Sonntag, 15. März 2009

Wolf Lotters "Gehemmte" und "Gestörte"


Wolf Lotter hat eine neue Salve gegen unser industrialistisches Denken abgefeuert: "Die kreative Revolution". Zusammen mit Gastautoren enttarnt er die hilflosen Versuche von Command&Control Industrieunternehmen, in der Wissens- und Kreativwirtschaft anzukommen.

Erster Satz:
Revolutionen, so scheint es, sind stets Umbrüche mit klaren Konturen. Auf den ersten Blick, doch eigentlich war keine einzige so.

Daraus leitet sich das Anliegen dieses Werkes ab: Es will uns darauf hinweisen, dass die kreative Zerstörung und der Ersatz sich lange hinziehen werden. Das soll aber kein Grund sein, zu resignieren. Resignieren müssen die, die vom Industrialismus wirklich abhängig sind und derzeit sich die Taschen vollstopfen, so lange noch etwas da ist: Industriemanager.

Ich fand folgenden Test zur Unterscheidung von Kreativen und Nicht-so- kreativen interessant:
Zwei Gruppen sollen aus einem über Kopfhörer vorgelesenen Text die eingestreuten, nicht zum Kontext passenden Wörter rausfinden und zählen. Nicht angekündigt wurden wechselnde, fremde Störgeräusche. Die erste Gruppe stammt aus der Industrie, in der nach strengen Ansagen und Regeln gearbeitet wird. Die andere Gruppe besteht aus Künstlern und Designern.

Ergebnis:
Die erste Gruppe lässt sich von den Störgeräuschen nicht ablenken, ihr Filtersystem "hemmt" alles, was ablenken könnte und nicht zum Auftrag gehört ("Disziplin"). Die Kreativen dagegen liefern falsche Ergebnisse. Sie ließen sich von den Geräuschen -aus Neugier- leicht ablenken bzw. "stören".

Jetzt kann jeder mal überlegen, ob er sich eher zu den "Gehemmten" oder den "Gestörten" (Lotter) zählt.

In jedem Fall folgt daraus etwas für die Raumgestaltung, in denen Kreative arbeiten sollten: In der Anregungsphase braucht es möglichst viele "Störungen", die zu Assoziationen und Ideen führen. In der Schaffensphase (Studio, Atelier) hingegen: Alle Störungen ausblenden. Keine Großraumbüros mit telefonierenden Kollegen.

Was Industriemanager einerseits und Wertschöpfende andererseits nach meiner Beobachtung unterscheidet:
Manager wissen nichts von kreativer Arbeit. Wissen nicht, dass Denkarbeit arbeiten am Stück benötigt. Jeder Themenwechsel -insbesondere durch Telefonanrufe und chaotisches Hereinplatzen mit ganz "dringenden Themen für die nächste Managersitzung" - kostet Energie und Ideen, also Wertschöpfung. Es ist sogar eine Karrieremotivation für Nichtkreative, unbedingt Teamleiter werden zu wollen: Sie wollen nicht mehr kreativ sein müssen.

Ein Industriemanager denkt in Exceltabellen, Powerpointfolien und Erledigungslisten, die er von "Offen" auf "Erledigt" umschalten kann. Das zu managende muss für ihn abzählbar sein, darf nicht inhaltlich sein.

Ein Verlagsmanager glaubt, dass wenn wir beim Hören eines Musikstückes fünfmal unterbrochen werden, dass wir dann immer noch rein rechnerisch einmal das ganze Stück genossen haben. Musik ist für ihn Content. Zu messen in Megabytes.

Werbemanager glauben, man muss die Zielgruppe in dem Moment erwischen, wo ihre Aufmerksamkeit garantiert ist, weil sie gar nicht anders können: z.B. mitten in einer Amoklaufreportage Werbung schalten, oder in einen Thriller Werbung für Kinderschokolade. Man sollte solchen Managern mal beim Liebesspiel mit ihren Partnern auflauern und sie im fortgeschrittenen Stadium mit Callcenteranrufen für Lebensversicherungen belästigen. Mal sehen, wieviele zu einem Abschluss kommen...

Samstag, 14. März 2009

Burg Tenno, Frapporta, Italien

Laut Reiseführer ein "lohnendes" Ausflugsziel, gerade im Vormärz: Burg Tenno in Frapporta am Gardasee, Wohnsitz von Klaus Zumwinkel.

Hier ein Lageplan von Google Maps:

Größere Kartenansicht


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Freitag, 13. März 2009

"Wie OPEL von GM leergesaugt wird" - eine Abrechnung

Auf WELT Online hat ein langjähriger OPEL-Mitarbeiter Tacheles geredet. Die GM-Manager Rick Wagoner und Bob Lutz haben ihre Tochterfirmen jahrelang geplündert, entrechtet und für ihr Missmanagement zahlen lassen, schreibt der Zeuge. GM Europachef Carl-Peter Forster habe sich dieser kriminellen Energie jahrelang gebeugt, ohne nennenswerte Gegenwehr.

Unbedingt lesen: Link

Nachdem sie OPEL, Saab und Co. auf die Intensivstation gebracht haben und bei deren Mitarbeitern nichts mehr zu holen ist, jetten sie nun zu Regierungen mit dem Ziel, Steuerkassen anzuzapfen.

UPDATE: AUTOBLOG postete gestern den Link zu einer GM PR - Website namens "GM in Europe Facts and Fiction".
Auch lesenswert: Link

Donnerstag, 12. März 2009

Mission statements

INFINITY IS A 
GREAT PLACE
TO START



ALLES WAS DU
WEISST IST FALSCH



VERMEIDE DEN KONFLIKT



DU LIEBST NUR 
DIE OBERFLÄCHE



BEWERTUNG IST KEIN WERT



BELIEVE IN THE MANAGEMENT



KUNST IST MANIPULATION
MANIPULATION IST KUNST




CONTRADICTION IS BALANCE

Montag, 9. März 2009

SAP beantrag Patent auf "Fusion von mindestens zwei Organisationen"

Viele meckern über das Land der unbegrenzten Patentierungsmöglichkeiten. SAP handelt. Sie haben 2004 ein Patent auf Unternehmensfusionen angemeldet. Aktenzeichen: EP 1 465 098.

Titel: "Ein System für das Einführen einer Fusion von mindestens zwei Organisationen und eine Methode für das Einführen einer Fusion von mindestens zwei Organisationen"

OK, es geht mehr um die systemseitige Zusammenführung zweier Systeme. Aber woran scheitern Fusionen denn sonst? Ohne SAP geht hier nichts mehr. Wenn die Deutsche Bank das mitbekommt, wird sie SAP sicher übernehmen ;-)

Hier ein Ausschnitt:


Die vollständige Schrift kann man auf www.depatisnet.de recherchieren.

Hit Bernie

Den Betrüger Bernie Maddoff gibts jetzt als Puppe zu kaufen. Frühbucher bekommen einen Hammer mitgeliefert.
Gute Idee. In Deutschland müsste man natürlich andere Puppen anbieten: MLP Berater, Bahnchefs, Bankmanager.

Hier gibts den Bernie: Minime Model

Sonntag, 8. März 2009

Für usszeschnigge

Am besten ausdrucken (Vergrößerung durch Klick aufs Bild) und mit Magnet an den Kühlschrank haften oder an den Badezimmerspiegel: MIt welcher Stimmung gehe ich heute ins Büro?

Der obere Bereich steht für positive Stimmung. Oben rechts ist die Welt in Ordnung. Oben links ist die Welt NOCH in Ordnung. Unten links sind die vielen, die auf dem Sprungbrett stehen. Unten rechts ist Alarmstufe rot mit hohem Risiko einer Kurzschlusshandlung.

Das Ziel ist oben rechts. Der Weg zum Ziel führt vom momentanen Standpunkt im Uhrzeigersinn herum. Gelb steht für Verzweiflung oder Zynismus, Blau für die gesunde Naivität. Wer der Verzweiflung nahe ist, muss also nicht als erstes ins Handeln kommen, sondern braucht zunächst wieder ein positives, konkretes Bild von der Zukunft. Erst von dort aus strömt neue Energie für den Schritt ins Grüne.

Freitag, 6. März 2009

Buch zuklappen

Es gibt kein richtiges Leben im falschen.



Ich habe es in diesem Jahr schon wieder gelesen: Eine stabile Zweidrittelmehrheit ist unzufrieden mit ihrem Job. Hauptgrund ist die stabil schlechte Führungskultur in Deutschlands (Groß-)unternehmen. Die Personalabteilungen dieser Großunternehmen kontern, indem sie eine Art Gegenaufklärung betreiben. Die kommt dann mit grotesken Werken daher, die uns suggerieren sollen: Sei zufrieden, woanders ist es auch nicht besser. Füge dich deinem Schicksal. Und nicht zuletzt: Es liege an uns, dass wir unzufrieden sind, weil wir zu hohe Erwartungen an die Unternehmenskultur stellen (Beispiel: Das so genannte "Frustjobkillerbuch"). Manager und Personalreferenten empfinden hohe Erwartungen an die Arbeit in der Tat oft als Provokation. Aber man muss aufpassen:

Wer in einer mental kranken Umgebung wohnt oder arbeitet, droht selbst krank zu werden. Die Frage, ob DIE spinnen oder man selbst, stellen sich immer nur die Nichtspinner. Spinner reflektieren weder über sich selbst, noch über ihre Wirkung auf andere. Spinner nennen andere Spinner.

Ich habe diese Szene in einem Kommunikationsbuch gelesen, in der der Therapeut seinen Patienten fragt: Was glauben sie, wie ihre Frau ihre Beziehung sieht? - Der Patient antwortet, er möge seine Frau, das sei auch besprochen. - Nein, nein, es gehe jetzt nicht darum, wie er seine Frau sehe, sondern was er glaube, wie seine Frau die Beziehung empfinde. Der Patient stutzt, versteht die Frage aber immer noch nicht.. und bleibt die Antwort schuldig.

Autisten können brutal sein und bemerken es nicht einmal. Das Problem ist, dass man Autisten nicht erreichen kann. Man müsste sie eigentlich weg sperren um ihre Umgebung zu schützen. Autisten schreiben ganze Wände ("Beautiful Mind") oder Emails voll. Ich erkenne sie an ihren Ausrufezeichen ("Nein!!!", oder: "Ja!!!"), die vorgeblich Ungeduld ausdrücken (die wir mit Leistungswillen verwechseln sollen) aber in Wahrheit eine Autoagression markieren.

Was tun?
Der erste Schritt: Erkenne, dass die spinnen, nicht du. Klingt leichter als es ist, denn wir sind ständig Verhaltensnormen ausgesetzt, die uns anpassen und schwächen sollen in Form von Verwirrung und Schuldgefühl. Eine Museumsführerin im Stasi-Foltergefängnis Hohenschönhausen hat das mal sehr gut erklärt. Das rhetorische Muster führt das Opfer dazu, fehlende Konformität als Illoyalität zu empfinden. Irgendwann verdreht man Ursache und Wirkung, um nicht durchzudrehen. "Wenn ich hier eingesperrt bin, dann MUSS das seine Berechtigung haben." Und dann wächst langsam ein Schuldgefühl gegenüber den Peinigern. Wenn der Täter seine Gewalt dann drosselt, empfindet das Opfer so etwas wie Dankbarkeit.

Zweitens: Finde Gleichgesinnte. Es ist unwahrscheinlich, dass du der oder die einzige Gesunde in der Anstalt bist. Suche und finde!

Drittens: Nicht rebellieren, das löst sofort höchsten Aktionismus in Linien und Kreisen aus. Vermeide, dass man anfängt, dein -oder dich als- Problem zu "managen". Sie holen dann Listen und Formulare heraus und schreiben Deinen Terminkalender voll. Nein, nach außen konform handeln, nach innen Bugs suchen und nutzen, heißt die Devise.
Bei persönlicher Konfrontation mit einem Irren muss man versuchen, selbst irre (unberechenbar) zu wirken. Z.B. im Bus oder S-Bahn. Das befriedet oder irritiert den Irren, weil er einen Gleichgesinnten oder Ebenbürtigen in dir zu erkennen glaubt. Oder spiegele ihn: "Bereit, wenn Sie es sind, Sir" (Danke für den Tip, Kollege.. ;-). Handle in jedem Fall gegen seine offensichtliche Erwartung.

Viertens: Baue Schutzzonen auf. Nutze regelmäßig Zeiten ohne die Systemumgebung. Z.B. Dienstreisen. Atme durch. Sprich immer wieder mit Gleichgesinnten für die Bestätigung deines noch gesunden Werteempfindens.

Fünftens: Buch zuklappen. Als ich zum ersten mal mit einem Gebrauchtwagenhändler einen Preis verhandeln wollte und zu tief einstieg, klappte dieser demonstrativ sofort sein Buch zu. "OK, dann können wir aufhören für heute." Das nutze ich heute selbst als Antwort auf Respektlosigkeiten. Vorteil: Es wird immer sofort verstanden: Buch zuklappen, zurücklehnen. Ende.

Schwierig ist auch der Umgang mit entscheidungsschwachen Zeitgenossen. Wie es ein mit der Fliegerei vertrauter Vertrauter mal sagte: Wenn der Pilot nach immer mehr Instrumenten im Cockpit verlangt, ist das ein Hinweis darauf, dass er gar nicht fliegen kann. Eigene Manöverfehler wird er stets den Instrumentenlieferanten oder seinen Passagieren in die Schuhe schieben. Der Rat lautet: Verlange den Fallschirm. Steht ihr noch auf dem Flugfeld, steig aus.

Als allgemeiner Hinweis: Versuche nicht, in einer irrationalen Umgebung rational zu agieren.

Entlehnt von: slowleadership.org

Donnerstag, 5. März 2009

Stilblüten im Autofrühling

Unternehmenskommunikation ist Chefsache. Das merkt man dieser auch meistens an. Z.B. auf der Genfer Messe "Auto-Salon", die angesichts der Hoffnung auf bessere Zeiten, auch "Autofrühling" genannt wird. Die Chefs einiger Autohersteller geben hier ihre Blüten zum besten.

Z.B. GM Europachef Carl-Peter Forster (wieder einmal). Von der Deutschen Welle angesprochen auf die GM-Krise antwortet er wörtlich:
Sie müssen verstehen,...
Mit dieser Vorneverteidigung beginnt er das Interview zu seiner desolaten Lage: "Sie" -nicht er als Chef eines Unternehmens, dass er mit einer falschen Produktstrategien an den Rand der Insolvenz gemanagt hat- also "Sie" müssen verstehen:
dass es derzeit kaum einen Automobilhersteller gibt, der nicht Cash verbrennt.

Ach so! Wenn es sich gleich die gesamte Kaste leistet, am Markt vorbei zu entwickeln, dann ist dies kein Fehler, der vor allem verantwortet und korrigiert werden muss -schon gar nicht von der Führungsriege selbst-, sondern -weil er ja "oben" produziert wurde- vor allem "unten" -z.B. von Journalisten und Radiohörern "verstanden" werden muss. Und wenn alle Peers den gleichen Fehler machen, dann ist das ein anonymes "Umfeld" ... das kennt man aus anderen gesellschatlichen Debatten in Deutschland. Forster "fährt fort":
Das ist im Moment, in der Situation, wo 30% des Marktes weggebrochen sind, gilt das eigentlich für jeden.

Aha. Der Markt ist "weggebrochen". Angesichts der Fahrzeugdesigns, die manche Hersteller ihren Kunden zumuten, kann ich schon verstehen, das manche Autointeressierte einfach nur "wegbrechen". Aber für das, was Forster eigentlich sagen müsste, formuliert er mir schon wieder zu passiv. Richtig wäre: Forster und seine Kollegen, haben mal eben 30% ihrer Kunden vergrault. Mit falschen Angeboten.
Und dann sagt er noch etwas widersprüchliches:
Unsere Situation ist, wir haben wenig Reserven. Das ist unser ganz spezifisches Problem. Aus dem müssen wir einen Weg rausfinden. Wir verkaufen gut In Deutschland, das macht uns sehr froh. Das zeigt aber auch, dass die Marke nach wie vor akzeptiert wird - gerne akzeptiert wird. Dass, wenn wir mit den richtigen Produkten kaufen, wir am Markt sehr viel Erfolg haben werden.

Forster steht natürlich unter großem Druck. Von allen Seiten. Da versteht man, dass er sich unbewusst distanziert und GM für ihn "die" -nicht seine- Marke ist. Gleichzeitig muss er für Optimismus bei seinen potenziellen Kunden werben. Bei der Bundesregierung muss er pessimistisch auftreten, denn von der will er eine Milliardenhilfe einwerben. Und wie der Abbau tausender Arbeitsplätze intern "kommuniziert" wird, dass kennt man ja inzwischen.

Ein guter Verdränger eigener Verantwortung ist auch der OPEL Deutschland Chef Hans Demant, der seit 2004 diese Position inne hat. Dem Führungsgremium gehört er immerhin seit 1999 an:
WIr haben in der Automobilbranche ein Industrieproblem. Das ist kein Problem, das in irgeneiner Form von uns verursacht wurde. Wir haben Gewinn gemacht in 2006 und 2007. Das richtige Problem kam Ende 2008. Jetzt haben wir eine Krise vor uns. Ich glaube, dass wir einen Plan haben, wie wir da durchkommen. Wir brauchen ein bisschen Hilfe und Überbrückung für diese Phase, aber ich glaube wir schaffen das.

Das Geschäft läuft gut in Deutschland. Warum braucht OPEL trotzdem 3 Milliarden?
Ganz einfach weil diese Krise das Vertrauen der Kunden erschüttert hat. Wir haben in Europa in der Größenordnung 25% Reduzierung des Verkaufsvolumen. Diese 25% Reduzierung des Verkaufsvolumens können Sie..

Sie. Nicht: Wir
nicht einfach wegstecken. Das sind im Prinzip Überkapazitäten...

Hat das OPEL Management nicht eigentlich Dezifite anstatt Über"kapazitäten"??
die Sie..

Sie!
letztendlich haben.

Wenn der Kunde die Autos nicht so nachfragt, wie Sie sie produzieren, dann muss man eigentlich akzeptieren, dass ein Unternehmen auch pleite gehen kann, oder nicht? - fragt die Interviewerin.
Antwort vom OPEL Chef:
Wissen Sie...

SIE müssen verstehen. SIE (nicht sie, die Vorstände!)
.. an den Gedanken kann ich mich im Prinzip überhaupt nicht gewöhnen und daran denke ich gar nicht.

Und man habe nun der Politik das Konzept vorgelegt, dass sie velangt habe. - Aber aus der Politik komme weiter Kritik an OPELs Konzept.
Der OPEL Chef dazu wörtlich:
Das im Prinzip die Frage des Verständnisses. So ein Plan ist äußerst kompliziert.

Unglaublich. Er macht denjenigen, denen er erklären soll, warum sie ihm Milliarden EUROs geben soll, den Vorwurf, dass sie Probleme mit dem Verständnis dieses Chaos haben. Wenn Vorstände etwas nicht verstehen, werfen sie das stets dem Kommunikator vor. Wenn sie selbst schlecht kommunizieren, dann fehlt es dem Adressaten natürlich an "Verständnis".
Da spielen eine ganze Reihe DInge zusammen, die alle für sich betrachtet werden müssen. Finanzierungskonzepte. Restruktierungskonzepte. Das muss im Detail erklärt werden.

Die Kritik lautete aber: Der Plan sei nicht zu detailliert sondern zu oberflächlich!
Wir hatten noch keine Gelegenheit das Konzept zu erklären, diese Detailerklärung zu machen. Das findet jetzt statt.

Erinnert sich noch jemand an die Diskussionen um den Sozialstaat Deutschland? War es da nicht auch die Industrie, die schärfste Kontrollen bei der Vergabe von Hartz IV forderte? Kann man sich einen Hans Demant als Hartz IV Antragsteller vorstellen, der seiner Behörde den Vorwurf macht, es mangele dieser an "Verständnis" für seine komplizierte Erläuterung..?

Aber auch was BMW-Chef Norbert Reithofer ins Mikrofon der Deutschen Welle sagt, ist nicht schlecht. Die Umweltprämie der Bundesregierung hat ja im Februar für Rekordabsätze gesorgt. Sie entspricht übrigens im Klein- und Kompaktsegment in etwa der Mehrwertsteuer, die Kanzlerin Merkel ja vor einem Jahr kräftig erhöht hatte und die im Vorfeld dieser Erhöhung schon einmal für eine Sonderkonkunktur in der Automobilbranche gesorgt hatte.
Trotzdem finden manche Vorstände da immer noch ein Haar in der Suppe. Z.B. dass die Umweltprämie als Fixum ausgezahlt wird, nicht als prozentualer Anteil vom Listenpreis.
Reithofer wörtlich:
Wenn ich jetzt das positive sehen soll mit der Abwrackprämie...

sagt ein Vorstand, dessen Absatz gerade mit Subventionen angekurbelt wird. Er muss sich zwingen, darin etwas positives zu sehen.
muss ich sagen, die bringt uns Mehrverkäufe beim BMW 1er, Mehrverkäufe beim Mini. Aber natürlich nicht in den Stückzahlen wie ein Massenhersteller davon profitiert. Wie übrigens auch viele importierte Fahrzeuge davon profitieren werden.

Aha. Dass die Kunden inzwischen mehr auf kleinere, moderat motorisierte Autos abfahren, muss man jetzt natürlich den "Massenherstellern" vorwerfen. Wo bleibt die Selbstkritik, wo die Erkenntnis bei BMW, dass auch deren Kunden inzwischen lieber einen 1er als einen 3er kaufen? Kommt die noch im weiteren Verlauf des Interviews?
Das muss man einfach mal feststellen.

Da ist es wieder! "Das" was ich -Vorstand- sage, ist Fakt. Soso.
Das ist wenn man Massen- und Premiumhersteller...

Premium=BMW. OPEL, VW, Renault = Masse. Verstanden, Kunde?!
... vergleicht, schon eine leichte Marktverzerrung.

Übrigens: Forster forciert seine Forderungen nach Staatshilfe inzwischen parallel zu diesem Interview mit der bedrohlich klingenden Erkenntnis, dass GM in Europa drei Werke zu viel habe.
Reithofer kündigte in Genf eine "Prüfung" weiterer Kurzarbeit bei BMW an.

Es gab aber auch gute Nachrichten in Genf: Daimler freut sich über bereits 40.000 Bestellungen für seine neue E-Klasse.

Hier übrigens der Link zum Audiopodcast der Deutschen Welle: Link

Mittwoch, 4. März 2009

1989 - 2009

Der Kapitalismus hat gerade mal 20 Jahre länger gelebt als der Sozialismus.

Was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen der Insolvenz der USA und der UdSSR?

OPEL hat keine Patentlösung mehr

Carl-Peter Forster war bis 2004 Vorsitzender des OPEL-Vorstandes. (Davor übrigens war er -wie so viele andere Verantwortliche der gegenwärtigen Krise- bei McKinsey.) Offensichtlich hat er die Verträge unterschrieben, die die Herauslösung von OPEL aus dem GM-Konzern heute so schwierig machen. Er konnte die Eskalation der GM-Krise natürlich nicht unbedingt vorhersehen. Aber musste er das Familiensilber von OPEL -deren Patentportfolio- so billig aus der Hand geben? OPEL bekam für die Übertragung des gesamten Portfolios (Beispiele einiger Patente hier) laut Handelsblatt rd. 1,8 Mrd. EUR. Genauer: Einen bis heute nicht eingelösten Schuldschein in dieser Höhe.
Dafür zahlt OPEL eine jährliche Lizenzgebühr, deren Höhe vom Umsatz abhängt. 2007 betrug diese allein mehr als 600 Mio EUR.

Ginge es so weiter, hätte OPEL die Einnahmen, die ja bis jetzt noch nicht einmal auf dem nicht vorhandenen Konto gelandet sind, bereits nach drei Jahren in Form von Lizenzgebühren zurückgezahlt.

OPEL hat sich ausziehen lassen, steht ohne Hemd da. Blechen müssen die Angestellten. Forster will in Europa drei Werke schließen.

Bei SAAB lag der Fall ähnlich. Rick Wagoner und Bob Lutz haben die zugekauften Marken restlos ausgehöhlt und geistig enteignet. Die Kunden wandten sich ab. Das ist das Ende dieser Marken.

Montag, 2. März 2009

Sprung nach vorn

Mein Kollege sagt: An den Salto rückwärts kanns man sich nicht rantasten. Man muss ihn springen: Rückwärts an die Wasserkante stellen, abspringen und mit dem Kopf im Nacken die Sprungrichtung vorgeben. Der Körper folgt dem Kopf! Und daraus wird der Salto. Mein Kollege redet nicht nur darüber. Er tut es!

Letzte Woche stand ich zum ersten mal nach vier Jahren wieder auf Skiern und wollte ES auch wieder tun. Der Hang am Fichtelberg war aber etwas zu steil, um einfach an die Erfahrungen meines letzten Skikurses anknüpfen zu können. Der Moment der Angst beim Skifahren ist ja der, in dem man im Schneepflug um die Kurve lenkt, um die Richtung zu wechseln. Man belastet den Bergski und leitet die Kurve ein. Und dann kommt der Moment, in dem der belastete Ski in Schussrichtung bergab steht. Und genau jetzt muss man die Kurve durchhalten und darf nicht die Nerven verlieren. Man darf nicht im gefährlichsten Moment abbrechen sondern muss in genau der Bewegung bleiben, mit der man die Wende begonnen hat. Und mit der man sie zum Abschluss bringen wird. Die Kurve zu schaffen und wieder geradeaus fahren zu können, das bringt den Spass und die Bestätigung.

So ist es auch mit Veränderungen im Berufsleben. Sei es der Jobwechsel oder der "Sprung" in die Selbständigkeit. Man braucht die Analyse. Dann kommt die Erkenntnis, wie -ACHTUNG:- "not-wendig" ein Wechsel ist. Aus Wissen wird Gewissheit. Und dann muss man springen. Oder im Winter: den Schneepflug wenden.


Am Hang

Sonntag, 1. März 2009

In einem gesunden Markt gibt es keine "systemisch wichtigen" Unternehmen

Jetzt haben CSU und SPD mit ihren Wahlkampfauftritten für Schaeffler und OPEL tatsächlich eine Debatte um die Deutungshoheit des Begriffs "systemisch" losgetreten. Beide übersehen sie einen wichtigen Faktor:

Wenn wertschöpfende oder -aus dem finanzsektor- wertvernichtende Unternehmen eine sogenannte "systemische" Bedeutung erlangt haben, ist bereits etwas schief gelaufen. Dann hat es nämlich bereits Monopolpolbildungen gegeben, die in einem funktionierenden Markt verhindert worden wären.

Leider fördern Regierungen diese Monopolbildung stets mit der irreführenden Floskel von den "nationalen Champions", die wir angeblich brauchen. Wenn alle miteinander fusioniert sind, dann gibt es nur noch Monokultur. Und genau darunter leidet unser System. Wir haben Monokultur in den Produkten, im Serviceständnis, in der Unternehmenskultur, in der Führungsqualität.