Donnerstag, 14. Oktober 2010

That's what it is...



"There's frost on the graves and the monuments
But the taverns are warm in town
People curse the government
And shovel hot food down
Lights are out in the city hall
The castle and the keep
The moon shines down upon it all
The legless and asleep..



..There's a chink of light, there's a burning wick
There's a lantern in the tower
Wee Willie Winkie with a candlestick
Still writing songs in the wee wee hours
On Charlotte Street I take
A WALKING stick for my hotel
The ghost of Dirty Dick
Is still in search of Little Nell
That's what it is.."
Mark Knopfler, What it is

Dienstag, 12. Oktober 2010

Solid Gold?

Achtung: Die Goldpreisentwicklung wird in den Medien häufig in US-Dollar gezeigt. Die Langzeitkurven besagen, dass sich die Unze Gold innerhalb von zehn Jahren von 200 auf 1350 Dollar entwickelt habe. Ist das die Wachstumgsstory des zurückliegenden, phantasielosen Jahrzehnts?

Nein, es ist die Verluststory des US-Dollars. Aus EURO-Sicht gilt eigentlich: Nicht Gold steigt, sondern der Dollar sinkt in die Bedeutungslosigkeit. Nur weil etliche Regierungen das Heil für ihre Exportwirtschaft darin sehen, gegenüber dem Dollar künstlich abzuwerten, steht der Dollar noch relativ gut dar. Das treibt den Goldpreis aber künstlich weiter hoch.

Während der Bush-Jahre drohten die arabischen Erdölländer schon einmal damit, Öltanker nicht mehr in Dollar sondern in EURO abzurechnen. Damit wäre der Dollar in die zweite Liga abgestiegen und die US-Regierung konnte das abwenden. Dann kamen die Spielverluste, der Bankrott der Finanzkrise dazu. Das hat nicht nur zu einer exorbitanten Staatsverschuldung der USA geführt, sondern auch zu einem tief sitzenden Vertrauensverlust in die Bilanzen von US-Unternehmen, vor allem aus dem Bankensektor.

Welche innere Stärke der US-Wirtschaft bleibt eigentlich übrig? Mir fällt keine ein. Aus unserem New York Urlaub habe ich keine anderen Eindrücke mitgenommen, als dass es den USA an kreativen und wirtschaftlichen Impulsen fehlt. Außer Apple ist da nichts. Die Immobilienpreise sind günstig. Selbst Appartements in New York werden für Normalbürger erschwinglich.

Die US-Amerikaner sind ein betrogenes, verschüchtertes, bespitzeltes und ausgelaugtes Volk geworden. Das ist das Ergebnis der Bush-Jahre. Trotzdem glaube ich an die innere Stärke Amerikas. Damit die sich wieder Bahn bricht, sind aber gewaltige gesellschaftliche Umbrüche nötig. Erste zaghafte Ansätze dafür haben wir wahrgenommen. Z.B. scheinen immer mehr Menschen die Oberflächlichkeit, die Lüge und die Angst satt zu haben. Ein neuer Sinn für Qualität entsteht. Aber es kann zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis sich das in einer wiedererstarkten Volkswirtschaft äußert.

Für europäische, vor allem deutsche, Anleger folgt daraus aus meiner Sicht: Nicht jetzt noch in Gold einsteigen, und wenn, dann nicht in EURO bezahlen, sondern in US-Dollar.

Freitag, 8. Oktober 2010

Green New York


Deja vu: Ankündigung von Radrennen in der Stadt

Nachdem sie zweimal von Intensivtätern an den Rand des Abgrunds gedrängt wurden, wenden sich die New Yorker anscheinend wieder den wahren Dingen des Lebens zu. Auf unseren Spaziergängen durch die Lower Eastside, Greenwich Village und Chelsea, aber auch im Financial District fiel uns auf: Die Leute sind langsamer geworden. Bewusster. Die Deli-Shops werben mit Qualität und lokaler Herkunft.


Home made: Cup Cake Konditor

Das Personal ist nicht mehr aufgesetzt freundlich, sondern freundlich. Es scheinen andere Leute das Geschäft zu machen, als noch vor fünf Jahren. Im Hotel Houston werden wir von der asiatischen Empfangsdame begrüßt und erfahren, dass das Frühstück inklusive ist. Und das Frühstück ist gut. Die anderen Gäste witzig und sehr freundlich.

In den Villagebewohnern erkennen wir Gutmenschen. Aber angenehmeren Typs als in Berlin. Nicht ideologisch aufgeladen, nicht vorrangig darauf bedacht, moralisch immer recht zu haben und im Recht zu sein, wenn er die Regeln zu seinen Gunsten zurecht biegt. Z.B. im Straßenverkehr. Nein, es gibt auch den Typus "guter Mensch", der Qualität will, der im Gleichgewicht sein will und der sich von Hypes, Ängsten und anderen Manipulationen nicht mehr beirren lassen will. Dem Familie wichtig ist, der aber auch die Manipulationen seiner eigenen Familie austherapiert hat - und sei es nur durch die Identifikation mit den Romanfiguren eines Jonathan Franzen..

Wir machen unseren ersten Spaziergang Richtung Manhattanbridge und erfahren, dass die Stadt am Wochenende wegen eines Radrennens gesperrt wird. Das kennen wir aus Berlin, allerdings ideologischer. Wir wollen mit dem Bus fahren, zählen die 1-Dollar-Scheine ab. Der Busfahrer klärt uns auf, dass wir in Münzen bezahlen müssen. Haben wir nicht. "Habt Ihr nicht? Then go ahead.." Er nimmt uns so mit und wünscht uns beim Aussteigen noch ein "Enjoy New York!". Mit der U-Bahn durchqueren wir den East River nach Brooklyn. Ich erinnere mich an die Story des Ruhrbarons Arnold Voss über Gentrification in Williamsburg. Wir wollen den Brooklyn Bridge Park sehen und die neu gestalteten Piers. Und werden nicht enttäuscht. Der Uferweg unter der Brücke führt ins Grüne. Einen Park, den ein junges Paar für seine Hochzeitszeremonie nutzt (was wir gut verstehen können ;-). Die Atmosphäre ist hier einzigartig. Die Oktobersonne strahlt, der Verkehr hoch oben auf der Brooklyn Bridge rauscht vorbei. Dieser Blick auf Manhattan unter einem strahlend blauen Himmel ist unersättlich. Wir gehen weiter zu den Piers. Hier gibt es ein Brücken-Cafe und der Parkweg führt vom Pier 1 zum Ufer. Dort entlang bis zum Ende und zurück durch den hügeligen Park. Von dort schaut man über grüne Wiese und durch herbstliche Bäume rüber nach Manhattan. Ein Bauschild sagt, dass man hier im nächsten Jahr auch mit Kanus Richtung East River ablegen kann.




Der neue grüne Deal: die New Yorker Brückentechnologie

Auf den Straßen gibt es einen Trend zu Hybridantrieben. Die neue Taxigeneration, Modell Ford Escape, hat durchweg Hybridantrieb. Einige Linienbusse auch. Und sogar Stretchlimos tragen das Schild an ihren Flanken. Der Lexus 400 Hybrid ist eines der häufigsten "Manhattan Cars".


What if God was one of us? Just the driver of the Hybrid bus..

Dieses New York ist das Gegenteil von 1999. Damals: Business und Technologie Hype. Angst etwas zu verpassen. Die Börse fährt ohne einen ab, wenn man zu spät kommt. Atemlosigkeit. Die Hand am Zentralrechner der New Yorker Börse. Heute: Ruhig, grün, auf dem Ökotrip. Zum ersten mal konnte ich mir realistisch vorstellen, dort zu leben und zu arbeiten.

Zurück in Manhatten, an der Westside, gibt es eine still gelegte Hochbahnlinie aus den 30er Jahren.(Eine Güterzuglinie, hoch gebaut, damit sie den Straßenverkehr nicht gefährdete). In Berlin und Dortmund lässt man so was einfach verrotten und nennt es dann Gleismeer oder Vintage. Die New Yorker Regierung und die "Freunde der Highline" hingegen veranstalteten einen Ideenwettbewerb und eröffneten im Sommer 2009 den ersten gestalteten Abschnitt. (Mehr Infos: TheHighline.org)




Last not least: The very special Jefferson Market Garden in Greenwich Village

Fotos: Frontmotor

Mittwoch, 6. Oktober 2010

"No standing any time": Die Wallstreetboys

Wir waren ein paar Tage in New York. Es hat sich einiges getan seit dem letzten Besuch 2005. Und erst recht, wenn man zehn Jahre zurück blickt. Ich werde in den kommenden Tagen darüber berichten. Anfangen will ich mit den Bänkern. Dann habe ich sie hinter mir..

Vor zehn Jahren waren sie die Herren des Universums. Heute wirken sie nur noch peinlich: Die Banker. Der Hass auf sie hat sich gelegt, die New Yorker belächeln und bemitleiden sie inzwischen eher. Wer vom Leben nicht mehr erwartet, als seine Gier in einer Spielhölle auszuleben, hat auch nicht mehr verdient.

Das intellektuelle New York ist von der grünen Welle erfasst. Überall liest man von "organic", "hybrid" oder "home made". Man achtet wieder auf Qualität und hat die Blasen satt. Zieht man durch die Lower East Side, Greenwich Village oder Chellsea, sieht die aufs aufrichtige Gutsein bedachten Menschen und laufen einem dann Anzug tragende Banker über den Weg, wird es unübersehbar: Dieses Investmentzeitalter war wie ein Big Mac. Nichts dran, nichts dahinter und man hat bald wieder Hunger. Sie wirken um so peinlicher, je überheblicher sie daher kommen. Überheblichkeit ist es etwas, was in New York inzwischen völlig verpönt ist. Man ist freundlich, hört zu, stellt Fragen. Nur die Bänker nicht.

Man hat die Banker rausgehauen, wie die notorisch prügelnden Typen aus den Problemfamilien. Sie haben sich nicht bedankt. Sie haben bis jetzt ihre Schuld nicht bekannt. Kaum geht es ihnen besser, fangen sie schon wieder von vorne an. Die einzige Geste, die sie für ihre Umwelt übrig haben ist der Zaun, den sie um die Börse gezogen haben. Man kommt nicht mehr an sie ran. Sogar die U-Bahnzugänge haben sie dicht gemacht. Sie haben Schiss, weil sie vielleicht doch ein schlechtes Gewissen haben?

Gut passt auch das rote Verkehrsschild, das auf sie zeigt und sagt: NO STANDING ANY TIME:




Fotos: Frontmotor

Montag, 27. September 2010

So geht Bank heute: Sohn vom Sohn vom Sohn vom Sohn

Es klang wie ein verfrühter Aprilscherz. Am Morgen des 17. März 2010 veröffentlichte die Lobbyagentur Hering Schuppner per Pressemitteilung, dass Henriette Peucker ab dem 01.04. die "perfekte Ergänzung für unseren Geschäftsbereich Corporate Affairs" sei.

Dies gelte besonders für "unseren integrierten Ansatz Kapitalmarktnähe, Corporate Perspektive und Politik-Erfahrung" (Link). Das kann man wohl sagen. Denn Henriette Peucker leitete davor die Berliner "Repräsentanz" der Deutschen Börse. Sie trieb also die Gesetzgebung zur Öffnung des Wertpapierhandels für verbriefte Kreditforderungen voran. Adressat ihrer Forderungen war der Mann, mit dem sie auch privat liiert ist: der damalige Ministerialdirektor und heutige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Jörg Asmussen. Über den schrieb der SPIEGEL, dass er immer rausgehe, wenn es in einer Sitzung um Geschäfte ginge, in die auch seine Liierte involviert sei..

Diese Mission ist längst erfüllt. Sie hat große private und Landesbanken erschüttert. Die Börse hat an allen, Gewinnern und Verlierern verdient. Die Herren Bankvorstände hingegen waren groß mit dem Wort, aber klein in ihren Fähigkeiten. Leute wie die IKB-Aufsichtsräte Ulrich Hartmann und Michael Rogowski durchschauten die Spiele an der Wallstreet nicht. Sie gaben ihren Vorständen aber Verträge wie an der Wallstreet, fühlten sich wie die Kapitäne großer Ozeandampfer. Nur als alles zusammenbrach und man sie nach ihrer Verantwortung fragte, als man von ihnen im Nachhinein Qualität einforderte, fassten sie das als ungebührliche Provokation Subalterner auf. Und pochten auf die Einhaltung ihrer Bonus- und Pensionszusagen. Zu begleichen bitte schön durch die Steuerzahler. Das galt nicht nur für die glücklosen Spieler, sondern auch für die nicht minder glücklosen "Sanierer".

Zu dieser Gattungsart gehören z.B. die Herren Axel Wieandt (Ex-HRE Vorstand) und sein Vorgänger Georg Funke, der die HRE auf insgesamt 12 Mio. EURO verklagte. An diesem Typus stört, dass er VOR dem Amtsantritt seine hohen materiellen Forderung damit begründet, dass er zur weltweit knappen Elite gehöre, die bereit und fähig sei, hohe Verantwortung zu übernehmen. Wenn er dann versagt hat, begründet er die Durchsetzung seiner Ansprüche mit dem privaten Vertragsrecht.

Bleiben wir bei Axel Wieandt, dem Sohne von Paul Wieandt, seines Zeichens Banksanierer, der z.B. die SchmidtBank sanierte und im Zuge dessen die Online Bank Consors von Karl-Matthäus Schmidt verkaufte. Axel Wieandt studierte an der WHU und ging dann zu: McKinsey. Dort lernte er Martin Blessing kennen, der später Axels Schwester Dorothee heiratete. Blessing ist auch ein Bankierssohn und -enkel: sein Vater war Vorstand der Deutschen Bank, sein Großvater Präsident der Bundesbank. Dorothee übrigens arbeitet bei den Erfindern und größten Profiteuren der Finanzkrise: Goldman Sachs.

Zur Ablenkung der Politik von den eigentlich wichtigen Fragen, zündeten diese Angehörigen einer neuen Täterschicht Nebenkriegsschauplätze. Deutschland diskutierte zwei Jahre lang darüber, ob nun die privaten oder die öffentlichen Banken schlimmere Täter gewesen seien. Dabei ist diese Frage ganz unwichtig. Wichtiger ist die Frage: Was verbindet die Handelnden? Und schaut man da mal näher hin, erkennt man also, dass man es hier mit Familienangelegenheiten zu tun hat. Die Damen und Herren kennen sich gut und schon lange. Die wichtigsten sind sogar miteinander verwandt. Und mancher trott sowohl bei privaten als auch bei öffentlichen Banken auf: Namentlich Hilmar Kopper. Damals Nachfolger des 1989 ermorderten Alfred Herrhausen. Heute Aufsichtsrat bei der HSH Nordbank. Kopper ist ein Beispiel dafür, dass die gleiche Person sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor Schaden anrichten kann.

Hans Martin Bury hingegen ist ein Seitenwechsler der anderen Art. Nicht genug, dass er -wie Asmussen- Mitglied der SPD ist. 2005 wechselte er vom Auswärtigen Amt auf einen Direktorenposten bei den Pleitebänkern der Gebrüder Lehman. Hm, danach wurde er Managing Partner bei HERING SCHUPPENER Consulting.

Solche Seitenwechsel ermöglicht unser Konzept von Rollen und Personen. Jeder darf im Prinzip jede Rolle ausfüllen. Auch wenn der größte Nutzen eines Rollenspielers darin läge, dass er seinen vorherigen Rollengeber verraten würde. Das ist falsch verstandene Berufsfreiheit.

Wir müssen alle genannten Fälle im Zusammenhang mit der Frage sehen: Wer refinanziert die Finanzkrise? Wer kommt für die Depotverluste abgestürzter Großbürger und die Saläre "glückloser" Bankierssöhne auf?

Die 5 EURO Hartz IV Erhöhung sind eine Antwort darauf. Eiskalt vorgetragen von der ausgeguckten Vollstreckerin der Umverteilung von unten nach oben: Der Albrechttochter Ursula von der Leyen.

Herbst im Havelland



Donnerstag, 23. September 2010

Old



Gott ist alt, die Menschheit ist alt, die Bibel ist alt. Ich bin nicht alt:

Down the decades every year
Summer leaves and my birthday's here
And all my friends stand up and cheer
And say man you're old
Getting old
Old

Wisdome is old
The Koran is old
The Bible is old
I'm not old.
Paul Simon

Montag, 20. September 2010

Endlager im Süden?

In der Frage der Atomenergie sind die Deutschen tief gespalten. Je zur Hälfte befürworten sie sie bzw. lehnen sie sie ab.

Das hängt aber weniger mit der Angst vor einem Kraftwerksstörfall zusammen, als vielmehr mit der Entsorgungsfrage. Der Bayerische Rundfunkt sendete vergangene Woche ein Feature, in dem auch folgendes Umfrageergebnis genannt wurde: Unter der Voraussetzung, dass die Entsorgungsfrage gelöst wäre, wären zwei Drittel der Deutschen für die weitere Nutzung der Kernenergie.

Das kann man auch so lesen: In das Verantwortungsbewusstsein und Fähigkeiten der Ingenieure, die sichere Kraftwerke entwickeln und bauen sollen, haben die meisten Deutschen vertrauen. In die (noch schwarz-gelbe) Regierung, die Verträge mit den Kraftwerksbetreibern verhandelt und die ein Endlager für den Atommüll suchen soll, dagegen nicht.

Die Art und Weise, wie vier Großkonzerne bei der Bundesregierung die Durchsetzung ihrer Geschäftsinteressen betrieben haben, hat am Samstag 100.000 Bürger nach Berlin mobilisiert. Das sind so viele wie 1986 am AKW-Standort der PreussenElektra in Brokdorf. Energieversorger stehen damit in der Ansehensrangliste leider wieder auf einem Abstiegsplatz, gerade noch vor den Banken. In dreißig Jahren haben sie nichts dazu gelernt.

Asse II hat zwei Erkenntnisse zu Tage gefördert:

Erstens kann man Direktabsprachen zwischen konservativen Politikern und Energiemanagern nicht trauen. Niedersachsens MInisterpräsident Ernst Albrecht (CDU) und seine Wirtschaftsministerin Birgit Breuel, die später auch Aufsichtsrat bei PreussenElektra wurde, haben Anfang der Achtziger Jahre Sicherheitsanforderungen und das neue Atomgesetz bedenkenlos vom Tisch gewischt und aus wirtschaftspolitischen Gründen Gorleben, Schacht Konrad und als Versuchslager die Asse vorangetrieben. Außerdem wurde geschlampt oder bewusst verschleiert bei der Dokumentation der Endlagerung. Es sind zehnmal so viele Fässer eingelagert worden und diese zum Teil mit der zehnfachen Radioaktivität und somit auch Wärmeentwicklung, wie dokumentiert worden ist.

Aus dem Skandal Asse II folgt zweitens eine neue Anforderung an Endlager: Die Rückholbarkeit des Mülls, für den Fall, dass wieder Lug und Betrug im Umgang mit Atommüll aufgedeckt wird.

Die Fässer in der Asse strahlen und geben Wärme ab. Die Strahlung durchlöchert buchstäblich die Fasswände und die Wärme sorgt für Ausdehnungen, Verformungen und Rissbildungen im Salzstock. Von Dichtigkeit kann da keine Rede mehr sein. Grundwasserein- und -austritte haben den Stollen destabilisiert, es droht der Einsturz. Von Rückholbarkeit kann deshalb bald auch keine Rede mehr sein. Deshalb bemüht man sich jetzt, die Fässer schnell wieder rauszuholen. Das wird aber mindestens bis etwa zur nächsten Bundestagswahl dauern. Danach soll der Müll im Schacht Konrad eingelagert werden. Ein waghalsiges Projekt.

Ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll muss die Anforderung erfüllen, für ca. 1 Mio. Jahre gefährliche Stoffe sicher zu verschließen. 23.000 Tonnen, 30.000 Kubikmeter hochradioaktiver Atommüll warten nach den Laufzeitenden der deutschen AKW auf Endlagerung

Es kommen drei Gesteinsarten für ein Endlager in Frage: Salz (Asse, Gorleben), Ton und Granit.

Salz leitet Wärme ab, ist aber wasserlöslich und fließt. Die Idee war mal, dass die Fliesseigenschaften dazu führen werden, dass sich das Salz um die Fässer schließen würde und damit die Wärme um so besser ableiten würde. Asse II zeigt aber, dass diese Eigenschaften die Rückholung erschweren. Salz scheint also den heutigen Sicherheitssanforderungen nicht zu genügen. Es braucht härteres Material. Z.B. Ton oder Granit. Und davon gibt es in Süddeutschland reichlich: Tonschichten haben wir zwischen der schwäbischen Alb und München, sowie Niedersachsen. Granit haben wir unterm Schwarzwald und unterm Bayerischen Wald. Wie gut sich diese Gesteinsarten eignen, darüber will bald die EU etwas berichten.

Wir wissen aus dem Fall Asse empirisch, welche Fehler und falschen Annahmen bei einer so sensiblen Aufgabe wie der Atommüllendlagerung gemacht werden. Wir brauchen also empirische Ergebnisse auch mit anderen Gesteinsarten.

Bevor also Schwarz-Gelb durchregiert und Gorleben unabhängig von dessen Eignung einfach per Erlass zum Endlager bestimmt und dies obendrein mit Enteignungen durchsetzt, sollten vernünftigerweise Endlagerstandorte in Süddeutschland erkundet werden. Süddeutschland als Standort für Atomkraftwerksentwicklung und als Betriebsstandort mehrerer AKW, also als Hauptnutznießer der Atomenergienutzung sollte sowieso als Standort vorrangig untersucht werden.

CDU und FDP haben den von Rot-Grün mühsam errungenen Atomkompromiss in einer undurchsichtigen Aktion revidiert, weil die Energiemanager das von ihnen verlangt haben. Damit ist jedes Vertrauen in diese Bundesregierung wie in einem eingestürzten Stollen verschütt gegangen. Das blockiert die Lösung der unendlichen Geschichte auf unabsehbare Zeit. Der Deal hat den Charakter, ein ohnehin unlösbares Problem einfach noch ein bisschen größer zu machen, als käme es darauf nun auch nicht mehr an. Das nur, damit die Energiemanager während ihrer begrenzten Amtszeiten ihren Aktionären ein paar mehr Earnings per Share präsentieren können. Auf unser aller Kosten und unserer Nachfahren.

Das ist stillos, das ist verantwortungslos und undemokratische ist es auch, und deshalb nur mit einer schwarz-gelben, ausschließlich sich ihren Klienten verpflichtet fühlenden Regierung machbar. Die kurze Gelegenheit dazu haben sie genutzt.

Meiner Meinung nach kann man sich wissenschaftliche Arbeiten schenken, da klar ist, dass man Politikern, die über Endlagerstandorte entscheiden und den Behörden, die Endlager überwachen, nicht trauen kann.

Vielleicht werden sich die Regierungen und Kraftwerksbetreiber irgendwann zu Lasten dritter Länder einigen, die der EU ein Angebot machen. Autoritär-kapitalistische Regime wären da vorstellbar. Aber auch das wäre innenpolitisch schwierig durchzusetzen, weil moralisch fragwürdig.

Die nächsten Castortransporte wird es im November geben. Massive Demonstrationen sind schon jetzt garantiert.

Anmerkung: Der Autor ist Dipl.-Ing. für Elektrotechnik mit Nebenfach Kernprozesstechnik

Unsere unbequeme (CO2-) Wahrheit

2008 hatten wir den Al Gore Film gesehen. Damals rechnete ich aus, dass wir pro Kopf und Jahr 6,5t CO2 emittieren. Auto und Fernreisen waren dabei die größten Faktoren.


Mobilität:
Auto:
CO2 Ausstoß pro 100km eines Benziner = Verbrauch/100km * 23,7 g CO2
=> Porsche 924S: (8...10) * 23,7g/km = 189,6g/km ... 237g/km
Unsere jährliche Fahrleistung hat sich von 20.000 auf 12.000 km/Jahr reduziert und produziert somit 2,3 ... 2,8t C02, im Schnitt 2,5t CO2.

EU-Vorgabe: 130 g/km, entsprechend einem CO2- Ausstoß von 1,5t.

Gemessen an den EU Zielen emittiert unser Wagen also nur noch 1,t CO2 zu viel im Jahr.

Flugreisen:
Durchschnittlich fliegen wir inzwischen nur noch alle 4 Jahre in die USA o.ä. Entfernungen. Hierbei entstehen pro Person ca. 2t CO2. Macht für uns im Schnitt 2t. Dazu kommen ca. 2 projektbedingte Inlandsflüge, die mit 300kg CO2 belastet sind, d.h. 0,6t.
=> 2,6t CO2 flugbedingt

Berufsbedingter öffentlicher Verkehr (Bus und Bahn):
Bus (Bürotage): 1.500km, belastet mit 5kg CO2/100 km = 0,075t CO2
ICE (Projekte): 60 x 450 km = 27.000 km, belastet mit 4kg CO2/100km = 1,08t CO2
=> 1,16t mit Bus und Bahn

=> Unsere mobilitätsbedingten (privat und beruflich) Emissionen pro Jahr:
6,3t CO2, davon 2,9t beruflich bedingt

Heizen, Kochen und Warmwasser mit Erdgas:
Unser Jahresverbrauch
2006: 7.190 kWh (milder Winter, reduziertes Duschen)
Emissionen pro 1 kWh = 0,2 kg CO2
=> Unsere wärmebedingten Emissionen pro Jahr:
2005: 2,1t CO2
2006: 1,4t CO2

Strom:
Nach dem Umzug in eine kleinere Wohnung und einem bewussteren Verbrauch reduzierten wir unseren Verbrauch wie folgt:
2005: 1.675 kWh
Emissionen pro 1 kWh = 0,51 kg CO2 (Durchschnittswert, sehr abhängig vom Primärenergiemix und Kraftwerkswirkungsgrad: Kohle = 600g, Mit Atomstromanteil z.B. Yello: 300g, Ökostrom z.B. Lichtblick: 40g). Wir sind von Vattenfall zu Nuon gewechselt. Laut Nuon Website liegt der Wert bei 235g.
Nuon = 235g CO2/kWh
RWE = 771g (alte Braun- und Steinkohlekraftwerke)
Eon = 476g (Mix aus Kohle, Gas und Uran)
Vattenfall = 441g
EnBW = 241g (Uran)
Yello = 300g


=> Unsere elektrizitätsbedingten Emissionen pro Jahr:
2003: 1,4t CO2
2005: 0,4t CO2

Wow, 1t eingespart. Dessen waren wir uns noch gar nicht bewusst!

Gesamt:
In Summe: 13t CO2, d.h. pro Person 6,5t CO2. Damit liegen wir 3,5t über dem klimaverträglichen Level von 3t. Der Bundesdurchschnitt soll nach verschiedenen Quellen bei 11t liegen (wobei unklar ist, was hier alles eingerechnet wurde).

2008 hatten wir den Al Gore Film gesehen. Damals rechnete ich aus, dass wir pro Kopf und Jahr 6,5t CO2 emittieren. Auto und Fernreisen waren dabei die größten Faktoren.


Mobilität:
Auto:
CO2 Ausstoß pro 100km eines Benziner = Verbrauch/100km * 23,7 g CO2
=> Porsche 924S: (8...10) * 23,7g/km = 189,6g/km ... 237g/km
Unsere jährliche Fahrleistung hat sich von 20.000 auf 12.000 km/Jahr reduziert und produziert somit 2,3 ... 2,8t C02, im Schnitt 2,5t CO2.

EU-Vorgabe: 130 g/km, entsprechend einem CO2- Ausstoß von 1,5t.

Gemessen an den EU Zielen emittiert unser Wagen also nur noch 1,t CO2 zu viel im Jahr.

Flugreisen:
Durchschnittlich fliegen wir inzwischen nur noch alle 4 Jahre in die USA o.ä. Entfernungen. Hierbei entstehen pro Person ca. 2t CO2. Macht für uns im Schnitt 2t. Dazu kommen ca. 2 projektbedingte Inlandsflüge, die mit 300kg CO2 belastet sind, d.h. 0,6t.
=> 2,6t CO2 flugbedingt

Berufsbedingter öffentlicher Verkehr (Bus und Bahn):
Bus (Bürotage): 1.500km, belastet mit 5kg CO2/100 km = 0,075t CO2
ICE (Projekte): 60 x 450 km = 27.000 km, belastet mit 4kg CO2/100km = 1,08t CO2
=> 1,16t mit Bus und Bahn

=> Unsere mobilitätsbedingten (privat und beruflich) Emissionen pro Jahr:
6,3t CO2, davon 2,9t beruflich bedingt

Heizen, Kochen und Warmwasser mit Erdgas:
Unser Jahresverbrauch
2006: 7.190 kWh (milder Winter, reduziertes Duschen)
Emissionen pro 1 kWh = 0,2 kg CO2
=> Unsere wärmebedingten Emissionen pro Jahr:
2005: 2,1t CO2
2006: 1,4t CO2

Strom:
Nach dem Umzug in eine kleinere Wohnung und einem bewussteren Verbrauch reduzierten wir unseren Verbrauch wie folgt:
2005: 1.675 kWh
Emissionen pro 1 kWh = 0,51 kg CO2 (Durchschnittswert, sehr abhängig vom Primärenergiemix und Kraftwerkswirkungsgrad: Kohle = 600g, Mit Atomstromanteil z.B. Yello: 300g, Ökostrom z.B. Lichtblick: 40g). Wir sind von Vattenfall zu Nuon gewechselt. Laut Nuon Website liegt der Wert bei 235g.
Nuon = 235g CO2/kWh
RWE = 771g (alte Braun- und Steinkohlekraftwerke)
Eon = 476g (Mix aus Kohle, Gas und Uran)
Vattenfall = 441g
EnBW = 241g (Uran)
Yello = 300g


=> Unsere elektrizitätsbedingten Emissionen pro Jahr:
2003: 1,4t CO2
2005: 0,4t CO2

Wow, 1t eingespart. Dessen waren wir uns noch gar nicht bewusst!

Gesamt:
In Summe: 13t CO2, d.h. pro Person 6,5t CO2. Damit liegen wir 3,5t über dem klimaverträglichen Level von 3t. Der Bundesdurchschnitt soll nach verschiedenen Quellen bei 11t liegen (wobei unklar ist, was hier alles eingerechnet wurde).



Sonntag, 19. September 2010

Dorfsaujournalismus

Hagen Rether hat es als erster benannt: Wir echauffieren uns jede Woche, manchmal auch zwei, über ein Thema und steigern uns von Montag bis Sonntag von 0 auf 100. Man erkennt diese Kampagnen an der Formel: " ... als bisher bekannt."

Beispiele aus dem ersten Quartal:
In der vergangenen Nacht ist wesentlich mehr Neuschnee gefallen, als bisher bekannt.
Auf den erworbenen Datenträgern sind wesentlich mehr Steuerhinterzieher verzeichnet, als bisher bekannt.
An der Reisedelegation des Bundesaußenministers haben wesentlich mehr FDP nahe Unternehmer teilgenommen, als bisher bekannt.

Oder auch:

Im Haushalt des bekannten Meteorologen sind wesentlich mehr Messer gefunden worden, als bisher bekannt.

Zum einen werden mit dieser Redewendung Banalalitäten zu einer Nachricht aufgebauscht. Zum anderen suggerieren sie investigative Tätigkeit des Berichterstatters: "Bekannt ist das, was uns bekannt gemacht werden. Aaber, ich habe mal tiefer gewühlt..."

Die Irreführung liegt darin, dass hier Irrelevantes aufgewertet wird aber sogetan wird, als habe man Relevantes mühevoll ans Tageslicht gebracht. Der Beweis für die Irrelevanz de Kampagne ist, dass sie in der nächsten Woche von einer neuen Kampagne abgelöst wird.

Oder ist es so, dass selbst wichtige Befunde nicht weiter verfolgt werden, wenn es nach einer Woche Stoff für eine neue plakative Kampagne gibt? Das wäre fatal.

Rether machte den Rythmus der Wochenmagazine für diesen Modus verantwortlich. Pro Jahr schaffen wir 50 bis 52 Themen. Aber schon nach zwei Wochen haben wir vergessen, worüber wir uns mal richtig aufgeregt haben.

Smartphone und Multimedianotebook als Big Brother

Entertainment ist der unverdächtigste Weg, die Leute mit Überwachungstechnik auszurüsten. Die Leute kaufen internetfähige Rechner und Telefonone mit leistungsfähiger Sensorik. Um zu chatten, für Bildtelefonie, für vernetzte Spiele. Die Benutzung der Sensorik geht mit unterhaltenden optischen und akustischen Effekten einher. Wenn wir mit dem Rechner oder iPhone ein Foto von uns aufnehmen, blitzt und klickt es, wie wir das von Kameras kennen. Bei Skype drücken wir Buttons, wenn wir stummschalten oder sprechen wollen. Wenn wir mit dem Finger über die Oberfläche fahren, bewegt sich der Mauszeiger, oder ein Programm startet. Kurz, wir benutzen folgende Sensoren:

- Kamera
- Mikrophone
- Berührungsempfindliche Bedienoberfläche
(zusätzlich im Hintergrund aktiv:- GPS-Sensor)

und glauben, es zu erkennen, wenn sie benutzt werden. Doch es ist auch möglich, diese Sensoren zu aktivieren, ohne dass dies erkennbar ist. Das geht dann so:

- Wir werden über die Kamera fotografiert oder gefilmt, ohne dass es surrt, klickt oder blitzt. (Bitte hier mal bei Oreillynet ausprobieren: Link und überrascht sein. Allerdings leuchtet hier noch die Aufnahme-LED. Aber Insider wissen, wie man auch die abschaltet..)
- Unsere Stimme wird von den als Mikrophon geschalteten Lautsprechern aufgezeichnet.
- Unser Pulsschlag wird über das Touchscreen oder -pad gemessen.

Mit solchen Informationen wird es möglich, zu identifizieren, wer vor dem Rechner sitzt und gerade etwas liest, schreibt, anschaut, überweist etc.. Vorausgesetzt, die Abgleichmuster sind in einer zentralen Datenbank verfügbar.

Über den GPS-Sensor des Smartphones wird dann noch verfolgt, wo sich der Identifizierte gerade aufhält.