Samstag, 27. Januar 2018

Made in Germany

Mein Vater langte mit dem Messer in die Margarine um etwas für sein Brötchen abzuheben. Auf dem Weg vom Margarinebecher zu seinem Brötchen fiel ihm die Margarine vom Messer. Zum ersten Mal beobachtete ich, dass es nicht nur mir so geht. Und er fragte: "Seit wann können die eigentliche keine normale Margarine mehr herstellen?" Ich stimmte ihm zu, eine Antwort wusste ich nicht.

Ich weiß auch nicht, seit wann "die" keine normalen Brötchen mehr herstellen können. Seitdem sie nicht mehr selber backen, sondern vorgefertigten Teig aus China einfliegen lassen, schon klar. Aber seit WANN ist das so? Es muss mindestens seit Bundespräsident Wulff so gewesen sein, denn der ließ auch einfliegen: Brötchen aus Hannover. 

Vorigen Sonntag im Bayerischen Fernsehstamttisch (mit Helmut Markwort, Link) hielt der Direktor des Deutschen Museums, Wolfgang M. Heckl, einen originalverpackten USB-Stick in die Kamera. Das Ding bestand zu 70% aus Plastikverpackung. Hartplastik, bei dem man sich "beim Öffnen die Hände blutig machen kann", wie er zurecht bemängelte (vom Müllvolumen mal ganz abgesehen).

Aber auch harmlose Plastikfolien sind ein Ärgernis, denn seit einigen Jahren haben sie keine Öffnungslaschen mehr, sondern sind perfekt glatt verschweißt. Ohne Messer kann man sie nur selten öffnen. Das führt dazu, dass ich heute weniger Verpackung im Laden lasse als früher. 

Gehe ich mal meinen Alltag durch, fallen mir noch mehr Dinge ein, die früher besser und zuverlässiger funktionierten: Rolltreppen, Fahrstühle, Armlängenfreiheit im Restaurant, Passanten, die rechts gehen, damit alle schneller vorwärts kommen, 

Gibt es irgendwo mal traditionell hohe Qualität, steht man dort Schlange. Bei Bäcker Wiedermann zum Beispiel oder Butter Lindner.  Will man mal etwas mehr, muss man es sogar vorher bestellen.

Vielleicht sind es die Spätfolgen unserer Geiz-ist-geil-Mentalität vor zehn Jahren? Mir zeigt es jedenfalls, dass Unternehmen nicht nur in die Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen investieren, sondern diese gezielt verschlechtern - jedenfalls aus Kundensicht. 

Aber auch Sortimente verschlechtern sich. In einem Kreuzberger Supermarkt findet man nicht mehr unbedingt Wurst und Schweinefleisch. Die Nachfrage danach sinkt offenbar rapide. Auch Kuhmilch geht zurück, dafür finde ich mehr Produkte aus Ziegenmilch. 

"Kartoffel" ist ja schon lange ein linker Kampfbegriff gegen Leute, die einfach mal gut essen wollen. Wobei mal wieder deutlich wird, dass es nicht darauf ankommt, was gesagt oder getan wird. Sondern wer etwas sagt oder tut, und warum. 

Verlangst Du an der Gemüsetheke "deutsche Kartoffeln", riskiert man die Brandmarkung als Nazi. Verlangst Du Kartoffeln aus biologischem Anbau in der Region, bist Du progressiv.

1 Kommentar:

  1. Es hat gewiß auch was mit dem Abschwung der Ingenieurskunst (ich sage bewußt "Kunst") und der Naturwissenschaften zu tun. Und natürlich auch mit der Europäisierung und Grünisierung vieler Bereiche. Die Lösungssuche steckt heute oft in einem derart engen rechtlichen, wirtschaftlichen und politkorrekten Rahmen, daß unpraktikable "Lösungen" rauskommen MÜSSEN. Dann geht auch noch oft Design über Funktionalität. Viele Gründe also.

    "Made in Germany" war mal. Siemens verlagert Standorte für die neuen Dampfturbinen in die USA, ins von den deutschen Politikern und weisungsgemäß nachfolgend der deutschen Presse bzw. Medien immer wieder drastisch heruntergemachten Trump-Land. Kaeser wird wissen, warum - und andere werden folgen, die es ebenso wissen. Zurück bleiben nur die im Artikel genannten deutschen Kartoffeln. Ach ja, und der Zuzug (das ist das einzig übriggebliebene Wachstumsfeld, allerdings völlig innovationsfrei) - aber das ist ein anderes, allerdings eng verwandtes Thema.

    AntwortenLöschen