Andererseits, wer wird sich mal für diese Zeit interessieren? Wir sind ja noch in der Anbahnung auf etwas hin. Etwas, das alle spüren, aber nicht in Worte fassen können. Nicht zuletzt deshalb, weil Politiker längst begonnen haben, unsere Worte zu reglementieren. In der letzten Folge der TED Radio Hour sagte jemand dazu: "Rund um die Welt fühlen sich immer mehr Leute von der Steuerung der Globalisierung ausgeschlossen."
Nein, ich fühle mich nicht von der Steuerung der "Globalisierung" ausgeschlossen. Sondern von der Kontrolle über den Fortbestand unserer Grundwerte. Falls heute mit "Globalisierung" (oder, im Merkelsprech: mit "Modernisierung") die unkontrollierte Einwanderung gemeint sein sollte, dann zähle ich mich keineswegs zu den Globalisierungs- oder Modernisierungsverlierern. Denn noch haben die Regierungen die Karten nur verteilt. Aufgenommen haben wir sie noch nicht. Denn wir überlegen inzwischen, ob wir überhaupt weiterspielen oder den Tisch umtreten werden.
Ich habe beim Medienkonsum und auch im Kontakt mit Menschen immer häufiger den Eindruck, dass eine Gehirnwäsche im Gange ist. Man kriegt sich nicht mehr "and die Köppe" (wie man im Ruhrpott sagt), sondern bricht empört -oder künstlich empört- die Diskussion ab. Man tastet sich vorsichtig an Diskussionspunkte, um mal zu erfahren, wie der andere so tickt. Und sobald allererste, leiseste Anzeichen für eine "abweichende" Haltung sichtbar werden, wird abgebrochen. "Aha, einer von denen." Auf Twitter heißt das: "Schade, dass du nicht an einer Diskussion interessiert bist." Oder man blockiert den anderen sofort.
Wer sich kreuz und quer informiert, also sowohl Regierungssender konsumiert als auch Blogs von Unabhängigen liest, glaubt an die Everet'sche Viele-Welten-Theorie. Und obendrein, dass man heutzutage leicht zwischen ihnen wandeln kann: Ich sehe das Video vom bulgarischen U-Bahn-Treter und lese von Margot Kässmann, dass sie bei dessen Anblick sich "einen schönen Tee aufgießt und eine Kerze anzündet" (Link). Nach jedem neuen Attentat eines Islamisten, findet der grüne Nachwuchs "das schlimmste, dass das Wasser auf die Mühlen der Rechten" ist. Der Teil des Nachwuchses, der nach unbezahlten Praktika entschieden hat, es der Mittelschicht für immer heimzuzahlen, und eine Politikerkarriere einschlägt, legt jede Empathie, jeden humanen Zug ab. Und die Praktikanten, die sich in den Agenturen ihren Weg nach oben bahnen, hauen ebenso empathiefrei auf meinungsabweichende Journalisten drauf. Jedenfalls solange, bis sie an den Richtigen geraten, und am Ende ihren Hut nehmen. Es würde mich nicht wundern, wenn Hensel es demnächst auch als Politiker probiert.