Ob er mit harter Arbeit nur die verstrahlten Arbeiter meinte, oder auch den mit Kopfweh krankgeschriebenen Vorstandsvorsitzenden Shimizu sei mal dahin gestellt. Allerdings ist das Ende von dessen Amtszeit nun absehbar. Wenn der Staat bei TEPCO das Heft in die Hand nimmt, wird man sich Mühe geben, dem sicherlich untröstlichen Shimizu irgendwie wieder Licht ins Leben zu bringen. Und sei es mit einem goldenen Handschlag. Jedenfalls hat Kan gestern zum Zeichen der Entsolidarisierung mit der Bevölkerung und den Rettungsarbeitern von Fukushima gestern seines blauen Overalls entledigt und sah gestern wieder wie ein Mitglied der Elite aus.
Ein goldener Handschlag für den Vorstandsvorsitzenden vom Ministerpräsidenten, der mit Staatsgeldern jetzt mal das Ruder übernimmt. So sind die Gepflogenheiten.
Fukushima wird dann nicht nur das Tschernobyl des (politischen) Westens sein. Sondern TEPCO wird das Lehman Brothers der Atomwirtschaft. Von einem intellektuellen oder moralischen Standpunkt aus könnte man das jetzt irrtümlich als das Symbol verstehen, das alle Regeln geändert hat, weil von "heute an nichts mehr ist wie es war." Nein, so meint die industrielle Logik das nicht. Sondern so, dass die auf den Punkt gebrachten, mit einem Super-Gau den gesamten Business Case des Unternehmens über den Haufen werfenden Verluste jetzt bitte nicht den Aktionären und Managern die Laune verderben. Sondern dem Steuerzahler.
Nannte nicht Warren Buffet die nicht mehr kontrollierbaren Derivateprodukte von Lehman und Konsorten finanzielle Massenvernichtungswaffen? Dieser Begriff passt auf die Nuklearwirtschaft noch besser.
In Deutschland sind bis jetzt keine Schäden aber jede Menge Risiken der Atomwirtschaft sozialisiert: Z.B. fahren alle AKWs seit dem ersten Betriebstag ohne Versicherung.
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hält Nuklearkatastrophen für unversicherbar. Der Preis für eine solche Absicherung wäre außerordentlich hoch und die Übernahme dieses Risikos für eine Versicherung aus Sicht des Branchenprimus nicht verantwortbar.Quelle: n-tv
Unser System fährt hier also ein Risiko, dass es innerhalb seiner eigenen Logik nicht versichern kann. Dafür muss es Gründe geben. Die gab es auch. Erstens verhieß das Atomzeitalter zu seinem Beginn billigen Strom, also Energie, also Wohlstand für alle. Ohne Abgase. Und für Atomminister Strauss verhießen die Meiler und alles was da noch geplant war, obendrein den Zugang zu waffentauglichem Material. Also, ein großer Zugewinn für das Allgemeinwohl, deshalb auch ein zumutbares Risiko für die Allgemeinheit? Mit einem Wort: Ist die Atomwirtschaft "systemrelevant"?
Die verheißungsvollen Annahmen haben sich alle als falsch erwiesen. Die Atomenergie rechnet sich nur für ihre Hersteller und die Betreiber und deren Großkunden. Für die Allgemeinheit rechnet sie sich nicht, weil die alle Folgekosten tragen muss, die nicht in den Lebenszyklus der Anlagen eingerechnet sind. Neben den Super-GAU Risiken ist das vor allem die Endlagerung.
"Systemrelevant" gaukelt also auch hier nur vor: "Im Interesse von allen".
Doch wie reagierten die inflagranti ertappten Banker, als wir sie zur Rede stellten? Als wir sie fragten, wie sie Lieschen Müller mit windigen Zertifikaten um ihre Ersparnisse für ihre Rente (von der Regierung dazu aufgefordert) bringen konnten? Ihre Antwort war: Jeder muss wissen was er tut, und für die Gier der Leute könne man nichts.
Ob solcherart Sprüche auch die Vorstände von Energieunternehmen auf den Lippen haben? Bevor wir diese Frage beantwortet bekommen, muss schnell gehandelt werden. Entweder machen wir das Risiko Atomenergie kalkulierbar, in dem wir alle Kosten und Risiken in den Strompreis einrechnen und dann entscheiden ob wir das machen wollen. Oder wir schaffen sie ab.