Das IT-Outsourcing, also die Auslagerung der Informationstechnik und -daten eines Unternehmens an ein spezialisiertes -und in der Regel amerikanisches- Unternehmen ist seit mindestens 10 Jahren die Königsdisziplin bei den großen IT-Unternehmen. IBM (Michael Diener, Rudi Bauer, man erinnert sich.. und erschreckt sich: liefert IBM nicht auch Server..?), EDS, Accenture und wie sie alle heißen umwarben und umwerben die IT-Chefs und locken mit der Übernahme lästiger Routineaufgaben in Betrieb und Wartung und des Personals sowieso.
Banken, Netzbetreiber, Versicherungen, die staatlichen Sozialversicherungen usw. sie alle sollten ihre Kundendaten herausrücken und auf fremde Server verlagern.
Die Outsourcingunternehmen würden die "Prozesse" soweit straffen und Mengeneffekte nutzen, so dass der Betrieb von IT deutlich billiger werden müsste. Worin sonst stecken die laufenden Kosten einer Girokonto- oder Depotführung oder der monatlichen Telefonrechnung wenn nicht in der Ausführung von Rechenprozessen? Vierzig Prozent der laufenden Kosten gingen bei der Telekom vor zehn Jahren in die Erstellung monatlicher Telefonabrechnungen. So kamen die Anbieter irgendwann auf die Idee von Flatrates.. Die restlichen Kosten gingen für Strom und Personal.
Hat der IT-Dienstleister genügend Outsourcingverträge hereingeholt, beginnt er sogleich die Suche nach Kosteneinsparungen. Müssen die Rechenzentren, in denen die Girokonten von Privatkunden geführt werden, in Frankfurter Premiumlage liegen? Warum nicht "nach Kräften" in billige Länder auslagern? Und dort alle Abläufe standardisieren? Datenschutz? Pah, das sind Luxussorgen ("Auf den internationalen Kapitalmärkten... blah bläh bläh.").
Aktien großer IT-Dienstleister würde ich jetzt verkaufen. Denn mit ziemlicher Sicherheit werden Banken bald berichten müssen, bei wem und wo sie ihre Daten lagern. So schätze ich jedenfalls die gelernte Journalistin und heutige EU-Justizkommissarin Reding ein. Und dann werden sie einiges zurück holen und mit "Hosted in Germany" oder so ähnlich Werbung machen.
Gut, das macht die Konten vor dem NSA auch nicht sicher. Auch, weil Steinbrück den Zugriff des Staates so wie so eingerichtet hat und Schäuble und die EU bereit sind, diese Daten an die Briten und Amerikaner weiterzureichen.
Aber wenigstens der Gerichtsstandort wäre dann Deutschland.
Facebooknutzerin Lieschen Müller oder diese Domscheits und andere Piraten mögen sich nun aufgewertet fühlen, wenn sie sich "gruselig" vorstellen, wie Schlapphüte ihre Postings durchforsten. Doch für die ist das nur Zeitverschwendung. Die Cloud gibt es schon lange, nur halt nicht für Privatbenutzer und um von dort Musik herunter zu strömen.
Nein, es geht um Finanz- und Knowhowströme. Und sicher auch um Terrorabwehr. Übrigens glaube ich die Mär nicht mehr, man wisse nicht, was passiere, wenn man aufhöre Banken zu retten. Die Informationen über die Verflechtungen der Weltfinanzwirtschaft liegen sicherlich vor. Smiley.
Donnerstag, 31. Oktober 2013
Dienstag, 29. Oktober 2013
Tue Gutes - aber lass Dich dafür bezahlen - Die ARD Fernsehlotterie zieht Konsequenzen
Jahrzehntelang glaubte ich, bzw. nahm stillschweigen an, es beschäftigte mich eigentlich nicht, dass die Prominenz, die für Fernsehlotterien wirbt, dies pro bono tut. Dass sie hier etwas spendet, was sie von der Fernsehgemeinde zuvor aufgenommen hatte: Vertrauen.
Wenn ein Thomas Gottschalk, ein Jörg Pa... Pilava oder eine Monica Lierhaus für die Aktion Mensch warben, dachte ich Größe zu schauen.
Bis zu dem Moment, in dem die Diskussion um das Honorar für Monica Lierhaus losbrach. Erinnern Sie sich: Nein, es waren nicht 45.000 EUR pro Jahr, sondern 450.000!
Begründet wurde dies mit der Prominenz, Bekanntheit, dem Vertrauensvorschuss seitens der Zielgruppen. Übergangen wird dabei, dass wir es sind, die diesen Leuten dieses Vertrauen geben. Und zu den Gründen, warum wir dies tun, gehört die Annahme, dass diese auch mal etwas für einen guten Zweck spenden. So wie der eine oder andere von uns auch, jedenfalls soll uns das "Vorbild" ja anregen.
Dafür bezahlen lässt sich in der Tat auch nur diese Generation von GEZ-Empfängern. Einem Wim Thoelke wäre das sicher zu blöd gewesen.
Die ARD hat jetzt beschlossen, Konsequenzen zu ziehen. Von 2014 an verzichtet sie auf den Prominentenbonus und will Betroffene als Werber einsetzen. Man darf gespannt sein, ob diese dann auch etwas dafür bekommen.
Wenn ein Thomas Gottschalk, ein Jörg Pa... Pilava oder eine Monica Lierhaus für die Aktion Mensch warben, dachte ich Größe zu schauen.
Bis zu dem Moment, in dem die Diskussion um das Honorar für Monica Lierhaus losbrach. Erinnern Sie sich: Nein, es waren nicht 45.000 EUR pro Jahr, sondern 450.000!
Begründet wurde dies mit der Prominenz, Bekanntheit, dem Vertrauensvorschuss seitens der Zielgruppen. Übergangen wird dabei, dass wir es sind, die diesen Leuten dieses Vertrauen geben. Und zu den Gründen, warum wir dies tun, gehört die Annahme, dass diese auch mal etwas für einen guten Zweck spenden. So wie der eine oder andere von uns auch, jedenfalls soll uns das "Vorbild" ja anregen.
Dafür bezahlen lässt sich in der Tat auch nur diese Generation von GEZ-Empfängern. Einem Wim Thoelke wäre das sicher zu blöd gewesen.
Die ARD hat jetzt beschlossen, Konsequenzen zu ziehen. Von 2014 an verzichtet sie auf den Prominentenbonus und will Betroffene als Werber einsetzen. Man darf gespannt sein, ob diese dann auch etwas dafür bekommen.
Montag, 28. Oktober 2013
Samstag, 26. Oktober 2013
"Aufklärerisch wäre es, unsere Natur wieder zu akzeptieren"
Wir kommen mit der Aufklärung erst weiter, wenn wir uns (wieder) unsere Natur eingestehen und nicht weiter versuchen, die Vernunft von der Natur weiter zu entfernen. Mit diesen Worten hat der Berliner Religionsphilosoph im philosophischen Radio im WDR die richtige Antwort auf den grünen Zeitgeist gegeben. Einen Zeitgeist, der begonnen hat, Biologie für ein "soziales Konstrukt" zu halten.
Mit Natur ist hier das in uns angelegte gemeint, die Natur, die zur Freude, zum Rausch, zur Befriedigung führt. Nicht die Natur, die die Tempolimit- und Rauchverbotsfreunde "schützen" wollen.
Intelligent Design vs. Sozialkonstrukte
Über George W. lachen und sich selbst für aufgeklärt halten, weil er dem "intelligent Design" anhängt. Und dann Geschlechter zu Konstrukten erklären. Die Natur da draußen auf den Sockel heben, aber die eigene Natur wie etwas fremdes, aufgezwungenes abstreifen wollen. Die Probleme mit dem eigenen Selbst, dem stockenden Heranreifen, der tiefen Verzweiflung über die Einsamkeit, die Beziehungsunfähigkeit, diese Verunsicherung -wenn nicht Depression- zu einem Lifestyle erheben und massenhaft über die Gesellschaft kippen und zu deren Angelegenheit machen, und zu behaupten, das sei Aufklärung, genau das ist Berlin.
"Leugner" spricht die Inquisition
Man soll anders Denkende ja nicht als Leugner bezeichnen. Es leugnet nicht der, der nach Beweisen verlangt. Es leugnet der, der die Beweise übergeht, ignoriert, verbietet oder behauptet, sie träfen nicht zu. Der Begriff "Holocaust-Leugner" ist eine zutreffende Bezeichnung, denn den Holocaust gab es. Wie praktisch, dass das Publikum fortan alles was "geleugnet" wird, als dem Holocaust vergleichbar bewertet. So wie nach dem Neonazi alles niedergemacht werden kann, indem man es mit dem Attribut "Neo-" belegt.
Der Begriff "Klima-Leugner" ist eine inquisitorische Anmaßung, denn von ihm wird nicht Gewesenes in Zweifel gezogen, sondern Belege oder Beweise für eine Prognose oder Behauptung verlangt. Wenn ich sage, ich glaube dem Wetterbericht nicht mehr, weil er in der Vergangenheit immer seltener gestimmt hat, handle ich vernünftig. Wenn ich sage, ich glaube der Klimaprognose nicht, werde ich als "Leugner" tituliert. So als lästerte ich den neuen Klimagöttern, anstatt mich bei den Klimagläubigen einzureihen.
Selbstverantwortung ist das neue "Rechts"
Umgekehrt, wenn ich vor der Eurokrise warne, gelte ich als "rechts". Wobei man sich nicht mal mehr die Mühe macht zu erklären, was daran denn verwerflich sei. Das Publikum soll den Umkehrschluss ziehen: "Rechts" ist die Bezeichnung für Leute mit abweichenden Meinungen und Handlungen. Die Abweichung liegt in diesem Fall darin, dass ich meinem Interesse an meiner Existenz, Wohlergehen Vorrang einräume gegenüber einem Problem am Ende der Welt. Das Bescheidwissen (bzw. rezitieren können) über alle dortigen Probleme, diese im Internet angelesene Vielwisserei gilt heute als Aufklärung. Worüber man jede Woche "aufgeklärt" wird, überlässt man den Nach-richten-portalen.
Also, wer die Behauptung der Linken anzweifelt, ist ein Leugner. Linke, die Evidenzen abstreiten (wie z. B. das Geschlecht), sind keine Leugner, sondern erweitern -aus ihrer Sicht- die Aufklärung. Aufklärung vollzieht sich, indem man naturwissenschaftliche Befunde wieder zu Konstrukten ("Designs") erklärt. In Wahrheit ist es eine Form der Selbstverleugnung, die zu einem Kollektivverhalten ausgebaut werden soll.
Wenn Klaus Heinrich sagt, die Aufklärung stocke, weil wir unter einem Bann stehen, dann halte ich das noch für optimistisch. Ich habe vielmehr seit längerem den Eindruck, dass wir zurücktreiben. Den Umkehrpunkt, hinter dem wir zu Rede- und Denkverboten zurückkehrten, war uns noch bewusst. (Vgl. z. B. die vor kurzem im Internet herumgereichte Episode aus dem "Lehrer Dr. Specht", in dem dieser im ZDF ganz unverblümt über die Politische Korrektheit aufklären durfte. Das ist heute nicht mehr denkbar.)
Die politische Korrektheit wurde nach meiner Erinnerung von den Clintons in die Welt gesetzt. Vorgeblich um Minderheiten vor der Verletzung mit Worten zu schützen ("gewaltfreie Kommunikation"). Inzwischen missbrauchen viele der so Geschützten ihre Immunität für ganz reale Gewalt auf der Straße. Wir sollen Toleranz gegen Intolerante üben. Auch das ist eine Form der Selbstverleugnung.
Die Gattung Mensch folgt der Entwicklung des Menschen
Heinrich verweist auf Freud, um diese Selbstverleugnung als pubertäre Erscheinung auslegen zu können. Freud hatte den Schock über die Gewalt des ersten Weltkrieges zu der Erkenntnis verarbeitet, dass das wesentliche an unserem Zeitalter die Rivalität, das Nichtaushaltenkönnen der Unsicherheit, ob der andere stärker ist als ich/wir gedeutet. Er sah uns in der Menschheitsgeschichte deshalb in der "phallischen Phase", die sich im friedlichsten Fall als Revier- und Weitwinkeln pubertierender Jünglinge äußere und im schlimmsten Fall in der Vernichtung des Anderen, um sich der eigenen Überlegenheit ein für alle mal sicher sein zu können. Es ist klar, dass die in den Anderen projizierten Feindbilder und Beschuldigungen natürlich Spiegelbilder der eigenen Seele sind. Das Eigene wird im Anderen bekämpft.
Der nächste Schritt folge also aus der Erkenntnis, dass es im Leben keinen Sinn zu suchen gebe außer dem, es zu genießen.
Hier kann man einen der Autoren einrühren, von dem die Tische in den Buchläden derzeit voll sind: Albert Camus. Das Leben vom Tode her denken macht frei. Dazu muss aber zuvor der Schock der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit überwunden werden. Es ist also ein Zeichen von Unreife, um jetzt den Schluss aus Heinrich und Camus zu ziehen, die Vernunft oder das Ego über den Tode siegen lassen zu wollen. Nein, der Anblick des Endes am Ende der Strecke macht frei. Die Erkenntnis der Knappheit des eigenen Lebens gibt ihm Wert. Wer den Tod besiegen will, entwertet es wieder und outet sich als kindisch.
Diese Freiheit wirft mich voller Wohligkeit und Entlastung auf mich selbst zurück. Nicht die Probleme der anderen sind mein Lebenssinn. Sondern der Genuss meines eigenen. Natürlich gehört dazu auch Empathie für alle, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin. Aber nicht die, bei denen ich nicht weiß, ob sie sich umgekehrt so für mich entschieden so wie ich mich für sie entscheiden soll.
Im übrigen sind Menschen, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, die friedlichsten. Den Terror bringen die in die Welt, die von anderen permanent Dementis einer Gewaltbereitschaft einfordern, die doch nur ein Spiegel ihrer selbst ist. Und die auch als Beleg für die eigene Existenz dienen. Ich unterstelle, also bin ich.
Mit Natur ist hier das in uns angelegte gemeint, die Natur, die zur Freude, zum Rausch, zur Befriedigung führt. Nicht die Natur, die die Tempolimit- und Rauchverbotsfreunde "schützen" wollen.
Intelligent Design vs. Sozialkonstrukte
Über George W. lachen und sich selbst für aufgeklärt halten, weil er dem "intelligent Design" anhängt. Und dann Geschlechter zu Konstrukten erklären. Die Natur da draußen auf den Sockel heben, aber die eigene Natur wie etwas fremdes, aufgezwungenes abstreifen wollen. Die Probleme mit dem eigenen Selbst, dem stockenden Heranreifen, der tiefen Verzweiflung über die Einsamkeit, die Beziehungsunfähigkeit, diese Verunsicherung -wenn nicht Depression- zu einem Lifestyle erheben und massenhaft über die Gesellschaft kippen und zu deren Angelegenheit machen, und zu behaupten, das sei Aufklärung, genau das ist Berlin.
"Leugner" spricht die Inquisition
Man soll anders Denkende ja nicht als Leugner bezeichnen. Es leugnet nicht der, der nach Beweisen verlangt. Es leugnet der, der die Beweise übergeht, ignoriert, verbietet oder behauptet, sie träfen nicht zu. Der Begriff "Holocaust-Leugner" ist eine zutreffende Bezeichnung, denn den Holocaust gab es. Wie praktisch, dass das Publikum fortan alles was "geleugnet" wird, als dem Holocaust vergleichbar bewertet. So wie nach dem Neonazi alles niedergemacht werden kann, indem man es mit dem Attribut "Neo-" belegt.
Der Begriff "Klima-Leugner" ist eine inquisitorische Anmaßung, denn von ihm wird nicht Gewesenes in Zweifel gezogen, sondern Belege oder Beweise für eine Prognose oder Behauptung verlangt. Wenn ich sage, ich glaube dem Wetterbericht nicht mehr, weil er in der Vergangenheit immer seltener gestimmt hat, handle ich vernünftig. Wenn ich sage, ich glaube der Klimaprognose nicht, werde ich als "Leugner" tituliert. So als lästerte ich den neuen Klimagöttern, anstatt mich bei den Klimagläubigen einzureihen.
Selbstverantwortung ist das neue "Rechts"
Umgekehrt, wenn ich vor der Eurokrise warne, gelte ich als "rechts". Wobei man sich nicht mal mehr die Mühe macht zu erklären, was daran denn verwerflich sei. Das Publikum soll den Umkehrschluss ziehen: "Rechts" ist die Bezeichnung für Leute mit abweichenden Meinungen und Handlungen. Die Abweichung liegt in diesem Fall darin, dass ich meinem Interesse an meiner Existenz, Wohlergehen Vorrang einräume gegenüber einem Problem am Ende der Welt. Das Bescheidwissen (bzw. rezitieren können) über alle dortigen Probleme, diese im Internet angelesene Vielwisserei gilt heute als Aufklärung. Worüber man jede Woche "aufgeklärt" wird, überlässt man den Nach-richten-portalen.
Also, wer die Behauptung der Linken anzweifelt, ist ein Leugner. Linke, die Evidenzen abstreiten (wie z. B. das Geschlecht), sind keine Leugner, sondern erweitern -aus ihrer Sicht- die Aufklärung. Aufklärung vollzieht sich, indem man naturwissenschaftliche Befunde wieder zu Konstrukten ("Designs") erklärt. In Wahrheit ist es eine Form der Selbstverleugnung, die zu einem Kollektivverhalten ausgebaut werden soll.
Wenn Klaus Heinrich sagt, die Aufklärung stocke, weil wir unter einem Bann stehen, dann halte ich das noch für optimistisch. Ich habe vielmehr seit längerem den Eindruck, dass wir zurücktreiben. Den Umkehrpunkt, hinter dem wir zu Rede- und Denkverboten zurückkehrten, war uns noch bewusst. (Vgl. z. B. die vor kurzem im Internet herumgereichte Episode aus dem "Lehrer Dr. Specht", in dem dieser im ZDF ganz unverblümt über die Politische Korrektheit aufklären durfte. Das ist heute nicht mehr denkbar.)
Die politische Korrektheit wurde nach meiner Erinnerung von den Clintons in die Welt gesetzt. Vorgeblich um Minderheiten vor der Verletzung mit Worten zu schützen ("gewaltfreie Kommunikation"). Inzwischen missbrauchen viele der so Geschützten ihre Immunität für ganz reale Gewalt auf der Straße. Wir sollen Toleranz gegen Intolerante üben. Auch das ist eine Form der Selbstverleugnung.
Die Gattung Mensch folgt der Entwicklung des Menschen
Heinrich verweist auf Freud, um diese Selbstverleugnung als pubertäre Erscheinung auslegen zu können. Freud hatte den Schock über die Gewalt des ersten Weltkrieges zu der Erkenntnis verarbeitet, dass das wesentliche an unserem Zeitalter die Rivalität, das Nichtaushaltenkönnen der Unsicherheit, ob der andere stärker ist als ich/wir gedeutet. Er sah uns in der Menschheitsgeschichte deshalb in der "phallischen Phase", die sich im friedlichsten Fall als Revier- und Weitwinkeln pubertierender Jünglinge äußere und im schlimmsten Fall in der Vernichtung des Anderen, um sich der eigenen Überlegenheit ein für alle mal sicher sein zu können. Es ist klar, dass die in den Anderen projizierten Feindbilder und Beschuldigungen natürlich Spiegelbilder der eigenen Seele sind. Das Eigene wird im Anderen bekämpft.
Der nächste Schritt folge also aus der Erkenntnis, dass es im Leben keinen Sinn zu suchen gebe außer dem, es zu genießen.
Hier kann man einen der Autoren einrühren, von dem die Tische in den Buchläden derzeit voll sind: Albert Camus. Das Leben vom Tode her denken macht frei. Dazu muss aber zuvor der Schock der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit überwunden werden. Es ist also ein Zeichen von Unreife, um jetzt den Schluss aus Heinrich und Camus zu ziehen, die Vernunft oder das Ego über den Tode siegen lassen zu wollen. Nein, der Anblick des Endes am Ende der Strecke macht frei. Die Erkenntnis der Knappheit des eigenen Lebens gibt ihm Wert. Wer den Tod besiegen will, entwertet es wieder und outet sich als kindisch.
Diese Freiheit wirft mich voller Wohligkeit und Entlastung auf mich selbst zurück. Nicht die Probleme der anderen sind mein Lebenssinn. Sondern der Genuss meines eigenen. Natürlich gehört dazu auch Empathie für alle, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin. Aber nicht die, bei denen ich nicht weiß, ob sie sich umgekehrt so für mich entschieden so wie ich mich für sie entscheiden soll.
Im übrigen sind Menschen, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, die friedlichsten. Den Terror bringen die in die Welt, die von anderen permanent Dementis einer Gewaltbereitschaft einfordern, die doch nur ein Spiegel ihrer selbst ist. Und die auch als Beleg für die eigene Existenz dienen. Ich unterstelle, also bin ich.
Sonntag, 20. Oktober 2013
"Glaubenssätze durch Wissenssysteme ersetzt" - das soziale Netz macht einsam
Erinnern Sie sich an Zeiten, in denen Mütter mit ihren Töchtern verwechselt werden wollten und es toll fanden, wenn es klappte? Seit der Zeit nabeln sich Heranwachsende nicht mehr von ihren Eltern ab, sondern begründen eine gegenseitige Nutzenbeziehung: Solange die Kinder im Haus sind, fühlen sich die Eltern nicht alt. Und die Kinder sparen die Miete immer noch, wenn sie ihren 30. feiern..
Seitdem gibt man sich zur Begrüßung nicht mehr nur die Hand. Man umarmt sich, als sei man gerade aus dem Krieg heimgekehrt. Hat man in Paris gesehen, wirkte irgendwie intensiv. Wichtig: Bei der Umarmung gesehen werden. Ist man nur zu zweit, umarmt man sich nicht. Wozu? Niemand da, um zu demonstrieren, wie dicke man ist (oder gerne wäre).
So, und das werden Sie bald auch im Büro beobachten. Nach dem Zahlenfetischismus, dem "Empowerment" der Basis (dem Sich-selbst-überlassen der Nichtleitenden, weil die Leitenden Zahlen drehen und die nächste Einsparung rechnen müssen) und ungenierten Griffen ins Bonussystem kommen jetzt die emotionalen Berater.
Aus der Werbung kennen Sie das schon: "Wir lieben..." (Autos, Lebensmittel). Nächster Schritt: "Wir leben..." Angehörige der inneren Zirkel haben Fläche für eine neue Projektion entdeckt, bei der man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden kann:
Mittlerweile weiß jeder Kunde und jeder Anrufer eines Callcenters, dass er es beim Gegenüber mit einer unterbezahlten und halb angelernten Fachkraft zu tun hat, die sich nach irgendeiner Form von Anerkennung sehnt. Ihr Chef spart an der Ausbildung, weil dann mehr für seinen Bonus übrig bleibt. Mancher Kunde kennt das selbst. Und genau gegen diese Gefahr einer subversiven Verbundenheit (in Form von höherer Umtauschbereitschaft, Rabattgewährung,..) haben Marketingstrategen die Botschaft entwickelt: "Bei uns arbeiten die Leute aus Passion, nicht fürs Geld." Sonst wären sie ja woanders.. Schön wenn das Personal das schluckt und die Kunden entwarnt. Herzerfrischend ist das, wenn der Abhängige seinem Herrn huldigt. Stockholmsyndrom nannten wir das früher. Das sagt aber heute keinem mehr was. Klingt eher nach neuer Hipsterkrankheit.
Werde ich demnächst umarmt, wenn ich einkaufen gehe? Im Apple Store am Kudamm fehlt nicht mehr viel. Da begrüßte man mich schon beim ersten mal wie den Vater eines guten Freundes.
Mich irritiert das. Ist diese Generation nun emotionaler und offener, weil sie sogar ihre Geschäftspartner umarmt, oder hat sie sonst keinen?
In Berlin habe ich einen Blick für verunsicherte Menschen entwickelt. Das ist in Berlin aber keine Kunst, und auch nicht, wenn man lange genug in der Beratung tätig war. Hier will jeder zu einer Gruppe gehören und mit einem Lebensstil identifiziert werden, den es gar nicht gibt und der nicht funktionieren würde. Es wird viel ins eigene Design investiert. "Eigene" ist dabei weit übertrieben. Es geht nur um die Bestätigung, innerhalb des konformen Rahmens mit der eigenen kleinen Abweichung als vorne zu gelten. Sie steigen in die S-Bahn und checken ihr Rating durch Feedbackblicke. Danach zücken sie ihr Smartphone und aktualisieren ihre Feedbacklikes und Mentions. Das zieht sich durch alle Wohlstands- und Bildungsstufen: Der eigene Wert bestimmt sich durch die eigene Popularität. Man vergibt keine Clicks, man sammelt. Man folgt nicht, sondern wird gefolgt. Man giert nach Feedback, aber gibt selbst keines. Kein Wunder, dass man das Retweetet und Gelinde werden längst kaufen kann..
Alexandra Tobor hat in ihrem Podcast und Blog "In trockenen Büchern" anhand eines Werkes von Eva Illouz erklärt, was dahinter steckt. Absolut lesens- und hörenswert: Link
Wo unsere Generation noch durch Jugendzeitschriften dahin gelenkt wurde, Liebe zu einer Ware und Belohnung für trendkonformes Verhalten zu machen, wird man heute nicht nur zum Konsumieren solcher Botschaften verführt, sondern über gegenseitiges Feedback aktiv involviert.
Die Digitalisierung spiegelt dabei eine Objektivität vor, die Liebe in Feedback verwandelt und die tiefe Gefühle vermissen lässt: "Wir haben Glaubenssätze durch Wissenssysteme ersetzt." Ich wette, dass auch hinter der Gewaltbereitschaft arabischer Jungmänner diese immer gleiche Sehnsucht steckt, und genau das gleiche bei Neonazis. Die Spur führt ins Elternhaus und ins Klassenzimmer, den Orten in denen Feedback und Ratings verteilt werden.
Die Crux eines Modells, das in Heiratsmärkten gegipfelt ist: Es führt dazu, dass man selbst als um so wertvoller dasteht, je mehr man so tut, als wolle und brauche man gar nicht und sich somit verknappt. Emanzipation, also das Streben nach Autonomie, führt demnach in die falsche Richtung. Denn die Emanzipation des einen Geschlechts führt zur Gegenemanzipation des anderen. Ein Wettrüsten eines vorgestäuschten Autonomiestrebens ist die Folge. Alexandra Tobor berichtet von einem Mann, der Ratgeber für Frauen lese, "um nicht auf Frauen hereinzufallen, die nicht auf Männer hereinfallen wollen."
Was die Leute in ihren Wohnungen treiben, betrifft mich nicht. Die Involvierung auf der Straße ist nur oberflächlich. Aber im Büro will ich das eher nicht.
Seitdem gibt man sich zur Begrüßung nicht mehr nur die Hand. Man umarmt sich, als sei man gerade aus dem Krieg heimgekehrt. Hat man in Paris gesehen, wirkte irgendwie intensiv. Wichtig: Bei der Umarmung gesehen werden. Ist man nur zu zweit, umarmt man sich nicht. Wozu? Niemand da, um zu demonstrieren, wie dicke man ist (oder gerne wäre).
So, und das werden Sie bald auch im Büro beobachten. Nach dem Zahlenfetischismus, dem "Empowerment" der Basis (dem Sich-selbst-überlassen der Nichtleitenden, weil die Leitenden Zahlen drehen und die nächste Einsparung rechnen müssen) und ungenierten Griffen ins Bonussystem kommen jetzt die emotionalen Berater.
Aus der Werbung kennen Sie das schon: "Wir lieben..." (Autos, Lebensmittel). Nächster Schritt: "Wir leben..." Angehörige der inneren Zirkel haben Fläche für eine neue Projektion entdeckt, bei der man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden kann:
Mittlerweile weiß jeder Kunde und jeder Anrufer eines Callcenters, dass er es beim Gegenüber mit einer unterbezahlten und halb angelernten Fachkraft zu tun hat, die sich nach irgendeiner Form von Anerkennung sehnt. Ihr Chef spart an der Ausbildung, weil dann mehr für seinen Bonus übrig bleibt. Mancher Kunde kennt das selbst. Und genau gegen diese Gefahr einer subversiven Verbundenheit (in Form von höherer Umtauschbereitschaft, Rabattgewährung,..) haben Marketingstrategen die Botschaft entwickelt: "Bei uns arbeiten die Leute aus Passion, nicht fürs Geld." Sonst wären sie ja woanders.. Schön wenn das Personal das schluckt und die Kunden entwarnt. Herzerfrischend ist das, wenn der Abhängige seinem Herrn huldigt. Stockholmsyndrom nannten wir das früher. Das sagt aber heute keinem mehr was. Klingt eher nach neuer Hipsterkrankheit.
Werde ich demnächst umarmt, wenn ich einkaufen gehe? Im Apple Store am Kudamm fehlt nicht mehr viel. Da begrüßte man mich schon beim ersten mal wie den Vater eines guten Freundes.
Mich irritiert das. Ist diese Generation nun emotionaler und offener, weil sie sogar ihre Geschäftspartner umarmt, oder hat sie sonst keinen?
In Berlin habe ich einen Blick für verunsicherte Menschen entwickelt. Das ist in Berlin aber keine Kunst, und auch nicht, wenn man lange genug in der Beratung tätig war. Hier will jeder zu einer Gruppe gehören und mit einem Lebensstil identifiziert werden, den es gar nicht gibt und der nicht funktionieren würde. Es wird viel ins eigene Design investiert. "Eigene" ist dabei weit übertrieben. Es geht nur um die Bestätigung, innerhalb des konformen Rahmens mit der eigenen kleinen Abweichung als vorne zu gelten. Sie steigen in die S-Bahn und checken ihr Rating durch Feedbackblicke. Danach zücken sie ihr Smartphone und aktualisieren ihre Feedbacklikes und Mentions. Das zieht sich durch alle Wohlstands- und Bildungsstufen: Der eigene Wert bestimmt sich durch die eigene Popularität. Man vergibt keine Clicks, man sammelt. Man folgt nicht, sondern wird gefolgt. Man giert nach Feedback, aber gibt selbst keines. Kein Wunder, dass man das Retweetet und Gelinde werden längst kaufen kann..
Alexandra Tobor hat in ihrem Podcast und Blog "In trockenen Büchern" anhand eines Werkes von Eva Illouz erklärt, was dahinter steckt. Absolut lesens- und hörenswert: Link
Wo unsere Generation noch durch Jugendzeitschriften dahin gelenkt wurde, Liebe zu einer Ware und Belohnung für trendkonformes Verhalten zu machen, wird man heute nicht nur zum Konsumieren solcher Botschaften verführt, sondern über gegenseitiges Feedback aktiv involviert.
Die Digitalisierung spiegelt dabei eine Objektivität vor, die Liebe in Feedback verwandelt und die tiefe Gefühle vermissen lässt: "Wir haben Glaubenssätze durch Wissenssysteme ersetzt." Ich wette, dass auch hinter der Gewaltbereitschaft arabischer Jungmänner diese immer gleiche Sehnsucht steckt, und genau das gleiche bei Neonazis. Die Spur führt ins Elternhaus und ins Klassenzimmer, den Orten in denen Feedback und Ratings verteilt werden.
Die Crux eines Modells, das in Heiratsmärkten gegipfelt ist: Es führt dazu, dass man selbst als um so wertvoller dasteht, je mehr man so tut, als wolle und brauche man gar nicht und sich somit verknappt. Emanzipation, also das Streben nach Autonomie, führt demnach in die falsche Richtung. Denn die Emanzipation des einen Geschlechts führt zur Gegenemanzipation des anderen. Ein Wettrüsten eines vorgestäuschten Autonomiestrebens ist die Folge. Alexandra Tobor berichtet von einem Mann, der Ratgeber für Frauen lese, "um nicht auf Frauen hereinzufallen, die nicht auf Männer hereinfallen wollen."
Was die Leute in ihren Wohnungen treiben, betrifft mich nicht. Die Involvierung auf der Straße ist nur oberflächlich. Aber im Büro will ich das eher nicht.
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