Mittwoch, 25. Oktober 2023

Zur Frankfurter Buchmesse

 Früher, also ganz früher, war die Buchmesse einer der intellektuellen, kulturellen deutschen Höhepunkte des Jahres. Da lohnte es sich lange wach zu bleiben, um "Die lange Büchernacht" im Fernsehen zu verfolgen. Da gab es Autoren, die etwas zu sagen hatten. Egal ob sie aus der Belletristik oder der Wissenschaft kamen. Und es gab Moderatoren, die sich zielsicher zum Kern einer Sache durchfragen konnten. Vor allem aber waren sie alle wirklich gebildet und hatten Tiefgang.

Lang ist's her.

Inzwischen sind wir in Deutschland an dem Punkt angekommen, vor dem die letzten Intellektuellen lange gewarnt hatten: Unserer Selbstabschaffung unter der Herrschaft der eitlen Dummheit.

Ich habe gerade in der FAZ (auch sie: im Niedergang) eine Rückschau auf die diesjährige Buchmesse gelesen. Und schon die Eröffnung war wohl ein mittleres Fiasko.

Das beginnt mit der Auswahl einer früheren WDR Journalistin, Mona Ameziane, als Moderatorin. Die legt die Latte dann auch gleich mal auf Grasnabe und versucht Laune in den Saal zu bringen. So wie man das als ARD Moderatorin heute halt so macht - von Sportschau bis Buchmesse: Mit einer über den Dingen stehenden, pseudokritischen "Haltung", die alles Bewegende zu einem Objekt ihrer Degradierung "auf (niedrige) Augenhöhe" macht. Und so kündigt diese dann Slavoj Žižek als letzten Redner an. Er kommt nicht nur aus dem diesjährigen Gastland Slowenien, sondern ist laut Mona der "Superstar der internationalen Philosophie".

Superstar - verstehen Sie? Popniveau. Sie brauchen sich nicht anstrengen um hier, auf der Buchmesse, mitwippen zu können. Wir legen das Niveau von uns aus schon tiefer und fordern jeden auf, zu uns herunter zu kommen.

Und dieser Superstar nimmt den Pass in die Schnittstelle zwischen Anstand (einer gebotenen eindeutigen Positionierung zu Israel) und eitler Gefallsucht gleich auf und reitet die versammelte Buchmessegesellschaft an den Rand. Indem er die Massaker der Hamas relativiert. Oder wie man heute sagt: "konzeptualisier". 

Und plötzlich geraten sie alle in Überforderung. Damit haben sie nicht gerechnet. Wir sind doch hier um die Sektgläser zu heben. Um zunächst für die Kameras der woken Influencerinnen zu posieren und dann ein bisschen unter uns zu sein. Jetzt reitet dieser Idiot für die Hamas und wir müssen uns positionieren.

Am meisten überfordert ist der Mann, dessen Pose schon beim (geschickten) Interview mit der Aspekte Moderation Salwa Houmsi missglückte. Ja, auch sie ist irgendwie nach Quoten ausgewählt. Aber sie kann einen Karriere- und Status orientierten Selbstdarsteller schlecht aussehen lassen.

Tja und so gerät gleich zu Beginn alles aus dem Rahmen und mancher fällt vom Sockel. Das missfällt nicht jedem. Eine Claudia Roth fühlt sich zum Beispiel immer wohl, wenn es weniger auf Niveau als auf Schrilligleit ankommt.

Und da sind wir beim eigentlichen Problem. Es ist eine Sippe am Ruder, die die von anderen aufgebaute Substanz hemmungslos verbraucht ohne selbst welche zu erzeugen. Man intrigiert sich in alle Funktionen, kassiert gut ab und beginnt dann mit dem Abriss. Und nennt das "zeitgemäß". Kritik, wenn sie überhaupt noch kommt, wird als Hass diffamiert und zensiert.

Und genau so läuft es derzeit in der Wirtschaft. Und in ihrem Zusammenspiel mit der Politik. 

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