Sonntag, 9. Februar 2020

In Misdroy

Wenn Du als Berliner oder Brandenburger mal wieder Freiheit atmen willst, dann fahre rüber nach Polen. Mag Dir die Sprache auch fremd sein, die Straßenbilder, die Speisekarten, das Glockengeläut, die spielenden Kinder auf den Straßen und am Strand werden Dir bekannt vorkommen - und erinnern Dich wehmütig daran, dass es in Deutschland auch mal so war.


Innere Workshops

Im Februar oder zu Ostern sind wir schon früher zu Kurzurlauben und "inneren Workshops" aufgebrochen. Statt guten Vorsätzen zu Neujahr schreiben wir lieber ein paar Flipcharts voll. So waren wir schon im Tessin, auf Mallorca, auf Rügen und im Spreewald.

Mal ging es um's Selbständigmachen, mal um Projektideen. Mal um private Vorhaben. So entstanden ein Patentinfoservice, die Suche und Kauf eines Porsche Youngtimer und einer Datsche. Man gibt sich selbst neuen Schwung, aber das klappt nur, wenn man rausfährt. 
Hat man sich Freitagnachmittags erstmal aus dem rotgrünen Verkehrschaos erst mal rausgewühlt auf die A11 und hat die Abfahrt "Bernau bei Berlin" hinter sich, kann man Gas geben Richtung Stettin.

Der Sendersuchlauf ergibt nur Schwachsinn. "Ich mach et Radio an und paar Minuten später wieder aus, denn da kommt außer Peinlichkeiten wirklich gar kein Ton heraus." sangen die Linken vor 40 Jahren. Heute sitzen sie in den Sendern und versorgen uns mit Staatsfunk. (Wussten Sie eigentlich - da wir gerade an Wandlitz vorbeigefahren sind, dass die Berichte über die Bonzensiedlungen weit übertrieben waren? Und dass es nicht mehr "Bonzen" heißt, sondern "Eliten"? Das hat der DLF herausgefunden: Hier.)

Nee und was Merkel da diese Woche betrieben hat, war auch kein Putsch. Steht ja schließlich in unserem Grundgesetz, dass eine Ministerpräsidentwahl erst dann gültig wird, wenn die Frau Bundeskanzlerin ihre Zustimmung gegeben hat. Auch obliegt es ihr, Staatssekretäre zu entlassen, die dem frisch gewählten MP gratuliert hatten und sich nicht -wie Doro Bär- in den Staub warfen, als die Bundeskanzlerin ihren Daumen über den MP senkte. Wo kämen wir hin, wenn hier jeder machen würde, was er will? Merkel will, dass das Kabinett aus Ex-SEDlern weiterregiert, und nicht so ein dahergelaufener FDP-MP.

Als wir Freitagabend über die Grenze Richtung Stettin fuhren, überkam uns kurz ein Gefühl von "geschafft". Oder genauer gesagt: Das Bewusstsein, die Ahnung, dass so einmal kommen könnte. 

Übrigens, Merkel: Beliebt ist sie hier nicht gerade, wie man an mehreren Ecken zu lesen bekam (ich meine die Schreibschrift am oberen Ende):


Unser Hotel liegt am Strand von Misdroy. Misdroy liegt auf einer Insel, da die Oder an ihrem Ende ein bisschen "ausfranst" und ein Haff bildet. Bekannter ist vermutlich das westlich gelegene Swinemünde.



In Polen macht man nicht so ein Gewese um Autos und Parkplätze. Man fährt mit dem Auto vor's Hotel und kann sogar direkt davor parken, wenn noch Platz ist. Ansonsten gibt es Sammelparkplätze. In den Restaurants gibt es noch Handfestes. Veganer mit Milchbärten haben wir hier nicht gesehen. Auch keine herumlungernden Goldstücke. Es gibt sie hier schlicht nicht. Dass wir im ganzen Ort auch keine Polizei gesehen haben, könnte damit zusammenhängen, dass offene Präsenz hier nicht so nötig ist.

Der Anblick altvertrauter, aber verloren gegangener Sitten, und das Gefühl von Sicherheit befreit den Geist und lüftet das Gemüt. 

Zurück zu Vinyl - aber warum?

Abends an der Bar, die erste Idee: Wir hatten neulich einen neu angeschafften Plattenspieler mit unserem BOSE Lautsprecher verbunden. Seitdem können wir wieder Schallplatten hören. Da der Plattenspieler aber mehr ein Retrogerät ist, und das ganze mehr eine Gagidee für einen Geburtstag war, ist der Sound nicht so doll. Aber zum ersten Mal dachte ich länger darüber nach, warum Leute wieder angefangen haben, Vinyl zu kaufen. Die Frage brachte ich neulich auch zu einem Ex-Kollegen. Zusammen mit der Frage, ob man Cinchyausgänge (für Lautsprecher) einfach so auf den AUX-Eingang eines BOSE-Lautsprechers legen kann. Und was eigentlich dahinter steckt.

Kurz und gut: Am Ende ist es das freie "Austoben" der Oberschwingungen, die uns den Vinyl Klang so angenehmer als etwas Digitalisiertes machen. (Ich wollte hier ursprünglich ein anderes Wort verwenden, aber die Rechtschreibkorrektur "korrigiert" es hartnäckig zu "Gesammeltes"..). Während die CD den Dynamikbereich erweiterte, schnitt sie aber durch ihre begrenzte Abtastrate das Frequenzband oben ab. Auch wenn man sagt: "im unhörbaren Bereich", würde ich mich gerne heute noch einmal selbst davon überzeugen. Aber jedenfalls ist durch den Übergang zu MP3, verbunden mit dem Senden via Bluetooth ganz sicher noch mehr verloren gegangen. Ich dachte also, dass wir zurück müssen zu Vinyl. Aber halte ohne den Dynamikverlust damaliger 33 U/min. Schon früher war die Antwort darauf die Maxisingle. Diese hatte den Durchmesser einer LP, spielte aber mit 45 U/min. und hatte eine breitere Rille, was die Dynamik verbesserte.

In diese Richtung bräuchten wir also eine Erfindung, die uns unsere Lieblingsalben durchgängig mit Maxi-Single Qualität oder besser hörbar macht. Ich fand schnell heraus, die die österreichische Firma rebeat ein Verfahren für die Herstellung von "HD-Vinyls" mittels Laser zum Patent angemeldet hat. Aber das optimiert m. E. nur die klassische LP. Man müsste noch einen Schritt weiter gehen.

Modellierung und Erwartungshaltung 

Am nächsten Morgen blieben wir mit folgender Erkenntnis beim Frühstück hängen: Vor einigen Jahren ging ein Nobelpreis an die Erforschung, wie unser Gehirn die räumliche Vorstellung modelliert. Und ein zentraler Mechanismus für die erfolgreiche Benutzung unserer Raumvorstellung ist die Vorausberechnung und also die Erwartungshaltung, wann unsere Füße beim Gehen wieder auf Boden treffen. Wir kennen den Effekt von einer stillstehenden Rolltreppe: Unser Gedächtnis hat hier das Modell einer Dynamik gespeichert, dass es beim Betreten und Verlassen der Rolltreppe abruft und anwendet. Steht die Rolltreppe still, kommen wir fast ins Stolpern.

Ich glaube, dass "Erwartung" ein ganz zentraler Bestandteil unseres Denkens auch in anderen Bereichen ist. Beim Musikhören z. B. erwarten wir, welche "Kurve" die Melodie als nächstes nimmt. Ähnlich ist es beim Ansehen eines Schauspiels: Die Charaktere erzeugen in uns eine Erwartungshaltung, wie sie als nächstes auf den Verlauf der Handlung reagieren. Hingegen kostet uns das Lernen von beiden Mühe. Hören wir ein Musikstück zum ersten Mal, erkennen wir nur die Form: Den Rhythmus, Tonfolgen. Aber wir haben noch keine Erwartung an die nächsten Töne, da wir die Melodie noch nicht gelernt haben. Ähnlich mühselig ist das Erlernen von Charakteren in der ersten Folge einer Serie, oder auch in einem Roman, den wir lesen.

Und wiederum ähnlich muss es mit Veränderungen im Arbeitsleben sein. Z. B. wenn wir eine neue Methode lernen. Am Anfang ist jeder neue Schritt mühselig und entspricht keiner Erwartung.

"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier" sagt es schon eigentlich. Aber der dahinter liegende Mechanismus im Gehirn ist die Modellierung. Und vor allem die Mühe für das Erlernen eines neuen Modells. Und vielleicht kann uns am Ende die Neurobiologie Antworten geben auf die Frage, wie man Leute zu Veränderungen von Arbeitsabläufen bewegen kann.

Bauland

Das eigentliche Thema aber war die Konkretisierung der späteren Fluchtroute. Zwei Faktoren spielen dabei eine besonders große Rolle: die Entfernung und die Sprache. Es ist leicht gesagt, "in New York fühlen wir uns auch schon fast wie zu Hause." Die Preise sind dort anders und ich kann nicht einschätzen, wie dauerhaft es dort Arbeit für "German Engineering" gibt. In Polen ist es umgekehrt. Da ist die Sprache eine große Hürde. Aber man hört immer wieder von Leuten, die es gelernt haben, einfach indem sie immer wieder nach Polen gefahren sind. Eine Bleibe in guter Lage ist in Polen indes -noch- sehr erschwinglich.

Während man sich nun also in Deutschland über Gauland aufregt und Bauland nicht zur Reife bringt, sind die Polen einfach direkter. An schönsten Strandlagen errichten sie keine Bauverbote sondern Siedlungen. Vor zwei Jahren flatterte uns mal so ein Prospekt für Misdroy ins Haus und jetzt konnten wir besichtigen, was daraus wurde. 50 qm mit Meerblick sollten damals etwas über 100.000 EUR kosten. Jetzt kann man sagen: Glückwunsch, wer sich getraut hat!



Steht man vor Ort und sagt einander: Stell es Dir vor: hier wohnen wir jetzt. Und wir fahren Einkaufen. Wie geht es von hier weiter? Die Ostseelage ist doch eher was für den Ruhestand. Und wie ist das mit dem Meeresspiegel? Ein Ex-Kollege aus Sankt Petersburg erzählte, die Zukunft seiner Stadt liege unter Null. Aber wie sicher ist die Prognose und ab wann soll sie eintreffen? Zumindest liegen diese Häuser hier hinter einem Deich und sie guten oben drüber (allerdings auch durch die Bäume).

Aber wer gerne selbst mal schauen will: Hier ein aktuelles Angebot (Link).

Ich habe eine Kollegin aus Stettin. Ich muss die noch mal befragen, wie ihre daheim gebliebene Familie das sieht.

Montag, 3. Februar 2020

Wir kriegen einen frühen Frühling

"Glauben Sie, dass wir einen frühen Frühling kriegen?" ist genau die Frage, die einem Anfang Februar durch den Kopf geht. Aus seinem Hotelzimmer sieht Phil Schneereste in den Vorgärten der Siedlung. Draußen ist noch Winter, aber im Kopf beginnt die erste Phase des Frühlings: die Tage werden länger, der Nachtfrost verzieht sich. Wir atmen auf.

Es waren deutsche Einwanderer, die Maria Lichtmess nach Pennsylvania brachten. Und weil es dort keine Dachse gab, schauten sie einfach auf's Murmeltier. Und so begann eine -wie ich finde- sehr nette Tradition.

Und auch den Film schaue ich mir immer wieder gerne an. Phil erlebt genau an dem Tag, der Hoffnung auf die Bestätigung eines frühen Frühlings die ewige Wiederholung des beruflich Gleichen. Sein Ausweichen in Zynismus, die Ausnutzung der Vorhersehbarkeit seines Arbeitstages für die Erfüllung fremder Erwartungen, ist von außen leicht zu kritisieren. Weniger leicht, wenn man es selbst so erlebt. 

Phil kommt erst weiter, als er sich auf seine eigenen Ressourcen besinnt. In sich rein hört. Fremde Erwartungen an ihn abschüttelt. Da ist doch was, was verschütt gegangen ist? Buddel es aus. Und du wirst sehen, wie anders es weiter geht.

So gesehen ist "Und täglich grüßt das Murmeltier" keine Identifikation mit der eigenen Zeitschleife, sondern die Aufforderung aus ihr auszubrechen.

Mein Wochenende begann mit dem Treffen mit einem Ex-Kollegen. Wir sitzen quasi an den entgegengesetzten Enden der Produktentwicklung. Und glauben voneinander, der andere habe es gerade besser. 

Aber die Synthese aus zwei Lamentos war am Ende etwas Drittes: die Erkenntnis unserer Ressourcen. "in der richtigen Umgebung würden wir wieder richtig zusammen spielen." So hatten wir es ja bereits erlebt. Und auch wenn die Frage "Wo denn?" nicht sofort gelöst werden kann, hilft einem der Blick auf die eigenen Kräfte schon mal weiter.

Das sind so Momente von denen man später sagt: Da begann die Wende, denn da wurde mir etwas klar.

Die Branche in der wir uns bewegen, wird noch manche enge Kurve durchfahren müssen. Da ist die Gegenwart eh nur eine Momentaufnahme. Und erfüllt nur einen Zweck, der später wie ein Puzzleteil von vielen zu etwas Größeren passen würde.

Die Tage werden entlang des Februar zwei Stunden länger. Nächstes Wochenende verbringen wir an der polnischen Ostsee. Auftanken, Ideen brainstormen, Pläne machen. 

Ich habe meinen Schatten gestern übrigens nicht gesehen. Wir kriegen einen frühen Frühling :-)




Montag, 27. Januar 2020

Synthetische Kraftstoffe?

In der neuesten Folge seines (empfehlenswerten) Podcasts "Alte Schule" interviewt der Autofotograph und -journalist Karsten Arndt Wolfgang Porsche.

Dabei kommen sie auch auf die aktuellen CO2-Ziele zu sprechen. An einer Stelle sagt Wolfgang Porsche, mit der Einführung synthetischer Kraftstoffe könnten wir mit einem Schlag die CO2-Emissionen fast aller bereits zugelassenen Autos um 90% reduzieren. Denn: gängige Motoren vertragen synthetische Kraftstoffe.

Oha! Dieser Aspekt war mir bisher entgangen. Das wäre natürlich klasse. Und es stimmt ja: Letztenendes ist es nicht der Motor, sondern der Kraftstoff der entscheidend über die Emissionen bzw. die Gesamtbilanz bestimmt.

Ich muss mich damit mal beschäftigen..

Dienstag, 21. Januar 2020

Bestand an Porsche Transaxle Modellen 2019

Der Bestand an Porsche Transaxle Modellen 2019:
Quelle: KBA

Aus der Statistik"Fahrzeugzulassungen (FZ) Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern nach Herstellern und Handelsnamen", die das Kraftfahrtbundesamt jährlich veröffentlicht.

Demnach kurven von meinem Modell 924S in Deutschland noch 1.167 Exemplare herum. Vom Typ 928 sind dagegen nur noch 319 zugelassen? Das ist arg wenig..


Samstag, 18. Januar 2020

Von der Kompetenz des Nein-Sagens

Zu den Dingen, die ich im Berufsleben am wenigsten akzeptiere, ist die Überblendung von Inkompetenz mit Überheblichkeit. "Man muss nichts wissen, wenn man sich alles herleiten kann" - so spricht man, wenn man nichts weiß. Schlimm, wenn man sich obendrein nichts herleiten kann. Auch ist "Wir müssen hier nichts bewerten oder verstehen, wir müssen nur moderieren." kein funktionierender Ansatz für einen Workshop. Wenn man die Struktur des Objekts nicht kennt, weiß man auch nicht, worauf man beim Moderieren achten müsste.

Erfahrung macht schnell, sicher und gut. Natürlich nur, wenn sie sich nicht mit Halsstarre paart, sondern mit Intelligenz und Empathie und mit Offenheit.

Erfahrene gehen sicher mit ihrer Unsicherheit um. Trauen sich auszusprechen, was sie nicht wissen. Unerfahrene, auch -oder insbesondere- Ältere, überspielen eigene Unsicherheit mit Überheblichkeit. Solche, die eine höhere Erziehung genossen haben, verstehen es auch, mit Pose und Rhetorik die anderen in die Defensive zu bringen. Sie versprechen Stakeholdern alles und suchen im Hinterkopf nach Untergebenen, die ihre unhaltbaren Versprechen einlösen müssen. "Ein Berater darf keine Angst zeigen" offenbart die Paranoia des Ahnungslosen.

Experten und gute Berater haben keine Angst vor Unwissen, die sie verbergen müssen. Was sie nicht wissen oder verstehen, sprechen sie eben an. Denn in der Welt der Digitalisierung überblickt niemand alles. Und nur mit Fragen kommt man in den Dialog.

Ich kenne erfahrene Spezialistinnen, die nie auf die Idee kämen, einen Auftrag außerhalb ihrer Kompetenzzone anzunehmen. Und sie würden das genau so ansprechen. Und wenn ein Kunde sie trotzdem engagieren will, tut er das in Kenntnis des Risikos.

Ich habe mit IT-Architektinnen zusammen gearbeitet, in denen der Satz "Das weiß ich nicht, das müssen wir herausfinden." der Eisbrecher war. Ich habe auch mit Beraterinnen zusammengearbeitet, die nur die Sätze des Kunden repetiert haben. Bis der Kunde merkte, dass bei ihr gar nichts haften bleibt, nichts sortiert, zugeordnet oder bewertet wird. Kein inneres Modell am wirken war, das die Muster der realen Welt bewertete.

Wer zu früh Manager wurde, kennt diese innere Sicherheit des "Nein"-Sagens nicht. Nein ist für sie oder ihn immer eine kleine Niederlage. Ich kenne auch keine funktionierende Strategie, bei der man sich Kompetenz immer dazu kauft und man selbst lediglich "moderiert" oder gar "steuert". Niemand steuert ein Ding, von dem er nichts versteht, irgendwo hin. Darauf gebe ich Brief und Siegel.

Samstag, 23. November 2019

Soundtrack "Le Mans 66"

Den haben wir gestern im Kino gesehen. Ein Klassefilm, der die Geschichte des Rennsports und seiner Kultur - aber auch das Geschäftsgebaren hinter den Kulissen noch einmal aufleben lässt.

Wer schon einmal den Namen Shelby oder Ken Miles gehört hat und wissen wollte, wer das ist. Wer sich schon an den Kämpfen zwischen Porsche in Steve McQueen's "Le Mans" nicht satt sehen und hören konnte, der muss diesen Film sehen. Da wird der Kinosaal zur Boxengasse.

Matt Damon und Kollegen in Höchstform:

Soundtrack:


Filmszenen:

Mittwoch, 13. November 2019

Langweilige Zeiten?

Ehrlich gesagt ist mir gerade ein bisschen langweilig. Auch beruflich. Klingt überraschend? Nun, einerseits passiert sehr viel. Andererseits hantieren wir doch hauptsächlich mit Dingen, die es schon lange gibt: Elektromotoren gibt es seit 100 Jahren. Digitale Cockpits? Haben wir nicht erfunden, führen wir nur jetzt erst ein. Digitale Medien? Gähn. Vernetzung, Online Updates? Touchscreen? Digitalisierung?? Behauptet da jemand, das sei neu?

Neu ist, dass nun auch gelernte Maschinenbauer das in ihre Produkte einbauen und "integrieren" müssen. Neu sind die agilen Methoden (und Mentalitäten), die mit einem Bruchteil der früher hierarchischen, wie Behörden tickenden, Silos auskommen. Und das ist das einzige, was mir daran Spaß macht: Transparenz zu schaffen, im Ganzen zu denken, jeden zum Mitdenken aufzufordern und sich selbst aus dem Ziel abzuleiten, was er für seinen Beitrag tun muss.

Oh ja, es war (und ist) ein Kampf. Als ich das erste Mal eine Besprechung (mit Beschlüssen und Aufgaben) auf einem Confluence Wiki dokumentierte, und alle anschließend eine Email mit ihren Aufgaben vom Server bekamen, sprangen einige im Dreieck: Ich sei nicht befugt, ihnen Aufgaben zuzuteilen...

Wenn man da vorher in einem "Lab" gearbeitet hat, fasst man sich nur an den Kopf. Und ich hatte mehrere solcher Kämpfe. Und ich bin geblieben und sie sind gegangen. Und wir haben gemacht, was ich vorgeschlagen (und exerziert) hatte und ich bekam erst noch mehr "Eskalation" und jetzt machen wir, was ich von Anfang vorgeschlagen habe.

Ich erlebe das mit Genugtuung. Für Euphorie bin ich zu müde. Abgekämpft. Vor allem, dass ich da meist allein kämpfen muss - und viel Kommunikation in rückwärtige Absicherung stecken muss, kostet mich viel Energie. Es funktioniert am Ende, ja. Aber ich fühle mich auch ein bisschen ermattet.

Und ich merke, dass ich mich selbst nicht mehr mit glitzernden Innovationen motivieren kann. Sondern mit dem Erlebnis, dass Leute ihre Meinung ändern, ihren Widerstand aufgeben.

Andererseits habe ich da gerade einen interessanten Blog über Apple's erste Smart Glases gelesen. Und welchen Beitrag die Erfahrungen mit ihren Air Tods (den drahtlosen Kopfhören) machen. Wie diese auch als Geräuschfilter gegen die Außenwelt wirken, und eine Funkverbindung zu Kontakten aufbauen können. Wie man sich mit diesen Dingern im Ohr in einer Disco mit jemand anderem verbinden kann und gut verständlich telefonieren kann.

Das könnte noch aufregend werden. Aufregender jedenfalls als digitale Autos... ;-)

Montag, 4. November 2019

Wie Apples Softwarequalität unter Tim Cook schwindet..

Ich lege mich da jetzt fest. Unter dem Nachfolger von Steve Jobs, Tim Cook, geht es mit der Softwarequalität bei Apple bergab.

Davon zeugen nicht nur die vielen Bugfixes in immer kürzeren Abständen für iOS. Sondern auch die abnehmende Qualität der Mac OS Apps:

Beispiel iTunes Ablösung:

Die Bedienoberfläche der Ersatz Apps Music und Podcast ist schlecht. Das Pflegen von Listen, das Suchen von Titeln hat sich extrem verschlechtert. Es gibt keine Textlisten mehr, in denen man lange Listen im Blick hat und filtern kann. Stattdessen ist alles bunter geworden, mit Coverfotos etc. und die Listenelemente sind nicht mehr filterbar und nicht mehr einfach in Playlists verschiebbar.


Die Bedienung von "Podcasts" gibt noch mehr Rätsel auf. Unter iTunes konnte man alle abonnierten Podcasts schön listen und darunter konnte man die angebotenen Episoden aufklappen. Man konnte wählen, ob man automatisch alles Neue herunterladen will oder fallweise.


Beispiel iDVD
Diese wurde ersatzlos gestrichen. Seitdem gibt es für Verwandte und Freunde keine animierten Foto- und Video-DVDen mehr.

Beispiel Fotos (früher: iPhotos)
Zuerst wurde der wunderbare Fotobuch und -kalender Druckservice ersatzlos eingestellt. Dieser Dienst hatte Premiumqualität und die Artefakte konnten direkt aus der Anwendung bestellt werden.

Als Ersatz wurden Apps von Drittanbietern empfohlen. Ich hatte mich für die deutsche App CEWE entschieden. Auch diese hat einen halbwegs passablen Gestaltungseditor und man bestellt direkt aus der App via Upload.

Heute gelernt: Seit dem Mac OS Upgrade auf 64Bit funktioniert die Integration mit der Fotos Library nicht mehr. Jetzt kann ich nicht mal mehr Kalender bestellen!

Ich werde jetzt zu Foto Meyer wechseln. Die sitzen in Schöneberg und sind ein lupenreiner Fotoladen. Ich werde meine Fotos exportieren und in deren Web App hochladen. Mit der Integration mit Apple Fotos ist es dann aber vorbei.

Tim Cook hat in seinen Jahren immer viel zur sozialen Kultur in seinem Unternehmen gepostet. Dabei scheinen die Ansprüche an die Softwarequalität allerdings verloren gegangen zu sein :-(

Es gibt damit weniger Gründe, die den höheren Preis von Apple Produkten rechtfertigen.

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Manager im Digital Lab..

Die Welt der Autosoftware ist auf bestem Weg dorthin, wo sie keinen Erfolg haben wird: Ins Land der eitlen Könige und gefühlten Popstars.

Solche Projekte wie ein Betriebssystem für die eigenen Steuergeräte entwickelt man am besten von klein auf. Mit einem Kernteam, dem man einigermaßen planbare Randbedingungen gibt (wie z. B. eine künftige Hardware Architektur, Anzahl der Steuergeräte, Vernetzungsbandbreiten und -qualitäten).

Man muss ja erstmal vertraut werden damit, wie sich Zuliefererarbeit "von innen" anfühlt. Dann erstmal die Kernfunktionalitäten entwickeln und dann ausbauen.

Aber nicht: Wir gründen eine neue Division mit 5.000 Leuten und bedienen alle Marken und ordnen uns sofort dem nächsten Serienstarttermin unter. Damit landet man wieder da, wo man mal abgesprungen war: Bei einem Softwarechaos, das der höchsten Priorität ("bringt es irgendwie zum Laufen") entspricht.

Meine Prognose ist: Das wird schief gehen, länger dauern. Und nach dem ersten Serienstart wird man das Gewerk eben nicht direkt weiterverwenden können, sondern weit zurück gehen müssen, um aus all den gemachten Fehlern zu lernen.

Zudem drängeln sich etliche Manager in die Sache, die man nicht braucht, aber die einen Versorgungsanspruch auf einen Rang haben. Und die sich die Sache gerne ans Revert heften würden. Räder, die nicht antreiben, sondern bestenfalls mitlaufen ("Schleppmoment") und nicht bremsen.

Schade. Wenn wir diese erste Welle dann hinter uns haben werde ich fast schon ein Kandidat für die Altersteilzeit sein ;-).

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Nobelpreis und Buchmesse

Die  Nobelpreisvergaben und die Frankfurter Buchmesse sind immer noch zwei Ereignisse, auf die ich mich im Herbst freue. Das ist aber mehr alte Gewohnheit. Da gab es früher immer gute Artikel und Beilagen in den großen Tageszeitungen. Man konnte ein Wochenende durchlesen und verstehen. Man konnte versinken, abtauchen in andere Welten.

Heute sind entweder meine Ansprüche gestiegen oder das ganze ist verflacht. Die FAZ beschreibt die Nobelpreise immer noch sehr ausführlich schon am nächsten Tag. Und auch so, dass man das Wichtigste versteht - was haben die Preisträger gemacht und warum hat das die Wissenschaft weitergebracht? Aber ich lese es seit einiger Zeit immer mit dem Hintergedanken daran, an wen die in den letzten Jahren Friedensnobelpreise und Literaturnobelpreise vergeben haben. Da war der Eindruck entstanden, der Nobelpreis gehöre jetzt auch zu den Substanzen, die von einer neuen Generation substanzloser Moralisten missbraucht und verschlissen werden.

Um so mehr freute mich gestern der Literaturnobelpreis für Peter Handke. Ich habe zwar kein Buch von ihm zu Ende geschafft. (Vielleicht wurde er mir einfach nur zu früh aufgezwungen in der Schule.) Dafür habe ich das eine oder andere frühere Interview von ihm in Erinnerung. Und dass er mal für die Serben Partei ergriff. Damals war das für mich ein Zeichen dafür, dass die Linken sie auch nicht alle stramm haben. Wie konnte er nur? Aus intellektueller Überheblichkeit? Oder war er der erste, der verstanden hatte, worum es den Serben eigentlich ging..? Ich bin hier auch in manchen Fragen zu einer "Neubewertung" gekommen.

Dann aber wieder Kommentare in der Art, "dann sollten sie zum Ausgleich wenigstens den Friedensnobelpreis an Greta vergeben". Sollte das passieren, interessiert mich diese Veranstaltung endgültig nicht mehr. 

Ähnlich die Buchmesse. Deutsche Nachwuchsautoren haben ja schon lange nichts mehr mitzuteilen. Wenn man die eine oder Rezension liest oder Berichte von Lesungen und sog. Festivals und "Literaturtagen" in der Wannsee Villa oder anderswo, dann überkommt einen nicht einmal mehr Mitleid. So viel Nabelschau und wortreiche Leere gibt es glaube ich in keinem anderen Land. Aber es passt andererseits zu den Leuten, die mir in der U-Bahn und S-Bahn gegenüber sitzen. Oder die man auf Veranstaltungen sieht, wenn man sich doch mal überwindet, hinzugehen (Danish hat da gerade sehr schön von seinem Besuch der Berlin Foto Week geschrieben: Link :-).

Ich lese seit langem nichts mehr, was mich nicht in irgendeiner Weise berührt. Deshalb kommen die "Gabentische" in Buchhandlungen meistens nicht in Frage für mich. Ich muss mich durchwühlen, suchen, sporadisch lesen, um mal einen Treffer zu landen. Auch zu den großen Themen Wiedervereinigung, Europa, den Verfall unserer intellektuellen Substanz, zündende Beiträge zu Forschung und Technik.. von unserer Seite: nichts.
Auch Fachliteratur: von deutscher Seite: fast nichts.

Und so nehmen Nobelpreis und Buchmesse allmählich Plätze ein wie Weihnachten und Silvester. Man macht es halt, es war ja mal schön. Aber die eigene innere Struktur ist längst darüber hinweg.

Dienstag, 17. September 2019

Autokrise von innen

Wie die Stimmung in der deutschen Automobilindustrie ist? Sie ist wunderbar. Überall wachsen neue Abteilungen aus dem Boden, die die Branche in die Zukunft führen werden: Diversitymanagement, Feelgoodmanagement, Meldesysteme, es ist alles da, um strategische Entscheidungen über Asynchron- vs. Synchron, Schleifring- vs. Käfigläufer oder Statorwicklungen zu treffen. Auch beim Insourcing der Softwareentwicklung läuft alles bestens. Das mittlere Management trachtet nach Kopfzahlen, zerrupft die agilen schlanken Vorgehensmodelle und erfindet jede Menge Workflows und Koordinatorenstellen, die ein schlankes Management sicherstellen.

In den Intranets und auf LinkedIn reicht man einander Fotos von bunten Kickoff-Events. Dauernd feiert man sich irgendwo selbst, oder dass man der Konkurrenz jemanden abgeworben hat, der weiß wie es geht. Alle sind "thrilled", "so excited" über neue Titel. Bunte Wände, Bällebäder, Fernlenkautos. Wir sind soo verspielt..!

Agile Entwicklung ist wie Liberalismus. Eine gute Idee und mit den Richtigen funktioniert sie auch. Allerdings zieht sich auch jede Menge nichtsnutzige Motten und Trittbrettfahrer an.

Ich höre die Guten sagen: "Ich glaube nicht mehr, dass wir es hinkriegen. Dafür glaube ich jetzt an kommende Vorruhestands- und Altersteilzeitpakete." Denn dafür ist noch genug Substanz da. Im Prinzip wird die Substanz jetzt aufgeteilt. Zwischen den Guten, die bald gehen. Und denen, die Substanz mit Entschiedenheit opfern wollen.

Du siehst es kommen. Du siehst, woran es fehlt. Aber alle wollen feiern. Weil sie moralisch doch auf der richtigen Seite sind. Die älteren Opportunisten tragen das schiefe, wissende Lächeln der Zyniker. Die jungen Frauen posten Aufrufe, Urlaub für die große Klimademo am 20.9. zu nehmen. Die Diversitymanagerin bewirbt ihre Roadshow mit Stellwänden und Sitzwürfeln. Und irgendwo, in einer Halle außerhalb der Kameras passen die Ladestecker nicht in die Ladebuchse. Weil technische Fragen in der Agenda nach unten gerutscht waren. Verbreitet also schlechte Stimmung, stresst rum, macht sich verdächtig. Ein alter weißer Mann. Wer hat den denn bestellt? Geht gar nicht. Anna-Luise, steht der schon auf Deiner Liste?

Sonntag, 15. September 2019

Blackout

Die Leute stellen sich den Blackout vor wie eine durchgebrannte Sicherung. Licht aus. Ersatzsicherungen suchen. Sicherungskasten öffnen und Sicherung ersetzen. Bzw. den Kippschalter wieder einschalten.

Aber so einfach wird das nicht. Einen größeren Netzverbund wieder einzuschalten ist eine größere Sache. Sicherlich muss man hier Fehlerabschaltungen vom Frequenz- oder Unterspannungsschutz unterscheiden. Aber aufwendig wäre es schon.

Vor dem Wiedereinschalten muss man die Störungsursachen isolieren bzw. beseitigen. Stehende Kurzschlüsse muss man korrigieren. Eingeschaltete Schalten muss man ausschalten oder ihren Netzabschnitt -oder das gesamte Teilnetz- von der darüber liegenden Spannungsebene trennen.

Und dann sukzessive eine stabile Spannung aufbauen. Erst dann wieder Lasten einzuschalten.

Warum erzähle ich das? Weil größere Blackouts nicht nur lästig sind. Sondern auch, je länger sie dauern, Unruhen und Unsicherheit auslösen. Sollte der Wiederaufbau nicht binnen weniger Tage gelingen, und passiert es ausgerechnet im Winter, kann es für die Regierung schnell ungemütlich werden.

Man sollte heute keinen Putsch planen, in dem nicht auch ein Blackout eine Rolle spielt.