Freitag, 13. Juli 2012

Regierung verliert Respekt vor Verfassung. Opposition auch.

Die Abstände, in denen namhafte Politiker mehr oder weniger offen den Rang des Bundesverfassungsgerichtes relativieren, werden kürzer.

Als das BVG den Bundestrojaner als nicht verfassungsgemäß beurteilte, antworte Innenminister Friedrich, dass das BVG zwar eine Rechtsauffassung habe, sein Haus aber eine andere. Damit zog er das BVG auf seine Augenhöhe herunter.

Nachdem Frau Däubler-Gmelin ihre Verfassungsbeschwerde gegen den ESM eingereicht hatte, warnte Finanzminister Schäuble das BVG vor Verwerfungen an den Finanzmärkten. Bereits im Januar hatte Schäuble vom BVG eine Verwarnung bekommen. Peter Danckert (ein aufrechter Sozialdemokrat) und Swen Schulz hatten erfolgreich gegen Schäubles Dunkelgremium, das 9er Gremium das geheim über Mittelzuweisungen aus dem Rettungsfonds entscheiden sollte, geklagt. (Schäuble hatte die Geheimhaltung damit begründet, dass dessen Entscheidungen börsenrelevant seien..)

Wer MdB's, die dem ESM zustimmten, auf den möglichen Verfassungsverstoß hinweisen, bekam von  Sozialdemokraten wie Sigmar Gabriel und Johannes Kahrs -gleichermaßen patzig wie denkfaul- zur Antwort, was denn die Alternative sei? Darüber nachzudenken wäre eigentlich ihre Aufgabe, zumal als Opposition.

Petra Merkel bequemte sich zu einer ESM Diskussion in ihrem Ortsverein -wie ich inzwischen erfuhr- verbat sich aber Gegenreferate oder kritische Moderatorenfragen.

Und gestern meinte Dohnany (Link) das BVG in die Schranken weisen zu müssen, weil es sich zu viel Zeit für   seine Entscheidung nehme. Gauck's Eid auf das Wohl des Volkes erlaube es ihm, den ESM sofort zu unterschreiben. Hatte sich am Wochenende noch die überfällige Professorendiskussion über den ESM entzündet, trockneten Bundestagspräsident Lammert und Kanzlerin Merkel diese sogleich aus: Lammert befand, dass Expertenmeinungen "generell wenig hilfreich" seien (eine bemerkenswerte Abkanzlung der geistigen Elite, die Ministerin Schavan nicht aufhört, zu "Exzellenzleistungen" zu drängen..). Kanzlerin Merkel enthielt sich eines Statements und flog zwecks Marketing für deutsche Panzer nach Indonesien. Dohnany nennt den öffentlichen Diskurs, der den nicht vorhandenen parlamentarischen zu ersetzen sucht, als
Eine bunte Mischung aus Politikern, Wissenschaftlern und engagierten Bürgern
"Bunte Mischung", das klingt wie "bunte Tüte" früher an der Bude. Alles mit allem, ohne Qualität. Eher ungesund und deshalb zu meiden.

Ich bin wirklich überrascht wie selbstverständlich heute Prominente aus CDU und SPD Statements zum besten geben dürfen, die Verstöße gegen die Verfassung befürworten. Nebenbei: Auch die Enthüllungen über das wie aus der Zeit gefallene Geheimdienstpersonal in Sachsen und Thüringen legen Gefährdungen unserer Demokratie offen. 

Eine Mischung aus Rechtsextremismus und autoritärem Kapitalismus, der seine Spielschulden bei den dummen Steuerzahlern der Mittelschicht ablädt, ist unterwegs. Und hoffentlich noch zu korrigieren.






Sonntag, 8. Juli 2012

Es müsste jetzt ca. zehn vor zwölf sein

Welch verquere Logik unseres Bundesvorsitzenden.

Nach Einführung des EURO haben einige Länder ihren Wohlstand auf Pump erhöht. Pump der in Immobilienblasen ging oder in den Konsum. Oder in Wertpapierdepots.

Wenn Sigmar Gabriel den ESM jetzt damit begründet, wir würden damit denen etwas zurückgeben, die  mittels Konsum deutscher Waren unseren Wohlstand erhöhen, heißt das nichts anderes als: Den Raum, den wir bisher mit heißer Luft gefüllt haben, müssen wir jetzt mit Realität füllen. Er nennt das auch: Gleiche Lebensverhältnisse schaffen.

Die Frage ist: Womit? Wie sollen bis dato agrarische oder touristische Volkswirtschaften plötzlich - weil die Not so groß ist - zu Hitechregionen werden? Wenn es aber so nicht geht, bleibt nur der Sozialtransfer für die "Schaffung gleicher Lebensverhältnisse". Weder das eine noch das andere kann er ernst gemeint haben.

Aber noch etwas müssen wir erkennen: Treiber für das, was wir überbordende Spekulation nennen, ist auch der Trend, in Investmentfonds für unsere Rente vorzusorgen. Das hat überall soviel Anlagekapital in Umlauf gebracht, dass man es gar nicht komplett in Realwerten anlegen kann und der Überschuss einfach in irreale Anlagen geht. Und diese Irrealwirtschaft ist inzwischen "systemrelevant" geworden.

Doch die Politker fast aller Parteien machen einfach so weiter und fordern immer mehr Nachschub heißer Luft. Weil sie davon leben, wollen sie einfach partout so lange so weiter machen, bis es wirklich nicht mehr geht. Ihre Taktik dafür ist die Nicht-Kommunikation. Regierungserklärungen in einem Technokratendeutsch, das uns zweifeln lässt, ob die Verfasserin selbst verstanden hat, was sie da vorliest. Diese Sprache wäre auch ein Vorgeschmack auf eine Brüsseler Regierung der Vereinigten Staaten von Europa. Nein Danke! Von der anderen Seite Statements, staatstragend, damit sie unangreifbar sind. Auf Ziele konzentriert, die keiner abstreiten würde, aber Analysen und Konzepte ebenso schuldig bleiben wie die Regierung.

Mir kamen die Kommentare von den Ökonomieprofessoren recht. Endlich wird diskutiert, auch wenn der Bundestagspräsident uns wissen lässt, in wichtigen Fragen seien gerade die Hinweise von denen, die sich auskennen, wenig hilfreich. Gut deshalb, dass unser Bundespräsident sogleich Stellung bezog und der Kanzlerin die Leviten las.