Die Psychoanalytikerin Jeannette Fischer war zu Gast bei Burkhard Müller-Ullrich. Dort erklärte sie sehr gut nachvollziehbare Erklärungsmuster für das Verhalten konformistischer Zeitgenossen. Also jene, die demonstrativ ihre Maske tragen, überall. Die einen sofort anranzen, wenn man sich nicht konform verhält. Die einen sofort in die Ecke stellen, wenn sie am Ende ihres eigenen intellektuellen Horizonts angekommen sind.
Es geht dabei um das Ausagieren der eigenen Aggression aus einer sicheren Deckung: Auch diese Leute haben Wut, aber sie trauen sich nicht, diese auszuleben, außer wenn es gesellschaftlich (vermeintlich, suggeriert durch Agitation in den Medien) gebilligt oder gewollt ist. Deren Aggressionen werden durch Angst geschürt. Genauer: Durch die Säue, die die Medien in regelmäßigen Abständen durch das globale Dorf jagen.
Frau Fischer unterscheidet zwischen Angst und Furcht (und es war guter Journalismus, dass Müller-Ullrich zuerst die Basisbegriffe klären wollte). Furcht bewirkt rationales Handeln zur Reduzierung eines erkannten Risikos. Angst hingegen bewirkt Lähmung. Entspannung entsteht hier nur durch kollektives Verhalten gegen einen gemeinsamen Feind. Z. B. Kollektives Maske Tragen und kollektive Hetze gegen Verweigerer. Die ängstlichen Konformisten sind unbewusst sogar froh über die Verweigerer, denn so können sie die Projektion ihrer Aggression von einem unsichtbaren Virus auf sichtbare Zeitgenossen lenken und ausagieren. Die konformistische Masse sehnt sich nach Entlastung durch Entladung ihrer angestauten Aggression gegen einen Sündenbock.
Dass es auch in der verkündeten Pandemie entweder auch oder vor allem darum ging, verriet übrigens Christian Droste in einem seiner ersten NDR Podcasts: "Auch wenn der Nutzen der Masken noch nicht eindeutig erwiesen ist, signalisiert ihr Träger aber auf jeden Fall: Ich habe verstanden, und aus Solidarität mache ich mit."
Ich selbst erlebte in der Anfangsphase, im Februar 2020 übrigens folgendes: Die Nachrichten aus Wuhan standen da noch nicht auf den Titelseiten, aber eine chinesische Kollegin aus dem Nachbarbüro trug bereits eine Maske. Sie nannte das "Wuhan-Virus" als Grund, und sie wisse um die Geschwindigkeit, mit der sich Viren auf der Welt ausbreiten. Ok, dachte ich: Wer sollte das besser wissen, als eine chinesische Kollegin und meine Frau und ich besorgten uns Masken in einer Apotheke. Allerdings gab es zu der Zeit noch keine OP- oder FFP2-Masken zu kaufen, sondern nur diese ganz einfachen Stoffmasken.
Als ich am nächsten Morgen im Projektbüro auftauchte erlebte ich Staunen, Gelächter und Witzchen. Ich sagte: Als Zugpendler werde ich auf Nummer sicher gehen. Meine Kollegin erwähnte ich nicht, so dass sich meine witzelnden Kollegen in diesem Moment allein auf ihr eigenes Urteilsvermögen stützen mussten. Sie erklärten mir im Brustton der Überzeugung, warum Masken gegen "gefährlich Viren" nutzlos seien. Krankenhausmasken trage man nur zum Schutz von OP-Patienten, gegen die Verbreitung von Keimen. Aha.
Die gleichen Kollegen gehörten später zu den härtesten Kritikern von Kollegen ohne Masken, als die Regierung und der Vorstand Masken in Büros anordneten.
Ich erklärte es mir dann auch so, dass es einem angespannten Kollektiv bei der Bewertung von abweichendem Verhalten, nicht um die Wahrheit geht - nicht mal aus Eigeninteresse, um sich selbst zu schützen. Es geht nur darum, selbst auf der sicheren ("befohlenen") Seite zu stehen. Und einen Sündenbock zu haben, falls die eigene, konforme Angst nicht mehr auszuhalten ist.
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