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Donnerstag, 21. März 2013

Bahnpolizisten beschützen die Bahn vor Kunden - nicht umgekehrt

Wenn Kamerateams auf der Straße Passanten interviewen, ist es unvermeidlich, dass auch Unbeteiligte mit ins Bild kommen. Und zwar so deutlich, dass man sie wieder erkennen würde, wenn man sie bereits kennen würde. Ich habe noch nie davon gehört, dass sich jemand dagegen beschwert hätte.

Auch habe ich mich daran gewöhnt, von Berliner Touristen einfach mit fotografiert zu werden, wenn sie ihre Kameras auf eine Szenerie halten. Ich weiß ja, dass es sich hier nicht um eine Zielfahndung gegen mich handelt, niemand wird je danach fragen, wer denn der Mann da auf dem Foto ist.

Und als ich mich bei Google Earth auf dem Leipziger Platz entdeckte, war ich davon nicht genervt, ich fand es lustig.

Was also hat die Bahnpolizei am Hbf Köln dazu veranlasst, einen Passanten oder Bahnkunden festzunehmende, der eine Aufnahme von einem REWE "To Go" Supermarkt gemacht hat (Link)? Die Persönlichkeitsrechte der Verkäuferin im Hintergrund?

Es hätte wahrscheinlich genügt, das "Motiv" für das Foto zu erklären, oder ein weiteres dann eben ohne die Dame zu schießen. Aber irgendwie sind Bahnpolizisten anders gedrillt, oder sie rekrutieren sich aus anderen Millieus. Am Hbf Wolfsburg erlebt man das ja auch mitunter.

Manche dieser Herren haben noch nicht verstanden, dass wir Bahnkunden keine latent gewaltbereite und mit allen Mitteln im Zaum zu haltende Gruppe sind. Das ist reine Verschwörungstheorie. Die Bahnpolizei muss lernen, dass Gefahr und Störung an Bahnhöfen nicht von der Bahnkundschaft ausgeht, sondern in den meisten Fällen vom Bahnmanagement: Zugausfälle, nicht benutzbare Züge, ausgefallene Stellwerke, Kapazitätsmängel.

Doch wie ich in Wolfsburg lernte: "Wenn Sie ohne Fahrkarte fahren, kommen wir. Wenn Sie zahlen, aber die Bahn kommt nicht, ist das nicht unser Bier. Da beschweren Sie sich bei der Bahn."

Solange die Gesetze so liegen, oder ausgelegt werden, geht die Bahnpolizei gegen Bahnkunden mutiger vor als -sagen wir- gegen Salafisten.

Samstag, 16. März 2013

"Der IC nach Berlin fällt jetzt aus."

Das ist wieder typisch. Nach einer wirklich anstrengenden Woche mit Minusgraden auf verschneiten Bahnsteigen, auf denen man auf verspätete Fernzüge wartete. Und einer Woche, in der Bahnvorstand Grube wieder ein Rekordergebnis ("auf Kosten von Steuerzahlern und Konkurrenten", Mittelstandsnachrichten) verkündet hat, denke ich auf dem Weg zum Hbf Wolfsburg: "Endlich Freitag". Ich will den IC nach Berlin kriegen. Nirgendwo sitzt man so gut in der 1. Klasse wie in einem Abteil eines IC. Doch es kommt anders. Die Erben Hartmut Mehdorns erteilen uns eine neue Lektion.

Ansage 1: "Der IC nach Berlin Hbf kommt heute ca. 5 Minuten später."
Ansage 2 (nur 10 Sekunden später): "Der IC fällt heute aus."
Ansage 3 (eine menschliche Stimme): "Der IC wurde ab Braunschweig umgeleitet wegen einer Streckensperrung zwischen Wolfsburg und Berlin." Keine weiteren Infos, z. B. wie es jetzt weitergeht.


Ein Deja vu an den vergangenen Sommer, den letzten Tag vor dem Werksurlaub. Da glänzte das Bahnpersonal mit Irreführungen und Nichtwissen. Doch heute ist noch mehr los. Die Ansagen laufen im Dauerbetrieb. Denn auch in der Gegenrichtung gibt es massive Verspätungen und Ausfälle wegen eines Stellwerkschadens am Hbf. Bochum. Wir erfahren jetzt: "Stellwerkstörung in Oebisfelde", einem Vorort von Wolfsburg. Wir sind abgeschnitten. Die ersten Kollegen sammeln Fahrgemeinschaften für einen Mietwagen. Ausgaben, die man von der Bahn nicht oder nur mit viel Papierkrieg ersetzt bekommt. 


Wir erleben häufig Stellwerkstörungen. Dann geht gar nichts mehr, und keiner weiß, wann es weitergeht. Eine Folge schlechter Wartung, eine Folge der Geschäftspolitiken der Herren Ralph-Peter Hänisch (dem früheren und inzwischen auf ein Nebengleis geschobenen Vorstand für Produktion) und Volker Kefer, dem noch amtierenden Netzvorstand. Stünden sie jetzt vor uns, wir würden sie uns packen. Stattdessen ein Besuch bei der Bahnpolizei. Die gibt es an jedem Bahnhof. Aber nicht, um über den Leisten gezogene Bahnkunden vor dem Bahnmanagement zu schützen, sondern umgekehrt. Ich erfahre: "Anzeigen gegen Bahnvorstände nehmen wir nicht an. Beschweren sie sich direkt bei der Bahn."

Rückfrage: "Das heißt: Bei Bahnfahrt ohne Zahlung -also Schwarzfahren- werden Sie tätig. Bei Zahlung ohne Leistung nicht. Richtig?" - "Richtig. Und jetzt wünsche ich Ihnen einen schönen Feierabend." Sagen unisono und genervt der Wachtmeister des Bp-Posten Wolfsburg und sein Vorgesetzter.

Von ihren Büros kann man gut sehen, wie sich die Bahnsteige mit Bahncard 100 und Streckenmonatskarteninhabern füllen.

Die Kollegen, die nach Hannover müssen, haben jetzt Glück. Es kommt ein ICE, der schon vor einer Stunde einlaufen sollte. Wir dagegen lernen, dass Zugausfälle immer erst kurz vor dem Ankunfttermin angesagt werden. Deshalb glauben wir der Computeransage nicht, dass unser ICE jetzt doch in 20 Minuten kommen soll. Aber er kommt tatsächlich. Wermutstropfen: Er fährt nicht weiter. Weitere 20 Minuten vergehen. Der ICE ist hoffnungslos überfüllt. Auch in der 1. Klasse gibt es nur noch Stehplätze. Dann irgendwann setzt sich der Zug in Bewegung. Es geht heimwärts. Ins Wochenende. Abends spielt der VfL gegen Fortuna Düsseldorf. Fans, die mit dem Auto gefahren sind, konnten das Spiel sogar sehen..

Mittwoch, 13. März 2013

Parkticketautomaten der Bahn ignorieren Bahncard Rabatt



Unmittelbar neben dem Wolfsburger Bahnhof betreibt die Bahn ein Parkdeck für Park+Ride. Bahncard Inhabern wird großzügig ein Rabatt von 40% auf die Nutzungsgebühr versprochen.

Ich benutze den Parkplatz diese Woche, weil ich mit einem Auto aus dem Dienstwagenpool vom Bhf WOB zu einem Seminar am Tankumsee pendle. Über Nacht parke ich den Wagen dort.

Als ich den Wagen gestern morgen zum ersten mal auslösen wollte, nahm der Ticketautomat meine Bahncard nicht an. "Karte fehlerhaft". Hrmpf, typisch Bahn. Abends frage ich im Reisezentrum nach, warum der Automat meine Bahncard nicht lesen kann.
Antwort: "Dieser Automat erkennt Bahncards grundsätzlich nicht."
Ich: "Und wie bekomme ich dann meinen Rabatt?"
Reizentrum: "Da müssen Sie beim Parkdeckbetreiber nachfragen."
Ich: "Aber SIE haben mit dem Rabatt geworben: Auf dem Schild vor dem Parkdeck, und auf Ihrer Internetseite."
Reisezentrum: "Sie können Ihr Parkticket auch bei uns bezahlen, dann kriegen Sie den Rabatt. Für das bereits bezahlte wenden Sie sich bitte an den Betreiber."
Ich: "Kriege ich denn von Ihnen auch eine Quittung für meine Reisekostenabrechnung?"
Reisezentrum: "Nein."

Ich verlasse das Reisezentrum, rufe die bahn.comfort Hotline an und erkläre mein Problem und die Aussagen des Reisezentrums.
Callcenter: "Mag sein, dass wir bei der Kälte Probleme mit den Parkticketautomaten haben, aber das sollte das Reisezentrum nicht so publik machen. Schicken Sie mir die Belege und ich ersetze Ihnen den Rabatt. Oder mailen Sie einen Scan an die Emailadresse auf Ihrer Bahncard."

Bahn: Auch in der 1. Klasse muss man stehen

Gestern nahm ich den ICE 18.17h ab Wolfsburg. Er kam mit 20 Minuten Verspätung. Na gut, dachte ich, wenigstens gleich schön sitzen. Doch Pustekuchen. Gestern war sogar die 1. Klasse überfüllt! Ich habe mir mit einem chinesischen Touristenpaar den Fußboden geteilt.



Montag, 11. März 2013

ICE ist nicht schneller, sondern teurer als IC

Zwischen Berlin und Wolfsburg verkehren ICEs und ICs. Normalerweise muss man für die Fahrt mit dem IC mindestens 20 Minuten längere Fahrtzeit einplanen. Allerdings nicht wegen der langsameren Technik, wie wir bislang immer dachten. Sondern wegen des zusätzlichen Haltes in Stendal.

Das beweist ein neuer, nur Montags fahrender Entlastungszug: Der IC hält nicht in Stendal und schafft die Strecke genauso schnell wie ein ICE, vgl. Foto.

Frage:
Womit rechtfertigt die Bahn dann den Expresszuschlag für den ICE?


Freitag, 8. März 2013

Ramsauer nimmt Bahnkunden in Haftung für Stuttgart 21

Bahnfahren darf nicht teurer werden, weil sich ein einzelnes Land seiner Verantwortung entzieht.
Verkehrsminister Ramsauer

Ramsauer nimmt uns Bahnkunden als Geisel zur Durchsetzung seines Willen, die Mehrkosten seiner Fehlplanungen bei Stuttgart21 Baden-Württemberg und Stuttgart aufzudrücken.

Als Bahnkunde schüttele ich jetzt nicht mehr nur über Grube und Kefer den Kopf, sondern auch über ihn. 

Das Brot und Butter Geschäft wird aus der Substanz heraus finanziert. Loks, Wagen und Stellwerke sind Dauerursachen für Verspätungen, Überfüllungen und Totalausfälle. Doch wenn Grube an Investitionen ins Bahnnetz denkt, hat er nicht Bahnsteige und Technik vor Augen, sondern die Shoppingzeilen von Bahnhöfen. Da gehen die Milliarden hin, die mit überteuerten Tickets verdient werden.

Weil aber Grube und Co. selbst nicht Bahn fahren, bekommen sie nicht mit, dass das Konzept gar nicht aufgehen kann. Beispiel Hauptbahnhof Berlin. Wer hier umsteigen muss, muss sich auf zu kleinen Bahnsteigen zu den unzähligen und engen Rolltreppen durchkämpfen. Häufig sind diese dann noch nicht einmal in Betrieb. Der Umstieg vom Bahnhof hoch in den Bahnhof tief dauert oft zu lange, um seinen Anschluss zu bekommen. Dann gehe ich aber mitnichten in Grubes Konsumtempel einkaufen. Zumal hier kaum etwas angeboten wird, was man als Gestrandeter oder Verspätungsopfer wirklich brauchen könnte.

Ramsauer hat nicht nur die Anbindung der deutschen Offshore Windparks verschlampt. Er hat auch den Flughafen #BER sausen lassen. Und Stuttgart 21 wird auch über ihm zusammenbrechen. 

Montag, 4. März 2013

Tag 2 in der 1. Klasse (Start der Cebit)

Als ich auf den Bahnsteig komme, ist es bereits brechend voll. So voll, wie sonst zu Beginn der Sommerferien. Man sieht, dass die Bahnsteige zu klein geplant wurden. Wenn die Überfüllung der Bahnsteige ein Argument für die Ablösung des Bahnhof Zoo gewesen sein soll, dann wird auch dieser Bahnhof bald abgelöst werden müssen. Im Mittelteil hält im Prinzip keiner der Fahrgäste den Sicherheitsabstand zur Bahnsteigkante ein. Denn die halbiert schlicht den eh knappen Raum noch einmal.

Es ist der erste Tag der Cebit. Es ist nicht nur "Montag", mit dem die Zugchefs sonst lapidar die planmäßige Überfüllung ihrer Züge rechtfertigen.

Der ICE rollt ein. Ich habe Glück, eine Tür hält direkt vor mir. Und nur deshalb bekomme ich einen der wenigen unreservierten Plätze. Ansonsten hätte ich in der 1. Klasse stehen oder auf dem Boden sitzen  müssen! Unfassbar, oder?

Auf dem Rückweg habe ich mehr Glück, da verteilt es sich besser. Ich hoffe, dass die meisten nun auf der Cebit sind und ein Zimmer in der Nähe bekommen haben.

Freitag, 1. März 2013

Start meines Selbstversuchs: Pendeln in der 1. Klasse



"Die harte Zeit zwischen Twentours und Seniorenpass", das Stoppokvideo bei den Ruhrbaronen heute passt wie die Faust aufs Auge.

Heute hat mein Selbstversuch bei der Bahn begonnen: Nach all dem Fluchen über überfüllte oder verspätete ICEs gab es nur wenige Alternativen: Ich wechsle den Job (schwierig als Berliner), ich fahr mit dem Auto (unfair: die Autoroute ist 50km als die Strecke der Bahn) oder ich flüchte nach vorne - in die 1. Klasse.

Hin und her überlegt. Am Ende aber doch getan.

Heute morgen ging es los. Um 6.30h war ich am Bahnsteig 14 am Berliner Hauptbahnhof. Da wo die 1. Klasse halten wird stehen nur wenige. Einer von ihnen ist ein früherer und neuer Kollege. Er hatte zu seinem Wechsel nach WOB gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Ich dagegen hatte meine angebrochene Bahncard 100 für die 2. Kl. abgekauft.

Ein völlig neues Gefühl: Kein bullenmäßiges Gedränge am Einstieg. Die Waggons: Fast leer. Wir können uns den Platz aussuchen. Danach: Beinfreiheit ohne Ende. Und Personal mit Stil, das habe ich noch nie hier gesehen. Ist das der gleiche Zug? Noch während ich staune kommt eine andere Zugbegleiterin und bietet mir eine Tageszeitung an.

Der Zug rollt an. Ich genieße es. Sitze am Fenster, schaue raus. Keine körperlich stressende Enge durch einen Nebenmann. Keine Fülle. Es ist leer und luftig und frei.

Ich packe meinen kindle fire aus, den ich mir für die neue Bahnzeit gekauft hatte. Endlich komme ich mal wieder dazu, ein Buch zu lesen. Oder mehrere quer. Oder Schach zu spielen oder einen Film zu gucken.

Nach Spandau kommt die Zugbegleiterin wieder und fragt mich, ob ich einen Getränkewunsch habe.. Ja doch, schmeichelt mir und schmiert mir Honig um den Bart. Ist das das gleiche Unternehmen, dass sich seit Jahren verfluche, mit denen ich Emails wechsle, und gegen das ich Petitionen einreiche? Das hatte ich doch schon mal gefragt, als wir damals mit dem Schlafwagen in den Skiurlaub gefahren sind. Die können wirklich auch anders. Warum nur sind die so Schei*e in der 2. Klasse?

Die Zugfahrt in der 1. Kl. ist so angenehm, dass ich eine Verspätung nicht übel nehmen würde. Selbst im Bahnhof würde ich warten, denn auch die Lounge hat noch einen Extrabereich für Kunden wie mich ;-) (Doch leider nur in Berlin, in WOB muss das dringend nachgeholt werden.)

Schon sind wir in der Anfahrt auf Wolfsburg. Wir bremsen. Wir hier lassen uns Zeit, denn hier stehen keine Passagiere schon in Oebisfelde auf, um als erste an der Tür zu sein. Um zum Taxis oder sonst wohin zu spurten.

Wir stehen, die Tür geht auf. Wir sind da. Leider!

Gestern noch fragte mich noch ein Kollege, ob ich Krösus sei. Er höre das jetzt immer öfter, dass Kollegen in die 1. Kl. wechseln. Ich habe natürlich auch hin und her gerechnet, weil ich es eigentlich nicht einsehe. Aber umgerechnet kostet mich der Zuschlag nur so viel wie täglich 2 Reservierungen für die 2, Kl.. Ok, dafür habe ich nur eine Streckenkarte, keine Bahncard100 mehr. Aber mehr brauche ich auch nicht. Als Obulus gab mir die Bahn noch eine Bahncard25 für die 1. Kl. dazu. Aber ich glaube nicht, dass ich die mal nutzen werde.

Sonntag, 17. Februar 2013

Grube gibt Missmanagement zu - indirekt

Über Äußerungen von Bahnvorständen kann man eigentlich nur noch müde lächeln. Hätten sie nicht so einen gravierenden Einfluss auf den Alltag von Millionen von Pendlern, müsste man sie nicht ernst nehmen. Die Alphamänner im Bahntower am Potsdamer Platz üben schlicht Macht aus. Über ihre Mitarbeiter, ihre Zulieferer und Politiker, die von einer Anschlusskarriere im Beirat der Bahn träumen. Und ihre Kunden:

S21
Stuttgart21 wird nicht kommen. Das lese ich aus der Kommunikation der Vorstände. Als es noch Prestige versprach, saß Rüdiger Grube bei #S21 immer vorne. Inzwischen schickt er nur noch Volker Kefer vor, den Vorstand fürs Netz. Der Bahnvorstand wird einen Rückzieher machen müssen und in Stuttgart einen halb abgerissenen Bahnhof hinterlassen. Dann sieht es in der Stuttgarter City bald so ähnlich aus wie am Anhalter Bf. in Kreuzberg. Auf Youtube passend dazu das Beweismaterial, Interviews und Ausschussauftritte des -Entschuldigung- Kotzbrockens Mappus und der Paten aus dem Bahnvorstand. Ramsauer wird versuchen die Hängepartie über die Mehrkostenübernahme bis zum 22. September auszudehnen.

Winterchaos
Aber auch der tägliche Wahnsinn im Fernverkehr wird weitergehen. In der Osnabrücker Zeitung brüstete sich Grube Mitte Januar damit, der reibungslose Ablauf des Weihnachtsverkehrs habe gezeigt, dass seine Vorbereitungsmaßnahmen für den Winter gegriffen hätten. Leider hakt der Interviewer nicht nach, denn Weihnachten 2012 hatten wir deutliche Plusgrade (Link). Es sind diese Halbwahrheiten und Irreführungen, um nicht zu sagen: Lügen, mit denen sich der Bahnvorstand immer rausreden kann, weil die, die ihm auf den Zahn füllen wollen, nur halb informiert sind. Als im Januar die Temperaturen dann in den Eiskeller gingen, kamen die Ausfälle von Zügen, Weichen und Stellwerken wie eh und je. Grube hat absolut nichts verbessert.

Zulieferer
Besonders dreist: Während er in den Medien behauptet, er habe die Bahnwelt wieder in Ordnung gebracht, gibt er das Gegenteil weiterhin zu, indem er seine Zulieferer zum Sündenbock seines Missmanagements macht. Siemens und Bombardier seien verantwortlich, deshalb führt er jetzt sogar Klage gegen sie.
Damit fordert er eigentlich uns Bahnkunden auf, selbiges mit ihm zu machen. Denn warum sonst hätte die Bahn Grund zu klagen, wenn nicht auch wir mit Schadensersatzforderungen gegen sie vorgehen würde? Wir sind es, die die Schlechtleistungen von Rüdiger Grube, Ulrich Homburg und Volker Kefer täglich hinnehmen. Und wenn wir die Stimme erheben - im Zug, am Infoschalter- dann hören wir altpreussischen Kasernenton. Es ist deshalb wichtig, gegen die Bahn auf verschiedenen Wege immer wieder vorzugehen. Reklamationen, Beschwerden, Petitionen,.. wo immer es sich anbietet.

Donnerstag, 31. Januar 2013

Ramsauer und Grube stoppen EU Initiative für alternative Bahnanbieter

An was werden wir uns erinnern, wenn Ramsauer kein Verkehrsminister mehr ist?
- Bekenntnisse GEGEN die PKW-Maut in der ADAC Motorwelt, Forderungen FÜR sie auf CSU Parteitagen.
- Dilettantische Wahrnehmung von Pflichten in Aufsichtsräten und Infrastrukturprojekten. Z. B. #BER und Netzanbindung Offshore Windkraft.
- Protektionismus der Deutschen Bahn gegen Wettbewerb und Kundenrechte.
- Unkenntnis der Gesetzeslage der Eisenbahnverordnung.

Neuestes Beispiel: Die EU Kommission will den Wettbewerb auf der Schiene verbessern und strebt eine Trennung von Netz und Verkehr an. Dies würde normalerweise zu einer Zerschlagung der alten Monopolisten führen, worauf mit Sturmläufen von Bahnvorständen und Ministerien zu rechnen wäre.

Denn in Deutschland ist es so: Alles was mit Netzen zu tun hat, erweckt zunächst den Anschein "natürlicher" Monopole. Denn bei allem Wettbewerbsreiz, neue parallele Netze zu verlegen hat fast in keiner Branche Sinn. Denn meist geht es nur um eine Neuverteilung bestehender Nutzung, zumindest zunächst. Sinken die Preise tatsächlich, ohne dass die Qualität zu stark sinkt, dann zieht das Netz Verkehr aus anderen Sparten an. Also braucht es zuallererst einen ausgeklügelten gesetzlichen Rahmen, der ohne unangenehme Nebenwirkungen für mehr Wettbewerb zugunsten -und nicht zulasten- der Kunden sorgt.

Deutsche Regierungen gehen aber so vor: Zuerst wird mal liberalisiert. Formale Umwandlung der Behörde in eine AG, Inthronisierung eines -natürlich vergrößerten- Vorstandes, rekrutiert aus dem Kader, für den der DAX keine Anschlussverwendung mehr hat. Vergütungsanpassung an "internationales Niveau". Also beim Vorstand, nicht bei den Leistenden.

Und natürlich: Ab sofort freie Hand bei der Preisgestaltung.

Der Vorstand spielt dann fortan "nationaler Champion" mit "Wachstumsstrategie". Und bei der Bahn zusätzlich mit Börsenphantasie. Die Bahn soll jetzt "ein ganz normales Unternehmen werden", was auch immer Politiker, die die Wirtschaft nur vom Hörensagen kennen, darunter verstehen.

Ab jetzt wird der Gewinn gesteigert, um den Zuschussbedarf aus Steuermitteln zu reduzieren. Bravo! Dazu müssen die Preise erhöht und die Qualität gesenkt werden. Bei der Bahn: Streckung oder Streichung von Wartungsintervallen. Reduzierung von Strecken und Parallelgleisen (spart Kosten UND nimmt dem späteren Wettbewerb Ressourcen!). Abbau von Personal mit Kundenkontakt und Ersatz durch unverständliche Sprachcomputer, die alle durcheinander reden, und zwar bevorzugt, wenn gerade Züge einfahren - so wie am Hauptbahnhof Berlin.

Die Gewinne investiert der Bahnvorstand dann nicht in Service und Qualität. Sondern in Beteiligungen an ausländischen Fernbussen und Schiffen. Oder -wie die Ex-McKinsey Berater Zumwinkel und Appelt- in angeschlagene amerikanische Wettbewerber. Doch die Bahn investiert auch in Deutschland. Und zwar in Projekte, die nur dem Prestige ihrer führenden Köpfe dienen, aber keinen Infrastrukturbedarf erfüllen. Milliarden für einen Berliner Hauptbahnhof ohne Anbindung an U-Bahn, S-Bahn oder auch nur Abholerparkplätze. Und natürlich Stuttgart 21.

Bei den Auslandsinvestitionen müsste der Gesetzgeber eingreifen: Solange der Ex-Monopolist noch ein Quasimonopol genießt, müssten ihm Investitionen in Beteiligungen -zumindest im Ausland- verboten sein. Denn das Unternehmen hat den Zweck, einen Kundenbedarf zu erfüllen. Der Wettbewerb soll den Kundennutzen steigern, nicht die Bonusausschüttungen. Doch die Bahn steigert nicht die Qualität, sondern die Preise. Und wenn der Winter kommt, fallen ihre Züge jedes Jahr reihenweise aus. Da sind die Kasperletheatersprüche "Sind so gut vorbereitet wie noch nie!" schon vergessen. Ein himmelschreiender Misstand, der dem Verkehrsminister und dem Bahnvorstand aber nur ein Achselzucken abringt.

Doch der Bahnvorstand hat seinen Aufsichtsrat gut im Griff. Er lockt die Regierung mit Dividenden und die Regierenden mit attraktiven Posten nach deren Regentschaft. Landes- und Kommunalpolitiker bringt der Konzern noch lautloser unter. Und meistens zeigen die sich anschließend sehr dankbar.

Gestern war zu lesen, dass die EU-Kommission den Wettbewerb auf der Schiene endlich in Gang bringen will. Mit einer Trennung der Geschäftsbereiche Netz und Verkehr. Das würde das Monopol der Deutschen Bahn aufbrechen, der Netzgesellschaft die Möglichkeit nehmen, von Wettbewerb überhöhte Nutzungsgebühren zu kassieren, um sie draußen zu halten.

Bahnvorstand und Verkehrsminister hakten sich sogleich unter. Das sei unnötig, weil auf den deutschen Schienen bereits Wettbewerb herrsche (Link: ZEIT). Die Bahn habe immerhin "370 Konkurrenten im Güter- und Personenverkehr". Ein Vergleich, der an frühere Argumente von VEBA und RWE erinnert, die immer die tausenden Stadtwerke erwähnten, wenn jemand mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt forderte.

Und jetzt kommt's: Als Kompromiss bietet das Haus Ramsauer an, bestehenden monopolfördernde n Holdingstrukturen (Anm.: wie bei der Deutschen Bahn) Bestandsschutz zu garantieren, aber neue Holdings dieser Art zu verbieten.

Das hat gewirkt: Einen Tag später verkündet der EU- Kommissar (dessen Namen ich nach diesem Einknicken für nicht mehr erwähnenswert halte), die Aufspaltung der Deutschen -und anderen europäischen- Bahn sei vom Tisch. Der Konzern müsse aber "chinesische Mauern" -also mehr Bürokratie- einführen. (Link: FAZ)

Doch nicht einmal diesen Triumph feiern Ramsauer und seine Spezis. Nein, sie wollen überhaupt keinen Schritt in Richtung getrennter Geschäftsbereiche akzeptieren.

Eine große Chance ist vertan. Wir werden auf ICEs weiterhin uninformiert warten und uns mit Stehplätzen und Sitzplätzen auf dem Fußboden bescheiden. So sind wir ja auch erzogen. Wer sich dagegen auflehnt, wird als Wutbürger denunziert. Und damit wir nicht zurück ins Auto flüchten, dafür plant Ramsauer ja die PKW Maut.

Samstag, 26. Januar 2013

Annahme verweigert: ePetition "Sitzplatzanspruch im Eisenbahn Fernverkehr"

Im Dezember hatte ich eine ePetition zur Änderung der Eisenbahnverordnung eingereicht.

Ziel: 
Änderung der Eisenbahnverordnung zur Verankerung eines Sitzplatzanspruchs in ICEs.

Auslöser:
Das Flottenmanagement des Fernverkehrs der Deutschen Bahn unter Verantwortung von Ulrich Homburg konfiguriert die ICEs auf der Strecke Berlin-Köln/Düsseldorf so, dass die Wagen der 2. Klasse chronisch überfüllt sind während die Wagen der 1. Kl. so gut wie leer bleiben. Auf dieser Strecke sind alltäglich viele Berufspendler unterwegs, die auf diese Weise offenbar zum Wechsel in die 1. Kl. bewegt werden sollen. Eine teure Maßnahme. Denn während die Bahncard 100 für die 2. Kl. gerade auf 4.090 EUR verteuert wurde, kostet die BC100 für die 1. Kl. fast 6.900 EUR. Mehrkosten, die man nicht in der Steuererklärung geltend machen kann.

Viel billiger wäre es, wenn die Bahn in beiden Zughälften jeweils einen Wagen der 1. Kl. gegen einen 2. Kl. austauschen würde.

Da die Bahn das nicht freiwillig tun wird, wollte ich hier einen gesetzlichen Hebel ansetzen: Einen Sitzplatzanspruch für Kunden des Fernverkehrs.

Ergebnis:
Diese Woche bekam ich den Bescheid vom Petitionsausschuss: Frau Oberamtsrätin Oltmann schreibt, dass die Annahme der Petition nach Konsultation des Verkehrsministeriums abgelehnt wurde.

Die Begründung ist interessant: Auf die Eisenbahnverkehrsordnung wird nicht eingegangen, stattdessen auf die "privatrechtlich organisierte" AG verwiesen. Damit einhergehend seien Fragen des Sitzplatzanspruchs Sache des Unternehmens. Eingriffe staatlicherseits verbiete das Aktienrecht.

Widerspruch:
Ein Widerspruch: Denn die EVO greift auch in die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn ein, indem sie ihren Kunden einen Sitzplatzanspruch ausdrücklich verwehrt (§13).

Ein weiterer Widerspruch: Die EVO steht sogar -als Abdruck, also: nicht in Hoheit der DB- im Anhang der AGB der Deutschen Bahn AG.

Entweder kennen Ramsauers Leute die EVO nicht, oder sie haben jetzt unbeabsichtigt einen bestehenden Widerspruch aufgedeckt. Es liegt auch nahe, dass das Ministerium die Deutsche Bahn gedanklich unter "privatisiert" abgelegt hat und mich für einen Nörgler oder Eisenbahnromantiker hält.

Die Ablehnung der Petition ist also falsch. Ich werde der Sache nachgehen und hier berichten. Ich sehe nicht ein, dass ich täglich zwei Stunden im ICE stehen muss.



Dienstag, 22. Januar 2013

Grube: "Wir sind deutlich besser auf den Winter vorbereitet"

Quelle: WELT

Bahnchef Grube tönte im Herbst 2012:
Wir sind deutlich besser auf den Winter vorbereitet als vor zwei Jahren.
und
Wir sind zunehmend besser vorbereitet. Nicht zuletzt haben wir auch sehr viel in eine besseren Prävention investiert.
Dies sagte er zur Abmilderung seiner zeitgleich angekündigten Preiserhöhung, die er mit gestiegenen Energiekosten begründete.

Dass die Begründung für die Preiserhöhung eine bewusste Unwahrheit, also eine Lüge, war, war schnell herauszufinden. Die Bahn bezieht ihren Strom nicht teurer, weil sie von den EEG bedingten Preiserhöhungen ausgenommen ist.

Dass die angeblich bessere Vorbereitung auf den Winter auch eine bewusste Unwahrheit ist, erlebe ich seit Tagen. Der Winter war bis vorige Woche eher mild, da gab es keine Verspätungen. Doch seit einigen Tagen: Verspätungen von 45, 80, 120 oder wie heute "auf unbestimmte Zeit" sind am Bahnhof WOB wieder an der Tagesordnung.

Besonders dreist: Die Betriebsleitung in Hannover könnte die ICEs, die normalerweise in Wolfsburg nicht halten, außerplanmäßig halten lassen. Doch nichts da. Mit hohem Tempo rauschen sie an den überfüllten Bahnsteigen vorbei und nebeln die getäuschten Kunden mit Flugschnee ein. Meine Anfrage im Bahn Reisezentrum WOB führte zu nichts: "Ich verkaufe hier nur Fahrkarten, das ist meine Aufgabe." - Ich: "Aber irgendwer muss dafür verantwortlich sein. Ich will, dass die ICEs, die hier vorbei kommen hier halten." - "Das entscheidet die Betriebsleitung in Hannover. Hier haben Sie eine Visitenkarte." Mit einer 01805er Nummer. Anruf. Sprachcomputer. Dann eine Menschenstimme. Nein, sie könne überhaupt nichts machen, sie könne nur mein Lob oder Kritik aufnehmen.

Der blanke Hohn. Das ganze unseriöse Unternehmen.

Samstag, 15. Dezember 2012

Petition für eine Reform des §13, Eisenbahnverkehrsordnung

Viele Fernverbindungen der Deutschen Bahn sind chronisch überfüllt. Ich fahre das ganze Jahr über immer die gleiche Strecke Berlin - Wolfsburg, zu verschiedenen Uhrzeiten. Mit ICE und IC. Meine Erfahrung: Egal, wann man fährt, die Züge sind -man muss sagen: planmäßig- überfüllt. Das gilt zumindest für die 2. Kl. Wer beim Einstieg nicht dreist genug gedrängelt hat, hat meist keine Chance auf einen Sitzplatz. Reiseprofis bleiben beim Einstieg meist an der Tür stehen und setzen sich hier, wo man niemandem im Weg sitzt, auf den Boden. Allerdings ist das im Winter das Abo für permanente Erkältungen.

Nicht selten habe ich Zugchefs gefragt, ob ich mich kulanterweise in die 1. Kl. setzen kann. Denn dort sind immer reichlich freie Plätze vorhanden. Antwort der meisten männlichen Zugchefs: Nein, darauf habe ich keinen Anspruch. Antwort von ca. jeder zweiten Zugchefin: Ja, aber behalten Sie es für sich.

Als Bahncard100 Nutzer ist man Stammkunde. Von jedem anderen Unternehmen ist man es gewohnt, einen Ausgleich zu bekommen, wenn die Lieferung oder Leistung schlecht ist. Die Bahn hingegen blockt hart ab. Mit Verweis auf die Gesetzeslage. Die genaue Stelle konnte mir aber nie jemand nennen. Erst neulich auf Twitter machte mich ein früherer Kollege auf die Stelle aufmerksam:

In der 1938 von Nazis verfassten, sog. Eisenbahn-Verkehrsordnung EVO (Quelle) heißt es:

§ 13 Unterbringung der Reisenden 
(1) Der Reisende hat Anspruch auf Beförderung in der Klasse, auf die sein Fahrausweis lautet. Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder aufUnterbringung in der 1. Klasse bei Platzmangel in der 2. Klasse besteht nicht. Der Tarif kann Ausnahmen zulassen. Das Eisenbahnpersonal ist berechtigt, den Reisenden Plätze anzuweisen. Auf Verlangen der Reisenden ist es verpflichtet, für deren Unterbringung zu sorgen. 
(2) Der Reisende hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er keinen Sitzplatz findet und ihm keiner angewiesen werden kann.

Dieser Paragraph bewirkt zweierlei:
1.) Überlegung = Reiner Profit
Er gibt dem Bahn Management einen Freifahrtschein bei der Kapazitätsplanung. So wie auf der Strecke  Berlin - Hannover nachgewiesenermaßen kann die Bahn überall mit Unterdeckung arbeiten. Sie verkauft mehr Fahrkarten als Plätze vorhanden sind - und zwar wissentlich, denn ihre Informationstechnik gibt das längst her. Zu den 70 Sitzplätzen eines ICE Großraumwagens kommen auf der Strecke Berlin - Hannover zwischen 5 und -zu Spitzenzeiten gezählt: 20 stehende Fahrgäste. Diese 7 bis 28% zusätzlicher Umsatz wirken für die Bahn als reiner Profit, weil ihnen keine Kosten für Kapazitäten entgegenstehen. Kein Wunder, dass die Bahn glänzende Geschäftszahlen meldet.

2.) Steigende Reservierungskosten
Es ist die Grundlage für das Geschäftsmodell mit Reservierungen. Anfangs gab es sie für Onlinekunden gratis, inzwischen nimmt die Bahn sage und schreibe 4 EUR für eine Platzreservierung in der 2. Kl. - pro Strecke.

Der §13 gehört abgeschafft oder stark überarbeitet. Er muss so umformuliert werden, dass die Bahn einen Malus erfährt, wenn sie ICEs und ICs planmäßig überfüllt, bzw. mit Unterkapazitäten arbeitet. Es muss ausnahmsweise erlaubt sein, nicht allen Fahrgästen einen Sitzplatz anbieten zu können. Die Sitzplatzreservierung muss im Preis begrenzt werden, mindestens halbiert werden und nur die Funktion erfüllen, zwischen Fenster und Gang sowie Großraum und Abteil wählen zu können, solange möglich.
Ferner muss der Fahrgast einen Entschädigungsanspruch haben, wenn er keinen Sitzplatz in seiner Wagenklasse findet. Mindestens muss ihm ein Sitzplatz in der 1. Kl. angeboten werden.

Nur so kann man Druck auf das Bahnmanagement aufbauen, für nachfragegemäße Kapazitäten zu sorgen.

Neuvorschlag für den §13:

§ 13 Unterbringung der Reisenden 
(1) Der Reisende hat Anspruch auf Beförderung in der Klasse, auf die sein Fahrausweis lautet. Der Reisende hat grundsätzlich einen Anspruch auf einen Sitzplatz in der Wagenklasse seines Fahrausweises. Bei Überbelegung der 2. Klasse muss ihm das Eisenbahnpersonal ohne Mehrkosten einen Sitzplatz in der 1. Klasse anbieten.Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder auf Unterbringung in der 1. Klasse bei Platzmangel in der 2. Klasse besteht nicht. Der Tarif kann Ausnahmen zulassen. Das Eisenbahnpersonal ist berechtigt, den Reisenden Plätze anzuweisen. Auf Verlangen der Reisenden ist es verpflichtet, für deren Unterbringung zu sorgen. 
(2) Der Reisende hat einen Anspruch auf Entschädigung, wenn er keinen Sitzplatz findet und ihm weder in der 1. Klasse noch der 2. Klasse einer angewiesen werden kann.
Diesen Vorschlag habe ich als e-Petition an den Bundestag eingebracht. Derzeit wird sie geprüft und ich hoffe, in kürze veröffentlicht.

UPDATE 19.12.2012
Auf Twitter bekam ich von @Elektronews den Hinweis, dass die EVO von den Nazis in Kraft erlassen wurde. Deshalb atmet sie auch diesen Geist, der den Fahrgast der Bahn zu einem fast rechtlosen Untertan macht. Beförderungsbedingungen von Bahnen regelt der Bund auch heute noch an den sonst gültigen Verbraucherrechten vorbei. Interessanter Hintergrundartikel bei Der-Fahrgast.de (Pro- Bahn): Link

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Wie man die Bahnfahrt übersteht

Buch Lesen? - Zu anstrengend.
Zeitung lesen? - Geht.
Musik hören? - Nervt die anderen.
Podcasts hören? - Geht am besten.

Das Angebot an Podcasts ist breiter als das Zeitungsangebot. Man kann sich auf dem Laufenden halten. Tagesaktuell oder mal eine Hintergrundstory. Ich staune oft, wie viel Qualität z.B. in Hintergrundberichten vom Dradio steckt. Das erspart mir viel Zeitungslektüre und natürlich die Abendnachrichten im Fernsehen.

Aber auch Entspannen kann man mit Podcasts sehr gut. Z.B. Kabarett vom WDR: Die "Zugabe" habe ich inzwischen abonniert. Der Tip kam von jemanden, dem ich auf Twitter folge.

Ich habe auch Musik auf meinem iPod. Aber meist vertue ich mich mit der Einschätzung, welche Musik ich morgen hören will. Was nicht mehr funktioniert: Der Glaube, dass ich mich mit Musik gezielt in eine bestimmte Stimmung oder Motivation versetzen kann. Das gelingt nur selten. Meistens ist es umgekehrt: Ich suche Musik passend zu meiner Stimmung. Und ich kann Minuten damit verbringen, mich zu einem bestimmten Song durchzuklicken. Da ist der Fußweg vom Bahnhof zum Bus oft schon erledigt.

Lesen bietet sich auf den ersten Blick am meisten an: Addiert man die Stunden, die man jährlich im Zug verbringt, meint man, locker nebenbei ein Fernstudium absolvieren zu können. Aber meistens bin ich dazu zu müde. Lesen, um etwas zu lernen und zu behalten, erfordert Aufmerksamkeit und Energie. Als Pendler muss man genau damit mehr haushalten als andere. Deshalb lese ich, wenn, nur Sachen, die mich genau jetzt interessieren oder zerstreuen und entspannen.



Dienstag, 4. Dezember 2012

Was Berlin-Wolfsburg-Pendler so mitmachen

Ich mache es seit sechs Jahren. Früher nur zwei oder drei Tage die Woche. Seit einigen Monaten täglich. Und ich muss sagen: Es wird schwieriger. Meine Güte, sind wir alle tapfer. "Wir", das sind inzwischen einige hundert Berliner, die täglich mit der BahnCard100 zur Arbeit nach WOB pendeln.

Doch das Pendeln mit der Deutschen Bahn bedeutet echte Einbuße von Lebensqualität:

1. Tägliche, planmäßige Überfüllung
Mit Glück bekommt man einen Sitzplatz auf dem Boden an der ICE-Tür (wenn man nicht täglich 8 EURO für Reservierungen ausgeben will).

Die Gründe für die Überfüllung auf dieser Strecke: Die Wagenkonfiguration. Vorne werden leere 1. Klasse Waggons mitgeführt. Hinten gibt es zu wenig 2. Klasse Waggons. Wir hätten alle mühelos Platz, wenn die Bahn ihre ICEs nach der tatsächlichen Nachfrage konfigurieren würde. Aber sie schlägt viel lieber Kapital aus der Verknappung: Die Nachfrage nach Reservierungen treibt deren Preise. Als das Onlineticket eingeführt wurde, kostete die Reservierung nichts. Dann nahmen Mehdorn und Homburg 2,50 EUR pro Strecke. inzwischen sind sie bei sage und schreibe 4 EUR (8 DM!) angelangt.
Der zweite Grund für die Überfüllung der ICEs zwischen Berlin und Wolfsburg gilt für jeden zweiten ICE auf dieser Strecke: Ins Rheinland bindet die Bahn zwei Teil-ICEs aneinander, die sie in Hamm teilt. Auf der gesamten Zuglänge werden damit 1 Speisewagen und 2 Triebwagen mehr eingesetzt. Würde die Bahn die Strecken Richtung Köln und Düsseldorf mit eigenen, kompletten Zügen fahren, könnten diese also 3 Waggons der 2. Klasse mehr mitführen. Den Bedarf für einen zusätzlichen Zug gibt es locker.

Inzwischen weiß ich mehr über die Prozesse des Fernverkehrs der Bahn als die in Wolfsburg. Verantwortlich für die Zugkonfiguration ist das Flottenmanagement in Frankfurt. Angeblich erfolgt es auf Basis der Verkaufszahlen und der Meldungen der Zugchefs über die tatsächliche Aus- bzw. Überlastung entlang der Strecke. Aber Anpassungen an den tatsächlichen Bedarf dauern, weil das Eisenbahnbundesamt die Betriebserlaubnis für einen ICE angeblich immer nur für eine Konfiguration erteilt. Mal eben die Kapazitäten an den Bedarf anzupassen, das geht so nicht..

Gestern habe ich mal gezählt: Pro Waggon waren es 15 bis 20 Leute, die auf dem Boden saßen. 70 SItzplätze hat so ein Waggon. Die fast 130% ige Auslastung beschert dem Bahnvorstand Ulrich Homburg einen satten Profit (und Bonus?).

2. Verspätungen
Das zweite Ärgernis für Pendler sind die fast täglichen Verspätungen. In letzter Zeit gehen diese auch schon mal in mehrere Stunden, z.B. wenn eine Oberleitung abgerissen wird oder das Stellwerk in Spandau wegen Stromausfall ausfällt. Und wie immer gibt es dann nicht nur keine Leistung, sondern auch keine Information.

Verspätungen, über die im Internet nicht informiert wird, sind in beiden Richtungen ärgerlich: Morgens hätte man sich zu Hause etwas mehr Zeit lassen können. Man verbringt diese dann auf dem unwirtlichen Hauptbahnhof Berlin. Hier wird mit Bänken gegeizt und die Lounge für Bahncardkunden ist inzwischen auch überfüllt. Und zum Feierabend hätte man die Zeit, die man auf dem Bahnsteig verbringt, lieber im Büro als produktive Arbeitszeit verbracht.

So summieren sich an 200 Arbeitstagen im Jahr locker 100 x 20 Minuten = 2.000 Minuten = 33,3 Stunden allein an unbezahlter Doofzeit auf Bahnsteigen. Rechnet man die Stunden hinzu, in denen man wegen Überfüllung des Zuges nicht an seinem Rechner arbeiten kann... kommt man zu dem Schluss: Das lohnt sich nicht.

3. Schlafmangel und Krankheiten
Dazu kommen körperliche Belastungen wie Hitze und Kälte wegen nicht funktionierender Heizungen und Klimaanlagen. Und bei Erkältungswellen sorgen die geschlossenen, durchströmten Abteile wie Ansteckungsgarantien.

Oder der Schlafmangel. Seitdem ich täglich pendle mache ich zum ersten Mal seit Jahren wieder die Erfahrung, unausgeschlafen auf der Arbeit zu sein. Das hat nun nichts mit der Bahn zu tun, sondern mit der Reisezeit. Steht man als Berliner vor der Entscheidung, ein Jobangebot in Wolfsburg anzunehmen, neigt man dazu, sich die Reisezeit schön zu rechnen. Man stellt hauptsächlich die Zeit auf dem Gleis in Rechnung, die nominell (ohne Verspätung) ca. 1h beträgt. "Die ist mancher ja sogar innerhalb von Berlin unterwegs." habe ich schon oft gehört.

Die ICE's fahren ab Berlin Hbf um 06:31 (Ankunft WOB 07:38h) und 07:48h (Ankunft 08:54h). Zurück fährt man um 16:18h oder 17:05h. Dazwischen fahren ein paar IC's. Für den IC sprechen die bequemeren Sitze und manchmal sind sie leerer als die ICE's. Dagegen sprechen die längere Fahrtzeit und die Tatsache, dass man hier nicht gut auf dem Boden sitzen kann. Der Grund hierfür sind die Schiebetüren zwischen den Waggons, die nicht über eine innere Schiene laufen, sondern innen.

4. Shuttlebusse ins Werk
Aber hinzu kommt: Die Anreise zum Hbf Berlin beträgt mindestens 15 Minuten, locker auch 30. Dazu kommt die Busfahrt vom Bhf WOB ins Werk. Und die dauert locker nochmal 20 Minuten zwischen Ankunft am Bhf und der Haltestelle, an der man aussteigt. Immerhin hat die Taskforce-Verkehr (Link) inzwischen werksinterne Shuttlebusse organisiert. Man läuft entlang des Kanals über Tor 17 ins Werk. Die große Schleife über Tor Ost überspringt man so.

So kommt man auf eine Reisezeit pro Richtung von fast 2h. 4 Stunden Reisen für 7, 8 oder 9 Stunden Arbeit, das ist ein schlechter Wirkungsgrad. Ich kann sagen: Das macht sich körperlich bemerkbar. Und seelisch: Man lebt eigentlich nur noch am Wochenende in Berlin, weil man unter der Woche überhaupt nichts mehr erledigt bekommt.



Warum tue ich es trotzdem? Weil das Paket ansonsten stimmt: Das Lohnniveau ist außerhalb des von desindustrialisierten Berlins höher, die Arbeit ist interessant und die Kollegen sehr in Ordnung. Ich kann als Ingenieur in Berlin nur schwer einen solchen Job finden, das weiß ich inzwischen.

Allerdings sollte ich mir mein Gehalt mal auf einen Bruttostundensatz inkl. Reisezeiten umrechnen. Aber das traue ich mich noch nicht..

Montag, 19. März 2012

H- (WOB) - B: Warum die Bahn durch Wolfsburg rauscht

Tja. Am Anfang dachte ich in WOB immer nur, was alle Pendler dachten: Augen zu und ab zum Werk, arbeiten, Augen zu und zurück zum Bahnhof. Inzwischen aber hat der Wolfsburger Bahnhof fast Kultstatus. Immer mehr fangen an, ihn zu mögen. Und auch die Stadt, jedenfalls in Nähe des Bahnhofs. Wolfsburg gibt sich alle Mühe, immer besser auszusehen. Zwischen Bahnhof und Mittellandkanal kann man inzwischen sogar spazieren gehen, direkt am Wasser.

Nur wie der Geschäftsbereich Traktion seine Kunden behandelt, das geht immer noch auf keine Kuhhaut:

Montag, 3. Oktober 2011

An Wolfsburg ist nicht alles schlecht ;-)

Diesen Sommer wurde der Wolfsburger Bahnhof gerade ausgebaut. Er bekam einen zweiten Ausgang, zur Kanalseite. Da kann man schön sitzen und aufs Kraftwerk gucken, während man auf seinen verspäteten ICE nach Berlin wartet.. Auch in der Autostadt auf der gegenüber liegenden Kanalseite kann man -zumindest im Sommer- schöner warten. Dazu läuft man an den Outletboutiqen vorbei über die Kanalbrücke.

Der Punkt mit den vergessenen ICE-Halten ist wahrscheinlich: Laut Fahrplan hält nur jeder zweite in Wolfsburg. Da kann ein Lokführer schon mal durcheinander kommen. Jeder zweite donnert durch. Jeder zweite hält.

Wer also seinen ICE nur vorbei rauschen sieht, geht am besten in die Autostadt. Autos gucken, eine Currywurst essen. Die VW-Currywurst ist ja so berühmt, dass sie sogar im Berliner Edeka verkauft wird..




Dienstag, 26. Juli 2011

Ein paar Zahlen zum Stromliefervertrag zw. RWE und Deutsche Bahn

Welche Bedeutung hat der kürzlich veröffentlichte Stromliefervertrag zwischen RWE und Deutsche Bahn. der rein mit aus Wasserkraft erzeugtem Strom erfüllt werden soll?

Von RWE veröffentlichte Zahlen zum Liefervertrag mit der Deutschen Bahn und ihren Wasserkraftwerkskapazitäten:

RWE-DB Liefervertrag
Jährliche Energielieferung: 900 GWh (Gigawattstunden) = 900 Mio kWh
Quelle: RWE AG


RWE Wasserkraftkapazitäten
In Deutschland: 1,4 Mrd kWh
Davon Laufwasserkraftwerke an Flüssen:
Mosel: 800 Mio kWh (bei 200 MW Leistung)
Ruhr: 62 Mio kWh (bei 20 MW Leistung)
Rur (Eiffel): 58 Mio kWh (bei 30 MW Leistung)
Saar: 154 Mio kWh
Sieg: 5 Mio kWh
RADAG (Hochrhein):
180 Mio kWh (bei 24 MW Leistung)
Summe: 1259 Mio kWh (1259 GWh, Die Abweichung zu obiger Zahl entsteht durch Schwankungen)) bei 274 MW mittlerer Leistung
Quelle: RWE Innogy


Erzeugungsstruktur der Bahn heute:
Wasserkraft: 1,1 TWh (1100 GWh) bei 352 MW Leistung (entspricht 10% des Bedarfs der Bahn)
Gesamt: 11.000 GWh bei 3200 MW Leistung
Quelle: Wikipedia

Ergebnisse:
1. RWE kann den Vertrag mit seiner heutigen Erzeugungsstruktur erfüllen. Dieser Strom fehlt dann natürlich für andere Zuweisungen z.B. Elektroautos. (Aber vielleicht zählt die Bahn ja bald mit zur Elektromobilität.)
2. Die Bahn verdoppelt mit dem RWE-Vertrag ihren Anteil an Strom aus Wasserkraft fast, von 10 auf 20%.

Das ist kein Pappenstiel.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Wir Wolfsburgpendler



Die Berliner Zeitung hat uns Wolfsburgpendlern endlich ein Denkmal gesetzt (Link). Jetzt haben wir es auch schriftlich, dass es nur freundlicherweise geduldet wird, dass wir nicht in der erstaunlichsten Stadt des Universums wohnen, sondern in Berlin. Da es in der Zeitung steht, darf ich nun auch hier darüber schreiben, dass wir Pendler inzwischen einen Draht in die oberste Etage des Bahntowers haben. Und das ist gut so. Denn für uns kommt es schon im Frühjahr wieder ganz dicke. Dann saniert die Bahn die ICE Hochgeschwindigkeitsstrecke. Heisst: 1h täglich mehr im Zug. Heisst: Einspuriger Verkehr. Heisst: Weniger Sicherheit.

Wenn die Termine zu früh lagen, oder zu spät, dann habe ich in Wolfsburg auch schon mal übernachtet. Vor zwei Jahren galt das mal ein halbes Jahr lang. Und weil es in WOB zu wenige Hotels gibt für die vielen Berater, musste ich manchmal in Westhagen absteigen. Hochhaussiedlung, Overnight für Spediteure. Ich lag in meinem angemieteten Jugendzimmer und suchte Zuflucht in meinem iPod.

Als ich '97 nach Essen gezogen war, erzählte mir meine Nachbarin, sie sei auch erst neulich eingezogen. Sie komme aus der einsamsten Stadt, am Ende der Welt. Aus Wolfsburg. Hätte damals nie gedacht, wie gut ich es eines Tages kennenlernen würde.

Im Wolfsburger Werk trifft man keine Wolfsburger. Kaum jemand, der hier arbeitet, wohnt auch hier. Man wohnt entweder in Braunschweig und ist Fan von Hannover 96. Oder man hat sein Häusschen zwischen H und WOB.

Wer das Ruhrgebiet oder Berlin kennt und schätzt, der hatte noch nie was gegen Niedersachsen. Aber auch nicht viel dafür. Ich muss sagen: Die Leute hier sind sympathisch und meistens unkompliziert. Ich hatte vorher schon zwei Konzerne von innen kennengelernt. Doch dies ist der erste, in dem mir bis jetzt keine Allüren entgegengeschlagen sind. (Die schlägt mir eher bei seinen kleinen Tochterunternehmen entgegen.) Vielleicht liegt das daran, dass es bis heute von Ingenieuren dominiert ist. Mit einem Patriarchen an der Spitze.

Wenn wir ehrlich sind, schlägt uns in Berlin viel häufiger Provinzialismus entgegen. Das liegt natürlich an den vielen zu gereisten Provinzlern. Eines der größten Missverständnisse ist, dass es in Kreuzberg-Friedrichshain von unerschrockenen intellektuellen Revolutionären wimmelt. Mitnichten. Hier wird nur kollektiv das ausgelebt und kompensiert, was in Süddeutschland häufig genug in Amokläufen endet: Tief sitzende Ängste sich in Frage gestellt sehender Twentysomethings. In Berlin wertet man die persönliche Krise halt zu einer Angelegenheit der Allgemeinheit auf brabbelt etwas vom Privaten, das nun politisch ist. "Ich will hier wohnen, ich will hier nicht weg." diktiert der Internationalist dem Politblogger ins iPad. Und ansonsten stellt Berlin wenig Ansprüche an sich selbst.

Wer so ist, darf auf Wolfsburg nicht herabschauen. Hier gibt man sich Mühe, das Image der künstlich angelegten Stadt aufzubessern. Hier gibts die Autostadt zu besichtigen, wenn man seinen neuen Wagen abholt. Ansonsten siehts hier aus, wie in den meisten mittelgroßen Städten Deutschlands.

Eine Kombination aus beiden wäre nicht schlecht: Die Steuereinnahmen Wolfsburgs für Berlin. Angeblich -so erfuhr ich am Freitag gerüchtehalber- habe man aus Wolfsburg bzw. Salzburg in Berlin schon mal angeklopft gehabt. Der Senat habe aber desinteressiert abgewunken. Das würde zu dem Umgang passen, den man hier schon beim Thema Elektroautos gezeigt hat: Erst brüske Ablehnung, dann bürgermeisterliche Reklamierung des Themas für die "Hauptstadt", und dann wieder ablassen in die Senke.

Wenn der ICE am Hauptbahnhof Berlin einrollt, wissen die Wolfsburgpendler genau, wo es nicht reservierte Sitzplätze gibt: Im letzten Waggon. Kenner wissen auch, dass die Türen genau an der Fuge auf Höhe der Sitzbank zum Halten kommen. Hier wird gedrängelt, am hinderlichsten sind die Anzugträger mit Rolltasche, Handy und dem Kaffee in der Hand, der ihnen selbst private Gemütlichkeit im öffentlichen Raum und uns anderen urbane Weltgewandtheit suggerieren soll.

Es gibt natürlich nicht nur die, die tatsächlich pendeln. Es gibt auch die, davon leben, dass andere pendeln. Die finden das gar nicht so schlimm und strapaziös. Bzw. sie bieten den Pendlern schon mal großzügig an, doch nach WOB zu ziehen. Doch das will keiner. Dagegen fragt man sich wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass in Deutschland die interessantesten, also wertschöpfenden Jobs in den eher uninteressanten Städten platziert sind? Warum wimmelt es in Berlin von Blender- und Schaumschlägerposten und nur von wenigen Industriejobs?

Doch während ich mich das frage, lese ich in der Morgenpost, dass die Deutsche Telekom und Google in Berlin neue Denkfabriken errichten wollen. In Tegel soll es ein Zentrum für Elektroautos geben. Das sind erlösende Worte.

Während wir darüber diskutieren und mit 250km/h übers Gleis rasen fällt mir noch etwas anderes ein: Ist nicht die Tatsache, dass wir alle mit dem ICE nach WOB pendeln, und dafür auch Reisegenehmigungen bekommen und die Kalkulation ergibt, dass die Bahn wesentlich günstiger ist als die Fahrt mit dem Auto, nicht das stärkste Argument gegen das Produkt, das wir alle da drüben entwickeln - das Auto?

Montag, 6. Dezember 2010

Der Berliner SPD droht 2011 der Machtverlust



Die SPD Berlin scheint nicht mehr zu retten. Im September 2011 sind Wahlen zum Abgeordnetenhaus ("Landtag"). Und über der seit 1990 (mit-)regierende SPD ziehen sich dunkle Wolken zusammen. Sie macht derzeit so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann:

- Ihre Verkehrspolitik hat systematisch alle Verkehrsmittel zum Erliegen gebracht:
Der S-Bahn Verkehr ist mehr oder weniger zusammen gebrochen. Vorige Woche verhinderten eingefrorene Weichen, dass die S-Bahn Züge zur vorgeschriebenen verkürzten Wartung in ihre Werkstätten kamen. Die Weichen froren ein, weil sie ebenfalls immer weniger gewartet wurden oder ohne Heizung ausgestattet sind. Und es immer weniger Betriebspersonal gibt, dass die Weichen hätte von Hand enteisen können. Das muss man sich mal vorstellen: Der eine Geschäftsbereich der Bahn, die DB Netz, verhindert einem anderen GB, dass dieser seinen gesetzlichen Vorschriften nachkommen kann.
Autofahren ist in Berlin eh die Hölle. Straßen in schlechtem Bauzustand und schlecht markiert sind Unfallherde par excellence. Des weiteren drangsaliert der Senat Autofahrer mit Umweltzonen, 30-Zonen und Parkraumbewirtschaftung. Radfahrer fluchen ganzjährig über schlecht geplante Radwege. Beide gemeinsam fluchen über die ständigen Absperrungen der Hauptverkehrsachsen für nichtige Anlässe. Z.B. in Mitte auf der Straße des 17. Juni. Und natürlich über die Baustellencluster, die in Mitte flächendeckend aus dem Boden gesprossen sind.
Die Berliner sind inzwischen ratlos, wie sie morgens zur Arbeit kommen sollen.
Und schließlich wären da noch die Flugrouten-Betroffenen. Zwar handelt es sich hier hauptsächlich um die Vielflieger aus den Villenbezirken Steglitz-Zehlendorf, aber auch die sind Wähler. Und die haben einen Brass auf den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft, der von den Flugrouten nichts gewusst haben will: Klaus Wowereit.

- Vermieter und Eigenheimbewohner werden vom Senat immer mehr gemolken. Erst gab es das Straßenausbaubeitragsgesetz, nachdem Anrainer an den Kosten für Straßenbaumaßnahmen beteiligt werden, für die sie nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden. Als nächstes kommen Zwangsuntersuchungen der Abwasserkanäle, inkl. der Rohre, die der Stadt gehören. Wenn diese undicht sind, muss der Besitzer die Rohre der Stadt auf eigene Kosten sanieren lassen. Und schließlich droht ein Klimagesetz mit hohen Vorgaben für die CO2-Senkung. All diese Kosten sollen Vermieter nicht auf ihre Mieter umlegen können.

- Berlin wird den Jugendschutzmedienstaatsvertrag unterzeichnen und nicht davon abrücken: Begründung: Das ist ein SPD-Gesetz und den Genossen aus RP, die sich in der GEZ so gut auskennen, fallen wir nicht in den Rücken. Einer heutigen Anhörung im Abgeordnetenhaus blieb die SPD-Fraktion vorsichtshalber mal komplett fern.

- Bei der Wirtschaftspolitik befindet sich die SPD seit 20 Jahren in einer Findungsphase. Voriges Jahr erkor sie die Kreativen zu ihren Lieblingen aus. Dieses Jahr die Industrie. Mal sehen, wen nächstes Jahr. Gebracht hat es nichts. Berlin hat immer noch eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Deutschland. Und das kann man nicht mehr 40 Jahren Mauer anlasten.

Es gab in den letzten Tagen nur eine gute Nachricht aus der SPD: Der frühere Wowereitsprecher Michael Donnermeyer, den die Mauchler aus Mitte ausgekungelt hatten, und der als Lobbyist von Kohlekraftwerksbetreibern Einfluss auf die Berliner Regierungspolitik nehmen wollte, ist am Wochenende gescheitert. Er unterlag Markus Pauzenberger. Gratulation!