Sonntag, 15. Mai 2022

Was unsere "Welt von gestern" von Stefan Zweig's unterscheidet

 Ich lese gerade zum wiederholten Male in Zweig's "Unsere Welt von gestern". Und es drängt mich, Parallelen, aber auch Unterschiede zu unserer heutigen Trauer um die Vergangenheit zu ziehen. 

Stefan Zweig bringt seine Zeit in Österreich vor dem ersten Weltkrieg auf den Nenner Sicherheit und Stabilität. Immer ging alles seinen Gang und wer zur gebildeten und begüterten Schicht gehörte, konnte sein Leben schon bis zur Pension ausrechnen. Als Garanten für diesen Komfort, der den Leuten wegen der Gewohnheit daran nicht mehr bewusst war, nennt er Kaiser Franz, bzw. die 700 jährige Monarchie der Habsburger

Sind Sicherheit und Stabilität auch, was wir heute vermissen? Vordergründig ja. Denn seit zehn Jahren treiben uns die Eliten von einer Krise in die nächste. Die Angst um die eigenen Ersparnisse, die Angst um gesichertes Einkommen, die Angst vor Epidemien und nun die Angst vor einem Atomkrieg. Wir werden auf Trab gehalten. Wenn wir uns früher nach Feierabend oder am Wochenende erholen wollten oder unser Leben verbesserten, fängt heute die zweite Schicht an, nämlich die Absicherung und Planung des weiteren eigenen Lebens. Geht so etwas über Jahre, zehrt es an den Kräften und den Nerven. Ich z. B. bekomme immer wieder mal Zahnschmerzen, die einige Tage später wieder von selbst verschwinden. Als suche sich mein Körper ein Ventil, über das er all den Überdruss und Unwillen ablassen kann.

Aber eigentlich wünsche ich mir nicht frühere Sicherheit und Stabilität zurück, Sondern die Freiheit, wieder selbst wirksam sein zu können. Wenn etwas meine erste Lebenshälfte beschrieb, dann war es die Gewissheit, die Qualität meines Lebens selbst beeinflussen zu können. Ich habe die Gelegenheiten genutzt, die uns unser Gemeinwesen früher bot. Als Kind interessierte mich die Welt der Erwachsenen. Die Autos, über die mein Vater und meine Onkels fachsimpelten. Unser Radion, der Plattenspieler, das Fernsehen. "Aus Forschung und Technik" und "Querschnitte". Aber auch Science Fiction. Deshalb war ich in der Schule wirklich neugierig, zu lernen. Lernen hieß Verstehen. Verstehen hieß, mitdenken zu können. Mitdenken befähigte zum Basteln und Ausprobieren. Ich hielt meine Einstellung für normal. Aber in der Schule lernte ich auch, dass ich damit zu einer Minderheit gehörte. von unseren 23 i-Männchen interessierten sich vielleicht fünf andere genau so. Die Mehrheit lief mit und tat, was nötig war. und eine andere Minderheit verweigerte das Lernen. Und versuchte, die anderen ebenfalls vom Lernen und guter Laune abzuhalten. Sie suchten Streit, neideten den anderen ihre guten Noten und Fähigkeiten. Im Ergebnis bremsten sie das Tempo. Anstatt die Lücke zwischen ihnen und uns durch eigene Anstrengung zu schließen, versuchten sie, uns zu bremsen. Und nur die älteren Lehrer gaben ihnen Kontra und versuchten sie zu disziplinieren. Die neuen Lehrerinnen verhandelten mit ihnen Bedingungen, zu denen die Marodeure bereit wären, im Unterricht wenigstens nicht mehr zu stören. Unser Staat bot allen Kindern kostenlose Schulbildung an. Aber nicht alle erkannten das als Chance. Die meisten kauten gedankenlos auf dem herum, was der Staat ihnen täglich vorlegte.

Gut, dachte der Staat, dann werden wir nach der Grundschule, diejenigen belohnen, die ihre Chancen erkennen und nutzen. Und er schuf das dreigliedrige Schulsystem. Ich nutzte die Chance aufs Gymnasium zu gehen., Danach nutzte ich die Chance, ein Studium zu beginnen. Alles weiterhin für mich kostenlos, was ich für selbstverständlich hielt. Aber neben mir wuchs die Gruppe derjenigen, die selbst solche Chancen für zu anstrengend hielten und Parolen erfanden wie "Abitur für alle", "Teilhabe für alle". Die den Selbstverantwortlichen noch die Bürde auferlegten, die Unwilligen, Gewaltbereiten weiter "mit zu nehmen". Hinter mir schufen sie das Gymnasium ab und ersetzten es durch die Gesamtschule. Aber schon bei uns tummelten sich viele, von denen ich mich später fragte: Was wollten die eigentlich da und warum wurden sie nicht früh ausgesiebt? In den Klassen 5 bis 7 waren Kloppereien zwischen guten Gymnasiasten und überforderten, neidischen und gewaltbereiten Problemschülern an der Tagesordnung. Wie sehr uns das im Lerntempo bremste, wurde mir erst bewusst, als ich in der Oberstufe meinen Physik-Leistungskurs auf dem Nachbargymnasium belegen musste. Das nämlich war inoffiziell eine Art städtisches Elitegymnasium. Meine Eltern, und die meiner Freunde, hatten sich nicht getraut, uns dort anzumelden. Aus Angst, dort weder leistungsmäßig noch vom Habitus der Eltern aus mithalten zu können. Denn dort trafen sich die Kinder der Oberschicht. Aber mit 18 begann für mich der Ausflug in diese Oberschicht. Und hoppla, das Tempo und die Intensität waren hier höher. Ich musste mich richtig anstrengen (zum ersten Mal), aber ich arbeitete mich bis auf eine 2+ hoch. Was ich auch lernte war: Auch in der Oberschicht gab es Schüler, die nicht in diesen Kurs gehörten, obwohl ihr Vater selbst Ingenieur war. Und der Lehrer siebte sie gnadenlos aus. Ich lernte den direkten Zusammenhang zwischen Anstrengung und Ergebnis.

Und das half mir direkt im ersten Semester meines Studiums, wo Physik wiederum ein Siebfach war. Ich kann an der Uni an und hatte bereits intensives Lernen gelernt. Etliche anderen fielen raus. Auch hier galt wieder: Einsatz lohnt sich. Und eine Stufe ergab hier die nächste. Ich bewarb mich als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl. Ich bekam den Job. Und machte hier meine Studienarbeit (übrigens bereits über den Einsatz künstlicher neuroyaler Netze in der Netzleittechnik). Und von hier aus bekam ich die Chance als Werkstudent bei RWE in Essen anzufangen. Und hier konnte ich später meine Diplomarbeit machen. Und dann bot man mir hier, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, einen befristeten Traineeevertrag an. Und auch hier musste ich mich wieder anstrengen, denn ich kannte bei RWE niemanden, der mich protegieren konnte. Außer meinem Diplomarbeitsbetreuer, zu dem ich mir meine Beziehung aber selbst erarbeitet hatte. 

Und so weiter. Bis heute würde ich sagen: Alles in allem, habe ich mich meistens als wirksam empfunden. Hoher Einsatz bewirkte neue Fähigkeiten und guten Lohn. Es war "normal", dass die Entwicklung solange nach oben zeigte, solange ich bereit war, Einsatz zu bringen. Aber immer bemerkte ich neben mir auch diejenigen, die ohne Fähigkeiten durch reine Protektion nach oben kamen und solche, die nur an Beziehungen arbeiteten, die sie ohne Anstrengung in hohem Lohn halten würden.

Aber das hat sich geändert. Die leistende einsatzbereite Schicht und Mentalität ist inzwischen eine Minderheit. Staat und Gesellschaft belohnen die Leistungsträger nicht  mehr. Sondern beschuldigen sie, dass sie den Deal nicht mehr einseitig einlösen wollen. In den Institutionen, der Form unseres Gemeinwesens, haben sich Kostgänger breit gemacht, die über die Gesamtschulen und Gesamthochschulen (wenn überhaupt mit einer Ausbildung) in Funktionen kamen, die sie nicht mehr ausfüllen können. Wo sie aber die Macht ausüben. Sie denunzieren die Leistungsträger als "Privilegierte". Leistungsfähigkeit und -bereitschaft werden hier inzwischen als angeborene Privilegien weißer Männer denunziert. Damit einher geht die große Selbstentlastung und der Freispruch von jedweder Aufforderung, selbst etwas leisten zu müssen. Damit einher gehen immer größere Hürden, selbst mal etwas aus den Versicherungskassen bekommen zu können, die man ein Leben lang finanziert hat. Und für sich selbst senken sie fortwährend die Hürden, sich an öffentlichen Kassen bedienen zu können. Obendrauf ziehen sie Millionen von Einwanderern ins Land, deren Unterhalt sie auch noch uns aufbürden wollen. Denn "Deutschland ist ein reiches Land", ist das Lieblingszitat der höheren Söhne und Töchter, die am Leistungsprinzip gescheitert sind, und jetzt dafür sorgen, dass ihr Scheitern als Schuld der Gesellschaft angesehen wird. Sie verbieten ja schon heute den Klügeren den Mund. Sie schaffen die Freiheit ab und installieren den Überwachungsstaat. Denn so wie die Mächtigen früher ihre Geheimdienste brauchten, um sich des Monopols des Staates zu vergewissern, so brauchen sie heute den Zensurstaat, um ihre Dummheit von den Klugen nicht enttarnen lassen zu können.

Eine Gesellschaft, die sich wehrlos diesen Marodeuren der Moderne ergibt, sich in Selbstzensur und Opferbereitschaft übt, ist zum Niedergang verurteilt. Und zwar einem Niedergang, der sich exponentiell beschleunigen wird. Zuerst werden nur die Goldränder abbröckeln. Dann bröckeln Putz und öffentliche Infrastruktur. Dann sieht es hier irgendwann so aus wie zum Ende der DDR und sie werden sagen: Schuld ist der Kapitalismus. Und sie werden die leistende Minderheit immer mehr beschuldigen und belasten. Und dann brechen irgendwann die Fundamente weg und dann wankt das Ganze. Und wenn es irgendwann nichts mehr zu verteilen gibt, werden die Bestien wieder erwachen. Und die Bestien werden nicht nur Hunger haben. Sie werden sich für die moralisch Höherwertigen halten und mit Selbstjustiz durch die Straßen ziehen. Die Anfänge davon kann man heute schon sehen.

Und dann werden wir beides verloren haben: Unseren Fortschritt und Stabilität.. 

Sonntag, 8. Mai 2022

Agilität und Demokratie brauchen Struktur

Ohne Massenmedien ist Demokratie in Deutschland nicht vorstellbar. Denn wen sollten die Leute wählen, wenn ihnen niemand sagt, wen? "Die plötzliche Freiheit ist das schlimmste." sagte eine mir bekannte Rentnerin. Sagten vielleicht auch viele Deutsche nach 1848, 1918 und 1989? 

Und nein, das hat nichts mit deutscher Ordnungsliebe zu tun. Diese halte ich noch für eines der konstruktivsten Wesensmerkmale der Deutschen. Denn nur was eine stabile, die Funktion unterstützende Struktur hat, kann etwas bewegen. Ordnung entspringt also der Erkenntnis, dass es wenig Sinn macht, sinn- und planlos irgendwie hin und her zu diffundieren. 

Aber genau das halten viele, die jetzt ungelernt in die Softwarebranche strömen, für Agilität. "Gebt Eure alten Vorstellungen auf und geht mit uns, mit der neuen Zeit. Werdet agil!" Rufen die, die gehört haben, dass bei uns jetzt viel von "Mindset" die Rede ist. Die jetzt hoffen, und glauben machen wollen, auf Fachkompetenz komme es jetzt gar nicht  mehr an. Sondern nur noch darauf, pseudofortschrittlich und vor allem soziologisch daher zu quatschen. Und da sind sie auch schon, Bachelors of Art, die Filmstudioassistenten, die Superschlauen die Festanstellungen nach dem Abitur für "superlangweilig" hielten und lieber "was mit Medien machten". 

Agilität ist, wenn wir jeden Tag neu darüber reden, was wir als nächstes machen und "was der Kunde will". Für ihren größten Widersacher halten diese Erwachten die Fachkompetenzen. Und unter diesen am meisten die Architekten, "Architekten sind Statiker - wir aber müssen agil denken." 

Falsch. Denn Agilität ist vielmehr die Kunst, von einem stabilen funktionalen Zustand in einen anderen stabilen funktionalen Zustand zu wechseln, ohne sich auf dem Weg dorthin im Chaos zu verlieren. Ständige Fluktuationen kosten nur Zeit und Energie. Und gehen in keine Richtung. Deshalb brauchen wir sie beide: Den, der um den Bedarf über das gewünschte Systemverhalten weiß. Und den, der um die Struktur weiß, die zu diesem Verhalten auf stabile Weise fähig ist. 

D. h. es laufen etwa folgende Analyseschritte ab:

Ist-Struktur --- ermöglicht---> Ist-Fähigkeiten

Ist-Fähigkeiten ---- ermöglichen ---> Ist-Verhalten

Soll-Verhalten ---- erfordert -> Soll-Fähigkeiten

Soll Fähigkeiten ----erfordern ---> Soll-.Struktur

Die hohe Kunst ist es, eine Struktur zu schaffen, die man gut auf neue Anforderungen anpassen kann. Wenn diese Kunst erfüllt ist, würde ich von einem agilen Projekt sprechen. Die Ungelernten propagieren aber, dass Agilität bedeute, man brauche keine Struktur mehr.

Aber nicht nur die Ungelernten stören. Auch Manager, die auf dem Weg zur neuen Struktur, das Soll-Verhalten oder Randbedingungen ändern, z. B. Terminvorgaben. Wenn man merkt, dass zwei Jahre Entwicklungszeit zu wenig waren, dann bedeuten zwei Jahre mehr Entwicklungszeit keinen Gewinn, wenn sich gleichzeitig die Anforderungen ändern. Dann wird man wieder da landen, wo man noch mal zwei Jahre bräuchte. (Aber ein CEO hat dann schon vier Jahre gewonnen, in denen er dem Aufsichtsrat unheimlich starke Visionen und Strategien präsentiert hat - und die Defizite der Organisation...).

Das Fazit der verzweifelten Kompetenzen lautet: Es war ohne Agilität schon schlimm. Aber jetzt ist es noch schlimmer. Jetzt werden sie für ihre Planlosigkeit auch noch gefeiert. Und sie werden die Folgen bei uns abladen. Als denjenigen, die mit der "neuen Freiheit und Selbstverantwortung" nicht umgehen konnten. Denn natürlich haben sie die operative Umsetzung ihrer Vorgaben komplett bei uns abgeladen.

Und im Intranet, dem Binnen-Massenmedium der Konzerne, wird es heißen: Die alten weißen Männer haben den Fortschritt behindert. Deshalb müssen wir sie loswerden. 

Vielleicht muss man mit dieser Erkenntnis auch die Skepsis gegenüber der Einführung von Demokratie verstehen. Vielleicht weniger gegenüber der Demokratie, sondern gegenüber den real existierenden Demokraten. Wenn Struktur und Stabilität verpönt sind, weil sie auch Missstände zementiert hatten, dann kann jeder Depp auf Fortschritt machen, indem er Demokratie und Freiheit propagiert. Und sich mittels Medien zu inszenieren weiß. Die Inkompetenten kommen in Demokratie über die Medien an die Macht. Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert die Demokratie. Weil die Mehrheit der Regierten zu bequem ist, entweder selbst zu kandidieren oder sich selbst auf den Weg zu den Quellen zu machen.

Für die wissenden Systemarchitekten ist das ein Dilemma: Sie wissen, die alte Struktur kann die neuen Anforderungen nicht - aber immerhin die alten, und zwar stabil. Und zu der neuen Struktur werden sie nicht gelangen, weil die manipulierte Mehrheit von Strukturen nichts mehr wissen will. Die Mächtigen aber leben jetzt davon, ständig neue Anforderungen durch das Projekt zu jagen. 

Sonntag, 1. Mai 2022

Wenn die Kriegsangst in die Magengrube rutscht

Vier Jahre ist es schon her, dass ich hier über meine Arbeit in einem internationalen Softwareprojekt in Berlin geschrieben hatte, Über Infotainment im Auto. Über die Welt als Dorf von Ingenieuren, die man irgendwo rekrutieren und sofort an Bord nehmen kann. Über die einzige erlebte Grenze die zwischen unserem Startup-Schnellboot und dem Konzernmutterschiff, dass sich nie bewegen wollte.

Und wir hatten viele Leute an Bord, deren Länder miteinander im Clinch oder sogar im Krieg lagen, also auch Russen und Ukrainer. Ich weiß noch, wie wir in Göteborg abends in einer Kneipe saßen und mir ein Projektkollege aus der Ukraine die frühere Marineindustrie am schwarzen Meer erklärte. Welch hohe Bedeutung die Ukraine für die frühere UdSSR gehabt hatte. 2018 lag der russische Angriff auf die Krim schon vier Jahre zurück, Und ich muss gestehen, in meinem Bewusstsein spielte das kaum eine Rolle. Viel vertrauter waren mir die Diskussionen zwischen einem US-amerikanischen Kollegen und einem aus Pakistan ("Ich could see your fighter planes towards Afghanistan from my window." - "Ah, the same as I had your islamists in my supermarket?"). Uns wurde die Absurdität von Krieg bewusst, wenn man sich persönlich kennt, Krieg ist Stellvertreterkrieg. Immer.

Inzwischen ist kaum noch einer der damaligen ersten Crew in dem Projekt tätig. Und die Frage, ob man im Auto einen Apple Music Account braucht kommt mir vor wie eine Diskussion über Sachertorte in Sarajevo 1914.

Mit Krieg und Kriegsgefahr ist es mit so vielen anderen Phänomenen. Man kann das alles vom Kopf her denken und diskutieren. Das ist ja der bevorzugte Diskurs von Bullerbü bis Prenzlberg über "Seebrücken", Windräder und Waffengänge. Man hört das und denkt. Aber man lebt auch - und erlebt manches. Und manches überlebt man nur durch Zufall: Nein, ich bin kein Rassist (bis ich zum ersten Mal beinahe selbst drauf gegangen wäre). Nein, ich bin kein Pazifist (bis ich zum ersten Mal selbst Uniform und Waffe trug). Nein, wir dürfen jetzt keine Angst zeigen und müssen Gegenrüsten (bis man die Panzertransporte selbst an einem Bahnübergang vorbei fahren sieht).

Was für Stefan Zwei die Heimkehr aus dem Strandurlaub in Ostende im Sommer 1914 war, steht uns allen noch bevor. Es hatte sich über Jahre eine Anspannung aufgebaut, die kaum noch auszuhalten war. Wer in der Lage war, selbst nachzudenken und sich möglichst bei Quellen zu informieren, zog sich aus allem zurück, was ein Risiko darstellte. Insbesondere den Rückzug aus der Großstadt aufs Land. Raus aus der Hauptströmung, die sich aufheizt, weil sie mit propagandistischem Dauerfeuer gegen "den Feind" gehetzt wird. Aufs Land, wo man sich mit vertrauenswürdigen Freunden aus allen Himmelsrichtungen persönlich trifft. Und nein, die Völker zogen 1914 nicht von sich aus enthusiastisch in den "Ausflug nach Paris". Dieser kurze Moment der Euphorie entsprang der sich entladenden jahrelangen Anspannung (so wie wir es beinahe zum Ende der Coronamaßnahmen erlebt hätte). Und den Blaskapellen, die die Kaiser durch Berlin und Wien schickten, um wie der Rattenfänger von Hameln, junge unwissende Propagandakonsumenten als Kanonenfutter zu rekrutieren. Damals wie heute, missbrauchten die gebildeten, in Sicherheit lebenden Stände das Volk da unten für ihre Zwecke Die von ihnen selbst angestimmte Propaganda geglaubt zu haben werfen sie ihnen nach der Katastrophe als Feigheit vor.

Die Kriegsangst rutscht irgendwann aus dem Kopf in die Magengrube. Wenn einem so richtig klar wird, was der Fall ist. Das Bewusstsein persönlicher Bedrohung. Und diese Kriegsangst ist es, die Leute Petitionen für Olaf Scholz schreiben lässt. Es muss keine persönliche Qualität von Scholz sein, dass er zögert. Ein Informationsvorsprung gegenüber uns kann das auch schon erklären. So ein Informationsvorsprung wie ihn Hans-.Dietrich Genscher während der NATO Übung Winter/Cimex im Februar / März 1989 hatte. Ich selbst nahm an dieser Übung als Wehrdienstlleistender Fernmelder teil.

Vordergründung sollte diese "Stabsrahmenübung" die Abläufe der NATO Führungsebenen erproben. Hierzu bauten wir in einem Wald in Schleswig-Holstein Fernmeldeverbindungen per Kabel und Richtfunk auf, über die dann NATO Offiziere ihre Kommunikation abwickelten. Für uns Fernmelder hieß das immer Stress am Übungsanfang (Infrastruktur aufbauen) und am Ende (Abbau). Dazwischen verbrachten wir langweilige Tage auf unserem Trupp. Es herrschte Winter. Wir hatten keine Toiletten. Wir hatten einen Dieselgenerator, einen beheizten Trinkwassertank. Und Lebensmittel wurden von der MatV gebracht. 

Wie ich erst später vom damaligen Sturmgeschütz der Demokratie erfuhr, offenbarten die US-Vertreter auf dieser Übung, wie sie die NATO wirklich dachten: Als Klassengesellschaft aus Opfer- und Führungsstaaten. Es gab nicht DIE Abschreckung, und nicht DIE Atomraketen. Kaum jemand las damals mal tiefer, um die Bedeutung von Kurz-, Mittelstrecken und Interkontinentalraketen wirklich zu verstehen. Um es zu verstehen, muss man Clausewitz und Brzesinsky gelesen haben. Nichts setzt die Bedingungen und die Rolle eines Landes in einem Krieg mehr als dessen geographische Lage. Und da sind die Staaten zwischen zwei Supermächte nur deren Spielbälle und Opferanoden. 

Ronald Reagan und George Shultz gaben im Februar 1989 folgendes Planspiel über unsere Leitungen bekannt: Wir beantworten die konventionelle Offensive der Sowjets mit einem taktischen Einsatz atomarer Kurzstreckenraketen auf die zentraleuropäischen Vasallen der UdSSR. Russland selbst sollte verschont bleiben, weil das eine "Eskalation" zum Einsatz von Interkontinentalraketen hätte bedeuten können, also einen Angriff auf die USA selbst. Und das wollten die Amis nicht. Nein, sie kalkulierten eine ebenso taktische Antwort des Kreml ein: Kurzstreckenraketen auf die Bundesrepublik und andere westliche Länder Mitteleuropas. 

Ob das der Sinn des Artikel 5 des NATO Vertrages sei, darüber stritten Kohl und Genscher mit ihren "Freunden". Und ich gehe jede Wette ein, dass man die Sache bis heute in den USA, und womöglich auch UK und Frankreich genau so denkt. Würden NATO-Frontstaaten angegriffen, würden die USA die Frage oder Sorge nach dem Risiko einer Eskalation aufwerfen. Die USA zeigten sich weder von der Enthüllung noch vom deutschen Protest beeindruckt. Unmittelbar nach der Übung planten sie die nächste in genau demselben Stil. (Und hat das vielleicht irgendeine Rolle beim Ende des kalten Krieges gespielt?)

Und übrigens: Waren wir uns beim Abfeiern von Reagan und Gorbatschow in Reykjavik bewusst, dass die beiden Supermächte dort nur über ihre eigene Sicherheit verhandelten? INF und die START Verträge handelten von Interkontinentalraketen, nicht Kurzstreckenwaffen. Wir Deutschen hatten davon fast nichts, außer etwas entspannteren Supermachtspräsidenten bei den 2+4 Verhandlungen zur Wiedervereinigung.

Und ich bin sicher, dass der Kreml das schon immer genau so gesehen hat: Die mitteleuropäischen Staaten sind Opferstaaten - einzig und allein wegen ihrer geographischen Lage. Im Kriege bedeutet Raum einen Zeitgewinn. Und das ist die Flugzeit von Angriffsraketen. Die Zeit, die der Angegriffene hat, um den Angriff zu erkennen und zu reagieren. 

Wenn man also versucht, Putins echte Eskalationsbereitschaft in seiner Drohgebärde zu erkennen, sollte man wieder daran denken. Auch er wird den Krieg auf Europa begrenzen wollen. Ich glaube, er würde seine Satellitenstaaten alle angreifen. Vielleicht auch noch Polen. Und in einer höheren Eskalation auf Deutschland. Aber niemals die USA, solange diese nicht ihn angreifen.

Das alles sind schon wieder Kopfgedanken. Aber wenn sie erstmal in die Magengrube rutschen. Wenn unsere Abschreckung bis hierher nicht funktioniert hat, auch weil unsere Uschi-Truppe niemand mehr ernst nehmen muss. Dann überlegt man sich wirklich haarscharf, ob eine Eskalation in Form von Waffenlieferungen (zu einem Proxy) wirklich in unserem Interesse ist. Ich neige zu der Antwort: Nein.


Donnerstag, 28. April 2022

Warum ich wieder blogge

Ich gebe es zu: Ich hatte mich von den Ambitionen unserer Regierungen und ihrer Exekutionsorgane ins Bockshorn jagen lassen. Dazu kam ein persönliches Umfeld, das voll auf Mainstream und Konformismus setzte. Dazu kam ferner die Erfahrung mit zwei Journalisten, von heute auf morgen den langjährigen Kontakt zu mir abzubrechen.

Ich dachte, ich könne es mir nicht mehr leisten öffentlich eine liberal-konservative, patriotische Haltung (auch dieses Wort ist inzwischen leider versifft) zu vertreten, ohne auf eine Abschussliste zu geraten. Der Witz ist dabei: von vielen weiß ich, dass sie denken wie ich. Aber das Prinzip der "Kontaktschuld" wirkt bei denen, die noch nicht am sicheren Ufer sind, so stark, dass viele einen dreimal verraten würden, bevor der Hahn dreimal gekräht hat.

Aber dann wuchs in mir wieder der Trotz. Anne Spiegel und ihre Rechtfertigungsversuche waren der letzte Auslöser. Die materielle und moralische Zersetzung unseres Landes sind derart gewachsen, dass die Risse inzwischen überdeutlich sind. Die Folgen von 16 Jahren Merkel und Steinmeier werden jetzt unübersehbar. Und da sehe ich es nicht mehr ein, schüchtern zu schweigen. 

Konformismus erstickt mehr intelligente, selbst denkende Bürger als dieser Covid2 Virus. 

Also, Visier wieder auf. Und umso mehr habe ich mich über die Übernahme von Twitter durch Elon Musk gefreut. Und die Panik, die die öffentlich-rechtlichen "Humorbeamten" (Ruhrbarone) jetzt ereilt ist mir ein Hochgenuss. 

Ich ziehe ausdrücklich meinen Hut vor den Leuten, die sich die ganze Zeit allein gegen den Strom gestellt haben. 

Montag, 25. April 2022

Von Rapallo bis zur NATO: Deutschland in der Zwickmühle

Erst jetzt, da uns das NATO Prinzip der kollektiven Sicherheit in die Handlungsunfähigkeit geführt hat, stutzen  viele zum ersten mal. Was ist das für ein Prinzip, dass uns die Füße still halten lässt, wenn der große Widersacher einen Staat in der Mitte angreift?

"Wir wollen einen dritten Weltkrieg, der zu einem Atomkrieg führen könnte, verhindern." sagt Bundeskanzler Scholz. Aber genau das könnte man bei jedem Angriff auf ein NATO-Mitglied sagen, wenn dann jemand den Artikel 5 ziehen will. Ginge dann auch die Diskussion erst los, ob man eine Eskalation will? Der Artikel 5 ist weicher als viele glauben (Hervorhebungen von mir):

Article 5

The Parties agree that an armed attack against one or more of them in Europe or North America shall be considered an attack against them all and consequently they agree that, if such an armed attack occurs, each of them, in exercise of the right of individual or collective self-defence recognised by Article 51 of the Charter of the United Nations, will assist the Party or Parties so attacked by taking forthwith, individually and in concert with the other Parties, such action as it deems necessary, including the use of armed force, to restore and maintain the security of the North Atlantic area.

Any such armed attack and all measures taken as a result thereof shall immediately be reported to the Security Council. Such measures shall be terminated when the Security Council has taken the measures necessary to restore and maintain international peace and security .

Quelle: NATO

Womöglich kennt Putin die Buchstaben des NATO-Vertrages besser als die Young Leaders des WEF, die es in Ministerämter geschafft haben (wobei "geschafft haben" eine freundliche Umschreibung ist).

Kurzum: Die NATO tut so, als würde sie der Ukraine gerne helfen, nutzt die Gelegenheit aber um einem der drei Supermächte wirtschaftlich so richtig einen mitzugeben. Und natürlich auch, um den eigenen Wehrtechnikherstellern einen kräftigen Schluck aus der Pulle zu gönnen. Aber eine funktionierende Sicherheitsstrategie für Europa haben wir nicht. Und aus deutsche Sicht ergänze ich steil: Hatten wir auch nie:

Was wir immer für die Stabilität des kalten Krieges hielten, das "Gleichgewicht des Schreckens" galt nicht für die Puffer- und Frontstaaten des kalten Krieges. Das folgt aus der Clausewitz'schen Erkenntnis, das Raum und Zeit zu den wichtigsten Ressourcen eines Krieges gehören. Die Flugzeiten der Atomraketen waren es, die den Atommächten in sicherem Abstand die Sicherheit verschafften, auf einen Angriff noch reagieren zu können. Diese Minuten hatten und haben geostrategische Bedeutung. Diese Minuten lassen Frontstaaten drauf gehen und Mächte auf anderen Kontinenten überleben. 

Die Sowjets waren mit ihren Kurzstreckenraketen gegen die Bundesrepublik erstschlagfähig. In dem Sinne, dass wir uns nicht hätten wehren können. Aber andere hätten unsere Vernichtung vergelten können. Das sollten wir als "Abschreckung" kaufen. Aber jetzt lernen wir gerade, wie abwägend sich Regierungen verhalten, wenn es ums Ganze geht. Auch ein Ronald Reagan oder Jimmy Carter hätte nach einem Erstschlag auf uns fragen können: "Sollen wir eine Eskalation bis zu Interkontinentalraketen riskieren, indem wir den Sowjets eine Antwort schicken?" Vielleicht wäre ein bürokratisches Gerangel losgegangen. Ein Abstimmungsmarathon, in dem Frankreich, in der 2. Reihe stehend, ein Veto eingelegt hätte?

Für uns Deutsche folgt daraus: Wir konnten und können uns kaum auf die NATO verlassen. Deshalb müssen wir besonders vorsichtig sein, wenn wir Teil eines großen Spiels werden - oder schon sind.

DAS ist, was mir wirklich Falten in die Stirn treibt. Zumal unsere eigene Wehrfähigkeit von Damen ruiniert wurde, die als Dank dafür Karriere in der Politik machten. Wir werden von der Leyen + Ruder, Kramp-Karrenbauer und Lambrecht natürlich als Rohrkrepiererinnen, als Versagerinnen, als Irrtümer. Aber ebenso gut könnte man sagen: Sie selbst haben den Schaden ja nicht gehabt.

Ostern 1922 überraschten Reichskanzler und Außenminister Rathenau die damaligen G7 Staaten bei ihren Verhandlungen über eine Lockerung der Restriktionen gegen Deutschland und Russland mit dem Rapallo-Vertrag. Beide verzichteten auf Sanktionen gegeneinander und befreiten sich aus den Boykotten der westlichen Kriegsgewinner. Deutschland lieferte der UdSSR die Technik, die es zur Ausbeutung und Verarbeitung seiner Ölvorkommen brauchte. Im Gegenzug bekam es Öl. 

Die Empörung des Westens (und der SPD) war groß. Riesengroß. Frankreich besetzte unter einem Vorwand das Ruhrgebiet. Im Juni des gleichen Jahres wurde Außenminister Rathenau auf der Fahrt ins Ministerium erschossen. Von zwei Typen, die später dem "rechten Lager" zugeschrieben wurden. 

Merke: Wenn Deutschland seine Rolle als Kanonenfutter gegen Sowjets/Russen ablehnt und stattdessen Verständigung mit Russland sucht, kommt es immer zum Moment der Wahrheit.

Freitag, 22. April 2022

Die Deutschen wechseln zu alternativen Antrieben

 Ich habe meinen Dienstwagen jetzt (endlich) von einem reinen Batterieauto zu einem Hybriden tauschen können. Warum "endlich"? Weil ich in dem Jahr gelernt habe, dass das reine Batterieauto (mit 58kWh Kapazität und 350-440km Reichweite, abhängig von den Außentemperaturen) sehr geeignet ist für Stadt- und Regionalverkehr. Aber nicht für Langstrecken, wie z. B. die 500km zu den Eltern.

Freunde und Verwandte fragten mich dann, warum ich ausgerechnet jetzt, da die Benzinpreise durch die Decke gehen, wieder zu Benzin wechsle. Meine Antwort: Weil ich nicht nur an die Benzinpreise sondern auch die Fähigkeit zur Flucht, wenn es mal sein muss, denke. Gerade die 500km, die ich näher an der Ukraine bin, als Westfalen, machen mir das bewusst. Wie sollte man mit meinem Batterieauto vor den Vandalen flüchten können...?

So wie ich denken offenbar viele Deutsche. Das zeigt die Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrt Bundesamt KBA (Pressemitteilung). 45% der Neuzulassungen im ersten Quartal 2022 hatten einen alternativen Antrieb. Aber Vorsicht: das ist nicht gleichzusetzen mit "elektrischem Antrieb". So aber lesen sich viele Zeitungsmeldungen und Pressemitteilungen interessierter Kreise. Das KBA hat aber eine gesonderte Statistik für elektrische Antriebe (Batterie und Hybrid) veröffentlicht. Und demnach waren nur 24% der Neuzulassungen mit elektrischem Antrieb. 

Viele Deutsche suchen also nach Alternativen, sind aber noch nicht vom elektrischen Antrieb überzeugt. Und dies trotz massiver staatlicher Förderung. Es ist halt in der Praxis immer noch eine Sache für Überzeugungstäter. Es beginnt mit der Möglichkeit und Erlaubnis (von der Hausverwaltung, der Eigentümergemeinschaft, der Stadtverwaltung), vor der eigenen Haustüre eine Ladebox zu installieren, die die 11kW auch wirklich ausnutzt. Es geht dann weiter mit Ladestationen beim Arbeitgeber und entlang der Langstrecken, die zum eigenen Leben gehören. Und selbst wenn hier eine Versorgung gegeben ist, hat man unterwegs immer die Frage: Sind die Ladestationen frei und in Betrieb, wenn ich dort ankomme?

Ein Freund von mir hatte sich zeitgleich mit seinem Wechsel zum Batterieauto eine mobile Ladestation gekauft, die er immer im Kofferraum dabei hat. Der Reserveakku quasi.

Der Vorteil der eigenen Ladestation ist natürlich: Ich hatte ein Jahr lang keine Tankstelle gesehen (außer zum Waschen) und hatte die Benzinpreise irgendwann nicht mehr im Blick. Habe das Auto immer zu Hause geladen. Die eigene Box ist immer frei und zu Hause hat man meistens Zeit zum Laden.

Aber dann kamen immer wieder die Langstrecken zu den Eltern oder Freunden. Anfangs haben wir uns Zugtickets gebucht. Aber fast jedesmal erlebten wir mit der Deutschen Bahn unterwegs einen Liegenbleiben. Einmal sogar 2 Liegenbleiben auf der gleichen Reise. Dazu kamen die 3-4h Zugfahrt mit Maske - was gänzlich unzumutbar ist. 

Danach mieteten wir uns jedesmal einen Mietwagen mit Dieselantrieb. Und voila: Statt 350km hatte ich wieder 890km Reichweite. Da fragte ich mich schon, warum ich diesen "Sch***" eigentlich mitmache?

Der Kompromiss lautete für mich: Umstieg auf Hybrid. Am liebsten auf einen Dieselhybrid, aber die haben wir nicht im Angebot. Der Diesel braucht mehr Bauraum als der Benziner und ist schwerer. Und das Gewicht eines Hybridfahrzeugs steigt wegen der Batterie eh schon erheblich.

Ich nutze die Ladestation jetzt weiterhin und fahre rein elektrisch in die Stadt und zurück. Z. B. zum Großeinkauf. Ich habe das beigelegte Ladekabel auch noch nie gebraucht. Aber das heißt nicht, dass ich nicht elektrisch fahre. Es ist eine Legende von Robert Habeck, dass die Leute den Hybrid nur kaufen, um die Förderung abzugreifen. Die meisten Stationen haben ein eigenes Ladekabel.

Ich schaffe die Strecke ins Ruhrgebiet auch jetzt ohne Nachzutanken, wenn ich mit vollem Tank und voller Batterie losfahre. Aber mit dem Diesel hätte ich noch den halben Weg wieder zurückfahren können, bis der Tank leer ist.

Was die Käufer sicher auch abschreckt, sind die rapide steigenden Strompreise. Der Staat kassiert ja auch hier kräftig ab. Im ersten Jahr meines Batterieautos habe ich es sehr deutlich gemerkt, dass die Verbrauchskosten mit einem Elektroautos weniger als die Hälfte von dem eines Diesel oder Benziner betragen. Aber die Strompreise steigen inzwischen und keiner weiß, wo es noch endet. 

Und dazu kommt auch: Je mehr Batterieautos in einer Siedlung geladen werden sollen, desto mehr werden die Netzbetreiber mitreden wollen, Irgendwann müssen sie entweder die Lasten steuern wollen oder die Mehrkosten für die Netzverstärkung umwälzen müssen. Das wird in einigen Jahren so kommen.

Und dann wird es mit dem Laden immer komplizierter und wird zur Planwirtschaft. Schon heute muss man darauf achten, dass man die Batterie nur zu 80% lädt, um ihre Haltbarkeit zu erhöhen. Man kann per App einstellen, wann man losfahren will, und dann lädt die Station erst kurz vor der Abfahrt auf 100% State of Charge. Das ist im Alltag natürlich lästig. Und die meisten werden sich nicht daran halten. 

Wenn die Stromversorger dann auch noch Anreize setzen, die Batterie als Speicher für das Netz bereit zu stellen, wird es noch komplizierter.

Mein Hybrid lädt statt mit 11kW nur mit 4kW und belastet das Ortsnetz und meinen Hausanschluss entsprechend weniger. Auch hier bin ich von den gerade beschriebenen Zusammenhängen weitgehend entlastet. Für mich spricht derzeit das meiste für einen Hybrid.

Dienstag, 19. April 2022

Verbote als europäische "Innovationstreiber"

Ein Freund gebliebener früherer Kollege fragte mich nach seiner ersten Testfahrt mit einem Tesla, wie ich die Zukunft der deutschen Automobilindustrie sehe. Er fragte nach einer Erfahrung, die ihn wohl begeistert hatte und gleichzeitig besorgte. Denn er hängt auch heute noch mittelbar von der deutschen Automobilindustrie ab. Die Frage, die 50+ ler umtreibt lautet: Werden wir es bis zur Rente schaffen, oder müssen wir doch auf Blockchains umsatteln?

Meine Antwort lautet: Wir haben die innere Stimme und Innovationskraft verloren. Ich könnte auch sagen: Den Lebenswillen. Denn nicht mehr sind Kreativität und Leistungswille der Fortschrittsmotor unserer Branche. Sondern Verbote und Gebote, die das Auto in den Dienst des "Wir statt ich" stellen wollen. Ich höre Sie jetzt fragen: "So wie früher beim VEB in Zwickau?" Und ich würde antworten: Ja genau.

Die nachrückenden Generationen sind unter Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Katrin Göring-Eckardt groß geworden. Sie kennen nur hängende Mundwinkel als Lebensgefühl, den verurteiltenden Zeigefinger als Geste und die Inkompetenz, die man leicht durch moralische Überlegenheit ersetzen kann, ohne dass man kritische Fragen fürchten muss.

Folgende Werte wurden völlig umgewertet:

- Können durch Sollen

- Kompetenz durch Moral

- Leistung durch Quote

Und so weiter, Ihr kennt das. Und da die neuen Leute nichts wissen, nichts entdecken, nichts erkennen außer über das Fehlverhalten ihrer Nachbarn müssen im Wirtschaftssystem neue Triebkräfte installiert werden. Produktentwicklung folgt inzwischen nur mehr gesetzlichen Vorgaben, die als moralische Vorgaben betrachtet werden. Und Produkte müssen nicht mehr ihre Käufer begeistern, sondern die Frauen auf der Kanzel, denen es ein Wohlgefallen ist, wenn die Gesetze sogar noch übertroffen werden.

Frage in diesem Land nicht, was die Naturgesetze für den Menschen tun können. Frage, was die Naturgesetze für die Moral tun können. Oder wie es grüne Spitzenpolitikerinnen in Ministerämtern gerne formulieren: "Den deutschen Ingenieuren wird schon etwas einfallen, da bin ich sicher." Und sie meint den edlen Wettstreit zwischen den unwissenden Inquisitorinnen auf der Kanzel und den ratlos umherblickenden Ingenieuren.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie das in Zukunft funktionieren soll. Aber so ging es früheren Ingenieuren auch schon, Wenn Stalin sagte, er brauche nur Elektrizität um die Leute zu beherrschen, dann meinte er sicherlich auch schon, dass seinen Ingenieuren schon etwas einfallen würde. Am Ende waren Zwangsarbeiter die Lösung, um die eigene Ideologie überlegen aussehen zu lassen. Vielleicht wird es ja wieder so kommen. Vielleicht werden alle die, die wirklich noch etwas können, von denen, die nichts können, aber moralisch überlegen sind, in Zwangsarbeit geschickt. Oder wie man es heute nennen würde: Ihr Renteneintrittsalter würde permanent "angepasst" werden.

Aber bis es den Leuten dämmert, wird noch ein Weilchen vergehen. Nach den Autos werden sich die "neuen deutschen Macherinnen" der "Digitalisierung" widmen. Gegen das, was sie sich noch ausdenken werden, werden Cookie Popups nur ein Staubkorb gewesen sein. 

Mittwoch, 6. April 2022

Agenda und Akteure wechseln von Pandemie zur Gasversorgung

Nachdem die Pandemie in Deutschland kein Ende findet, sondern im Sande verläuft zeichnet sich in puncto Angstagenda schon ihr Nachfolger ab: Die Gasangst.

Karl Lauterbach überreicht den Stab an Robert Habeck. Dieser hat als Dramaturg ja mindestens genauso viel Berufserfahrung wie sein Kollege. Habeck agiert jetzt und kommuniziert was die Stunde geschlagen hat. Nachdem er von den Scheichs in Katar zurück war, enteignete er erstmal Gazprom Deutschland. Dann guckte er sich eine Behörde aus, die wie bis dato das RKI fortan die negativen Folgen der Ministerpolitik verkünden müssen wird: Die Bundesnetzagentur. Praktischerweise wird diese ja von einem Grünen geführt. Und der schaute offenbar mal kurz auf die Webseite des RKI und guckte, wie die das vom Beginn der Pandemie an gemacht haben: Ah, ok. Einen regelmäßig zu aktualisierenden Lagebericht aufsetzen und Zahlen veröffentliche, die den Inzidenzen, Hospitalisierenden usw entsprechen.

Ich übersetze den Agendawechsel mal so:

Spahn / Lauterbach -> Habeck

RKI -> Bundesnetzagentur

Inzidenzen -> Abgeklemmte Gaskunden

Todesfälle -> Insolvenzen ("mit oder an Gasmangel")

Impfungen -> "Transformationen" auf regenerative Energien (Subtext: Selbst schuld!)

Maske -> Wohnzimmertemperatur / Duschverhalten

Solidarität -> Frieren für die Freiheit

Demographischer Makel -> CO2-Ausstoß 

Hotspot -> Großverbraucher 

Coronaleugner -> Putinversteher







Dienstag, 5. April 2022

Zurück an der Front..

Und plötzlich ist man ganz nah dran. Wir hatten uns im November aus Berlin zurückgezogen, ins ruhige Havelland - dachten wir. Dachten wir so wie eine frühere Kollegin, die sich in Norwegen ein "ruhiges Grundstück in der Nähe eines still gelegten Marinehafens" gekauft hatte und ein Blockhaus am Strand errichtete. Jetzt sieht sie im Sonnenuntergang die Silhouetten von Marineschiffen im Manöver. 

Oder wie ein früherer Kollege aus Göteborg. Als ich dort ein Projekt hatte, wandelte ich abends oft am Kai entlang. Dort war auch ein alter Marinestützpunkt mit museumsreifen Kriegsschiffen. Am Wochenende hörte ich von ihm, dass der nun reaktiviert worden sei. Keine Museumsschiffe mehr, sondern einsatzbereites Kriegsgerät. 

 Und am Sonntag bezog ganz in der Nähe eine Busladung Heeressoldaten der Bundeswehr ihre Unterkunft. Denn es soll ins Panzermanöver nach Klietz gehen. Zuvor hatten wir zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder eine Kolonne der Bundeswehr auf der B5 gesehen. Hatte ich nicht mal geschrieben, dass seit ca. 2011 die Zeit rückwärts läuft? Jetzt sind wir mindestens im kalten Krieg angekommen, für manche ist er sogar richtig heiß und mörderisch. 

 Da war die Pandemie nach dem dunklen, kalten Kryptowinter vorbei da steht das nächste große Ding an. Meine Branche freute sich schon auf wieder anspringende Lieferketten - bis dato war es vor allem ein Mangel an Steuergeräten gewesen. Jetzt bekommen wir auch keine Kabelbäume mehr. Und vielleicht bald auch keine Rohstoffe mehr aus Russland, die man für den Zusammenbau eines Elektroautos so braucht. Schon mehrmals hatte ich seit 2002 Stefan Zweig's "Welt von gestern" in die Hand genommen. Zu frappierend sind die Ähnlichkeiten zwischen uns heute und seiner Sicht auf die Welt vor dem ersten Weltkrieg. Nicht nur dass auch wir gläubige Anhänger von Wissenschaft, Technik und Kultur geworden waren. Die Krieg für eine Angelegenheit von gestern hielten, wie Gespenster und Aberglaube. Aber es ist alles zurück. Die komischen Figuran in Präsidentenämtern, die Kriegstreiber, die Kriegsgewinnler. Die Provokateure. Die Lügner und Kulissenschieber. Die Propagandamedien. 

Man muss jetzt selbst strategisch denken - und handeln. Längst müssen wir einen großen Teil unserer Wachzeit damit verbringen, endtweder Flucht oder Überleben vorzubereiten. Erst im Februar hatten wir hier im Havelland unseren ersten 10h-Stromausfall. Als der Orkan durchwehte. Da wird einem schlagartig klar, was man noch braucht. Und was man nicht mitnehmen würde, auf eine Fluchtroute gen.. ja, wohin eigentlich? Anfang 2020 hatten wir noch mit der polnischen Ostsee geliebäugelt. Ich dachte, den Westen (Frankreich) kannste vergessen. Die Freiheit liegt in Osteuropa. 

Aber jetzt ist es wieder anders. Im Osten, gleich hinter der polnisch-ukrainischen Grenze, regieren die Oligarchen. Da werden Komiker zu Präsidenten gemacht und Boxer zu Bürgermeistern. Und beide haben ihr Volk nicht vor Krieg bewahrt. Nee, haben es drauf ankommen lassen. Haben dem Bär auf die Tatzen getreten. Wenn Merkel einmal im Leben etwas richtiges getan hat, dann war es die Ablehnung, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Die Ukraine gehört nicht mit Waffen aufgerüstet, sondern als neutrale entmilitarisiert und garantiert. Wer aber so redet, gilt im Land der Kindergärtnerinnen als Putinversteher. Versteher gilt überhaupt als Schimpfwort. Übrigens genauso wie Querdenker. Oder besorgt sein. Oder in Wut. 

Trump hatte es alles vorhergesagt: Kein Nordstream 2. Höhere Rüstungsausgaben. Klartext mit Putin, mit Kim Jong-un und mit Xi Jinping. Aber wenn der Falsche das Richtige sagt, ist das ja falsch. Unsere stehen dicht hinter Baerbock, Habeck, Lambrecht und.. wie hieß noch unser Bundeskanzler?

Mittwoch, 26. Mai 2021

Was sich in 20 Jahren Softwareentwicklung verbessert hat

(Entwurf, wird fortgesetzt)

Die Älteren unter uns erinnern sich an Schlagzeilen über krachend scheiternde Großprojekte für die Einführung einer Unternehmenssoftware. Solche Schlagzeilen liest man inzwischen seltener. Woran liegt das? Hier meine Erkenntnisse auf der Basis eigener Erfahrungen:

1. Make vs. Buy

Treiber für Großprojekte sind oft die Ablösung einer sehr alten Kernprozess Software oder der Unterstützungsbedarf für neue Kernprozesse. Da gibt es 40 Jahre alte Kernsysteme, die im Unternehmen oder der Behörde selbst entwickelt wurden. Und der letzte, der den umdokumentierten Code noch kennt  und versteht, geht bald in den Ruhestand. Wenn die IT einer Leitung unterstellt ist, die von IT und Software nicht allzu viel besteht, sucht man hier vorzugsweise nach einer anpassbaren Kauflösung. Das gilt auch für den Neubedarf einer Software, wenn die Organisation neue Geschäftsprozesse einführt.

Das Problem mit Kauflösungen ist, man muss sie bei der Implementierung anpassen. Denn kein Unternehmen will seine Kernprozesse vollständig an eine Out-of-the-box Lösung eines Anbieters anpassen. Wenn der Kernprozess wettbewerbsrelevant ist würde das Unternehmen damit Wettbewerbsvorteile verspielen.

Anpassen heißt im besten Fall: Konfiguration. Was mit  der Anpassung von Eingabemasken anfing, dreht sich heute um die Gestaltung ganzer Abläufe und die Nutzbarkeit bestehender Datenstrukturen. Aber schon hier braucht man geschultes Personal, das sich mit dem zu konfigurierenden Produkt wirklich auskennt. Ich habe in meiner frühen Zeit als IT-Berater erlebt, dass IT-Unternehmen nur ungern vorab in die Ausbildung ihrer Spezialisten investierte, sondern erst tat, wenn das Projekt wirklich beauftragt war. 

=> Risiko Nr. 1: Ungeschultes Personal für das Customizing von Standardsoftware.

Reicht die Anpassbarkeit über die Konfiguration nicht aus, kommt die Frage nach der Umprogrammierung: Gibt es Mittel, den Code des Produktes selbst zu ändern um zu einer individuellen Lösung zu kommen? Auch solche Wege gibt es heute, aber man übernimmt hier sehr viel Selbstverantwortung. Man riskiert z. B. aus der automatisierten Wartung des Systems herauszufallen und Aktualisierungen künftig selbst mit eigenem Knowhow und Aufwand bewerkstelligen zu müssen.

=> Risiko Nr. 2: Unterschätzung des mittel- und langfristigen Risikos einer Codeanpassung

Wenn man sich diese Risiken klar macht, kommt die Entwicklung einer eigenen Anwendung im Haus vielleicht doch in Betracht und ist zu bewerten. Der Vorteil, wenn man es hinbekommt, ist natürlich, dass sich das Softwareprodukt an die Anforderungen der eigenen Prozesse anpasst und anpassbar bleibt.  Amazon ist ein sehr gutes Beispiel für ein digitales Unternehmen, dass seine Software von Anfang selbst entwickelt hat (bzw. entwickeln ließ). Prozesse sind dort im hohen Maße nicht nur digitalisiert sondern auch automatisiert. Und genau daraus zieht das Unternehmen große Wettbewerbsvorteile. Das Risiko besteht natürlich darin, dass sich das Unternehmen auf sich selbst verlassen muss und entsprechend qualifiziertes Personal braucht.

=> Risiko Nr. 3: Eigenentwicklung erfordert langfristige Selbstverpflichtung und Verfügbarkeit von sehr guten Spezialisten. Und ein IT-Verständnis im Top-Management.

Anmerkung: Jeff Bezos hat meines Wissens nie mit seiner Ahnungslosigkeit in Sachen IT kokettiert.

Fazit: Eine Kauflösung empfiehlt sich aus meiner Sicht um so mehr, je standardisierter und je weniger wettbewerbsrelevant der Prozess ist. Zumindest muss man in der Lage sein, solche Prozesse aus dem Gesamtgefüge herauszulösen, so dass man diese entsprechend abdecken kann. Produktentwicklung ist m. E. ein Beispiel, das sich schwer mit Standardprodukten umsetzen lässt. 

2. Methodiken

Was sich zwischen 2000 und 2010 dramatisch verbessert hat, sind m. E. die Methoden. Disziplinen wie Anforderungsmanagement, Architekturmanagement, agile Entwicklung haben Struktur in das Chaos gebracht. Es hat auch das Anforderungsprofil an die Projektmitglieder weit aufgefächert.

Lastenhefte waren früher nur für Eingeweihte lesbar. Und sie waren ein Absicherungsdokument für den Auftraggeber. Das einzige Qualitätsmerkmal das sie fast immer erfüllten, war das der Vollständigkeit. Alles was wichtig war, stand irgendwo. Aber basierte auf tausend unausgesprochenen Annahmen und nicht immer in dem Kapitel, wo man es vermutet hätte. Schon wenn der Auftragnehmer die Auswertung (die "Exegese") des Lasterhaftes auf mehrere Mitarbeiter, seine Spezialisten, verteilte, bestand das Risiko, etwas wichtiges zu übersehen. 

Ich glaube ähnlich verhielt es sich mit Pflichtenheften des Auftragnehmers. Hier versuchte sich dieser gegenüber dem Kunden abzusichern. Wir werden Ihre Anforderungen so und so umsetzen. (Wenn Sie etwas daran stört, sagen Sie es. Schweigen ist Zustimmung.)

Heute gehen wir anders, aber ganz anders an diese Disziplin heran. Heute entwickeln wir auf beiden Seiten erstmal ein Gesamtverständnis vom Produkt und seinem Zweck. Wozu willst Du etwas tun können? Um was zu erreichen? Aha, darauf willst Du hinaus. Aber da haben wir eine viel schlankere Lösung, als Du zuerst vorgeschlagen hast. Gut, dass wir vorher darüber gesprochen haben.

Der Autor des Lasterhaftes ist heute eher ein System oder Produkt Owner. Der Autor des Pflichtenheftes tendenziell ein Architekt. 

Architekturmanagement ist die zweite, heute gängige Disziplin. Die Beschreibung der Produktstruktur ist der Realitätscheck für das Projekt. Welche Anforderungen werden mit welchen Produktkomponenten umgesetzt? Kaufen wir diese oder entwickeln wir sie selbst? In welcher Reihenfolge (Releases) kann das Produkt entstehen? Wie kann eine erste Version aussehen und welche Benutzergruppe wird sie bedienen?

Owner und Architekt müssen hierfür in einem ständigen Dialog sein und am besten teilen sie sich das selbe Büro (wenn wir mal wieder im Büro sind). Und dieses Büro braucht Wände, auf denen man zeichnen kann. Unsere Sprache besteht aus Worten und Diagrammen. Ich habe mit genau dieser Konstellation allerbeste Erfahrungen gemacht: "Kollege, wenn wir jetzt noch dies und das können wollen, was brauchen wir dazu?". Schon während der Kollege antwortete griffen wir beide nach einem Stift und schritten zur Wand. Und erweiterten unsere Produktskizze. Das war das erste Mal in meinem Leben, wo ich dachte: Genau so muss der Job eines Ingenieurs ablaufen. Ein kreativer Prozess aus sich ergänzenden Spezialisten mit dem Gesamtverständnis für das Spiel.

Und wenn wir uns dann über das Was, Wozu und Wie einig sind, dann können wir unsere Epics und Stories in die Implementierung geben. 

Und auch hier gibt es dramatische Verbesserungen zu früher: die iterative Entwicklung mit regelmäßigen Anforderungsklärungen, Reviews und Tests. Nicht den einen großen Knall am Ende des Projektes. Scrum, Scaled Agile sind Methoden, die für meine Begriffe genau so viel Wert geschaffen haben wie manches Unternehmen.

Dieser regelmäßige Austausch zwischen Fachbereichssicht und Entwicklerteam sichert das Projekt ständig ab. Man kann dann bei der Bergbesteigung dann eigentlich nicht tiefer zurückfallen, als der Ankerpflock des letzten Releases.

Dieser regelmäßige Umgang miteinander bewirkt auch ein wachsendes Vertrauen. Und wachsendes Vertrauen öffnet die Kommunikation und reichert das Wissen über Was und Wie auf beiden Seiten an. So entsteht ein Gesamtteam, das sich mit dem Produkt und mit sich als Team identifiziert. 

Es erfordert auf beiden Seiten aber auch die Bereitschaft, der anderen Seite zuzuhören und zu lernen. Entwickler empfinden den hohen Kommunikations- bzw. Meetinganteil manchmal als störend und hemmend. Aber nach einiger Zeit empfinden es meistens alle als nützlich.

Und umgekehrt: Ich kenne Prozessmenschen die sich ganz bewusst (um nicht zu sagen "selbstbewusst") von der IT abgrenzen und ein Verständnis von Delegation gegenüber der IT haben. Nein, auch der Fachbereich, der von einem Prozess und somit einem System abhängt, muss hier ein Verständnis über Möglichkeiten und Restriktionen und Zusammenhänge aufbauen. Jedenfalls im Groben.

3. Projektpersonal

Das ist der Grund, warum Softwareprojekte heute nicht nur Logiker brauchen. Sondern auch sprachlich begabte Leute. Begriffsbildung, Kontextvermittlung, die Unterscheidung zwischen Zweck und Mitteln - also eine bewusste Verwendung von Sprache und Bildern ist sehr wichtig. Hierzu gehört auch die Fähigkeit des Zuhörens. Und ich kann versichern: Hierzu hilft es auf Dauer ungemein, nicht nur Fachliteratur zu lesen, sondern auch andere Literaturgattungen. Das gleiche gilt für das gehörte Wort. Ich bin mit einer Germanistin verheiratet und ich habe unzählige Diskussionen über die Verwendung von Sprache und Begriffen ("Kommunikation?!") hinter mir ;-).

Neben der Sprache braucht es Verantwortungsbereitschaft und den Willen zum Mitdenken. Mein Verständnis der Owner - Rolle ist aus dem Produktmanagement abgeleitet. Ein 360° Blick auf das Produkt. Von allem muss ein Owner so viel verstehen, dass der die Implementierungsoptionen mitentscheiden und tragen kann. Das Team muss ihm Optionen mit Vor- und Nachteilen, auch technischen, anbieten. Ein Owner muss dann entscheiden können. Die Entscheidungen werden nie perfekt sein, das sind sie auf einem Markt nie. Die eigene Vorgehensweise muss auch immer Raum für Korrekturen lassen, bei denen man vielleicht mal Zeit verliert, aber nie das ganze Produkt.




Dienstag, 11. Mai 2021

Hochschulabschlüsse von Elektronik und Automobil CEOs

Welche Abschlüsse haben die CEOs in den Branchen Automotive, Software und Hardware? Haben Unternehmen mit einem Informatiker oder Elektroingenieur derzeit mehr Erfolg als Physiker und Maschinenbauer? Entscheidet selbst:

Elon Musk, Tesla: Physik und Volkswirtschaft

Mary Barra, GM: Elektrotechnik und MBA

Oliver Zipse, BMW: Maschinenbau (Vordiplom in Informatik und Mathematik)

Ola Källenius, Daimler: International Management und Finanzbuchhaltung

Herbert Diess, VW: Maschinenbau

Dirk Heiligenberg, Cariad (VW-Tochter für Softwareentwicklung): Physik

Linda Jackson, Citroen: MBA

Luca de Meo, Renault: BWL

Volkmar Denner, Bosch: Physik

Nikolai Setzer, Continental: Maschinenbau und Ökonomie

Michael Mauser, Harman: MBA

Tim Cook, Apple: MBA (Arbeitsgestaltung)

Sundar Pichai, Alphabet (Google): Werkstoffwissenschaften

Harold Goddijn, TomTom: BWL

Jen-Hsun Huang, Nvidia: Elektrotechnik

Pat Gelsinger, Intel: Elektrotechnik

Maria Anhalt, Elektrobit: Computerwissenschaften


Mittwoch, 5. Mai 2021

Der kommende Öko-Stände-Staat

Wenn wir allein die letzten zwei Wochen rekapitulieren (Managerpropaganda am "Erdentag", Baerbocks Kanzlerkandidatur, Grundrechte für Geimpfte, Hausdurchsuchung bei einem regierungskritischen Amtsrichter in Weimar), werden die ersten konkreten Elemente der kommenden Ökodiktatur sichtbar.

1. Was sich für Jupiter ziemt, ziemt sich nicht für alle
Unser Vorstand schickte uns am "Erdentag" seine "Klimabotschafter" um uns zu befragen, wie wir persönlich künftig CO2 einsparen wollen - zu dokumentieren bitte in einer zentralen Datenbank. Zur Inspiration sahen wir eine Folienpräsentation in denen von deutschen Mittelgebirgen als Urlaubsorte und Bekleidung aus zweiter Hand die Rede war. Der VV selbst verpflichtete sich übrigens zu überlegen, ob er seinen Dienstjet gegen ein sparsameres Modell eintausche.. Dienstliche Flüge machen seinen größten CO2-Absruck, you know, da braucht man über den privaten Lebensstandard gar nicht zu reden..

2. Baerbock
Ohne richtigen Bildungsabschluss, aber immerhin als Mutter, die überall mitreden will, kandidiert sie jetzt. Sie kennt sich zwar bei kaum einem der wichtigsten Politikfelder richtig aus und verwirrt zudem mit sprachlichen Böcken ("Grundschauen schulen", "Europa verenden", "Kobold", "das Netz speichert die Energie", etc.) aber darin finden sich in den Neu- und Altbauten am Prenzlauer Berg und an der Elbchaussee viele wieder. So wie sich ja auch viele in Merkels autoritärer Bräsigkeit wiederfanden.
Sie wird die Umsetzung ihrer spinnerten Pläne an uns Ingenieure delegieren ("ich verlasse mich da auf die Kreativität unserer Ingenieure") und wenn das nicht funzt, wird sie uns ein paar staatlich bezahlte Coachinnen und Klimabotschafterinnen an die Seite stellen.  

3. Grundrechte
Tja also, falls Ihr es noch nicht selbst gemerkt habt, traue ich mich kaum, es Euch zu sagen. Aus Merkels Coronapolitik folgt: Für höhere Ziele, darf man Grundrechte einschränken. Solange bis die Zielvorgabe der Regierung erreicht ist. Weder schuldet die Kanzlerin einen Nachweis für die Wirksamkeit ihrer Zielvorgabe noch eine Korrektur wenn sie fehl schlägt. Sie wird uns das Reisen, Einkaufen, Erleben entweder verbieten oder arg verteuern. Bis die Flughäfen, Stände und Hotels wieder so leer sind, dass es den grünen Eliten wieder Spaß macht. Deutschland wird ein Wandliz werden, zu dem nur die Ökoelite Zutritt haben wird.

4. Gewaltenteilung
Die Bachelors of Arts, Kommunikation"Wissenschaftlerinnen" und "Coaches" verstehen eh nichts von Gewaltenteilung. Hauptsache, Mutti macht. Widerspruch ist Laberei, weg damit. Wer meint, das hohe Ziel des heiligen Klimaschutzes in Frage stellen zu müssen, gehört weggesperrt. Am besten mit einer Diagnose auf geistige Krankheit. 

5. Doppelte Standards
Ein Klimabeirat antwortete neulich auf die Frage, was denn sein Beitrag zum "Erdentag" sei, sein größter Beitrag sei es, andere zur Einschränkung aufzufordern. So viel könne er durch eigene Einschränkung gar nicht erzielen.
Drum: Wenn Du 10 Mitarbeiter oder Nachbarn vom Mittelmeerstrand in die deutschen Mittelgebirge gelenkt hast, dann steht Dir ein Flug in die Karibik zu. 

6. Islamisierung
Und auf das alles noch obendrauf, gehen die ungebildeten Einwanderer aus verdummten Ländern Hand in Hand mit den Ökomuttis. Beide stellen nur Ansprüche an die Wertschöpfenden. Beide haben von Technik und  Wissenschaft Null Ahnung. Beiden benutzen die Errungenschaften zur Selbstdarstellung und Veröffentlichung ihrer Forderungen. Beide ersetzen das Argument durch Meinung. Beide berufen sich auf Höheres (Allah, Klima) und rechtfertigen damit Hetze und Gewalt.

Die Ökodiktatur wird lästig, bräsig, dumm, bieder. Sie wird das Gegenteil vom Mauerfall oder der Interneteuphorie Ende der 90er. Sie wird nicht entfachen, inspirieren, anfeuern, begeistern. Sie wird deprimierend, öde, gefährlich.

Es sei denn, die Mehrheit (die ja nicht so denkt) besinnt sich endlich auf ihre Stärke und ruft laut "NEIN!".

Donnerstag, 29. April 2021

Raus zum Widerstand!

Ich überlege ob ich mich zum ersten Mal aktiv an einer offensiven Maidemo beteilige. Nein, nicht an der Hetze der "Wer hat, der gibt"-Kommunisten. Sondern für die Kritik der praktischen Vernunft. Denn die  Propaganda der CDU läuft gerade wieder mal auf Hochtouren:

1. Hotspots

Die PR-Agentur der CDU hat lange gebraucht, bis sie einen Frame hatten, den sie um die unangenehme Wahrheit von Hotspots zimmern konnte. Unsere Intensivbetten werden hauptsächlich von arabisch-türkischen Migranten belegt. Also Leuten, die sich den Maßnahmen verweigern, und zwar nicht nur im Ramadan. 

Die Aufgabenstellung von Merkel, Spahn und Laschet an ihre PR-Agentur lautete: Münzen sie das illegale Treiben dieser Superspreader in einen Vorwurf an die Mehrheitsgesellschaft um.

Das Ergebnis hat die NRW-Integrationsministerin jetzt bei Gabor Steinhart vorgestellt (Quelle: https://www.thepioneer.de/originals/steingarts-morning-briefing/podcasts/keine-deutsche-pandemie).

  • Das Behördendeutsch ist schuld. (Oder das Deutsch an sich?)
  • Arabische Großfamilien leben in viel zu kleinen Wohnungen (denn die großen werden von den deutschen Kleinfamilien belegt?).
  • Arabische Coronaleugner sind Opfer von Verschwörungstheorien.
  • Arabische Einwanderer arbeiten überwiegend in Jobs mit vielen Menschenkontakten.
  • Arabische Einwanderer können sich kein Auto leisten und fahren überproportional Bus und Bahn (und entsprechen damit Merkels Klimapolitik!).
Also merken:
  • Deutsche Schauspieler, die die Maßnahmen der Regierung kritisieren sind Nazis.
  • Türkisch-arabische Coronaleugner und Impfverweigerer sind Opfer.

2. Merkels neueste Statistik

Kann mir einer erklären, was Merkel meint, wenn sie sagt, die Inzidenz steige mit wachsender Impfquote? Was sie meint mit, mit wachsender Impfquote steige das Infektionsrisiko? Rechnet man das hoch, steigt das Infektionsrisiko gegen unendlich, je mehr wir uns der 100% Quote nähern.

Merkel bereitet neue Lügen vor, mit denen sie den Lockdown verlängern wird. Das ist meine Erklärung bis es mir jemand erklärt hat.

3. "Sonderrechte" für Geimpfte

Warum untersucht kein deutsches Institut die wichtigste aller Fragen: Sind Geimpfte weiterhin ansteckend oder nicht? Warum liest uns Drosten jeden Tag weiter vor, welche Ergebnisse andere internationale Forscher erarbeitet haben? Warum bewertet er nur andere, leistet aber selbst nichts? Gut, man könnte sagen: So versteht Deutschland seine Rolle in der Welt ja generell. 

Aber hier kostet diese Dekadenz gerade viel Geld und Leben!

4. Guck mal da, Indien!

Das Staatsfernsehen hat es diese Woche geschafft, unseren Blick von den erfolgreichen, gut regierten  Ländern wie Israel, UK und USA abzulenken auf die spektakulären Bilder eines noch schlechter regierten Landes als Deutschland: Indien.

Aber schon ein Blick auf Our World in Data zeigt: Indiens Zahlen sind bezogen auf die Bevölkerung nur etwas schlechter als die Deutschen. Nur schlägt sich das in einer Milliardenbevölkerung natürlich in dramatischeren absoluten Zahlen nieder. Aber die Zahlen besagen: Im Grunde könnte Deutschland auch in Indien um Coronahilfe nachfragen. Denn wir sind genau so schlecht regiert, verwaltet und genau so arm.


Das alles und noch viel mehr lässt mich dieses Jahr zum 1. Mai nach draußen vor die Türe gehen.