Mittwoch, 18. Mai 2011

Herzlichen Glückwunsch zum Büchner-Preis, F. C. Delius

"Das sichtbare Leiden des gefangenen Arbeitgeberpräsidenten war für sich schon ergreifend. Irritierender noch war die Ahnung, daß die Polaroidphotos doppelt belichtet schienen. Das zweite Bild dahinter, über das nicht gesprochen wurde, war das heimliche, vielleicht das eigentliche Skandalon des Jahres 1977: Nie zuvor hatte man in Deutschland einen SS-Mann leiden sehen."
F. C. Delius

Erkenntnisse über Elektroautos

Batteriebetriebene Elektroautos führen zu einem Dilemma zwischen Verkehrs- und Wohnkonzepten: Wegen ihrer geringen Reichweite eignen sie sich am besten für Leute, die in der Innenstadt wohnen. Da sie aber zum Aufladen einen reservierten Parkplatz mit Zugang zu einer Steckdose brauchen, eignen sie sich aus dieser Sicht am besten für Leute mit Häuschen und Garage im Grünen oder der Vorstadt.

Zur Auflösung dieses Dilemmas sind vor allem diese Ansätze bekannt:
- Die Tiefgaragen von Wohn- und Bürohäusern in Innenstädten werden von deren Besitzern mit Ladestationen ausgerüstet.
- Die Kommune oder der Stromversorger baut ein Netz von Ladestationen an Straßenrändern aus. (Voraussetzung ist, dass jeder Stecke in jede Dose passt.)
- Ein Betreiber baut ein Netz von Batteriewechselstationen aus, in denen die Fahrer von standardisierten Batterien leer gegen voll tauschen können. (Nachteil für den Fahrer: Er muss mehrmals die Woche eine solche Tankstelle anfahren und die Wechselprozedur mitmachen. Vorteil: Er spart sich die stundenlangen Ladezeiten.)
- Das Auto wird mit einem Notstromaggregat ausgerüstet, das die Batterie an Bord bei Bedarf nachlädt. (Vorteil für den Fahrer: Er ist außer von Tankstellen von nichts und niemanden abhängig.)
- Man forscht und entwickelt weiter an Energiespeichern, d.h. Batterien und an der Nutzbremsung im Auto.

Es gibt noch ein Dilemma: Gerade weil Elektroautos so sparsam sind, verdienen die Stromversorger nicht viel an ihnen. Deshalb lohnen sich für sie keine Großinvestitionen in Ladestationen. Die lohnen sich nur, wenn die Ausnutzung bereits vorhandener Kapazitäten oder überschüssiger Windstrom durch die Versorgung von Elektroautos mit wenig Aufwand verbessert werden kann.

Die Frage lautet: Wer geht in Vorleistung, und baut dem anderen Marktteilnehmer dessen Risiko ab? Der Autofahrer sagt: Baut mir erst mal ein zuverlässiges und für meinen Bedarf passendes Netz von Ladestationen auf. Der Stromversorger antwortet: Das tun wir gerne, aber nur wenn ihr viele seid. Und das gleiche sagt Shai Agassi mit seinem Batteriewechselnetz.

Diese grundsätzlichen Hürden sollen nun durch mächtige Subventionen überwunden werden? Davon halte ich nichts. Wenn man ein Projekt startet, in der Annahme, dass sein Ergebnis großen volkswirtschaftlichen Nutzen bringt (Ölpreis, Arbeitsplätze, Exporte, Klimawandel) und wenn man dann feststellt, dass diese Lösung sehr teuer wird, dann stimmte vielleicht die ursprüngliche Annahme nicht.

Trotzdem verfolgen viele Regierungen solche Konzepte und der Automobilhersteller Tesla Motors verkauft fleißig seine Elektroroadster. Aber hier gilt, was in der Energiepolitik generell gilt: Jedes Land hat andere Bedingungen und Strukturen. Israel hat kurze Wege, in Kalifornien wohnt starke Kaufkraft und es gibt Länder, die vor lauter Wasser- oder Windkraft nicht wissen, wohin mit ihrem Strom.

Die Regierung hat die Frage der Elektromobilität zu einem nationalen Anliegen ausgerufen, bevor sie all diese Fragen untersucht hatte. (Wie so oft, denkt man hier entweder nicht strategisch oder man spricht nicht über seine wahren Absichten). Inzwischen ist die Nationale Plattform Elektromobilität jedenfalls zu einer Runde geworden, deren Hauptaufgabe offenbar die Berechnung von Subventionsbedarfen ist. Die Kalkulation wäre zumindest offen zu legen, und von der Regierung mit Sachverstand zu prüfen. Aber das ganze ist kommunikationstechnisch auch so angelegt, dass jeder jederzeit von dem Projekt abspringen kann mit dem Verweis, dass ja die andere Seite dieses Projekt wollte..

Montag, 16. Mai 2011

Fukushima - Super GAU nach 16 Stunden

Jetzt ist es amtlich: Die Reaktorkatastrophe in Fukushima ist genau so schwer wie die in Tschernobyl (INES Stufe 7, Link). Mehr als zwei Monate nach dem Erdbeben korrigiert TEPCO seine ursprüngliche Darstellung dahin gehend, dass es bereits nach 16 Stunden die erste Kernschmelze (in Reaktor 1) gegeben habe.

Nach dem 11. März hieß es seitens TEPCO und IAEA, die Notabschaltung nach der Registrierung des Erdbebens habe richtig funktioniert und der Reaktor sei im "cold shut down". Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf die Abfuhr der Nachzerfallswärme. Dazu diente auch das kontrollierte Ablassen von Wasserstoff (was dann aber wohl doch zu Knallgasreaktionen in der Atmosphäre führte..). Mit der Zeit klingt die Wärmeentstehung ab, also ist das Risiko einer Kernschmelze direkt nach der Abschaltung am größten, wenn die Wärmeabfuhr nicht gelingt.

Da wir keine anderen Informationen bekamen, waren wir über Tage im Glauben: "Bis jetzt hat es funktioniert." Ich erinnere mich an Kommentare z. B. bei den Ruhrbaronen, wo denn die Katastrophe bleibe, die deutschen Kritiker hätten mal wieder übertrieben. Jetzt erfahren wir: Die Wärmeabfuhr hat nicht funktioniert und es kam zur Kernschmelze. Der geschmolzene Kernbrennstoff hat Löcher in den Reaktorboden gefressen - das Chinasyndrom. Die Bewohner der Kraftwerksumgebung bekamen die Informationen, die sie für die Entscheidung einer FLucht gebraucht hätten, nicht.

Ob das TEPCO-Management es nicht früher wusste oder es nicht sagte - es ist ein weiterer Beleg dafür, dass bei der Sicherheit von Kernkraftwerken nicht nur auf die Qualität des Sicherheitstechnik ankommt, sondern auch auf die Qualität des Managements.

Sonntag, 15. Mai 2011

Hoch auf dem gelben Wagen

Nee, da hats uns nicht mehr in Berlin gehalten. Da sind wa heute morgen ziemlich früh gen Westen aufgebrochen, zur BvB Meisterfeier. Als wir über die Brackeler Straße ankamen, war der Borsigplatz schon wegen Überfüllung geschlossen. Aber ich kannte da einen alten Schleichweg durchs Spähenfelde. Über den Güntherweg kamen wir dann auf die Weißenburger Strasse. Durch diese hohle Gasse sollten sie kommen. Und sie kamen. Wir waren nah dran. Lange her, dass ich so viel Schwarz-Gelb gesehen hatte. Dede und Weidenfeller vorne auf dem Führerhaus. Großkreutz, Rauball und Norbert Dickel auf unserer Seite. Pop-Kloppo stand hinten zur anderen Seite. Es war Riesenstimmung unter der alten Hoeschbahnbrücke..










Samstag, 14. Mai 2011

Nur der BvB



Ein herrliches Wochenende steht bevor. Viele Schalker Freunde rufen an, kommen auf mich zu und fragen: Wie ist das, Meister zu werden? Was antwortet man da, ohne all zu tiefe Verletzungen auszulösen? Man sagt nicht: So wie immer. Man sagt vorsichtig: Es ist schön. Da ich ja seit zehn Jahren von Schalke Freaks umgeben bin, und es auch leichter ist, an S04 Tickets zu kommen, als an Dortmunder Tickets, habe ich in den letzten Jahren die Schalker öfter gesehen, als die Dortmunder. Da muss man schon aufpassen..

Aber spielerisch reicht Klopp und seinen Mannen keiner das Wasser. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Es ist die helle Freude, sie spielen zu sehen. Eine Mannschaft, kein Starensemble. Da irren auch viele Fussballmanager, dass die Zuschauer nur kommen, um teure Stars zu sehen. Nein, man will seine eigene Mannschaft nach oben kommen sehen. Man will sie spielen sehen, und zwar so, wie Fussball angelegt ist: Als Flügelspiel, in dem man mit Pässen -und nicht Einzelaktionen- Distanzen überwindet und schnell vor dem gegnerischen Tor ist. Man will sie spielen sehen, und nicht spielerische Mängel durch Laufen und Rauhbeinigkeit kompensieren, so wie es Berti Vogts Philosophie war. Diese phantasielose Philosophie war den Deutschen Fussballfans aber auch lange sympathisch. Vielleicht, weil sie ihnen aus ihren Betrieben vertraut war..?

Im Fussball setzen sich die Spieler, Trainer und Manager durch, die ihn leben wollen. Die seine Stärken rauskitzeln und damit nicht nur Erfolg haben, sondern auch das Publikum überraschen und begeistern. Es ist schön zu sehen, dass soetwas Erfolg hat. Und es freut mich, dass all die Managertypen, die glauben, Fussball sei zuvorderst mit den richtigen Unternehmensprozessen zu gewinnen, gescheitert sind. So wie Dieter Hundt und Erwin Staudt beim VfB Stuttgart zum Beispiel. Denen nur "Effizienz" als Vision einfiel, die Trainer feuerten, weil das einzige war, was sie überhaupt tun konnten. Die sich nicht aus der Lounge trauen, aber von dort rauhe Worte in Richtung ihrer Angestellten loslassen. Die sind gescheitert, weil sie keine Qualitäten aufwiesen, die eine Mannschaft zum Erfolg führen können. Gut so.

So, dann wolln wa mal. Ich hab gesehen, dass jetzt auch ein Nachbar Schwarz-Gelb geflaggt hat. Die Arbeiterkinder sind im Regierungsviertel angekommen und machen jetzt mal den Lauten..

Dienstag, 10. Mai 2011

Die Finanzrettungsboote reichen nicht für alle

Der EURO scheint in den letzten Zügen zu liegen - jedenfalls wenn man den Zustand des Projektes am Kommunikationsverhalten seiner Protagonisten abliest, das inzwischen nicht aus Dementis sondern Leugnen besteht.

Egal, ob es sich um den früheren Porschechef, den gerade aktuellen Trainer von Bayern München oder Parteigrößen handelt: Je heftiger die Dementis ausfallen, desto näher ist der Fall gerückt, der dementiert werden soll. Was einer intensiv dementiert oder gar leugnet, ist oder wird der Fall sein.

Dazu gehört seit dem Wochenende auch Jean-Claude Juncker. Er und die anderen überforderten EURO-Chefs posieren gerne als bedeutende Europaarchitekten. Aber eigentlich sitzen sie zusammen mit den Banken am Spieltisch und lassen sich über den Tisch ziehen. Nein, nicht sich, sondern uns.

An diesem Treffen der EU-FInanzminister, das erst dementiert wurde und für dessen Ergebnisse im selben Atemzug eine Pressekonferenz angekündigt wurde, nahmen auf deutscher Seite der verantwortliche Finanzminister und sein wichtigster (damit meinen viele Finanzpolitiker: einziger) Finanzexperte Jörg Asmussen teil.

Genau genommen kann man Schäuble keinen großen Vorwurf machen. Er muss -ohne Sachverstand- auslöffeln, was ihm sein Vorgänger -auch ohne Sachverstand- eingebrockt hat. Peer Steinbrück hatte schon immer blind auf den Lobbyisten Jörg Asmussen gehört. Die Philosophie deutscher Politiker ist offenbar: Wenn sich der Wolf am besten mit den Schafen auskennt, dann muss der halt die Schafe hüten. Vor den Medien betont der Wolf dann eben, er sei in erster Linie dafür verantwortlich, dass ihn kein Schaf beisst. Ein Peer Steinbrück oder Wolfgang Schäuble verteidigen ihn in Talkshows dann auch gerne mit dem Hinweis, Jörg Asmussen und auch der neue Bundesbankchef Weidmann, das seien Fachleute, also Wölfe, die bislang noch nie von einem Schaf gebissen wurden.

Bei Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien geht es doch nur noch darum, wem die Haare geschnitten werden, wenn die Länder sich für zahlungsunfähig erklären. Asmussen passt auf, dass das nicht die deutschen Banken sein werden. Schäuble bietet als Kompromiss dann den deutschen Steuerzahler an. In den Radiointerviews erklären hörbar euphorisierte Bankensprecher dann wieder, dass "hier ja gar kein Geld fließt, denn es handelt sich nur um Bürgschaften".

Und kaum sind die Banken gerettet, man kann das in den USA beobachten, heißt es: Schwamm drüber. Dann wird die Agenda gesetzt, wer die "hohen Staatschulden" tragen soll. In den Budgetverhandlungen zwischen Präsident Obama und den Reps und der Teaparty finden sich etliche Statements, in denen nur von Haushaltskürzungen die Rede ist, aber nie von Banken.

Das schafft man nur mit einem Battaillon von Erregerjournalisten, die Säue durch Dörfer jagen, und peinlich darauf achten, dass kein Mensch die Punkte verbindet und das gesamte Bild zu sehen bekommt.

Das sind übrigens auch die gleichen Leute, die uns stets mit bedeutenden Blicken dozieren, dass wir uns mehr anstrengen müssen, weil China so groß und stark geworden ist. Die von uns unbezahlte Mehrarbeit verlangen und höhere Sozialabgaben und für sich selbst Steuersenkungen.

Und Schiffbrüchige auf See, die können wir uns überhaupt nicht mehr leisten. Rettungsboote halten wir nur für Banken bereit. Denn wir setzen Prioritäten und können uns nicht alles leisten.

Montag, 9. Mai 2011

Indirekte Sensorik im Fahrzeug

Reifenluftdrucküberwachung
Je größer der Durchmesser eines Rades, desto weniger Umdrehungen braucht es um einen bestimmten Weg zurückzulegen. Mit diesem Wissen kann man Veränderungen des Luftdrucks in den vier Rädern eines Autos messen ohne tatsächlich den Luftdruck an den Reifenventilen messen zu müssen. Man beobachtet einfach die Umdrehungszahlen die die vier Räder in einer Zeiteinheit absolvieren. Vergrößert sich die Umdrehungszahl an einem Rad deutet dies auf einen reduzierten Durchmesser, also schwindenden Luftdruck hin.

Regensensor
Es klingt wie Luxus ist aber eine sehr angenehme Funktion: Der Regensensor, der die Scheibenwischer nicht in einem festen Zeitintervall betätigt, sondern bei Bedarf. Obwohl intuitiv so nahe liegend, misst der Regensensor gar keine "Nässe". Er befindet sich nämlich auf der Innenseite der Windschutzscheibe und beobachtet stattdessen, wie sich seine Sicht nach vorne verschlechtert. Genauer: Es wird (Infrarot-)Licht auf die Scheibe gesendet. Bei trockener Scheibe wird dieses totalreflektiert, Wasser verändert den Brechungsindex so, dass nicht mehr alles Licht reflektiert wird. Je weniger Licht reflektiert wird (und von einer Fotozelle erfasst wird), desto mehr muss es regnen, und desto kürzer werden die Wischintervalle bemessen.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Berlin ist nicht dynamisch, sondern gefragt

Berlin wird teurer. D.h. in immer mehr Bezirken steigen die Immobilienpreise und Mieten. Makler berichten von europäischen Käufern, die tlw. ungesehen kaufen. Weil sie die Hyperinflation fürchten und weil Berlin immer noch vergleichsweise billig ist: "Eine Wohnung im Wedding kostet soviel wie ein Autostellplatz in guter Lage in Moskau. Sogar Kiew erlebt gerade einen Hype."

Auch die Lebenshaltungskosten steigen. Wasser und Strom sind schon teurer. Aber vor allem der Öffentliche Nahverkehr, Gastronomie und Lebensmittel werden laufend teurer. Eine Ursache dafür ist der gewaltig gewachsene Tourismus und seine Nachfrage. 20 Mio Übernachtungen verkaufen die Berliner Hotels inzwischen pro Jahr.

Da ensteht ein gewaltiges Trugbild. Man könnte meinen, Berlin sei im Aufschwung. Die SPD macht Wahlkampf mit 100.000 neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Sogar das Wort "Industrie" fiel voriges Jahr auf einer Ideenkonferenz der Arbeiterpartei. Aber das sind Tropfen auf heiße Pflastersteine. Am Werke ist nur Geld, das von außen in die Stadt getragen wird. Ein interessantes Gegenmodell zur produzierenden Exportwirtschaft: Berlin exportiert nicht viel, importiert dafür aber Menschen, die Geld ausgeben - so wie Disneyland.

Berlin erfreut sich keiner besonderen wirtschaftlichen Dynamik sondern ist schlicht und einfach gefragt. Und das ist nachteilig für die, die hier wohnen und Geld verdienen müssen. Unsere Gehälter steigen nämlich nicht in dem Maße, wie Mieten und Preise. Wer hier ein Leben führt, wie es anderswo als "normal" gilt, für den interessiert sich die Politik nämlich nicht. Die SPD hofiert allen voran ÖffDie's und Pensionäre, die wochentags nachmittags Zeit für Parteiveranstaltungen haben und in Wahlprogramm und Newslettern wimmelt es von nichtssagenden Bekenntnissen zu nachrangigen Themen. Sie nennt das kiezig "soziale Stadt". (Die Grünen nennen es noch unverbindlicher: "Eine Stadt für Alle"). Wer glaubt, dass sich in der Hauptstadt die Denktanks der deutschen Politik tummeln, die politisch Denkrichtungen entwickeln, Deutungen oder gar Antworten auf die Welt im Wandel geben, Künstler inspirieren, wird hart eines besseren belehrt. Hier wimmelt es von Politikberatern und Lobbyisten die sich auf unpolitische und überforderte Mandatsträger stürzen. Akademische Freiberufler, Anwälten und Ärzte, deren Praxen schlecht laufen. Die gehen -letzter Versuch, noch Karriere zu machen- in die Politik und geben sich die Schlammschlachten um Listenplätze.

Zum guten Ton in Wahlprogrammen gehört reichlich Toleranz: Z.B. für Leute, die sich Parks "aneignen" um zu grillen und Müllberge im Grünen zu hinterlassen. "Wo soll ich grillen, wenn ich es hier nicht mehr darf?!" fragte neulich einer in die RBB Kamera. Unter Privatisierung des Politischen bzw. Öffentlichen versteht man hier immer mehr, sein Wohnzimmer in Parks und U-Bahnen auszulagern - mit allen Gewohnheiten. Neulich wurde in Kreuzberg jemand OHNE Bierflasche in der Öffentlichkeit gesichtet. Es war eine Mutprobe.. (Dank an Werner für den Hinweis). Am 1. Mai stiegen weiße Schwaden aus dem Tiergarten: Es waren hunderte Grills im Einsatz. Es ist inzwischen normal, dass Leute ihr Frühstück oder Mittagessen in der U-Bahn einnehmen. Im ICE ist es normal, sich mit Rollkoffer und Kaffebecher in die Gänge zu quetschen, während man mit dem zwischen Schulter und Kinn eingeklemmten Smartphone telefoniert. Mit all so was wird man einfach belästigt.

Berlin ist nicht jugendlich, sondern infantil. Hat keine Schnauze mehr, sondern quengelt. Weiß mit seinem Leben wenig anzufangen und erhebt die einfallslose Beliebigkeit zur Kreativität. Ist nicht rau, sondern weich - oder kriminell.

Die SPD ist hier einfach zu lange am Ruder. Sie hat keine Ideen mehr. Wowereits Politik war es lange, obwohl selbst Westberliner, die alten Symbole Westberlins einzureißen. Die Stillegung von Bahnhof Zoo und Flughafen Tempelhof waren nur die prominentesten. Und als Nachnutzung zu Tempelhof fällt ihnen dann nur ein "Wiesenmeer" ein..

Wer ein normales Leben führt, erfährt viele Widerstände. Die Minderheit z.B. die einem Beruf nachgeht, kann mal zusehen, wie sie ins Büro, ins Werk oder zum Kunden kommt. Man wird behindert zu Lande, zu Wasser, zu Schiene und in der Luft sowieso. Als Autofahrer braucht man eine grüne Umweltplakette von der Zulassungsstelle, einen Parkausweis vom Bezirksamt, einen Wachmann, der aufpasst, dass das Auto nachts nicht abgefackelt wird und wenn man sein Auto tagsüber benutzen will, wird man nur ausgebremst. Wer nach Stillegung des Bahnhofs Zoo z.B. in die Nähe des neuen Hauptbahnhofs nach Mitte zog, kommt jetzt zwar zum Zug, weiß aber nicht, wo er sein Auto parken soll. Wer S-Bahn oder Bus benutzen will, wartet im Winter vergeblich. Das alles kümmert den Senat nicht, oder er ist sogar Verursacher der Misstände.

Und auch Wirtschaftspolitik betreibt der Senat nicht wirklich. Anfangs warb man anderen Städten noch die eine oder andere Konzernhauptverwaltung ab. Inzwischen ist aber selbst das zu mühselig. Berlin fremdelt mit Unternehmern und Unternehmen. Dabei ist SPD-Landesvorsitzender Müller ein gelernter Kaufmann und selbständiger Drucker. Er könnte als "Mister Mittelstand" auftreten und sich für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins stark machen. Aber man hat bei ihm leider oft den Eindruck eines Rufers in der Wüste. Er ruft eigentlich nicht einmal mehr sondern reiht sich ein in die soziale Stadt. Das Stichwort Industrialisierung (das eigentlich Re-Industrialisierung heißen müsste) verdanken wir sicher ihm.

Diese Woche gab es wieder eine Enttäuschung: Siemens hat sich für München als Standort für seine neue Sparte "Infrastruktur" entschieden. London wird auch noch etwas abbekommen. Von Wowereit und Wirtschaftssenator Wolf (Linke) hörte man zwar Töne in der Art, die Ansiedlung in Berlin sei eigentlich selbstverständlich. Aber um etwas kämpfen tun die nicht gerne. Die sind eher Spezialisten im Thema Förderprogramme.

Optisch tut sich derzeit viel in Berlin. Der Kudamm feiert sein 125 Jähriges. Am Zoo entsteht ein neues Hochhaus. Am Bahnhof Zoo sollen künftig wieder nicht nur Spielautomaten Kundschaft in den Bahnhof locken, sondern Reisende.

Aber da, wo es nach Arbeit riecht, wo die Potenziale sind, z.B. im Technologiepark Adlershof im Südosten, da sieht man Wolf nur selten. Nicht einmal vernünftige S-Bahn Anschlüsse gibt es dort.

Wenn schon also Industrie und Forschung Stiefkinder dieses Senates sind, wie steht es dann mit dem, für das viele Berlin halten: Ein kreatives Zentrum? Auch von Mode und Musik hört man nur selten, leider. Viele sind gut, haben sich einen Namen gemacht und halten sich über Wasser. Aber es wachsen keine kräftigen Äste.

Alles in allem ist Berlin ein Phänomen. Es weckt anscheinend viele Erwartungen, Phantasien und Sehnsüchte. Aber es erfüllt sie nicht. Nach zehn Jahren in Berlin ist es für mich schwer geworden mir vorzustellen, was Touristen in Berlin sehen. Ich habe es vor zwanzig Jahren mal als größer als mich selbst empfunden. Etwas, was schier unüberschaubar, undurchdringbar ist, in dem es 1.000 Chancen gibt und viele Bewegungen und Kräfte, die es voran bringen, die einen fordern. Aber da ist nichts mehr..

Montag, 2. Mai 2011

"Alle Pötte in den Pott!"



JAWOLL, Dortmund ist Meister!! Das am 30. April, am 32. Spieltag, war seit langem mal wieder ne euphorisierende Schlusskonferenz im Radio (Hier nochmal zum genießen). Als das 2-0 für Köln gemeldet wurde, flutete Adrenalin den Körper! Wohl auch bei Sabine Töpperwien, die -so klang sie jedenfalls- am liebsten mit dem Mikro mit auf dem dem Zaun der Südtribüne gesessen hätte :-)

(2002 hielt ich die Liveberichte zu Hause nicht mehr aus und joggte mit Radioknopf im Ohr eine Runde um den Lietzensee in Charlottenburg. Dortmund lag 0-1 hinten gegen Bremen und alle Dortmunder warteten auf das 1-1. Und da brach ich fast zusammen, als Manfred Breukmann in der Halbzeitkonferenz in die Runde rief: "Zweii..." (NEIN!! 2-0 für Bremen??)... "Zweii, zweiii Meter misst der Jan Koller und nur deshalb kommt er an diesen Ball heran...")

Dortmund jubelt und atmet durch. Es hat hingehauen. Dieser Trainer, der dieser jungen Mannschaft das Fussball"spielen" eingeimpft hat, die haben das verdient. Was Löw bei der Nationalmannschaft schon länger als Parole ausgegeben hat, haben Kloppo und seine Mannen in Reinstkultur umgesetzt: Spielen, Passen, Anspielen und Verwandeln. Wenn einer besser postiert steht, abgeben!

Wer Dortmund spielen gesehen hat, der kann sich bei anderen höchstens an Leidenschaft und Dramatik hochziehen. Aber nicht an Spielklasse. Das sage ich ganz besonders in Richtung Süden. Nicht Geld (FC Bayern), Eitelkeit (FC Bayern) oder Managementpowerpointfolien (VfB Stuttgart) schießen Tore, sondern Können, Leidenschaft und Mannschaftsgeist.

Ich freue mich tierisch auf die Meisterfeier in Dortmund. Und eine Woche drauf kommen die Schalker nach Berlin zum Pokalfinale. Dann heißt es, denn dann kennen wir nur noch Pöttler: "ALLE PÖTTE IN DEN POTT!"

Und vielleicht geht ja sogar diese Woche noch was in Manchester? ;-)

Freitag, 29. April 2011

Die Aufregung um Spritschlucker lohnt kaum

Je kostspieliger eine Fahrzeugklasse ist, desto weniger werden davon gekauft. Desto weniger Exemplare fahren also davon herum. Desto weniger sind sie dann am Schadstoffausstoss beteiligt. Porsche produziert z.B. pro Jahr ca. 100.000 Autos. Das ist nichts im Vergleich zu Toyota, Volkswagen oder GM/Opel deren Stückzahlen in die Millionen gehen.

In Berlin sind laut amtlicher Statistik etwa 1,1 Mio PKW (1994: 1,2 Mio) zugelassen. Pro 1.000 Einwohner sind das 321 (1994: 346) PKW. Etwa 84% davon haben einen Hubraum von max. 2,0 Liter.


Grafik: Amtliche Statistik Berlin

Die Anzahl der PKW und auch der Nutzfahrzeuge (Busse, LKW) sinkt seit Jahren kontinuierlich. Nur die Anzahl an Motorrädern hat zugenommen.

Welche Fahrzeugklasse ist nun die wichtigste, wenn wir über Schadstoff- und Verbrauchssenkungen sprechen? Hier kann jeder auf den anderen zeigen: Der Kleinwagenfahrer sagt dem Geländewagenfahrer: Meiner verbraucht per se schon wenig, Du bist am Zug. Der Geländewagenfahrer sagt: Meine Gruppe ist viel kleiner, deshalb spielt der Ausstoss meines Wagens eine unbedeutendere Rolle. Beide können sagen: Die Normverbräuche aller Neuwagen aller Fahrzeugklassen sind gerade in den vergangenen 2 Jahren deutlich zurück gegangen.Auch ohne Hybridantrieb.

Das Argument des Geländewagenfahrers trifft zu, verstößt aber gegen den kategorischen Imperativ: Man kann die spezifisch höheren, gesellschaftlich relevanten Schäden eines Privilegs nicht damit rechtfertigen, dass es halt ein Privileg ist und dadurch nur wenigen zugänglich. Das wäre dekadent.

Wohl aber kann er ebenso berechtigt sagen: Innovationen, und dazu zählt die Verbrauchssenkung, werden zuerst durch die Premiummodelle finanziert. Und erst wenn sie ausgereifter und am Markt akzeptiert worden ist, lohnt der Übergang auf die Massenproduktion, die Preissenkungen ermöglicht.

Das lässt sich für die gesamte Historie des Autos nachweisen. Und als es noch nicht so viele Premiummodelle gab, wurden einige Innovationen von Lastkraftwagen in den PKW übertragen, wie z.B. Servolenkung, Dieselmotor und Turbolader.

Was der typische Berliner Autokritiker dem Geländewagen aber nie ansieht ist, wozu er gebraucht wird. Es soll Geländewagen geben, die regelmäßig in Brandenburg bewegt werden. Und auf den Landstraßen zwischen den Brandenburger Städten, auf den nicht befestigten Wegen und auf den Schlaglöchern Berlins braucht man einen Geländewagen.

Und bei der Gelegenheit kann ich gleich mit noch einem Gerücht aufräumen: Es ist nicht das höhere Gewicht, das den Verbrauch des SUV stark erhöht. Sondern die Anforderung an Beschleunigungswerte wie ein Sportwagen, vor allem im niedrigen Drehzahlbereich. Mithin ist das "S" in SUV der Malus. Was viele SUV Fahrer aber in Wahrheit wollen, sind bekanntermaßen der Komfort des hohen Einstiegs und der guten Übersicht nach vorne und die gefühlte Sicherheit. Aber auch so gilt: Die wenigsten zugelassenen Autos in Berlin sind SUVs. Sie spielen immer noch keine Rolle.

Der Hass der Berliner Autobrandstifter kann deshalb nicht ökologisch begründet sein. Er ist schlicht sozial begründet, vulgo: Neid.

Ein weiterer Aspekt: Bis zu 25% des tatsächlichen Verbrauchs hängen von der Fahrweise ab. Und wiederum ein hoher Anteil davon ist ständigem Beschleunigen und Bremsen zuzuschreiben. So gesehen sind die Tiefbauämter und der Senat Berlins mit die größten Treiber für mobilitätsbedingten CO2-Ausstoss und bremsabriebbedingten Feinstaub: Es herrscht auf allen Hauptverkehrsstraßen konsequent rote Welle.

Donnerstag, 28. April 2011

Götz Aly und Edwin Black über Volkszählungen

Zwei Literaturhinweise zum Thema Volkszählung:

Götz Aly, "Restlose Erfassung"
An die Volkszählung 1983 in der alten Bundesrepublik kann ich mich erinnern, ebenso an die damaligen Redewendung des Bundesinnenministers Zimmermann "Datenschutz" seit "Tatenschutz". Von Götz Alys Werk (Link), dass die notwendige Unterstützung der Holocaust Schreibtischtäter für die Organisation und Logisitik des Holocaustes durchleuchtet, wusste ich lange nichts. Es kann als ein Basiswerk für Datenschutz im Computerzeitalter angesehen werden. Und es hat seine Aktualität wieder bekommen im Zusammenhang mit dem 2001 von Edwin Black veröffentlichten Enthüllungswerk "IBM und der Holocaust".
Vorgänger der IBM Deutschland war die "Deutsche Hollerith Maschinen Gesellschaft" mit Sitz in Berlin Dahlem. Hollerith, ein deutschstämmiger Amerikaner, war der der Erfinder der Lochkarten-basierten Erfassungs- und Sortiermaschinen. Diese wurden zunächst für Volkszählungen in den USA genutzt. Statistik und Volkszählung als (Pseudo-)Wissenschaft bekam seine unheilvolle Macht erst von den Nazis verliehen. Diese verlangten immer mehr Daten und abgeleitete Informationen, aus denen sich Juden identifizieren lassen konnten. Nach dem Beginn der Pogrome in Deutschland konvertierten viele Juden formal zum Christentum. Dies gab den Chefstatistikern der Nazis jedoch Anlass, auch Juden auf die Listen zu setzen, die konvertiert waren. Oder deren Eltern oder Großeltern Juden gewesen waren. Mit der Einführung der "Rassenlehre" und deren Unterfütterung mit statistischen und pseudowissenschaftlichen Therorien erhielten Statistiker erst so richtig auftrieb. Diese Analysen wären ohne maschinelle Unterstützung wie die der Hollerith-Maschinen allerdings kaum möglich gewesen.

Die Nazis gehörten zu den besten Kunden der deutschen IBM Tochter Dehomag. In diesem Werk wird jedoch nicht die Rolle der IBM durchleuchtet. (Hierzu empfehle ich die Lektüre von Edwin Black, "IBM und der Holocaust") Sondern die Entwicklung der statistischen Wissenschaft. Im Mittelpunkt stehen die beiden Volkszählungen 1933 und 1939. Und vor allem eine Erkenntnis: Datenschutz muss immer ins Kalkül ziehen, ob erhobene Daten in der Hand von Verbrecherregimen zum lebensbedrohenden Nachteil der Erfassten werden können. Daraus folgt die Widerlegung des o.g. Zitates, weil eben auch die Erfasser und Besitzer dieser Daten selbst "Täter" sein können. Die Anzahl der Interviewer für die Volkszählungen ging in die Hunderttausende. Von Juden wurden zusätzliche Daten auf gesonderten Karten erhoben. Um sie in Sicherheit zu wiegen, wurden diese Karten vor den Augen der Interviewten in separate anonyme Umschläge gesteckt. Bei der Auswertung wurden diese zur todsicheren Waffe. Seltsamerweise haben sich Aufforderungen an Unternehmen sich mit ihrer Rolle im dritten Reich zu beschäftigen, immer nur auf die Lieferanten der Folter- und Mordsinstrumente oder die Nutznießer von Zwangsarbeitern gerichtet. Dieses Buch öffnet die Augen dafür, welche Rolle Statistik und internationale Büromaschinen dabei gespielt haben.

Wie einfallsreich die deutschen Wissenschaftler waren, zeigt das Beispiel des "Deutschen Turms". Dieser nahm die Konstruktion der heutigen Festplatten als Speichermedium für EDV vorweg. Er enthielt Formatierungsvorgaben, die Computeringenieure später aufgriffen. Sein Zweck war es, die Daten aller Deutschen in einem Speicherturm nach Geburtsdaten zu sortieren und schnell verfügbar zu machen.

Unfassbar auch die Anmerkungen welche prominenten Schreibtischtäter in der Bundesrepublik noch lange Karriere machten, bis ihre unheilvolle Rolle bei der Judenverfolgung endlich erkannt wurde.

Edwin Black, "IBM und der Holocaust"
Edwin Black weist in seinem Buch (Link) nach, wie sehr IBM von seiner Kooperation mit Hitler-Deutschland profitiert hat.
Das Naziregime führte mehrere Volkszählungen in Deutschland und den überfallenen Ländern durch, um eine Planungsgrundlage für seine Vernichtungspläne zu bekommen. Hierfür nutzte man gerne IBM's Hollerith Lochkartenmaschinen. IBM profitierte von ihren weltweiten Patenten d.h. ihrer Monopolstellung und lieferte so viel sie konnte.
Der Skandal liegt nicht darin, wie in der Presse zu lesen war, dass der Autor behauptet, ohne IBM sei kein Holocaust möglich gewesen. Das behauptet der Autor an keiner Stelle. Aber er belegt überzeugend, dass der Holocaust ohne IBM nicht so effizient zu organisieren gewesen wäre. Er führt diesen Beweis anhand des Vergleichs zwischen den Opferzahlen in Frankreich und Holland. In Frankreich entkamen prozentual viel mehr potenzielle Opfer, weil keine Hollerithmaschinen zur Verfügung standen. Anders als in Holland, wo man auf einen gepflegten Datenbestand und Hollerithmaschinen zurückgreifen konnte.
Selbst die auf Statistik basierende Rassentheorie profitierte von den neuen technischen Möglichkeiten, sie in die Tat umzusetzen. Dank der Erfassung von Geburtsdaten aus Kirchen- und Synagogenbüchern in den Ahnenreihen ihrer Gemeindemitglieder liessen sich nicht nur die gegenwärtigen Religionsmerkmale der Bürger erfassen und auswerten, sondern auch die Religionsmerkmale ihrer Vorfahren nachvollziehen und zu künstlichen Bevölkerungsgruppen wie "Achtel-, Viertel- und Halbjuden" kategorisieren.
Die Nazis dankten dem IBM Chef Watson seine technologische Leistungsfähigkeit und Loyalität zu Deutschland sogar mit einer Ordensauszeichnung.
IBM gelang es während und nach dem Krieg, ihre deutsche Tochterfirma immer als deutsches oder amerikanisches Unternehmen darzustellen, je nachdem, was opportun war. So gelangten sie mit einem unbeschädigten Image in die Nachkriegszeit.

Mittwoch, 27. April 2011

Kretschmann zitiert Zetsche

Nur mal am Rande bemerkt: Dass das Auto im Prinzip neu erfunden werden muss, das hat nicht Herr Kretschmann zum ersten mal gesagt, sondern ein anderer mächtiger Schwabe: Dieter Zetsche, der Vorstandsvorsitzende von Daimler. Das ist seit zwei Jahren seine Hauptwerbebotschaft: Das Auto muss neu erfunden werden. Es muss grüner werden.

Warum also Kretschmanns Aussage, die Daimlers, Audis und Porsches fast in Panik versetzt hat, bleibt deren Geheimnis. Sie haben immerhin auch einiges an Verbrauchssenkungen aus den letzten Jahren vorzuweisen. Trotzdem hat es den Anschein, als verkauften sich inzwischen wieder genau die Modelle am besten, die auch direkt vor Ausbruch der Krise am besten liefen. Aber eben mit gesenkten Verbrauchswerten.

Was mir an Kretschmann gefällt ist: Er redet immer noch so, als sei er auf einem Bürgerkommitee. Hoffentlich erhält er sich seine Integrität..

ADAC Pannenstatistik: Nur wenige sind konstant zuverlässig

Das interessante an dieser jährlichen Statistik ist der Blick auf die Pannenhistorie der einzelnen Modelle.

Hier fallen nur wenige Modelle mit durchgängigen Bestnoten über die Jahre auf:

Kleinstwagen:
Fiat Panda und Renault Twingo haben sich in den letzten vier Jahren die Bestnote verdient. Gefolgt vom Citroen C2 mit drei aufeinanderfolgenden Jahren.

Kleinwagen:
Nur der BMW Mini weist über alle sechs Jahre den besten Platz auf.

Untere Mittelklasse:
Diese Kategorie weist besonders viele konstant zuverlässige Modelle auf. Den BMW 1er, Audi A3, Peugeot 308, Mercedes A und B Klasse.

Mittelklasse:
Hier stehen BMW X3 und Mercedes C Klasse auf den besten Plätzen. Gefolgt vom BMW 3er. Der Audi A4 kommt dahinter.

Grafik: ADAC

Obere Mittelklasse:
Hier hat kein einziges Modell eine langjährige gute Platzierung. Am besten steht der noch junge Audi A5 da, der erst 2008 auf den Markt kam.

Die Einzelplatzierungen aller Modell kann man beim ADAC nachlesen.

Häufigste Pannenursachen 2010
Mit Abstand war am häufigsten wieder die Batterie die Ursache fürs Liegenbleiben. Der ADAC begründet das mit den langen Winterperioden. Die Anzahl der Stromverbraucher im Auto nehme permanent zu, die Batterie sei für tägliche Kurzfahrten im Winter häufig nicht ausgelegt. Es fehle ihr an Nachladung bzw. an Reserven (Kapazität). Vermutlich wissen nur wenige Fahrer, wie sie ihre Batterie schonen bzw. zu sehr beanspruchen: Viele Kurzstreckenfahrten, bei denen der Motorraum die Batterie kaum aufwärmen kann. Stop&Go-Verkehr mit niedriger Drehzahl (Drehzahl lädt die Batterie auf, aber wir haben uns angewöhnt, niedertourig zu fahren, um Spritz zu sparen..). Und dann noch alle Verbraucher eingeschaltet: Lüfter, Heckscheibenheizung, Scheibenwischer, CD-Player und Licht.

Danach folgen die Bauteile Lichtmaschine und Antriebsriemen.
"Lichtmaschine" kann auch heißen: Abgewetzte Kohlen oder defekter Spannungsregler (der dafür sorgt, dass die Batterie tatsächlich nachgeladen wird), beides kostet nicht viel. Ein Antriebsriemen kostet auch nicht viel, aber wenn er reißt, kann das den Motor zerstören (Ventilgang und Kolbenhub geraten außer Takt und stoßen gegeneinander).

Dies sind die Ausfallursachen der unteren Fahrzeugklassen, auch bei den zuverlässigen Modellen. Sie fallen nunmal volumenmäßig am meisten ins Gewicht.

Schaut man sich die zuverlässigen Modelle in der Mittelklasse und oberen Mittelklasse an, bleiben diese aus anderen Gründen liegen: Beim BMW X3 ist es noch die Batterie. Danach folgen die Kraftstoffpumpe, der Turbolader und eine defekte Reifendruckkontrolle. Beim Mercedes C nerven auch die Batterie und außerdem das Motorsteuergerät, Anlasser und Kraftstoffpumpe. Audi scheint seit je her ein Problem mit der Zündspule zu haben (wobei die, wie ich hörte, pro Zylinder auszutauschen ist..)

Bei fast allen anderen Modellen der Mittelklasse und oberen Mittelklasse stehen Elektronikprobleme (Motorsteuergerät) als Ursache mit drin.