Mittwoch, 14. März 2012

"Es sind nur Bürgschaften, da fließt ja kein Geld"

Quelle: verdi "Eurokrise ohne Ende", März 2012

Braucht es zum Verständnis der Ursachen unserer EURO-Krise mehr als die oben gezeigte Grafik? Die europäischen Staatsschulden lagen lange auf unterschiedlichen aber konstanten Niveaus. Dann kamen Lehman, IKB, Hyporeal, Commerzbank usw..

Vielleicht stört Sie das rote Wappen oben links in der Ecke. Gegenfrage: Wäre es vertrauenswürdiger, wenn dort das Abzeichen einer Frankfurter Großbank stünde?

Allein für die erste Runde der Bankenrettungen wurden Summen locker gemacht, die wir sonst in fünf bis sieben Jahren für Langzeitarbeitslosigkeit ausgeben (vgl. Quelle: Offener Haushalt). Erst danach kamen die Rettungspakete EFSF und ESM und vervierfachten die Bürgschaften. Schäuble jubelte sie dem Bundestag, also uns, unter mit den Worten: "Das sind ja nur Bürgschaften, da fließt kein Geld." Schäuble bestritt vor der Bundestagsabstimmung Gerüchte, die EU wolle die Summe auch noch hebeln. Nach der Zustimmung bezeichnete er genau das als geboten, stimmte zu - und versagte am Markt. Kein Investor wollte noch Anleihen zeichnen, wenn Schäuble und Co. dafür nur eine Teilsicherheit gaben. Schäuble hat sich abwechselnd gründlich verschätzt und uns hinters Licht geführt.

Inzwischen ist klar, dass Geld fließen wird. Die aktuelle Umschuldung Griechenlands kostet uns mehr als 10 Mrd, schreiben die Zeitungen. "Ja, aber immer noch billiger als die Kettenreaktion einer Staatspleite", sagen Merkel und Schäuble. Und schwingen die Kriegsangstkeule.

Über die Verhältnisse gelebt, lautet der Vorwurf in Richtung Griechenland. Die Manipulation dieser Aussage liegt darin, alle Bürger eines Staates über einen Kamm zu scheren. Nicht "die" sondern die oberen -in Griechenland sind es wirklich maximal- zehntausend haben über ihre, also unsere, Verhältnisse gelebt.

Bankenrettung plus Steuerhinterziehungen in Staatsschuldenhöhe. Da kann man nicht von "Staatschuldenkrise" reden. Es sind die Steuerhinterzieher der Oberschicht, die dem Staat etwas schulden, aber nicht einlösen.

Geht man zurück an den Anfang der Geschichte, war es vielleicht aber doch so (ich wollte das lange nicht akzeptieren): Clinton befahl, jeder, auch Kredit"unwürdige", soll sich sein Häuschen bauen können. Gut, dachten die Hypothekenbanken, dann müssen wir eben. Aber die Risiken wollen wir nicht auf uns sitzen lassen. Und so lange das Schneeballsystem steigender Immobilienpreise läuft, geht's ja.

Sie reichten die faulen Kredite verbrieft an Investmentbanken weiter, die die Risiken neu mischten. Dann verkauften die Versicherungen noch passende Ausfallversicherungen dazu. Fertig.

Ich glaube, so war es. Mit gutem Willen kann man fragen: Wieso sollten die Banken die politisch gewollten Risiken auf sich sitzen lassen? Am Anfang steht doch ein Politikversagen. Und es ist vielleicht -wenn es das gibt- das schlechte Gewissen der Politik, das sie die Banken retten lässt.

Aber wie schlimm ist die Krise wirklich? Wolf Lotter weist in der neuen brand eins zurecht darauf hin, dass die Krise "bei den Leuten nicht ankommt". Weil wir mal eben auch einen Rekordexport in Billionenhöhe hatten. Er nennt ein Beispiel aus den Siebzigern, als Helmut Schmdt die Ölkrise ausrief. Doch einen Engpass hat es nie gegeben. In dem Jahr der autofreien Sonntage verbrauchte die alte BRD mehr Öl als in den Jahren direkt davor und danach. Die Ölkrise war im Nachhinein Vorwand für andere Maßnahmen.

Wir sind nicht aufgeklärter als damals. Das glauben wir nur, wegen des Internets. Aber Google und Co. lenken uns inzwischen mehr als wir ahnen. Wir bekommen immer mehr vom Gleichen, von dem, was wir schon gelesen haben und zu diesem in Kongruenz steht. Haben wir eine Krise? Oder wer hat die Krise?

Hundertprozent Verschuldungsgrad bezogen auf einen Jahreshaushalt, das ist doch ein Niveau, das man als Privatmann stemmen kann. Die Finanzierung einer Immobilie beträgt meist mehrere Nettojahresgehälter. Ok, die fließt in einen Wert, nicht in den Konsum. Aber die Summe, die man abtragen muss, ist in einer überschaubaren Zeit zu leisten, wenn man alle anderen Posten extrem runterfährt.

Und das verlangen Schäuble und Merkel von "den" Griechen und Spaniern: Die Schließung von Universitäten und Schulen, Rentenkürzungen und mal eben die Kompletterneuerung der griechischen Wirtschaft. Schnöselige Jungliberale, die nichts vom Leben wissen, fordern die mit Existenzangst ringende Bevölkerung zu mehr Kreativität und Produktivität auf.


Mit der Frage ob bald Hyperinflation droht, haben sich unsere Volkswirte offenbar immer noch nicht beschäftigt. Zwar ist Weimar hier unser Trauma, aber bis heute haben sie nicht geklärt, was der wahre Auslöser der Hyperinflation war und was Folge. Populär ist: Die Notenpresse löste sie aus. Weniger verbreitet: Es war der Warenmangel, der die Preise für Butter und Brot hochtrieb.

An Mangel leiden wir ja nicht. Das ist eine unserer ganz festen Annahmen: Die Kunst ist nicht mehr, genügend zu produzieren, sondern sich im überfüllten Anbietermarkt vertrieblich durchzusetzen. Nur bei einigen Waren, wie z.B. wieder dem Öl, lernen wir inzwischen, dass es weniger gibt, als gebraucht wird. Lesen wir jedenfalls.

Donnerstag, 1. März 2012

Heute ist Tankboykott angesagt #1märztankboykott

Unter #1märztankboykott twittern wir heute die Aufforderung, nach Möglichkeit nicht zu tanken. Und ab morgen für eine Woche nur freie Tankstellen anzufahren.

Damit protestieren wir gegen die stark gestiegenen Benzinpreise. Die Idee stammt von @Oberfranke.

Samstag, 25. Februar 2012

Irankrise: USA gehen auf Distanz zu EU und Israel

Die noch amtierende US Regierung tritt im Irankonflikt erstmal auf die Bremse. Gut so. Der CIA meldet heute, seit fünf Jahren keine Belege mehr für eine Atomwaffenstrategie des Iran zu haben. Dennoch kommuniziere der Iran mehrdeutig, wenn er von 20%-ig angereichertem Uran spreche. Evtl. genüge es dem Iran, wenn seine Nachbarn glauben, dass er in der Lage sei, Atomwaffen produzieren zu können. Israel signalisierten die USA damit ziemlich deutlich, dass es im Falle eines Angriffs auf den Iran wohl keinen Beistand leisten würde.

In Arbeitsteilung kritisiert das Council on Foreign Relations derweil das EU Ölimportembargo. Wie sich inzwischen zeige, schade die EU sich damit inzwischen vor allem selbst: Im europäischen Ölmarkt sind Engpässe entstanden, weil neue Lieferanten gesucht werden müssen, die um das enger gewordene Anbieterfeld wissen. Infolge dessen sehen wir an den Tankstellen Rekordpreise.

Der Iran indes hat schnell neue Abnehmer für sein Öl gefunden und liefert halt woanders hin.

Was bleibt in dieser Lage übrig zu tun? Es wirkt wie eine Sackgasse. Ich tippe darauf, dass die IAEA auf Betreiben der USA den Iran darauf drängen werden, doch noch Besichtigungen der verwehrten Militärgebiete zuzulassen. Allerdings ginge das in o.g. Annahme genau gegen das iranische Interesse, die anderen in Unklarheit zu lassen. Die letzte Eskalationsstufe des Irans wäre nicht die Sperrung der Straße von Homuz, sondern der Austritt aus dem Sperrvertrag.


Die EU jedoch hat einen schweren strategischen Fehler begangen, allen voran unser Außenminister Westerwelle. Der kostet unsere Volkswirtschaft richtig Geld.

Griechenland: Erst Steuern eintreiben, dann Rettungspaket beschließen

Der Bundestag wird am Montag über weitere Griechenlanddarlehen beschließen:

- 24 Mrd EUR, die vom ersten Paket noch nicht abgerufen wurden.
- 130 Mrd EUR zusätzliches Darlehen.

Die Abstimmung erfolgt namentlich. Ich habe Thomas Oppermann über Twitter gefragt, warum man auf den SPD Webseiten noch gar nichts darüber findet, wie die SPD abstimmen will. Immerhin haben selbst einige Unionsabgeordnete ihre Ablehnung angekündigt. Er hat mir schnell geantwortet, dass die SPD BT Fraktion erst am Montag darüber abstimmt.

Man muss die o.g. Beträge in Relation zu einer anderen Zahl stellen: Knapp 60 Mrd EUR Forderungen könnten die griechischen Finanzämter bei ihren Steuerhinterziehern eintreiben. Ich bin der Meinung, eine so hohe Summe, knapp 1/3 unseres anstehenden neuen Darlehens, sollte erstmal eingetrieben werden. Und zwar mit Prio1, noch vor den sogenannten "Reformen", die die Banken und Neoliberalen fordern.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Worte zur heutigen Schweigeminute

So, heute hat es endlich eine staatliche Reaktion auf die Morde der NSU gegeben. Da diese Morde -nach dem Stand der Ermittlungen- aus politischen Motiven begangen wurden, halte ich das für angemessen. Es gab auch nach den Morden der RAF Staatsakte.

Was ich nicht verstehe ist, warum sich Merkel bei den Hinterbliebenen der Opfer entschuldigt hat. Sie hat sich nichts vorzuwerfen. Oder meinte sie die Entschuldigung "im Namen des Volkes"? Auch das wäre ein schiefes Bild. Denn weder sind diese Morde "im Namen des Volkes", noch mit heimlicher Sympathie begangen worden -Gott bewahre- noch haben wir, das Volk, weggesehen. Wir haben schlicht nichts über die Zusammenhänge gewusst bzw. erfahren.

Insofern hätten heute die Chefs von allerlei Ermittlungsbehörden um Entschuldigung bitten müssen. Sie haben bestenfalls "versagt", vielleicht aber auch böseres. Hierin liegt der Skandal. Ich mag es nicht, wenn Vorwürfe von den eigentlichen Adressaten auf Unbescholtene umgelenkt werden. Ich fühle mich dann missbraucht.

Vielleicht hat sich Merkel auch dafür entschuldigen wollen, dass die Opfer bzw. ihre Hinterbliebenen selbst als Täter verdächtigt wurden. Das ist natürlich starker Tobak gewesen, besonders angesichts der Spekulationen, die man jetzt über manche Behörde anstellen könnte. Man muss aber auch sagen, dass Mordkommissionen grundsätzlich - also nicht nur in diesen Fällen- in alle Richtungen ermitteln müssen. Dies wirkt in den Fällen der NSU-Morde nur besonders perfide, weil es in starkem Kontrast zu den aufgedeckten Rollen einiger Verfassungsschützern steht.

Man kann gut gemeinte Gesten auch verhunzen, indem man ohne Fingerspitzengefühl vorgeht und an der Moral dreht.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Jetzt droht ein neuer Golfkrieg

Zum Glück hatte die Staatengemeinschaft nicht auf die angriffslustigen Westerwelles, US-Reps und Israelis gehört, sondern das getan, was den bestehenden Verträgen entspricht: Eine IAEA Delegation fuhr in den Iran um seine Atomanlagen zu inspizieren. Das entsprach genau dem Atomwaffensperrvertrag, der das Recht auf die friedliche Atomenergienutzung einräumt, aber auch die Pflicht, Kontrolleure ins Land zu lassen.

Am Montag verkündete die iranische Führung noch, dass die Gespräche gut laufen - und erzeugte damit offenbar bewusst eine Fallhöhe, man fragt sich nur: für wen? Denn heute morgen lesen wir, dass die Gespräche gescheitert sind. Weil die Delegation auch einen Militärstützpunkt inspizieren wollte, die iranische Führung dies aber nicht zuließ. Ich befürchte jetzt: Das war's.

Wer wohlwollend ist, kann dem Iran noch zugute halten, dass sicherlich auch andere Staaten eine dicke Trennlinie ziehen würden zwischen Energieforschung und militärischen Sperrbezirken und hier niemanden reinlassen würden. Aber damit wird eine Schwachstelle der ganzen Idee des Atomwaffensperrvertrages sichtbar: Es braucht eigentlich die totale Kontrolle, weil man nie weiß, was aufrüstende Staaten hinterm Zaun treiben.

Der Iran dürfte seine letzte Chance damit vertan haben. Sein Säbelrasseln der vergangenen Wochen muss man ihm nun negativ auslegen. Und beantworten. Die UN muss sich selbst ernst nehmen und auf den Atomwaffensperrvertrag pochen und dass der Iran ihn nun verletzt hat.

Mag immer auch sein, dass auch neutrale Organisationen einen Spin haben und hinter den Kulissen Einfluss genommen wird. Das kann man aber immer auch in beide Richtungen auslegen. Wir haben nur die UN und die IAEA.

Ich befürchte, wir erleben in diesem Jahr noch einen neuen Golfkrieg. Damit dürfte auch die viel grunsätzlichere und bessere Idee eines atomwaffenfreien nahen Ostens begraben werden.

Montag, 20. Februar 2012

Schifoahn

"When you get to the bottom
You go back to the top
Of the slide
Where you turn
And you stop.
Then you go for a ride
Then you get to the bottom.
There you see me again."
Beatles

Manche Leute schütteln über die Geschichte von Sisyphos den Kopf und fahren dann in den Skiurlaub - oder suchen einen neuen Bundespräsidenten.


Wer ganz unten angekommen ist, hat zuvor einen Rausch genossen. Zuerst den totalen Überblick übers Tal, der totales Verständnis und Macht suggeriert. Und schon nimmt er Geschwindigkeit auf, wandelt die "potenzielle Energie" des Talents in die Bewegungsenergie eines Performers um. Das ist nichts für Schnäppchen jagende Optimierer, die versucht sein könnten, beides haben zu wollen. Man muss die potenzielle Lagenergie ausgeben, um den Geschwindigkeitsrausch erleben zu können. Weder bekommt man den Rausch gratis, noch kann man hier andere für sich zahlen lassen. Am Hang ist jeder gleich. Und wer in dieser dazu noch in der Lage oder Stimmung ist, genießt. Die Italiener sind es leider nicht mehr.


Manche lieben es, morgens der erste zu sein, der den neu gefallenen Schnee durchpflügt, seine Spur hinterlässt. Anderen ist wichtiger, dass die Sonne ihre Abfahrt bescheint und sie wärmt. Wieder andere erleben ihren größten Rausch nicht beim Abfahren, sondern beim Apres Ski. Manche auch nur dort, nämlich die, denen es vor allem darauf ankommt, dazu zu gehören. Zu denen, die Gas geben. Manche bremsen den ganzen Hang hinunter, lernen ihre Grenzen kennen und können die Erlösung, wo der Skistiefeltanz eröffnet wird, kaum abwarten. Doch leider ist den Italienern nicht mehr nach tanzen. Sie fahren freudlos, aber korrekt und professionell, abwärts. Es geht ihnen gut, aber sie wissen, es geht abwärts. Nur den Menschen entfremdete Machtbürokraten rufen in so einer Situation ihr Volk auf, sich (noch) zu freuen.

Um Erfahrung gehts beim Schifoahn immer weniger, sondern um das Erlebnis. Aber wer in Gedanken bei der Absicherung seines Vermögens und seiner Stellung ist, braucht eine höhre Dosis, damit es funktioniert. Auch trainert kaum noch einer seine korrekte Skihaltung ein, ist stattdessen handlungsorientiert. Bloß vorwärts. Und die Pose wird wichtiger als die (hier: neutrale!) Position. Und sei es auch nur für die Kinder.

Das öffentliche gesellschaftliche Ideal der westlichen Welt war der Aufsteiger. Nur wer den Berg vorher hochgekraxelt war, sollte abfahren dürfen. Und er sollte selbst entscheiden dürfen, wie hoch. Doch wer es sich leisten kann, nimmt den Lift. Heutzutage nimmt jeder den Lift, denn wir sind ein wohlhabender Kontinent geworden, alles in allem. Ja, so relativiert sich das Aufsteigerideal allmählich. Hat wer das Kraxeln nötig, samma net längs alle in der Lage, den Aufstieg zu kaufen? Man kauft sich halt einen Skipass, versucht ohne Nachweis irgendeine Ermäßigung zu ergattern und geht durchs Drehkreuz der Talstation.


Würde Sisyphos heute leben, er müsste den Stein nicht mehr selbst den Berg hoch rollen. Seine Erkenntnisse über das Absurde könnte das eher noch beflügeln, denn diese Anordnung würde völlig ohne ihn auskommen.

Man sieht, unten in der Talstation, down to Earth, beherrschen rationale Überlegungen die Gedanken. Während oben der Rausch und die Vorfreude regieren.


Oben hat man alles Irdische hinter, besser: unter sich, gelassen. Man ist erhoben und erhaben über den Alltag, käme gut gänzlich ohne ihn zurecht. Sind es nicht die einfachen Freuden? Ist nicht doch die Natur, und nicht die Kultur, die Natur des Menschen? Was soll denn göttlicher sein, als die Höhe, die einen von der Erinnerung an das Krauchen auf dem Boden entrückt?


So stelt sich die Frage aber heute nicht mehr. Man geht in die Natur, und stellt einen Sessel auf sie oder legt eine Loungematraze über sie, schon ist sie kultiviert, die Natur. Oder man entzündet ein Feuer, hinter Glas.


Die Schriftsteller, die im Urbanen die höchste Entwicklungsstufe und im Ländlichen vor allem den seelisch kranken Dorfdeppen wähnten, lagen schon immer falsch. Die Natur macht gesund, es ist die Stadt, die krank macht. "Diesen Berg noch.." nimmt sich der berufstätige Städter vor, "dann reicht's, dann steig ich aus." Doch dann rollt sein Stein den Berg wieder runter. Erschöpft surft er darauf hin im Internet, bucht einen Skiurlaub und fährt ins Gebirge.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Fritz Vahrenholt steht der Klimaschutzindustrie in der Sonne

Bei amazon kann man einen Blick in Fritz Vahrenholts Buch "Kalte Sonne" werfen: Link .. und eine spannende Diskussion unter den Rezensenten verfolgen.

Ich habe das Buch noch nicht gelesen, freue mich aber, dass hier mal wieder jemand gegen den Strich bürstet. Vahrenholt setzt auf der zurückgehenden Ausbeute der RWE Windkraftanlagen auf und bringt dies in den Zusammenhang mit "transatlantischen Oszillationen" und ursächlich mit dem elfjähigen Sonnenzyklus. Vahrenholt mokiert sich darüber, dass in den Berichten des Weltklimarates nie etwas darüber zu lesen war. Der unvoreingenommene Leser wundert sich da sicher mit Vahrenholt. Wieso wird die Sonne mal als einzige Rettung gesehen, aber als mögliche wichtigste Ursache für unsere Klimaschwankungen ausgeblendet? (Und warum blenden Anhänger der Sonnenenergie stets aus, dass die Sonne eine einzige thermonukleare Katastrophe ist, nach unseren irdischen Maßstäben?)

Unterm Strich kommt Vahrenholt zu dem Schluss, dass man der Sonnenaktivität als Einfluss auf unser Klima mehr Stellenwert einräumen muss. Dass die Erderwärmung zu einem Stillstand gekommen sei und wir nun wieder vor einer Abkühlung der Erddurchschnittstemperatur stehen. An dieser Stelle und mit dem Blick aufs Balkonthermometer fällt mir wieder mein Lieblingszitat von Mojib Latif ein:

"Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben."
Mojib Latif, 2000

Wir sollen an die Erderwärmung auch dann glauben, wenn wir draußen wieder bei -20°C bibbern. Und das ist keine singuläre Momentaufnahme, sondern Trend seit etlichen Wintern. Allerdings werden auch die Sommer wieder wärmer. Ich als reiner Beobachter meines Wetters sage: Es erinnert wieder mehr an das, was unsere Eltern über die Winter und Sommer in ihrer Kindheit erzählt haben: Kalte, schneereiche Winter und heiße Sommer. In meiner Kindheit dagegen: Wässrige Winter, verregnete Sommer.

Doch darf man so einfach gegen die herrschende Lehrmeinung von Wissenschaft und Forschung verstoßen? Ja natürlich. Vor allem, wenn man weiß wie der Wissenschaftsbetrieb inzwischen funktioniert. Da forscht niemand mehr aus echtem Erkenntnisinteresse. Oder zumindest stehen die, die das tun, auf verlorenen Posten. Geforscht wird das, was öffentlich gefördert wird. Und gefördert wird das, was die Politik will. Und die Politik will das, was der Mainstream an der Wahlurne honoriert. Und zwar inzwischen selbst dann, wenn es der eigenen Beobachtung widerspricht.

Ich habe vor einigen Jahren Einblicke in die Förderindustrie von Ländern, Bund und EU bekommen. Ich kann nur sagen: Da gibt sich ein Apparat selbst eine Agenda, die er anschließend zur Rechtfertigung seines Daseins benutzt. In Förderanträgen für Forschungsvorhaben muss man sich genauestens an die vorformulierten Zielerwartungen halten. Da stellt niemand in Frage, OB der Klimawandel wirklich künstliche oder natürliche Ursachen hat. Da geht es nur um Untersuchungen, wie man ihn aufhalten kann.

Davon hängen zigtausend Arbeitsplätze ab. Genauso wie in der Industrie, die davon lebt, dass CO2 in die Atmosphäre geblasen wird.

Das Klima ist im Wandel. Und Wandel bringt Veränderungen. Und das sehen die meisten Menschen kritisch. Da muss man sich anpassen, evtl. umziehen, evtl. den Deich erhöhen. Aber sehen wir um uns herum Menschen, die an die Klimakatastrophe glauben und Maßnahmen gegen ihre Folgen treffen? Ich meine nicht so große teure Vorhaben wie die Anschaffung eines sparsamen Neuwagens. Sondern ganz einfache praktische Dinge, die nicht gegen die Ursache sondern die Folgen des Klimawandels helfen würden? Ich sehe das nicht. Also glaube ich den Klimawandelleuten nicht. Denn sie glauben selbst nicht an das, was sie vorhersagen. Oft genug geht es nämlich vielen nur darum, dass nicht sie selbst sondern alle anderen ihr Verhalten bitteschön ändern.

Und die, die aufs Rad umsteigen, halten sich für etwas besseres. Auch das ist unschöne deutsche Mentalität. Allen voran zu beobachten bei Berlins Radfahrern.

Nein, hier geht es nicht um Wissenschaft oder Erkenntnis oder tatsächliche Verhaltenänderungen. Hier geht es vorrangig darum, recht zu haben und davon leben zu können.

Samstag, 4. Februar 2012

Zündkerze war gestern, jetzt kommt der Laser

Die Petrolheads schlagen zurück. Weil die Kosten für die Elektroautobatterien nur langsam sinken und die meisten Autokäufer inzwischen anscheinend vergessen haben, dass Hersteller wie Daimler noch vor drei Jahren die völlige Neuerfindung des Autos ankündigten, wittern sie Morgenluft: Da geht noch was. Die Leute kaufen weder Hybrid (zu teuer) noch Elektro (nicht da). Sie kaufen Diesel und Otto.

Wo stehen wir da? Effizienz und Leistungsdichte hängen beim Verbrennungsmotor davon ab, dass man genug Luft in den Hubraum kriegt und das Benzin so eingespritzt bekommt, dass es beim gewollten Zündzeitpunkt sicher in der Funkenstrecke der Zündkerze schwebt.

In der Praxis brauchen wir beim Fahren meist ein mageres Gemisch, d.h. mehr Luft als zur Verbrennung nötig ist. Beim klassischen Sauger mit Vergaser war in der Regel zu wenig Luft im Hubraum, der wurde immer fett und über den Durst betrieben. Das lag daran, dass man hier nichts regeln konnte: Weder Einspritzmenge noch Zündzeitpunkt. Es gab nur: Ventil auf oder zu.

Mehr Luft kam dann mit Kompressoren und Abgasturboladern in den Hubraum. Den Kompressor brauchte man im unteren Drehzahlbereich, weil das Turborad, das vom ausgestoßenen Abgas (also vom letzten Arbeitsakt) angetrieben und beschickt wird, hier noch nichts leistet. Der Kompressor hat den Nachteil, dass er für seinen Betrieb Leistung vom Motor abzieht. Ein Kompressor bringt was, aber man muss den Motor etwas überdimensionieren, was den Verbrauch erhöht.

VW hat in seinem TFSI beides kombiniert und erhöht damit die Leistung auch kleiner Motoren. TFSI steht für Twin Fuel Stratified Injection. Stratified steht für Schichtladung. Geschichtet wird das Luft/Abgas/Benzin-Gemisch und zwar so, dass das Benzin oben schwebt.

Das Risiko des kraftstoffsparenden Magerbetriebes liegt darin, dass sich die Benzinswolke zum berechneten Zündzeitpunkt manchmal nicht innerhalb der Zündkerzenfunkenstrecke befindet. Man kann dieses Problem nicht durch geometrische Veränderungen der Zündkerze lösen, etwa indem man die Gegenelektrode der Kerze weiter unten platziert. Die Kerze muss immer oberhalb des oberen Totpunktes des Kolben liegen, damit sie mit ihm nicht kollidiert.

An diesem Ende der Entwicklung der Zündkerze kommt Albert Einstein ins Spiel: Sozusagen, denn er erforschte die Grundlagen für die den Laser. Man kann mit einem fokussierten Laserlicht ein Gasgemisch so anregen, dass es zu Ionisierungen (elektrische Aufladung) und anschließend zu elektrischen Durchbrüchen kommt, die zur Zündung führen. Eine elegante Vorstellung: Licht zündet den Motor.

Technische Vorteile der Laserzündung:
- Unempfindlichkeit gegen Druck
- Steuerbarkeit des Zündortes auch weit im Hubraum.
- Sehr schnelle Ansteuerbarkeit, Mehrfachzündungen innerhalb eines Arbeitstaktes möglich.

Nutzeneffekte:
- Verbrennung, auch im Magerbetrieb, wird sicher und vollständig.
- In Folge dessen weniger Verbrauch, ruhigerer Lauf, kein Absterben, weniger Schadstoffe im Abgas.

Wesentliche Bauteile werden ersetzt:
- Zündspule durch Lasergenerator.
- Verschleißende Zündkerzen durch Lichtwellenleiter und Fokusoptik.

Damit wird eine neue Tür für weitere Verbrauchssenkungen aufgestoßen. Vielleicht aber eine der letzten für den Verbrennungsmotor.

Quelle: Erfinderaktivitäten 2010, Bericht des DPMA

Freitag, 3. Februar 2012

Warum Fussball und Autos teurer geworden sind. Und besser...

Männergespräch im Stadion oder im Auto:

"Die Tickets sind schon wieder teurer geworden. Ich mach da bald nicht mehr mit."

"Stimmt. Gilt übrigens auch für Autos. Für einen neuen Polo legst Du heute mindestens sechzehntausend EURO hin. Das sind zweiunddreißigtausend Mark! Für einen Polo!"

"Wir können uns das nicht mehr leisten. In den 70ern war's normal, dass Papa sich einen Neuwagen leisten konnte und am Samstag mit Sohnemann auf die Südtribühne ging. Und heute kostet das soviel wie ein Wochenende im Sauerland. Ich sach nur: Kein Steher für'n Zwanni!"

Ja, früher war alles viel billiger. Stehplatz beim BvB in den 80ern: 10 Mark. An die alten Preise erinnert man sich gut. An die Qualität früher eher nicht.



Wenn man sich auf YouTube mal alte Fussballübertragungen, WM in Mexico oder so, anguckt, fragt sich wie ein Franz Beckenbauer heute so einen Kultstatus haben kann. Der hätte mit seinem Stand von damals heute keine Chance. Die spielten damals, und das galt auch fürs WM-Niveau, die meiste Zeit sowas wie Standfussball. Völlig normal, dass der ballführende Spieler nicht läuft, sondern geht. Und wer nicht am Ball, ging nicht, sondern stand. Das ist kein Vergleich zu den schnellen Spielzügen, die der BvB oder die andere Borussia, deren Name mir jetzt nicht einfällt..., heute hinlegen. Es ist anstrengender und schneller geworden. Die Messlatte liegt deutlich höher. Es ist nachvollziehbar, dass ein Spieler dafür auch mehr Geld verlangt.

Allerdings: Nicht mehr nachvollziehbar finde ich die Philosophie eines Uli Hoeneß. Seine Grundannahme ist immer, dass die Zuschauer internationale Stars sehen wollen. Und zwar auf allen Positionen. Genau darin liegt der Wahnsinn und die finanzielle Übertreibung. Ich behaupte das Gegenteil: Die Leute wollen vielleicht einen oder zwei Internationale sehen. Aber am liebsten feiern sie die, die sich im heimischen Verein nach oben gerackert haben. Wanderstars, die heute hier und morgen dort spielen, braucht es nicht in der gesamten Mannschaftsaufstellung.

Und ähnlich ist das alles mit den Autos. Ich fange mal damit an, dass ein Polo heute so groß ist wie ein 70er Golf. Die Autos sind gewachsen, weil die Menschen gewachsen sind. Und sich zu zweit auf die Hinterbank eines zweitürigen Derby quetschen will heute keiner mehr. Auch die Motorleistung ist gestiegen. Man holt aus zwei Litern Hubraum heute keine 120 PS mehr wie ein Mercedes 190 bei seiner Einführung vor dreißig Jahren. Dazu kommen Umwelt- und Sicherheitstechnik ohne Ende. Und Komfort. Und zwar wurde jedesmal -angefangen beim Sicherheitsgurt- gemosert, dass man das "Nicht braucht": ABS, ESP, Navigation, Einparkpiepser, Einspritzer, Turbo, CD, Funkschlüssel, elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung.



Will heute noch wer ums Auto herumlaufen und alle Türen einzeln abschließen? Jemand hier, der gerne seinen iPod ans Autoradio anschließen würde? Airbags, ABS und Temperatursensor wieder ausbauen lassen? Nee, das will keener.

Die Verbräuche pro Leistung gehen zurück. Allerdings stimmt der Einwand, dass das nicht allgemein für Verbrauchsreduzierungen genutzt wird, sondern Leistungssteigerungen. Inzwischen reichen drei Zylinder für 80 PS ohne dass es ruckelt. Die Hersteller bringen beides auf den Markt und gucken, was die Leute kaufen. Würde einer die starken Motoren freiwillig vom Markt nehmen, würde er dafür belohnt oder kauften die Leute dann woanders?

Und die Unfallzahlen sprechen für sich. In den 80ern, vor der Wendezeit, waren 10.000 Unfalltote in der Bundesrepublik "normal". Man sagte, der Autoverkehr sei ein größeres Problem als AIDS. Heute sind wir mit doppelt so viel Autos bei einem Drittel. Immer noch zuviel, aber stark verbessert. Und diese Entwicklung wird weitergehen. Künftig vesucht das Auto selbst, drohende Unfälle zu erkennen und zu entschärfen. Oder einen nicht mehr zu vermeidenden Unfall zu mindern, wie z.B. die Multikollisionsbremse: Oft kracht ein Auto nach der ersten Kollision auch noch in weitere Hindernisse. Demnächst greifen nach dem ersten Crash grundsätzlich die Bremsen.

Ich frage mich auch manchmal, was würde ein Neuwagen heute kosten, der auf dem Stand der 70er ist, also völlig abgerüstet? Es wäre eine Blechkiste mit Beleuchtung, Hauptsache, sie fährt.

OK, dann bleibt immer noch der Preisunterschied zwischen deutschen und französischen, italienischen, japanischen und koreanischen Autos. Erklärung: Die Südeuropäer senken den Verbrauch mit der Leistung. Die Japaner sparen an den Varianten (keine schlechte Idee) und die Koreaner muss man im Auge behalten.

Was man -wie im Fussball- kritisieren könnte: Man muss nicht allen alles bieten und muss nicht auf jeder Position weltweiter Marktführer sein. Ich (ich persönlich) brauche keinen Gelände-Mini und keinen unten höher gelegten (Trendumkehr!) und oben eingedrückten Crossover. Ich brache auch kein Komfortcoupe als Kombi. Ich verliere da allmählich den Überblick. Diese Variantenvielfalt wird aber tatsächlich nachgefragt. Sicher von anderen Leuten als mir. Und sie ist auch zu geringeren Kosten machbar, als man so denkt. Das ist ein Ergebnis von Plattform- und Baukastenphilosophien.

Mit den Autos ist es wie mit dem Fussball: Wenn wir mal zurückschauen und ehrlich sind, wollen wir nicht zurück in die 70er. Außer vielleicht, was das Design angeht..

Donnerstag, 2. Februar 2012

Patentrecherche im Web 2.0 organisieren

Nach ArticleOne, die auf ihrer Plattform Patentrecherchejobs ausschreiben, gibt es nun auch crowdIPR. Die organisieren Entgegenhaltungen bei Neuheitsprüfungen. Jeder, der einer neuen Patentanmeldung eigne Veröffentlichungen oder Patente entgegenhalten kann, melde sich hier:

http://www.crowdipr.com/

Labor oder Schreibtisch: Ideen muss man teilen

Die Erregung über Ideendiebstahl, der Kampf ums Urheberrecht, die Anklage auf Patentverletzung, aber auch der Unmut über desinteressiertes Management, das sind alles Zeichen verletzten Stolzes. Genau genommen: einer unausgewogenen und unfairen Verwertung von Ideen, oder ihrer Missachtung.

Man schreibt und erfindet immer für andere. Aber man will als Urheber der Idee bekannt und anerkannt sein. Mögen andere den Schrieb zwischen zwei Buchdeckel pressen, mögen andere die Produktidee realisieren und wieder andere auf die weltweiten Märkte bringen. Mögen andere damit verdienen. Man selbst will zwei Dinge: Mitverdienen und als Ideengeber erkennbar sein.

So denken nicht alle, und so denkt nicht jeder immer. Man kann einem stolzen Erfinder oder Redenschreiber auch mit Geld das Maul stopfen. Es muss nur genug sein, dann schweigt er. Es gibt auch den Typus, dem die Reputation von vorne herein nicht wichtig ist. Aber in einer Welt, in der die Armen sexy bleiben und die Reichen uninteressant, muss man auf beides achten: Die Reputation macht den Marktwert, die Marke, ist immaterielles Ergebnis des Invests in sich selber, das die Lizenzeinnahmen von morgen ermöglicht. Denn nur von den Lizenzeinnahmen lebt man.

Ich habe den Zorn selbst erlebt über den, der sich mit einer Idee auf und davon machen will. Aber ich wusste Wege, ihn vom Pferd zu holen.

Aber der Kreative muss auch etwas anderes erkennen, was gerade typisch für unsere Zeit ist: Man muss Ideen teilen. Mitteilen. Das Wagnis, den Vogelkäfig zu öffnen, damit der Vogel die Welt kennen lernen und sich anreichert. Das Wagnis, dass er nicht zurückkommt, aber die Hoffnung, dass er etwas mitbringt.

Das Internet bietet beides: Wege der Verbreitung einer Idee. Aber auch Mittel, das Feedback der zugedachten Empfängergruppe zu testen und zu dokumentieren. In quantitativer Form als OK-Klicks unter einem Beitrag und in qualitativer Form als Kommentare und weitergehende Ideen unter einem Beitrag.

Auf diesem Weg sind ja die besten Werke entstanden. Ingenieursarbeit zum Beispiel ist immer Teamwork. Und zwar nicht nur von Ingenieuren unter denen man Tüftler braucht aber auch disziplinierte Konstrukteure. Man braucht auch die, die außerhalb des Labors leben und wissen, was die Leute gebrauchen können. Und man braucht die, die wissen, wie man eine Sache produziert und verkauft. Nicht gebrauchen kann man hingegen Manager, die sich als nacheilende Propheten entpuppen. Die hinterher erklären, warum es vorher klar war, dass etwas passieren würde.

Aber auch Musik ist ein gutes Beispiel. Es gibt Poeten, die Texte schreiben. Oder einer Melodie auf den Leib schreiben. Die "Meister der Kompression". Es gibt Musiker, die komponieren. Die beim Spielen neue Linien entdecken.. Bob Dylan hat Songs geschaffen, die andere erst popularisiert haben, indem sie für den richtigen Sound sorgten. Und so weiter. Die Bands, die neue Stilrichtungen geschaffen haben, sind nur selten reich damit geworden, sondern die, die das Neue popularisiert haben, indem sie es der Masse zugänglicher, also einfacher, machten. Dafür haben die Pioniere immer den Ruhm geernet, zumindest bei denen, die ihnen wichtig waren.

Ich glaube, das Urheberrechtsding im Internet will auch Fairness. Wer etwas hochlädt, will als Absender bekannt bleiben. Aber damit er als Absender relevant wird, muss er loslassen können und anderen erlauben, sein Ding weiterzuentwickeln. So schaffen alle gemeinsam etwas Großes, wozu sie allein nicht alle benötigten Fähigkeiten gehabt hätten. Der Lohn dafür muss dann fair aufgeteilt werden. Und dabei ist es nicht selten so, dass der Ideengeber verstehen muss, dass ohne ihn zwar nichts passiert wäre, er alleine es aber nie aus seiner Werkstatt heraus geschafft hätte. Der Verwerter im Vertrieb muss aber ebenfalls verstehen lernen, dass er loslassen muss, damit andere neue Möglichkeiten nutzen, um auch dieses Werk weiter zu entwickeln.

Irgendjemand, man weiß nicht mehr wer, dachte sich die Geschichte vom Aschenputtel aus. Die Brüder Grimm banden fremde Geschichten zu einem Buch, das sie im Lande verteilten. Aber erst Disney machte daraus eine weltweit erzählte Bildgeschichte Cinderella. Aber auch Disney muss zulassen, dass andere die Geschichte weiterentwickeln, und dabei neue Möglichkeiten des Netzes nutzen.

Labor oder Schreibtisch: Ideen muss man teilen

Die Erregung über Ideendiebstahl, der Kampf ums Urheberrecht, die Anklage auf Patentverletzung, aber auch der Unmut über desinteressiertes Management, das sind alles Zeichen verletzten Stolzes. Genau genommen: einer unausgewogenen und unfairen Verwertung von Ideen, oder ihrer Missachtung.

Man schreibt und erfindet immer für andere. Aber man will als Urheber der Idee bekannt und anerkannt sein. Mögen andere den Schrieb zwischen zwei Buchdeckel pressen, mögen andere die Produktidee realisieren und wieder andere auf die weltweiten Märkte bringen. Mögen andere damit verdienen. Man selbst will zwei Dinge: Mitverdienen und als Ideengeber erkennbar sein.

So denken nicht alle, und so denkt nicht jeder immer. Man kann einem stolzen Erfinder oder Redenschreiber auch mit Geld das Maul stopfen. Es muss nur genug sein, dann schweigt er. Es gibt auch den Typus, dem die Reputation von vorne herein nicht wichtig ist. Aber in einer Welt, in der die Armen sexy bleiben und die Reichen uninteressant, muss man auf beides achten: Die Reputation macht den Marktwert, die Marke, ist immaterielles Ergebnis des Invests in sich selber, das die Lizenzeinnahmen von morgen ermöglicht. Denn nur von den Lizenzeinnahmen lebt man.

Ich habe den Zorn selbst erlebt über den, der sich mit einer Idee auf und davon machen will. Aber ich wusste Wege, ihn vom Pferd zu holen.

Aber der Kreative muss auch etwas anderes erkennen, was gerade typisch für unsere Zeit ist: Man muss Ideen teilen. Mitteilen. Das Wagnis, den Vogelkäfig zu öffnen, damit der Vogel die Welt kennen lernen und sich anreichert. Das Wagnis, dass er nicht zurückkommt, aber die Hoffnung, dass er etwas mitbringt.

Das Internet bietet beides: Wege der Verbreitung einer Idee. Aber auch Mittel, das Feedback der zugedachten Empfängergruppe zu testen und zu dokumentieren. In quantitativer Form als OK-Klicks unter einem Beitrag und in qualitativer Form als Kommentare und weitergehende Ideen unter einem Beitrag.

Auf diesem Weg sind ja die besten Werke entstanden. Ingenieursarbeit zum Beispiel ist immer Teamwork. Und zwar nicht nur von Ingenieuren unter denen man Tüftler braucht aber auch disziplinierte Konstrukteure. Man braucht auch die, die außerhalb des Labors leben und wissen, was die Leute gebrauchen können. Und man braucht die, die wissen, wie man eine Sache produziert und verkauft. Nicht gebrauchen kann man hingegen Manager, die sich als nacheilende Propheten entpuppen. Die hinterher erklären, warum es vorher klar war, dass etwas passieren würde.

Aber auch Musik ist ein gutes Beispiel. Es gibt Poeten, die Texte schreiben. Oder einer Melodie auf den Leib schreiben. Die "Meister der Kompression". Es gibt Musiker, die komponieren. Die beim Spielen neue Linien entdecken.. Bob Dylan hat Songs geschaffen, die andere erst popularisiert haben, indem sie für den richtigen Sound sorgten. Und so weiter. Die Bands, die neue Stilrichtungen geschaffen haben, sind nur selten reich damit geworden, sondern die, die das Neue popularisiert haben, indem sie es der Masse zugänglicher, also einfacher, machten. Dafür haben die Pioniere immer den Ruhm geernet, zumindest bei denen, die ihnen wichtig waren.

Ich glaube, das Urheberrechtsding im Internet will auch Fairness. Wer etwas hochlädt, will als Absender bekannt bleiben. Aber damit er als Absender relevant wird, muss er loslassen können und anderen erlauben, sein Ding weiterzuentwickeln. So schaffen alle gemeinsam etwas Großes, wozu sie allein nicht alle benötigten Fähigkeiten gehabt hätten. Der Lohn dafür muss dann fair aufgeteilt werden. Und dabei ist es nicht selten so, dass der Ideengeber verstehen muss, dass ohne ihn zwar nichts passiert wäre, er alleine es aber nie aus seiner Werkstatt heraus geschafft hätte. Der Verwerter im Vertrieb muss aber ebenfalls verstehen lernen, dass er loslassen muss, damit andere neue Möglichkeiten nutzen, um auch dieses Werk weiter zu entwickeln.

Irgendjemand, man weiß nicht mehr wer, dachte sich die Geschichte vom Aschenputtel aus. Die Brüder Grimm banden fremde Geschichten zu einem Buch, das sie im Lande verteilten. Aber erst Disney machte daraus eine weltweit erzählte Bildgeschichte Cinderella. Aber auch Disney muss zulassen, dass andere die Geschichte weiterentwickeln, und dabei neue Möglichkeiten des Netzes nutzen.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Mitmachpolitik im Web 2.0: Kanzlerin übernimmt Grünes Konzept

Zwar waren die Grünen in Berlin nicht in die Regierung gekommen, und im Nachhinein muss man froh sein. Denn so wie die sich öffentlich gefetzt haben wäre diese Koalition eh nicht weit gekommen. Aber eins muss ich auch im Nachhinein wirklich loben: Die Idee mit der Ideenplattform "Da müssen wir ran".


Hier konnte jeder auf einer Berlinkarte einen wunden Punkt markieren, sagen was ihn da stört und einen Vorschlag machen. Superidee. Ich hab mitgemacht: Die blöde Ampelschaltung, also die kurze Grünphase auf dem 17. Juni vor der Tiergartenbrücke. Hier hat man morgens 15 Sekunden grün, dann 2 Minuten rot. Über 800 Unterstützer bekam ich dafür. Und nicht nur das. Eine Grüne Politikerin meldete sich bei mir und brachte die Sache auf dem Bezirksamt zur Sprache. Und nicht nur das. Vom Verkehrsdezernten bekam ich die Antwort, dass man die Sache vor Ort geprüft habe. Und dass die Ursache für die blöde Ampelschaltung die dahinter liegende Ampelkreuzung und deren Rückstau und der Grünvorrang für die Fußgänger an der S-Bahn Brücke sei. So wurde mein Problem zwar nicht abgestellt, aber ich verstand die Ursache. Und das hilft oft auch schon, den Ärger zu reduzieren.

Es wäre Schade um die gute Idee dieser Plattform gewesen, wenn sie mit den Grünen auch wieder unter gegangen wäre. Aber jetzt die Bundeskanzlerin die Idee aufgegriffen und heute ihre neue Plattform "Dialog über Deutschland" veröffentlicht. In drei Kategorien kann hier jeder Fragen stellen und Vorschläge posten. Ist zwar immer irgendwie ungerecht, wenn Ideen kopiert werden. Aber sollte man eine gute Sache lassen oder ablehnen, nur weil sie von der anderen Seite gemacht wird? Ich meine: Nein. Und hab wieder mitgemacht. Mit einem Vorschlag für das Patentwesen:

Patentdatenbank als Social Bookmarking organisieren

Wenn Sie die Idee interessant oder gut finden, unterstützen sie mich doch :-)
Beschreibung steht: Link

Mitmachpolitik im Web 2.0: Kanzlerin übernimmt Grünes Konzept

Zwar waren die Grünen in Berlin nicht in die Regierung gekommen, und im Nachhinein muss man froh sein. Denn so wie die sich öffentlich gefetzt haben wäre diese Koalition eh nicht weit gekommen. Aber eins muss ich auch im Nachhinein wirklich loben: Die Idee mit der Ideenplattform "Da müssen wir ran".


Hier konnte jeder auf einer Berlinkarte einen wunden Punkt markieren, sagen was ihn da stört und einen Vorschlag machen. Superidee. Ich hab mitgemacht: Die blöde Ampelschaltung, also die kurze Grünphase auf dem 17. Juni vor der Tiergartenbrücke. Hier hat man morgens 15 Sekunden grün, dann 2 Minuten rot. Über 800 Unterstützer bekam ich dafür. Und nicht nur das. Eine Grüne Politikerin meldete sich bei mir und brachte die Sache auf dem Bezirksamt zur Sprache. Und nicht nur das. Vom Verkehrsdezernten bekam ich die Antwort, dass man die Sache vor Ort geprüft habe. Und dass die Ursache für die blöde Ampelschaltung die dahinter liegende Ampelkreuzung und deren Rückstau und der Grünvorrang für die Fußgänger an der S-Bahn Brücke sei. So wurde mein Problem zwar nicht abgestellt, aber ich verstand die Ursache. Und das hilft oft auch schon, den Ärger zu reduzieren.

Es wäre Schade um die gute Idee dieser Plattform gewesen, wenn sie mit den Grünen auch wieder unter gegangen wäre. Aber jetzt die Bundeskanzlerin die Idee aufgegriffen und heute ihre neue Plattform "Dialog über Deutschland" veröffentlicht. In drei Kategorien kann hier jeder Fragen stellen und Vorschläge posten. Ist zwar immer irgendwie ungerecht, wenn Ideen kopiert werden. Aber sollte man eine gute Sache lassen oder ablehnen, nur weil sie von der anderen Seite gemacht wird? Ich meine: Nein. Und hab wieder mitgemacht. Mit einem Vorschlag für das Patentwesen:

Patentdatenbank als Social Bookmarking organisieren

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Sonntag, 29. Januar 2012

Siemens baute die ersten Atomkraftwerke im Iran

Man kennt das inzwischen: Die Politik, die der Westen in einem arabischen oder afrikanischen Land bekämpft, hat er vorher selbst angelegt oder unterstützt.

Das gilt auch für den Iran. Der Schah wollte früh verhindern, dass die Ölvorkommen in seinem Land einfach verheizt oder motorisiert werden. Er wollte Öl primär als Grundlage für Kunststoffe verwenden:

„Wir werden so rasch wie möglich die Atomenergie und alternative Energiequellen nutzen, um Öl für die Herstellung chemischer und petrochemischer Produkte zu reservieren. Wir sollten Öl, diese kostbare Substanz, nicht einfach als gewöhnlichen Brennstoff verwenden."
Quelle: Wikipedia

Pahlevi, der ein brutaler rückständiger Diktator war, war energiepolitisch eher weitsichtig. Er startete ein Atomprogramm. Eisenhower machte mit und schenkte der Universität Teheran 1959 sogar einen Forschungsreaktor. Vielleicht als Verkaufsförderungsmaßnahme für den Kraftwerkshersteller Westinghouse. 1967 folgte eine zweite Morgengabe für das inzwischen gegründete Teheraner Nuklearforschungsinstitut TNCR. Doch die USA sahen im Iran nicht nur einen Öllieferanten und Absatzmarkt für eigene Atomtechnik, sondern auch glasklar den Machtfaktor im Nahen Osten. Atomwaffen, die sich womöglich irgendwann gegen Israel richten könnten, sollte der Iran nicht bekommen. Offenbar hatte der Schah nämliches auch gar nicht im Sinn und unterzeichnete 1968 den Atomwaffensperrvertrag. Damit sicherte sich der Iran auch das Recht, Atomkraftwerke bauen und betreiben zu dürfen.

Der Iran hat allerdings zwei schwierige Randbedingungen für eine Stromversorgung aus Uran: Es gibt wenig Kühlwasser und obendrein Erdbebengebiete. Eine Herausforderung für die Hersteller. Am Ende wurden die real in Angriff genommenen Standorte jedoch immer weniger. Buschehr ist das einzige kommerzielle Kraftwerk das bis jetzt ans Netz gegangen ist, und zwar erst voriges Jahr.

Kein geringerer als der große Stratege Kissinger unterschrieb 1975 eine Vereinbarung mit dem Iran über eine nukleare Zusammenarbeit. Die USA sollten Atomtechnik im Wert von 6 Mrd. Dollar liefern. Da Eisenhowers Nachfolger Ford etwas auf die Bremse trat, kamen auch Siemens und französische Kraftwerkshersteller zum Zug.

Siemens begann mit dem Bau von zwei Atomkraftwerken, aber die islamische Revolution und der Krieg gegen den Irak stoppten den Bau. Khomenei erklärte Atomtechnik für "unislamisch". Vielleicht gar nicht so schlecht, denn Siemens gehörte zu denen, die in erdbebengefährdeten Gebieten bauten. Die UdSSR wurde für die Bereitstellung kraftwerksfähigen Urans unter Vertrag genommen. Es waren auch die Russen, die das Siemenskraftwerk 1995 fertigstellten. 2011 ging es ans Netz. Ein aus Sicht des Iran wichtiger Beleg dafür, dass man die Atomenergie friedlich nutzen will.

Trotzdem, oObwohl die Teheraner Universität inzwischen etliche eigene Physiker und Ingenieure in Nukleartechnik hervorgebracht hatte, baute der Iran eigene Strukturen mit fremder Hilfe auf. Das lag auch an kritischen Absolventen, die sich der Erdbeben- und anderer Gefahren bewusst wurden und sich an dem Atomprogramm nicht beteiligten.

Auch interessant: Der Iran sicherte sich afrikanische Uranressourcen. Z.B. im früheren Deutsch-Südwest-Afrika, dem heutigen Namibia. Eon, Steag und EnBW sind bis heute gemeinsam mit dem Iran zugange, namibische Uranvorkommen auszubeuten.

Alles in allem finde ich es sehr gewagt, dem Iran aggressive Atomwaffenambitionen zu unterstellen. Das ist eine Drehung der geschichtlichen Perspektive um 180 Grad, aber auch eine Wiederholung der Geschichte:. Der Westen stellt sich hier gegen eine Entwicklung auf, die er selbst vorangetrieben hat. Dazu gehört auch Deutschland. Westerwelle hat bis jetzt nichts darüber gesagt, welchen Anteil Deutschland am Atomprogramm des Iran hatte. Wenn wir jetzt dagegen sind, muss er das gut begründen, auch öffentlich. Sonst werden es wieder Blogger und Journalisten sein, die ihm das unter die Nase reiben.

Ahmadinedschad mag ein durchgeknallter Extremist sein, der sein Volk wie ein typischer Diktator unterdrückt. Wenn er das Problem ist, gehört er entmachtet. Aber es wäre falsch, einen Bombenkrieg gegen den Iran zu führen.

Wir merken uns auf der iranischen Landkarte:
In Buschehr steht das erste und einzige Atomkraftwerk, das der Iran am Netz hat.
In Isfahan betreibt der Iran eine Versuchsanlage.

Samstag, 28. Januar 2012

Importstopp gegen Iran wird zum Bumerang für Eni

Wie unüberlegt der Importstopbeschluss der EU gegen den Iran war, zeigte sich noch im Verlauf der vorigen Woche. Der Iran erkannte, dass die EU sich damit ins eigene Fleisch schneidet und den Importstopp erst zum Sommer vollständig umsetzen will. Die importierenden Länder wollen sich Zeit lassen, um Ersatzlieferanten zu finden.

Die iranische Führung dreht den Spieß jetzt um, und will am Sonntag einen sofortigen Exportstopp gegen die EU beschließen. Der Iran findet neue Abnehmer schneller als die betroffenen EU Länder neue Lieferanten.

Und ganz spezielle Probleme werden einige europäische Energiekonzerne mit Oil-Buyback Verträgen bekommen:

Italy's Eni says it is owed $1.4-1.5 billion in oil for contracts in Iran dating from 2000 and 2001 and has been assured by EU policymakers its buyback contracts will not be part of the European embargo but the prospect of Iran acting first may put that into doubt.
Quelle: Reuters Iran

Dahinter verbergen sich Vereinbarungen zwischen z.B. der italienischen Eni und dem Iran, Eni Investitionen in Ölexplorationen nicht in bar sondern in Öllieferungen zurückzuvergüten. Eni und andere Unternehmen hatten dafür gesorgt, dass diese Lieferungen nicht unter das EU Embargo fallen sollen. Doch vom Exportstopp des Iran gegen die EU könnten sie betroffen sein. Das wäre ein herber Schlag gegen eine der wichtigsten Stützen der italienischen Volkswirtschaft. Der italienische Staat ist zu 30% an Eni beteiligt. Eni machte voriges Jahr 10 Mrd. EURO Gewinn.

Dumm gelaufen.

Elektromobilität: Bundesregierung mit "Schaufensterpolitik"

"Tue Gutes und rede darüber."
Grundkonzept klassischer Public Relations

"Rede darüber."
Grundkonzept deutscher Forschungspolitik

Angela Merkel gibt gerne die Förderin von Forschung und Technik. Sie besucht eine Messe, hält eine Rede zum Leitthema und sagt, dass Deutschland hier Nummer 1 werden muss. Und dann wird das Chefthema. Wie zum Beispiel der jährliche IT-Gipfel. Es werden Fördertöpfe geschaffen für angeblich strategische Projekte. Doch oft werden diese Projekte dann nur gestartet, weil es Fördertopfe gibt. Dann wachsen Unternehmensbereiche und Forschungsabteilungen sowie Wirtschaftsförderungen um befristete Stellen. Die Beteiligten sind für eine Weile stolz, bei einem Innovationsthema mitmachen zu könnne. Hypen eine Weile ein paar neue Anglizismen und produzieren fleißig Powerpointfolien. Nicht selten überholen und vergrätzen diese Förderprojektprofis dann auch die wahren Experten, deren Rufe zum gleichen Thema jahrelang ungehört blieben. Auf den Fluren schwärmen Berater von Megatrends, Startups und von den Mächtigen, bei denen sie plötzlich Termine haben. Ist die Förderzeit um, wechseln die, die gestern noch angehende Jungunternehmer gaben, in den Regierungs- und Verwaltungsapparat. Wen man gestern noch in der brand eins platziert hat, trifft man heute morgens am Hauptbahnhof Berlin auf dem Weg nach Bonn ins Ministerium von Frau Schavan.

Aus dem Stellwerk für große Industriepolitik ist ein Jahrmarkt der Eitelkeiten geworden.

Ich hoffe, dass das bei der Elektromobilität anders läuft, bin mir aber nicht sicher. Wenn ich z.B. sehe, wie die Bundesregierung das angeht. Das sogenannte "Schaufenster der Elektromobilität" ist voller Widersprüche und so komplex, dass man sich Sorgen machen muss. Das fängt schon bei der Zielstellung an: Geht es hier um die Förderung von Forschung und Entwicklung oder um Marketingprojekte? Beides wäre legitim, aber unscharfe Ziele lösen später nur Unzufriedenheiten aus:
"Das System Elektromobilität soll für potenzielle Nutzer und die breite Öffentlichkeit in Deutschland erfahrbar gemacht werden", hob Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hervor. Die Schaufenster sollten gleichzeitig Erprobungsraum und Werkstatt sein. Sie böten die Möglichkeit, offene Frage zu beantworten, zum Beispiel zu Kundenerwartungen oder Anforderungen an die Infrastruktur.
Quelle: Bundesregierung.de

Vier Bundesministerien (Verkehr, Wirtschaft, Forschung, Umwelt) stellen über drei Jahre 180 Mio. EURO bereit. Ein Kleckerbetrag für ein Thema, das angeblich die Zukunft unserer Mobilität darstellt. Andere Industrieländer stecken hier Milliarden rein.

Die Bundesregierung weiß genau genommen nicht mal, was sie konkret fördern soll. Weil sie in ihren Ministerien keine Kapazitäten hat, die zu so etwas wie Industriepolitik fähig wären. Deshalb gestaltet sie das ganze als Wettbewerb unter den Bundesländern. Die sollen sich um die Gelder bewerben und dabei gegeneinander konkurrieren. Man kann sich vorstellen, nach welchen Kriterien die Gelder dann vergeben werden.

Doch so ein "Teile und Herrsche" macht gerade beim Thema Elektromobilität wenig Sinn. Hier wäre im Gegenteil eine Vorgabe des Bundes nach Abstimmung mit den wichtigsten Bundesländern richtig gewesen. Warum? Weil die Kompetenzen, die man für Elektromobilität braucht, fö(r)deral verteilt sind:

1. Stromversorgung: In NRW (Rot-Grün) sitzen mit Eon und RWE gleich zwei DAX-Konzerne
2. Autohersteller und Zulieferer: In Niedersachsen (Schwarz-Gelb) sitzen VW, Conti und Johnson Control. In Bayern (Schwarz-Gelb) und Baden-Württemberg (Grün-rot) Daimler, BMW, Bosch.
3. Märkte: Die Hauptmärkte für Elektroautos in Deutschland werden die Ballungsräume Berlin (Rot-Schwarz) und Ruhrgebiet (vom Bedarf und den Fahrprofilen eigentlich genau passend, es mangelt aber an Kaufkraft) sowie die kaufkräftigen Metropolen München und Frankfurt.

Es wäre Aufgabe der Politik, diese verteilten Länderkompetenzen so übereinander zu bringen, dass Deutschland seine Stärke hier voll auf die Straße bringen kann. Stattdessen aber bringt sie die Länder lieber gegenseitig in Stellung. Die Anträge werden vermutlich alle alles anbieten und jeder nur eigene Kapazitäten ins Spiel bringen.

Damit wird der "Leitmarkt" vermutlich ein Flickenteppich aus regionalen Schaufenstern werden. Auch hier wird sich irgendwann irgendetwas durchsetzen und Standards setzen. Aber es wird länger dauern. Und die Politik wird nie sagen können, sie habe hier den Anlasser gemacht. Es wartet nämlich jeder auf den anderen: Die Batteriehersteller auf die Bestellungen der Autohersteller. Die Autohersteller auf die Ladestationen der Stromversorger. Und die potenziellen Kunden auf steuerliche Kaufanreize der Bundesregierung, die das ganze ja schließlich auf die Agenda gesetzt hat.

So hat der Lithiumionenbatterie-Hersteller Johnson in einem VDI Interview neulich gesagt, er sei Teil der niedersächsichen Bewerbung beim Förderantrag. Aber das heiße nicht, dass er mit der Produktion und Entwicklung nun in die Vollen gehe. Man wachse lieber stufenweise und halte sich alles offen: Vielleicht machen in Sachen Elektromobilität ja auch die Hybridautos das Rennen. Oder es bleibt bei StartStopp als meistverkaufte Spielart. Man lege sein Batteriekonzept so an, dass man auf alles reagieren könne. Niemand wisse, was sich am Ende durchsetzen werde. "Reagieren können" heißt die Strategie: Abwarten und beobachten.

Eines sei aber schon jetzt klar, sagte der Leiter der Lithiumionen Abteilung von Johnson Controls: In Deutschland werde man nur die Pilotanlage (fürs Schaufenster) bauen. Die Massenproduktion werde aber in den USA erfolgen. Denn die USA fördern die Herstellung von Elektroautobatterien mit 1,5 Mrd. Dollar, also dem zehnfachen des Landes, das sich zum Leitmarkt ausgerufen hat.

Und außerdem gebe es in Deutschland noch ein anderes Problem: Elektroingenieure mit Batterieknowhow seien hier ausgesprochene Mangelware. Da kann man nur hoffen, dass die Einwanderungspläne von Frau Schavan und Herrn Rößler sich auf den anderen Kontinenten herumsprechen werden.

Ich habe aber alles in allem eher den Eindruck, dass die Politik hier nicht begriffen hat, um wie viel es hier gehen könnte und was es eigentlich bräuchte, um all unsere Fähigkeiten zum Nutzen des Landes auf die Straße zu bringen.

Rekordanmeldungen beim Europäischen Patentamt

Das Europäische Patentamt (EPA) berichtete am 17. Januar von einem neuen Rekord der Anmeldezahlen: 2011 gingen 243 tausend Anmeldungen ein, ein Plus von 3%.

Dabei haben sich bestehende Trends weiter fortgesetzt: Es sind inzwischen vor allem nicht-europäische Anmelder, die ihre heimischen Patente auf Europa erstrecken wollen (62%, USA, Japan, China, Korea). Ein Beleg dafür, das Europa entweder als Absatzmarkt, Entwicklungs- oder Produktionsstandort trotz der Krise für Technologieunternehmen attraktiv ist.

In der Innensicht kommen die meisten Anmeldungen aus Deutschland, Frankreich und -obacht, wer hat's erfunden?- der Schweiz.

Stark zunehmen tun Anmeldungen aus Indien, Russland und Brasil. Ein interessanter Indikator dafür, welche Schwellenländer im Begriff sind, Schwellen zu überschreiten..

Quelle: PM des EPA vom 17.01.2012 (Link)

Rekordanmeldungen beim Europäischen Patentamt

Das Europäische Patentamt (EPA) berichtete am 17. Januar von einem neuen Rekord der Anmeldezahlen: 2011 gingen 243 tausend Anmeldungen ein, ein Plus von 3%.

Dabei haben sich bestehende Trends weiter fortgesetzt: Es sind inzwischen vor allem nicht-europäische Anmelder, die ihre heimischen Patente auf Europa erstrecken wollen (62%, USA, Japan, China, Korea). Ein Beleg dafür, das Europa entweder als Absatzmarkt, Entwicklungs- oder Produktionsstandort trotz der Krise für Technologieunternehmen attraktiv ist.

In der Innensicht kommen die meisten Anmeldungen aus Deutschland, Frankreich und -obacht, wer hat's erfunden?- der Schweiz.

Stark zunehmen tun Anmeldungen aus Indien, Russland und Brasil. Ein interessanter Indikator dafür, welche Schwellenländer im Begriff sind, Schwellen zu überschreiten..

Quelle: PM des EPA vom 17.01.2012 (Link)

Donnerstag, 26. Januar 2012

Zweierlei Maß: EU Embargopolitik gegen Südafrika vs. Iran

1987 tobte in der Bundesrepublik wieder einmal die Diskussion um Wirtschaftssanktionen gegen das Apartheidsregime in Südafrika. Der SPIEGEL schrieb, Genscher und Kohl hätten in der EU dafür gesorgt, dass Europa keine Sanktionen verhängt.

Dies obwohl das Regime gegen die Menschenrechte verstieß. Doch Burensohn Franz-Josef-Strauß bezeichnete nicht das unterdrückerische Regime als Terroristen, sondern die Unterdrückten, die farbige Bevölkerung. Botha bedrohte sogar die Regierungen benachbarter Staaten und mischte sich in deren Innenpolitik ein, wenn es sein musste auch militärisch wie z.B. in -ausgerechnet- Namibia. (Quelle: SPIEGEL 47/1987 Archiv)

Kurz gesagt: Da wütete in Südafrika ein rechtsextremistischer Irrer, ein Aggressor gegen den afrikanischen Kontingent. Aber die Regierung war für Sanktionen nicht zu haben. Begründung: "Das träfe vor allem die Zivilbevölkerung."

Dabei rüsteten deutsche Unternehmen vor allem Bothas Polizei und Armee aus. Sanktionen hätten gezielt das Regime getroffen.

Ganz anders als beim Iran. Das Ölembargo wird eben nicht gezielt die Entwicklung atomtechnischer Anlagen treffen -wie Westerwelle behauptet-, sondern die Volkswirtschaft allgemein, weil die zentrale Stelle aller Zahlungsströme der öffentlichen Hand lahmgelegt werden. Das schreibt keine linke, oder israelkritische Zeitung, sondern die FTD (Link):
Die Sanktionen haben ihren Preis.
Die derzeitigen Turbulenzen im Iran sind erst der Anfang. Wenn der Regierung ein Teil der Öleinnahmen fehlt, wird es überall Einschnitte geben. Nicht nur Lehrer, Ärzte und der öffentliche Dienst werden aus der Staatskasse bezahlt. Ein großer Teil der iranischen Wirtschaft besteht aus Staatsbetrieben. Auch die Bezahlung der Angestellten dort wäre dann nicht mehr gesichert.

Die Folgen dauerhafter solcher Sanktionen sind nicht so rosig:
Auch der Irak hat jahrelange Sanktionen überlebt ohne dass das Regime eingeknickt wäre. Eine ganze Generation dort ist mangelernährt und schlecht versorgt aufgewachsen.
Die Verantwortung dafür trügen im Falle des Iran Westerwelle, Obama und Co.

Unterm Strich wird wieder mal mit zweierlei Maß gemessen: Keine Sanktionen gegen das rassistische Regime in Südafrika, selbst keine gegen sein Aufrüstungsprogramm. Aber harte Sanktionen gegen die iranische Bevölkerung.

Dienstag, 24. Januar 2012

Bleibt der Iran im Atomwaffensperrvertrag?

Gestern hat die EU ein Embargo gegen den Iran verhängt. Nicht nur soll es ab Juli einen Importstopp für iranisches Öl geben, es werden auch bestimmte echnologieexporte in den Iran untersagt. Auch werden Konten der iranischen Zentralbank auf EU-Konten eingefroren. Die EU begründete dies mit den Behinderungen, die der Iran der IAEA seit mehreren Jahren bei der Ausübung seiner Kontrollen des Atomwaffensperrvertrag bereitet.

Gleichzeitig machen sich Flugzeugträger und Kriegsschiffe aus USA und Groß Britannien auf in den Persischen Golf.

Die EU Außenbeauftragte Ashton begründete die Sanktionen, diese hätten den Zweck, den Iran zurück in die Verhandlungen zu bringen, die er seit einem Jahr unterbricht. Westerwelle sagte: „Wir können aber nicht akzeptieren, dass Iran nach der Atombombe greift“. An anderer Stelle wurde die Bundesregierung mit der Aufforderung zitiert, der Iran müsse sein "Atomprogramm stoppen".

Um es mal auf den Punkt zu bringen: Wir haben kein Recht, vom Iran solch einen allgemeinen Stopp zu fordern. Der Iran hat seit Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages das Recht, Uran zu verstromen. Zumal er eigene Uranvorkommen im Lande hat.

Das wirft nebenbei die Frage auf, wie hart die Unterbindung von Zahlungsströmen zur Finanzierung seines Atomprogramms den Iran wirklich treffen werden. Im schlechtesten Fall hat er alles was er braucht bereits im Lande und muss nur weitermachen. Mit dem Ölembargo halsen wir uns ein größeres Problem auf, als dem Iran. Denn Spanien, Griechenland und Italien müssen sich nun neue Lieferanten suchen. Die dann übrigens wissen, dass die EU selbst für eine Verknappung auf ihren Einkaufsmärkten gesorgt hat. Was zu einer Preisanhebung führen dürfte. Gestern gab es bereits einen Sprung auf Verdacht bei den Benzinpreisen. Einzige Entlastung an der Preisfront dürften der milde Winter bringen, und die Tatsache, dass das Embargo erst im Sommer vollständig greifen wird.

Die EU weigerte sich übrigens früher immer gegen ein Embargo gegen das Apartheidsregime in Südafrika mit den Worten, dieses treffe vor allem die Zivilbevölkerung eines Landes. Es kommt eben darauf an, welche und wessen Interessen man gerade befolgt.

Wenig ausrichten können übrigens die US-Flugzeugträger zur Aufklärung des iranischen Atomprogramms. Der Iran betreibt mehrere unterirdische Zentrifugen, und etliche Attrappen. Weder ist aus der Luft zu erkennen, welches die echten sind noch wird man sie mit Bombardierungen aus der Luft wirklich zerstören können. So der Stand der Erkenntnisse.

Welches Interesse könnte der Iran an eigenen Atomwaffen haben? Natürlich vor allem jenes, was Ahmadinedschad selbst immer propagiert: Die Zerstörung Israels. Das ist Grund genug, ihn unter schärfste Kontrolle zu nehmen. Aber ist das die Meinung des iranischen Volkes?

Und: Der Iran ist mit Israel, Indien und Pakistan umgeben von Atomwaffenstaaten, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben haben. Der Iran aber hat und seine Führung fühlt sich evtl. deshalb in der latenten Defensive. Vielleicht gerade wegen der großen Ölvorkommen in seinem Land.

Die EU sollte neben der Psyche der iranischen Führung auch die eigentliche Interessenslage des
Iran berücksichtigen, und die eigene.

Die größte Provokation, mit der Ahmadinedschad auf den diplomatischen Kanälen drohen könnte, wäre der Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag. Weil die UN ihn aus seiner Sicht "missbraucht" habe.

Sonntag, 22. Januar 2012

Blessings Bluffs

Inflation ist doch komplizierter, als ich als Nichtökonom bis vor kurzem dachte. Die enormen Summen, die die Zentralbanken immer wieder bereitstellen, fließen nicht direkt in den Geldkreislauf, in dem wir unsere Gehälter bekommen und für Konsum ausgeben. Unser Geldsystem basiert auf Geldkreisläufen ähnlich wie die getrennten Kühlwasserkreisläufe in einem Atomkraftwerk, in dem kontaminierter und nicht-kontaminierter Wasserkreislauf auseinander gehalten werden. Es gibt den primären Kreislauf in dem Geld zwischen Zentralbanken und den Geschäftsbanken zirkuliert. Hier dient Geld vor allem als Sicherheit und kurzfristige Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Die Zentralbanken speisen hier dauernd ein und ziehen aber auch wieder raus. Hier kann es Inflation geben. Meist kurzfristig. Aber Inflationen außerhalb des Konsumsektors sind wir ja schon lange gewöhnt. Z.B. bei Anlagen, z.B. Aktien oder Immobilien. Diese Blasen könnte man ja auch als Inflation bezeichnen. Eine Inflation, die nicht unser heutiges Leben verteuert, sondern unser zukünftiges. Wenn wir unsere Lebensversicherungen oder Fonds kündigen um unsere Renten aufzubessern.

Die letzte Fuhre, die 500 Mrd Ende Dezember 2011, kompensierten nach meinem Verständnis das Misstrauen der Banken untereinander und die deshalb unterbrochenen Kredite zwischen den Banken. Es war aber eigentlich dazu gedacht, den Geschäftsbanken wieder die Sicherheit zu geben, die sie brauchen, um die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen (Realwirtschaft). (Und es sollte Lücken in den Refinanzierungen der Banken selbst überbrücken.)

Dieses Geld ist in der Realwirtschaft bis heute nicht angekommen. Denn die Banken legen es direkt wieder bei der EZB an und fahren so kleine Zinsgewinne ein. Und jetzt kommt's: Dieses nicht beabsichtigte Verhalten der Geschäftsbanken nutzt unsere Regierung als Argument für eine Entwarnung vor Inflation.

Was aber würde passieren, wenn die 500 Mrd dort zirkulierten, wo sie eigentlich sollen - in der Wirtschaft?

Die positiven Nachrichten der vergangenen Woche lauten:
- Die 500 Mrd der EZB haben die europäischen Geschäftsbanken vor Austrocknung bewahrt.
- Italien und Spanien konnten ablaufende Staatsanleihen durch neue ersetzen.

Heißt: Sowohl zwei Krisenstaaten als auch die sie finanzierenden Banken haben eine Hürde genommen. Immerhin. Aber mehr nicht.

In der kommenden Woche wird sich Europa wieder um Griechenland drehen. Der Poker zwischen dem Finanzminister und seinen Gläubigern um einen freiwilligen Forderungsverzicht dreht hoch. Hierzu sagte ein Insolvenzexperte im DRadio Interview, Griechenland könne einen "Haircut" nicht einseitig beschließen, sondern brauche die Zustimmung der Gläubiger. Das sei der Grund, warum Griechenland diesen nicht längst einseitig beschlossen habe.

Daraus folgt: Kreditausfallversicherungen für griechische (bzw. alle europäischen?) Anleihen machen keinen Sinn. Sie kosten, aber sie greifen nie.

Diese Versicherungen waren aber das wichtigste (Schein-)Argument der Banken, insbesondere des Commerzbankvorstandes Blessing, gegen einen freiwilligen Forderungsverzicht. Er sagte: Der freiwillige Verzicht sei der einzige von drei Wegen, bei dem die Banken leer ausgingen. Er bezeichnete diesen als "Sonderweg, den sich die Regierungen ausgedacht haben". Das ist gleich eine doppelte Irreführung: Denn erstens kann eine Forderung immer ausfallen oder ein Teilverzicht darauf Teil eines Insolvenzverfahrens werden. Dafür gibt es die Zinsen und auch die Ausfallversicherungen. Zweitens hat Blessing selbst einen Fehler begangen, wenn er eine Versicherung gegen einen Schaden gekauft hat, der nie eintreten kann.

Dieser Herr Blessing hat diese Woche noch ein Ding gedreht. Er hat im ausländischen Kreditgeschäft Kunden die Möglichkeit gegeben, Kredite zu kündigen, "um von dem attraktiven Zinsniveau an den Weltmärkten partizipieren zu können". Ein Win-Win: Langlaufende Kreditverträge auf niedrigere Zinsen umschulden, das ist attraktiv, das würden wir in Deutschland auch gerne nutzen. Dieses Privileg enthält Blessing seinen hiesigen Kunden, die zugleich als Steuerzahler seinen Hintern mehr als einmal gerettet haben, aber vor. Uns bleibt die Rolle, die durch Missmanagement leck geschlagene Commerzbank, weiterhin über die Klippen zu tragen. Warum macht Blessing das überhaupt? - Weil er so seine Forderungen reduziert, somit seinen Bedarf an Eigenkapital und somit die Hürde fürs Bestehen des Stresstestes niedriger legt.

Er hatte außerdem angekündigt, Kredite an den deutschen Mittelstand verbriefen zu und verkaufen zu wollen, um die Einnahmen dem Eigentkapital zuzufügen. Merkel und Schäuble lassen ihm das offenbar durchgehen.

Donnerstag, 19. Januar 2012

Fashion Week Party im Felix

Ein Cross-over-Abend, wie man ihn ja nur in Berlin erleben kann.. Um 19h Themenabend im Kurt-Schumacher-Haus im Wedding. Mit einem der stillen EURO Helden, Swen Schulz, der gegen Schäubles Plan eines 9er-Dunkelgremiums für die Verteilung der Rettungsmilliarden vor dem BVH geklagt hatte. Dazu morgen mehr. Denn das hier, verstehste, das ist noch wichtiger. Jedenfalls in Berlin. Die Fashion Week hat heute Mittag eröffnet.

Einladung zur Showparty im Club Felix. Schlange stehen im Regen. Drinnen stehen wir zuerst auf der Treppe, die später als Catwalk dienen wird. Alle Versuche von der Räumung der Treppe als einziger verschont zu bleiben vergeblich. Entschädigung dafür: Ein Platz am Zugang der Treppe, an dem sich die Models aufreihen. Was soll ich sagen, die Show war gut, die Stimmung auch. Nach dem Applaus für die Models sagt meine bessere Hälfte zu der irgendwie auffällig unauffällig gekleideten Frau neben ihr, welche Stücke ihr besonders gut gefallen haben. Die Frau lächelt und antwortet fast abwesend: "Ja ja.." Danach bittet sie der Bodyguard auf die Treppe. Es ist die Designerin, die sich jetzt erstmal ihren Applaus abholt.









Mittwoch, 18. Januar 2012

Zensur über das Urheberrecht geht so

In Kurzform:
Du brauchst eine Lizenz von mir, wenn Du mich zitieren willst, um mich zu kritisieren.


Wie man über Schutzrechte auf geistiges Eigentum Zensur ausüben kann, habe ich hier schon mehrmals beschrieben - und ich bin auch nicht der einzige.

Man sichert sich z.B. das Markenrecht auf seinen eigenen Namen und verbietet Kritikern dann diesen Namen in Film- oder Buchtiteln zu nennen. Aberwitzige Folge: Man braucht dann eine Lizenz, um dies tun zu können. Der Markeninhaber kann dies tun oder lassen - wie eine Zensurbehörde. Ein Beispiel hierfür ist Valentin Ceausescu, der so einen Film über seine Familie verhindern wollte.

Viel umfassender lässt sich aber das Urheberrecht für Zensur missbrauchen. Die Idee: Ich verfolge, wo mich Kritiker zitieren, um mich kritisieren zu können. Das Prinzip Rede und Gegenrede wird ausgehebelt, wenn ich jeden meiner Debattenbeiträge als schützenswertes "Werk" bezeichne. Dieses Werk kann natürlich auch die Form eines Buches oder eines Essays haben. Wenn dieses jedoch politischer Natur ist, dann sollte ich mit meinem Urheberrecht großzügig umgehen, denn politische Beiträge haben in unserer Demokratie den Zweck, erwidert zu werden. Man stelle sich vor, Sarrazin würde auf die Gegner seines Buches nur noch über seinen Urheberrechtsanwalt reagieren. Durchgezogen hat dieses Prinzip bis jetzt u.a. eine bekannte Sekte, die in ihrem Namen eine Anspielung auf Wissenschaftlichkeit führt. Sie verklagte Kritiker, die sich in ihren Beiträgen auf Bücher des Sektengründers bezogen. Woraus sofort ersichtlich wird, was man auch in der Wissenschaft mit dem Missbrauch, also der übertriebenen Ausübung des Urheberrechts machen könnte.

Aber auch das Whistleblowing würde erschwert, wenn vorgelegtes Beweismaterial als "Werk" gelten würde, dessen Verbreitung einer Lizenz bedarf, weil es z.B. durch eine Geheimhaltungsvereinbarung vor Verbreitung geschützt wurde.

Fatal an dem heiß diskutierten SOPA (Stop Online Piracy Act) Gesetzesvorhaben der USA ist, dass es sich auch gegen ausländische Webseiten richtet.

Von einem Gesetz zur Verhinderung von Raubkopien einen Bogen zur Meinungsfreiheit zu ziehen, scheint also zunächst weit hergeholt. Den Medienkonzernen, die dieses Gesetz auf den Werk gebracht haben, geht es sicher mehr um den Schutz ihrer finanziellen Interessen, als um Zensur. Dieses Gesetz wäre jedoch auf einfache Weise wandelbar in ein Instrument der Zensur, und deshalb sollte es nie in Kraft treten. Vor allem in den USA, wo die Bush-Jahre gelehrt haben, wie schnell in den USA eine Stimmung erzeugt werden kann, die Kritiker faktisch mundtot macht und sogar kritische Sender und Verlage plötzlich die Schere im Kopf walten lassen.

Der Fall SOPA ist ein weiteres Lehrbeispiel dafür, dass Netzpolitik allerhöchste Aufmerksamkeit braucht, weil es um den Schutz der Meinungsfreiheit geht.

Sonntag, 15. Januar 2012

Durchzechtes Wochenende in Gelsenkirchen

Lange vor dem Atomausstieg kam der Ausstieg aus der heimischen Steinkohle. Ich glaub nicht, dass man Reaktorkuppeln mal so verehren wird, wie Fördertürme. Und niemand wird mal in einem Reaktorbecken heiraten wollen. Heimvorteil für Schalke. Wir zechten ein Wochenende durch. Auf Ewald und Nordstern, Schloss Horst und Berge. Über allem thront der blaue Horst. Fotosafari im Geländewagen über die Schlaglöcher von Beckhausen, rauf auf den Bu(e)rschen Hügel. Dort wird klar: In Gesellenkirchen gibt es mehr Hochzeitslocations als in Las Vegas.












Dienstag, 10. Januar 2012

Der letzte Wille des Friedhofsgärtners: Dauergrabpflege

Friedhofsgärtnereien haben ein Geschäftsfeld, mit dem sie im Todesfall der Eltern oder Großeltern noch vor deren Erben zum Zug kommen. Es nennt sich: Dauergrabpflege.

Wir kennen mehr als einen Fall, in dem einer Witwe oder einem Witwer ein Dauerpflegevertrag für das spätere eigene Grab aufgeschwatzt wurde. Als Verkaufsmasche wird hier verwendet: Mit einem Dauergrabpflegeauftrag entlasten sie ihre Kinder und Enkel. Sie wissen doch, dass die jungen Leute heute keine Zeit mehr haben.

Ja, die Vorstellung, dass die eigenen Kinder mal das Grab ihrer Eltern pflegen sollen, macht Elternteilen häufig ein schlechtes Gewissen. Schon an dieser Stelle könnte man einhaken und fragen: Wozu dann überhaupt die Kultur von Friedhöfen pflegen, wenn es darin mündet, ein Grab zu schaffen, dass niemand mehr besucht außer dem Friedhofsgärtner?

Wer (als Erbberechtigter) nach dem Tod seines Angehörigen solch einen Dauergrabpflegevertrag findet, von dem er vorher nichts wusste, hat keine Wahl. Er muss erfüllt werden.

Es sei denn, man findet Formfehler in dem Vertrag. Z.B. die Behauptung, es handle sich bei dem Konto, auf das Oma schon mal die Pflege für die nächsten zwanzig Jahre überwiesen hatte, um ein "Treundhandkonto". Das sollte man nicht kritiklos glauben sondern, z.B. mit Hilfe eines Anwaltes, auf seine Validität prüfen. An ein Treundhandkonto werden hohe Anforderungen gestellt. Manchmal hat der Friedhofsgärtner den Vertrag selbst formuliert und dabei Fehler eingearbeitet, die den Vertrag zu Fall bringen können.

Wir erlebten beim Versuch der Anfechtung den Vorwurf, wir würden gegen "den letzten Willen Ihrer Großmutter verstoßen". Ein geschmackloser Manipulationsversuch, der dem Hinterbliebenen ein schlechtes Gewissen machen soll - und zwar unter dem unmittelbaren Einfluss seiner Trauer.

Es kann auch helfen, das Thema in Form eines Leserbriefes in der Regionalzeitung zur Sprache zu bringen. In unserem Fall war dies jedoch nicht nötig.

Der Vertrag enthielt Fehler und basierte auf auf nicht mehr gegebenen Annahmen, so dass der Friedhofsgärtner der Kündigung zustimmen musste.

Wer von einem Dauergrabpflegevertrag seines Elternteil zu dessen Lebzeiten erfährt und mit diesem in Übereinkunft kommt, diesen zu kündigen, sollte dem Link zur folgenden Seite folgen: Link

Montag, 9. Januar 2012

Warum der kleine rote Kreis mit weißer Ziffer gut fürs IT-Geschäft ist

Auf einer Demo am Samstag habe ich es so richtig zu spüren bekommen. Ein überlastetes Smartphone, das im wesentlichen mit der Sanduhr kämpft und ein langsamer Chip in der Kompaktkamera machen einen rasend, wenn man gerade mal "echtzeit"-fähig sein will.

Die Softwarestände unserer Apps sind aktuell, weil wir alle Updates mitgemacht haben. Unser Betriebssystem ist nur so aktuell, wie es für unser Smartphonemodell gerade noch unterstützt wurde - also nicht aktuell. Aber auch für ältere Betriebssystemversionen werden immer wieder Aktualisierungen mit zusätzlichen oder renovierten Funktionen veröffentlicht und ich habe sie installiert. Und irgendwann ist es zu spät, das Gerät ist nach dem Update plötzlich überlastet. Z.B. Twitter. Es scheint ununterbrochen mit Laden beschäftigt zu sein. Zuviel für ein drei Jahre altes Smartphone. Und bei unserem Notebook ist das das gleiche. Fotobearbeitung dauert immer länger oder wird gar nicht mehr unterstützt.

Und so fängt man schon wieder an, die Anschaffung eines neueren Gerätes zu überlegen. Aber eines schwöre ich: Beim nächsten achte ich auf ausreichend Ressourcen und mache nicht mehr jedes Update mit.

Es sind die kleinen roten Kreise, die uns zum Anklicken erzogen haben. Anklicken, weil es hier was Neues gibt, das man nicht verpassen darf. Soll. Will. Es ist kein Zufall, dass das Symbol dasselbe ist wie für neue Emails. Genau das ist der beste Umsatztreiber für die Gerätehersteller.

Warum der kleine rote Kreis mit weißer Ziffer gut fürs IT-Geschäft ist

Auf der Demo am Samstag habe ich es so richtig zu spüren bekommen. Ein überlastetes Smartphone, das im wesentlichen mit der Sanduhr kämpft und ein langsamer Chip in der Kompaktkamera machen einen rasend, wenn man gerade mal "echtzeit"-fähig sein will.

Die Softwarestände unserer Apps sind aktuell, weil wir alle Updates mitgemacht haben. Unser Betriebssystem ist nur so aktuell, wie es für unser Smartphonemodell gerade noch unterstützt wurde - also nicht aktuell. Aber auch für ältere Betriebssystemversionen werden immer wieder Aktualisierungen mit zusätzlichen oder renovierten Funktionen veröffentlicht und ich habe sie installiert. Und irgendwann ist es zu spät, das Gerät ist nach dem Update plötzlich überlastet. Z.B. Twitter. Es scheint ununterbrochen mit Laden beschäftigt zu sein. Zuviel für ein drei Jahre altes Smartphone. Und bei unserem Notebook ist das das gleiche. Fotobearbeitung dauert immer länger oder wird gar nicht mehr unterstützt.

Und so fängt man schon wieder an, die Anschaffung eines neueren Gerätes zu überlegen. Aber eines schwöre ich: Beim nächsten achte ich auf ausreichend Ressourcen und mache nicht mehr jedes Update mit.

Es sind die kleinen roten Kreise, die uns zum Anklicken erzogen haben. Anklicken, weil es hier was Neues gibt, das man nicht verpassen darf. Soll. Will. Es ist kein Zufall, dass das Symbol dasselbe ist wie für neue Emails. Genau das ist der beste Umsatztreiber für die Gerätehersteller.

Samstag, 7. Januar 2012

Säbelrasseln am Golf nutzt niemandem

Kaum ausgesprochen, droht sich die EU in ihrem Importembargo für iranisches Öl zu verheddern. Es sind eh nur drei Länder, nämlich Spanien, Griechenland und Italien, für die der Iran ein wichtiger Öllieferant ist. Aber für diese stünde sofort die Frage nach Ersatzlieferungen auf dem Spiel. Und um die will sich die EU nun als ganzes kümmern.

Um es für die drei Importländer nicht zu hart zu machen, will man "zunächst nur neue Lieferverträge unterbinden", alte aber weiterlaufen lassen. Es riecht nach einer komplizierten und bürokratischen Aktion.

Es stellt sich aber auch die Frage, wieso ausgerechnet ein ausgesprochener Importstopp die Antwort auf eine Blockade der Hormuz-Straße sein soll. Denn je nachdem wie die androhte Blockade ablaufen würde, würden über kurz oder lang auch keine iranischen Tanker mehr die Straße passieren können. Z.B. ausgehend vom iranischen Hafen Bandar Abass, der direkt vor dem engsten Teil der Hormuz Route liegt.

Die iranische Führung könnte die Straße verminen oder mit Tonnage blockieren, dann ginge nichts mehr. Einen Checkpunkt auf Basis eigenen Militärs dürfte amerikanischen Seestreitkräfen unterlegen sein. Und ob die USA hier der einzige Gegner blieben, wäre auch noch die Frage. Denn auch Asien ist sehr abhängig vom Golf-Öl.



Kurzum: Mit einer Blockade schnitte sich der Iran ins eigene Fleisch. Die EU mit einem Importembargo aber auch. Hoffen wir mal, dass es nur beim Säbelrasseln bleibt.

Donnerstag, 5. Januar 2012

Irankrise und EURO: Vor dem 30. Januar noch mal volltanken

Da nach den Ankündigungen, das Auto elektrisch neu zu erfinden, inzwischen Ernüchterung eingetreten ist, und einige Automobilhersteller neue Rekordumsätze mit Verbrennungsantrieben melden, sollten wir uns wieder Gedanken über unsere Energieversorgung machen. Besonders ums Öl. Das gilt im großen und ganzen. Aber auch kurzfristig und konkret.

Die Wallstreet, besonders Goldman Sachs, hat mit Spekulationen auf volatile Ölpreise nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren viel Geld verdient. Gleichzeitig meldet der ADAC, dass die Jahresganglinie unserer Benzin- und Dieselpreise in 2011 so hoch war, wie noch nie. Der Ölproduzent Exxon ist wieder das teuerste Unternehmen der Welt.

Immer im Sinne des Geschäftes von Exxon und Co. sind Konflikte um Öltransportwege. Bilder von einer brennenden Pipeline in Asien oder Afrika sorgen stets für Panik und steigende Ölpreise. Es war lange ruhig an dieser Front, doch gerade ist ein neuer Film angelaufen.

In den USA läuft der Präsidentenwahlkampf an, der Ölpreis könnte aus Sicht von Wallstreet einen neuen Schub gebrauchen. Außerdem zieht der Westen bald seine Truppenteile aus Afghanistan und Irak ab.

Man muss in der arabischen Welt zwei neue Faktoren berücksichtigen: den arabischen Frühling, und die rapide wachsende Ölnachfrage der BRIC-Länder. Insbesondere wir im Westen sollten wieder lernen, zwischen Regierungen und Völkern zu unterscheiden und die Befreiungsbewegungen zu ermutigen, wenn nicht zu unterstützen. Doch leider sind die EU und auch Deutschland hier ein Totalausfall. Unsere Außenpolitik bleibt fixiert auf Diktatoren und die Angst vor islamistischen Regierungen, die wir -wie in Tunesien- schon mal mit islamischen Regierungen verwechseln.
Zweitens wird der Ölpreis immer mehr von der wachsenden Nachfrage bestimmt werden, zulasten des Einflusses der Spekulanten. D.h. von der Grundtendenz strebt er immer stetiger nach oben.

Warum also nicht neu daran gehen, die alten Nah- und Mittelostkonflikte endlich zu lösen und die gesamten Ölvorräte, auch die des Iran, der Region dem Weltmarkt zur Verfügung zu stellen? Es gibt Stimmen, die den nahen Osten nicht durch immer mehr Aufrüstung stabilisieren wollen, sondern durch Abrüstung. Insbesondere die Organisation einer atomwaffenfreien Zone, wie es eine Vertragskonferenz der UNO bereits auf der Agenda hat. Da steht zur Zeit eine Tür offen.

Doch ausgerechnet jetzt fangen die Führungen der USA und des Iran an, sich neu zu kloppen. An der Ostküste Saudi Arabiens, am persischen Golf, befindet sich die Tankerbrücke von Ras Tanura. Hier wird täglich Öl im Wert von 800 Mio Dollar auf Tankschiffe verladen und verschifft. An der gegenüberliegenden Seite des persischen Golfes liegt der Iran. Die Tanker müssen auf ihren Wegen in die Welt durch die Straße von Hormus - 50km breit, die schiffbare Fahrrinne nur 10km, und nur ca. 20m bis 50m tief. Sie führt durch iranische und omanische Gewässer und ist durch eine UNO Konvention reglementiert. Ein Nadelöhr, die verwundbarste Stelle, der Grund, warum die USA dort eine starke Flotte mitsamt Flugzeugträger betreiben.

Nach den Meldungen über den größten Waffenlieferungsvertrag der USA an Saudi Arabien aller Zeiten und nachdem der dort eingesetzte Flugzeugträger der USA vor kurzem die Straße von Hormus aus dem inneren Bereich (Persischer Golf) nach dem äußeren Bereich (Golf von Oman) passierte, witterte die iranische Führung eine Gelegenheit: Sie drohte, die Straße von Hormus zu schließen, um den US-Flugzeugträger draußen zu halten, und die Tankerouten zu unterbrechen.

Der Iran gilt als Bedrohung, weil er angeblich an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitet. Deshalb will der Westen auch den Betrieb seiner Atomkraftwerke unterbinden und alles, was der Iran in Sachen Atomenergie betreibt.

Lustig finde ich: Wenn man zu Zeiten des kalten Krieges gegen die Wiederaufbereitung in Wackersdorf oder die Kernenergie überhaupt mit dem Argument demonstrierte, diese sei auch Voraussetzung für die Bewaffnung der Bundesrepublik mit eigenen Atomwaffen, wurde man zum Depp erklärt, der von Kerntechnik keine Ahnung habe und deshalb das Maul zu halten habe. Doch im Falle des Iran wird wie selbstverständlich von Atomkraftwerken auf Atomwaffen geschlossen.

Der Iran hat immerhin den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet. Dieser verbietet dem Unterzeichner die Entwicklung von Atomwaffen, räumt ihm aber das Recht zum Bau und Betrieb von Atomkraftwerken ein. Um beides voneinander unterscheiden zu können, räumt der Vertrag der UNO, bzw. der IAEO ein, jeden Vertragsstaat unangemeldet besuchen und kontrollieren zu können.

Der Verdacht gegen den Iran wäre also durch solche Kontrollbesuche aus der Welt zu schaffen. Diese Besuche gab es in der Vergangenheit. Und mehrmals bescheinigten IAEA und die USA, die eigene Ausforschungen betrieben, dass gegen den Iran nichts vorliege. Das Blatt wendete sich, als 2005 neue Verdachtsmomente der IAEO über unangemeldete Anreicherungsaktivitäten aufkamen und 2009 zu Sanktionen gegen den Iran führten, die dieser als illegal verurteilte.

Israel hat den Atomwaffensperrvertrag übrigens nicht unterzeichnet. Es soll 200 Kernsprengköpfe bereit halten. Israels Annahme ist, dass im Kriegsfall die gesamte arabische Welt einig gegen es stünde.

Nun könnte man sagen: Dann haben wir ja einen stabilen Zustand. Israel hat diese Waffen noch nie eingesetzt und ist auch noch nie angegriffen worden. Doch für den Iran sieht das ein bisschen anders aus. Er hat im Osten das atomar bewaffnete -dem Iran derzeit friedlich gesonnene- Pakistan als Nachbarn, das in gegenseitiger Abschreckung mit Indien liegt. Ein bisschen viel Munition in einer Gegend, die für uns immer noch als eine der wichtigsten Quellen für Öl und andere Industrierohstoffe dient.

Übrigens unterstützte der Westen iranische Nuklearprogramme, als der Iran noch eine Diktatur unter dem Schah war. Aus dieser Zeit stammt die iranische Unterschrift unter den Atomwaffensperrvertrag. Man könnte hier fragen: Was war die Motivation? Warum brauchte ein Land mit großen Öl- und Gasvorkommen zusätzlich Atomenergie?

Die US-republikanische Scharfmacherei ("Bombing") gegen den Iran ist völlig kontraproduktiv. Um die Straße von Hormus zu blockieren braucht es nicht viel.

Joseph Fischer hat vor kurzem einen Kommentar in der FTD abgegeben, der jedem Iraner die Sprache verschlagen haben dürfte: Der Politikberater und Energielobbyist Fischer äußerte sich dort so, dass er einen Krieg dort inzwischen für unvermeidbar hält. Über die UNO Verhandlungen über eine atomwaffenfreie Zone sagte er kein Wort.

Mohssen Massarrat, ein Iraner, der an der Uni Osnabrück lange Professor für Politik und Wirtschaft war, hat Fischer die richtige Antwort gegeben: Es helfe der Welt nicht, einen Krieg öffentlich und alarmierend für unausweichlich zu halten. Er sei viel mehr gefragt, Lösungen vorzuschlagen. Aber dazu müsste man aus seinen zahlreichen Engagements herausdestillieren, für wessen Interessen Joschka Fischer derzeit überhaupt arbeitet und ob Krieg oder Frieden in seinem Interesse liegen.

Die EU hat derweil die Debatte begonnen, ob sie am 30. Januar ein Öl-Embargo gegen den Iran verhängen will. Die EU akzeptiert es, dass die USA jedes Exportgeschäft mit dem Iran unterbinden aber gleichzeitig die saudi-arabische, religiös extremistische Diktatur weiter aufrüsten.

Was auch kommt. Irankrieg, ein weiter schwächelnder EURO. Vor dem 30. Januar sollten wir alle noch mal volltanken. Am besten auch den Reservekanister. Denn danach steigen die Benzinpreise.

Quellen:
Wikimedia Karte "Strait of Hormuz" mit Darstellung Fahrrinnen (Link)
Wikipedia "Strait of Hormuz" (Link)
Wikipedia "Iran and weapons of mass destruction" (Link)
Website Prof. Massarat (Link)
FTD, "Die iranische Zeitbombe", Joseph Fischer (Link)