Mittwoch, 19. Oktober 2011

Veranschaulichung der Hebelwirkung und seines Risikos

Annahmen:
Ich habe 1 Mio EUR und will in Wertpapiere investieren.

a) Einsatz ohne Hebel:
Mein Gewinn und Verlust bewegt sich 1:1 mit dem Kursverlauf des Papieres. Das Papier muss 100% an Wert verlieren, damit ich 100% meines Einsatzes verliere.

Also: Legen meine Papiere um 10% zu, steigt mein Depot um 100.000 EUR.
Steigen die Papiere auf den doppelten Wert, tut mein Depot das gleiche.
Sinken die Papiere auf 0 (Totalverlust), ist mein Depot bei 0.

b) Einsatz mit einem Hebel
Ich nehme auf meine 1 Mio EUR weitere 3 Mio bei der Bank auf und kaufe für 4 Mio EUR Papiere. (Das ist Schäubles Idee: Das Kapital des ESFS soll nicht direkt eingesetzt werden, sondern demjenigen als Haftungssumme geliehen werden, der den eigentlichen Kredit gibt.)
Steigen die Papiere auf den doppelten Wert, steigt mein Depot auf 8 Mio EUR. Ich zahle der Bank ihre 3 Mio zurück und behalte 5 Mio, mein eigener Einsatz hat sich verfünffacht (gehebelt).

Jetzt der Nachteil der Hebelung:
Meine eigene Mio EUR ist bereits verbraucht, wenn die Papiere um 25% sinken. Denn dann ist mein Depot von 4 auf 3 Mio EUR gesunken. Die Banken werden dann ihren Einsatz zurückfordern oder von mir verlangen, dass ich "nachschieße". Wenn die Verluste weitergehen, muss ich Schulden aufnehmen, um die Bank auszuzahlen.

Schäuble muss dann entweder die sofortige Abstoßung der Staatsanleihen seines Schuldners verlangen, oder dass dieser Kapitel nachschießt - wenn er den Haftungsfall bzw. "Versicherungsfall" vermeiden will.

D.h. wenn Schäuble sagt, die Hebelung "steigere die Effizienz" des Rettungsfonds, hat er nicht verstanden, dass sich das Risiko des Haftungsfalles vervielfacht hat, weil dessen Wahrscheinlichkeit gestiegen ist. Was hat er damit gewonnen, er verschiebt das eigentliche Problem nur und sorgt für weitere Unsicherheit.

Seine Mentalität entspricht damit genau der, die wir bis jetzt immer kritisiert haben: Der Hütchenspieler.

6 Kommentare:

  1. Anonym19.10.11

    Hütchenspieler. Der richtige Vergleich. Bis auf die Tatsache, daß die eher harmlos sind.

    AntwortenLöschen
  2. Anonym19.10.11

    Warum lese ich ein solches simples, erhellendes Rechenbeispiel nicht in unseren "Qualitätsmedien"?

    Okay, ich weiß es selber. Weil die heute allenfalls noch die zweite Geige spielen. Bei Stuttgart 21 waren sie klar im Hintertreffen, klapperten nur noch nach. Siehe auch Ableben von Herrn Jobs: wen interessierte noch der kilometerlange Artikel im nächsten "Spiegel"? Niemanden. Alles war gesagt. Dito: Wikileaks, Guttenberg, CCC.

    Und nun: occupy! Die brauchen keine klassischen Medien mehr. Läuft alles übers Netz.

    Unsere Großjournalisten (ganz schlimm: die ZEIT, wer außer pensionierten Deutschlehrern liest die noch?) tun währenddessen immer noch so, als wären sie wichtig. Lustig, lustig.

    AntwortenLöschen
  3. Anonym19.10.11

    Vor zwanzig, dreißig Jahren ging's noch um Millionen. "Millionär" - das war schon wer.

    Dann galten Millionen, auch hunderte davon, offiziell als "Peanuts".

    Seit paar Jahren rechnet, wer ernst genommen werden will, nur noch in Milliarden.

    Jetzt lesen wir, daß der "Rettungsschirm" auf zwei Billionen erweitert werden soll.

    Geht's noch?

    PS.: Jemand sollte mal eine Abhandlung über die krude Metaphorik in der Eurokrise schreiben: da ist - neben dem berühmten "Hebel" - von "Massenvernichtungswaffen" die Rede, Experten fordern "Bazookas" und gar "Atombomben", dann wieder soll ein Übergreifen der Krise durch "Brandmauern" gestoppt werden, heute morgen las ich vom "Aufbohren des Rettungsschirms"...

    Völlig gaga.

    AntwortenLöschen
  4. @Anonym #2: Das könnte zum Einen daran liegen, dass Sie nicht alles Veröffentlichte dazu gesehen, gehört und gelesen haben - etwa das hier:
    http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-10/efsf-hebel
    - oder auch daran, dass Franks Rechnung nicht ganz den aktuellen Stand der EFSF-Pläne wiedergibt und deshalb ein wenig zu simpel ist.

    Eigentlich müsste sie (theoretisch) so aussehen:
    Ein verarmter Verwandter braucht 500 Euro und will sie von mir leihen. Ich selbst habe aber nur 100 übrig. Die Hebel-Lösung: Ich leihe ihm nichts, wir suchen aber einen anderen "Investor", der ihm 500 geben würde, wenn ich zumindest für die Rückzahlung von 100 Euro garantiere. Wenn mein Verwandter pünktlich alles zurückzahlt, liegen mein Gewinn und Verlust bei 0. Wenn er's nicht tut, ist der maximale Verlust meine Garantiesumme von 100 Euro. Den restlichen Verlust von 400 Euro (minus den bis dahin gezahlten Kreditzinsen) trägt der dritte Investor.

    So weit die Theorie. In der Praxis kann natürlich passieren, dass...

    ... sich trotz der 20% Garantiesumme kein dritter Investor findet, der das Risiko tragen will (schließlich ist mein Verwandter als ziemlicher Schluri bekannt)

    ... der Investor trotz der Garantiesumme sehr hohe Zinsen verlangt, die mein Verwandter nicht zahlen will oder kann.

    ... der Investor bei einem Totalverlust pleite gehen könnte, was wiederum ein Problem für mich wäre (vielleicht ist er ja mein Vermieter, muss sein Haus notverkaufen und ich bin meine Wohnung los - so was nennt man "systemisches Risiko")

    ... ich deshalb dem Investor mit mehr als 100 Euro aus der Patsche helfen muss - eventuell brauche ich sogar die kompletten 500 Euro zu seiner "Rettung"

    Diese Analogie müsste so ungefähr passen.

    AntwortenLöschen
  5. Wolfgang Messer hat recht: Ich war noch von der Annahme einer klassischen Hebelung ausgegangen. (Steht die aber nicht hinter Sarkozys Plan, den EFSF mit einer Banklizenz auszustatten?)

    AntwortenLöschen
  6. Diesen Banklizenz-Plan hat Sarkozy just heute Abend aufgegeben. Das Merkel hat ihm wohl klar gemacht, dass so was mit Deutschland nicht zu machen ist.

    AntwortenLöschen