Samstag, 25. August 2012

Lehrreiches Interview

Einer großen Kontroverse geht meist eine Informationsphase voraus. Wir erfahren zuerst beiläufig, dann immer häufiger Neuigkeiten über ein wachsendes Problem. Dann kommen die ersten Politikermeinungen über die Relevanz der Problemsymptome. Und dann setzt die Diskussion ein. Weil wir uns dank Internet gut informiert fühlen, beteiligen wir uns an der Diskussion. Zu diesem Zeitpunkt sind wir aber (durch Filterung und Wiederholung) bereits gelenkt worden ohne dass wir es bemerkt haben. "Abweichende" Meinungen erscheinen uns dann meist völlig abseitig, unüberlegt oder schlicht als Zeichen von Inkompetenz.

So ist das auch in der Finanzkrise und der Frage, ob Deutschland weitere Rettungsgelder bereitstellen soll.

Mir schien das Problem der Griechen z.B. völlig hausgemacht. Mit frisierten Zahlen haben sie sich in die EU gestohlen. Die Oberschicht hinterzieht -wie überall in der Welt- Steuern und die normalen Griechen beziehen Renten für Tote. Die Konsequenz konnte nur lauten: Kommt mal runter, spart und treibt Eure Steuern ein.

Das Argument von Sigmar Gabriel, wir sollten weiter retten, weil wir damit unsere Exporte und Arbeitsplätze stützen schien mir eine typische Milchmädchenrechnung der Sozen. Rechte Tasche linke Tasche, das ist kein nachhaltiges Wirtschaften.

Wie sollen wir diese Sicht eigentlich bewerten, wenn wir doch über die wahren Gründe, Kalküle und Ziele deutscher Europapolitik nie etwas erfahren haben? Schon immer hörten wir, unser Anliegen sei "der Frieden in Europa". Klar. Das gilt ja auch für den nahen Osten und den arabischen Frühling, nicht wahr? Und das galt auch beim Zerfall Jugoslawiens, nicht wahr?

Falsch. Fischer waren die Muslime in Bosnien egal, Westerwelle die Bürger auf den Marktplätzen des Maghreb und Schröder und Kohl wussten, wie wir unseren Nachbarn den EURO als Zugeständnis verkaufen, aber in Wahrheit profitieren werden. Wobei das zweierlei "wir" sind.

Das große "wir" war das in den Zeitungsanzeigen, -artikeln und Wahlplakaten. Klar, ohne Währungsumtausch wird Europa ja viel einfacher. Und mit einer große Währungsunion werden wir endlich so stark wie die USA.

Über die Wahrheit wurde nie gesprochen. Wie immer, wenn es ums Geld geht. Auf Offenbarungen wie die Rede des damaligen Dresdner Bank Vorstandes Reichenbach über den Börsenboom der New Economy im Hotel Adlon stößt man immer nur zufällig.

Eine große Ausnahme ist das Interview der Süddeutschen mit einem griechischen Finanzexperten namens Panagiotou (Link). Er malt das große Bild von Deutschland in der Krise nach dem Börsencrash nach 2001. Demnach war es deutsche Politik, die EU zu erweitern um die beitretenden Länder mit billigem Geld zu versorgen so dass sie sich den Import deutscher Waren leisten können. Das hat auch Sigmar Gabriel so gesagt, aber nicht so, dass wir die Zusammehänge richtig verstanden hätten. Er war ja damals auch Teil des Kabinetts von Schröder, und auch wie er, Niedersachse.

Das billige Geld verleitete die EU Länder parallel zu wachsenden Ausgaben. Mit Anleihen, die auch deutsche Banken gerne zeichneten.

Die zweite Finanzkrise des letzten Jahrzehnts brachte das Kartenhaus zum Einsturz. Deutsche Politik war es nun, die im Feuer stehenden Anleihen in deutschen Depots zu retten. Merkel und Schäuble verhinderten konsequente Schuldenschnitte zulasten privater Gläubiger. Es folgte eine Verlagerung der Risiken der Privaten auf öffentliche Kassen. Und nun ist Deutschland so weit, Griechenland fallen zu lassen.

Es ist von vorne bis hinten eine Story, bei der Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden und die Öffentlichkeit früh genug in die falsche Richtung gelenkt wurde. D.h. eine typisch deutsche Story.

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