Mittwoch, 22. April 2015

Warum ich unser Skyabo gekündigt habe

Ich habe unser Skyabo gekündigt. Erstens sind wir übersatt von Fußball, zweitens von dieser Attitüde der Skymoderatoren, dass Fussball das wichtigste auf der Welt sei. Bzw. der Unterstellung, dass es für mich als Zuschauer das wichtigste (oder einzige) im Leben sei.

Dabei gibt es offenbar viele solcher Menschen, auf die das zutrifft. "Echte Liebe" verspricht der BvB auf seiner Bandenwerbung, Mitgliederzeitung, Website. Hammer, wenn man da mal wirklich ankommen würde, Fussball, Sky, und "Choreographie" mit Liebe gleichzusetzen. Nicht viel besser diese tausendfach kopierten Werbesprüche der Sponsoren: "Wir leben ..xy".

Erstens, was einer behauptet zu sein, ist er nicht. Was er behauptet zu tun, tut er nicht. Er beruhigt sich nur selbst, oder will andere täuschen. Und zweitens: Worte wirken dann am stärksten, wenn man Leser selbst auf sie kommen lässt. Wenn ich mich als Fan auf der Tribüne von einem Jubel oder einem Hadern mitreißen lasse, dann könnte ich schon mal rufen, das sei eben "echte Liebe". Aber das will ich nicht auf der Bande lesen. Das lässt sich nicht ansagen.

Im Ruhrpott, in Dortmund und Gelsenkirchen, ist es am heftigsten. Du kannst in keinen Laden gehen, ohne dass es im Regal oder an der Kasse BvB oder S04 Devotionalien zu kaufen gibt. Früher haben Jungs so was von ihrem Taschengeld gekauft. Heute sind sie erwachsen und die Devotionalien sind  schriller, alberner und aufdringlicher und sie kaufen es immer noch. Haben die sonst nichts? In Gelsenkirchen gibt es einen Friedhof, auf dem Gräber mit Blick auf die Arena angeboten werden..

Sky wählt seine Moderatoren so aus, und bildet ihre Stimme so weiter, dass man immer den Eindruck hat, einem Lehrer oder Coach (einem Lebensberuhiger, der mich führt) zuzuhören. Sie bemühen sich, den Eindruck von Autoritäten zu erwecken, die wichtiger sind als die Sache selbst. Marcel Reiff hat eine Tonalität entwickelt, die suggeriert, unsere Gedanken kreisten die ganze Woche um die Aufstellung der Bayern. Was Menschen über Sprache, Dramatik, Jubel und Hader lernen können, glaubt Marcel Reiff ihnen vermitteln zu müssen - und zu können.

Wie wohltuend waren doch die nüchternen, trockenen Moderatoren aus der Zeit, als Fernsehen sich nicht krampfhaft tiefer legte, um um Quote zu buhlen. Sondern ruhig den Eindruck von Kompetenz vermittelte. Der gestern verstorbene Werner Zimmer war so einer.

Mir kamen auch keine Tränen, als Jürgen Klopp seinen Abschied verkündete. Denn, ich "liebe" ihn nicht. Ich liebte die Momente, wenn der BvB mit seinem wieder entdeckten Begeisterungsfussball auf den Gipfel stürmte und Meister wurde. Ich habe aber keinen Anspruch darauf, dass das immer so bleibt und selbst beeinflussen kann ich es auch nicht. Da könnte ich noch so viele Devotionalien kaufen. Jetzt gerade läuft es mal schlecht, aber schon wieder etwas besser als im Winter, wo sie (oder wir?) auf dem 18. standen. Ich wechsle nicht meinen Verein, aber den Fernsehsender.

Die Sprache der Werbung gibt uns aber trotzdem etwas. Nämlich Hinweise auf die Sehnsüchte der Leute. Ständig busy, auf allen Kanälen, ständig in "Kommunikation" und "Feedback" verheddert, aber am Ende des Tages nichts, was bliebe. Nichts, was tiefer reinginge. Da kommt das Versprechen der Bandenwerbung dann genau richtig.

Ich habe unser Skyabo gekündigt. Denn schon der Name Sky war irreführend. Man findet da keinen Himmel, höchstens Halbgötter.

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