In vielen Europäern bohrt die Frage "Warum kamen wir von einer funktionierenden Sicherheitsarchitektur mit Abrüstung wieder in eine Spirale des kalten Krieges mit rasant ansteigender Kriegsgefahr?"
Neben dem Verhalten auf beiden Seiten des früheren Frontverlaufs gibt es treibende Faktoren, die unabhängig von unserem Verhalten sind: Die neuen Großmächte.
Das Gleichgewicht des Schreckens hatte mit nur zwei Lagern noch eine relativ einfache Struktur. In sich war es aber auch komplex, denn man muss nicht nur Atomsprengköpfe zählen, sondern auch deren Trägersysteme und Reichweiten berücksichtigen, um die berechtigten Interessen beider Seiten gut auszutarieren.
Aber mit China, Pakistan, Indien und Nordkorea auf dem Plan ist es fast unmöglich, ein "Gleichgewicht des Schreckens" herzustellen. Denn hier bedroht nicht jeder jeden, aber mehrere bedrohen mehrere.
Russland und USA würden auf Sicherheit verzichten, wenn sie die neuen Mächte einfach ignorieren würden. In einer idealen Welt könnte man versuchen START und INF einfach auf ALLE Atommächte zu erweitern. Aber diese Vorstellung überfordert die besten Unterhändler - und wir haben es im Westen heute nicht mehr mit guten Unterhändlern zu tun. Also ist es nachvollziehbar, wenn Russland und die USA sagen: Wir lassen uns nicht mehr einseitig zu Abrüstung verpflichten sondern rüsten mit Blick auf die anderen Mächte nach.
Der treibende Unsicherheitsfaktor ist hier also die Entwicklung der Nationen. Neue Mächte haben den technologischen Stand erreicht, den vorher nur Russland und die USA hatten.
Ein zweiter Faktor der eine einmal etablierte Sicherheitsarchitektur unwirksam macht ist die technische Entwicklung von Raketenantrieben und Raketenabwehrtechnik:
- Funktionierende Raketenabwehr macht das "Gleichgewicht" des Schreckens zunichte, wenn sich ein Angreifer vor dem Zweitschlag des Gegners schützen kann. Für ihn entfällt dieses Kalkül. Eine Antwort darauf kann aus einer Erweiterung von Masse bestehen ("Übersättigung").
- Eine Taktik, mit der die Russen derzeit die zu dünne Raketenabwehr der Ukraine ausnutzen: Sie schicken einfach gleichzeitig mehr Raketen und Drohnen, als die Ukraine abwehren kann. Dieses Prinzip kann man auch gegen ein "National Defence Missiles" Programm anwenden.
- Ein andere Antwort auf eine Raketenabwehr des Gegners sind Ultraschall Raketen. Sie verkürzen die Vorwarnzeit für Erkennung und Bewertung eines Angriffs erheblich. Alle Monitormaßnahmen werden wertlos und müssen aktualisiert werden.
- Wenn wir es nicht wissen, müssen wir testen um uns ein Bild zu machen. D. h. einseitige Angebote zur Deeskalation machen und sehen wie Putin reagiert.
- Dazu bräuchten wir fähige und selbstbewusste Diplomaten, die die Deutschen aber nicht wählen.
- Ich misstraue Putin nicht, weil ich etwas über ihn weiß. Sondern weil ich zu wenig weiß und das was ich sehe, Angst macht. Wie einem Steinzeitmenschen oder Abergläubischen Mittelalterzeitgenossen, der eine Gewitterfront auf sich zu rollen sieht.
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