Dienstag, 1. November 2011

Durchsetzung der Lizenzüberwachung an Schulen und Kindergärten



Vor einem Jahr hatte ich darüber berichtet, dass die GEMA von Kindergärten Lizenzgebühren eintreibt, wenn diese an St. Martin Lieder singen. Auf Twitter brachte jemand das Thema wieder auf und berichtete, dass die GEMA in der Vergangenheit vor Ort Kindergärten besucht und abkassiert habe.

Ich konnte das nicht glauben, und fragte bei der GEMA auf Twitter (@GEMAdialog) nach, wie hoch die Lizenzgebühr sei, wenn 50 Kinder ihren Eltern "Sonne, Mond und Sterne" vorsingen. Hier ist die Antwort:

Nur die Kinder, die vom Blatt singen, müssen GEMA-Gebühren zahlen. Irrtum und Satire ausgeschlossen, denn der @GEMAdialog wittert Umsatz und fragt sofort nach, wie viele der 50 Kinder von einer Notenblattkopie singen:



Die Devise der Kindergärtner kann also nur heißen: Auswendig lernen! Die GEMA teilt ihren Mantel nicht so gerne..

Man hat diesen Fall gerade verdaut, da flattert die nächste Meldung von Netzpolitik.org rein: Schulbuchverlage haben die Überwachung ihrer Urheberrechte an deutschen Schulen mittels Trojanern durchgesetzt. "Lizenzüberwachung" heißt das offiziell, "Schultrojaner" nennt man es im Netz. Der Trojaner soll Server an Schulen auf Plagiate von Schulbüchern überwachen, und bei Verstößen die verantwortlichen Lehrer "sanktionieren".

Neben all den arbeits- und beamtenrechtlichen Fragen, wirft dies auch Zweifel an der Reife der handelnden Personen auf. Man muss sich das einmal klar machen. Was früher normal war, wenn z.B. die Deutschlehrerin Kopien eines Gedichtes an die Schüler verteilte, steht demnächst unter der Überwachung einer Trojanersoftware von Schulbuchverlagen. Mal eben ein Scan aus einer Zeitung oder einem Buch, das geht künftig nicht mehr ohne vorher eine Lizenz beim Rechteverwerter einzukaufen.

Ich will nicht falsch verstanden werden. Natürlich haben auch die Autoren und Komponisten von Schulbüchern und Sanktmartinslieder Rechte an ihren Werken und natürlich müssen sie von irgendwas leben. Hier geht es aber um den Stil. Wer an Schulen und Kindergärten aufkreuzt um zu kontrollieren, ob auswendig oder vom Blatt gesungen wird, und ob Frau Lehrerin sich um die Gedichtlizenz für die Hausaufgaben gekümmert hat, handelt stilistisch völlig daneben. Er kriminalisiert seine Kundschaft so krass unangebracht, wie es zuvor die Musikindustrie gemacht hat.

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