Mittwoch, 23. September 2020

Faktencheck eines DLF Berichts über eine Trump Rede

 Vorgestern Abend in den "Informationen am Abend" des DLF: Ein "Bericht" über die Auftaktrede Donald Trump vor den Vereinten Nationen. Das Verhältnis zwischen Bericht und Meinung in dem "Bericht" betrug etwa 1:10. Im wesentlichen war es eine völlig einseitige Kritik an Trump Rede und am meisten werfe ich dem Reporter vor, dass er seine Kritik nicht auf Fakten gründete.


Ich versuche jetzt mal, das für ihn zu tun.

1. China Blaming
Der Reporter warf Trump einseitige Kritik an China vor. Das beginne mit der Bezeichnung "China Virus". Dabei ist die Bezeichnung sachlich richtig, denn die Pandemie startete in China. Und auch in Europa ist es üblich, Viren nach ihrem Herkunftsland zu benennen, siehe die "Spanische Grippe". Auch wenn diese nicht ursächlich aus Spanien stammt, tauften die Europäer diese Grippewelle so in der Annahme, sie stamme aus Spanien.

Trump erinnert uns ferner an interessante Details an die Reisebeschränkungen, die China Anfang des Jahres beschloss. Und daran, wie schnell die USA auf die ersten Meldungen über die Wirkung des neuen Coronavirus reagierten:
China verbot zuerst Einreisen aus dem Ausland. Ausreisen wurden weiterhin genehmigt. Deshalb mussten sich alle anderen Länder selbst vor der Einschleppung des Virus schützen. Doch als die USA am 01.02.2020 bereits ein Einreiseverbot für verdächtige Passagiere verhängte und Passagiere aus den chinesischen Risikogebieten verhängten, kritisierten chinesische Behörden dies scharf. Und die WHO riet zu dieser Zeit von Reisebeschränkungen noch generell ab! (Quelle: Tagesschau, 01.02.2020, https://www.tagesschau.de/ausland/coronavirus-177.html)

Hätten alle Regierungen so früh und entschlossen gehandelt, hätten sie sich besser gegen COVID 19 geschützt. Doch die meisten westlichen Regierungen priorisieren Konsens und Konformität höher als akute Gesundheitsrisiken.

2. Nationalismus
Sodann kritisierte der DLF Reporter eine nationalistische Tendenz der Rede von Trump. Und ja, Trump weiter gegen China aus, als er schon mal dabei ist. Die CO2-Emissionen Chinas seien doppelt so hoch wie die der USA. Niemand blase mehr Quecksilber in die Atmosphäre als China.
Aber über China rede niemand und die USA müssten dauernd Kritik einstecken. Ist es "Nationalismus" so zu sprechen?

3. Kritik an den Prioritäten der UN
Trump sagte, wenn die UN eine effektive Organisation sein wollten, müssten sie sich auf die "echten Probleme in der Welt fokussieren": Terrorismus, Unterdrückung von Frauen, Sklaverei, Drogenhandel, Menschenhandel, religiöse Verfolgung und Unterdrückung.
Ist man ein schlechter Mensch, wenn man solche Prioritäten einfordert?

Udo di Fabio kritisierte neulich im Interview mit The Prioneer (Gabor Steingarts Podcast) die Sehnsucht der Deutschen nach Konformität. Und er hat genau recht und man findet diesen Konformismus in fast jeder Nachrichtensendung eines öffentlich finanzierten Senders. Wer nicht in den Chor der "Weltgemeinschaft" einstimmt und Probleme verschweigt, gilt als Nationalist. Ebenso wer Foren und Parlamente als Orte des Interessensaustausch und des Verhandeln von Interessen und Positionen versteht.

4. Handelskriege?
Schon Tucholsky kommentierte die Weimarer Gesellschaft mit dem Hinweis, viel gefährlicher als der Schmutz sei derjenige, der auf den Schmutz hinweist. Heute müsste er dies über Donald Trump sagen.
China hat jahrzehntelang internationale Entwicklungshilfen bezogen und für Technologietransfer in seine Richtung gesorgt. Um die Beziehungen mit seinen Spendern trotzdem nicht abkühlen zu lassen, versorgte es unsere Zoos mit Pandabären.
China hat harte Importbeschränkungen: Produkte müssen zumindest zum Teil in China produziert werden, um chinesische Arbeitsplätze zu schaffen. Und es muss in Form von Joint Ventures mit Know How Transfer erfolgen, damit China von den Importieren lernen kann, die Produkte selbst zu entwickeln und herzustellen.
Ich halte es für nur gerecht, China so zu behandeln wie es andere Länder behandelt. Aber das gilt in unseren Kreisen als "nationalistisch".

Gleiches gilt übrigens für Zölle auf Autos: Wir belegen US-Importe mit 20% Zoll. Umgekehrt nutzen wir die nordamerikanische Freihandelszone um Autos in Mexiko günstig zu produzieren und dann zollfrei in die USA zu exportieren. Ist es nicht verständlich, wenn Trump da ein Ungleichgewicht sieht?

5. Friedensstiftende Maßnahmen
Der DLF Reporter kritisierte Trump dafür, dass er die jüngsten Vereinbarungen zwischen Israel und VAE sowie Bahrein als "Friedensverträge" bezeichnet habe. Dies seien sie nicht. Mag sein. Aber es ist weitaus mehr als Barack Obama erreicht hat. Und im Gegensatz zu Obama hat Trump noch keinen Krieg, erst recht keinen Drohnenkrieg, in der Welt angezettelt. Trump ist ein Geostratege und Kaufmann. Und genau das überfordert die Regierungen und Staatsmedien in der EU intellektuell.

6. Iran Sanktionen
Richtig. Trump hat den Irandeal gekündigt und soeben neue Sanktionen gegen das iranische Regime verhängt. Ja, damit hat er einen "Konsens" gebrochen. Aber was war dieser Wert? Man muss recherchieren um den Selbstbetrug dieses sog. Iran-Deal zu dokumentieren: Der Deal adressiert nur solche Uran Zentrifugen, die der Iran benannt hat. Er lässt dem Iran Spielräume für Zentrifugen außerhalb der Beobachtung.

Ein kurzer Faktencheck also überführt eine DLF Nachrichtensendung schnell. Aber solche Gegendarstellungen kosten Zeit und Mühe. Ich erwarte von den Sendern, die ich mit meinen GEZ Beiträgen finanzieren muss, mehr journalistische Qualität. Mehr Objektivität. Und weniger Sendungsbewusstsein. Mehr Investigation, weniger Konformismus.

#trump #unitednations

Donnerstag, 17. September 2020

Die Budgets wandern von Wertschöpfenden zu Regelschaffenden

 In Unternehmen, die bisher wacker durch die Krise gekommen sind, wird es im nächsten Quartal eng mit der Projektarbeit. Ich höre von anderen, erlebe aber auch selbst wie die Budgeteinschnitte jetzt durchschlagen. Wer sein Geld zu früh verbrannt hat, weil er auf Nachschläge spekuliert hatte, muss jetzt die Bremse treten. Deshalb wird das Geschäft mancher Dienstleister im kommenden Quartal sinken. 

Für Projektleiter birgt das mehrere Risiken: Eingeplante Umfänge werden dieses Jahr nicht mehr ausgeliefert, Anwendergruppen und Lenkungskreise enttäuscht. Das zweite Risiko ist der Bestand des eingespielten Projektteams. Wenn wir Entwickler frei geben müssen, gehen die in ihren Firmen in andere Projekte, wenn verfügbar. Und nur wenn wir Glück haben, können wir sie Anfang nächsten Jahres wieder zurückholen. Wenn wir Pech haben, bekommen wir neue Leute, die wir erst einarbeiten müssen. 

Es gibt schlimmere, klar. Manche Unternehmen kämpfen gerade ums Überleben, manche müssen sich massiv umorientieren. 

Ich muss lange zurückdenken, wann ich zum letzten Mal Budgetprobleme hatte. Das war in der Finanzkrise um 2010 herum. Und davor war es der dot.com Crash 2001. Also alle 10 Jahre geht es mal kräftig runter.

Ich bin jetzt froh, vom Digital Lab zurück auf dem Tanker zu sein. Auch wenn ich nicht sicher bin, ob unsere Strategie hinhauen wird. Sie stützt sich sehr auf die politische Regulierung, insbesondere die Klimapolitik auf allen Ebenen: Die EU Präsidentin hat gerade eine abermalige Verschärfung der CO2-Vorgaben angekündigt, Großstädte verkünden, Verbrennungsmotoren innerhalb der nächsten 10 Jahre zu verbieten. 

Egal wie man zur Klimapolitik steht, und Ich halte den Anspruch Vorreiter zu sein, für übertrieben. Aber ich muss das für meinen Berufsweg einplanen. Die ganze Landschaft wandelt sich gerade stark zu einem Ökosozialismus. Der Staat manipuliert die Märkte, schafft Zombieunternehmen, erwirbt selbst Unternehmensanteile. Verkehrsminister Scheuer will jetzt sogar ein Mobilfunkunternehmen gründen, um Funklöcher abzudecken. 

Innerhalb der Unternehmen zieht ein neuer Zeitgeist ein. Compliance ist angesagt. Es gibt Ombudsleute, anonyme Whistleblower Briefkästen, und regelmäßige Statistiken über Kündigungen wegen Regelverstößen. Dazu kommen Quoten für Geschlechter und Diversion-Kampagnen. Leistung und Kompetenz verlieren stark als Karrierefaktoren. Es kommt ein blühendes Zeitalter für Konformisten.

Immer präsenter werden auch Initiativen und Kampagnen, die gar nichts mehr mit Geld verdienen zu tun haben. Mit neuen Produkten, Märkten, Erfindungen. Stattdessen dominieren Soziologen, Bachelors of Art oder Lehrberufe das Intranet. Es wird fast mehr geredet als geschaffen. Es kommen Leute hoch, bei deren Lebensläufen man sich wirklich wundert. Auch in der Softwareentwicklung. Die führenden Rollen sind von Maschinenbauern, umgelernten Werbe- oder Industriekaufleuten oder Magistern besetzt. Die wirklich Fähigen minimieren ihre Kontakte zu diesen Queraufsteigern. Sie nutzen die Zeit, die sich nicht in Seminaren, Pflichtwebinaren und dem Lesen neuer Hausmitteilungen verbringen müssen, um mit ihrem Code weiter zu kommen.

Wir sind endgültig kein Land der Tüftler mehr. Alle wollen sich die Errungenschaften der Tüftler ans Revers heften. Aber es gibt inzwischen gefühlt mehr Industriebeamte als Wertschöpfende. Aber die Budgets der Industriebeamten steigen. Unsere sinken.

Dienstag, 15. September 2020

Gaus' Interview mit Angela Merkel

Wer ist Angela Merkel? Dieses Interview von Günter Gaus 1991 bringt einen weiter, aber nicht ans Ziel. Merkel bleibt mir rätselhaft. Aber ich versuche auf einige aktuelle Fragen die Antworten in der Vergangenheit zu finden.

Ihre Sozialisation im Sozialismus:

Ihre Mutter war skeptisch, ob der Sozialismus für ihre Kinder ein besseres System werden würde als die Bundesrepublik. Sie gab ihren Kindern auf den Weg, "Ihr müsst die Besten sein, um Euch hier behaupten zu können." Dies stachelte einerseits Angela Merkels Ehrgeiz an. Und zu den begabten Kindern gehörte sie sicherlich. Aber es war gegen ihr Naturell, sich zu exponieren oder sich zu verausgaben.

Sie war eher, das sagt sie selbst, angepasst. Sie hält Anpassung an die Umgebung für überlebensnotwendig. Das sitzt, wie wir inzwischen, bis heute tief in ihr drin. Sie selbst spricht in dem Interview von Opportunismus. Sie wusste von anderen Pfarrerskindern, dass diese am Ende nur noch Theologie studieren durften, wenn sie sich nicht konform gezeigt hatten. Das wollte sie vermeiden, sie wollte Physik studieren. 

Sie verkauft uns ihren Opportunismus als Tugend, die sie in der wissenschaftlichen Arbeit gelernt habe: Man muss sich erstmal Grundlagen verschaffen, die Sache studieren, bevor man etwas sagt. Das sei auch der Grund, warum sie sich erst im Dezember 1989 dem "Demokratischen Aufbruch" angeschlossen habe. Sie habe erst einmal suchen müssen, welche der vielen Bewegungen zu ihr passe.

An den Bürgerrechtlern habe sie gestört, dass diese zu viel diskutieren und zu wenig ins Handeln kommen. Sie, die Introvertierte, gibt sich plötzlich als handlungsorientierter Machtmensch.

Wofür stand sie nach der Wende?

In dem Interview bezieht sie eigentlich nur einmal eine politische Position. Sie spricht von der großen Freude der Meinungsfreiheit nach der Maueröffnung. Und der Enttäuschung, dass diese sogleich vorbei ist, als sie sich in die CDU begibt. Frappierend, dass ausgerechnet sie später eine Kultur der Quasizensur schuf, in der man wieder aufpassen muss, was man sagt.

Günter Gaus fragt sie ganz direkt, ob man als angepasster und gleichzeitig an Machtstrukturen interessierter Politiker nicht inhaltlich steril werde. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf. 

Aber das Rätsel, das ungelöst bleibt ist, wozu war es Merkel wichtig, Macht zu bekommen? Ein eher zurückhaltender Mensch, der zumindest damals auch Wert auf ein Privatleben legte, schließt sich einer Partei an, um einen Machtehrgeiz auszuleben, der in keine besondere Richtung zielt. Sie verkauft uns, es ginge ihr darum, den Bürgern Problemlösungen als Dienst zu erweisen. Wer soll das glauben?

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Montag, 14. September 2020

Nach der NRW Kommunalwahl - viele haben es immer noch nicht verstanden

"Ich will ja kein Detroit am Neckar. Ich will neue Geschäftsmodelle, bestehend aus Car Sharing und ÖPNV. Deutsche Ingenieure können das, sie sind ja nicht dümmer als andere. Sie durften halt nur in der Vergangenheit nicht."

Cem Özdemir

Saskia Esken sagte zu ihrer verlorenen Kommunalwahl in NRW gestern, diese habe nichts mit dem Bund zu tun, die Themen in den Kommunen seien schon spezifischer. Und bestätigt damit ihre eigene Weltfremdheit. Denn die Themen in den Kommunen sind die Konkretisierung der Themen in den Wolkenkuckucksheimen der SPD "Denkbaracken". Arbeitsplatzvernichtung, Flüchtlingskriminalität, Clankriminalität, Drogenhandel in Kiosken von Wohnvierteln. Und natürlich die Aufwände und Kosten für die Flüchtlingspolitik der großen Koalition.

Detroit ist noch etwas weiter weg. Aber gescheiterte Städte kann man heute schon an der Ruhr besichtigen. Mich wundert allerdings, dass die Leute im Ruhrgebiet erst anders wählen, wenn sie mit dem Rücken an der Wand stehen: In Duisburg, Bochum, Mülheim und Gelsenkirchen. Aber selbst dort befinden sich immer noch viele, die sich selbst in der Wahlkabine darüber sorgen, was die anderen sagen, wenn sie jetzt Opposition wählen.

Den pensionierten Studienrätinnen wünsche ich, dass der Niedergang, den sie den Vororten zumuten, endlich in ihren eigenen Vorgärten und Spielstraßen ankommen. Es müssen sich erst Fixernadeln und Hundekacke in den Sandkästen der besseren Spielplätze finden, bevor Frau Studienrätin anfängt, die Welt zu verstehen.

Dann zu Özdemir: Er schiebt die Verantwortung für die arbeitslosen Ingenieure von morgen einfach denen selbst zu. Dabei ist sein Vertrauen so begrenzt wie sein Verständnis: Für ihn, den Sozialpädagogen der ev. FH Reutlingen, gibt es nur dumme und dümmere Ingenieure. 

Die Ingenieure und Facharbeiter bei Bosch, Daimler, Porsche und BMW wissen das. Sie wissen, dass das Elektroauto sie nicht mehr brauchen wird. Lagen die Wertschöpfung und Kernkompetenz beim Verbrennungsmotor und Antrieb noch bei den Zulieferern und Herstellern, liegen diese beim Elektroantrieb in der Batterie und der Vernetzung. Doch die wichtigsten Anbieter von Antriebsbatterien sitzen in China und Südkorea. Und die Kernkompetenz der Digitalisierung sitzt in den USA.

Früh verrentete Bergleute und Stahlarbeiter von der Ruhr und ihre Kollegen vom Kraftwerksbau lassen grüßen. Sie sind froh, dass für ihre Sozialpläne noch Geld da war. Sozialpläne gibt es heute nur noch für Islamisten und Clanfamilien. Der arbeitslose Facharbeiter gilt als "Modernisierungsverlierer", wenn er gegen die Bundesregierung protestieren will. Und diesen Protest muss  er selbst organisieren, denn seine Gewerkschaft macht sich heute einen schlanken Fuß und organisiert lieber Luftballonfeste "gegen rechts".

Was Cem Özdemir, aber auch Frau von der Leyen, die Bundeskanzlerin und viele andere wissen: Mit der Energiewende haben deutsche Steuerzahler vor allem Solarzellenhersteller in China subventioniert. Deutsche Grüner nahmen das Geld auch gerne mit - und brachten es gleich in Sicherheit (Solarworld, Oder Sun etc.). Heute kennt diese Unternehmen keiner mehr. Sie gingen insolvent.

Die Subventionen für die Solarindustrie betrugen 82 Mrd EUR. Investiert wurden sie in den Anschub chinesischer Hersteller.

Als deutscher Ingenieur schaut man sich ratlos um. In Deutschland wird es schon bald keine letzten Zufluchten mehr für ihn geben. Musste man zu meiner Studentenzeit noch überlegen, ob man bereit ist, nach Süddeutschland zu ziehen, muss man heute schon interkontinental denken. Länder mit Einwanderungstabellen -wie Kanada oder Australien- schätzen unsere Ingenieursausbildung immer noch. Und englisch sprechen wir auch. Und schlecht zu leben braucht man dort sicher nicht. Aber man ist für die Zurückbleibenden fast aus der Welt. Viel naheliegender ist es da, über die Oder zu ziehen. Nach Polen. Das fände ich inzwischen auch naheliegend, wenn die Sprachbarriere nicht wäre. Aber mit Sprachunterricht kann man ja jeden Tag anfangen..

Montag, 7. September 2020

Auswanderi in die eigene Immobilie? Pustekuchen!

Im Januar verbrachten wir ein langes Wochenende in einem polnischen Ostseebad kurz hinter der deutschen-polnischen Grenze. Und vor Ort sahen wir mehrere Wohnanlagen, direkt hinter den Dünen und einer Baumreihe gebaut, mit Blick aufs Meer. Mehrere Projekte waren noch im Bau. Zurück in Deutschland fingen wir an, den Immobilienmarkt zu beobachten. Und siehe da, auf Immoscout24 sind immer wieder Eigentumswohnungen mit Blick aufs Meer im Angebot. Und zwar in allen Größen und Preislagen. Eine 40qm Wohnung mit Blick aufs Meer wäre für 220.000 EUR zu haben. 

Wir sind aus dem Gröbsten raus, aber so eine Summe haben wir auch nicht in bar in der Ecke liegen. Und so stießen wir schnell darauf, dass man eine Finanzierung von einer deutschen Bank nach dem klassischen Muster vergessen kann. Deutsche Banken akzeptieren Immobilien im Ausland nicht als Sicherheit. Wie bitte, "Ausland"? Und was ist mit der viel zitierten "europäischen Idee"? Tja, die endet halt, wenn man konkret wird. Nicht nur Telefonieren und Internetsurfen war in Euroland schon immer teurer - zumindest für Deutsche. Und EU weite Immobilienfinanzierung geht überhaupt nicht.

Ist da nichts zu machen? Doch, sagt die Bank. Geben Sie ihre Immobilie in Deutschland als Sicherheit! Aber die ist doch viel mehr wert als die polnische (gemessen am Kaufpreis). Friss oder stirb, sagt die Bank. 

Auf den ersten Blick könnte man das doch machen? Vorsicht: Wenn man seine Immobilie an so einen Zweck bindet, ist man nicht Alleinentscheider beim Verkauf. - Aber gegen einen Verkauf kann die Bank doch später nichts haben, denn im Gegenzug lacht ja Bargeld als Sicherheit. Darf ich dann sofort tilgen? - Jetzt ziehen Sie es aber bitte nichts Lächerliche, sagt die Bank..

Was ist das für ein Europa, in dem die Horizonte der Banken an den Landesgrenzen enden?

Jedenfalls ist es mit dem Auswandern selbst innerhalb von Europa nicht so einfach, wie man denkt!

Mittwoch, 26. August 2020

Mein Bedarf nach Abstand nimmt zu

 Mit zunehmendem Alter steigt in mir das Bedürfnis nach Abstand. Ich will immer mehr Abstand halten zu Leuten, Dingen und vor allem Themen, die mich nichts angehen. Die Beschäftigung mit Dingen, die einen nicht betreffen aber erregen ist und war m. E. schon immer Tratsch und Klatsch.

Ich spende, wenn überhaupt, nur noch für heimische Projekte und am liebsten für regierungskritische Autoren. Denn das ist der riskanteste Job geworden in unserem Land. Ich habe keine Meinung mehr zu Trump, Putin, Lukaschenko solange es bei uns noch wichtige Probleme gibt.

Was mich derzeit umtreibt sind all die Themen, "Changes", die mir die Regierung aufzwingt. Andauernd wird mir der Entzug einer alten Gewohnheit oder der Zwang zu handeln auferlegt. Obendrein leistet der gleiche Staat seine eigenen Bestellungen nicht.

Wärmedämmung, Kaminverbot, Elektromobilität, Mülltrennung, Popup-Radwege, Bahnfahren. Ich soll, bald muss ich und darf nicht mehr. Aber die gleiche Regierung kriegt es nicht hin, für öffentliche Ladesäulen, genügend Mülltonnen und Bahnkapazitäten zu sorgen. Ganz zu schweigen von den verpflichtenden Coronatests für Urlaubsrückkehrer. 

Früher habe ich bei sowas Petitionen und Leserbriefe geschrieben. Heute trenne ich meinen Müll einfach nicht mehr. Unser Müllraum sieht aus wie Sau, seitdem die Großfamilie, die die Bäckerei nebenan betreibt, den Schlüssel dafür hat. Ich schmeiße jetzt alles in die Tonne, die gerade frei ist. Mit dem Auto nutze ich den Raum, der gerade frei ist. Ich mag es, wenn sich Radfahrer aufregen und ich Zurückbrüllen kann. Bahn fahre ich nur, wenn es gar nicht anders geht.

Ich erwarte insgesamt, dass mich die Leute in Ruhe lassen. Ich unterschreibe auf der Straße nur, was mir selbst hilft. Ich habe keine Meinung zu den Eltern, die ihre Kinder auf den frisch nach gesäten Rasen in unserem Innenhof haben. Ich gieße keine Straßenbäume und sammle keinen Müll im Park. Ich bin vor allem kein Teil einer "Community" oder "Stadtgesellschaft". Das sind alles Begriffe von Mandatsträgern, die in ihrem Amt vor allem die letzte mögliche Einkommensquelle sehen aber sonst nichts hinkriegen. 

Ich will zu einem Großteil meine Gewohnheiten leben. Unsere Zivilisation bringt schon im evolutionären Modus genügend Weiterentwicklung mit sich. Man ist froh, wenn man endlich alles beherrscht und finanziert hat. Wenn man dann endlich aus dem Gröbsten raus ist, will man es nicht als erstes in Frage gestellt sehen von Leuten, die einem das neiden und es nie hinkriegen werden nachzuziehen, weil sie bocklos und unfähig sind. Unser vornehmstes Ehrenamt sollte die Barrikade sein, von der wir uns gegen Staat und Regierung verteidigen. "Ehrenamt" im wahrsten Sinne, denn es geht hier um unser alle Ehre. Um die Frage, ob wir, als Mehrheit, uns das alles bieten lassen. Diese Tour, die sog. "Zivilgesellschaft" überall einzubinden ist ein undemokratischer Akt. Denn das "N" in NGO ist schon längst eine Lüge. Es handelt sich um Propaganda- und Lobbygruppen, die bei Wahlen keine Mehrheiten zustande bringen und deshalb einfach auf die Mitleidstour gehen. Sie -nicht wir Steuerzahler- werden vom Bundespräsidenten zum Kaffee eingeladen. Lobbygruppen ohne Mandat erhalten zunehmend Einfluss auf die Mittelverwendung im Bundes- und Landeshaushalt. Und im Ausland schürt die Regierung über die gleichen Kanäle Unruhe. (Man stelle sich vor, Donald Trump würde bei seinem Besuch zuerst den Bund der Steuerzahler besuchen..).

Ich fokussiere meine Mittel deshalb auf "Ich zuerst". Danach kommen die, die meine Interessen teilen. Danach kommt nichts mehr.

Montag, 24. August 2020

Das Ende des Hochsommers

 Der Hochsommer ist vorbei, die Temperaturen fallen um 10 auf angenehme 21 Grad. Auch sind wir zurück an der Arbeit. Natürlich im Homeoffice. 

Ich sehe im Fernsehen die armen, ausgetricksten Spanienurlauber. Erst lockte man sie im Sinne der EU "Solidarität" in die Hotels und an den Strand. Um dann abrupt zu sagen, "nee, aber machen könnt Ihr hier nichts." 

Mir tun die Urlauber leid. Denn nicht jeder hat einen Schrebergarten, Datsche oder auch nur einen Garten oder Balkon. Man wird ja irre, wenn man nirgendwohin kann. Und es ist die arbeitende Bevölkerung. Also nicht die "Partyszene", die am Wochenende Kristallnächte veranstaltet und damit Selbstvorwürfe bei den Fernsehzuschauern hervorruft. 

Jens Spahn ordnete Pflichttests für Rückkehrer an, hatte mit der Umsetzung aber -wie üblich - nichts am Hut. Denn er war mit Notarterminen für seine neue Grunewaldvilla beschäftigt. Schlappe viereinhalb Millionen EURO haben er und sein Gatte aus der Medienbranche sich vom Munde abgespart und damit den Krankenschwestern und Ärzten ein motivierendes Beispiel gegeben, was man schaffen kann, wenn man nur will.

Auch bin ich froh, dass ich nicht mehr über die A100 fahre, wenn wir mal von weiter weg heimkommen. Oder eine Bewegungsfahrt mit dem Oldtimer gemacht habe. Denn da trifft man jetzt auch Islamisten in Mission. Mehrere Schwerverletzte - und die schnelle Ferndiagnose: Ein unzurechnungsfähiger Iraker, blitzradikalisiert - natürlich unsere Schuld, wie im Tagesspiegelforum zu lesen war. Ein Schwerverletzter ringt immer noch um sein Leben. Aber keine Rede wert für Merkel und Steinmeier.

Ganz anders als der russische Oligarch. Als der in Silieren zusammenbrach war das Titelthema Nummer 1. Steinmeier und Merkel hielten Ansprachen. Und holten ihn in die Charite. Da sind ja eh Betten frei, weil deutsche Patienten sich seit März am Riemen reißen.

Das Hintergrundrauschen in den Medien wird gefüllt von Regierungsvorschlägen, wie man Merkels Ansage "die Zügel jetzt enger zu schnallen" umsetzen kann. AKK z. B. schlägt vor: "Maskenpflicht auch am Arbeitsplatz." Die Infiziertenzahlen steigen. Aber steigen auch die Todesfälle?

Ganz anders ist das in Weißrussland: Da hat die Epidemie wohl einen Bogen drum gemacht. Denn unsere Medien berichten nacheinander vom Makel deutscher Demonstranten ohne Masken und der Heiligkeit weißrussischer Demonstranten gegen ihren gewählten Diktator Lukaschenke. Reporter und Bürger treten da ohne Masken auf. Die doppelte Moral schreit wieder mal zum Himmel. Aber stur ignoriert Marietta Slomka, was unübersehbar ist.

Ich wende mich ab. Lese meine Pluto-Mission weiter. Meine Projekthelden schlagen sich mit der NASA-Bürokratie herum. Das hat ja auch Ausmaße angenommen, obwohl die Budgetanträge für die Plutomission ja schon vor 20 Jahren liefen. Und dann noch die Genehmigung für einen Plutioniumantrieb bekommen. Die Hälfte des Buches erzählt von den 17 Jahren von der Idee bis zum Launchtermin. Solche Nerven wie die beiden Projektleiter hätte ich nicht. Hut ab, dass sie dran blieben und am Ende erfolgreich waren. "First Mission to the last Planet" - dieses Motto gefiel mir.

Heute reden ja alle vom Mars. Elon Musk hat ja sogar einen Tesla hingeschickt. Wir dagegen kämpfen mit Lieferschwierigkeiten für Wandboxen, aus denen Ladestrom fürs Elektroauto kommen soll. Wenn es nicht so traurig wäre. 

Schon mal geschaut, welche deutschen Modelle mit Hybrid- oder reinem Elektroantrieb man derzeit bestellen kann? Ja, ich halte auch nichts von einer Lösung für alle. Aber immerhin preisen deutsche Autovorstände die Kanzlerin für ihren technischen Sachverstand und ihre Politik. Und fordern Kunden und jetzt sogar eigene Mitarbeiter auf, endlich umzusteigen. Aber was können sie derzeit konkret überhaupt liefern?

Ich höre derzeit viel. Aus der Autobranche, aber auch wieder aus der Energiebranche. Meine Generation ist jetzt am Drücker. An mehreren Ecken treffe ich derzeit ganz alte Bekannte. Und höre quasi die Gegendarstellungen zu dem was in den Zeitungen steht.

Mittwoch, 19. August 2020

Fall- und Todeszahlen Coronavirus in Deutschland

Was sich Frau Merkel da am Montag rhetorisch geleistet hat, war grenzwertig. "Zügel anziehen", "Danke für Strafen" waren wohl eher Freud'sche Fehlleistungen als verantwortungsbewusste Wortwahl.

Die Fallzahlen steigen, z. B. wegen der Raveparties in Berlin und anderswo und wegen der Black-Lives-Matter Demos.

Aber die Todesfälle steigen noch nicht wieder an. Hier die beiden Zahlenreihen von heute (Johns Hopkins Universität):

Fallzahlen Deutschland:


Todesfälle Deutschland:

Legt man die Zahlen übereinander zeigt sich natürlich eine Latenzzeit zwischen auftretendem Fall und eintretendem Tod. Aber bis jetzt ist noch nichts passiert.

Gefilmter Kapitalismus

Zitate aus dem Film "Zeit der Kannibalen", einem Kammerspiel mit drei Unternehmensberatern in afrikanischen Hotelzimmern. Der Film wurde 2013 oder 2014 gedreht. In einer Zeit also, als wir im Westen noch von Marktwirtschaft und Meinungsfreiheit geprägt waren. 

Die drei Berater verbringen ihr Leben eigentlich nur in Hotelzimmern. Hier wird telefoniert, Präsentationen gezeigt, Kundengespräche geführt und es wird mit der Zentrale über Video konferiert.

Ursprünglich war der Film wohl als Persiflage auf das tlw. absurde Leben und Selbstverständnis von Managementberatern a la Mc Kinsey gedacht. Wie sie weltfremd, ohne die beratenen Unternehmen oder Institutionen auch nur mal betreten zu haben, über den Schicksale mitentscheiden.

Inzwischen lese ich den Film aber auch als Archiv für Marktwirtschaft. Denn trotz allem gab es hier einen Konsens darüber, dass Unternehmen profitabel sein müssen, dass Märkte Chancen sind und dass man mit Dschihadisten kurzen Prozess zu machen hat. Und so entsteht der folgende Dialog. Beraterin Bianca März (gespielt von Katharine Schüttler) schaut aus dem Fenster, sieht bürgerkriegsähnliche Szenen. 

Ihr Kollege Frank Böllers bezeichnet die eindeutig zu hörenden Gewehr- und MG-Salven:

"Das ist der Sound des Dschihad."

März fragt ihn:

"Und Du glaubst, der Kapitalismus kann die Welt retten?" - 

"Nein, der Kapitalismus soll diese Welt (des Terrors) zerstören!"

So einen Satz würde heute kein ARD oder ZDF Einkäufer mehr genehmigen. Die Gefahr einer Zustimmung des Publikums zu Frank Öllers Sicht wäre zu groß. Diese Sicht gilt heute als "rechts".

Zuvor hatte Bianca März an der Hotelbar zu Protokoll gegeben, allerdings mehr als Toast:

"Keiner hat mehr Spaß am Kapitalismus, außer den Chinesen."

Heute könnte man ergänzen: .. und Donald Trump. Und genau deshalb würde diese Steilvorlage vom Zensor gestrichen werden.

Geradezu philosophisch auch das folgende Zitat. Es geht um die Frage ob es von Vor- oder Nachteil ist, wenn die Globalisierung, nicht zuletzt durch die Standardvorlagen von Beratern, die Welt in ihrem Ablauf und ihrer Funktionalität vereinheitlicht. Kai Niederländer, der Dritte im Bunde sagt dazu:

"Das ist der große globale funktionale Konsens. In der durch Standardisierung und Automatisierung gewonnen Zeit kann man darüber nachdenken, wie man es noch besser machen kann."

So ein Satz würde heute nicht von der Zensur gestrichen werden müssen. Denn so ein Satz würde einem heutigen, konformen Drehbuchautor schon gar nicht mehr einfallen. Effizienz, Wirtschaftlichkeit, Gestaltung sind heute keine Kriterien mehr, in denen unsere Gesellschaften über sich selbst nachdenken.

Ich entdecke an diesem Film, den man in der Megathek von arte (oder war es 3sat?) findet, wie über manche Dinge meine Meinung dadurch geändert habe, dass sich die Welt um mich herum verändert hat. Ich neige dazu, zum Mainstream die Gegenposition einzunehmen. 

Montag, 17. August 2020

Unterm Sternenzelt

 Im Sommerurlaub kriege ich immer eine lese Ahnung von diesem Rundumwohlgefühl, dass ich vor Jahrzehnten öfter hatte. Dieses körperliche und mentale Wohlgefühl, um nicht zu sagen Sauwohlgefühl. In dem man zu allem Ja sagt. Wo nicht nur das Übel abwesend ist, sondern alles Gute hier - und jetzt.

Wo war es nur so lange gewesen? 

Es kommt nicht in der ersten Urlaubswoche. Da laufen noch alle Verpflichtungen runter. Da schaue ich immer noch auf mein Diensthandy und bin schon zufrieden, dass keiner von mir eine sofortige Reaktion erwartet. Aber sowohl die Menge der Emails als auch mein Pflichtgefühl werden dann immer weniger. Denn ich bin mit neuen Dingen beschäftigt. Im Garten, am Wasser, im Haus. Und dann ist irgendwann auch das alles erledigt und es gibt nur noch den eigenen Willen aus der inneren Stimme.

Spätestens abends, wenn die Dämmerung abgeklungen ist, wenn wir auf Liegen unterm Sternenhimmel liegen und auf Sternschnuppen lauern, kommt das alte Gefühl zurück, Kinder des Universums zu sein. Da wird alles andere ganz klein und ich fühle mich aufgehoben. So ähnlich wie beim Schwimmen oder Fliegen aber noch viel umfassender und tiefer. Meine Form von Spiritualität und vielleicht Religiosität. 

Wenn die Nacht kommt und die Sterne herauskommen, zeigt sich das Sommerdreieck im Zenit immer zuerst. Den ersten Stern sieht man ganz klar, den zweiten ahnt man zuerst nur und sieht ihn nur im Augenwinkel, für den Fokus ist er noch zu schwach. Aber einige Minuten später sind alle drei da. Als nächstes erscheinen die Sterne am Osthimmel, gegenüber dem Sonnenuntergang, wo es am dunkelsten ist. Die Sterne des Perseus und die Plejaden (der kleine Sternhaufen). Immer wieder geht der Blick nach Nordwesten, ob der große Wagen schon zu sehen ist. Auch er entsteht erst nacheinander aus seinen Punkten. Aber es ist das Sternbild, das alle kennen. Er steht zunächst schief, so als rolle er bergab. Im Laufe der Nacht fährt er dann in die Senke um dann bergauf Richtung Zenit zu fahren. Ein bisschen fährt er sozusagen um den Polarstern herum (aber das tun ja alle Sterne..).

Ich habe meine beiden Kameras aufgebaut, um die Perseiden zu erwischen (es nervt, dass die automatische Rechtschreibkorrektur aus Perseiden immer wieder Persien macht. Doch Persien kommt bei mir weit hinter den Perseiden..). Die eine Kamera, die Olympus verfügt über eine Intervallfunktion. Ich kann hier einstellen, in welchen zeitlichen Abständen und wie viel Aufnahmen die Kamera nacheinander aufnehmen soll. Dafür hat die andere Kamera, die Sony alpha, die höhere Lichtempfindlichkeit. 

Beide Kameras sind an Stativen montiert. Im Manuellmodus auf Unendlich fokussiert. Die Lichtempfindlichkeit ISO fahre ich im Laufe der Nacht von zwei- auf dreitausend hoch. Rauschunterdrückung ist an. Den Weißabgleich variiere ich auch: Ich mag einerseits tiefes blau für den Sternen Himmel. Aber beige bis senffarben geben dem Sternenhimmel wiederum einen Sommertouch. Es ist Geschmacksache.

Ausgerichtet sind beide Kameras gen Osten (Perseus Sternbild), aber voneinander abweichend. Denn die Sternschnuppen können trotzdem fast überall auftauchen, ihre Richtung scheint aber immer aus dem Perseus zu kommen. 

Irgendwann ist alles justiert, konfiguriert und programmiert und dann liegen wir da und schauen einfach nach oben. Und dann kommen die ersten. Je schärfer die eigenen Augen noch sind, desto mehr sieht man. Aber leer geht in dieser Nacht niemand aus.

Wenn sich seit meiner Kindheit in den 70er Jahren nichts verändert hat, dann ist es der Anblick dort oben. Wir schauen in die Ewigkeit. Diese Sterne sah ich schon, als ich noch Raumschiffe mit Lego nachbaute. Mit meinem Großvater Monbdasis Alpha schaute. Als ich, aber auch die Erwachsenen noch wie Kinder freuen konnten ob eines Hochgefühls. Einer Mischung aus Sicherheit und Wohlstand. Einem, das gönnen wir uns jetzt, das haben wir uns verdient. Egal ob für Schulzeugnisse oder als Urlaubsgeld. Als man noch Eis essen ging, rauchte, Torten kaufte oder machte. Als man sein Auto am Straßenrand wusch, und sich an jedem Konsum erfreute. Konsum war eine wichtige Quelle für Freude, denn alles andere war eh da. Familien, Verwandte, Freunde. Alle lebten und waren gesund. Bauten Häuser, bekamen Kinder. Ich bekam einen Bruder. Mein Onkel holte seine Freundin aus der DDR in den Westen. Wir hörten Popmusik und schauten Fernsehen. Keiner redete uns rein, predigte Verzicht, maulte dauern herum. (Außer dem Pfarrer und der Leiterin meines Kommununionunterrichtes).

Alle Gespräche drehten sich um einen selbst. Politik kam immer erst später, aber auch nur wenn etwas größeres passiert war. Aber dann auch nur Innenpolitik, zum Beispiel Tarifverhandlungen. 

"Sicherheit" beschrieb Stefan Zweig als "das" Lebensgefühl in Österreich zur Jahrhundertwende. Aber keiner war sich dessen bewusst, weil es so selbstverständlich war. Genau wie heute.

Dies also wissend, strebe ich dennoch nach diesem Gefühl. Und ich arbeite mich dahin, in dem ich unsere ureigenen Themen zur Sprache bringe. Themen, die im Umkreis unserer Familien stattfinden. Auch das ist etwas ironisch, denn vor zwanzig Jahren wollte ich auch das alles hinter mir (uns) lassen. Aber da ist eine Phase zu Ende gegangen. Mich interessiert Berlin nicht mehr und auch nicht mehr der Abstand zu allen früheren Quellen. Im Gegenteil, jetzt da ich weiß, was alles ist, beziehe ich mich wieder darauf. Und dann kommen all die Dinge hoch, die auf dem Weg lagen. 

Ich würde sagen, bis zum 11. September 2001 drehte sich unser Leben vor allem um uns. Lange ging es dahin, ein eigenes Leben vorzubereiten und zu ermöglichen, also insbesondere Schule und Studium zu schaffen. Danach kam der Berufseinstieg und dann der Bund fürs Leben. 

Wir bauten die Grenzen des Sich-Wohlfühlens immer weiter aus. Und verfeinerten. Wir feierten viel mit anderen in unserem Alter. Und heute geht es nur noch darum, das alles zu verteidigen bzw. zurück zu erobern. 

Wir haben ein Recht auf Wohlgefühl. Wir, die wir etliches dafür getan haben. Und auch lange Jahre verzichtet hatten, weil wir noch andere Prioritäten setzten. Aber unsere Eltern gaben uns Jahre der Sicherheit, der Anstrengung aber auch des Wonnegefühls. Und wir ließen uns das nach 2001 einfach abnehmen. Was hatten wir denn verbrochen, dass wir es uns einfach so nehmen ließen? 

Urlaub ist Zeit ohne externen Einfluss. Vor allem ohne Medien. Und dann kommst die innere Stimme zurück. Und dann fragt sie mich: Bist Du eigentlich bekloppt, dir kein Wonnegefühl mehr zu gestatten?