Mittwoch, 30. September 2020

Das Zeitalter der Elektromobilität beginnt auch für mich

Im Juli kam die Aufforderung, den Dienstwagen im September gegen einen elektrischen einzutauschen. Und hierfür bitteschön die konzerneigene 11kW Wall Box zu bestellen. Und bitteschön das teuerste Modell für über 800 EUR, bei dem Verbrauch gemessen und per LTE Karte zwecks Abrechnung an die Zentrale gesendet wird. Ab September sollten dann vollelektrische und Hybridmodelle bestellbar sein.

Gut, dachte ich, da mache ich mit. Die erste Aufgabe war die Entscheidung, wo ich den Wagen denn dann laden will? In unserer Sammeltiefgarage? Dazu bräuchte ich eine Genehmigung von der Eigentümerversammlung. Und wer meine Nachbarn kennt und erst recht unseren Beirat weiß, dass das die erste Frustration bringen würde. Aber zum Glück habe ich mit unserer Datsche auf dem Lande eine Alternative. Da bin ich mein eigener Herr und es geht nichts über die Freiheit, über eigene Angelegenheiten selbst entscheiden zu können.

Die nächste Überlegung war: Vollelektrisch oder Hybrid? Diese Frage machte ich davon abhängig, was unsere häufigsten und unsere weitesten Routen sind. Unsere häufigste Strecke führt 80 km zur Datsche. Das schafft man mit jedem "BEV" (Battery Electrical Vehikel). Die weiteste Strecke sind die 520km ins Ruhrgebiet. Wo laden wir da?

Die gute Nachricht war, beide Eltern wohnen in der Nähe von Aral Tankstellen. Und ARAL hat angekündigt, an seinen Tankstellen Ladesäulen aufzustellen. Zur Not kann man den BEV aber auch mit einem 230V Kabel einfach vor der Haustür laden. Dauert dann halt nur lange.

Apropos Ladestation, hier mal ein bisschen Elektrotechnik:

  • Herkömmliche Ladeboxen (auch: Wandbox, Wall Box) leisten 11kW, dreiphasig.
  • Die mir bekanntesten Anbieter sind KEBA und Elli (VW-Konzern).
  • Die Wall Box misst ihre Anschlussleitung ein und passt die maximale Leistung an diese (die Impedanz, nehme ich an) an.
  • Im Sicherungskasten braucht man eine dreiphasige Sicherung und einen FI-Schalter.
  • Die Installation muss von einer Elektrofachkraft durchgeführt werden. Der Elektriker meldet die Wall Box auch an den Energieversorger.
Glücklicher Umstand bei uns war: Unser Vorbesitzer hatte ein 5-adriges Kabel bis zur Garage verlegt. Keine Erdarbeiten nötig.

Die Konfiguration der Elli ID Charger Pro erfolgt übers Smartphone oder Tablet. Die Box kann mit dem WLAN verbunden werden. Da sie aber eine LTE Konnektivität hat, kann sie auch diese nutzen und dem Smartphone als WLAN Zugriffspunkt dienen. 

Meine Elli kam allerdings mit einem Softwarestand, in dem keine Konfiguration möglich war. Erst ein Over The Air-Update, dass automatisch erfolgte, befähigte sie dazu. (Kleine Frage: Was hätte ich in einer Tiefgarage ohne LTE Empfang gemacht...?).

Wer die Elli benutzen will, muss sich mit einer Ladekarte legitimieren. Die Anmeldung der Ladekarte erfolgt über die App We Charge ID. Zuerst muss man die App mit der Wall Box "paaren". Dann muss man die x-stellige ID Nummer der Ladekarte in die App eingeben und dann wird diese an der Elli Wall Box freigeschaltet. Als Ingenieur habe ich das hingekriegt, ich bin mir aber nicht sicher ob meine Eltern mit dem in der Praxis umständlichen und nicht so gut dokumentierten Ablauf klar gekommen wären..

Irgendwann war meine Wall Box vollständig bereit. Was jetzt nur noch fehlte waren bestellbare Fahrzeuge! Erst gestern bekam ich zum ersten Mal die Möglichkeit, zu bestellen. Und da ich inzwischen heiß bin auf das Experiment Elektromobilität habe ich dann das genommen, was im Angebot war: Keinen Hybrid (wie eigentlich geplant), sondern einen BEV!. 

Jetzt bin ich gespannt, wann er geliefert wird. Zum Glück konnte ich als Übergabeort einen Ort in meiner Nähe auswählen. Und zum Glück beträgt die Haltedauer nur 4 Monate. Sie wird die Weihnachtszeit beinhalten, d. h. lange Strecken und Winter. Im Winter erhöht sich der Verbrauch, was zulasten der Reichweite gehen wird.

Die Bundesnetzagentur führt eine downloadbare Excelliste mit öffentlichen Ladesäulen. Daraus geht hervor, dass meine Schnellladesäulen an der A2 in Niedersachen und Ostwestfalen liegen werden. Aber ich bin noch nicht ganz sicher, ob wir Weihnachten mit dem Auto oder dem Zug ins Ruhrgebiet fahren werden. 

Auf jeden Fall werde ich hier von meinen Erfahrungen berichten :-)

2 Kommentare:

  1. Da wünsche ich allzeit gute Fahrt, klar, aber vor allem: Gute Bewegung! Besonders auf der Ruhrgebietsstrecke, im Stau, bei Kälte, bei Dunkelheit (mit zwangsweise abgeschaltetem Radio, um jedes Wattsekündchen zu sparen).

    Bei einem Dienstwagen auf einer kurzen Strecke geht das natürlich alles, weil da die Kosten zumindest des Autos übernommen werden, ggf. auch des Stroms. Der Knackpunkt ist allerdings die Wirtschaftlichkeit, die ein Normalnutzer wie ich mit spitzem Bleistift berechnen müßte: Das Auto selbst, die Batterie, die Wandbox, Wartung und Inspektion (auch die natürlich temporären Subventionen, umegelegt auf alle Steuerzahler, d.h. Umverteilung nach oben). Es gibt im Internet viele Rechnungen begeisterter Elektromobilisten, die vieeel billiger als früher zu fahren behaupten. Das kann ich mir schlicht nicht vorstellen, lasse mich aber gern eines (fundierten!) Besseren belehren.

    Wenn sich dann die längeren Autofahrten zeitlich fast beliebig strecken - zwangsläufig -, dann dürfte mancher an die "gute alte Zeit" einer gesicherten Energieversorgung mit Treibstoffen von der Zapfsäule zurückdenken. Etwa auch dann, wenn nach einem Stau alle nach einer funktionsfähigen bzw. freien Zapfsäule suchen. Übrigens: Die bislang zu einem erheblichen Teil günstigen Strompreise für Elektroautos sind bereits stark im Steigen begriffen. Nicht zu vergessen sind auch die Umweltbelastungen, die man - typisch deutsch - völlig verantwortungslos an andere Stellen verlagert, wo sie dort lebende Bevölkerungen langfristig vergiften. Da helfen auch nicht die, wie ich gelesen habe, Lithiumfunde/-förderungen im Oberrheingraben.

    Wenn wir dann alle elektrifiziert sind, zusätzlich auch noch die Industrie, die Heizungen und whatever else, wenn wir von Windrädern und Photovoltaik allüberall umgeben sind - dann ist der Endzustand der ersehnten Energiewende erreicht; beim Klima kann es mit einer "Wende" definitiv NICHT klappen. Da die Ländernachbarn mit Gewißheit nicht immer bereitstehen werden, wenn mal wieder nachts kein Wind weht, müßte dann eine neue Wende eingeleitet werden: Hin zu einer sicheren bzw. gesicherten Energieversorgung. Mit Kernenergie z.B. und der energetischen Nutzung des "Millionen Jahre lang strahlenden Atommülls", der allerdings bis 2050 deutschlandweit verbuddelt und nicht mehr zugänglich sein soll (die Politik plant ja immer langfristig, auch ihre Desaster). Man muß sich also mit der letztgenannten Wende ein bißchen sputen.

    All das ist ein Riesenschwindel, der denen, die schon viel zu lange regieren, erst dann richtig auf die Füße fallen wird, wenn die Bleierne Kanzlerin sich schon längst nach Chile verdrückt hat.

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  2. Ich bin sehr gespannt, wie es auf längeren Strecken wird. Ich bin auf Schnelladestationen an der A2 angewiesen und viele gibt es da noch nicht.
    Zum Glück werde ich den Wagen nach 4 Monaten zurück geben können, wenn es nicht hinhaut.

    Und ja: Dass die Testphase ausgerechnet in die Winterzeit fällt, ist gleich doppelt anstrengend: Kältere Temperaturen, Heizbedarf, lange Fahrten und sicher volle Ladestationen in der Weihnachtszeit.

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