Montag, 3. Juni 2024

Geburtstage in höheren Semestern..

 Geburtstage sind mir schon seit längerem lästig. Das gilt sowohl für meinen eigenen als auch von anderen. Insbesondere von Gleichaltrigen oder Älteren. Warum?

  1. Es ist ja nicht mein erster sondern mein zigster.
  2. Weder als Geburtstags"Kind" noch als Gratulierender weiß ich so recht, was ich sagen soll. Der größere Anteil meines Lebens liegt hinter mir. Ich schauer mehr zurück als nach vorne. Außerdem verstehe ich mich als selbstbestimmt und weniger dem "Glück" ausgeliefert.
  3. Was soll ich anderen wünschen, was ich ihnen nicht schon zigmal gewünscht habe?
  4. Es ist mir unangenehme, eine Form um der Form willen zu wahren. Was ich Euch wünsche, wünsche ich Euch grundsätzlich. Gesundheit, Zufriedenheit und da wo es um Zufälle geht natürlich das nötige Glück.
  5. Es ist mir ebeno unangenehm, x-mal am Tag solche Wünsche an mich gerichtet zu hören, und nicht zu wissen was ich nach dem Danke noch erzählen soll.
  6. Mir ist auch die Frage unangenehm "und was macht Ihr heute Schönes?", die nur eine weitere Erwartungshaltung transportiert, die die Erfüllung formaler Erwartungen in das praktische Leben erweitert. Offenbar muss man zum Geburtstag sonstwas planen nur um den anderen (möglichst auf sozialen Medien) zu beweisen, dass man noch im Leben steht.
  7. Der Sprachgebrauch der Regierung weist auf den infantilen Charakter des Geburtstages hin. Wer nicht vom 75. Jubiläum des Grundgesetzes spricht sondern "Geburtstag" will die Leute verdummen. Mit solchen Propagandisten mache ich mich nicht gemein.
  8. Da es ja Sitte ist, gilt es als unfein, einen Geburtstag zu vergessen. Ich muss also zusehen, irgendwo in meinen Arbeitstag einen Anruf einzubauen. Oft in einem Moment, in dem ich zwar nicht "belegt" bin, aber trotzdem nicht gut sprechen kann. Am Bahnhof, an der Straße, in der Warteschlange. Und oft genug ist auch der Moment für den Angerufenen nicht günstig. Pausenlos bekommt er oder sie Anrufe, die eigentlich gerade nicht passen. Alle denken voneinander, und fühlen sich gut, weil sie eine Form gewahrt haben.

Mein Fazit:
  • Ich trage es nicht nach, wenn man mir nicht zum Geburtstag gratuliert. Ich weiß ja, dass er in Euren Kalendern steht. Ihr könnt ihn nicht vergessen. Ich selbst weiß es ja auch und weiß, dass Ihr ihn nicht vergesst. Und ich weiß auch schon, was Ihr mir wünschen werdet ;-)
  • Bitte tragt es mir nicht nach, wenn ich nicht anrufe. Ich habe trotzdem an Euch gedacht und Euch das Beste gewünscht.
  • Ich feiere wie ich will. Manchmal halt gar nicht. Sogar meinen 50. hatte ich auf der Arbeit mit neuen Kollegen für mich behalten. 
Ausnahmen:
  • Natürlich gibt es in unserer Gesellschaft zunehmend Gründe, sozusagen seinen 2. Geburtstag zu feiern, weil man irgend einen Angriff den die Regierung wollte überlebt hat. Das gilt für Passanten  in der Innenstadt, Bahnpendler und erst für Leute, die öffentlich gegen die Regierung und ihre Terroristen protestieren. Wie zuletzt in Mannheim. Wer so etwas überlebt, kann von einem 2. Geburtstag sprechen.
  • Nach schweren Krankheiten, Eingriffen oder überwundenen Krisen lebt man wieder sehr bewusst. Da ist es dann nett, am Geburtstag einmal drüber zu philosophieren. Dann aber auch länger als 1 Minute und nicht beim Warten darauf, dass die Mikrowelle aufspringt..

1 Kommentar:

  1. David4.6.24

    Das ist schön, das muß ich mir merken: "Länger als 1 Minute und nicht beim Warten darauf, daß die Mikrowelle aufspringt." Klasse.
    Genau, die 1 Minute sollte zumindest die Halbwertszeit sein, in der angeregtes Philosophieren über Geburtstag & Co. erlaubt sein sollte. Mir geht es ähnlich: Geburtstage - bei mir bereits eine sehr hohe Zahl - möchte ich eigentlich gar nicht mehr feiern. Mal drüber sprechen, ok, aber das reicht. Wenn man mal das FINIS-Schild deutlich sieht, dann will man nicht auch noch beim Geburtstag daran erinnert werden. Interessanterweise gratuliere ich Freunden und Bekannten viel lieber, als mir Glückwünsche anzuhören. Das ist dann wohl ein Ausdruck dessen, daß ich ein weiteres Mal die angesprochenen philosophischen Minuten in Anspruch nehmen will - und ich mich einfach freue, Menschen, mit denen ich zum Teil über Jahre verbunden bin oder auch war (wodurch auch immer), wieder mal am Ohr zu haben. Das ist stets auch ein Stückchen "bessere Vergangenheit", die ja heute vom Zeitgeist (vornehm ausgedrückt) systematisch verteufelt wird - und schwelgt man dann in diesen alten Zeiten, betont, um wieviel besser es doch "damals" war (mit vielen Beispielen!), dann ist das etwas, für das man jeden Fernseher ausmachen kann.
    Irgendwann demnächst steht wieder so ein Tag für mich an. Ich erwarte dann eigentlich gar nichts und bin zufrieden damit. Im allerengsten Familienkreis freudig zusammen zu sein, das ist es, vorübergehend natürlich - bis endlich endlich der Hauptgang kommt: Ein Riesenstück Quarkkuchen. So wie sie weiland die Sachsen buken (und ggf. auch heute noch tun). Dann ist ein Geburtstag eine ebenso runde Sache wie der angesprochene Kuchen.
    8-))

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