Donnerstag, 2. Februar 2012

Labor oder Schreibtisch: Ideen muss man teilen

Die Erregung über Ideendiebstahl, der Kampf ums Urheberrecht, die Anklage auf Patentverletzung, aber auch der Unmut über desinteressiertes Management, das sind alles Zeichen verletzten Stolzes. Genau genommen: einer unausgewogenen und unfairen Verwertung von Ideen, oder ihrer Missachtung.

Man schreibt und erfindet immer für andere. Aber man will als Urheber der Idee bekannt und anerkannt sein. Mögen andere den Schrieb zwischen zwei Buchdeckel pressen, mögen andere die Produktidee realisieren und wieder andere auf die weltweiten Märkte bringen. Mögen andere damit verdienen. Man selbst will zwei Dinge: Mitverdienen und als Ideengeber erkennbar sein.

So denken nicht alle, und so denkt nicht jeder immer. Man kann einem stolzen Erfinder oder Redenschreiber auch mit Geld das Maul stopfen. Es muss nur genug sein, dann schweigt er. Es gibt auch den Typus, dem die Reputation von vorne herein nicht wichtig ist. Aber in einer Welt, in der die Armen sexy bleiben und die Reichen uninteressant, muss man auf beides achten: Die Reputation macht den Marktwert, die Marke, ist immaterielles Ergebnis des Invests in sich selber, das die Lizenzeinnahmen von morgen ermöglicht. Denn nur von den Lizenzeinnahmen lebt man.

Ich habe den Zorn selbst erlebt über den, der sich mit einer Idee auf und davon machen will. Aber ich wusste Wege, ihn vom Pferd zu holen.

Aber der Kreative muss auch etwas anderes erkennen, was gerade typisch für unsere Zeit ist: Man muss Ideen teilen. Mitteilen. Das Wagnis, den Vogelkäfig zu öffnen, damit der Vogel die Welt kennen lernen und sich anreichert. Das Wagnis, dass er nicht zurückkommt, aber die Hoffnung, dass er etwas mitbringt.

Das Internet bietet beides: Wege der Verbreitung einer Idee. Aber auch Mittel, das Feedback der zugedachten Empfängergruppe zu testen und zu dokumentieren. In quantitativer Form als OK-Klicks unter einem Beitrag und in qualitativer Form als Kommentare und weitergehende Ideen unter einem Beitrag.

Auf diesem Weg sind ja die besten Werke entstanden. Ingenieursarbeit zum Beispiel ist immer Teamwork. Und zwar nicht nur von Ingenieuren unter denen man Tüftler braucht aber auch disziplinierte Konstrukteure. Man braucht auch die, die außerhalb des Labors leben und wissen, was die Leute gebrauchen können. Und man braucht die, die wissen, wie man eine Sache produziert und verkauft. Nicht gebrauchen kann man hingegen Manager, die sich als nacheilende Propheten entpuppen. Die hinterher erklären, warum es vorher klar war, dass etwas passieren würde.

Aber auch Musik ist ein gutes Beispiel. Es gibt Poeten, die Texte schreiben. Oder einer Melodie auf den Leib schreiben. Die "Meister der Kompression". Es gibt Musiker, die komponieren. Die beim Spielen neue Linien entdecken.. Bob Dylan hat Songs geschaffen, die andere erst popularisiert haben, indem sie für den richtigen Sound sorgten. Und so weiter. Die Bands, die neue Stilrichtungen geschaffen haben, sind nur selten reich damit geworden, sondern die, die das Neue popularisiert haben, indem sie es der Masse zugänglicher, also einfacher, machten. Dafür haben die Pioniere immer den Ruhm geernet, zumindest bei denen, die ihnen wichtig waren.

Ich glaube, das Urheberrechtsding im Internet will auch Fairness. Wer etwas hochlädt, will als Absender bekannt bleiben. Aber damit er als Absender relevant wird, muss er loslassen können und anderen erlauben, sein Ding weiterzuentwickeln. So schaffen alle gemeinsam etwas Großes, wozu sie allein nicht alle benötigten Fähigkeiten gehabt hätten. Der Lohn dafür muss dann fair aufgeteilt werden. Und dabei ist es nicht selten so, dass der Ideengeber verstehen muss, dass ohne ihn zwar nichts passiert wäre, er alleine es aber nie aus seiner Werkstatt heraus geschafft hätte. Der Verwerter im Vertrieb muss aber ebenfalls verstehen lernen, dass er loslassen muss, damit andere neue Möglichkeiten nutzen, um auch dieses Werk weiter zu entwickeln.

Irgendjemand, man weiß nicht mehr wer, dachte sich die Geschichte vom Aschenputtel aus. Die Brüder Grimm banden fremde Geschichten zu einem Buch, das sie im Lande verteilten. Aber erst Disney machte daraus eine weltweit erzählte Bildgeschichte Cinderella. Aber auch Disney muss zulassen, dass andere die Geschichte weiterentwickeln, und dabei neue Möglichkeiten des Netzes nutzen.

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