Donnerstag, 10. Oktober 2019

Nobelpreis und Buchmesse

Die  Nobelpreisvergaben und die Frankfurter Buchmesse sind immer noch zwei Ereignisse, auf die ich mich im Herbst freue. Das ist aber mehr alte Gewohnheit. Da gab es früher immer gute Artikel und Beilagen in den großen Tageszeitungen. Man konnte ein Wochenende durchlesen und verstehen. Man konnte versinken, abtauchen in andere Welten.

Heute sind entweder meine Ansprüche gestiegen oder das ganze ist verflacht. Die FAZ beschreibt die Nobelpreise immer noch sehr ausführlich schon am nächsten Tag. Und auch so, dass man das Wichtigste versteht - was haben die Preisträger gemacht und warum hat das die Wissenschaft weitergebracht? Aber ich lese es seit einiger Zeit immer mit dem Hintergedanken daran, an wen die in den letzten Jahren Friedensnobelpreise und Literaturnobelpreise vergeben haben. Da war der Eindruck entstanden, der Nobelpreis gehöre jetzt auch zu den Substanzen, die von einer neuen Generation substanzloser Moralisten missbraucht und verschlissen werden.

Um so mehr freute mich gestern der Literaturnobelpreis für Peter Handke. Ich habe zwar kein Buch von ihm zu Ende geschafft. (Vielleicht wurde er mir einfach nur zu früh aufgezwungen in der Schule.) Dafür habe ich das eine oder andere frühere Interview von ihm in Erinnerung. Und dass er mal für die Serben Partei ergriff. Damals war das für mich ein Zeichen dafür, dass die Linken sie auch nicht alle stramm haben. Wie konnte er nur? Aus intellektueller Überheblichkeit? Oder war er der erste, der verstanden hatte, worum es den Serben eigentlich ging..? Ich bin hier auch in manchen Fragen zu einer "Neubewertung" gekommen.

Dann aber wieder Kommentare in der Art, "dann sollten sie zum Ausgleich wenigstens den Friedensnobelpreis an Greta vergeben". Sollte das passieren, interessiert mich diese Veranstaltung endgültig nicht mehr. 

Ähnlich die Buchmesse. Deutsche Nachwuchsautoren haben ja schon lange nichts mehr mitzuteilen. Wenn man die eine oder Rezension liest oder Berichte von Lesungen und sog. Festivals und "Literaturtagen" in der Wannsee Villa oder anderswo, dann überkommt einen nicht einmal mehr Mitleid. So viel Nabelschau und wortreiche Leere gibt es glaube ich in keinem anderen Land. Aber es passt andererseits zu den Leuten, die mir in der U-Bahn und S-Bahn gegenüber sitzen. Oder die man auf Veranstaltungen sieht, wenn man sich doch mal überwindet, hinzugehen (Danish hat da gerade sehr schön von seinem Besuch der Berlin Foto Week geschrieben: Link :-).

Ich lese seit langem nichts mehr, was mich nicht in irgendeiner Weise berührt. Deshalb kommen die "Gabentische" in Buchhandlungen meistens nicht in Frage für mich. Ich muss mich durchwühlen, suchen, sporadisch lesen, um mal einen Treffer zu landen. Auch zu den großen Themen Wiedervereinigung, Europa, den Verfall unserer intellektuellen Substanz, zündende Beiträge zu Forschung und Technik.. von unserer Seite: nichts.
Auch Fachliteratur: von deutscher Seite: fast nichts.

Und so nehmen Nobelpreis und Buchmesse allmählich Plätze ein wie Weihnachten und Silvester. Man macht es halt, es war ja mal schön. Aber die eigene innere Struktur ist längst darüber hinweg.

1 Kommentar:

  1. Handke ist bei mir nur durch sein Servien-Engagement positiv besetzt. Er war einer der ganz wenigen, der den NATO-Irrsinn seinerzeit angesprochen hat. Bis auf die schwelenden Auseinandersetzungen im Kosovo scheint das - mich überraschend - kein Thema mehr für Servien zu sein. Ich schätze mal, daß die NWO-Kräfte da sehr aktiv sind.

    Auch mir erscheint die deutsche Literaturlandschaft seltsam leer und substanzlos. Interessante Bücher, die ich kaufe (ode gern kaufen würde), sind in der Regel älteren Datums, also aus der vergangenen Zeit, als es noch Meinungen gab und engagiert diskutiert wurde. Daß bei der Fachliteratur mittlerweile auch Ebbe ist, kann ich nur mit "wie erwartet" kommentieren.

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