Samstag, 27. Januar 2018

Made in Germany

Mein Vater langte mit dem Messer in die Margarine um etwas für sein Brötchen abzuheben. Auf dem Weg vom Margarinebecher zu seinem Brötchen fiel ihm die Margarine vom Messer. Zum ersten Mal beobachtete ich, dass es nicht nur mir so geht. Und er fragte: "Seit wann können die eigentliche keine normale Margarine mehr herstellen?" Ich stimmte ihm zu, eine Antwort wusste ich nicht.

Ich weiß auch nicht, seit wann "die" keine normalen Brötchen mehr herstellen können. Seitdem sie nicht mehr selber backen, sondern vorgefertigten Teig aus China einfliegen lassen, schon klar. Aber seit WANN ist das so? Es muss mindestens seit Bundespräsident Wulff so gewesen sein, denn der ließ auch einfliegen: Brötchen aus Hannover. 

Vorigen Sonntag im Bayerischen Fernsehstamttisch (mit Helmut Markwort, Link) hielt der Direktor des Deutschen Museums, Wolfgang M. Heckl, einen originalverpackten USB-Stick in die Kamera. Das Ding bestand zu 70% aus Plastikverpackung. Hartplastik, bei dem man sich "beim Öffnen die Hände blutig machen kann", wie er zurecht bemängelte (vom Müllvolumen mal ganz abgesehen).

Aber auch harmlose Plastikfolien sind ein Ärgernis, denn seit einigen Jahren haben sie keine Öffnungslaschen mehr, sondern sind perfekt glatt verschweißt. Ohne Messer kann man sie nur selten öffnen. Das führt dazu, dass ich heute weniger Verpackung im Laden lasse als früher. 

Gehe ich mal meinen Alltag durch, fallen mir noch mehr Dinge ein, die früher besser und zuverlässiger funktionierten: Rolltreppen, Fahrstühle, Armlängenfreiheit im Restaurant, Passanten, die rechts gehen, damit alle schneller vorwärts kommen, 

Gibt es irgendwo mal traditionell hohe Qualität, steht man dort Schlange. Bei Bäcker Wiedermann zum Beispiel oder Butter Lindner.  Will man mal etwas mehr, muss man es sogar vorher bestellen.

Vielleicht sind es die Spätfolgen unserer Geiz-ist-geil-Mentalität vor zehn Jahren? Mir zeigt es jedenfalls, dass Unternehmen nicht nur in die Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen investieren, sondern diese gezielt verschlechtern - jedenfalls aus Kundensicht. 

Aber auch Sortimente verschlechtern sich. In einem Kreuzberger Supermarkt findet man nicht mehr unbedingt Wurst und Schweinefleisch. Die Nachfrage danach sinkt offenbar rapide. Auch Kuhmilch geht zurück, dafür finde ich mehr Produkte aus Ziegenmilch. 

"Kartoffel" ist ja schon lange ein linker Kampfbegriff gegen Leute, die einfach mal gut essen wollen. Wobei mal wieder deutlich wird, dass es nicht darauf ankommt, was gesagt oder getan wird. Sondern wer etwas sagt oder tut, und warum. 

Verlangst Du an der Gemüsetheke "deutsche Kartoffeln", riskiert man die Brandmarkung als Nazi. Verlangst Du Kartoffeln aus biologischem Anbau in der Region, bist Du progressiv.

Dienstag, 23. Januar 2018

Beratung oder Dienstleistung?

Ihre Selbstsicherheit konnten sie nur aus ihrer Unwissenheit beziehen.
Franz Kafka, "Der Process"

In der Beziehung Kunde - Berater/Fachmann gibt es ein Paradoxon, das fast immer zu Konflikten führt. Der selbstsichere, Führungsstärke ausstrahlende Anbieter bekommt den Auftrag. Später entpuppt sich diese Stärke als Schwäche und sogar als Hindernis.

Der in der Ausschreibungsphase stark Auftretende vermittelt, dass er sein Metier versteht, sein Kunde also kein Risiko eingeht. Er vermittelt Selbstsicherheit, wird sich also auch gegen andere Mitspieler, wie Lieferanten oder andere Spezialisten durchsetzen können, wenn das Projekt unübersichtlich werden sollte.

Nach der Beauftragung legt er schon bald einen Plan fürs Projekt vor. Und verkündet, wen und was er dafür braucht. Führungsstärke, Sicherheit. Dann kommt die erste Bodenwelle. Der Kunde erinnert seinen Dienstleister an die Besonderheiten, die er in der Ausschreibung genannt und im Gespräch wiederholt hatte. Und damit bringt er den selbstischeren Dienstleister von seinem geplanten Weg ab. Das will dieser nicht und versucht er zu vermeiden: "Das geht nicht." Er sieht seine Planung, sein Budget, seinen Zeitplan in Frage gestellt. Und er weiß vor allem noch nicht die Methode wie er bei diesem für ihn unbekannten Ziel landen soll.

Genau diese Kompetenz aber, Führung durch ein noch unbekanntes Gelände, suchen viele Kunden. Einen Partner, der ihnen zuhört, ihre Wünsche versteht und auf Machbarkeit prüft, unter Aufbietung all seiner -möglichst mannigfaltigen- Erfahrung.

Handwerker z.B. sind ein sehr konservatives Metier. Gegen sie haben kreative Architekten, Ausstatter, Designer auf der Baustelle selten eine Chance. Der Handwerker scheut den Umgang mit unbekannten Mitteln und lehnt sie ab. In der ersten Welle des Internet war es ähnlich. Viele gute und keinesfalls unrealistische Ideen wurden nicht umgesetzt, weil sie für SAP-Berater, Middlewarehandwerker und ihre Sponsoren in den IT-Abteilungen das Risiko des Unbekannten bargen: "Das ist unrealistisch."

Diese Dienstleister sind sicher, aber nur auf ihrem schmalen, ausgetrampelten Pfad. Sie sind auch nicht kundenorientiert. Spätestens im dritten Kundengespräch entpuppt sich ihre "Selbstsicherheit" als Sturheit. Sie "korrigieren" Aussagen des Kunden, wenn diese nicht in das Schema des standardisierten Dienstleisters passen. Sie vergessen ganz und gar den Charakter der entstandenen Beziehung: Kunde und Auftragnehmer.

Der Unterschied zwischen Beraten und Dienstleisten ist die Unklarheit des Lösungsweges, manchmal sogar der Aufgabenstellung zu Beginn des Projektes. Der Berater legt Wert auf die Analyse und sagt zu, eine Lösung zu suchen, sobald die Aufgabenstellung klar ist. Der Dienstleister erwartet eine klare Aufgabenstellung. Der Berater muss sicher in der Beziehung sein. Ihm ist klar, dass bereits die Klärung der Aufgabenstellung eine Leistung ist. (Diesen Typus gibt es auch unter Dienstleistern, Handwerkern, Werkstätten, aber eher selten. Findet man einen solchen, ist er Gold wert. Übrigens kommen immer mehr Baumärkte auf die Idee über Video handwerkliche Anleitungen zu ihren Produkten anzubieten..)

Im Unterschied zum Berater legt sich der Experte die Aufgabenstellung so zurecht, dass sie in sein Erfahrungsschema passt. Was seine Erfahrungen angeht, sucht er immer nur mehr vom Gleichen. Das ist seine Art, dem Kunden Sicherheit zu vermitteln: Durch Unflexibilität. Weicht der Kunde davon ab, verunsichert er den Experten. Den empfundenen Druck versucht dieser mit Gegendruck abzuwehren: "Dann ist Ihr Termin gefährdet. Sie sind der Erste, der das so haben will. So sind wir alle nicht eingespielt. Am besten kaufen Sie bei meinem langjährigen Partner etwas aus dem Katalog, dann sind wir morgen fertig." Im schlimmsten Fall versucht der Experte, wenn er sich in Frage gestellt fühlt, seinen Kunden mit Fachwissen auszustechen, am besten noch vor anderen Projektteilnehmern, um deren Zustimmung einzuholen und sich endlich wieder stark zu fühlen.

Worauf ich hinaus will: Bei komplexen Projekten, in denen mehrere völlig unterschiedliche Kompetenzen zusammen spielen müssen, um herauszufinden, ob und wie nah an den Kundenvorstellungen man ein Projekt umsetzen kann, ist auffällige Selbstsicherheit zu Beginn ein Indiz für mangelnde Flexibilität und unter Stress vielleicht sogar auch für mangelnden Respekt (weil die Art der Beziehung vergessen wird) - im schlimmsten Fall muss man unterwegs diesen Experten gegen einen anderen auswechseln. Wer nur mit seinen Wettbewerbern gleichziehen will, braucht nur den Standardexperten. Wer sich differenzieren will, braucht einen guten Berater, der bei Bedarf einen Satz unterschiedlicher, aber guter Experten kennt. Zu erkennen am Feedback zur Aufgabenstellung und dem Fokus auf einer Vorgehensweise, in der man zwischendurch entscheiden kann, wie es weitergeht und ob es überhaupt weitergeht.

Für den Berater hingegen ist ein neues Projekt auch immer eine psychologische Hürde. In dem Sinne, dass man in der Frühphase, in der sich seine Beziehung zum Kunden erst bilden muss, gerne nur gute Nachrichten bringt. Er verwöhnt seinen Kunden damit allerdings. Es ist eine Hürde, erkannte Probleme sofort zu artikulieren. Aber das muss er tun, sofort nach der ersten Bodenwelle, die ihm die erste positive Annahme in Frage stellt.

Montag, 22. Januar 2018

Teambesetzung in Beratungsunternehmen

Je unschärfer ein Problem erscheint oder die Aufgabenstellung für ein Projekt ist, desto mehr lohnt der Einsatz eines Teams aus komplimentären Fähigkeiten, Kenntnissen und Kulturen. Denn um so mehr kommt es hier darauf an, eine Situation aus möglichst vielen Perspektiven zu analysieren.

Je konkreter die Aufgabe ist, desto eher sollte man einen Mix aus nahe beieinander liegenden Spezialisten einsetzen. Wie Peter Felixberger (Gründer von ChangeX) schreibt: Man will nicht von einem Team aus Visionären, Elektrikern und Schuhdesignern operiert liegen, wenn man auf dem OP-Tisch liegt. Man will auch nicht vier OP-Schwestern oder vier Chirurgen. Man braucht insbesondere nicht die, die gerade zufällig Zeit haben (!).

Genau letzteres ist aber leider der Normalfall in vielen Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Das gilt erstaunlicherweise besonders für die knowhow-intensiven Branchen. Jedenfalls, wenn diese traditionell und hierarchisch auf "Ressourcenauslastung" gesteuert werden. Hier versucht jeder Abteilungsleiter lediglich, seine Leute irgendwie unterzubringen und die sich zufällig ergebenen Projektthemen anschließend zu einem Abteilungsprofil zusammen zu reimen...

Das hohe Risiko dieser Vorgehensweise reduziert man in der Industrie, indem man dem Kundenprojektleiter die Projektverantwortung überlässt. Das Ergebnis schadet am Ende allen. Zuerst der Qualität der Projektergebnisse. Dann der Zufriedenheit des Kunden. Es macht einen Unterschied, ob dieser sich lediglich Verstärkung einkaufen wollte und selbst wusste, wohin die Reise gehen soll. Oder ob er glaubte, sich echte Spezialisten einzukaufen, die selbst eine Problemlösung entwickeln. Aber auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter, leidet, wenn diese permanent als etwas verkauft werden, was sie nicht sind. Sie kommen so nicht weiter und bauen so ihre Stärken nicht aus. Der Wertbeitrag ihres Arbeitgebers zu ihrem Lebenslauf sinkt.

Wohlgemerkt: Es geht mir nicht darum, immer nur dasselbe Handwerk auszuüben. Aber der rote Faden muss erkennbar und entwickelbar bleiben. Dies macht den Unterschied zwischen attraktiven und unattraktiven Dienstleistungsarbeitgebern aus.

Fazit:
Der wahllose, gerade verfügbare, Skillmix macht noch keine "Diversity". Breite Diversity braucht man in Projekten mit unscharfen oder grundlegenden strategischen Aufgabenstellungen. je konkreter der Auftrag, desto enger wird der Bedarf an Diversity.

Freitag, 19. Januar 2018

Aufbruchstimmung im Januar

Der Januar ist für mich der Monat, Neues zu planen und innere Aufbruchstimmung zu erzeugen. Auch wenn die Tage noch kurz sind, und es draußen kalt und stürmisch ist. Im engsten Kreis entwickle ich dann neue Pläne und Zielbilder.

November und Dezember waren großartig verlaufen. In beiden Projekten konnte ich Ergebnisse liefern, die anerkannt wurden.

In dem schwierigeren von beiden war ich schon mit der Entscheidung des Kunden zufrieden, mein Konzept zu beschließen und es ab sofort in der neu gegründeten Organisationseinheit umzusetzen. Das Umfeld in diesem Projekt war und ist äußerst herausfordernd. Sowohl auf Kunden- als auch der eigenen Seite. Wir waren ohne fachliche Kenntnis in ein "strategisches" Modernisierungsprojekt gestartet und unsere Leitung meinte, als Stratege brauche man von der Sache her nicht so viel zu verstehen, weil es nur um Strukturen gehe. Dazu kann ich nur sagen: So redet nur jemand, der sein Leben ausschließlich als Berater verbraucht hat. Strategie folgt immer aus den Zielen des Geschäftszweckes, egal ob es um Produkte in einem Markt oder interne Verbesserungen geht.
Meine Empfehlung lautete: Dann helfen wir dem Kunden eben herauszufinden, was seine Ziele sind, und wie er dort hinkommt. Mein Beitrag war ein möglichst konkretes Konzept und Handbuch für ein agiles Anforderungsmanagement. Gegeben waren nur die jahrzehntealten Altsysteme und ihre Betreuer bzw. Programmierer. Inzwischen haben wir die ersten Geschäftsprozesse analysiert, Anforderungen geklärt und testen prototypenhaft die Umsetzbarkeit mit Standardsoftware.

Extern lief es also gut, intern weniger. Denn meine Projektleiter hat bis heute den Zusammenhang der Dinge nicht verstanden oder gar anerkannt. Sie konnte auch nicht gut damit umgehen, dass ich besseres Feedback bekommen habe als sie. Ich meine: Wenn wir dem Kunden "agil" empfehlen, können wir nicht gleichzeitig Distanz und die Arroganz des Beraters exerzieren.

Mein zweites Projekt war ein konzeptioneller Turnaround bzw. eine Feuerlöschaktion. Der Kunde konnte mit seinem Konzept seine Abstimminstanz nicht überzeugen. Die meiste Zeit war im Herbst verbraucht und bis Weihnachten sollte ein neues Konzept her und die Zustimmung der Abstimminstanz ebenso.
Auch hier ging es um Anforderungsmanagement, aber weniger um Systemmondernisierung sondern Konsolidierung und Standardisierung. Wir besetzten unser kleines Team optimal und konnten mit Erfahrung und Sachkenntnis einsteigen. Auch die Zusammenarbeit mit Projektpartnern startete gut. Interviews und Workshops liefen gut, weil das Kundenteam sofort verstand, dass wir wussten wovon wir sprachen. Und in weniger als zwei Monaten entstand ein neues Konzept, dem die Mitglieder der Abstimminstanz zustimmten. Danach stimmte auch noch das erste Entscheidungsgremium zu. Und diese Woche hörten wir, dass nicht nur nicht gemeckert wurde, sondern sogar gelobt :-).

Was will man als Berater mehr? Was kann mehr bestätigen, dass Beratung nicht von abstrakter Strategie sondern angewandter, systematisierter Erfahrung lebt? So wie Hubraum beim Automotor ist im IT-Geschäft Erfahrung durch nichts zu ersetzen :-)

Zur positiven Erfahrung des vorigen Jahres zähle ich auch die Weiterbildung, die ich genießen durfte. Die meisten Erkenntnisse hatte ich im Architekturmanagement nach TOGAF. Dies versetzt mich noch besser in die Lage, mich künftig mit Architekten abzustimmen.

Also, gut gerüstet und ohne Kater sondern mit Aufbruchstimmung gehe ich ins neue Jahr. Ich sehe es positiv, dass das neue Jahr vor mit liegt. Ich freue mich darüber umso mehr, weil ich lange gegen Widerstände, externe wie interne, ankämpfen musste. Am Ende ging die Runde an mich.

Freitag, 29. Dezember 2017

Die seelischen Motive vermeintlicher Vorbilder und Leistungsträger

In 20 Berufsjahren und etlichen Jahren in Parteien und Bürgerinitiativen destilliere ich allmählich die eigentlichen Motive vieler sogenannter Leistungsträger und moralischer Vorbilder heraus.

Wohlgemerkt, ich meine in diesem Posting nicht die Leute, die in Beruf und Amt die Ärmel aufkrempeln und das tun, was sie zuvor versprochen haben. Für die Ergebnisse zählen und die mit Ergebnissen zufrieden sind. Die abends auch abschalten können und ein eigenes halbwegs erfülltes Privatleben haben. Die hoffentlich auch immer noch die Mehrheit bilden, aber sicher bin ich da nicht mehr. Jedenfalls meine ich im Folgenden diese Leute nicht.

Ich rede vielmehr von denen, bei denen man sich manchmal fragt, woher sie die Energie nehmen, für die hohen Preise die man für außergewöhnlichen Aufstieg zahlen muss. Oder für eine Fassade, die immer perfekt scheint, und nie Angriffsflächen für Kritik bietet, sich nie positioniert, aber unentwegt anderer nach ihrer Position befragt.

Inzwischen habe ich einige von ihnen näher kennen gelernt und ich kann berichten. Natürlich achte ich dabei darauf, keinen Vertrauensbruch zu begehen. Aber die Erkenntnisse sind sicher hilfreich für andere und deshalb fühle ich mich verpflichtet... - aber jetzt argumentiere ich fast schon wie die, deren Fassade ich eigentlich angreifen will.

Berufsleben
Doch, in unserem System kann man mit Leistung weiterkommen. Das habe ich selbst erlebt und deshalb bin ich mit unserem System grundsätzlich im Reinen und zufrieden. Insbesondere wenn man die Nutznießer der eigenen Ergebnisse persönlich kennt, und man sich auf sie einstellen kann, dann kann man -im Team- wirklich etwas Schaffen. Und schon zu meinen Studienzeiten sagte mein Werkstoffkundeprofessor: "Und das ist das Befriedigende am Beruf des Ingenieurs und das wird sie ewig antreiben."

Ein gutes Team samt "gutem" Vorgesetzten zu finden, das sind die Randbedingungen dafür. Das ist die ganze Kunst des Berufslebens, insbesondere des Stellenwechsels: zu erkennen, ob hierfür gute Bedingungen bereits vorhanden sind oder ob man sie schaffen kann.

So viel zur Präambel, jetzt zum eigentlichen Punkt. Ich schaffte es immer wieder in die Nähe von hochgestellten Managern zu kommen, weil sie mir vertrauten. Ich bot ihnen Zuverlässigkeit, sie boten mir Vertrauen und Ressourcen. Dazu gehörten Vorstände, Geschäftsführer, Bereichsleiter und - NGO-Gründer.

Ich lernte etwas über ihre Kriterien und Ziele. Und oft über ihren Werdegang. So weiß ich, dass ich sowohl Aufsteiger als auch hoch Geborene kennenlernte. Und ich kann sagen, die Herkunft macht einen Unterschied in der Motivation, aber keinen Unterschied über "gute" und "schlechte" Motivation. Es gibt die Aufsteiger mit schlechten Charaktereigenschaften, die es bis ins Kanzleramt schaffen. Und es gibt den Nachwuchs der "oberen Zehntausend", der seine Bedingungen zu schätzen weiß, sich trotzdem liberal gibt und Leistung unabhängig von der Herkunft anderer anerkennen kann.

Die Aura der Macht hat mich lange fasziniert. Mir genügte es aber immer, für sie zu arbeiten. Nie neidete ich ihnen ihren Rang. Denn ich durfte selbst sehen, welchen Preis bzw. Einsatz man dafür zahlen muss. (Ich lese gerade eine Biographie von Bismarck, und auch ihn zeichnete die Abwesenheit von Neid aus.)

Ich lernte aber auch die dunklen Seiten der Mächtigen kennen. Die Seiten, die ihnen eigentliche  Energiequelle sind. Die sie zu unermüdlichen Einsatz treiben. Und die sie brutal unempfindlich gegen harte Entscheidungen machen. Die den Unterschied machen, ob man Gewalt nur phantasiert oder sie auch auslebt. Ich las meine Alice Miller und bekam in der Realität praktischen Anschauungsunterricht. Da waren Alkohol abhängige Vorstände, die keine Hemmung hatten, sich mit mir im alkoholisieren Zustand über Sicherheitsthemen zu besprechen. Da waren junge Aufsteiger, die als Geschäftsführer junge, gute Nachwuchskräfte aussaugten als wären sie Maschinen. Maschinen, die man ohne Wartung dauerhaft jenseits der Belastungsgrenze fährt. Die also Maschinen besser behandelten als ihre Mitarbeiter. Und da waren Geschäftsführer, die mir offenbarten, dass sie immer noch um den Leistungsbeweis gegenüber ihren Vätern und um die Liebe ihrer Mütter kämpften. Die die fehlende Anerkennung oder Liebe als ewigen Schmerz empfinden. Denen Vater und Mutter immer noch die einzig wichtigen Menschen im Leben sind, und hinter denen alle Nahestehenden, inkl. der Familie die sie selbst gründeten, zurückstehen müssen.

Alice Miller beschrieb dies in ihrem Buch "Das Drama des begabten Kindes": Das begabte Kleinkind erkennt die Bedingungen, unter denen seine Eltern bereits sind, es zu lieben. Alle Intelligenz verwenden sie auf die Analyse der Mimik, Gestik und Sprache ihrer Eltern und suchen ihnen zu gefallen. In den Genuss ihrer Gefallsucht und Empathie kommen Zeit ihres Lebens nur ihre Eltern. Solange bis diese sie endlich erlösen und anfangen, ihr Kind bedingungslos zu lieben.

Es wäre der Moment, in dem ihre Akkuladung schlagartig zusammenbräche, wenn ihre Eltern ihnen nachträglich offenbarten, dass sie ihr Kind schon immer angenommen, akzeptiert und geliebt hatten -vorausgesetzt, es wäre die Wahrheit. Ihre Motivation würde sich dann auf sie selbst stützen. Darauf, was ihnen selbst und ihrem eigenen, selbst gewählten Kreis wichtig ist.

NGOs
Und Vorsicht: Diese Diagnose gilt nicht nur für die, die es nach oben geschafft haben. Es gilt auch für die Strebenden, die nie oben ankommen werden -mangels Ressourcen. Die aber den Ehrgeiz ihrer Eltern ins Ziel bringen wollen. Und die als Strategie das Bündnis mit den Mächtigen wählen. Und die wissen, dass sie ihnen keine besonderen Ressourcen bieten können. Und die stattdessen Unterwerfung anbieten. Die rechte und linke Hand zu sein. Die willfährige, servile Assistenz zum Beispiel. Die hohen Einsatz bringt, zum Beispiel in Form von Überstunden. Die sich das Vertrauen der Untergebenen erschleicht und ihr Wissen dann zum Verrat anbietet. Auch vor diesen muss man sich in Acht nehmen. Sie wissen den o. g. Mächtigen zu gefallen, weil sie ihre Motive teilen und sich auch äußerlich gut an die bei Hofe dominanten Personas anpassen können.
Einigen gelingt es, im Sog der Autorität nach oben zu kommen. Andere weichen auf die moralische Schiene aus. Und diese steht bei beruflich nicht so talentierten Leuten gerade besonders hoch im Kurs. Weil in der Politik inzwischen auch die nicht so Begabten an die Machthebel gekommen sind. Die Tätigkeit in einem NGO bietet ihnen den Vorteil, eine andere Karte spielen zu können. Wer mit Intelligenz, Mut oder Tatkraft nicht so gesegnet ist, kann immer noch die moralische Karte spielen. Kann auf seine moralische Überlegenheit verweisen und andere mit deren Unmoral ausbremsen. Solange sie noch auf ihren Beruf angewiesen sind, arbeiten sie hinter den Kulissen gerne an nicht-leistungsbezogenen Beförderungsmerkmalen, wie z. B. Quoten für Minderheiten. Ihr Ziel ist es hier, andere für sich kämpfen zu lassen, und dann selbst von den "Errungenschaften" zu profitieren. Diese Philosophie kann man 1:1 auch in einem NGO ausleben: Moralische Werte preisen und ihre Einlösung von anderen einfordern.

Erkennungsmerkmale:
Die wichtigsten Erkennungsmerkmale nach meiner Beobachtung Erfahrung sind:
1. Scheinbar unerschöpfliche Energie.
2. Perfekte Fassade. Moralische Perfektion
3. Scheinbar keine private Seite, keine Schwächen.
4. Tendenz zur Rechthaberei, die sich mal auf (sorgsam abgesicherten) Informationsvorsprung und mal auf innere Unsicherheit stützt.

Empfehlungen:
Meine einzige Empfehlung lautet, diese Leute zu meiden. Sobald man sich sicher ist, es mit einer Autorität -oder Peer- zu tun haben, deren Motivation ein seelischer Schmerz ist, sollte man den Abstand vergrößern. Da man sie aber erst mit der Zeit kennenlernt, sollte man grundsätzlich widerstehen, zu früh zu viel von sich preiszugeben. Einerseits ist Vertrauen ein Beschleuniger in jedem Projekt. Andererseits ist mißbrauchtes Vertrauen eine der signifikantesten Ursachen für Misserfolg, oder häßlichen Umgang mit Erfolg.


Freitag, 15. Dezember 2017

Wie unterscheidet man Uran-Zentrifugen für Waffen und Kraftwerke?

Unser Werkstoffkundeprof an der Uni Dortmund hatte Anfang der Neunziger kein Problem damit, Skizzen von Atombomben an sein Vorlesungsskript über "Radioaktivität" zu hängen. Auf Nachfrage sagte er: Bei der Atombombe sei nicht die Konstruktion das Problem, sondern das hochangereicherte Uran zu bekommen.
Da war gerade die Mauer gefallen und islamistischer Terror war noch weit weg.

Trotzdem hatte er wohl im Grunde recht. Es ist schon aufwendig genug, das natürliche Uran so "anzureichern", dass man es für einen Kraftwerksreaktor nutzen kann. Man schleudert das Uran in Zentrifugen so lange im Kreis, bis sich die Uranisotope gemäß ihrer Gewichte verteilt haben. Dann greift man die schweren ab und verarbeitet sie weiter. Man braucht einen Anteil von 5 bis 10 Prozent der schweren Uranisotope im Kernbrennstoff für eine kontrollierbare Kettenreaktion.
Für eine typische Atombombe, die über Raketen ans Ziel gebracht und in hunderten Metern Höhe gezündet wird, braucht man mindestens auf 80 Prozent angereichertes Uran.

Wie erkennt ein Kontrolleur der Atomenergiebehörde nun, ob eine Anreicherungsanlage für Kraftwerke oder Bomben genutzt wird? Zu allererst an ihren Dimensionen. Anlagen für Bomben sind wesentlich kleiner, weil man weniger Menge braucht. Sie muss ja nur einmal zünden, ein Kraftwerk wird auf Dauer betrieben und braucht ständig Nachschub.
Allerdings kann ein Betreiber eine kleine Anlage auch damit rechtfertigen, dass er nur Forschung betreibe. Wer über Luftaufklärung herausfinden will, ob der Iran Waffen- oder Kraftwerksuran anreichert, kann zu Fehlurteilen gelangen. Man muss die Anlagen selbst beurteilen und natürlich das Uran, das mit ihnen produziert wurde.

Dazu müsste der Iran die IAEA Kontrolleure ins Land, in die Anlagen lassen. Damit aber würde er bekannt geben, wo er seine Anlage betreibt. Das will er seinen "Feinden" nicht sagen, weil er dann gezielte Angriffe fürchtet. Außerdem besteht für die IAEA das Risiko, dass ihm nur Showrooms gezeigt werden.

Das zweite Unterscheidungsmerkmal sind die Durchmesser der Zentrifugen. Je höher die Anrricherung, desto größer muss der Durchmesser sein.

Dienstag, 5. Dezember 2017

"Diversity" und Softwarequalität

Wir sind im Zeitalter der Denunziation angekommen. In den Kreativindustrien Silicon Valley und  Hollywood genügen inzwischen Verleumdungen, Vorwürfe, Andeutungen um erfolgreiche Leute aus der Bahn zu stoßen.

So hat Netflix bereits auf die Vorwürfe gegen und Einlassungen von Kevin Spacey reagiert und die Zusammenarbeit mit ihm beendet. Die finale Staffel von House of Cards wird ohne ihn gedreht (Link). (Wir Kunden und Abonennten von Netflix haben es übrigens selbst in der Hand zu sagen, was wir davon halten.) Manche andere Karriere wurde in den letzten Tagen beendet.  

Wohlgemerkt: All das, bevor irgendwelche Verfahren auch nur eröffnet wurden. Das Schmeißen mit Dreck genügt.

Und es betrifft nicht nur die öffentlichkeitssüchtige Filmindustrie. Unter #WomenInTech laufen längst sexistische Kampagnen gegen "weiße Männer", die es gewagt haben Technologieunternehmen zu gründen und gleichzeitig ein Mann zu sein. 

Ideologie schafft neue Vorstandsressorts - nur für Frauen

Das bleibt nicht ohne Folgen für männliche Führungskräfte und im Prinzip jeden, der als überlegener Nebenbuhler empfunden wird. Vorstände müssen dem Vorwurf von Sexismus -aber auch Rassismus- vorbeugen. Sie müssen glaubhaft machen, kein Rassist und kein Sexist zu sein. Es hilft, wenn man selbst einer Minderheit angehört. Noch mehr aber hilft es den Public Relations, Geld in die Hand zu nehmen, die Bürokratie auszubauen und Vice Presidents für "Diversity" und "Social Initiatives" zu erfinden. Was die den ganzen Tag machen? Nun, sie berichten. Direkt an Tim Cook. Denn er will es so. 

Lisa zum Beispiel berichtet Tim über ihre Fortschritte bei der Erziehung der Apple Mitarbeiter: "Education policy programs". Früher war Lisa bei der EPA, der nationalen Umweltagentur, die u. a. Volkswagen in den USA zur Strecke gebracht hat. Barack Obama hatte sie seinerzeit von New Jersey's Governor Jon Corzine abgeworben. Immerhin, Lisa hat früher mal Chemitechnik studiert. Hatte ich erwähnt, dass sie bei der Clinton Foundation im Board sitzt? (Link).

Denise hingegen hat Organisationsmanagement studiert und arbeitete als Beraterin für Personalabteilungen, u. a. Kleiner Perkins. Bei Apple ist sie VP für "Inclusion and Diversity". Denise führt Apples "globale Bemühungen um eine inklusive Kultur, die repräsentativ und umarmend für alle Diversitäten" ist.. (Link).

Apples Qualitätsprobleme

Was diese Umschichtung von Budgets von Produkt- und Qualitätsthemen hin zu sog. "sozialen" Themen -und eine Änderung der damit einhergehenden Personalauswahl- bewirkt, erfahren Apple Kunden in diesem Jahr schmerzhaft: Sowohl Mac OS X High Sierra als auch iOS 11 haben den Mac und das iPhone teilweise unbenutzbar gemacht. Sicherheitslücken, Batterieprobleme, Kompatibilitätsprobleme haben zu einer merklichen Akzeptanzabkühlung bei der früher so begeisterten Fangemeinde geführt. Tim Cook konterte schnell. Aber nicht durch eine Wiederherstellung der bewährten Prioritäten, sondern durch Erhöhung des Updatezwangs für Benutzer und Entwickler. So penetrant wie derzeit wurden mir Betriebssystem Updates früher nicht aufgedrängt. Es kostet mich wiederkehrenden Aufwand, die automatischen Updates zu verhindern. Eine gute Zusammenfassung von Apples Qualitätsproblemen gibt es bei heises "Mac & i" (Link).

Aber Vorsicht, wenn Du jetzt überlegst, ob Du etwas tun solltest. Schließlich bedeutet der Beschluss, mehr Diversität einzuführen immer auch, andere Einstellungs- und Beförderungskriterien als Leistung und Kompetenz heranzuziehen und die Geeignetsten am Ende zu benachteiligen, nur weil sie ein falsches Geschlecht oder Hauptfarbe haben. Die bewusste Benachteiligung weißer Männer ist beides: Sexismus und Rassismus.

Das abschreckende Beispiel James Damore

Aber pass auf, wenn Du etwas unternimmst. Sonst geht es Dir wie dem inzwischen entlassenen Google Entwickler James Damore. Als er über die Unterschiede von Frauen und Männern bloggte, blieb das den hauptberuflichen Diversity-Managerinnen, Journalistinnen und Politikerinnen, deren Hauptaufgabe die Überwachung des Internets ist, nicht lange verborgen (Link). Damore fasste einige wissenschaftliche Studien zusammen, die über den einen oder anderen Unterschied zwischen den Geschlechtern berichteten. Und jedenfalls zu dem Schluss kamen, dass Männer und Frauen nicht gleich sind. Damore schickte seinen Beitrag zuerst an Googles Diversity-Abteilung (!). Die wusste aber -unsicher wie alle anderen- nicht, was sie damit tun sollte und stellte sich tot. Daraufhin verteilte Damore seine Erkenntnisse selbst im Unternehmen. Das war sein Fehler. Zwei Tage später wurde er entlassen. Damore wurde nicht wissenschaftlich widerlegt. Die von ihm zitierte Autorin Hakim bestätigte sogar, dass Damore ihre Aussagen richtig wiedergegeben habe. Allerdings, so zitiert sie der Standard, sei es unzulässig, dies mit dem Berufsleben zu verknüpfen. Das sei "biologistisch". "Unzulässig"? Wohl eher: verboten. "Biologistisch"? - Das kommt mir vor wie ein Kampfbegriff mittelalterlicher Missionare gegen die Aufklärung.

Washington Post

Das Leib- und Magenblatt der neuen Denunzianten predigt, was über Damores Blogpost zu denken ist: 
"Vielleicht hat Damore von dem Zorn nichts gelernt, den er mit seiner Behauptung, biologische Unterschiede seien für die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen verantwortlich. Aber noch wahrscheinlicher ist, dass es ihm egal ist."

Die WP geht noch weiter und tritt nach, weil Damore es gewagt hat, seine Entlassung zu kommentieren und seinen Kritikern "Moralismus" vorzuwerfen. Eines der schwersten Geschütze gegen das "humanistische" Denunziantentum ist der Vorwurf, zu moralisieren statt zu argumentieren (z. B. wissenschaftlich). "Ja richtig, Amerikaner haben auch gewalttätigen Rassismus moralisiert. Und das ist eine gute Sache." - Was in Deutschland die Nazikeule, ist in den USA die Rassismuskeule. Es geht um die Deutungshoheit, wie Diskurse zu führen sind. Das eine gute Sache falsch wird, wenn sie von den falschen gesagt wird. Und umgekehrt. 

Denunziantentum ist eine Domäne des Neides. Der sich unterbewertet fühlenden, nie etwas gewagt habenden. Die den Lottogewinn erwarten, ohne für einen Lottoschein zu bezahlen. Die den Bonus wollen, weil sie sich sonst "diskriminiert" fühlen.

Als Liberaler vertraue ich auf die selbstzerstörerische Kraft solch einer Kultur. Sie wird die Falschen auswählen, unter der schlechten Führung leiden, am Ende schrumpft der zu verteilende Kuchen. In einer Zwischenphase werden sie von der verbliebenen Substanz immer mehr fordern. Sie halten sich ja schon heute an die, die noch leisten können: an uns. Und unsere "starken Schultern" geraten allmählich selbst in die Minderheit.

Wichtig ist, solche "humanistischen" Domänen zu meiden. Konformismus ist für mich ein Kontraindikator für Erfolg. Siehe DDR, siehe UdSSR, siehe Chinas großer Sprung, siehe Volkswagen.

Aber eine DDR light haben sie schon erreicht, diese Ladies, die als Schülerinnen Mathe und Physik abgewählt haben, die Nerds mieden, außer wenn sie von ihnen Hausaufgaben abschreiben wollten. Die sich auf der Uni für seichte Themen einschrieben und die wie zugegebenermaßen lange nicht ernst nahmen. Die nach dem Diplom oder Master in soziale Programme gingen, dann in Parteien und dort die Ortsvereinssitzungen dominierten. Sie marschierten buchstäblich durch die Instanzen und lebten dabei nicht schlecht von den Ernten, die die von ihnen verachteten Nerds einfuhren. Sie erfanden Steuern und Abgaben. Aber irgendwann genügte ihnen auch das nicht mehr und sie fragten sich, warum "er" auf dem Vorstandssessel sitzt, und nicht "sie". Und dann erfanden sie Gesetze gegen Diskriminierung und forderten von Unternehmen Berichte ein. Wie schön, wenn man dazu die Opfer von Sklaverei, Rassismus und Holocaust nicht mehr befragen kann, ob sie mit ihrer Zweitverwertung zum Wohle liberaler Bürgerkinder einverstanden sind. Ich bin sicher, sie wären es nicht. Ihnen bleibt nur, im Grabe zu rotieren.

Donnerstag, 23. November 2017

Gute Kollegen

Es gibt sie noch, die Kollegen mit denen man sich normal unterhalten kann. Die ihre Emails mit "Hallo Projektkollegen" beginnen, statt mit "Liebe Mitstreitenden", Die bei der Wahl des Restaurants keine langen Ausschlusslisten aufsagen, die von "nicht vegan" bis "Kinderarbeit im Kongo" reichen. Die sogar bayerisch essen gehen. Die in Workshops und Telefonkonferenzen direkt zur Sache kommen und Klartext reden und verstehen, worum es geht. Und sich vor allem nicht aus der Affäre ziehen wollen. Die sich Vorsprung mit Substanz erarbeiten und nicht mit Informationsfilterung. Die nicht korrekt sind, sondern anständig. Und die gleiche Moral für alle -inklusive sich selbst- gelten lassen. Die anderen Kollegen nicht die Arbeit zuschanzen mit der Floskel, dieser habe schließlich die nötige "Passion". "Passion" ist -ähnlich wie "disruptiv" und anderen- ein Modewort derjenigen, die überall mitmischen und gesehen werden wollen, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung haben.

Mit guten Kollegen kommt man dreimal so schnell voran und etwaige Korrekturwege im Rückwärtsgang sind nur einen Bruchteil so lang.

Mit solchen Kollegen macht die Zusammenarbeit Spaß. Aber sie sind halt in der Minderheit. Vielleicht sind sie auch die Mehrheit - dann allerdings eine schweigende. Weil sie Qualität für selbstverständlich halten.

Diese Kollegen sind auch ausgeglichener, weil sie abends in der Regel pünktlich nach Hause gehen.Und dort ein Partner oder gar Familie auf sie wartet. Sie gehen halt nicht in NGOs oder Parteien, in denen sie sich mit anderen um noch mehr Publizität und noch weniger Substanz kloppen. Denn die guten Kollegen konnten schon tagsüber was sie sollten, und sollten was sie konnten. Und sprachen natürlich mit darüber, was wichtig ist und was nicht.

Die Welt wird von denen verkompliziert, die nicht wissen wer sie sind und was sie wollen. Und die ihre ureigenen seelischen Probleme auf ihre Umgebung projizieren und zu Popanzen aufblasen.

Donnerstag, 9. November 2017

Wissenschaftsjournalismus auf dem Abstieg

Zehn Jahre lang las ich begeistert und neugierig den Wissenschaftsteil der F.A.Z., auch auf FAZ-Online. Und genau so gerne hörte ich Wissenschaftspodcast von Bayern 2 (IQ Wissenschaft) und SWR2-Wissen. Leider haben beide im Verlaufe dieses Jahres stark nachgelassen - was Qualität der Recherche und was die Trennung von Meinung und Fakten betrifft.

Zwei Tendenzen stören mich da vor allem:

1. Die FAZ schreibt zunehmend emotional, moralisch oder reisserisch wo wissenschaftliche Nüchternheit herrschen sollte. Beispiele hierfür sind die Autoren Joachim Müller-Jung (hier, oder hier) und Sibylle Anderl (hier).

Begriffe wie "Dreckschleudern", "Klimasünder", "herumtrampeln" und "Moral" als Leitmotiv im Artikel "Moral der Dreckschleudern" haben nichts mit Wissenschaft zu tun. Die Rubrik "Alles im grünen Bereich" von Jörg Albrecht kommt sprachlich und grafisch wie ein Kinderbuch ("Kleiner Garten, großer Zwerg") oder Tagebuch eines Schülers daher. Sibylle Anderl hingegen kommt als Ferienbericht daher. "Die Wolken hängen tief über Grenoble an diesem kühlen Herbsttag".  Wenn ein Artikel über ein Observatorium so beginnt, weiß ich wie lange das Licht unterwegs sein wird, bis es auf meine Netzhaut trifft...

2. Bayern 2 nimmt zunehmend Reportagen in die Sendung, in denen Behauptungen nicht belegt und Quellen nicht hinterfragt werden. Letztes Beispiel war Miriam Stumpfe mit ihrem Beitrag über die "Flucht vor dem Klimawandel" (Link). Es vergeht kaum noch eine Woche, in der IQ Wissenschaft darüber "berichtet", wie schädlich Donald Trump für US-amerikanische Wissenschaftler ist. Auslöser dafür sind bekanntermaßen Trumps Einreisestopps für Terrorländer, seine gesunde (aufklärerische) Skepsis gegenüber Modethemen, die sich die Politik von der Wissenschaft angeeignet hat. Und weil er seine Schlüsse daraus zieht und bestehende Regeln und Vereinbarungen in Frage stellt. Berichte über die Folgen des Klimawandels leiden hingegen an einem Mangel von Logik, Belegen und der Bewertung von Quellen, wie z. B. der "Union of concerned Scientists" (Vereinigung besorgter Wissenschaftler). Während "besorgt" als Haltung kritischer Bürger in Deutschland selbst inzwischen denunziert wird, hält man die "besorgten Wissenschaftler" aus den USA hoch. Denn die haben sich 1969 als Umweltschützer am MIT gegründet und verstehen sich seitdem als grüner Lobbyverein. Diese Lobby unterstellte Trump, er würde nach seiner Wahl alle missliebigen Wissenschaftsberichte von öffentlichen Servern entfernen lassen und erstellten schnell Sicherungskopien. Ob die Befürchtung zurecht war, lässt die Journalistin offen, sie fragt nicht nach. Aber sie lässt die Lobbyistin sagen, warum es unmoralisch wäre, WENN er es TÄTE: "Die Berichte gehören den Steuerzahlern, die sie bezahlt haben." - Selten hört man von grünen Wissenschaftlern und Klimalobbyisten das offene Bekenntnisse, dass sie von Steuerzahlern bezahlt werden. Aber ich nutze die Gelegenheit, das zu den Akten zu nehmen.
Dann die Überraschung - die quasi der Gegenbeweis zum Verdacht gegen Trump ist: Er ließ einen Klimabericht veröffentlichen, der gegen seine politische Linie sei. Und dann der Skandal: Trump spielte öffentlich die Bedeutung dieses Berichtes herunter. - Empöörend. So etwas hat es ja noch nie gegeben, dass eine Regierung den Bericht eines WIssenschaftlers herunterspielt. Unsere Regierung würde das z. B. niemals mit dem Bericht der Wirtschafts"weisen" tun.
Interessant wäre doch mal zu hören, welche Wissenschaftler in den USA wovor genau Angst haben? Sind es die Naturwissenschaftler, Mikrobiologen, Ingenieure und Informatiker? Oder eher die Genderforscherinnen, Politologen, Soziologen die derzeit unsere Gesellschaften spalten und zu Konformismus erziehen wollen?

In der gleichen Sendung behauptet ein Potsdamer Klimaforscher, dass der Anstieg des Meeresspiegels nicht langsam daher komme, so dass wir "allmählich immer nassere Füße kriegen". Sondern es immer häufiger starke Überschwemmungen gebe, die die Bewohner nachhaltig in die Flucht treiben. Und besonders seien Bewohner von Flussdeltas betroffen. Und dann der Satz, dass diese schon immer als erste und am stärksten betroffen gewesen seien, denn schon früher hätten die Bewohner dort "zu viel Grundwasser entnommen". - Zack! Hier wird mal eben von einer gleichen Wirkung (Überschwemmung) auf eine gleiche Ursache (menschengemacht) und schließlich auf ein großes moralisch-politisches Thema geschlossen (Flucht). Sorry, so geht es nicht.
In einem anderen Interview geht es -ein Jahr nach seiner Wahl (nicht Amtszeit!) um Trump und die Wissenschaft. "Durchhalten ist die Parole von Wissenschaftlern in den USA. Alle vernünftigen Menschen wissen ja inzwischen, dass sich die Erde erwärmt, und zwar menschengemacht." sagt die Moderatorin Birgit Magira. Miriam Stumpfe interview -als Warm-up- eine Ärztin in Bangladesch, die die Folgen des Klimawandels "erforscht". Zusammengefasst kündigt diese Ärztin einen Migrationsdruck aus Bangladesch an. Denn, " die Menschen landen in den Slums von Bangladesch". - Hier könnte man fragen, warum es in Bangladesch so schlimme oder viele Slums gibt. Aber man kann natürlich auch einen politischen Anspruch an uns ableiten, denn wir sind ja Schuld, wenn wir das Klimaziel nicht einhalten. Und Bangladesch ist - Gott gegeben- ein armes Land, dass sich Migration im eigenen Land "nicht leisten kann". - Ihr Fazit: "Klimawandel findet statt, und wir sind betroffen." - Was fehlt: der Nachweis, dass er menschengemacht ist.

Au diesem Niveau reiner Propaganda begründete schon George W. Bush sein Urteil über Saddam Hussein als Terrorist: Nachdem sich Bush vom Anschlag auf den 11. September erholt hatte, zeigt ihm jemand ein Foto auf dem Saddam abgebildet war. Nicht etwa Saddam wie er sich mit Terroristen trifft, oder am Tatort oder etwas vergleichbares. Nein, stattdessen galt als Beweis, dass das Foto ja echt sei.

Dienstag, 7. November 2017

Lächle, wie die Comicfiguren auf dem Konferenz-Flipchart :-)

Auf Fachkonferenzen über Anforderungsmanagement, Architekturmanagement oder agile Methoden irritiert mich seit längerem diese dargestellte Verspieltheit der Protagonisten.

Bei denen das Projektleben eine Art Comic aus lächelnden, einfachen Akteuren ist. Die Kunden bzw. Anwender als "Reisende" ansehen, unterwegs auf dem Globus wie Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer.

Die Botschaft (die bei mir ankommt): Probleme kennen wir nicht. Wenn du welche kennst, muss das an dir liegen. Mach dich locker.

Ich habe diese Lockerheit erst einmal in eigenen Projekten erlebt. Und dieses Projekt war auch prompt erfolgreich. Wir konnten locker sein, weil unsere Klientel nach mehreren Misserfolgen so verzweifelt war, dass sie sich hüteten, uns unter Druck zu setzen. Diese Freiheit nutzten wir, um das System so nützlich wie möglich zu machen.

Und Erfolg ist eine Aufwärtsspirale. Hast du Erfolg und gibt man dir Freiheit, aktiviert das immer mehr Ressourcen in dir und erweitert deinen Blick. Du verstehst immer mehr und das Produkt wird immer besser. So will man arbeiten.

Aber nach meiner Überzeugung gibt es noch weitere wichtige Erfolgsfaktoren. Und dazu gehört das gute Zusammenspiel von Anforderungsmanager (Product Owner) und Architekt. Unsichere (alte und junge) Akteure neigen bei Unsicherheit zu Rückzug und Distanzierung. Anstatt "ans Netz" zu gehen, versteifen sie sich auf Grundlinienduelle und warten auf die Fehler des "Gegners". Aber so kommt das Projekt nie vernünftig in Gang.

Vielmehr müssen beide ihre Rollen und Aufgaben anerkennen und ihr Zusammenspiel verstehen. Das "Was?" (Anforderungen) und das "Wie?" (Architektur) müssen auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Dabei müssen sie die Randbedingungen des anderen verstehen und in die Lage kommen, vernünftige Kompromisse zu schließen. Keiner sollte seinen Stakeholdern Versprechungen machen, die der andere nicht einhalten kann.

In der öffentlichen Verwaltung läuft dieses Spiel noch überhaupt nicht. Der Grund dafür ist -nach meiner Beobachtung und Erfahrung- das unterentwickelte Anforderungsmanagement. Aber auch populäre Missverständnisse von "Architektur".

IT ist in der Verwaltung gewachsen wie in jedem komplexeren Unternehmen: Dezentral. Jeder Bereich hat über die Jahre sein Ökosystem entwickelt. Fachbereiche haben bestellt und installiert oder gar selbst entwickelt. Die Begründung war stets: Keiner versteht uns. Und wenn, liefern sie zu langsam. - Das Ergebnis: Mit der Zeit gibt es für gleiche Aufgaben immer mehr verschiedene Systeme.

Und der CIO beschließt: Standardisierung!

Das Ziel: Aus 16 mach (maximal) 2 Lösungen.
Die Aufgabe: Finde heraus, welche 2 das Optimum für die 16 bilden.
Die Vorgabe: Mach es ohne Anforderungsmanagement.

Inzwischen kenne ich mehrere Projekte die für die gesamte Verwaltung (Bundesressorts, Länder, Kommunen) eine Lösung gestalten sollen und die in Frage kommenden Lösungen werden gleich mit vorgegeben. Und was immer mit vorgegeben wird: Du kannst keinen Standard durchsetzen oder beschließen - sondern du musst dir die Zustimmung von allen Beteiligten abholen.

Es kommt auch vor, dass dir der CIO gerade erst die Lösung vorgeschrieben hat. Und er wendet sich von dir ab und der Presse zu und verkündet, wann die Sache produktiv gesetzt werden wird. Und weil er so ehrgeizig ist, legt er noch eins drauf und verkündet einen Leistungsumfang, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Er wird vor der Presse von modernen Lösungen und agilen Methoden sprechen. Aber für die entscheidende Frage, was das System können muss, um die Aufgaben des Fachbereichs für die Erfüllung des Gesetzes umsetzen zu können, wird keine Zeit eingeräumt.
Und hinter den Kulissen werden sich Fürsten um ihre Einflussnahme kloppen und deine dringenden Entscheidungen bis in den roten Bereich rauszögern. Am Ende wird sich einer durchsetzen und die Verlierer nicht mitspielen.

Was hat das mit den lächelnden Comicfiguren auf deiner Konferenz zu tun? Was leistet der Comic anderes als ein Klima von Konformismus, in der alle so tun als wären sie frei und glücklich aber an ihrem Schreibtisch haben sie keine Ahnung, wie sie ihre Vorgaben umsetzen sollen? Sollst du die Konflikte und Widersprüche ansprechen, sobald du sie erkennst?

Ich war neulich in einer großen Runde, in der ein Staatssekretär ausdrücklich dazu aufforderte, mal "offen aus der Praxis" zu berichten, was wir in den Projekten so erleben. Und keiner traute sich. Doch, einer traute sich dann schon. Und das war ich. Ich benannte die Hindernisse der Hierarchie, die Fokussierung auf Vorschriften statt auf Ergebnisse. Die Unmöglichkeiten, moderne und bewährte Methoden umzusetzen mit Rollen, die sich nicht jede Entscheidung einmal im Quartal genehmigen lassen müssen.

Der StS. nickte und sagte, dass es so sein könne, dass Gesetzesänderungen dafür nötig seien - und das s auch das möglich sei. Ich war ihm schon dankbar, dass er auf meine Worte einging. Was mich aber irritierte war das völlige Desinteresse der großen Runde. Während und auch nach der Sitzung. In diesem Moment verstand ich, wie tief der Konformismus inzwischen sitzt. Und zwar selbst dann, wenn zu Non-Konformismus aufgerufen wird. Die Comicfiguren auf den Flipcharts sind am Ende freiwillige Konformisten. Sie bekennen sich nicht nur zu äußeren Zielen und "Werten". Inzwischen lebt der Konformismus in den tieferen Schichten der Psychologie - im Prinzip so, wie von Huxley in der "Schönen neuen Welt" beschrieben. Wer nicht lächelt, hat ein Problem. Und Probleme wollen wir auf der Bühne nicht sehen. Hinter den Kulissen aber und unterm Tisch tragen wir sie um so härter aus.


Mittwoch, 18. Oktober 2017

"Kulturgeschichte des Klimas", Wolfgang Behringer

Das Klima wandelt sich - schon immer
Ich habe Wolfgang Behringers' Buch "Kulturgeschichte des Klimas" (Link) 2013 gelesen und sehe seitdem klarer. Was ich bereits ahnte oder halb wusste: das Klima auf Erden wandelt sich von Beginn an. Und: der Menschheit ging es in den Warmzeiten meist besser als in den Eiszeiten.

Die Frage, woher Grönland seinen Namen hat, stellt man ja schon als Schüler. Dass die nördliche Linie, bis zu der man in Europa Wein anbauen konnte, mal auf den britischen Inseln lag, wissen aber schon deutlich weniger. Heute verläuft diese Linie durch Halle/Saale (Unstrut).

Schlechtes Wetter verhagelt die Ernte
Viel wichtiger als die Frage, ob und wie schnell wir wohl gerade in eine Klima"katastrophe" reinlaufen ist, wie gut wir darauf vorbereitet sind. Denn an Wetter und Klima hängt auch heute unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln. Wenn der Winter hart und lang war -z. B. nach einem Vulkanausbruch oder einer verminderten Sonnenaktivität-, die Schneeschmelze Auen und Weiden überflutete waren zuerst die Äcker dahin und etwas später das Vieh, denn Hochwasser brachte oft Seuchen mit sich. Statt Hochwasser war auch Hagel stets eine Bedrohung für das auf dem Acker stehende Getreide.

Die Folge: Ausfälle von Ernten, Milch und Fleisch.

Nach dem Hunger die Seuchen
Jahre, in denen so etwas mehrmals hintereinander wiederholte, waren dramatisch. Unser Vorfahren wurden geschwächt von Hunger und Kälte. Eine ideale Voraussetzung für Seuchen wie die Pest oder Cholera.

Der Übergang von Mono- zu Dreifelderkulturen machte die Menschen im Mittelalter etwas weniger abhängig. Als die Kartoffelfäule in Europa tobte, war Irland besonders betroffen, weil ausser der Kartoffel kein anderes Grundnahrungsmittel anbaute. Und heute sind wir abermals weiter, Nahrungsmittel importieren wir zu einem großen Teil.

Aber die Ursache-Wirkungskette muss man sich merken:
Vulkanausbruch/Sonnenaktivität -> Abkühlung -> Harter Winter -> Schneeschmelze -> Überflutung -> Ernteausfall, Viehseuchen -> Hunger -> Krankheiten/Epidemien -> Aufstände / Systemwechsel.

Warmzeit -> Reiche Ernte -> Lange schöpferische Jahresphasen -> Blüte der Kultur

Französische Revolution
Politiker und Regierungen, die also ernsthaft an einen bevorstehenden Klimawandel glauben, sollten froh sein, dass wir mit steigenden und nicht fallenden Temperaturen zu rechnen haben. Vor allem aber sollten sie Pläne für die Sicherung unserer Lebensmittelversorgung entwickeln.

Das ist auch in ihrem eigenen Interesse. Der französischen Revolution voraus gingen nämlich drei harte Jahre, in denen das Wetter einen Strich durch die Nahrungsmittelversorgung gemacht hatte. Den Rest gab das Ancient Regime, als es den feudalen Großgrundbesitzern erlaubte, die verbliebenen Ernten im Ausland verkaufen zu dürfen - die Kaufkraft des Plebs im eigenen Land war ja durch Hunger und Krankheit deutlich gesunken..

Was jetzt: Eiszeit oder Erwärmung?
Übrigens glaubten westliche Politiker vor vierzig Jahren noch, dass wir nicht vor einer globalen Erwärmung stehen sondern einer neuen Eiszeit. Von 1940 bis 1980 sank die Durchschnittstemperatur. Das ist der Grund, warum sich unsere Eltern an knackige Winter mit weißer Weihnacht erinnern.. Die Temperatur war gefallen, trotz massiv ausgedehnter Industrialisierung und Ausstößen von CO2. Danach sprach man plötzlich von globaler Erwärmung. Als es dann wider Erwarten doch wider Eis und Schnee in Deutschland gab, formulierte man vorsichtiger: "Klimawandel".

Interessant in dem Buch fand ich auch die ideologisch-religiösen Begleiterscheinungen von wettergemachten Katastrophen. Wo die Menschen auf höhere Kräfte angewiesen sind, suchen sie den guten Draht zu ihnen. Wer das Wetter deuten konnte, genoss Ruhm und Ansehen bei Hofe und im Volk. Wer das Wetter machte, musste sich vorsehen. Vor allem, wenn Sündenböcke für verhagelte Ernten und Überschwemmungen gesucht wurden. Aus dieser Zeit stammt die Hexenverfolgung.

Hexenverfolgung
Notiz am Rande: Es war nicht die Kirche, die die Hexenverfolgung forcierte. Denn die Kirche war (und ist) eher darauf bedacht, dass Verhalten eines jeden zu beeinflussen. In einer Sündenbockkultur aber, muss man das eigene Verhalten nicht ändern, wenn man jemand Drittes als Opfer darbringen kann..

Wetterpropheten und Klimapharisäer
Dass Klima- und Wetterpropheten hohen Einfluss auf uns haben, wissen wir. Aus dem Wetterbericht macht man heute eine Wettershow. Einige Meteorologen haben es zu Showmasterehren gebracht. Noch machtvoller ist aber die Rolle der Klimaforscher. Sie können Regeln in die Welt setzen, die die Regierungen gefälligst umzusetzen haben - uns zur Belästigung und den Politikern zu Ehren.

Heute sind also die Menschen die neuen Sündenböcke, die im Winter die Heizung aufdrehen und im Auto mit Kraft-Wärme-Kopplung fahren. Wer CO2 ausstößt, sündigt.

Die Ent-findung des Feuers..
Man könnte überspitzt aber auch sagen: Die Klimaforscher in Potsdam und anderswo versuchen die Geschichte unserer Technologie zurückzudrehen. Die Erfindung des Feuers, also die erste emanzipatorische Erfindung der Menschheit, muss rückgängig gemacht werden. Das gilt auch für das Feuer im Brennraum eines Automotors.

Gäähn...
Wahrscheinlich müssen wir einfach nur abwarten und brauchen unser Verhalten überhaupt nicht zu ändern. Meine Erinnerung an Politik ist eine Folge einander abwechselnder Apokalypsephantasien anmaßender Politiker: Waldsterben, Ozonloch, Wassermangel usw.

Freitag, 13. Oktober 2017

Wer (bzw. wo) ist "ich"?

Ich lese mich seit geraumer Zeit durch den Erkenntnisstand der Hirnforschung und -philosophie. Ingenieurswissen hilft beim Verstehen, aber auch beim Nichtverstehen..

Ich fass es mal zusammen:
Intuitiv würden wir den Sitz unseres "ich" - und damit den unserer Seele- irgendwo im Gehirn vermuten, etwa da wo wir "ich" denken. Hirnforscher sagen uns aber, dass sie bei bildgebenden Verfahren viele Verarbeitungsarten unseres Gehirns "korrelieren" (also verorten) können, aber den Sitz eines "ich" finden sie nicht. Aber warum nicht, wenn wir es doch dort denken?

Ich hatte neulich schon darüber geschrieben, aber in dieser Woche eine interessante Diskussion darüber gehabt. Evolutionär kommen wir aus der bildhaften Modellbildung. Wir bilden Vorstellungen und Erwartungen (Modelle) von dem was wir wollen und nicht wollen oder fürchten. Diese Modelle steuern unseren Bewegungsapparat, die Deutung unserer Sinneswahrnehmung, unsere Wünsche etc. Diese Modelle sind bildhaft und konkret. Da ist also ein langer Weg bis zu einem aus Sprache formulierten "ich".

Der Schritt dazwischen ist die Abstraktion. Wenn wir uns von konkreten Vorstellungen lösen und verallgemeinern. Zum Beispiel beim Spurenlesen. Unsere Vorfahren mussten deuten, ob die Spur von einem gefährlichen Tier stammt oder einem Beutetier. Und so begannen sie vielleicht, Gattungen, Abstraktion und Symbole zu bilden. Bis sie beim Alphabet ankamen.

Eine Modellbildung aus abstrakten Symbolen also. Und wie kommt das "ich" darein? - Antwort: Man muss nur sich selbst in diesem Modell ergänzen. So wie es ein Steuerungs- und Regelungsingenieur tut. Die Rückführung des Messwertes ("ich") auf die Regelstrecke und die Bildung einer Abweichung zwischen Ist und Soll führt zum Regelkreis bzw. Selbstbewusstsein.

"Ich" ist all diesen Regelkreisen einerseits gemeinsam. Andererseits sind es immer verschiedene Aspekte von "ich", weil es um unterschiedliche Regelgrößen geht: mal emotional, mal materiell, mal politisch etc. Das könnte ein Grund sein, warum man "ich" nicht fest verorten kann.

Mit dem Entfall von "ich" entfällt aber noch viel mehr. Z. B. die Integrität der Persönlichkeit, die Vorstellung von Seele und Individuum.

Man kann vielleicht sagen, dass wir nicht nur die künstliche Intelligenz in unsere Richtung weiter entwickeln. Die Philosophie entwickelt auch uns in Richtung künstlicher Intelligenz..