Freitag, 22. November 2013

"Zweifelsfrei Eigentum von Herrn Gurlitt"

Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.
Dieter Hildebrandt (gefunden bei ZEIT.de)

Viele der Kreise, die gerne das Hohelied der Leistung singen, zehren von arisiertem Vermögen. Die Nazis fütterten die eher ungebildeten Stände mit Ideologie, den bürgerlichen Schichten boten sie Handfestes: Den Karrierenebenbuhler führten sie ab, den Nachbar der mehr hatte, dessen Besitz enteigneten und arisierten sie.

Von der sog. "entarteten" Kunst weiß ich erst seit Gurlitt, dass die Nazis diese nicht - wie die ihnen missliebigen Bücher - vernichteten, sondern: verkauften. Und schon da kommt man ins Stutzen: Sie beauftragten Kunsthändler mit dem Verkauf? War da vielleicht doch der Verdacht, dass die Werke etwas wert sein könnten? War vielleicht doch mehr Kalkül als Ideologie im Spiel? So kann man also sagen, dass auch die "entartete Kunst" arisiert wurde - man sprach nicht darüber, sondern spekulierte heimlich auf Wertsteigerungen.

Wer sich mit den Nazis gut verstand, konnte also zu einem Schnäppchenpreis großen Besitz und wertvolle Schätze erwerben. Eine große Umverteilung. Privilegierte Nazifreunde sahen es als Beitrag zur großen Sache, wenn sie die geraubten Güter ihrer Nachbarn in Empfang nahmen.

Sprach man die Komplizen der Nazis später darauf an, konnten sie sich entweder an nichts erinnern, außer an die "Wirren" des Krieges. Die Frecheren unter ihnen holten dann "Kaufverträge" aus der Schublade.

Der deutsche Gesetzgeber regelte die Sache nach dem Krieg so, dass sie zum Nutzen der Bereicherten so diffus blieb, wie deren vorgebliche Erinnerung.

In den Wochen, in denen wieder mal über den großen Beitrag Bayerns und Baden Württembergs zum Länderfinanzausgleich berichtet wird, lesen wir auch über den geständigen, vor Rührung über die zu ihm stehenden hohen Kreise verweinten, Ulrich Hoeneß. Und über den größten aller Raubzüge, die Bankenrettung auf Kosten der Kleinsparer und ehrlichen Steuerzahler, sowie so.

Herr Gurlitt indes dürfte enttäuscht sein. Hielt die juristische Community die Sache doch jahrelang unter der Decke, ging die Sache jetzt doch noch hoch. Dem Herrn Gurlitt wurde die Sache schnell lästig und so musste die Show aufgezogen werden, mit denen "Oberschichtenkriminelle" (J. Poß) immer auftischen: Aus Verbrechen werden "Fehler", aus der triebhaften Gier wird "Mist", und der Handelnde ist ein alter, verwirrter Mann. Der messihaft in einer alten Villa in Bestlage lebt und dort "mit seinen Bildern spricht": Ein Freund der Kunst. Entartet? Ja, aber nicht die Kunst.

Die Mainstreammedien tasten sich nur langsam daran, den vermögenden -und deshalb gefährlichen- Mann offen zu kritisieren. Die ZEIT nennt die große PR-Story "Literatur". Herr Gurlitt ist für sie nicht Täter sondern Opfer - "abgeschossen" von Fotografen.  Und die Frage, ob der Räuber seine Beute zurückgeben muss, lenkt sie auf uns alle - "die große Frage, wer wir sein wollen." Heinrich Wefing zeigt sich jedenfalls in der Sprache und Ablenkungen der Profiteure und Verschleierer bestens zu Hause: Link

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden äußert sich vorsichtig, so als fürchte er dass noch mehr Jack Asses aus der Kiste springen. "Konspirativ" nennt er das Verhalten der Staatsanwaltschaft.

Würde meine Familie zu den Raubopfern der Arisierung gehören, ich würde mich auf den Weg zur Staatsanwaltschaft machen und uns unser Eigentum zurück holen. Sollte es hier tatsächlich einen Verjährungsparagrafen geben, müsste dieser natürlich parallel aus dem Weg geräumt werden. Alles andere ist nachträgliche Kollaboration mit den Arisierungsgewinnern zum Nutzen deren Nachkommen.

 Die Bundesregierung hat eine "Expertenkommission" geschaffen. Deren Vorsitzende heißt - das Schicksal will es so- Frau Berggreen-Merkel. Berggreen.... Berggruen.. Hat eigentlich mal jemand in dessen Keller nachgeguckt..? (Link)

Mittwoch, 20. November 2013

Weltpremiere des Porsche Macan

Da isser! Jetzt gerade läuft in Los Angeles die Weltpremiereshow des neuesten Sprosses aus dem Hause Porsche. Macan heißt der neue Kompakt SUV.

Infos unter:
http://www.porsche.com/microsite/macan/default.aspx
https://twitter.com/Porsche

Quelle: Porsche

Am einfachsten beschreibt man den neuen Frontmotor-Sportwagen als kleinen Bruder des Cayenne. Ist er gelungen? Bei den Fotos und Videos tue ich mir schwer - welche Idee verkörpert er? In natura überzeugte er mich aber sofort: Man darf SUV nicht mit Geländewagen übersetzen. Der Cayenne verkörperte die Großstadtrallye durch die schlechten Straßen Berlins oder New Yorks oder die Transsyberia von Moskau in die Mongolei. Schnell, und komfortabel.

Der Macan ist für kürzere Routen, die Einstiegsdroge quasi. Von der Optik her ein junger Hai, wendiger und mit besseren Aussichten auf einen Parkplatz. Wie Porsche schreibt: "Alltagstauglich, aber nicht alltäglich."

Mit den alltagstauglichen Modellen taten sich die Gusseisernen schon immer schwer. Es waren aber stets die alltaugstauglichen Frontmotormodelle, die dem Unternehmen Porsche zu Höhenflügen verhalfen, oder es einfach mal nur retteten. Vor dreißig Jahren der 924 und 944. Vor zehn Jahren der Cayenne. Vor vier Jahren der Panamera. Die Hälfte aller verkauften Porsches sind Cayennes.

Bis zur Macan Probefahrt dauert es noch ein bisschen: Verkaufsstart ist im April 2014. Die Markteinführung erfolgt mit den leistungsstärkeren Motoren. Der 2,0 Liter Vierzylinder TDI mit 204 PS startet später, und günstiger bei 47.500 EUR.

Dienstag, 19. November 2013

Raubkopieren - Musikkids verboten, Google erlaubt

Wenn zwei das gleiche tun, ... und so weiter.

Vor zehn Jahren hafteten Eltern für ihre Kinder. Wer beim Raubkopieren von Musik erwischt wurde, oder geraubte Musik auf Napster "teilte", für den wurde es richtig teuer. Sogar dann, wenn die eigentlichen "Täter" noch minderjährig waren. Da hielt sich die Musikindustrie an den Eltern schadlos. Die Streitwerte wurden -dem Modell Abschreckung folgend- astronomisch hoch angesetzt. Eine ganze Generation Jugendlicher wurde kriminalisiert, nur weil die Musikindustrie es nicht auf die Reihe bekam, die neuen Techniken in ein neues Geschäftsmodell zu münzen. Dieter Gorny erinnert sich sicher. Da musste erst Steve Jobs kommen..

Und heute?

Ich lese, dass Google das Recht hat, Millionen von Büchern zu scannen und über das Internet verfügbar zu machen. Ohne Rücksprache mit den Inhabern der Urheber- oder Verwertungsrechte. Ein US-Gericht ist der Meinung, dass Google da mit niemanden reden muss, Auch nicht mit ausländischen Verlagen oder Autoren.

Interessant: Der Blog von Authors Guild, einem Interessenverband von US-Autoren, Link

Sonntag, 17. November 2013

Gegendarstellung zu Bahnchef Grube's Interview im FAZ Forum

Das FAZ Magazin "Forum" veröffentlichte in der letzten Ausgabe ein Interview mit Bahnchef Grube zum Thema Nachhaltigkeit bei der Bahn. (Anm.: Um Doktortitel ging es nicht..). Anbei fasse ich seine wichtigsten Aussagen zusammen und stelle meine Gegendarstellungen gleich dahinter:

  • 2012 erwirtschaftete die Bahn das "beste Ergebnis ihrer Geschichte". Grube führt dies auf seine Strategie "DB2020" zurück. - Bahnkunden würden da andere Profitquellen nennen, wie z. B. endlose Verschiebungen bei der Erneuerung von ICEs und S-Bahnen.
  • Die Bahn stellt im laufenden Jahr 10.000 neue Mitarbeiter ein. - Ergebnis von "Nachhaltigkeit" oder Notmaßnahme, weil sich Entwicklungen wie in Mainz und Berlin nicht mehr unter dem Deckel halten lassen?
  • Den Ökostromanteil im Fernverkehr hat Grube verdreifacht und färbt die Bahncard jetzt grün. - Ja, durch Umwidmung vom Güterverkehrsstrom und durch Allokation bereits vorhandener Laufwasserkraftwerke. Dieses Laufwasser fehlt jetzt natürlich anderen Stromverbrauchern in der Bilanz. Gewonnen wurde da nichts, außer einem PR-Effekt.
  • Die beste Frage des Interviews: "Wie oft nutzen Sie selbst den ICE für Dienstreisen?" - Als Antwort würde ich jetzt erwarten: "Immer." Aber nein, der Mann hat einen Dienstwagen aus dem Premiumsegment samt Fahrer. So wie sein Kollege Homburg aus dem Bereich Personenverkehr. Grube antwortet juristisch sauber: "Wann immer es geht." - Geht halt nur nicht immer, wie Bahnfahrer wissen. 
  • Ein Hohn ist Grubes folgende Behauptung: "Im ICE ist Reisezeit Nutzzeit." - Stimmt, aber nur in der 1. Klasse. In der 2. Klasse steht man ohne Reservierungsaufschlag. Deshalb hat Grube diesen ja auch wieder verteuert.
  • "Die Bahn hatte im vergangenen Jahr vier Prozent mehr Reisende, der innerdeutsche Flugkverkehr dagegen 3,7 Prozent Passagierrückgang. Die Zulassungen von neuen PKW sind um 2,6 Prozent gesunken." - Ergänzende Info: Die Sitzplatzkapazitäten hat Grube in den letzten 10 Jahren kontinuierlich geschrumpft, das geht aus einer Grafik im aktuellen Geschäftsbericht hervor. 2013 wird die Zahl der ICE-Passagier wegen des ungeheurlichen Missmanagements während des Hochwassers an der Elbe sicher drastisch sinken. Ein viertel aller ICE Passagiere waren davon betroffen und haben die Reise im PKW sicherlich wieder schätzen gelernt. Auch wenn Herr Ramsauer nach Kräften dagegen an arbeitet.
  • "Der Erhalt der bestehenden Infrastruktur hat für uns höchste Priorität." - Aha, der Erhalt also, nicht der Ausbau. Der Bund -nicht die Bahn- investiert laut Grube gerade mal 1,4 Mrd. EUR in den Erhalt (!) eines völlig überaltertes, nicht winterfestes und nicht hochwasserfestes Schienennetzes. Die Bahn selbst investiert in den Erhalt ihrer Infrastruktur gerade mal 300 Mio EUR. Den Rest investiert sie in britische Fernbusnetze und Prestigeprojekte wie S21 und den Eurotunnel.
  • Und die Stromrechnung: 1 Mrd EUR zahlt die Bahn p.a. für Strom. Und 400 Mio für Diesel.
  • Gerade einmal 13% von 60% möglichen elektrischen Zügen speisen ihre Bremsleistung zurück ins Bahnstromnetz.
  • Die Bahn hat den CO2-Ausstroß pro transportierter Person gesenkt. Aber nicht durch den Einsatz neuer Technik, die ist ja seit 20 Jahren nicht erneuert worden. Bleibt als Maßnahme nur die Erhöhung der Packungsdichte, mehr Stehplätze also. Da können Flugzeug, Auto und Fernbus natürlich nicht mithalten, da sind Stehplätze verboten.
  • Von der neuen Bundesregierung wünscht sich Grube, dass sie die Kosten für die Infrastrtuktur übernimmt. 
In den Antworten liegt also viel Schein und wenig Sein. Eine PR-Nummer also, und da tut man PR-Profis die Wert auf Substanz legen, sehr unrecht. Aber das überrascht inzwischen ja niemanden mehr.. 

Dienstag, 12. November 2013

"ZDF heute Show" interviewt Deutsche Bank

Interviewt man die Deutsche Bank, bekommt man nicht nur Antworten. Man bekommt auch die Fragen. Aber ein PR-Verantwortlicher wie Herr Georgi, der Martin Sonneborn nicht kennt, gehört eigentlich entlassen, oder?

PS: Am Schluss kommt noch eine live Einspielung von Franz Beckenbauer, wo er sich über "Sklaven im arabischen Raum" äußert. Der FC Bayern hebt so langsam richtig ab..

Samstag, 9. November 2013

Die erste Woche nach Wiedereröffnung der ICE-Schnellfahrstrecke

Der Mensch ist doch ein Gewohnheitstier. Seit Montag, 4. November ist die ICE-Schnellfahrstrecke von Berlin nach Wolfsburg wieder frei. Wir donnern wieder mit 250 über die Elbe. Hurra.

Knapp eine Stunde dauert die Fahrt "nur" noch. Man klappt den Rechner auf, erledigt ein paar Emails, korrigiert Dokumente und blättert durch die Zeitung. Und zack, schon ist man da. Kürzer als manche S-Bahnfahrt quer durch Berlin.

Allerdings, die alten Marotten der Deutschen Bahn sind auch zurück. An drei von fünf Tagen fuhr das ICE-Gespann Richtung Köln und Düsseldorf mit 20min. Verspätung ab. Der Grund: Eine defekte Weiche auf der Stadtbahn zwischen Hauptbahnhof und Zoologischer Garten.  Eine Spezialweiche natürlich, die nicht auf Lager liegt sondern in Witten (Gruß ins Ruhrgebiet ;-) gefertigt werden muss.

Ärgerlich: Die Bahn hat jeden Morgen unter "Ist mein Zug pünktlich?" vorgetäuscht, heute würde sie pünktlich fahren. Doch leider, erst im Moment der Abfahrt im Ostbahnhof erkennt die "Verkehrslenkung" in Pankow, dass der Zug noch gar nicht da ist.

Auf der Rückfahrt hat die defekte Weiche aber einen schönen Nebeneffekt. Oder sagen wir: könnte haben. Da fahren wir ab Spandau nämlich die Nordroute am Hafen entlang. Da dreht der ICE normalerweise richtig auf und statt 20 Minuten Gewürge über die Stadtbahn braucht es nur 7. Allerdings nehmen auch viele andere Züge dieser Route... und so steht man im Stau.

Mir bleibt der Vorteil im Tiefbahnhof anzukommen, wo ich Richtung Potsdamer Platz umsteige. So verpasse ich die Regionalzüge knapper als sonst, weil die 7 Minuten Umsteigezeit von ganz oben nach ganz unten entfällt.

Ach so, in der Kundenzeitung "mobil" ist mir folgendes aufgefallen: Im Impressum steht jetzt neuerdings eine Antje Neubauer. Und eine Dr. Antje Lüssenhop steht da nicht mehr. Hängt das mit den Meldungen über ihren Doktortitel zusammen (Link)?

Ärgerlich fänd ich, und das ist das was mich an der Geschichte eigentlich nur interessiert, wenn sich Herr Dr. Grube derzeit mit so etwas herumschlägt, anstatt sich um seinen Betrieb zu kümmern.

Säue, die durch Dörfer getrieben wurden

Nur mal so aus dem Gedächtnis zitiert. Nachrichten, Schlagzeilen, "Wirbel" usw. die wochenlang als Sau durch's Dorf gejagt wurden, und dann dem nachrichtentechnischen Sudden Death unterlagen:

- Der Bischoff von Limbach, Audienz beim Papst.
- Asyl für Snowden, Vernehmung in Moskau.
- Abhörantennen auf Botschaften.
- Vollständige Erfassung des Emailverkehrs, NSA.
- Nordkoreas Atomrüstung und Provokationen.
- Syrien, Giftgas.
- Lampedusa.
- Beschaffungsdilettantismus bei der Bundeswehr.
- Eurokrise.
- NSU, Skandale bei Ermittlungsbehörden.
- Deutsche Bahn. Der nächste Winter mit altem Material.

Sonntag, 3. November 2013

Ab 4.11. wieder "normaler" ICE-Verkehr zwischen Wolfsburg und Berlin

Ab Montag sollen die ICEs und ICs wieder im alten Takt pendeln. Wenn es so kommt, wenn es wirklich so kommt, ist das wie Weihnachten und Erntedank auf einem Tag. Wir Pendler sind inzwischen ziemlich müde, übermüdet. Wir freuen uns auf die Rückkehr in ein halbwegs normales Leben, in dem es auch unter der Woche noch Privatleben gibt..

Wie man hört, hat sich für Montagmorgen viel Presse am Hauptbahnhof Berlin angekündigt. Wenn es schiefgeht, haben wir dann wenigstens Zeugen.. Ich sage es nur, denn "..wie Sie es gewohnt sind.." klingt für mich eher wie eine Drohung.


"Unvermögen vor dem Tor" - Ein Besuch im Olympiastadion

Ja ja, die Doppeldeutigkeit in der Überschrift hat sich hoffentlich vermittelt. Wenn Schalke oder Dortmund ins Olympiastadion kommen, gehen wir hin. Das ist schließlich der Zweck des Wiederaufstiegs von Hertha BSC.

Und natürlich fahren wir mit der S-Bahn hin. Es geht alles normal, wir denken: weil wir ziemlich spät dran sind und die meisten schon längst im Stadion sind. Als wir ankommen, werden wir mit der natürlichen Begabung der Berliner Verwaltung für Organisationsaufgaben konfrontiert. Das halbe Stadion steht noch vor den Toren. Der Grund: Die Ordner haben quer zur Eingangsrichtung die Taschenkontrolle stationiert. Und die hier kontrollieren sind nicht die Hellsten unter den Blauen. Ist man da durch, steht man sich für die nächste Kontrolle (Kartenscan) gegenseitig im Weg.

Aber die Wartezeit wird uns von einem hackenstrammen Schalker Fan verkürzt. Er liegt auf dem Boden und schreit rum. Als die Sanis anrücken schreit er noch lauter nach einem Arzt. Zuerst dachte ich: Ein Replay von Otto Sanders Schlüsselszene ("Not in the condition to f...")?. Nein, ein ganz normaler Spieltag in Berlin. Offene Therapie ist hier genau so normal wie offener Vollzug.

Als wir endlich drin sind, läuft das Spiel schon. Trotzdem wollen wir unsere traditionelle Stadionwurst und 'n Bier.

Versuch am ersten Stand: "Bratwurst ist aus. Ham nur noch Currywurst."

Versuch am zweiten Stand: "Ja gut, dauert aber 7 Minuten." - "Ok, dann geben Se schon mal n Bier." - "Gibts nicht hier, gibts da drüben." Sie zeigt auf einen Bierstand, der gefühlt im gegenüberliegenden Strafraum liegt..

Irgendwann sind wir mit allem versorgt. Dass die Suche nach einer Toilette am Marathontor vorbei führt, lass ich jetzt mal weg.

Endlich geht es auf die Gegentribüne. Ich hatte extra Tickets am Rand des Blocks gekauft, so dass wir ruhig später kommen und ggf. eher gehen können. Doch auch hier weit gefehlt. Der Zugang von der Seite, an der unsere Plätze liegen, ist versperrt, weil der Ordner schon Feierabend und zu gemacht hat. Also ab zur anderen Seite und von dort durchquetschen.

Kaum sitzen wir fällt das 0-1 für Schalke. Yeaahh!

Spielerisch muss man weder Hertha noch Schalke groß erwähnen. Es ist ein Hin- und Hergekicke im Mittelfeld. Ein gegenseitiges Auflauern auf des Gegners Unvermögen vor dem Tor. Aber darauf ist Verlass an diesem Novembernachmittag. Schön ist das nicht.

Dann sehen wir auf der Anzeige, dass Hoffenheim gegen die Bayern führt. Yeaahh! Wenigstens etwas. Jetzt könnten sie abpfeifen.

In der Pause macht sich unser Schalker Banknachbar auf zum Bierstand. Mit traurigem Gesicht kommt er zurück: "Bier ist alle."

Liebe Schalker, nicht nur hier meint man manchmal, dass die Mauer noch steht und man selbst auf der falschen Seite. In diesem Moment schiesst Max Meyer den Ball über die Berliner Mauer an die Latte.

Die Stimmung im Stadion ist so, dass man meint bei einem Heimspiel von Schalke zu sein. Gesänge, Trommel, die Schalker machen hier die Musik. Nur als der vierte Offizielle 4 Minuten Nachspielzeit anzeigt, kommt Unmut auf. Doch die Schalker geben die richtige Antwort. In der 94. macht Julian D. alles klar. Jubel!

Auf dem Rückweg sind alle Bierstände von Schalkern belagert. Da stelle ich mich nicht an, um meine 4 EURO Pfand zurück zu kriegen. Da sehe ich von weitem eine junge Frau unter einem Schild "Pfandrückgabe". Doch noch praktisch veranlagt die Berliner, denke ich noch so bei mir. Beim Näherkommen sehe ich, dass sie permanent den Kopf schüttelt. "Ich nehme nichts mehr an, mein Geld ist alle."

Gut, ich nehme den Bembel mit nach Hause. Die S-Bahn ist voller Holländischer Schalkefans. Glauben jedenfalls ein paar Berliner, die die laut fragen, wo denn dieses "Vlaanderen" liegt, das auf auf den Kapuzenpullis der Schalker steht.. Ein kurzes Gespräch, das mit lautem Gelächter endet, klärt die Sache auf.

"Wie auch immer," ruft der Berliner, "wir Berliner freuen uns über Euren Besuch und dass Ihr hier Geld ausgebt. Wir haben es nämlich nicht so dicke, brauchen jede Hilfe und können uns keine so guten Spieler leisten." Antwort der Schalker: "Das ham wa gesehen!" Gelächter.

Mit drei Punkten im Gepäck lächelt man alles weg, ist ja klar. Trotzdem, ich komme erst wieder -wenn ich da Tickets ergattern kann- wenn die Dortmunder kommen. Am letzten Spieltag.

Donnerstag, 31. Oktober 2013

"Hosted in Germany" - die neue Bankenwerbung?

Das IT-Outsourcing, also die Auslagerung der Informationstechnik und -daten eines Unternehmens an ein spezialisiertes -und in der Regel amerikanisches- Unternehmen ist seit mindestens 10 Jahren die Königsdisziplin bei den großen IT-Unternehmen. IBM (Michael Diener, Rudi Bauer, man erinnert sich.. und erschreckt sich: liefert IBM nicht auch Server..?), EDS, Accenture und wie sie alle heißen umwarben und umwerben die IT-Chefs und locken mit der Übernahme lästiger Routineaufgaben in Betrieb und Wartung und des Personals sowieso.

Banken, Netzbetreiber, Versicherungen, die staatlichen Sozialversicherungen usw. sie alle sollten ihre Kundendaten herausrücken und auf fremde Server verlagern.

Die Outsourcingunternehmen würden die "Prozesse" soweit straffen und Mengeneffekte nutzen, so dass der Betrieb von IT deutlich billiger werden müsste. Worin sonst stecken die laufenden Kosten einer Girokonto- oder Depotführung oder der monatlichen Telefonrechnung wenn nicht in der Ausführung von Rechenprozessen? Vierzig Prozent der laufenden Kosten gingen bei der Telekom vor zehn Jahren in die Erstellung monatlicher Telefonabrechnungen. So kamen die Anbieter irgendwann auf die Idee von Flatrates..  Die restlichen Kosten gingen für Strom und Personal.

Hat der IT-Dienstleister genügend Outsourcingverträge hereingeholt, beginnt er sogleich die Suche nach Kosteneinsparungen. Müssen die Rechenzentren, in denen die Girokonten von Privatkunden geführt werden, in Frankfurter Premiumlage liegen? Warum nicht "nach Kräften" in billige Länder auslagern? Und dort alle Abläufe standardisieren? Datenschutz? Pah, das sind Luxussorgen ("Auf den internationalen Kapitalmärkten... blah bläh bläh.").

Aktien großer IT-Dienstleister würde ich jetzt verkaufen. Denn mit ziemlicher Sicherheit werden Banken bald berichten müssen, bei wem und wo sie ihre Daten lagern. So schätze ich jedenfalls die gelernte Journalistin und heutige EU-Justizkommissarin Reding ein. Und dann werden sie einiges zurück holen und mit "Hosted in Germany" oder so ähnlich Werbung machen.

Gut, das macht die Konten vor dem NSA auch nicht sicher. Auch, weil Steinbrück den Zugriff des Staates so wie so eingerichtet hat und Schäuble und die EU bereit sind, diese Daten an die Briten und Amerikaner weiterzureichen.

Aber wenigstens der Gerichtsstandort wäre dann Deutschland.

Facebooknutzerin Lieschen Müller oder diese Domscheits und andere Piraten mögen sich nun aufgewertet fühlen, wenn sie sich "gruselig" vorstellen, wie Schlapphüte ihre Postings durchforsten. Doch für die ist das nur Zeitverschwendung. Die Cloud gibt es schon lange, nur halt nicht für Privatbenutzer und um von dort Musik herunter zu strömen.

Nein, es geht um Finanz- und Knowhowströme. Und sicher auch um Terrorabwehr. Übrigens glaube ich die Mär nicht mehr, man wisse nicht, was passiere, wenn man aufhöre Banken zu retten. Die Informationen über die Verflechtungen der Weltfinanzwirtschaft liegen sicherlich vor. Smiley.

Dienstag, 29. Oktober 2013

Tue Gutes - aber lass Dich dafür bezahlen - Die ARD Fernsehlotterie zieht Konsequenzen

Jahrzehntelang glaubte ich, bzw. nahm stillschweigen an, es beschäftigte mich eigentlich nicht, dass die Prominenz, die für Fernsehlotterien wirbt, dies pro bono tut. Dass sie hier etwas spendet, was sie von der Fernsehgemeinde zuvor aufgenommen hatte: Vertrauen.

Wenn ein Thomas Gottschalk, ein Jörg Pa... Pilava oder eine Monica Lierhaus für die Aktion Mensch warben, dachte ich Größe zu schauen.

Bis zu dem Moment, in dem die Diskussion um das Honorar für Monica Lierhaus losbrach. Erinnern Sie sich: Nein, es waren nicht 45.000 EUR pro Jahr, sondern 450.000!

Begründet wurde dies mit der Prominenz, Bekanntheit, dem Vertrauensvorschuss seitens der Zielgruppen. Übergangen wird dabei, dass wir es sind, die diesen Leuten dieses Vertrauen geben. Und zu den Gründen, warum wir dies tun, gehört die Annahme, dass diese auch mal etwas für einen guten Zweck spenden. So wie der eine oder andere von uns auch, jedenfalls soll uns das "Vorbild" ja anregen.

Dafür bezahlen lässt sich in der Tat auch nur diese Generation von GEZ-Empfängern. Einem Wim Thoelke wäre das sicher zu blöd gewesen.

Die ARD hat jetzt beschlossen, Konsequenzen zu ziehen. Von 2014 an verzichtet sie auf den Prominentenbonus und will Betroffene als Werber einsetzen. Man darf gespannt sein, ob diese dann auch etwas dafür bekommen.



Samstag, 26. Oktober 2013

"Aufklärerisch wäre es, unsere Natur wieder zu akzeptieren"

Wir kommen mit der Aufklärung erst weiter, wenn wir uns (wieder) unsere Natur eingestehen und nicht weiter versuchen, die Vernunft von der Natur weiter zu entfernen. Mit diesen Worten hat der Berliner Religionsphilosoph im philosophischen Radio im WDR die richtige Antwort auf den grünen Zeitgeist gegeben. Einen Zeitgeist, der begonnen hat, Biologie für ein "soziales Konstrukt" zu halten.

Mit Natur ist hier das in uns angelegte gemeint, die Natur, die zur Freude, zum Rausch, zur Befriedigung führt. Nicht die Natur, die die Tempolimit- und Rauchverbotsfreunde "schützen" wollen.

Intelligent Design vs. Sozialkonstrukte
Über George W. lachen und sich selbst für aufgeklärt halten, weil er dem "intelligent Design" anhängt. Und dann Geschlechter zu Konstrukten erklären. Die Natur da draußen auf den Sockel heben, aber die eigene Natur wie etwas fremdes, aufgezwungenes abstreifen wollen. Die Probleme mit dem eigenen Selbst, dem stockenden Heranreifen, der tiefen Verzweiflung über die Einsamkeit, die Beziehungsunfähigkeit, diese Verunsicherung -wenn nicht Depression- zu einem Lifestyle erheben und massenhaft über die Gesellschaft kippen und zu deren Angelegenheit machen, und zu behaupten, das sei Aufklärung, genau das ist Berlin.

"Leugner" spricht die Inquisition
Man soll anders Denkende ja nicht als Leugner bezeichnen. Es leugnet nicht der, der nach Beweisen verlangt. Es leugnet der, der die Beweise übergeht, ignoriert, verbietet oder behauptet, sie träfen nicht zu. Der Begriff "Holocaust-Leugner" ist eine zutreffende Bezeichnung, denn den Holocaust gab es. Wie praktisch, dass das Publikum fortan alles was "geleugnet" wird, als dem Holocaust vergleichbar bewertet. So wie nach dem Neonazi alles niedergemacht werden kann, indem man es mit dem Attribut "Neo-" belegt.

Der Begriff "Klima-Leugner" ist eine inquisitorische Anmaßung, denn von ihm wird nicht Gewesenes in Zweifel gezogen, sondern Belege oder Beweise für eine Prognose oder Behauptung verlangt. Wenn ich sage, ich glaube dem Wetterbericht nicht mehr, weil er in der Vergangenheit immer seltener gestimmt hat, handle ich vernünftig. Wenn ich sage, ich glaube der Klimaprognose nicht, werde ich als "Leugner" tituliert. So als lästerte ich den neuen Klimagöttern, anstatt mich bei den Klimagläubigen einzureihen.

Selbstverantwortung ist das neue "Rechts"
Umgekehrt, wenn ich vor der Eurokrise warne, gelte ich als "rechts". Wobei man sich nicht mal mehr die Mühe macht zu erklären, was daran denn verwerflich sei. Das Publikum soll den Umkehrschluss ziehen: "Rechts" ist die Bezeichnung für Leute mit abweichenden Meinungen und Handlungen. Die Abweichung liegt in diesem Fall darin, dass ich meinem Interesse an meiner Existenz, Wohlergehen Vorrang einräume gegenüber einem Problem am Ende der Welt. Das Bescheidwissen (bzw. rezitieren können) über alle dortigen Probleme, diese im Internet angelesene Vielwisserei gilt heute als Aufklärung. Worüber man jede Woche "aufgeklärt" wird, überlässt man den Nach-richten-portalen.

Also, wer die Behauptung der Linken anzweifelt, ist ein Leugner. Linke, die Evidenzen abstreiten (wie z. B. das Geschlecht), sind keine Leugner, sondern erweitern -aus ihrer Sicht- die Aufklärung.  Aufklärung vollzieht sich, indem man naturwissenschaftliche Befunde wieder zu Konstrukten ("Designs") erklärt. In Wahrheit ist es eine Form der Selbstverleugnung, die zu einem Kollektivverhalten ausgebaut werden soll.

Wenn Klaus Heinrich sagt, die Aufklärung stocke, weil wir unter einem Bann stehen, dann halte ich das noch für optimistisch. Ich habe vielmehr seit längerem den Eindruck, dass wir zurücktreiben. Den Umkehrpunkt, hinter dem wir zu Rede- und Denkverboten zurückkehrten, war uns noch bewusst. (Vgl. z. B. die vor kurzem im Internet herumgereichte Episode aus dem "Lehrer Dr. Specht", in dem dieser im ZDF ganz unverblümt über die Politische Korrektheit aufklären durfte. Das ist heute nicht mehr denkbar.)

Die politische Korrektheit wurde nach meiner Erinnerung von den Clintons in die Welt gesetzt. Vorgeblich um Minderheiten vor der Verletzung mit Worten zu schützen ("gewaltfreie Kommunikation"). Inzwischen missbrauchen viele der so Geschützten ihre Immunität für ganz reale Gewalt auf der Straße. Wir sollen Toleranz gegen Intolerante üben. Auch das ist eine Form der Selbstverleugnung.

Die Gattung Mensch folgt der Entwicklung des Menschen
Heinrich verweist auf Freud, um diese Selbstverleugnung als pubertäre Erscheinung auslegen zu können. Freud hatte den Schock über die Gewalt des ersten Weltkrieges zu der Erkenntnis verarbeitet, dass das wesentliche an unserem Zeitalter die Rivalität, das Nichtaushaltenkönnen der Unsicherheit, ob der andere stärker ist als ich/wir gedeutet. Er sah uns in der Menschheitsgeschichte deshalb in der "phallischen Phase", die sich im friedlichsten Fall als Revier- und Weitwinkeln pubertierender Jünglinge äußere und im schlimmsten Fall in der Vernichtung des Anderen, um sich der eigenen  Überlegenheit ein für alle mal sicher sein zu können. Es ist klar, dass die in den Anderen projizierten Feindbilder und Beschuldigungen natürlich Spiegelbilder der eigenen Seele sind. Das Eigene wird im Anderen bekämpft.

Der nächste Schritt folge also aus der Erkenntnis, dass es im Leben keinen Sinn zu suchen gebe außer dem, es zu genießen.

Hier kann man einen der Autoren einrühren, von dem die Tische in den Buchläden derzeit voll sind: Albert Camus. Das Leben vom Tode her denken macht frei. Dazu muss aber zuvor der Schock der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit überwunden werden. Es ist also ein Zeichen von Unreife, um jetzt den Schluss aus Heinrich und Camus zu ziehen, die Vernunft oder das Ego über den Tode siegen lassen zu wollen. Nein, der Anblick des Endes am Ende der Strecke macht frei. Die Erkenntnis der Knappheit des eigenen Lebens gibt ihm Wert. Wer den Tod besiegen will, entwertet es wieder und outet sich als kindisch.

Diese Freiheit wirft mich voller Wohligkeit und Entlastung auf mich selbst zurück. Nicht die Probleme der anderen sind mein Lebenssinn. Sondern der Genuss meines eigenen. Natürlich gehört dazu auch Empathie für alle, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin. Aber nicht die, bei denen ich nicht weiß, ob sie sich umgekehrt so für mich entschieden so wie ich mich für sie entscheiden soll.

Im übrigen sind Menschen, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, die friedlichsten. Den Terror bringen die in die Welt, die von anderen permanent Dementis einer Gewaltbereitschaft  einfordern, die doch nur ein Spiegel ihrer selbst ist. Und die auch als Beleg für die eigene Existenz dienen. Ich unterstelle, also bin ich.