Montag, 20. März 2023

"Bämm!"

Montagmorgen. Ich habe den Gedanken vergessen, den ich aufschreiben wollte. Grund dafür ist die 2-Faktor-Authentisierung, mit der Google mich beim Einloggen in meinen 20 Jahre alten Blog vom Thema abgelenkt hat. Zum Ausgleich gab Google mir dafür das Gefühl, produktiv gewesen zu sein. Ich kenne aus dem Fernsehen, vom Busfahren und von Diskussionen Leute, die das wirklich so empfinden würden.

Charles Chaplin und George Orwell lassen grüßen. Womit Leute sich heutzutage identifizieren, wird immer nichtiger. Aber ihre trotzige Freude darüber immer grotesker. Ich meine da nicht mal Andrea Nahles' "Bämm!", von dem niemand mehr weß, auch Google News nicht, was da der Anlass gewesen war.

Ich meine eher diese pathologischen Reaktionen von Fußballspielern nach einem Tor. Ich erinnere mich noch an die 70er, wenn der Schütze mit einem (senkrecht) nach oben gerecktem Arm auf seine Mitspieler zulief und hoch sprang. Heute läuft das seinen Return on Investment einlösende Asset als erstes zur Kamera, um seine Sichtbarkeit zu verhundertfachen. Sodann springt er einen ebenso sprungbereiten Kollegen so an, dass sie sich mit ihren Brustkörben treffen. So wie es nicht mal Affen tun. Oder die Meisterinnen der Künste (Masters of Arts) auf LinkedIn, wenn sie ein Selfie vom Kaffeetrinken mit de "wunderbaren" Chefin posten.

1913 hieß das Café Reinhard am Ku'damm noch "Café Größenwahn". Regiert heute noch Größenwahn die Bühne oder ist es nicht eher das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom für Erwachsene?

Es gibt doch überhaupt keine Errungenschaften mehr. Wenn man "1998" (als Titel eines Buches, das ich vielleicht mal schreibe) das Handelsblatt aufschlug, wurde man gefesselt von Börsengeschichten, von Interneterfindungen, von Neugründungen und von Liberalisierungen. Heute geht es dort nur noch um die neueste Regulierung, die die Staaten irgendeiner Industrie vorschreiben. Oder darum, wie Staaten gerade die Folgen ihrer Misswirtschaft zu kompensieren gedenken.

Madame Lagarde trägt ein neues Chanelkostüm. Die gelernte Dolmetscherin und Lehrerin Katrin Keller-Sutter verkündet die größte Bankenübernahme in der Geschichte der Schweiz, bei der die zum Zombie gemanagte Credit Suisse von der gesunden UBS aufgekauft werden soll, ohne dass die UBS-Aktionäre gefragt werden. Wer sich für schlauer als den Markt hält, handelt sonntags. 

Die meisten "Bämm!s" in der heutigen Geschäftswelt gibt es nicht für Erfindungen, Fortschritte oder gar Ergebnisse. Es gibt sie dann, wenn man dem höher qualifizierten Nebenbuhler einen reingewürgt hat. Wenn man der großen Transformation, zu der man auf LinkedIn gerne steht, mit einer einsamen Entscheidung gehörig Sand ins Getriebe gestreut hat. Wobei auch diese Metapher bald ausrangiert werden muss, denn Getriebe werden bald verboten und der Sand wird auch schon knapp.

Wer sich eher für Krimis interessiert, wird jetzt auch entschädigt. Während man den deutschen Krimi so wie den deutschen Film vergessen kann, bietet einem das echte Leben jetzt viel bessere. So etwa alle drei Tage sterben in Deutschland Unschuldige mal durch ein Messer, mal durch eine Waffe der Moderne. Und genau so abwechselnd fordern Vertreter des Staates mal schärfere Gesetze gegen Waffen, mal eine Generalamnestie für psychisch verwirrte Opfertäter. Ich schaue bei Messeropfern inzwischen immer zuerst nach den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat des Tatortes. Wenn dort CDU, SPD oder Grüne regieren, hält sich mein Mitleid in Grenzen. Das ist mein "Bämm!" und es stört mich nicht, wenn es keiner hört.

Montag, 6. März 2023

Der künftige Angestelltenalltag

Du sollst zu Fuß zur Arbeit oder mit Bus und Bahn.

Die Bahn kommt nicht. Und wenn, dann musst Du Maske tragen.

Du bist Schuld am Klimawandel und trägst Verantwortung.

Du zahlst Höchstpreise für Sprit und ab morgen auch Wiedergutmachung an Afrika.

Du sollst Sozialtouristen bezahlen. Sei es, weil sie nun mal hier sind, oder damit sie nicht herkommen.

Du sollst die Sozialtouristen in Deiner Nachbarschaft dulden, in Grunewald und Prenzlberg ist für die kein Platz.

Die Zeit, die Du morgen vor den festgeklebten Bürger- und Bossbürgern versäumst, ist keine Arbeitszeit.

Donnerstag, 23. Februar 2023

Warum das Friedensmanifest die einzig tragbare Haltung ist

Die ersten klugen Worte über die Gewaltspirale in der Ukraine kamen von Klaus Dohnany. Der hatte gerade ein Buch über nationale Interessen und Geostrategien von Deutschland und Europa veröffentlicht. Lafontaine legte hierzu später eine Zugabe nach. 

Dohnany ging vom simpelsten, aber wirksamen Handwerkszeug aus, das Außenpolitiker früher beherrscht haben: Die Identifizierung der eigenen nationalen Interessen (Wohlstand in Frieden). Und er betrachtete die Interessen anderer Mächte, die Einfluss auf uns haben: Russland, China und USA. Und er erkannte, was schon Kohl und Genscher bei einer NATO Übung Ende der 80er Jahre erkannten: Die amerikanischen Interessen sind nicht deckungsgleich mit den europäischen und speziell den deutschen, wenn es um Sicherheitspolitik geht. 

Zum Kalkül der NATO Abschreckung und der später hinzugekommenen Erstschlagfähigkeit gehörte die Opferung von Deutschland (BRD und DDR). Degaulle wusste das schon immer und deshalb bevorzugte er eigene französische Atomwaffen. Bei Amis und Briten kann man nie wissen.. Und im Hintergrund begründete dieser Unterschied die deutsch-französische Freundschaft nach dem Krieg. 

Eine Sicherheitsarchitektur ist um so stabiler, je mehr Vorwarnzeit in sie eingebaut ist. Je kürzer die Vorwarnzeit bei einem Angriff, desto größer die Paranoia. Die Machtblöcke brauchen Raum und Zeit zwischen sich. Pufferzonen. Im kalten Krieg waren das die von Russland annektierten Nachbarländer, die es fortan als UdSSR bezeichnete. Im Westen war wie gesagt Deutschland der Pufferstaat. Deutschland war mit der US Airbase Ramstein und dem Atomwaffenlager in der Blüchel gleichzeitig ein markiertes Ziel für Russland - und ist es bis heute. 

Soweit die Grundlagen.

Bezogen auf Ukraine und Russland gibt es nur wenige Denker im Lande, die zu beiden Abstand halten. Wir wissen aus beiden Ländern nicht was Sache ist. Wir hören nur Putins Reden und ertragen die tägliche Propagandaspam von Selenskyi und Melnyk. Beides sind korrupte Oligarchenstaaten. Beide suchen nur nach ihrem Vorteil. Für Putin ist die Ukraine Kleinrussland. Zusammen mit Weißrussland und seinem Russland ergibt das nach seiner Lesart einen Zusammenhang. Und in der Vergangenheit war es das auch schon. In der Ukraine wohnen aber nicht nur Russen. Historisch wuchsen West-, Ost- und Südukraine erst allmählich zusammen. Und ob die heutige Ukraine sich gen EU oder Russland orientieren soll, spaltete das Land und führte zum Putsch vor zehn Jahren. 

Man sollte sich also mal fragen, wie weitsichtig es ist, dass wir eine Ukraine mit eigenen Waffen ausrüsten, die uns anschließend fehlen. Ein Regimewechsel in der Ukraine und wenn wir Pech haben, wendet sich die Ukraine mit unseren Waffen gegen uns. Könnten wir dümmer da stehen?

Selenskyi und Biden scheinen ein Interesse daran zu haben, den Krieg in die Länge zu ziehen. Um Russland zu schwächen - dieses Ziel verfolgen beide. Um an Waffenverkäufen zu verdienen - das macht es für Biden zu einer Win-Win-Situation. 

Die einzigen, die an die Schicksale der bombardierten Zivilbevölkerung und der geopferten Soldaten denken, sind diejenigen, die einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen fordern. Das war früher eine selbstverständliche Position für Deutschland. Heute kommt dazu von unserer Regierung gar nichts. Im Gegenteil. Der "schrillsten Trompete der Grünen" (Antje Volmer über Annalena Baerbock) ist nichts zu dämlich und nichts zu peinlich, um sich mit Ranschmeisse an Biden und Selenskyi, Kriegserklärungen, 360-Grad-Wenden und Hüpfspielen im finnischen Bunker in die sozialen Medien zu bringen. Jeder Affe, der eine Pistole im Wald findet, geht damit vorsichtiger um als unsere Dumpfbacke vom Werderschen Markt.

Zu den wenigen, die das auch so sehen, gehören Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und Marius Müller Westernhagen (bei Maischberger). Es ist kein Zufall, dass es sich dabei um die Generation 50+ handelt. Wir waren die letzten, die noch kritisches Denken gelernt haben und in Poltik die Vertretung von Interessen sehen.

Zum Wertewesten haben sich diejenigen ernannt, die erkennbar überhaupt keine Werte mehr vertreten, sondern denen Blitzkarriere durch Konformismus über alles gehen. Schon überhaupt nicht mehr gehört Humanismus zu deren Werten.

Montag, 19. Dezember 2022

Das Bedürfnis nach ewigen Wahrheiten

Irgendeine Assoziation beim Surfen im Internet führte mich neulich zum Buch "Höhere Mathematik für Physiker und Ingenieure" von Klaus Habetha. Und dies führte mich zu Jay Orear's Buch "Physik". Dies waren die Literaturempfehlungen meiner Professoren an der Uni Dortmund im ersten Semester. Und ich erinnerte mich daran, wie ich im Dezember 1989 unterm Weihnachtsbaum lag und versuchte, Aufgaben zu  verstehen und zu lösen. Vor allem aber erinnerte ich mich daran, wie ästhetisch ich die Notationen der HM fand, weil sie mit wenigen Zeichen große Befunde auf den Punkt brachte.

Was ich damals überlas aber jetzt beim Recherchieren in einem HM-Skript entdeckte war die Anforderung an die Studenten zur Abstraktion fähig zu sein. 

Und genau das war es, was mir damals schwer fiel und heute der Kern meiner beruflichen Kompetenz ist: Abstraktion und Modellierung. Ich las mal in einem Coachingbuch, dass wir für Dinge, die uns faszinieren auch eine Begabung haben, aber diese kann versteckt sein. Und muss geweckt werden.

So allgemein wie möglich und nur so konkret wie möglich ist eine der Künste, mit denen man im Chaos einer Großorganisation Struktur schaffen kann. Was tut Ihr da eigentlich und wozu? Aus dem vielstimmigen Chor der ichsüchtigen Mitarbeiter durch Interviews und Workshops herausarbeiten, worauf wie uns eigentlich nur verständigen müssen. Und es dann mit den Notationen der Modellierung von Verhalten und Strukturen und manchmal auch denen der Mathematik aufschreiben, was wir entwickeln müssen. 

Ich habe in jungen Jahren, als Schüler am Homecomputer in Basic und als Student mit C und C++ am IBM Kompatiblen eher wild. Immer sofort auf die zugerufene Anforderung los. Für die damaligen Zwecke reichte das, aber als Softwareentwicklung im heutigen Sinne konnte man das nicht bezeichnen. Obwohl wir natürlich auch Informatik als Fach hatten wo uns die Modularisierung von Programmen gepredigt wurde. Aber die Einsatzzwecke waren meist nicht so, dass uns die Mühe einer Modularisierung als lohnend erschien. Heute reden wir ja nicht mehr nur von Modularisierung, sondern Architekturen. 

Gelernt habe ich die Abstraktion aber nicht durch die Lektüre von Mathematikbüchern. Auch nicht durch Anleitungsskripte zu MATLAB oder ähnlichem. Sondern durch einen Schub an fiktionaler Literatur. Zeitgenossen und Klassiker. Ich habe zehn bis fünfzehn Jahre lang wirklich Romane gelesen. Und dabei hat sich irgendwie meine Fähigkeit zu Modellierung und Abstraktion entwickelt. Denn Literatur besteht aus Begriffen, die es zu klären gilt. Aus Rollen, die es zu verstehen gilt. Aus Handlungen, die es zu deuten gilt. Und aus so viel Text, dass man ihn ohne eine Struktur im Kopf nicht in demselben behalten kann.

Die Schönheit solcher Modelle entsteht durch ihre möglichst weite Vereinfachung. Die Vereinfachung entsteht durch Hinterfragen alles scheinbar Erforderlichem. Und am Ende bleibt das Gerüst über, auf das es ankommt. 

Wenn sich die Anforderungen dann nicht mehr ändern, hat man etwas für die Ewigkeit geschaffen. Da sie sich aber sicher bald ändern, kommt man nie in den Rang eines ewigen Werkes. Von all meinen Entwicklungen hat ausgerechnet mein zweiter Schuss, noch als Student, am längsten gehalten. Es war ein Berechnungsprogramm für die mechanische Auslegung von Autokranauslegern, mit denen ein selbständiger Ingenieur sich die Rechenschritte am Taschenrechner ersparen wollte. Ich programmierte eine Eingabemaske, speicherbare Konfigurationen, die Berechnungen nach seinen Vorgaben und eine den Bildschirm ausnutzende Ergebnistabelle für variierende Parameter sowie einem Druckmenü. Da ich in Dortmund lebte und der BvB damals erstmals wieder Meister wurde, nannte ich mein Programm "den Tabellenführer unter den Kranprogrammen". Seine Anforderungen änderten sich von 1995 an nicht mehr und deshalb benutzte er es bis 2014, als er in den Ruhestand ging.

Anders als ein Ingenieur hat es ein Mathematiker oder Physiker nicht nur manchmal sondern grundsätzlich mit ewigen Wahrheiten zu tun, die Suche nach ihnen ist sein Beruf. Er nennt sie Axiome und er drückt sie mit ästhetischen Formeln aus. Als ich einige Axiome jetzt wieder las (mit deren Hilfe man Beweise durch Induktion führen kann), erinnerten sie mich an die Evangelien. Wie die Bibel hat auch die Mathematik ihre Überzeugungen und Wahrheiten. Und man kann sie immer wieder lesen. Mich hat der Anblick der mathematischen Formeln innerlich irgendwie gereinigt. Mich daran erinner, dass auch in chaotischen Zeiten Dinge gibt, die so bleiben wie sie waren. Die durch all meine Jahre hindurch gelten. 

Als Student widmete ich mich ihnen, mit einer gewissen Ehrfurcht vor dem großen Unverständlichen. Heute zieht mich die Ästhetik seiner Wahrheit an. Es tat gut, durch diese Seiten zu blättern. 

Naturwissenschaften und Engineering sind große Dinge, die zumindest ich erst allmählich wirklich verstanden habe. Abstraktionen schrecken mich nicht mehr ab. Begriffsdiskussionen halte ich für nötig und sie langweilen mich nicht mehr. Die alte Frage der Modellierer "Was ist ein Objekt?" ist doch interessant ;-). 

Wenn Ihr also in diesen Tagen wieder ehrfürchtig durch das Neue Testament blättert, so etwa blättert ein Ingenieur durch ein Mathematikbuch und spaziert dabei durch den Hilbertraum... 

Sonntag, 2. Oktober 2022

Die Gelegenheit zu Verhandlungen ist jetzt

 Putin hat mit der Annexion der von ihm (noch) kontrollierten Provinzen und seiner Rede (Übersetzung wie gewohnt beim Anti-Spiegel verfügbar) einen Punkt gesetzt, den man als Ausgangsposition für Friedensverhandlungen betrachten könnte, wenn man wollte.

Selenskiy hat dies glaube ich sofort verstanden und seine eigene Ausgangsposition aufgebaut, indem er die Aufnahme seines Landes in die EU fordert.

Damit könnte man an den Verhandlungstisch gehen. Die annektierten Gebiete sind von ethnischen Russen dominiert. Aber sie bergen auch die Bodenschätze, die zum Asset der Ukraine gehören. Diese müssten mit auf den Verhandlungstisch. 

Die einzigen, denen das überhaupt nicht passen kann, sind die USA und Frau Strack-Zimmermann. Gerade erst haben sie mit der Sabotage der beiden Nordstream Pipelines davon profitiert, dass wir selbst in einer Nach-Putin-Ära kein russisches Gas mehr beziehen würden, jedenfalls nicht mehr auf direktem Wegen, d. h. an Polen und der Ukraine vorbei. 

Die USA profitieren auch von der Schwäche unseres Bundeskanzlers. Schwäche nicht im Sinne mangelnder Härte gegen Putin, sondern in Bezug auf die Vertretung eigener nationaler Interessen. Es wirkt auf mich fast so, als hätten ihn beide Seiten, Putin und Biden, in der Hand, als ei erpressbar. Und womit kann Olaf Scholz erpressbar sein? Da fallen einem natürlich Wirecard und Cum-Ex ein. Und dann macht Scholz auch noch einen Termin in Saudi Arabien bei diesem buchstäblichen Halsabschneider Mohammend bin Salman. Da kann Scholz nur hoffen, dass es auf seinem Smartphone nun keine fliegenden Pferde gibt, die brauchbare Informationen in den Palast des Kronprinzen transportieren.

Wir sind also nicht im normalen Vasallenstatus, unser Vertreter ist auch noch im besonderen Maße erpressbar und weiß nicht, wohin. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn er demnächst zurücktreten würde.

Mittwoch, 7. September 2022

Worum geht es eigentlich?

Als Ingenieur bin ich gewohnt, komplexe Dinge zu modellieren. D. h. die scheinbar nicht zusammenhängenden Puzzlestücke, Anforderungen und Randbedingungen übereinander zu bringen, so dass Sinn entsteht.

Eine ähnliche Aufgabe haben Analysten, Diplomaten und Journalisten in Bezug auf die Weltlage. Aber ihre Fähigkeiten, ihr Wille oder beides Hand in Hand, hat so stark nachgelassen, dass man es nur noch durch eigenes "Triangulieren" (wie die Positionsbestimmung im Navigationsgerät) bzw. Kreuzpeilung erreichen kann.

Und hier verlieren wir viel Zeit bei der Suche, Sichtung und Bewertung all der Blogs, Magazine und  Videoaccounts. Aber hin und wieder stößt man auf etwas, was den eigenen Horizont erweitert. So stieß ich neulich auf den Begriff vom "Dritten Rom", als ich nach langer Zeit mal wieder durch Lettre International stöberte. Die Figur vom "Dritten Rom" stammt aus einem kircheninternen Brief aus der Zeit, als Byzanz an die Osmanen verloren ging.

Die osmanische Herrschaft über den Balkan ist die Grundierung auf der man heutige Verbundenheit von Serben, Ungarn und anderen Balkanstaaten mit Russland, bzw. seiner Kirche, verstehen muss. Es ist auch der durch Jahrhunderte schwelende Kampf zwischen Christen und Muslimen, bzw. Islamisten. Meiner Meinung nach kann man auch den Zerfall und den Krieg in Jugoslawien als religiös-kulturellen Krieg deuten. Aber niemand im zerfallenen Westeuropa wagt es, es auszusprechen. Außer Peter Handke und einigen anderen.

Jedenfalls sahen nach dem Siegeszug der Osmanen über Byzanz einige Kirchenschreiber und Fürsten in Moskau die einzige Macht, die den Osmanen Widerstand bieten könnten. Und tatsächlich, 300 Jahre später warfen die Russen die Osmanen bis nach Istanbul zurück. Die wichtigsten Schlachten gewannen die Russen in Bulgarien. Doch die mit befreiten Europäer bekamen kalte Füße und distanzierten sich bei den Verhandlungen von Russland. Und seitdem könnte im russischen Gedächtnis der Stachel eines verratenden Europas sitzen. Eines Europas, das sich der islamischen Mentalität nahe sieht, andere die Arbeit machen zu lassen, und erst hinzu zu kommen, wenn die Beute oder die Ernte verteilt wird. (So gestaltete sich ja auch die Herrschaft der islamischen Mauren in Spanien.)

"Das Dritte Rom" mag nur noch ein Leitstern sein, aber Putin weiß ihn zu spielen. In dem zerfallenden, dekadenten Europa muss einer die Sache in die Hand nehmen. Und wer dabei stört, wird angegriffen. Die Ukraine wäre nicht der erste Schauplatz, in dem die USA hinter den Kulissen eine Invasion provoziert haben. Die Familie Biden ist viel zu sehr ins korrupte ukrainische Geschäft verwickelt, um hier Abstinenz zu unterstellen.

Ich unterstelle aber auch Putin keine höheren kulturellen Ziele. Ich unterstelle ihm, wie jedem, der auch mit 60+ immer noch nicht von Macht und Geltung lassen kann, Geltungs- und Herrschsucht als Kompensation für einen persönlichen Schmerz. Aber er muss seinem Volk eine Geschichte erzählen, die die Bereitschaft zum Krieg nährt. Und die Verteidigung gegen ein Europa, das sich und andere an Islamisten verrät, dürfte Motivation genug sein. Putin muss nur auf den 11. September verweisen oder die Zustände in deutschen Städten, um zu zeigen was passiert, wenn man sich nicht verteidigt.

Für uns Bürger lauten die Optionen dann allerdings nur noch, entweder zäh und kleistrig unterzugehen oder in einem autoritären Staat unter russischer Aufsicht weiter zu leben.


Dienstag, 9. August 2022

Marcel Luthe, übernehmen Sie!

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik ist irritiert: Sie ist mit der ehemaligen ARD- und RBB Intendantin so dicke, dass sie den beruflichen Hintergrund ihres Dinner

Montag, 8. August 2022

Separatismus oder Befreiung? Es kommt auf den Blickwinkel an

Sie haben alle Recht behalten. Die Warner vor dem EURO-Kollaps, der Deindustrialisierung, der Ausländerkriminalität, dem Blackout, der De-legitimierung des Staates, den Regierungslügen in der Pandemie und dem unschuldigen Opferlamm Ukraine. Und natürlich die Kritiker des ÖRR Selbstbedienungsladen. Dieses Jahr noch recht bekommen werden die Ankläger von Scholz und seiner "SPD Mafia" (BZ-Berlin). 

Hunderte wurden dafür denunziert, geblockt, gesperrt, angezeigt, abgesagt, entlassen und einige sogar von SEK's überfallen und in U-Haft gebracht. Den Helfershelfern in den Schreibstuben entzogen die früheren Stammleser die Mittel, in dem sie ihre Abos kündigten. Aber die Regierung belohnte sie mit Steuergeldern für ihre Linientreue. Links auf Spiegel und Süddeutsche dienen den Regierungsschreibern immer noch als "Quellen" für Propagandatweets. Höchste Richter verweigern immer mehr, sich mit Verfassungsbrüchen überhaupt zu befassen. Staatsanwälte verweigern Ermittlungen gegen veruntreuende Intendantinnen. Senatoren und Abgeordnete konnten bis heute ungeahndet Wahlen fälschen. 

In Essen wurde das 1980 errichtete Y-Hochhaus von RWE Energie abgerissen, wohl um den Energieversorgern zu zeigen, dass ihre Zeit jetzt vorbei ist. Weiß die Stadt Essen eigentlich, dass sie von den Dividendenzahlungen von RWE gelebt hat? Weiß das einer von den wohlstandsverwahrlosten, abgebrochenen Studentinnen?

Wenn jemand dagegen auf die Straße geht, zeigen die ARD und ZDF Zuschauer mit den Fingern auf sie. Wer sich über die Woche der Demokratie im Morgenmagazin oder der RBB Abendschau  "informierte" hörte, dass da nur Nazis rumgelungert hätten, Vor Ort aber sah man eher Alt-Grüne und Anarchisten, die den Staat schon immer im Verdacht hatten. 

Jahrelang folgten Manager, Regierungssprecher und Journalisten den Forderungen und Visionen eines Elektroautopropheten. Dann wurde dieser von jetzt auf gleich aus dem Spiel genommen und von jetzt auf gleich hört man nichts mehr von den Visionen. Die Mitläufer haben überhaupt kein Problem damit, von einem Tag auf den anderen ein völlig anderes Lied zu singen. Und das ist es was mir diese Leute so ungenießbar macht. Diese völlige Käuflichkeit, dieses Mitlaufen, dieses Desinteresse an aller Substanz und Weigerung für irgendetwas mal einzustehen.

Unsere Datschennachbarn und auch Freunde berichteten von der Entscheidung der Stieglitze Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (Grüne, Stuttgart, eine die dem Mittelstand schon mal den Krieg erklärt hat), einen großen Holzsteg durch einen Gitterrost ersetzen zu müssen, weil die Planken des Holzsteges "Schatten aufs Wasser werfen". Dass es nicht die Fische sind, die hier einen Schatten haben, wissen alle. Aber keiner sagt was. Wir sind auch bei uns immer noch die einzigen, die sich je mit den Behörden angelegt haben. Alle warten stets darauf, dass wir etwas machen. Denn, man weiß ja nie..

Und da komme ich zum Punkt. Wenn sich nicht nur dieses Vorgeplänkel wiederholt wie 1918 oder der bibbernde Kältewinter wie 1947 sondern auch mal die Fotos vom Novemberputsch mit bewaffneten Bürgern in den Straßen dann muss jeder wissen, dass die Putschisten nicht für die Befreiung aller kämpfen werden, sondern nur für sich selbst. Wie neulich auf Kontrapunkt.radio jemand sagte: Wir müssen die Demokratie dahin weiterentwickeln, dass man sich bei großen Meinungsunterschieden abspalten kann. D. h. wenn es 49:51 steht ob man Kernkraftwerke weiterlaufen lassen will oder Gas beim Russen kaufen soll, dann sollte die unterliegende Menge ihren Willen umsetzen dürfen, aber halt in einem abgespaltenen Gebiet. 

Ich verstehe inzwischen warum es überhaupt je Separieren gegeben hat. Man hat irgendwann keine Lust mehr und das Leben ist zu kurz als sich fortwährend von Deppen regieren, drangsalieren und ausplündern zu lassen. Vielleicht müssen wir gar nicht auswandern, sondern uns nur ein neues Gebiet schaffen.

Ich muss mich mal in die Geschichte der Separatisten einlesen. Vielleicht war die Idee von Bundesstaaten und Unionen schon immer die derjenigen, die gerne von der Arbeit der anderen leben und davon gar nicht genug bekommen können. Vielleicht waren das schon immer die, die dem "starken Staat" das Wort geredet haben. 

Mir ist klar, dass Separation (bzw. heißt es nicht Unabhängigkeit?) nicht durch Diskussion im Stuhlkreis entsteht. Das wissen die Serben, die Katalanen, die Schotten. Nein, nur der Mauerfall war eines der ganz wenigen geschichtlichen Ereignisse, die gewaltfrei abgelaufen sind. 

Dienstag, 19. Juli 2022

„Propaganda“, Edward Bernays, 1928

 Aus „Propaganda“, 1928, von Edward Bernays, Neffe von Sigmund Freud und Gründer der Public Relations als Politikberatung:


„Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element der demokratischen Gesellschaft. Diejenigen, die diesen unsichtbaren Mechanismus der Gesellschaft manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die die wahre herrschende Macht unseres Landes ist. 

Wir werden regiert, unser Geist wird geformt, unser Geschmack geformt, unsere Ideen vorgeschlagen, größtenteils von Menschen, von denen wir noch nie gehört haben. Dies ist ein logisches Ergebnis der Art und Weise, wie unsere demokratische Gesellschaft organisiert ist. Sehr viele Menschen müssen auf diese Weise zusammenarbeiten, um als reibungslos funktionierende Gesellschaft zusammenleben zu können.

 Unsere unsichtbaren Gouverneure sind sich in vielen Fällen der Identität ihrer Kollegen im Innenkabinett nicht bewusst. Sie regieren uns durch ihre natürlichen Führungsqualitäten, ihre Fähigkeit, die benötigten Ideen zu liefern, und durch ihre Schlüsselposition in der sozialen Struktur. 


Unabhängig von der Haltung, die man gegenüber diesem Zustand einnimmt, bleibt es eine Tatsache, dass wir in fast jedem Akt unseres täglichen Lebens, sei es im Bereich der Politik oder der Wirtschaft, in unserem sozialen Verhalten oder in unserem ethischen Denken, von der relativ kleinen Zahl dominiert werden von Personen - ein kleiner Teil unserer hundertzwanzig Millionen -, die die mentalen Prozesse und sozialen Muster der Massen verstehen. Sie ziehen an den Drähten, die das öffentliche Bewusstsein kontrollieren, nutzen alte soziale Kräfte und erfinden neue Wege, um die Welt zu binden und zu führen.“


Quelle: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.275553/page/n7/mode/2up

Montag, 18. Juli 2022

Uwe Tellkamp beschreibt die tiefe Gesellschaft

Liest hier noch jemand gerade Uwe Tellkamps neuen Roman "Der Schlaf in den Uhren"? 

Ich bin gerade auf Seite 270, kann also noch nicht vollends mitreden. Aber so viel kann ich schon sagen: Ich hatte beim Verständnis der Bürgerrechtsbewegung in der DDR und dem Mauerfall nie bedacht, dass es mit dem DDR Bürgertum auch eine Art Kontinuität über die Systemwechsel hinweg gab. (In  Tellkamps Roman symbolisiert durch das tiefe Bergwerk, neben dem tiefen Staat die tiefe Gesellschaft). Ich wähnte das nur in der alten Bundesrepublik (in der ich aufgewachsen bin) und natürlich in den Zeiten davor. 

Es war immer so, dass Leute aus den nicht so privilegierten Schichten (das meine ich jetzt nicht im "woken" Sinne) für die Freiheit kämpften und ihre Existenz riskierten. Und wenn sie errungen war, ritten die gehobenen Stände durch das geöffnete Tor in die Burg und nahmen die Plätze ein. Die Abgekämpften  lag erschöpft in der Ecke. (letzte Beispiele: Angela Merkel erntete die Früchte der Arbeit von Alice Schwarzer, Guido Westerwelle trampelte auf dem Pfad von Klaus Wowereit in den Regenbogen.) 

Uwe Tellkamp legt den Finger in die Wunde des DDR Bürgertums, der de Maizieres, der Pfaffen (von Kasner über Stolpe bis Gauck) und so weiter. Und deshalb schreit das Feuilleton empört auf. Wollte es sich doch damals als Denker und Lenker der Wende und heute als moralische Instanz verstanden wissen. 

In der umstrittenen "Doku" von 3sat äußerten Feuilletonchefs von ZEIT und FAZ ihr Unverständnis über das Unverständnis von Tellkamp über die einseitig, konforme Ausrichtung der veröffentlichten Meinung: "Sie müssen verstehen, dass ein Lehrer aus dem Bürgertum seine Kinder natürlich wiederum seine Kinder in den Klavierunterricht und ins Theater schicken wird." Das gleiche gelte für Kulturfunktionäre. Und da sei es doch "normal", dass sich dadurch eine homogene Haltung in den Kolumnen der wichtigsten Zeitungen ausbilde. Er sei "verwundert, dass Uwe Tellkamp das erst jetzt klar wurde". 

Uwe, Du Dummerchen, hast Du das jetzt erst bemerkt? Selbst schuld, wenn Du Dir die Deutungsansprüche der Herren immer mit Qualität erklärt hast. Du musst unbedingt die "Kritik der zynischen Vernunft" nachholen. Die moralische Instanz ist nicht die, die die veröffentlichten Maßstäbe selbst vorlebt - sondern wer erkennt, und wie z. B. der brutzelnde Böhmi mit schiefem Lächeln vom Zwangsgebühren-finanzierten Sessel aus verkündet, dass das ganze doch ironisch gemeint ist. Beziehungsweise doch nur für die gelte, die man lenken wolle. 

Tja, liebe Bürgerrechtler. Jetzt werdet Ihr ein zweites Mal hinters Licht geführt. Wir wissen heute, dass die Runden Tische eine Idee des um Kontinuität "besorgten" DDR Bürgertums waren. Die Pfaffen redeten Euch ins Gewissen. Und schon als in Rumänien das Kommando Nicolae Ceaucescu zur Tat Schritt, fingen sie hier zu lamentieren an, dass man jetzt langsam mal einen Schlussstrich unter die SED-Herrschaft ziehen müsse. (Es gehe schließlich um Pensionsansprüche und den sozialen Frieden, der "Zivilgesellschaft"). Daran rüttelt Tellkamp, und deshalb versuchen sie, ihn zu ächten.. 

Sonntag, 17. Juli 2022

Meine geboosterten Freunde, Nachbarn und Kollegen haben Corona

Für Mitte August plane ich mit zwei alten Schulfreunden einen Ausflug. Jetzt aber haben beide gleichzeitig Corona bekommen - oder Sommergrippe? Der eine war auf einem Schützenfest gewesen, der andere auf Langeoog zu einem Kurzurlaub. Sie liegen beide mit Symptomen einer Sommergrippe. Und beide sagen: "Gott sei Dank bin ich geimpft, sonst wäre es ja noch schlimmer."

Gesundheitsminister Lauterbach räumte neulich in einer Bundestagsrede ein, "wir wissen, dass die Impfstoffe nicht wirken" um dann im weiteren Redeverlauf sein Plädoyer für die nächste Impfkampagne zu "begründen".

Zitate (Quelle):

Wir wissen darüber hinaus, dass die Impfstoffe nicht wirklich gut schützen gegen die Infektion. Das ist die Lage, mit der wir ringen müssen.

...

Wir werden eine Impfkampagne vorbereiten, und diese Impfkampagne wird sich zunächst einmal an diejenigen richten, die durch die Impfung geschützt sind vor schwerer Erkrankung. Das sind in der Regel die über 60-Jährigen. Bei den über 60-Jährigen ist die schwere Erkrankung nach einer Boosterimpfung und insbesondere nach einer zweiten Boosterimpfung eine Seltenheit. Somit können wir mit dieser Kampagne nicht jede Infektion vermeiden; aber die schweren Erkrankungen können wir beherrschen. Die Sterblichkeit würde drastisch sinken.

Außerdem erkrankt: Baerbock (4x geimpft) und Habeck (Impfstatus unbekannt).

Darüberhinaus kenne ich erstmals noch viele weitere Coronakranke persönlich. Und sie sind alle geimpft. "Ja, das ist kein Wunder", sagt ein Bekannter, "denn wenn so viele geimpft sind, dann erhöht sich auch die Zahl der Impfdurchbrüche." Da ist einerseits qualitativ etwas dran. Aber quantitativ haben wir eine Boosterrate von etwas über 70%. Aber eine Impfquote von 100% unter den Kranken, die ich persönlich kenne. Und: unter den wenigen völlig Ungeimpften, die ich persönlich kenne, gab es zwar einige positiv Ggetestete, aber keinen mit Symptomen.

Und schließlich kenne ich mehrere geimpfte Senioren mit Gürtelrose und eine Geboosterte mit Herzproblemen. Diese sind zwischen 60 und Mitte 70.

Wir haben Corona, bzw. Covid-19 noch nicht verstanden. Wir haben eine Gentherapie, die den Körper ein Coronoaprotein nachbauen lässt. Wir haben ein Immunsystem, das daraufhin eine Immunantwort entwickelt, und sie dann schnell wieder vergisst. Kann man das noch Impfung nennen?

Was also haben wir insgesamt? 

Wolf Schneider hatte vor einem Jahr bei Gabor Steinhart auf die Möglichkeit einer weltweiten politisch gesteuerten Kampagne geantwortet, für eine weltweite Kampagne brauche man keine Weltsteuerung, es genüge das Virus in die Welt zu setzen. Man wisse ja, wie Regierungen darauf reagieren: Regierungen streben nach Machterhalt. 

Die Hauptwidersprüche sind also zur Zeit:

  • Hohe Inzidenzzahlen im Sommer (Sommergrippe?)
  • Viele Impfdurchbrüche
  • Niedrige Intensivbelegung (aber hoher Personalausfall in Kliniken.
  • Ein Gesundheitsminister, der auf Millionen unbenutzter Impfdosen sitzt und unentwegt neue bestellt.

Sonntag, 26. Juni 2022

Semlin gedenkt einer nicht belegten Hexenverbrennung

Semlin ist ein malerischer Ortsteil von Rathenow, Havelland. Den kleinen Dorfkern prägen eine Kirche und -deutscher geht es nicht- ein Denkmal an eine Hexenverbrennung. Das Denkmal, eine Skulptur, die die damalige Angeklagte Anna Rahns zeigt, steht mitten auf einer Wiese, um die sich Wohnhäuser des Dorfes scharen. Wer durch Semlin kommt, kommt am Denkmal der sogenannten "Butterhexe" vorbei.

Voran getrieben wurde die Errichtung dieses Denkmals vor zwanzig Jahren von einem Zugereisten aus dem Sauerland. Wessis zeigten den Osten also nicht nur im Großen, wie Demokratie und Marktwirtschaft gehen. Sie übernahmen hier und da auch moralische Führungsrollen auf dem Land. Und wer schon immer Probleme mit der eigenen Identität hatte, dem liegt es nahe, auch anderen dieses Problem nahe zu bringen. Und dann wühlt man ein bisschen in der Vergangenheit der neuen Heimat. Und das größte Verbrechen, das man da findet erwählt man zur Identitätsstiftung. Kommt einem als Deutscher teilweise bekannt vor.

Kurzum. Der Neu-Semliner aus dem Sauerland brachte nicht nur die sogenannten "Semliner Hefte" heraus, mit der er die Deutungshoheit über das Semliner Geschehen errang. Er schaffte es auch, vis a vis zur Kirche ein Mahnmal an eine Hexenverbrennung errichten zu lassen. Wanderer, kommst Du nach Semlin, dann wisse: Dieser Ort definiert sich über eine Hexenverbrennung vor 300 Jahren. Mehr gibt es aus Sicht der Gemeinde offenbar nicht zu wissen. Been there, done that. 

Zur Absicherung seiner Mission band der Neusemliner aber offenbar eine gebürtige Hobbyhistorikerin mit ein. Man will sich ja nichts nachsagen lassen. Viele Ostdeutsche tun sich auch heute schwer, eigene Anliegen zu vermarkten, da ist ein sendungsbewusster Zugereister schon eine gute Ergänzung. 

Vor einigen Jahren starb der Neusemliner und die Hobbyhistorikerin forschte weiter in den Archiven. Es fehlte, kleines Detail am Rande, der Beleg, dass die Angeklagte Anna Rahns auch wirklich zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Dass man trotzdem schon ein Mahnmal in Stein meißeln ließ ist schon bemerkenswert genug. Aber jetzt wurde es der Hobbyhistorikerin offenbar immer unwohler. Im Brandenburger Wochenblatt (herausgegeben von der MOZ) stand jetzt ein Artikel, in dem sie darauf hinweist, dass die Grundlage des Mahnmals nicht belegt ist. 



Samstag, 18. Juni 2022

"Aggressive Projektion" - guter Erklärungsansatz der Psychologin Fischer bei Kontrafunk.radio

Die Psychoanalytikerin Jeannette Fischer war zu Gast bei Burkhard Müller-Ullrich. Dort erklärte sie sehr gut nachvollziehbare Erklärungsmuster für das Verhalten konformistischer Zeitgenossen. Also jene, die demonstrativ ihre Maske tragen, überall. Die einen sofort anranzen, wenn man sich nicht konform verhält. Die einen sofort in die Ecke stellen, wenn sie am Ende ihres eigenen intellektuellen Horizonts angekommen sind.

Es geht dabei um das Ausagieren der eigenen Aggression aus einer sicheren Deckung: Auch diese Leute haben Wut, aber sie trauen sich nicht, diese auszuleben, außer wenn es gesellschaftlich (vermeintlich, suggeriert durch Agitation in den Medien) gebilligt oder gewollt ist. Deren Aggressionen werden durch Angst geschürt. Genauer: Durch die Säue, die die Medien in regelmäßigen Abständen durch das globale Dorf jagen. 

Frau Fischer unterscheidet zwischen Angst und Furcht (und es war guter Journalismus, dass Müller-Ullrich zuerst die Basisbegriffe klären wollte). Furcht bewirkt rationales Handeln zur Reduzierung eines erkannten Risikos. Angst hingegen bewirkt Lähmung. Entspannung entsteht hier nur durch kollektives Verhalten gegen einen gemeinsamen Feind. Z. B. Kollektives Maske Tragen und kollektive Hetze gegen Verweigerer. Die ängstlichen Konformisten sind unbewusst sogar froh über die Verweigerer, denn so können sie die Projektion ihrer Aggression von einem unsichtbaren Virus auf sichtbare Zeitgenossen lenken und ausagieren. Die konformistische Masse sehnt sich nach Entlastung durch Entladung ihrer angestauten Aggression gegen einen Sündenbock. 

Dass es auch in der verkündeten Pandemie entweder auch oder vor allem darum ging, verriet übrigens Christian Droste in einem seiner ersten NDR Podcasts: "Auch wenn der Nutzen der Masken noch nicht eindeutig erwiesen ist, signalisiert ihr Träger aber auf jeden Fall: Ich habe verstanden, und aus Solidarität mache ich mit."

Ich selbst erlebte in der Anfangsphase, im Februar 2020 übrigens folgendes: Die Nachrichten aus Wuhan standen da noch nicht auf den Titelseiten, aber eine chinesische Kollegin aus dem Nachbarbüro trug bereits eine Maske. Sie nannte das "Wuhan-Virus" als Grund, und sie wisse um die Geschwindigkeit, mit der sich Viren auf der Welt ausbreiten. Ok, dachte ich: Wer sollte das besser wissen, als eine chinesische Kollegin und meine Frau und ich besorgten uns Masken in einer Apotheke. Allerdings gab es zu der Zeit noch keine OP- oder FFP2-Masken zu kaufen, sondern nur diese ganz einfachen Stoffmasken.

Als ich am nächsten Morgen im Projektbüro auftauchte erlebte ich Staunen, Gelächter und Witzchen. Ich sagte: Als Zugpendler werde ich auf Nummer sicher gehen. Meine Kollegin erwähnte ich nicht, so dass sich meine witzelnden Kollegen in diesem Moment allein auf ihr eigenes Urteilsvermögen stützen mussten. Sie erklärten mir im Brustton der Überzeugung, warum Masken gegen "gefährlich Viren" nutzlos seien. Krankenhausmasken trage man nur zum Schutz von OP-Patienten, gegen die Verbreitung von Keimen. Aha.

Die gleichen Kollegen gehörten später zu den härtesten Kritikern von Kollegen ohne Masken, als die Regierung und der Vorstand Masken in Büros anordneten. 

Ich erklärte es mir dann auch so, dass es einem angespannten Kollektiv bei der Bewertung von abweichendem Verhalten, nicht um die Wahrheit geht - nicht mal aus Eigeninteresse, um sich selbst zu schützen. Es geht nur darum, selbst auf der sicheren ("befohlenen") Seite zu stehen. Und einen Sündenbock zu haben, falls die eigene, konforme Angst nicht mehr auszuhalten ist.