen, wurden diese Karten vor den Augen der Interviewten in separate anonyme Umschläge gesteckt. Bei der Auswertung wurden diese zur todsicheren Waffe. Seltsamerweise haben sich Aufforderungen an Unternehmen sich mit ihrer Rolle im dritten Reich zu beschäftigen, immer nur auf die Lieferanten der Folter- und Mordsinstrumente oder die Nutznießer von Zwangsarbeitern gerichtet. Dieses Buch öffnet die Augen dafür, welche Rolle Statistik und internationale Büromaschinen dabei gespielt haben.

Wie einfallsreich die deutschen Wissenschaftler waren, zeigt das Beispiel des "Deutschen Turms". Dieser nahm die Konstruktion der heutigen Festplatten als Speichermedium für EDV vorweg. Er enthielt Formatierungsvorgaben, die Computeringenieure später aufgriffen. Sein Zweck war es, die Daten aller Deutschen in einem Speicherturm nach Geburtsdaten zu sortieren und schnell verfügbar zu machen.

Unfassbar auch die Anmerkungen welche prominenten Schreibtischtäter in der Bundesrepublik noch lange Karriere machten, bis ihre unheilvolle Rolle bei der Judenverfolgung endlich erkannt wurde.

Edwin Black, "IBM und der Holocaust"
Edwin Black weist in seinem Buch (Link) nach, wie sehr IBM von seiner Kooperation mit Hitler-Deutschland profitiert hat.
Das Naziregime führte mehrere Volkszählungen in Deutschland und den überfallenen Ländern durch, um eine Planungsgrundlage für seine Vernichtungspläne zu bekommen. Hierfür nutzte man gerne IBM's Hollerith Lochkartenmaschinen. IBM profitierte von ihren weltweiten Patenten d.h. ihrer Monopolstellung und lieferte so viel sie konnte.
Der Skandal liegt nicht darin, wie in der Presse zu lesen war, dass der Autor behauptet, ohne IBM sei kein Holocaust möglich gewesen. Das behauptet der Autor an keiner Stelle. Aber er belegt überzeugend, dass der Holocaust ohne IBM nicht so effizient zu organisieren gewesen wäre. Er führt diesen Beweis anhand des Vergleichs zwischen den Opferzahlen in Frankreich und Holland. In Frankreich entkamen prozentual viel mehr potenzielle Opfer, weil keine Hollerithmaschinen zur Verfügung standen. Anders als in Holland, wo man auf einen gepflegten Datenbestand und Hollerithmaschinen zurückgreifen konnte.
Selbst die auf Statistik basierende Rassentheorie profitierte von den neuen technischen Möglichkeiten, sie in die Tat umzusetzen. Dank der Erfassung von Geburtsdaten aus Kirchen- und Synagogenbüchern in den Ahnenreihen ihrer Gemeindemitglieder liessen sich nicht nur die gegenwärtigen Religionsmerkmale der Bürger erfassen und auswerten, sondern auch die Religionsmerkmale ihrer Vorfahren nachvollziehen und zu künstlichen Bevölkerungsgruppen wie "Achtel-, Viertel- und Halbjuden" kategorisieren.
Die Nazis dankten dem IBM Chef Watson seine technologische Leistungsfähigkeit und Loyalität zu Deutschland sogar mit einer Ordensauszeichnung.
IBM gelang es während und nach dem Krieg, ihre deutsche Tochterfirma immer als deutsches oder amerikanisches Unternehmen darzustellen, je nachdem, was opportun war. So gelangten sie mit einem unbeschädigten Image in die Nachkriegszeit.

Mittwoch, 27. April 2011

Kretschmann zitiert Zetsche

Nur mal am Rande bemerkt: Dass das Auto im Prinzip neu erfunden werden muss, das hat nicht Herr Kretschmann zum ersten mal gesagt, sondern ein anderer mächtiger Schwabe: Dieter Zetsche, der Vorstandsvorsitzende von Daimler. Das ist seit zwei Jahren seine Hauptwerbebotschaft: Das Auto muss neu erfunden werden. Es muss grüner werden.

Warum also Kretschmanns Aussage, die Daimlers, Audis und Porsches fast in Panik versetzt hat, bleibt deren Geheimnis. Sie haben immerhin auch einiges an Verbrauchssenkungen aus den letzten Jahren vorzuweisen. Trotzdem hat es den Anschein, als verkauften sich inzwischen wieder genau die Modelle am besten, die auch direkt vor Ausbruch der Krise am besten liefen. Aber eben mit gesenkten Verbrauchswerten.

Was mir an Kretschmann gefällt ist: Er redet immer noch so, als sei er auf einem Bürgerkommitee. Hoffentlich erhält er sich seine Integrität..

ADAC Pannenstatistik: Nur wenige sind konstant zuverlässig

Das interessante an dieser jährlichen Statistik ist der Blick auf die Pannenhistorie der einzelnen Modelle.

Hier fallen nur wenige Modelle mit durchgängigen Bestnoten über die Jahre auf:

Kleinstwagen:
Fiat Panda und Renault Twingo haben sich in den letzten vier Jahren die Bestnote verdient. Gefolgt vom Citroen C2 mit drei aufeinanderfolgenden Jahren.

Kleinwagen:
Nur der BMW Mini weist über alle sechs Jahre den besten Platz auf.

Untere Mittelklasse:
Diese Kategorie weist besonders viele konstant zuverlässige Modelle auf. Den BMW 1er, Audi A3, Peugeot 308, Mercedes A und B Klasse.

Mittelklasse:
Hier stehen BMW X3 und Mercedes C Klasse auf den besten Plätzen. Gefolgt vom BMW 3er. Der Audi A4 kommt dahinter.

Grafik: ADAC

Obere Mittelklasse:
Hier hat kein einziges Modell eine langjährige gute Platzierung. Am besten steht der noch junge Audi A5 da, der erst 2008 auf den Markt kam.

Die Einzelplatzierungen aller Modell kann man beim ADAC nachlesen.

Häufigste Pannenursachen 2010
Mit Abstand war am häufigsten wieder die Batterie die Ursache fürs Liegenbleiben. Der ADAC begründet das mit den langen Winterperioden. Die Anzahl der Stromverbraucher im Auto nehme permanent zu, die Batterie sei für tägliche Kurzfahrten im Winter häufig nicht ausgelegt. Es fehle ihr an Nachladung bzw. an Reserven (Kapazität). Vermutlich wissen nur wenige Fahrer, wie sie ihre Batterie schonen bzw. zu sehr beanspruchen: Viele Kurzstreckenfahrten, bei denen der Motorraum die Batterie kaum aufwärmen kann. Stop&Go-Verkehr mit niedriger Drehzahl (Drehzahl lädt die Batterie auf, aber wir haben uns angewöhnt, niedertourig zu fahren, um Spritz zu sparen..). Und dann noch alle Verbraucher eingeschaltet: Lüfter, Heckscheibenheizung, Scheibenwischer, CD-Player und Licht.

Danach folgen die Bauteile Lichtmaschine und Antriebsriemen.
"Lichtmaschine" kann auch heißen: Abgewetzte Kohlen oder defekter Spannungsregler (der dafür sorgt, dass die Batterie tatsächlich nachgeladen wird), beides kostet nicht viel. Ein Antriebsriemen kostet auch nicht viel, aber wenn er reißt, kann das den Motor zerstören (Ventilgang und Kolbenhub geraten außer Takt und stoßen gegeneinander).

Dies sind die Ausfallursachen der unteren Fahrzeugklassen, auch bei den zuverlässigen Modellen. Sie fallen nunmal volumenmäßig am meisten ins Gewicht.

Schaut man sich die zuverlässigen Modelle in der Mittelklasse und oberen Mittelklasse an, bleiben diese aus anderen Gründen liegen: Beim BMW X3 ist es noch die Batterie. Danach folgen die Kraftstoffpumpe, der Turbolader und eine defekte Reifendruckkontrolle. Beim Mercedes C nerven auch die Batterie und außerdem das Motorsteuergerät, Anlasser und Kraftstoffpumpe. Audi scheint seit je her ein Problem mit der Zündspule zu haben (wobei die, wie ich hörte, pro Zylinder auszutauschen ist..)

Bei fast allen anderen Modellen der Mittelklasse und oberen Mittelklasse stehen Elektronikprobleme (Motorsteuergerät) als Ursache mit drin.

Dienstag, 19. April 2011

"Plagiate finden ist soo einfach."

Interview mit Professorin Weber-Wulff im Dradio: Wie findet man Plagiate im Netz?

Antwort: Nichts einfacher als das: Fünf Wörter aus einem bedeutenden Satz bei Google eingeben. Google durchsucht auch veröffentlichte Bücher, soweit bereits digitalisiert.

Nur fünf Wörter? Ja, weil keine zwei Menschen einen gleichen Gedanken identisch formulieren würden, ist es so einfach, Plagiate zu finden.

Interessant in dem Interview ist auch die etwas ahnunglose Sicht der Redakteurin, die jetzt eine Kultur der Verdächtigungen im Wissenschafts- und Politikbetrieb befürchtet. Antwort von Frau Professorin: Organisiertes Misstrauen gehöre zum Wissenschaftsbetrieb. Jede Arbeit müsse gegen geprüft werden. Nicht nur auf Plagiate, sondern auf ihren Wahrheitsgehalt und die Deutung ihrer Befunde. Und im übrigen: Wozu brauchen Politiker und Angestellte einen Doktortitel, wenn sie an Forschung und Wahrheit nicht interessiert seien? Sie sollten das den Wissenschaftlern überlassen.

Naja, es kann ja nicht jeder Doktor an seiner Uni bleiben. In Forschung und Entwicklung der Industrie braucht man auch Spezialisten.

Übrigens flog vor kurzem ein Doktor der Universität Dortmund auf, weil seine frühere Diplomandin ihre Arbeit in seiner Dissertation unverändert wiedergefunden hatte.

Dann werde ich jetzt auch mal Google anwerfen.. In der Zwischenzeit empfehle ich Ihnen die Website von Prof. Weber-Wulff. Und um den Appetit anzuregen, hier ein Häppchen:

Eine scherzhafte Definition nach Wilson Mizner:

Aus einem Buch abschreiben = Plagiat;
aus zwei Büchern abschreiben = Essay;
aus drei = Kompilation;
aus vier = Dissertation.

Heute mag man ergänzen: aus der Wikipedia = Hausarbeit.

Quelle: Plagiats Portal

Sonntag, 17. April 2011

E10 ist eine Idee von Merkel



Angesichts der aktuell wieder hohen Absatzzahlen deutscher Hersteller von "Premiumfahrzeugen" fragt sich mancher, wie hoch die Halbwertszeit der einen oder anderen Vorstandsaussage "das Auto müsse komplett neu erfunden werden" (Link) zu veranschlagen ist.

2008 brach nicht nur die Finanzkrise aus und bewirkte auch einen Abschwung der realen Wirtschaft, mithin dem Automobilverkauf. Auch die EU (vermeintlich) ärgerte manche Automobilhersteller mit Zielvorgaben von CO2-Flottenemissionen von durchschnittlich 120g/km.

Der BUND schrieb dazu vor kurzem:
Der EU-Ministerrat hatte bereits 1998 einen CO2-Grenzwert von 120 g pro km für den Durchschnitt aller in der EU verkauften Neuwagen ab 2005 auf Vorschlag der damaligen Umweltministerin Angela Merkel beschlossen.
Quelle: BUND

Merkel also hat die 120 g als Umweltministerin zunächst selbst vorgeschlagen, und als Kanzlerin 2007 mit einem Wendemanöver selbst aufgeweicht: Wenn man etwas mehr nachhaltiges Bioethanol ins Benzin mische, ergebe das eine CO2-Gutschrift, die die Anhebung der CO2-Emissionen auf 130g rechtfertige. Da holten die deutschen Autohersteller erstmal Luft und die Biospritbauern jubilierten.

Somit ist die Akzeptanz von E10 durch die Konsumenten aber auch im Interesse der Automobilhersteller, weil sie ihnen Luft bei Motorleistung und Verbrauch verschafft. Das gilt einerseits nur für Neuwagen ab 2015 (ursprünglich für 2012 geplant, aber auf Druck der Deutschen verschoben). Andererseits wird es die Kunden auch dann interessieren, ob die Autohersteller volle Garantien für evtl. Langzeitschäden von E10 abgeben.

Das gegenwärtige Schwarze-Peter-Spiel schafft allerdings alles andere als Vertrauen. Der Autofahrer hat die Nachweispflicht, dass es an E10 lag, wenn sein Motor oder seine Zuleitungen korrodiert sind. Und die Mineralölkonzerne nutzen die Angst der Autofahrer zu schamlosem Abkassieren, in dem sie E5 Super vom Markt genommen haben (kurz nach der Ausmusterung von Normalbenzin) oder es zum Preis von Super Plus verkaufen..

Und es gibt außerdem ein Risiko für die Fahrer von E10-unverträglichen Autos: Sie müssen sich 100%ig darauf verlassen können, dass aus einer Super Plus - Säule wirklich ethanolfreier Kraftstoff kommt, zumindest mit höchsten 5%. Wie soll man später mal nachweisen, wenn es ein Tankstellenbetreiber doch nicht so genau genommen hat?

Ein Motorenhersteller ist jetzt mit gutem Beispiel voran gegangen: Briggs & Stratton spricht auf seiner FAQ-Seite eine E10-Unbedenklichkeitsbescheinigung für seine Motoren aus (Link). Einziges Manko: Briggs & Stratton beliefern mit ihren Motoren nur die Hersteller von Rasenmähern.

Freitag, 15. April 2011

Das Hochspannungsnetz an neue Lastflüsse anpassen

Die ersten Kraftwerkshersteller wie z.B. AEG betrieben ihr Kraftwerk noch selbst und zogen Leitungen zu den Verbrauchern. Der erste Verwendungszweck von Strom war Licht. Gasbeleuchtung war eine häufige Brandursache in Wohnhäusern, Strom bot hier die Aussicht auf Besserung. Die Drehschalter in den Kellern alter Häuser sind den Gasdrehschaltern nachempfunden, die sie ablösen sollten. Man drehte den Gasstrom auf oder zu, wie bei einer Wasserleitung. Die Kunden sollten sich beim Umstieg auf Strom möglichst nicht umgewöhnen müssen.

Das kann man z.B. sehr anschaulich bei Kurt Berlo (dem Gründer des Dortmunder Energiewendekomitee) und Hartmut Murschall-Zabel nachlesen (Link). Irgendwann hatte jemand die Idee, zwei "Inselnetze" zu verbinden, um sich gegenseitig bei Wartungsstillständen oder Ausfällen Backup zu liefern. Damit ein Kraftwerk für das andere einspringen konnte, musste dieses Reserveleistungen mobilisieren können, um die zusätzlichen Verbraucher mitversorgen zu können.

So entstand die Idee des Versorgungs- und später Verbundnetzes. Man baute große zentrale Kraftwerke, die einander aushelfen können. Je größer das einzelne Kraftwerk, desto mehr musste natürlich im Falle eines Ausfalls ersetzt werden. Andererseits, je mehr Kraftwerke man zu einem Verbund zusammenschloss, desto mehr konnten sich an der Abdeckung eines Ausfalls beteiligen. Unterm Strich entstanden so aber mehr Kraftwerkskapazitäten als die reine Addition der Verbraucher ergeben hätte. Das sind die sogenannten "Überkapazitäten". Stromim- und -export war schon immer Plan des Verbundnetzes, aber die Auslegung sollte so sein, dass sich jedes Energieversorgungsunternehmen im Normalfall selbst versorgen kann.

Die Kraftwerke wurden dort gebaut, wo die Verbraucher waren. Und die Verbraucher waren dort, wo es Arbeit und Rohstoffe gab. Im Ruhrgebiet z.B. Kohle und Erze. Da Großkraftwerke wassergekühlt sind, baut man sie vorzugsweise an einen Fluss oder Kanal mit natürlicher Strömung.

Da das Ruhrgebiet "mehr Kohle hatte, als es brauchte" (schönes Bild..) exportierte es sie, z.B. ins Agrarland Bayern. Da man Wind, Sonne und Wasserkraft aber nicht exportieren kann, wird man sie in Form von Strom exportieren müssen. Auch hier kommt der Verbundnetzgedanke zum Tragen: Die Küste hat mehr Windstrom, als sie selbst braucht. Spanien und Desertec werden mehr Sonnenstrom produzieren, als sie selbst brauchen. Die Übertragungsstrecken werden dabei länger, als zwischen den alten Großkraftwerken: Pro km Entfernung beträgt die wirtschaftliche Übertragungsspannung 1kV. Im Ortsnetz sind das 400V wegen durchschnittlich 400m Entfernung zur Trafostation. Unser 400kV Netz transportiert wirtschaftlich bis zu 400km. Diese Entfernung war früher die wirtschaftliche Grenze der Hochspannungstechnik in unseren Gefilden, darüber hinaus wurde es wirtschaftlicher, ein neues Kraftwerk zu bauen.

Das Problem ist heute: Das alte Verbundnetz stützt sich auf andere Verbindungsachsen, als wir sie für die Energiewende brauchen. Aber dann bauen wir es eben um. Es ist ja auch so irgendwann mal nach Bedarf entstanden. Der Bedarf ändert sich aber gerade, und das Netz ist eh in die Jahre gekommen. Die Netzbetreiber hatten sich nur daran gewöhnt, nichts mehr investieren zu müssen, weil so eine Leitung, Umspannstation samt Trafo eben Jahrzehnte hält.

Die Hochspannungstechnik ist inzwischen vorangeschritten. Dank der Weiterentwicklungen in der Leistungselektronik gibt es heute Möglichkeiten auch hohe Leistungen über mehr als 1.000km wirtschaftlich zu transportieren.

Übrigens meldet die Tagesschau, dass es mit den Bürgerprotesten gegen neue Freileitungen gar nicht so weit her ist, wie die CDU stets behauptet. Die meisten Netzbauprojekte lägen laut DENA voll im Plan. Der Grund dafür sei, dass die Bundesregierung selbst den Weg frei gemacht habe für Erdkabel in Siedlungsnähe und für Hochspannungsgleichstromübertragung (Link zur PM Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) )

Mittwoch, 13. April 2011

Droht nach der E10- nun die Dieselabzocke?

Keine Panik. Deutschland übererfüllt die Mindeststeuersätze für Diesel und Benzin beide. Wenn die EU also die Mindeststeuer für Diesel anheben will, erfüllen wir die in Deutschland bereits. Aber andere EU Länder müssten evtl. nachziehen. Deutschland könnte derweil die Steuer auf Benzin halbieren, wenn Diesel auch hier höher als Benzin besteuert werden soll.

Das wäre schlecht für die deutsche Automobilindustrie. Sie war spät auf den Dieseltrend aufgesprungen und hatte das Feld von hinten aufgerollt (ähnlich wie es beim Hybrid kommen wird ;-). Jetzt, da sie dieseltechnologisch führt, soll ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht werden?

1 Liter Benzin verbrennt zu 23,7g C02,
1 Liter Diesel zu: 26,5g CO2.

Auch wenn man in Rechnung stellt, dass Diesel mehr CO2 frei setzt, macht der sparsame Motor das mehr als wett. (Ich hatte das vor einem Jahr am Beispiel Porsche Cayenne Diesel vs. Lada Niva vorgerechnet.)

Mich erinnert dieser Steuerplan an die CO2-Steuern, die auf den Kaufpreis für PKW aufgeschlagen werden sollen. Damals waren die Kleinwagenländer Frankreich und Italien die Treiber. Zum Wohle von Renault und Peugeot und Fiat. Jetzt soll der Diesel ausgebremst werden? Das ist es, was hinter dem Aufschrei der Bundesregierung steckt - nicht etwa die Sorge um die Geldbeutel der mehr als genug abgezockten Autofahrer (vgl. E10). Und Deutschland wird die Änderung verhindern können. Wie man auf tagesschau.de nachlesen kann, gilt bei Steuerfragen in der EU das Einstimmigkeitsprinzip.

Ich würde allerdings aus einem anderen Grund vom Kauf eines Diesel absehen, zumindest als Bewohner einer Großstadt wie Berlin: Die Umweltdezernenten und -senatoren denken sich bekanntlich jedes Jahr etwas neues aus, um Autofahrer aus den Innenstädten fern zu halten, oder sie abzuzocken (Die Berliner Umweltsenatorin Katrin Lompscher hat hier neue Maßstäbe gesetzt.) Die EURO-Normen schreiten stetig voran. Wer vor fünf Jahren einen Neuwagen mit Dieselantrieb kaufte, kommt heute damit nicht mehr in die Berliner Umweltzone, weil er nur die gelbe Plakette bekommt. Das kann man Enteignung oder Kapitalvernichtung nennen. Aber es ist Gesetz.

Sowjetische und japanische "Mentalitäten"

Die Behörden haben die Heraufstufung des Fukushima Super-GAU auf die höchste INES-Stufe 7 ("Katastrophaler Unfall", Wikipedia Link) anscheinend solange verzögert, bis die japanische Regierung ein PR-Konzept für Aufbruch und Optimismus parat hatt - inklusive einem Auftritt des TEPCO Vorstandsvorsitzenden.

Jetzt geben sie es zu: Stufe 7. Jetzt aber bestreiten sie, dass das irgendeine Bedeutung habe (FAZ Link).. Den "Experten" ist immer noch wichtiger, dass Tschernobyl noch schwerer war, als Fukushima. Man will die eigene Überlegenheit, d.h. der Technologie und des politisches Systems, bewahren. Sie begründeten das Schweigen der Tschernobyl Behörden mit der sowjetischen Verachtung für den Menschen. Das Schweigen der japanischen Regierung und von TEPCO begründen sie jedoch mit der "japanischen Mentalität". Unsinn.

Aber immerhin haben sie zugegeben, dass eine INES-Einstufung immer nur auf Basis des Informationsstandes erfolgen kann. Klar, das haben wir gesehen: In den Statustabellen der IAEA waren die Felder mit dem Inhalt "Keine Information" immer gelb markiert, nicht rot.

Wer schlimmes ahnt, der hat ein Interesse daran, den Informationsstand niedrig zu halten.

Dienstag, 12. April 2011

Radioaktive Strahlung und Elektrosmog: Die Dosis macht's

Es gibt zwar Grenzwerte für radioaktive Strahlung, ebenso für elektrische, magnetische und elektromagnetische Wellen und Felder. Diese wurden von der Weltgesundheitsorganisation definiert, damit man einen weltweit gültigen Maßstab hat. Aber die Grenzwerte sind nicht eindeutig empirisch belegt, sondern aus bisherigen Beobachtungen, Studien und Erklärungsmodellen qualifiziert geschätzt. Zudem wird zugrunde gelegt, wie hoch diese Belastungsfaktoren in der Natur sein können und sich der Körper also daran gewöhnt haben muss.

Bei radioaktiver Strahlung muss man immer unterscheiden zwischen äußerer Belastung, die auf unsere Körperhülle wirkt, und dem, was wir einatmen, trinken oder essen. Die Körperhülle bremst auf natürlichem Wege Strahlung und Wellen ab, weil wir zu 80 Prozent aus Wasser bestehen. Auch das im Mauer- oder Betonwerk gebundene Wasser von Gebäuden schirmt vieles sehr gut ab (Ausnahme: magnetische Felder). Einer erhöhten Strahlung sind wir in der Tat auch bei Flügen in großer Höhe ausgesetzt, weil hier die abbremsende Wirkung der Atmosphäre nachlässt. Aber das ist immer noch etwas anderes, als radioaktive kontaminierte Lebensmittel aufzunehmen.

Der große Unsicherheitsfaktor bei Grenzwerten ist die individuelle Konstitution des menschlichen Organismus und der schiere Zufall. Die o.g. Belastungen erzeugen nämlich nicht auf direktem Wege Krebs. Sondern sie schwächen die Abwehr- bzw. "Aufräum"mechanismen des Organismus, mit deren Hilfe er sich der permanent entstehenden Krebszellen und beschädigten Zellen entledigt. (Ionisierende Strahlung z.B. verändert die chemische Wirkung von Enzymen, sie funktionieren dann nicht mehr.) Da Strahlung auch die Erbsubstanz verändern kann, kann sich eine Schädigung auch auf die nächste Generation fortpflanzen.

Deshalb sollte man hier ehrlicherweise von Je-Desto-Zusammenhängen sprechen. Je mehr Strahlung man abbekommt, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit, eine entstandene Krebszelle nicht mehr bereinigt zu bekommen. Natürlich ist es auch plausibel, dass ab einer bestimmten Dosis der Körper ganz sicher überfordert ist. Aber diese sollte man nicht als "Grenzwert" nehmen.

Übrigens, die von einigen vermutete "krebserrende" Wirkung (genauer: die das Krebsbekämpfende Immunsystem schwächende Wirkung) elektrischer und magnetischer bzw. elektromagnetischer Felder basiert auf folgender Annahme: Nachts schüttet der Körper Melatonin aus, um den Organismus von beschädigten oder wuchernden Zellen zu bereinigen. Tagsüber unterdrückt die Wahrnehmung von Licht die Melatoninausschüttung. Schaltet man nachts das Licht an, wird die Ausschüttung ebenfalls sofort unterdrückt. Wer also im Hellen schlafen muss, hat auch deshalb einen ungesunderen Schlaf. Nun ist Licht eine elektromagnetische Welle. Die Skeptiker sagen: "Elektrosmog" erzeugt Krebs, in dem er die Melatoninausschüttung unterdrückt.

"Elektrosmog" muss man wiederum unterscheiden. Die 50Hz Stromversorgung erzeugt keine elektromagnetische Strahlung wie z.B. der Sendemast eines Mobilfunknetzes, dazu ist ihre Frequenz zu gering. Eine Hochspannungsleitung ist deshalb keine Antenne. Um eine Leitung herum misst man stattdessen getrennte elektrische und magnetische Felder. Der wichtige Unterschied ist: Man muss beide unabhängig voneinander unterdrücken, wenn man sie draußen halten will. Elektrische Felder schirmt bereits eine Gebäudehülle ab. Magnetische Felder jedoch kann man nur mit bestimmten Metallen abschirmen. Die Frage ist jedoch, ob man das muss. Denn wir bewegen uns auch ohne Strom permanent im Magnetfeld der Erde.

Die Frage, ob die Felder der Stromversorgung Krebs erzeugen können, ist schon in etlichen Studien untersucht worden. Das einzige, was man sicher herausgefunden hat ist jedoch, dass man die Stromversorgung nie als alleinigen Faktor herauslösen konnte. Immer trat sie nur gemeinsam mit anderen Belastungsfaktoren auf, wie z.B. dichtem Verkehr an Hauptverkehrsstraßen entlang deren Trasse die Leitung verlegt war. Außerdem waren die Fallzahlen immer sehr niedrig. Schon ein Fall mehr im betrachteten Zeitraum, kann die Aussagekraft einer Studie von der einen Schlussfolgerung in die gegenteilige kippen.

Was man hingegen leicht rechnen und auch messen kann: Hochspannungsleitungen sind ein Drehstromsystem. Die drei Leiter eines Stromkreises ergänzen ihre momentanen Strom- und Spannungswerte zu Null. Je dichter man sie nebeneinander legt, desto weniger Feld bleibt nach außen übrig. Deshalb emittiert ein isoliertes dreiphasiges Hochspannungskabel, das man unterirdisch verlegt, nach außen so gut wie keine Felder. Die blanken Leiter einer Freileitung brauchen hingegen Isolationsabstand zu einander. Deshalb ist direkt unter ihnen die Feldstärke nicht Null. Aber rechts und links einer Freileitung fällt der Wert rapide ab, die "optische Belasung" ist da größer als die des Feldes. Und nachts fallen die Werte abermals, weil der Stromverbrauch sinkt.

Meine Empfehlung zum Schutz vor den hier beschriebenen Dosen ist einfach: Abstand zur Quelle halten.

- Wenn in der Nähe ein Atomunfall passiert: Abstand (das Weite) suchen.
- Den Radiowecker mindestens eine Armlänge vom Kopfende des Bettes fern halten (habe ich selbst gemessen).
- Nicht direkt unter der Hochspannungsleitung wohnen. Rechts und links von ihr fallen die Werte aber schnell ab.
- Nachts für richtige Dunkelheit sorgen.
- Alle Standby Geräte nachts ausschalten.
- Das WLAN nachts, bzw. nach 10 Minuten Standbyzeit abschalten.