Mittwoch, 23. September 2020

Faktencheck eines DLF Berichts über eine Trump Rede

 Vorgestern Abend in den "Informationen am Abend" des DLF: Ein "Bericht" über die Auftaktrede Donald Trump vor den Vereinten Nationen. Das Verhältnis zwischen Bericht und Meinung in dem "Bericht" betrug etwa 1:10. Im wesentlichen war es eine völlig einseitige Kritik an Trump Rede und am meisten werfe ich dem Reporter vor, dass er seine Kritik nicht auf Fakten gründete.


Ich versuche jetzt mal, das für ihn zu tun.

1. China Blaming
Der Reporter warf Trump einseitige Kritik an China vor. Das beginne mit der Bezeichnung "China Virus". Dabei ist die Bezeichnung sachlich richtig, denn die Pandemie startete in China. Und auch in Europa ist es üblich, Viren nach ihrem Herkunftsland zu benennen, siehe die "Spanische Grippe". Auch wenn diese nicht ursächlich aus Spanien stammt, tauften die Europäer diese Grippewelle so in der Annahme, sie stamme aus Spanien.

Trump erinnert uns ferner an interessante Details an die Reisebeschränkungen, die China Anfang des Jahres beschloss. Und daran, wie schnell die USA auf die ersten Meldungen über die Wirkung des neuen Coronavirus reagierten:
China verbot zuerst Einreisen aus dem Ausland. Ausreisen wurden weiterhin genehmigt. Deshalb mussten sich alle anderen Länder selbst vor der Einschleppung des Virus schützen. Doch als die USA am 01.02.2020 bereits ein Einreiseverbot für verdächtige Passagiere verhängte und Passagiere aus den chinesischen Risikogebieten verhängten, kritisierten chinesische Behörden dies scharf. Und die WHO riet zu dieser Zeit von Reisebeschränkungen noch generell ab! (Quelle: Tagesschau, 01.02.2020, https://www.tagesschau.de/ausland/coronavirus-177.html)

Hätten alle Regierungen so früh und entschlossen gehandelt, hätten sie sich besser gegen COVID 19 geschützt. Doch die meisten westlichen Regierungen priorisieren Konsens und Konformität höher als akute Gesundheitsrisiken.

2. Nationalismus
Sodann kritisierte der DLF Reporter eine nationalistische Tendenz der Rede von Trump. Und ja, Trump weiter gegen China aus, als er schon mal dabei ist. Die CO2-Emissionen Chinas seien doppelt so hoch wie die der USA. Niemand blase mehr Quecksilber in die Atmosphäre als China.
Aber über China rede niemand und die USA müssten dauernd Kritik einstecken. Ist es "Nationalismus" so zu sprechen?

3. Kritik an den Prioritäten der UN
Trump sagte, wenn die UN eine effektive Organisation sein wollten, müssten sie sich auf die "echten Probleme in der Welt fokussieren": Terrorismus, Unterdrückung von Frauen, Sklaverei, Drogenhandel, Menschenhandel, religiöse Verfolgung und Unterdrückung.
Ist man ein schlechter Mensch, wenn man solche Prioritäten einfordert?

Udo di Fabio kritisierte neulich im Interview mit The Prioneer (Gabor Steingarts Podcast) die Sehnsucht der Deutschen nach Konformität. Und er hat genau recht und man findet diesen Konformismus in fast jeder Nachrichtensendung eines öffentlich finanzierten Senders. Wer nicht in den Chor der "Weltgemeinschaft" einstimmt und Probleme verschweigt, gilt als Nationalist. Ebenso wer Foren und Parlamente als Orte des Interessensaustausch und des Verhandeln von Interessen und Positionen versteht.

4. Handelskriege?
Schon Tucholsky kommentierte die Weimarer Gesellschaft mit dem Hinweis, viel gefährlicher als der Schmutz sei derjenige, der auf den Schmutz hinweist. Heute müsste er dies über Donald Trump sagen.
China hat jahrzehntelang internationale Entwicklungshilfen bezogen und für Technologietransfer in seine Richtung gesorgt. Um die Beziehungen mit seinen Spendern trotzdem nicht abkühlen zu lassen, versorgte es unsere Zoos mit Pandabären.
China hat harte Importbeschränkungen: Produkte müssen zumindest zum Teil in China produziert werden, um chinesische Arbeitsplätze zu schaffen. Und es muss in Form von Joint Ventures mit Know How Transfer erfolgen, damit China von den Importieren lernen kann, die Produkte selbst zu entwickeln und herzustellen.
Ich halte es für nur gerecht, China so zu behandeln wie es andere Länder behandelt. Aber das gilt in unseren Kreisen als "nationalistisch".

Gleiches gilt übrigens für Zölle auf Autos: Wir belegen US-Importe mit 20% Zoll. Umgekehrt nutzen wir die nordamerikanische Freihandelszone um Autos in Mexiko günstig zu produzieren und dann zollfrei in die USA zu exportieren. Ist es nicht verständlich, wenn Trump da ein Ungleichgewicht sieht?

5. Friedensstiftende Maßnahmen
Der DLF Reporter kritisierte Trump dafür, dass er die jüngsten Vereinbarungen zwischen Israel und VAE sowie Bahrein als "Friedensverträge" bezeichnet habe. Dies seien sie nicht. Mag sein. Aber es ist weitaus mehr als Barack Obama erreicht hat. Und im Gegensatz zu Obama hat Trump noch keinen Krieg, erst recht keinen Drohnenkrieg, in der Welt angezettelt. Trump ist ein Geostratege und Kaufmann. Und genau das überfordert die Regierungen und Staatsmedien in der EU intellektuell.

6. Iran Sanktionen
Richtig. Trump hat den Irandeal gekündigt und soeben neue Sanktionen gegen das iranische Regime verhängt. Ja, damit hat er einen "Konsens" gebrochen. Aber was war dieser Wert? Man muss recherchieren um den Selbstbetrug dieses sog. Iran-Deal zu dokumentieren: Der Deal adressiert nur solche Uran Zentrifugen, die der Iran benannt hat. Er lässt dem Iran Spielräume für Zentrifugen außerhalb der Beobachtung.

Ein kurzer Faktencheck also überführt eine DLF Nachrichtensendung schnell. Aber solche Gegendarstellungen kosten Zeit und Mühe. Ich erwarte von den Sendern, die ich mit meinen GEZ Beiträgen finanzieren muss, mehr journalistische Qualität. Mehr Objektivität. Und weniger Sendungsbewusstsein. Mehr Investigation, weniger Konformismus.

#trump #unitednations

Donnerstag, 17. September 2020

Die Budgets wandern von Wertschöpfenden zu Regelschaffenden

 In Unternehmen, die bisher wacker durch die Krise gekommen sind, wird es im nächsten Quartal eng mit der Projektarbeit. Ich höre von anderen, erlebe aber auch selbst wie die Budgeteinschnitte jetzt durchschlagen. Wer sein Geld zu früh verbrannt hat, weil er auf Nachschläge spekuliert hatte, muss jetzt die Bremse treten. Deshalb wird das Geschäft mancher Dienstleister im kommenden Quartal sinken. 

Für Projektleiter birgt das mehrere Risiken: Eingeplante Umfänge werden dieses Jahr nicht mehr ausgeliefert, Anwendergruppen und Lenkungskreise enttäuscht. Das zweite Risiko ist der Bestand des eingespielten Projektteams. Wenn wir Entwickler frei geben müssen, gehen die in ihren Firmen in andere Projekte, wenn verfügbar. Und nur wenn wir Glück haben, können wir sie Anfang nächsten Jahres wieder zurückholen. Wenn wir Pech haben, bekommen wir neue Leute, die wir erst einarbeiten müssen. 

Es gibt schlimmere, klar. Manche Unternehmen kämpfen gerade ums Überleben, manche müssen sich massiv umorientieren. 

Ich muss lange zurückdenken, wann ich zum letzten Mal Budgetprobleme hatte. Das war in der Finanzkrise um 2010 herum. Und davor war es der dot.com Crash 2001. Also alle 10 Jahre geht es mal kräftig runter.

Ich bin jetzt froh, vom Digital Lab zurück auf dem Tanker zu sein. Auch wenn ich nicht sicher bin, ob unsere Strategie hinhauen wird. Sie stützt sich sehr auf die politische Regulierung, insbesondere die Klimapolitik auf allen Ebenen: Die EU Präsidentin hat gerade eine abermalige Verschärfung der CO2-Vorgaben angekündigt, Großstädte verkünden, Verbrennungsmotoren innerhalb der nächsten 10 Jahre zu verbieten. 

Egal wie man zur Klimapolitik steht, und Ich halte den Anspruch Vorreiter zu sein, für übertrieben. Aber ich muss das für meinen Berufsweg einplanen. Die ganze Landschaft wandelt sich gerade stark zu einem Ökosozialismus. Der Staat manipuliert die Märkte, schafft Zombieunternehmen, erwirbt selbst Unternehmensanteile. Verkehrsminister Scheuer will jetzt sogar ein Mobilfunkunternehmen gründen, um Funklöcher abzudecken. 

Innerhalb der Unternehmen zieht ein neuer Zeitgeist ein. Compliance ist angesagt. Es gibt Ombudsleute, anonyme Whistleblower Briefkästen, und regelmäßige Statistiken über Kündigungen wegen Regelverstößen. Dazu kommen Quoten für Geschlechter und Diversion-Kampagnen. Leistung und Kompetenz verlieren stark als Karrierefaktoren. Es kommt ein blühendes Zeitalter für Konformisten.

Immer präsenter werden auch Initiativen und Kampagnen, die gar nichts mehr mit Geld verdienen zu tun haben. Mit neuen Produkten, Märkten, Erfindungen. Stattdessen dominieren Soziologen, Bachelors of Art oder Lehrberufe das Intranet. Es wird fast mehr geredet als geschaffen. Es kommen Leute hoch, bei deren Lebensläufen man sich wirklich wundert. Auch in der Softwareentwicklung. Die führenden Rollen sind von Maschinenbauern, umgelernten Werbe- oder Industriekaufleuten oder Magistern besetzt. Die wirklich Fähigen minimieren ihre Kontakte zu diesen Queraufsteigern. Sie nutzen die Zeit, die sich nicht in Seminaren, Pflichtwebinaren und dem Lesen neuer Hausmitteilungen verbringen müssen, um mit ihrem Code weiter zu kommen.

Wir sind endgültig kein Land der Tüftler mehr. Alle wollen sich die Errungenschaften der Tüftler ans Revers heften. Aber es gibt inzwischen gefühlt mehr Industriebeamte als Wertschöpfende. Aber die Budgets der Industriebeamten steigen. Unsere sinken.

Dienstag, 15. September 2020

Gaus' Interview mit Angela Merkel

Wer ist Angela Merkel? Dieses Interview von Günter Gaus 1991 bringt einen weiter, aber nicht ans Ziel. Merkel bleibt mir rätselhaft. Aber ich versuche auf einige aktuelle Fragen die Antworten in der Vergangenheit zu finden.

Ihre Sozialisation im Sozialismus:

Ihre Mutter war skeptisch, ob der Sozialismus für ihre Kinder ein besseres System werden würde als die Bundesrepublik. Sie gab ihren Kindern auf den Weg, "Ihr müsst die Besten sein, um Euch hier behaupten zu können." Dies stachelte einerseits Angela Merkels Ehrgeiz an. Und zu den begabten Kindern gehörte sie sicherlich. Aber es war gegen ihr Naturell, sich zu exponieren oder sich zu verausgaben.

Sie war eher, das sagt sie selbst, angepasst. Sie hält Anpassung an die Umgebung für überlebensnotwendig. Das sitzt, wie wir inzwischen, bis heute tief in ihr drin. Sie selbst spricht in dem Interview von Opportunismus. Sie wusste von anderen Pfarrerskindern, dass diese am Ende nur noch Theologie studieren durften, wenn sie sich nicht konform gezeigt hatten. Das wollte sie vermeiden, sie wollte Physik studieren. 

Sie verkauft uns ihren Opportunismus als Tugend, die sie in der wissenschaftlichen Arbeit gelernt habe: Man muss sich erstmal Grundlagen verschaffen, die Sache studieren, bevor man etwas sagt. Das sei auch der Grund, warum sie sich erst im Dezember 1989 dem "Demokratischen Aufbruch" angeschlossen habe. Sie habe erst einmal suchen müssen, welche der vielen Bewegungen zu ihr passe.

An den Bürgerrechtlern habe sie gestört, dass diese zu viel diskutieren und zu wenig ins Handeln kommen. Sie, die Introvertierte, gibt sich plötzlich als handlungsorientierter Machtmensch.

Wofür stand sie nach der Wende?

In dem Interview bezieht sie eigentlich nur einmal eine politische Position. Sie spricht von der großen Freude der Meinungsfreiheit nach der Maueröffnung. Und der Enttäuschung, dass diese sogleich vorbei ist, als sie sich in die CDU begibt. Frappierend, dass ausgerechnet sie später eine Kultur der Quasizensur schuf, in der man wieder aufpassen muss, was man sagt.

Günter Gaus fragt sie ganz direkt, ob man als angepasster und gleichzeitig an Machtstrukturen interessierter Politiker nicht inhaltlich steril werde. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf. 

Aber das Rätsel, das ungelöst bleibt ist, wozu war es Merkel wichtig, Macht zu bekommen? Ein eher zurückhaltender Mensch, der zumindest damals auch Wert auf ein Privatleben legte, schließt sich einer Partei an, um einen Machtehrgeiz auszuleben, der in keine besondere Richtung zielt. Sie verkauft uns, es ginge ihr darum, den Bürgern Problemlösungen als Dienst zu erweisen. Wer soll das glauben?

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