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Samstag, 30. Juni 2012

Ein demokratisches Trauerspiel


Die SPD hat bei ESM und Fiskalpakt mitregiert, ja. Aber auf welch niedrigem Niveau. Die zugesagten innerdeutschen "Rettungspakete" für Kommunen und Länder waren Steinmeier und den Bundesratsvertretern das Wichtigste. Was bedeutet dagegen die Aufgabe demokratischer Prinzipien im ESM? Und wehe den "Abweichlern". Was denen droht, hat Hubertus Heil gestern auf demagogische Weise im Bundestag demonstriert: Weil ihm Argumente gegen Frank Schäfflers Einwände zu mühselig waren, nannte er diesen schlicht einen "Nationalisten".

Der gestern "verabschiedete" ESM Vertrag war schon nicht mehr der Verhandlungsstand. Den wird der ESM jetzt selbst korrigieren, sobald er gegründet ist. Und zwar ohne lästige parlamentarische Mitbestimmung. Ich habe Schäubles Worte jetzt schon im Ohr, mit denen er das begründen wird.

Ein Jammerspiel auch, wie die SPD mit ihren eigenen Mitgliedern umgegangen ist. Weder in den Ortsvereinsstrukturen noch Online hielten es die Vordenker für nötig, ihrer Basis, von der sie nächstes Jahr wieder aufgestellt werden wollen, ESM und Fiskalpakt zu erklären, geschweige denn zu diskutieren. Wenn es ums Geld geht, oder wenn es wirklich wichtig wird, dann halten Steinmeier und Gabriel Mitsprache für zu gefährlich. Im Gegensatz zu Herta Däubler-Gmelin, die in einer Halbzeitpause der parallelen Brot-und-Spiele-Veranstaltung sagte, dass "Demokratie nie zu gefährlich" sei. Ich drücke ihr beide Daumen vorm Bundesverfassungsgericht..

Hier noch die Links zu den namentlichen Abstimmungslisten:

Freitag, 29. Juni 2012

Fotos von der #stopESM Demo vorm Bundestag

Wir können sagen: Wir waren gegen den #ESM.
Wir haben auch die Verfassungsbeschwerde von Herta Däubler-Gmelin unterschrieben. 
Die SPD war auch auf der Demo. 
Aber nur die AfA und die Basis.
Kurt Beck ging an uns vorbei.

Merkel hat keine 24h nach ihrer Ansage "Keine Eurobonds solange ich lebe"
Eurobonds zugestimmt. Spanien hat durchgesetzt, dass Bankenrettungsgelder nicht 
auf Staatsverschuldung angerechnet werden.
Monti (nebenbei Goldman Sachs Berater) hat durchgesetzt, dass Absichtserklärungen
als Bedingung für Rettungsgelder ausreichen.

Ergebnis - die   Aktienkurse: 
Commerzbank +6%; Banco Bilbao: +8%, Banco Santander: +6,5%, 
BNP Paribas: +9%, Societe General: +10%, Unicredit: +14%







Dienstag, 26. Juni 2012

stopESM Demo steht: 29.6., 16h vorm Reichstag

Die Aufmerksamkeitskurve von Bundestag und Hauptstadtpresse folgt auch beim Thema ESM dem typischen Muster. Seit Wochen posten und twittern die, die den ESM Vertrag und Kommentare gelesen haben, über seine einschneidenden Effekte. Es werden Links zu Quellen verteilt, man liest mit und denkt: Das kann nicht wahr sein. Der nächste Gedanke: Wo sind unsere Politiker? Wo ist die Opposition, wenn man sie braucht?

In dieser Phase ist man selbst halbwegs kundig, die, an die Handlungsmöglichkeiten delegiert sind, aber noch nicht. Wir schrieben wie unten geschildert unsere 5 MdB's an.

Wenn dann keine oder zu spärliche oder zu schablonenhafte Antworten kommen, fragt man sich, ob dahinter Absicht oder Ahnungslosigkeit steht. Es ist die Phase, in der Verschwörungstheorien es leicht haben. Den außerparlamentarischen, aber innertwitterigen Oppositionellen gibt das einen Energieschub für Protest. In dieser Stimmung haben wir gestern ein Flugblatt erstellt und online besprochen.

Heute jedoch kam der Durchbruch in mancherlei Hinsicht: @stopESM berichtete, dass Attac Demos in Berlin und Frankfurt angemeldet hat. Das machte schnell die Runde.

Aber SPD intern passierte plötzlich auch was: Einige MdB's meldeten sich. Hier muss ich Mechthild Rawert erwähnen, die uns auf weitere Infoveranstaltungen hinwies und erklärte, sie wisse noch nicht, wie sie abstimme, da die Fraktionsberatungen erst heute starten. Ähnliches erfuhr ich von Eva Hoegl. Ich will noch mal betonen: Mir geht es vorrangig um den offenen Umgang mit der Unsicherheit.

Wolfgang Thierse hat uns noch überhaupt nicht geantwortet, er schwebt vermutlich noch in den Soda-Salonsphären (Link) ;-)

Und das Büro Petra Merkel, also der ausgewiesenen Haushaltsexpertin der SPD Bundestagsfraktion, meldete sich. Gab aber nur seiner "Irritation" darüber Auskunft, dass wir so merkwürdige Kontaktwege für meine/unsere Anfragen benutzt hätten - also ihren Twitteraccount und Emailadresse. Ich habe nochmals gefragt, wie sie zur bekannten Kritik am ESM-Vertrag steht. Keine Antwort. Dann heute Abend, twittert sie doch noch etwas:


Besonders beeindruckt hat mich Genosse Peter Danckert. Er hat bereits seine Ablehnung des ESM Vertrages kund getan und Klage dagegen über Frau Däubler-Gmelin angekündigt.

Der Erfolg des heutigen Tages ist: Das Thema ESM ist jetzt "on" und erste Genossen trauen sich, Schäuble und Merkel zu widersprechen. Ich hoffe, das findet noch viele Nachahmer..

Hier noch die Demodaten:

Freitag, 29.6. um 16h vor dem Reichstag.

Weitere Infos hier: Link


Montag, 25. Juni 2012

Flugblatt für #stopESM 29.6.2012, 17h, Berlin Mitte


don‘t
beLIEve
your
gOVERnment
#stopESM

Jean-Claude Juncker: 
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt." - zitiert von Dirk Koch: Die Brüsseler Republik. Der SPIEGEL 52/1999 vom 27. Dezember 1999, S. 136. Gefunden bei: Wikiquote.org

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Bundestag verabschiedet ESM am 29.6. - Verfassungsbeschwerde folgt


Der ESM (
Europäischer Stabilitätsmechanismus, Dokument: http://www.european-council.europa.eu/media/582866/02-tesm2.de12.pdf) ist eine internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg. Sie wird eingerichtet, sobald der ESM-Vertrag von so vielen EURO-Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde, dass von diesen zusammen mindestens 90 % des anfänglich geplanten Stammkapitals von 700 Milliarden Euro gezeichnet wurde.

Ab Mitte 2012 soll diese Institution die Zahlungsfähigkeit der EURO-Staaten sichern („Rettungsschirm“). Wegen der Dynamik, die die EURO-Krise entwickelt hat, wurde das anfängliche Darlehensvolumen von 500 Mrd. EUR zwischenzeitlich auf 800 Mrd. EUR erhöht. 


Kritiker
Folgende Kritiker haben sich in Deutschland zu Wort gemeldet: Bundesbank, Bundesrechnungshof, der Sachverständigenrat, der Bund der Steuerzahler u.v.m.

Kritik
  • Der ESM-Vertrag wird völkerrechtlich bindend und unkündbar.
  • Die Mitglieder des Gouverneursrats sind Regierungsmitglieder der jeweiligen ESM-Mitglieder mit Zuständigkeit für Finanzen. Damit übertragen die Länder ihre Finanzhoheit an den ESM ab.
  • Ein Land, das ESM Hilfen beansprucht muss ein vom ESM verordnetes Anpassungsprogramm umsetzen und gibt weitere Souveränität auf.
  • Der ESM kann beschließen, sein Haftungskapital unbegrenzt zu erhöhen. Hierfür muss der Finanzminister keine Zustimmung des Bundestages einholen.
    •  


Verfassungsbeschwerde
Ich unterstütze die Verfassungsbeschwerde zum Euro-Rettungsschirm und Fiskalpakt die u.a. Frau Däubler-Gmelin direkt nach der Unterzeichnung einlegen wird.
Sie können diese mitunterzeichnen unter: http://www.verfassungsbeschwerde.eu 


Flugblatt als PDF laden: Link

Freitag, 22. Juni 2012

Vor wem muss die Verfassung geschützt werden?

Man kann über die Linkspartei sagen was man will und es stimmt ja, dass der Parteikörper und seine Führung keine gute Figur machen. Aber sie ist es, die im Bundestag die richtigen (An-) Fragen stellt und nun auch die Unterschrift des Bundespräsidenten unter das ESM Gesetz vorerst zum Stoppen gebracht hat (ausführlicher Kommentar der Linkspartei: Link). Auch hatte ihre Bundestagsfraktion als einzige angekündigt, gegen den ESM zu stimmen.

Schwarz-Gelb agiert und laviert zum wiederholten Male an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit herum. (Vorletztes Beispiel war der Stopp von Schäubles "Dunkelgremium" für die Vergabe von Rettungsgeldern für deutsche Banken.)

Da ist es doch blanke Ironie, dass die Linke vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Es ist die Regierung,  die ständig bei Verfassungswidrigkeiten aufgegriffen wird.


#stopESM 29.6.2012, Berlin Mitte

don't
beLIEve
in your
gOVERnment

#stopESM

Flugblattaktion am 29.6.2012, Berlin Mitte

Donnerstag, 21. Juni 2012

Wie die Berliner SPD MdB's mit Fragen zum #ESM umgehen

stopESM ist in aller Munde. Wer sich die nicht allzu große Mühe gemacht hat, den ESM Vertrag zu überfliegen stößt von selbst auf die kritischen Stellen (Wikipedia: Link), über die sich alle Kundigen aufregen, z.B. Bundesbank, Rechnungshof, die Sachverständigen, das ifo-Institut und einige, wenige Abgeordnete des Bundestages, z.B. Frank Schäffler, FDP.

Von den Bundestagsfraktionen hat sich nur die Linke geschlossen gegen den ESM ausgesprochen. In den übrigen gibt es vereinzelte "Abweichler". Wir wollten wissen: Wie werden unsere Berliner SPD Abgeordneten abstimmen? Der SPD Konvent (ein nicht öffentlich tagender "kleiner" Parteitag) hatte sich für den ESM ausgesprochen und sogar für die Prüfung, diesen mit einer Banklizenz auszusprechen. Der neue SPD Landesvorsitzende Stöß begrüßt den Beschluss des Konvents, bezieht sich aber nur auf Finanztransaktionssteuer und Fiskalpakt (Link).

Über Twitter konnte ich Sigmar Gabriel in eine kleine Unterhaltung verwickeln. Gabriels Statement: Wir sind für den ESM, weil die Krisenländer ihn brauchen. Er fragt uns, welche Alternativen wir denn anzubieten hätten? (Erinnert an Angela Merkels "Alternativlosigkeiten").

Von den Berlinern kam: nichts. @spdberlin verwies mich auf die Website von Petra Merkel. Sie ist immerhin Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages. Ich dachte, klar gerne, die spreche ich an. Über Twitter jedoch: Keine Antwort. Im Vergleich dazu antwortete mir Erika Steinbach (CDU) binnen 2 Minuten offen, dass sie FÜR den ESM abstimmen wird.

Unsere MdBs sind im Einzelnen (interessant: Man findet sie nicht über die Website des Landesverbandes, deshalb hier mal die Emailadressen):
Petra Merkel, petra.merkel@wk.bundestag.de,
Swen Schulz, swen.schulz@wk.bundestag.de
Wolfgang Thierse, wolfgang.thierse@wk.bundestag.de
Mechthild Rawert, mechthild.rawert@wk.bundestag.de
Eva Hoegl, eva.hoegl@wk.bundestag.de

Am 13. Juni, also vor einer Woche, schrieben wir sie gemeinsam an (also eine Email an alle Genannten).

Sehr geehrte Damen und Herren,
Genossen und Genossinnen,

Sigmar hat auf Twitter bestätigt, dass am 28. Juni 2012 im Bundestag die Abstimmung zum ESM und wahrscheinlich auch über den Fiskalpakt ist.

Ich fordere Euch daher auf, Eurer Pflicht! als gewählte Abgeordnete nachzukommen und vorher in einer öffentlichen Veranstaltung zum ESM/Fiskalpakt Euch der Berliner Bevölkerung zu stellen und Euer Abstimmungsverhalten zu begründen!! 

Wir forderten also nicht auf, GEGEN den ESM zu stimmen, sondern wollten, dass die Partei, die Abgeordneten mit uns, den einfachen Mitgliedern, diskutiert. Auf dem Bundesparteitag im Dezember gab es zum ESM keinen Beschluss und der Konvent war als Inner Circle organisiert. (Darüber sind auch andere SPD-Mitglieder verärgert, siehe die Kommentare auf SPD.de Link.)

Schon am nächsten Tag antwortete uns Eva Hoegl. Allerdings nur mit einer Begründung, warum wir mit Europa solidarisch sein sollten, einem Verweis auf die dramatische Jugendarbeitslosigkeit. Sie geht auf die SPD Bedingungen zum Fiskalpakt ein (hier sind wir auch einig), aber nicht auf den ESM.

Danach kam Mechthild Rawert. Sie verwies auf mehrere Infoveranstaltungen zum Fiskalpakt in Berlin , die sie inzwischen sogar auf ihrer Website ausführlich protokolliert hat: Link
- am 29.5.2012 in der Mitgliederversammlung SPD Friedenau
http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2012-06-01/europ_ischer_fiskalpakt_eine_zwischenbilanz
- am 11.6.2012 eine Fraktion vor Ort Veranstaltung im DGB-Haus
http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2012-06-15/sozialdemokratische_alternativen_zum_merkel_fiskalpakt
- am19.6.2012 in der Mitgliederversammlung der SPD Lichtenrade-Marienfelde
http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2012-06-20/lebhafte_diskussion_ber_den_europ_ischen_fiskalpakt_in_lichtenra


Von den anderen kam: Nichts. Besonders ärgerlich ist das beharrliche Schweigen von Petra Merkel. Sie dokumentiert auf ihrer Website zwar ihre Schlüsselrolle als Haushaltsauschussvorsitzende in der Finanzpolitik (Video Link). Aber auf Mitgliederanfragen reagiert sie nicht. Das wird spätestens ein Thema, wenn sie für die Bundestagswahl 2013 wieder kandidieren will.

Insgesamt fällt auf, dass die SPD Fragen zum ESM auf den Fiskalpakt ("Schuldenbremse") ablenkt. Sie will das wichtigste Thema der Legislaturperiode nicht diskutieren!

Eine bedenkliche Entwicklung. Vorstand und Fraktion scheinen aus den damals heftigen Reaktionen zur Hartz IV-Basta Politik nichts gelernt zu haben. Vielleicht liegt das daran, dass das Spitzenpersonal immer noch das Gleiche ist?




Donnerstag, 17. Mai 2012

Wie soll der Fiskalpakt durchgesetzt werden?

Bei Unternehmensfinanzierungen gibt es im wesentlichen zwei Varianten:

Kredite gegen Sicherheit, dafür ohne Mitspracherecht.
Beteiligung ohne Sicherheit, dafür mit Mitspracherecht.

Staaten geben keine Beteiligungen heraus, sondern nehmen Kredite auf, in dem sie Anleihen emittieren. Der Anleihezeichner hat nur Anspruch auf Zinszahlungen und Kapitalrückzahlung. Mitspracherechte hat er nicht.

Genau das ist den "Geberländern" der EU ein Dorn im Auge und begründet die Vorlage eines sog. Fiskalpaktes. Er schreibt den Mitgliedsstaaten ein Mitspracherecht ins Stammbuch, wenn diese die Schuldengrenze überschreiten. Mitspracherecht heißt derzeit aber lediglich: Pflicht zur Berichtserstattung an den Europäischen Rat und das Recht, den Staat zu verklagen.

Die Frage ist: Wer exekutiert gegebenfalls ein Urteil auf Schuldensenkung? Schickt die EU dann ihre Geheimpolizei? Und wer sagt, wie die Schulden gesenkt werden: Ausgabensenkung, Einnahmenerhöhung - oder gar: Eintreibung hinterzogener Steuern bei schweizer Banken?

Wer den Fiskalpakt vorantreibt muss also längst weitergehende Pläne haben..

Mittwoch, 14. März 2012

"Es sind nur Bürgschaften, da fließt ja kein Geld"

Quelle: verdi "Eurokrise ohne Ende", März 2012

Braucht es zum Verständnis der Ursachen unserer EURO-Krise mehr als die oben gezeigte Grafik? Die europäischen Staatsschulden lagen lange auf unterschiedlichen aber konstanten Niveaus. Dann kamen Lehman, IKB, Hyporeal, Commerzbank usw..

Vielleicht stört Sie das rote Wappen oben links in der Ecke. Gegenfrage: Wäre es vertrauenswürdiger, wenn dort das Abzeichen einer Frankfurter Großbank stünde?

Allein für die erste Runde der Bankenrettungen wurden Summen locker gemacht, die wir sonst in fünf bis sieben Jahren für Langzeitarbeitslosigkeit ausgeben (vgl. Quelle: Offener Haushalt). Erst danach kamen die Rettungspakete EFSF und ESM und vervierfachten die Bürgschaften. Schäuble jubelte sie dem Bundestag, also uns, unter mit den Worten: "Das sind ja nur Bürgschaften, da fließt kein Geld." Schäuble bestritt vor der Bundestagsabstimmung Gerüchte, die EU wolle die Summe auch noch hebeln. Nach der Zustimmung bezeichnete er genau das als geboten, stimmte zu - und versagte am Markt. Kein Investor wollte noch Anleihen zeichnen, wenn Schäuble und Co. dafür nur eine Teilsicherheit gaben. Schäuble hat sich abwechselnd gründlich verschätzt und uns hinters Licht geführt.

Inzwischen ist klar, dass Geld fließen wird. Die aktuelle Umschuldung Griechenlands kostet uns mehr als 10 Mrd, schreiben die Zeitungen. "Ja, aber immer noch billiger als die Kettenreaktion einer Staatspleite", sagen Merkel und Schäuble. Und schwingen die Kriegsangstkeule.

Über die Verhältnisse gelebt, lautet der Vorwurf in Richtung Griechenland. Die Manipulation dieser Aussage liegt darin, alle Bürger eines Staates über einen Kamm zu scheren. Nicht "die" sondern die oberen -in Griechenland sind es wirklich maximal- zehntausend haben über ihre, also unsere, Verhältnisse gelebt.

Bankenrettung plus Steuerhinterziehungen in Staatsschuldenhöhe. Da kann man nicht von "Staatschuldenkrise" reden. Es sind die Steuerhinterzieher der Oberschicht, die dem Staat etwas schulden, aber nicht einlösen.

Geht man zurück an den Anfang der Geschichte, war es vielleicht aber doch so (ich wollte das lange nicht akzeptieren): Clinton befahl, jeder, auch Kredit"unwürdige", soll sich sein Häuschen bauen können. Gut, dachten die Hypothekenbanken, dann müssen wir eben. Aber die Risiken wollen wir nicht auf uns sitzen lassen. Und so lange das Schneeballsystem steigender Immobilienpreise läuft, geht's ja.

Sie reichten die faulen Kredite verbrieft an Investmentbanken weiter, die die Risiken neu mischten. Dann verkauften die Versicherungen noch passende Ausfallversicherungen dazu. Fertig.

Ich glaube, so war es. Mit gutem Willen kann man fragen: Wieso sollten die Banken die politisch gewollten Risiken auf sich sitzen lassen? Am Anfang steht doch ein Politikversagen. Und es ist vielleicht -wenn es das gibt- das schlechte Gewissen der Politik, das sie die Banken retten lässt.

Aber wie schlimm ist die Krise wirklich? Wolf Lotter weist in der neuen brand eins zurecht darauf hin, dass die Krise "bei den Leuten nicht ankommt". Weil wir mal eben auch einen Rekordexport in Billionenhöhe hatten. Er nennt ein Beispiel aus den Siebzigern, als Helmut Schmdt die Ölkrise ausrief. Doch einen Engpass hat es nie gegeben. In dem Jahr der autofreien Sonntage verbrauchte die alte BRD mehr Öl als in den Jahren direkt davor und danach. Die Ölkrise war im Nachhinein Vorwand für andere Maßnahmen.

Wir sind nicht aufgeklärter als damals. Das glauben wir nur, wegen des Internets. Aber Google und Co. lenken uns inzwischen mehr als wir ahnen. Wir bekommen immer mehr vom Gleichen, von dem, was wir schon gelesen haben und zu diesem in Kongruenz steht. Haben wir eine Krise? Oder wer hat die Krise?

Hundertprozent Verschuldungsgrad bezogen auf einen Jahreshaushalt, das ist doch ein Niveau, das man als Privatmann stemmen kann. Die Finanzierung einer Immobilie beträgt meist mehrere Nettojahresgehälter. Ok, die fließt in einen Wert, nicht in den Konsum. Aber die Summe, die man abtragen muss, ist in einer überschaubaren Zeit zu leisten, wenn man alle anderen Posten extrem runterfährt.

Und das verlangen Schäuble und Merkel von "den" Griechen und Spaniern: Die Schließung von Universitäten und Schulen, Rentenkürzungen und mal eben die Kompletterneuerung der griechischen Wirtschaft. Schnöselige Jungliberale, die nichts vom Leben wissen, fordern die mit Existenzangst ringende Bevölkerung zu mehr Kreativität und Produktivität auf.


Mit der Frage ob bald Hyperinflation droht, haben sich unsere Volkswirte offenbar immer noch nicht beschäftigt. Zwar ist Weimar hier unser Trauma, aber bis heute haben sie nicht geklärt, was der wahre Auslöser der Hyperinflation war und was Folge. Populär ist: Die Notenpresse löste sie aus. Weniger verbreitet: Es war der Warenmangel, der die Preise für Butter und Brot hochtrieb.

An Mangel leiden wir ja nicht. Das ist eine unserer ganz festen Annahmen: Die Kunst ist nicht mehr, genügend zu produzieren, sondern sich im überfüllten Anbietermarkt vertrieblich durchzusetzen. Nur bei einigen Waren, wie z.B. wieder dem Öl, lernen wir inzwischen, dass es weniger gibt, als gebraucht wird. Lesen wir jedenfalls.

Samstag, 25. Februar 2012

Griechenland: Erst Steuern eintreiben, dann Rettungspaket beschließen

Der Bundestag wird am Montag über weitere Griechenlanddarlehen beschließen:

- 24 Mrd EUR, die vom ersten Paket noch nicht abgerufen wurden.
- 130 Mrd EUR zusätzliches Darlehen.

Die Abstimmung erfolgt namentlich. Ich habe Thomas Oppermann über Twitter gefragt, warum man auf den SPD Webseiten noch gar nichts darüber findet, wie die SPD abstimmen will. Immerhin haben selbst einige Unionsabgeordnete ihre Ablehnung angekündigt. Er hat mir schnell geantwortet, dass die SPD BT Fraktion erst am Montag darüber abstimmt.

Man muss die o.g. Beträge in Relation zu einer anderen Zahl stellen: Knapp 60 Mrd EUR Forderungen könnten die griechischen Finanzämter bei ihren Steuerhinterziehern eintreiben. Ich bin der Meinung, eine so hohe Summe, knapp 1/3 unseres anstehenden neuen Darlehens, sollte erstmal eingetrieben werden. Und zwar mit Prio1, noch vor den sogenannten "Reformen", die die Banken und Neoliberalen fordern.

Sonntag, 22. Januar 2012

Blessings Bluffs

Inflation ist doch komplizierter, als ich als Nichtökonom bis vor kurzem dachte. Die enormen Summen, die die Zentralbanken immer wieder bereitstellen, fließen nicht direkt in den Geldkreislauf, in dem wir unsere Gehälter bekommen und für Konsum ausgeben. Unser Geldsystem basiert auf Geldkreisläufen ähnlich wie die getrennten Kühlwasserkreisläufe in einem Atomkraftwerk, in dem kontaminierter und nicht-kontaminierter Wasserkreislauf auseinander gehalten werden. Es gibt den primären Kreislauf in dem Geld zwischen Zentralbanken und den Geschäftsbanken zirkuliert. Hier dient Geld vor allem als Sicherheit und kurzfristige Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Die Zentralbanken speisen hier dauernd ein und ziehen aber auch wieder raus. Hier kann es Inflation geben. Meist kurzfristig. Aber Inflationen außerhalb des Konsumsektors sind wir ja schon lange gewöhnt. Z.B. bei Anlagen, z.B. Aktien oder Immobilien. Diese Blasen könnte man ja auch als Inflation bezeichnen. Eine Inflation, die nicht unser heutiges Leben verteuert, sondern unser zukünftiges. Wenn wir unsere Lebensversicherungen oder Fonds kündigen um unsere Renten aufzubessern.

Die letzte Fuhre, die 500 Mrd Ende Dezember 2011, kompensierten nach meinem Verständnis das Misstrauen der Banken untereinander und die deshalb unterbrochenen Kredite zwischen den Banken. Es war aber eigentlich dazu gedacht, den Geschäftsbanken wieder die Sicherheit zu geben, die sie brauchen, um die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen (Realwirtschaft). (Und es sollte Lücken in den Refinanzierungen der Banken selbst überbrücken.)

Dieses Geld ist in der Realwirtschaft bis heute nicht angekommen. Denn die Banken legen es direkt wieder bei der EZB an und fahren so kleine Zinsgewinne ein. Und jetzt kommt's: Dieses nicht beabsichtigte Verhalten der Geschäftsbanken nutzt unsere Regierung als Argument für eine Entwarnung vor Inflation.

Was aber würde passieren, wenn die 500 Mrd dort zirkulierten, wo sie eigentlich sollen - in der Wirtschaft?

Die positiven Nachrichten der vergangenen Woche lauten:
- Die 500 Mrd der EZB haben die europäischen Geschäftsbanken vor Austrocknung bewahrt.
- Italien und Spanien konnten ablaufende Staatsanleihen durch neue ersetzen.

Heißt: Sowohl zwei Krisenstaaten als auch die sie finanzierenden Banken haben eine Hürde genommen. Immerhin. Aber mehr nicht.

In der kommenden Woche wird sich Europa wieder um Griechenland drehen. Der Poker zwischen dem Finanzminister und seinen Gläubigern um einen freiwilligen Forderungsverzicht dreht hoch. Hierzu sagte ein Insolvenzexperte im DRadio Interview, Griechenland könne einen "Haircut" nicht einseitig beschließen, sondern brauche die Zustimmung der Gläubiger. Das sei der Grund, warum Griechenland diesen nicht längst einseitig beschlossen habe.

Daraus folgt: Kreditausfallversicherungen für griechische (bzw. alle europäischen?) Anleihen machen keinen Sinn. Sie kosten, aber sie greifen nie.

Diese Versicherungen waren aber das wichtigste (Schein-)Argument der Banken, insbesondere des Commerzbankvorstandes Blessing, gegen einen freiwilligen Forderungsverzicht. Er sagte: Der freiwillige Verzicht sei der einzige von drei Wegen, bei dem die Banken leer ausgingen. Er bezeichnete diesen als "Sonderweg, den sich die Regierungen ausgedacht haben". Das ist gleich eine doppelte Irreführung: Denn erstens kann eine Forderung immer ausfallen oder ein Teilverzicht darauf Teil eines Insolvenzverfahrens werden. Dafür gibt es die Zinsen und auch die Ausfallversicherungen. Zweitens hat Blessing selbst einen Fehler begangen, wenn er eine Versicherung gegen einen Schaden gekauft hat, der nie eintreten kann.

Dieser Herr Blessing hat diese Woche noch ein Ding gedreht. Er hat im ausländischen Kreditgeschäft Kunden die Möglichkeit gegeben, Kredite zu kündigen, "um von dem attraktiven Zinsniveau an den Weltmärkten partizipieren zu können". Ein Win-Win: Langlaufende Kreditverträge auf niedrigere Zinsen umschulden, das ist attraktiv, das würden wir in Deutschland auch gerne nutzen. Dieses Privileg enthält Blessing seinen hiesigen Kunden, die zugleich als Steuerzahler seinen Hintern mehr als einmal gerettet haben, aber vor. Uns bleibt die Rolle, die durch Missmanagement leck geschlagene Commerzbank, weiterhin über die Klippen zu tragen. Warum macht Blessing das überhaupt? - Weil er so seine Forderungen reduziert, somit seinen Bedarf an Eigenkapital und somit die Hürde fürs Bestehen des Stresstestes niedriger legt.

Er hatte außerdem angekündigt, Kredite an den deutschen Mittelstand verbriefen zu und verkaufen zu wollen, um die Einnahmen dem Eigentkapital zuzufügen. Merkel und Schäuble lassen ihm das offenbar durchgehen.

Montag, 19. Dezember 2011

MIr kann keener: Selbstversorgung ist im Anmarsch

Sollten IWF und EZB mit ihren düsteren Prognosen recht behalten, steht uns schon wieder eine Rezession bevor. Die Frage ist natürlich, was sind Prognosen über die Realwirtschaft aus dem Munde von zu Bankern mutierten Politikern wert?

Weil wir viel zu sehr auf Exporte getrimmt sind, sind in unserem Land paradoxe Szenarien denkbar: Es kann passieren, dass unsere Bevölkerung nach wie vor kontinuierlichen Bedarf an Wohnungen, Lebensmitteln, Energie hat, also eine starke Nachfrage bildet, dies aber nicht reicht, um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Eigentlich müsste es so gehen: Von Sättigung der Märkte sprechen wir erst dann, wenn wir alle wirklich gesättigt sind. Und zwar so, dass wir auch ein paar Quartale ohne Job über die Runden kommen. Wir müssen uns wieder mehr an dem orientieren, was wir selbst erleben und brauchen. Selbstversorgung, Vorräte, Haushaltsausstattung. Werkzeuge, Lebensmittel, Boden, Brennstoff.

In dem Maße, wie wir mit allem ausgestattet sind, müssten auch unsere Ausgaben sinken können und damit unsere Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt. Dazu würde gehören, dass wir ordentlich Raum und Technik zum Anbau und für Lagerung haben. Nicht bloß einen kleinen Kühlschrank und kleinen Keller, den wir mit Müll vollstellen.

Solange wir das nicht haben, ist es unzulässig, von hohem Wohlstandsniveau zu sprechen. Vielleicht ist es sogar real gesunken, weil wir an Fähigkeiten und Maßstäben verloren haben.

Wer weiß schon noch, dass ein ausgewachsener Apfelbaum mehr trägt, als ein zweiköpfiger Haushalt in einem Jahr verbrauchen kann? Wie weit kommt man mit dem Fleisch eines Vieh? Wie viel Fläche braucht man für den persönlichen Bedarf an Kartoffeln? Wie viel Holz oder Pellets braucht man, um den Winter über heizen zu können? Wie viel Rotor- oder Modulfläche, um uns selbst mit Strom zu versorgen?

Wenn wir das alles haben, dann sind wir gesättigt und ziehen uns von den Märkten zurück. Es war lange üblich von guten Zeiten zu sprechen, wenn wir haben was wir brauchen. Heute nenne wir die Zeiten so, wenn andere nachfragen, was wir können. Aber wir müssen nur können, wenn wir nicht haben, was wir brauchen. In einem gesunden Konjunkturzyklus sind unsere Vorräte voll, wenn es mit der Konjunktur abwärts geht. Die Preise sinken, und wer gut getimt hatte, kauft dann billig.
Abschwungzeiten sind nur für die Anbieter schlecht, für Käufer sind sie gut. Und umgekehrt: Wenn sich die Vorräte leeren, dann springt die Nachfrage automatisch an. Nur in einer auf Export getrimmten Volkswirtschaft geht der Überblick komplett verloren.

Ich kenne keine Statistik darüber, ob wir haben, was wir brauchen. (Wahrscheinlich erinnert das jetzt manchen an die DDR Planwirtschaft, aber ich meine, die Perspektive des Verbrauchers ist die einzig wichtige für uns.)

Erst wenn wir das wieder wissen, sind wir Ökonomen und Wirte. Aber nicht, wenn wir uns an der Börse auskennen.

Komme mir jetzt keiner, ich wolle das Rad der Globalisierung zurückdrehen. Ich will noch aus einem anderen Grund wieder mehr Richtung Selbstversorgung: Wegen der Qualität. Als ich in diesem Sommer seit langem wieder selbst gepflanzte Erdbeeren gegessen habe, bin ich vor Geschmack fast umgefallen. Das gleiche im Frankreichurlaub: Solche Qualität kennen wir kaum noch. Sie hat ihren Preis, aber davon braucht man auch weniger, um den Bedarf zu stillen.

Dazu kommen die therapeutischen Wirkungen auf die in entfremdender Arbeitsteilung strapazierten Seelen. In einem Dorf, einem Bezirk, einer Stadt, in dem man mit Selbstproduziertem Handel treibt, blühen Wertschätzung und Selbstbestätigung. Burnout kennt man da nicht.

Der revolutionäre Schritt könnte darin bestehen, dass man einfach anfängt, es zu tun. Eine Schattenwirtschaft aufzubauen. Wieder DM zu akzeptieren. Und zwar da, wo Politiker es eh aufgegeben haben: In Brandenburg.

Und an der Globalisierung beteiligen wir uns als Verbraucher auch, Dank ebay. Wenn die Rohstoffpreise wieder steigen, dann kaufen wir Metallwaren eben in chinesischen Manufakturen.

Mittwoch, 30. November 2011

Ist die Demokratie für die Marktwirtschaft zu langsam?

Das Demokratische scheint Merkel lästig, wenn nicht zuwider zu sein. Über staatliche Bankenrettungen durch den SOFFIN lässt sie einen Zirkel entscheiden, der sich Rechenschaftspflicht verbittet. Mit Verweis auf "die Märkte": Welche Banken aus welchen Gründen hilfsbedürftig sind, gehe die Konkurrenz genau so wenig an, wie den Steuerzahler, der das ganze finanziert. Andere, z.B. Parlamentarierer, mitreden zu lassen geht nicht, weil das zu langsam ist.

Als der Bundestag über die Rettungspakete abstimmte, legte das Finanzministerium seine Gesetzesvorlage am Vorabend der Abstimmung auf die Tische der Abgeordneten. Über die Medien verbreitete die Regierung ihre Erwartungshaltung an die Opposition und die verbliebenen eigenen kritischen Abgeordneten angesichts des brennenden Hauses erwarte man Patriotismus, für lange Diskussionen sei keine Zeit.

Gleiche Argumentation in Europa: Als Papandreou eine Volksabstimmung ankündigte, empörten sich die Euroretter, allen voran die Deutschen, bei einer Volksbefragung laufe ihnen allen die Zeit weg.

Auch Barrack Obama verdreht mehrmals die Augen, als er lernen musste, dass Europa seine Entscheidungen nur langsam trifft, weil es halte viele Beteiligte fragen muss.

Und nun die Euroverträge. Auch die will Merkel undemokratisch ändern, indem sie das Europaparlament übergeht. Wo bleibt der Aufschrei empörter EU-Abgeordneter?

Wer die Demokratie aushebelt mit dem Verweis auf die Geschwindigkeit, die "die Märkte" von der Politik erwarten, sagt eigentlich, dass sich Demokratie und Märkte nicht vereinbaren lassen. Die Märkte agieren wie ein MLP-Berater, der einem kurz vor Jahresende noch eine Lebensversicherung andrehen will: Wer zu spät kommt, weil er Zeit zum Nachdenken braucht, den bestraft die verpasste Chance. Doch meistens hat derjenige nur Risiken und Verluste versäumt.

Merkel hat also entweder etwas zu verbergen, z.B. wessen Interessen sie eigentlich verfolgt. Oder sie hat autistische Züge in dem Sinne, etwas sofort umsetzen zu wollen, sobald sie einmal etwas verstanden hat.
Oder es entspricht ihrem Politikverständnis, einfach durchregieren zu wollen. Dann sollten wir sie stoppen und uns fragen, wer Angela Merkel eigentlich ist und wo sie hin will.

Sonntag, 6. November 2011

Seibert dementiert Gerüchte um Bundesbankgold

Gestern sorgten FAZ Online (Link) und WELT Online (Link) für einen weiteren Adrenalinschub in Deutschland. Sie meldeten einen Plan, der am Rande des G20-Treffens ausgeheckt worden sei. Auslöser war das Scheitern des EFSF beim Versuch eine 3 Mrd Anleihe für Griechenland aufzunehmen. Am Markt habe sich kein einziger Interessent dafür gefunden. Darauf hin hätten Obama, Sarkozy und Camerot vorgeschlagen, den EFSF selbst weiter auszuweiten, in dem die Zentralbanken der EURO-Länder ihre Gold- und Währungsreserven als Sicherheiten hinterlegen. Man muss kein Volkswirt sein, um bei dieser Meldung zu spüren, dass die Schraube damit ein erhebliches Stück weiter gedreht würde. Merkel habe auf dem G20 zunächst zugestimmt, dann aber heftigen Widerspruch vom Bundesbankchef bekommen. Die Bundesbank habe das alleinige Recht darüber zu entscheiden, und er sage Nein. Darauf hin habe Merkel den Vorschlag auch gegenüber Obama und Co. abgelehnt.

Gestern fragt der Regierungssprecher auf Twitter nochmal in die Runde, ob wir noch Fragen für die Kanzlerin hätten, die sie in der geplanten Videobotschaft beantworten könne. Ich stellte die Frage, ob die Meldungen über das Bubagold stimmen.

Die Antwort kam prompt von Seibert selbst: Nein. Davon sei auf dem Gipfeltreffen keine Rede gewesen...



PS: Erinnert sich jemand? Vor Jahren hatten wir mal die Diskussion, wozu wir -nach Einrichtung der EZB- die Bundesbank überhaupt noch bräuchten. Die verwalte schließlich nur unsere Goldreserven...

Donnerstag, 3. November 2011

Um die Märkte werben, von den Völkern fordern

Ranga Yogeshwar erläuterte in der letzten RBB Gesprächsrunde "Palais" ein gutes Beispiel für die Entstehung und den Verlauf von Angst: Nachdem er auf einer Bergwanderung in eine Gletscherspalte gestürzt (vgl. "Kurssturz" an der Börse) war, habe er im ersten Moment keine Angst gefühlt, sondern nur Überraschung, gepaart mit Nicht-wahr-haben-wollen. Danach erst setzte sein Verstand wieder ein und erkannte die Situation: "Aussichtslos". Und danach erst sei die Angst gekommen, hier nie wieder herauszukommen.

Nachdem seine Angst verarbeitet gewesen sei, sei sie gesunken: "Wenn klar ist, dass man nichts mehr zu verlieren hat, verfliegt die Angst. Denn Angst ist eine in die Zukunft gerichtete negative Erwartung." (Vgl. Achim Reichel, "Der Spieler"). Erst als ihm klar geworden sei, es könne nicht mehr schlimmer kommen, sondern höchstens wieder "aufwärts" gehen, habe er die Kraft und die Entscheidung gefunden, nach oben zu klettern.

Jedoch, mit jedem Schritt nach oben, habe er auch wieder Substanz aufgebaut, um die er Angst haben konnte. Und am schlimmsten sei die Angst beim letzten Schritt aus der Schlucht auf sicheren Grund gewesen. Wenn er dabei einen Fehler gemacht hätte, wäre alles umsonst gewesen.

In einer anderen Gesprächsrunde, in "ZDF heute nacht" ging es um Freiheit und Angst. Auch hier die These, "Angst hat, wer etwas zu verlieren hat." Und wenn die Deutschen besonders ängstlich seien, dann sei das ein Zeichen dafür, dass sie besonders viel zu verlieren hätten. Das entspreche ja auch der Gemengelage in der gegenwärtigen Kapitalismuskrise. Die Deutschen haben besonders viel Angst, nicht OBWOHL es ihnen gut gehe, sondern WEIL sie besonders viel zu verlieren hätten. Das mache unfrei.

Innere Unfreiheit als Merkmal der Oberschichten. Seit Beginn der Systemkrise sicher besonders ausgeprägt. Im gleichen Maße durfte dort die Begeisterung für Freiheit und wahrhaft liberale Politik gesunken sein. Vielleicht auch die Begeisterung für die Demokratie - wie sich an der Empörung von CDU und FDP über die verkündete Volksabstimmung in Griechenland zeigt.

Hier liegt der Keim für eine kommende Zerreissprobe in der FDP. Welche Freiheit will sie künftig vertreten? Die Freiheit ZUM Aufstieg, oder die Freiheit VON Regulierung, Verantwortung und Solidarität? Christian Lindner hat in dieser Woche die Freiburger Thesen seiner Partei zerrissen und sie "ein Kind ihrer Zeit" genannt. Er meinte damit, dass es gesellschaftliche Freiheit, Bildung für jedermann etc. nur auf Pump geben könne und dieses Modell sei gerade widerlegt worden. Lindner bevorzugt also eine Ausrichtung der Freiheit VON, weil er sich als Vertreter der Bürger (derjenigen, die es auf die Burg geschafft haben) sieht.

Am Unterschied zwischen Freiheit ZU und Freiheit VON erkennt man, wie die FDP ihre Wähler täuscht. Und man erkennt den Unterschied zwischen Neoliberalen und Sozialliberalen. Ein Guido Westerwelle, der auf Mallorca eine millionenschwere Villa kauft, ist nur für diejenigen eine "Freiheitsstatue dieser Republik", für die Freiheit die Abwesenheit von Regulierung ist. (Die noch interessantere Frage, womit der langjährige FDP Bundesvorsitzende, Bundestagsabgeordnete und den Freiheitsbewegungen in Nordafrika ablehnend gesinnte Außenminister eine Million EURO verdient haben könnte, bzw. wofür er sie bekommen habe, -welcher "Leistung" oder "Umstand" er also seinen Aufstieg verdankt- lassen wir hier mal außer acht.).

Die konservativ-liberale Regierung begründet ihr intransparentes Handeln in der Systemkrise und die kurze Halbwertszeit ihrer Aussagen zu Umschuldung, Transferunion etc. mit "Taktik, die sie gegenüber den Märkten fahren müsse". Wie Sigmar Gabriel richtig bemerkte, sind die Terminlagen der europäischen Gipfeltreffen auf börsen"freie" Wochenenden ein Zeichen dafür, wie die Märkte uns bereits entdemokratisiert hätten. Freie, starke demokratische Regierungen, deren Läden in Ordnung sind, müssten nicht so handeln. Die würden den Börsen ihren Rhyhtmus aufdrücken.

Uns aber wird Der Markt als eine Art moderner Olymp kommuniziert, dessen Götterzorn es abzuwenden und dessen Gunst es zu gewinnen gilt. Dabei berauschen sich die Unkundigen aber -um ein Wort von Max Frisch abzuwandeln- an ihrem eigenen Unverständnis und drohen uns mit dem Unverstandenen (so wie die kath. Kirche).

Dabei wäre ein Markt an dem alle teilnehmen, gar kein schlechter Ort für die Bewertung von Regierungshandeln. Wir waren ja mal auf dem Weg hin zu demokratisierten Börsen, dank Internet und Onlinebanking. Aber aus diesem haben sich die Telekomaktionäre und Riesterrentner wieder vertreiben lassen. Weil sie verstanden haben, dass die Kurse hier von den starken, oligarchischen "Marketmakers" gemacht werden.

Märkte (besser: Finanzmächte), deren "Vertrauen wir zurückgewinnen" müssen, zählen jetzt mehr als gemeine Wähler, deren Vertrauen schon lange verspielt ist. Schäuble und Merkel kommunizieren gegenüber der Börse stets werbend, gegenüber dem griechischen Volk jetzt aber fordernd. Wir werden mit Angst in die Defensive gezwungen wo wir doch eigentlich auf uns selbst vertrauen sollten. Das wäre Demokratie und das wäre ein robuster Markt: Wo wir die maroden Banken und Versicherungen in die Gletscherspalte fallen ließen, ihre Kunden mit, aber wo sie sich wieder nach oben arbeiten könnten.

Dienstag, 1. November 2011

#Occupy Athens

Papandreou ist seit heute der Regierungschef der am konsequentesten die Forderungen der #Occupy Bewegung umsetzt: Er fragt das Volk. Damit kehrt sozusagen die Macht von den Märkten auf die Marktplätze zurück.

Der erste, der dazu heute ziemlich lonesome eine positive Meinung veröffentlichte, war übrigens Stefan Laurin (LInk).

Und wenn die Bankaktien daraufhin (nach Papandreou, nicht Laurin) um zehn bis zwanzig Prozent abstürzten, zeigt das nur, wie viel für sie bis heute drin war. Wir müssen von vielem, was uns Merkel, Schäuble und all die anderen weismachen wollen, einfach immer nur das Gegenteil nehmen, um näher an die Wahrheit zu rücken: Die Gläubiger haben am vorigen Mittwoch nicht 50% ihrer Forderungen geopfert, sondern sind von 30 auf 50% Restwert ihrer griechischen Anleihen gestiegen.

Die kapitalistische Tour der Sozialisierung privater Verluste wird nun vom demokratischen Prinzip durchkreuzt. Frank Schirrmacher schreibt dazu:

Wer das Volk fragt, wird zur Bedrohung Europas. Das ist die Botschaft der Märkte und seit vierundzwanzig Stunden auch der Politik. Wir erleben den Kurssturz des Republikanischen.

Damit kommentiert er Witze angelsächsischer Börsenjournalisten, den EURO könne jetzt nur noch ein griechischer Militärputsch retten. Das sind gleich zwei wahre Gesichter an einem Tag: "Die" Finanzmärkte ticken antidemokratisch und Militärs sind ihnen näher als Demokraten. Raubtiere, deren Vertrauen wir uns mit Mühen erarbeiten und bewahren müssen, selbst wenn es sich dabei um Untote handelt. Weil es sich hier und jetzt abspielt, hat es etwas vom Ernst des Lebens.

Als Merkel uns den Teufel an die Wand malte und von Krieg und Frieden redete, dachte ich, sie sehe den Frieden zwischen den europäischen Völkern at risk. Nein, sie meinte den Frieden zwischen den Finanzmächten und den Völkern.

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Das Kapital vor dem Kapital-ismus retten

-Ismen bezeichnen stets den Missbrauch -die Entführung- einer Idee durch Wahnsinnige. Islamismus ist der Missbrauch von Religion durch hormonell übersteuerte, erst frustrierte dann größenwahnsinnige junge Männer. Kommunismus war der Missbrauch der Kommune (Gemeinsinn) durch ebenso größenwahnsinnige, gewaltbereite Männer mittleren Alters.

In beiden Fällen verweisen die Täter auf etwas Größeres: einen Gott, oder die Gemeinschaft. Der Liberalismus ist dem Kommunismus in einer Hinsicht artverwandt: Er preist ebenfalls die Gemeinschaft. Die hier aber nicht in einem gleichgerichteten Sinne handelt, sondern aus Individuen besteht, die sich nur zu einem Zweck trifft: Dem freien Austausch von Gütern. Sagen sie. In Wahrheit wird der Liberalismus von Privilegierten betrieben, die das Argument der Freiheit missbrauchen, um sich Regulierungen durch die Aufstiegswilligen zu entziehen. Islamisten und Kommunisten gehen mit Gewalt vor. Liberalisten psychologisch: Sie "versprechen" den anderen das Himmelreich, wenn sie sich nur genügend anstrengen. Und wenn sie es nicht schaffen, dann lag es an ihnen selbst.

Kapitalismus ist die materielle Form des Liberalismus. Kapital als Ressource für Investitionen und Fimengründungen -also Wertschöpfung- ist gut. Kapital als Spieleinsatz für Wetten auf Wertschöpfungen ist Dekadenz und Herrschaftsform. Der Kapitalist droht den Wertschöpfungswilligen mit Kapitalentzug, wenn die sein Kasino regulieren wollen. Hohe Gewinne bezeichnet er nach außen als Lohn für Risiko und Schweiß ("Leidenschaft"). Kapitalisten versprechen dem Markt Vielfalt, verfolgen aber das Gegenteil: Die Monopolbildung und Preiskontrolle. Kontrolle über die Einkaufs- und die Verkaufspreise. Als Spieler lebt er von Informationssvorsprüngen, er besticht für Wissensvorsprünge in Form von Insiderinformationen. Er will wissen, wohin die Kugel rollt bevor er setzt. Er droht Regierungen ebenfalls psychologisch - mit Vertrauensentzug. Er dominiert die Sprache, die die Medien für Deutungen des Regierungshandeln verwenden. Er weis stets, Kritik an ihm auf Unschuldige umzulenken. Er versteht es, Nutzenunterstellungen gegen sich ebenfalls auf andere umzulenken: Wer den Banker treffen will, trifft den "Mittelständler". Nicht er verdient, sondern seine Aktionäre. Usw. Er droht -zum Schein- mit Abwanderung. Er spielt Regierungen gegeneinander aus, wenn es um Steuern geht, globalisiert sich aber gleichzeitig selbst, um überall zu Hause zu sein. Der Kapitalist erhöht die Preise für Bildung, weil Bildung der anderen seine Kosten für seine Verteidigung erhöht.

Der Kapitalismus ist die Tyrannei, unter der wir leben. Die Bürger gehen auf Distanz, wie die letzten drei Umfragen auf n-tv nahelegen:

Dienstag, 25. Oktober 2011

Mal sehen, wer wieder DM akzeptiert



So, wir haben unsere Währungsreserve mal ausgegraben und werden testen, wo wir in Berlin damit bezahlen können...

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Veranschaulichung der Hebelwirkung und seines Risikos

Annahmen:
Ich habe 1 Mio EUR und will in Wertpapiere investieren.

a) Einsatz ohne Hebel:
Mein Gewinn und Verlust bewegt sich 1:1 mit dem Kursverlauf des Papieres. Das Papier muss 100% an Wert verlieren, damit ich 100% meines Einsatzes verliere.

Also: Legen meine Papiere um 10% zu, steigt mein Depot um 100.000 EUR.
Steigen die Papiere auf den doppelten Wert, tut mein Depot das gleiche.
Sinken die Papiere auf 0 (Totalverlust), ist mein Depot bei 0.

b) Einsatz mit einem Hebel
Ich nehme auf meine 1 Mio EUR weitere 3 Mio bei der Bank auf und kaufe für 4 Mio EUR Papiere. (Das ist Schäubles Idee: Das Kapital des ESFS soll nicht direkt eingesetzt werden, sondern demjenigen als Haftungssumme geliehen werden, der den eigentlichen Kredit gibt.)
Steigen die Papiere auf den doppelten Wert, steigt mein Depot auf 8 Mio EUR. Ich zahle der Bank ihre 3 Mio zurück und behalte 5 Mio, mein eigener Einsatz hat sich verfünffacht (gehebelt).

Jetzt der Nachteil der Hebelung:
Meine eigene Mio EUR ist bereits verbraucht, wenn die Papiere um 25% sinken. Denn dann ist mein Depot von 4 auf 3 Mio EUR gesunken. Die Banken werden dann ihren Einsatz zurückfordern oder von mir verlangen, dass ich "nachschieße". Wenn die Verluste weitergehen, muss ich Schulden aufnehmen, um die Bank auszuzahlen.

Schäuble muss dann entweder die sofortige Abstoßung der Staatsanleihen seines Schuldners verlangen, oder dass dieser Kapitel nachschießt - wenn er den Haftungsfall bzw. "Versicherungsfall" vermeiden will.

D.h. wenn Schäuble sagt, die Hebelung "steigere die Effizienz" des Rettungsfonds, hat er nicht verstanden, dass sich das Risiko des Haftungsfalles vervielfacht hat, weil dessen Wahrscheinlichkeit gestiegen ist. Was hat er damit gewonnen, er verschiebt das eigentliche Problem nur und sorgt für weitere Unsicherheit.

Seine Mentalität entspricht damit genau der, die wir bis jetzt immer kritisiert haben: Der Hütchenspieler.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Langsam, aber unfehlbar: Herr Schäuble

Wolfgang Schäuble und sein Inner Circle gelten unter Berliner Regierungsberatern und Finanzlobbyisten als etwas lernschwach. Personen, die von einem Finanzkrisentermin mit ihm oder seinen Leuten kommen, machen sich gerne erst einmal Luft. Z.B. am Handy im ICE.

Warum, können wir auch jetzt beobachten: Was der Minister noch nicht verstanden hat, das verbietet er. Und wer darüber spricht, dem verbietet er den Mund und dem spricht er die Kompetenz ab. Z.B. Philip Rösler, der vor kurzer Zeit einen Schuldenschnitt für Griechenland ins Spiel brachte. Mag sein, zu der Zeit war Schäuble noch von dem Vernebelungsargument der Banken gefesselt, eine solche Maßnahme habe "unabsehbare" Folgen. Jedenfalls gab Schäuble Ende September noch hochtrabende Interviews zum Thema Griechenlandpleite (Link) und nannte im Bundestag die Schuldnerländer als das eigentliche Problem (Link), ohne zu erwähnen, dass der größte Schuldenanstieg der EURO-Länder der Bankenrettung vor zwei Jahren geschuldet ist.

Schäuble und Merkel kommunizieren und gebärden sich wie der Papst. Sie allein haben das Unaussprechliche geschaut, können es aber nicht in Worte fassen. Deshalb verdonnern sie alle anderen zum Schweigen und zur Demut gegenüber den Unfehlbaren. Sie sind im Besitz der alternativlosen Wahrheit (wobei die deutsche Sprache hier offen lässt, wer hier wen besitzt..)

Was die alternative Wahrheit ist, kann sich binnen Tagen ändern. Z.B. wenn die Fürsten ihre Kritik übertreiben, so wie am Sonntag Josef Ackermann und Bankenpräsident Schmitz.

In diesem Sinne ist die CDU doch noch christlich. Nicht im Sinne von Werten, aber im Sinne des Herrschaftsprinzips der kath. Kirche. Mit ihnen dürfen sich nicht einmal die Fürsten anlegen.