Sonntag, 12. September 2010

New York entdeckt das Havelland ;-)

Das Peter-Prinzip

Es gibt auch Fallen, unter denen der Fallensteller leidet. Ein freundlicher Ex-Kollege hatte mich vor zehn Jahren mal auf das Peter-Prinzip aufmerksam gemacht Inzwischen habe ich es dutzendfach bestätigt gefunden.

Es geht so:

Samstag, 11. September 2010

Yoko Ono's Ausstellung DAS GIFT

Beuys sagte: Jeder ist ein Künstler. Phil McKinney sagt: Creativity is a skill, not a talent. Yoko Ono bindet ihre Besucher in ihre Konzeptkunst ein, die Handlung des Besuchers vervollständigt das Werk. Am Vorabend des 11. September eröffnete sie in Berlin ihre Ausstellung DAS GIFT. Und Yoko hat die Dosis genau bemessen, wie wir gestern selbst festgestellt haben..


Die Galerie Haunch of Vension liegt in der Heidestr. 46, nördlich des Berliner Hauptbahnhofs. Die Ausstellung ist absolut sehenswert.


Durchschüsse durch eine Glasscheibe. Ein eindrucksvolles Bild für Gewalt. Und Yoko Onos eigene Gewalterfahrung. Schüsse, die sie verfehlten. Ihre Handlungsanweisung: "Gehe auf die andere Seite und schau durch das Loch." Mit anderen Worten: Nimm die Rolle Deines Opfers ein und schau in Deinen eigenen Schuss.


In der ersten Etage befindet sich der Container für Erinnerungen an Gewalt (MEMORY OF VIOLENCE). Hier hängen Berlinkarten aus verschiedenen Epochen. Besucher können Zeugnisse von Gewalterfahrungen an die Karten pinnen. Unser Beitrag: "He said: Take it as a chance".


Im Keller der Tausendfüßler: HEAL. Stopfe die Wunden der zerfetzten Wand.


Sag, wo die Soldaten sind...

Donnerstag, 9. September 2010

Die Servolenkung



Der Krieg ist der Vater vieler Erfindungen. Das gilt auch für die Servolenkung.

Der VW Käfer brauchte keine. Die ersten Porsches auch nicht. Denn die hatten Motor und Getriebe im Heck verbaut. Da lag nur wenig Last auf der Vorderachse. Erst als Motoren auch vorne eingebaut wurden, stieg der Kraftbedarf zum Lenken spürbar an. Das war damals sicher ein wichtiges Kaufkriterium: Die Komfortfrage Lenkaufwand. Zumindest für Frauen. Irgendwann wollte man den Radius des Lenkrads nicht mehr vergrößern und man griff auf die Servolenkung zurück. In der Einführungsphase erkannte man die Modelle mit Servolenkung am kleineren Lenkrad.

Erfunden aber hatte die Servolenkung der amerikanischer Ingenieur Davis für die Fahrzeuge, die ihren Motor schon immer vorne hatten: LKWs. Durchgesetzt hat sie sich erst, als die Massenproduktion für besonders schwere Fahrzeuge begann: In der Mobilisierung für den zweiten Weltkrieg. Für schwere und gepanzerte Transporter.

Die Kunst bei der Konstruktion der Servolenkung ist es, ihren Energieverbrauch möglichst niedrig zu halten, wenn sie nicht gebraucht wird. Und das ist die meiste Zeit der Fall. Deshalb geht man heute von der hydraulischen zur elektrischen Servolenkung über. Der Elektromotor für die Lenkkraft verbraucht bei der Geradeausfahrt nichts, während der Hydraulikreislauf auch einen Ruhedurchfluss braucht.

Chrysler setzte nach Kriegsende Davis' Servolenkung als erster in PKWs ein. Da war sein Patent (Link) aber schon abgelaufen. Seine ersten beiden Arbeitgeber hatten nicht an die Servolenkung geglaubt, bzw. hielten sie für zu teuer. Sie ließen ihn aber dennoch forschen und entwickeln und patentieren. Chrysler griff auf diese Patentschriften zurück, ohne einen Cent Lizenzgebühr zahlen zu müssen. Die 20 Jahre Patentlaufzeit sind manchmal zu schnell rum. Bzw. wehe dem, der seiner Zeit zu weit voraus ist.

Breitreifen und SUVs hätten sich ohne Servolenkung nie durchsetzen können.

Die Servolenkung



Der Krieg ist der Vater vieler Erfindungen. Manchmal ist er ihr Mentor. Das gilt für die Servolenkung.

Der VW Käfer brauchte keine. Die ersten Porsches auch nicht. Denn die hatten Motor und Getriebe im Heck verbaut. Da lag nur wenig Last auf der Vorderachse. Erst als Motoren auch vorne eingebaut wurden, stieg der Kraftbedarf zum Lenken spürbar an. Das war damals sicher ein wichtiges Kaufkriterium: Die Komfortfrage Lenkaufwand. Zumindest für Frauen. Irgendwann wollte man den Radius des Lenkrads nicht mehr vergrößern und man griff auf die Servolenkung zurück. In der Einführungsphase erkannte man die Modelle mit Servolenkung am kleineren Lenkrad.

Erfunden aber hatte die Servolenkung der amerikanischer Ingenieur Davis für die Fahrzeuge, die ihren Motor schon immer vorne hatten: LKWs. Durchgesetzt hat sie sich erst, als die Massenproduktion für besonders schwere Fahrzeuge begann: In der Mobilisierung für den zweiten Weltkrieg. Für schwere und gepanzerte Transporter.

Die Kunst bei der Konstruktion der Servolenkung ist es, ihren Energieverbrauch möglichst niedrig zu halten, wenn sie nicht gebraucht wird. Und das ist die meiste Zeit der Fall. Deshalb geht man heute von der hydraulischen zur elektrischen Servolenkung über. Der Elektromotor für die Lenkkraft verbraucht bei der Geradeausfahrt nichts, während der Hydraulikreislauf auch einen Ruhedurchfluss braucht.

Chrysler setzte nach Kriegsende Davis' Servolenkung als erster in PKWs ein. Da war sein Patent (Link) aber schon abgelaufen. Seine ersten beiden Arbeitgeber hatten nicht an die Servolenkung geglaubt, bzw. hielten sie für zu teuer. Sie ließen ihn aber dennoch forschen und entwickeln und patentieren. Chrysler griff auf diese Patentschriften zurück, ohne einen Cent Lizenzgebühr zahlen zu müssen. Die 20 Jahre Patentlaufzeit sind manchmal schnell rum.

Breitreifen und SUVs hätten sich ohne Servolenkung sicher nicht durchsetzen können.

Montag, 6. September 2010

Porsche 924 überraschend Dritter beim Wertanstieg


Foto: Porsche Kundenzeitung Christopherus

Gute Nachricht für alle 924-Fahrer, letzter Aufruf für alle, die liebäugeln: die Preise für die Frontmotoren beginnen zu steigen. Der VDA berichtet (Link), dass die Oldtimerpreise in der Krise im Durchschnitt nur leicht zurückgegangen sind. Einige Modelle sind sogar gestiegen. Den größten Preisanstieg gibt es bei der "Ente", Citroen 2CV. Und für alle überraschend hat der Porsche 924 den drittgrößten Preisanstieg erlebt.

Preisspannen für gute Gebrauchte (Zustand 2) kann man direkt beim Oldtimerindex abfragen. Auch hier gilt: Je älter, desto teurer. Hier die aktuellen Werte für 924 Modelle:

924 (bis 1979): 9.600 - 11.200 EUR
924 Turbo (bis 1982): 8.600 - 10.100 EUR
924 (bis 1986): 5.500 - 6.400 EUR
924S (bis 1988): 5.900 - 6.900 EUR

944 und 968 werden hier noch nicht erfasst, weil sie noch zu jung sind :-)

The Beat of New York

THE BEAT OF NEW YORK from tim hahne on Vimeo.

Quelle: Mymodernmet.com

Sonntag, 5. September 2010

New Yorker

In New York freedom looks like too many choices
In New York I found a friend to drown out the other voices
Voices on the cell phone
Voices from home
Voices of the hard sell
Voices down the stairwell
In New York, just got a place in New York
U2, "New York"





Samstag, 4. September 2010

"Miss Earring Lyrics" - Falsch verstandene Songs

Waas? Nein, richtig!! Hier gehts natürlich um; Missheraring Lyrics, haha.

Von manchen Songs aus der Radioweckerzeit Anfang der 80er kriege ich erst heute ihre Titel raus. Dank an die Radiosender, die auf ihren Webseiten ihre Playlists ("Stückliste" wäre wieder missverständlich..) veröffentlichen.

So habe ich erfahren, dass Earth, Wind and Fire nie einen Song namens "I got the Fever" veröffentlicht haben. Der heißt nämlich "Ai No Corrida" und ist von Quincy Jones. Manche Suche hat mich wirklich gequält, weil sich immer wiederkehrende Stücke aus dem WDR 2 Morgenmagazin von 1979 bis 1983 in mein Ohr gebrannt hatten, ich aber nie Titel oder Interpret herausbekam.

Mir ging es wie der WDR Hörerin, die in einer Doku übers Radiohören erzählte, sie habe sich ihren ersten echten Lieblingssong damals nicht kaufen können, weil es "Pony Express" von dieser Rockerin nirgendwo gab.
Erst als ihr jemand zum Geburtstag mal eine Platte von Suzie Quattro schenkte, erfuhr sie, dass der Song "48 Crash" hieß..

Hier meine Liste (ich habe sie auch als iMix bei iTunes eingereicht, aber irgendwas klappt da nicht..)

Titel, Dauer, Interpret
Buona Domenica 6:52, Antonello Venditti
Bomba O Non Bomba 6:26, Antonello Venditti
Ai No Corrida 4:22 Quincy Jones
Drop the Pilot 3:40, Joan Armatrading
Wade In the Water 3:49, The Ramsey Lewis Trio
L.A. Goodbye 3:19, Secret Service
It's All Over Now Baby Blue 3:50, Them

Wird fortgesetzt... ;-)

Freitag, 3. September 2010

Patent erteilt? Dann muss es ins Produkt...

Hat ein angestellter Erfinder, seine gemeldete und vom Arbeitgeber in Anspruch genommene Erfindung patentiert, versucht er alles, diese ins Produkt zu bekommen. Es winken Erfindervergütungen - und zwar für jedes Jahr, in dem das patentierte Produkt Einnahmen erzielt. Die Erfinder wollen und müssen die Produktmanager von den Vorteilen ihrer Erfindung überzeugen. Ein gesunder Wettbewerbsprozess, der erste Botschaften fürs spätere Marketing generiert.

Erfindungsmeldungen sind für Ingenieure und Informatiker eine relativ einfache Möglichkeit, sich als Unternehmer im Unternehmen auszuprobieren.

Mittwoch, 1. September 2010

Starts spreading the news..


Foto: Gary Gelb, Greenwich Village, Manhattan, Oktober 2000

Am Dienstag, den 11. September 2001, nahm ich an einem Wochenseminar der IBM in Stuttgart teil. Meine Frau und ich hatten bereits bei British Airways Tickets nach New York gekauft. Wir wollten Anfang Oktober fliegen. Gegen 15h verließ ich den Seminarraum für eine kurze Pause. Ich hörte meine Handymailbox ab. Oh, unsere Freundin aus Essen fragte ziemlich aufgeregt, ob wir noch in Deutschland seien oder schon "drüben". Wenn ich das höre, solle ich bitte schnell zurückrufen. Danach meine Frau, im Hintergrund aufgeregte Stimmen. Ich rief sie zurück und sie schilderte mir, was passiert war. Sie sagte, man verdächtige bin Laden als Drahtzieher. Ich stellte ihn mir als den Teufel persönlich vor.

Mit diesem Wissen war ich zu diesem Zeitpunkt einer der wenigen im IBM Gebäude. So ging ich zurück in den Seminarraum und überlegte, ob ich die Nachricht einfach laut verkünden sollte. Sie schien mir zu groß, als dass sie Zeit bis nach dem Seminarende hätte. Andererseits war es ein interessantes Gefühl, zu wissen, dass eine Nachricht gleich den Raum verändern würde. Es lief ein Video auf dem Beamer, auf dem Lou Gerstner sagte: "There are three types of people in business: Those who watch things happen, people to whom things happen and those who let things happen." Damit traf er den Nagel auf den Kopf. Ironischer ging es gar nicht.

Dann stieg der Drang in mir, die Nachricht herauszulassen. Aber ich wusste gar nicht, was ich zuerst sagen sollte. Terror, Flugzeuge, New York.

Wir starteten ein Thinkpad und surften auf SPIEGEL Online. Wir sahen rauchende Twintowers. Im Seminar hatten wir einen Kollegen von der IBM UK. Der rief in seiner Hauptverwaltung in England an und erfuhr, dass sie den Luftraum gesperrt hätten. Er sagte nervös: "Das ist ein ganz gefährliches Zeichen. Jetzt ist es wirklich ernst."

Wir brachen das Seminar ab um auf unsere Hotelzimmer zu gehen. Wir verabredeten uns für das Abendessen. Als ich aufs Zimmer kam und n-tv einschaltete, stürzte einer der Türme ein. Ich sah den Turm, den wir ein Jahr zuvor noch betreten hatten, der auf etlichen Fotos zu sehen war, einstürzen. In dem Moment stürzte auch in mir etwas ein. Ich hatte die USA seit dem Amtsantritt Bill Clintons gemocht. War zwei mal in New York gewesen. Der Internet- und Gründerboom, die Börsenhausse. New York wie eine kalte Dusche, die einen aufweckt und nach Luft japsen lässt. Das Zentrum der Welt. Perspektiven, die nie enden. Und jetzt das: Eine Heimsuchung aus der Steinzeit.

Mir ging es wie allen, ich konnte die Augen nicht mehr vom Fernseher nehmen, und telefonierte parallel mit meiner Frau. Nach Abendessen war mir überhaupt nicht zumute, aber da war auch das Bedürfnis, mit den Kollegen zusammenzurücken. Noch einen Tag zurvor hatte ich mit meinem Chef über Rudolf Scharpings Fotos aus dem Swimmingpool gewitzelt.

Am nächsten Tag hieß es bei IBM: Flugverbot. Also Heimfahrt am Donnerstag mit dem Zug? Es ging ein paar mal hin und her. Dann durften wir doch fliegen. Es war das leerste Flugzeug, mit dem ich je geflogen bin. Höchstens 10 bis 20 Passagiere. Alle schweigsam, alle unwohl, alle ängstlich. Der Terror verlieh der Phantasie Flügel.

Später erinnerte ich mich an einen Gedanken vom Februar 2001. Wir waren gerade nach Berlin gezogen und wohnten in einem möblierten Appartement in Charlottenburg. Schwer beschäftigt mit dem Umzug und meinem Projektstart bekam ich Tagesnachrichten immer nur abends in den Tagestehemen mit. Da war eine Meldung von einem chinesischen Spionageflugzeug, dass die US Armee abgeschossen hatte. Oder es war umgekehrt. Jedenfalls wurde der frisch gebackene Präsident mit harschen Worten in Richtung China zitiert. Irgendeine Eingebung ließ mich zu meiner Frau sagen: "Den werden wir noch in olivgrüner Uniform erleben. Der ist mit nicht geheuer."

Mittwoch, 25. August 2010

Berlins Generation ICH

Ich habe eine Allergie gegen die berlintypischen Formulierungen und Verhaltensweisen selbstbezogener Leute entwickelt.

Wenn ich z.B. auf RBB Radio1, vorgeblich dem Sender "nur für Erwachsene", Telefoninterviews mit Mittdreißigerinnen höre, die wortreich nichts oder nur Belangloses zu sagen haben und dann am Ende stolz wie Heidi ihr Danke entgegen nehmen, habe ich Mühe. Wenn ich die langgezogene Interview- oder Smalltalkfloskel -meist auch von Mittdreißigerinnen- "uuuuuundja!" höre, habe ich noch mehr Mühe. Diese nervtötende Floskel wird missbraucht, wenn die Befragte weiß, dass sie gleich nichts mehr zu sagen haben wird, aber gerne noch ein Weilchen auf Sendung bleibt und deshalb nochmal eine Runde um den Platz fliegt und dafür ihr "uuuuu...." in die Länge zieht. Nur damit sie dann so abschließt, wie wir es schon 1.000 mal gehört haben, sie aber wie neu vorgibt, sie sei jetzt selbst überrascht, am Ende ihres Lateins angekommen zu sein und dann mit "....ndja!" pseudoentschlossen landet, als habe sie gerade ihr gesamtes aufregendes Leben erzählt und sich darauf einen Reim gemacht, der uns nun nichts übrig lässt, dann habe ich Mühe, an mich zu halten.

Ich finde aber auch das Gegenteil nicht gut: wenn Leute Einladungen folgen und dort dann meinen, keinen Beitrag leisten zu müssen. Sich an den Tisch setzen und schweigen (oder wie Oliver Gehrs es im Tip so schön formulierte: "Mit existentialistischem Blick ins Ungefähre schauen"). Sie konsumieren und genießen die Atmosphäre, die die anderen um sie herum produzieren. Fragen beantworten sie mit ja oder nein. Sie selbst haben keine Fragen an niemanden, weil sie sich nur für sich interessieren. Der andere ist nur und so lange von belang, wie er positiven Einfluss auf das eigene Befinden ausüben kann. Sie erkennen nicht, dass es eine Anstrengung zum Wohle aller Beteiligten ist, sich auf andere einzustellen, sie über zunächst belanglose, später vielleicht tiefere, Gespräche kennen zu lernen. Es gibt sogar Gastgeber, die sich nicht mitverantwortlich dafür fühlen, dass sich ihre Gäste kennen lernen.

Ich habe in schmerzlicher Ignoranz vor einigen Monaten den ZEIT und Tagesspiegel Kolumnisten Harald Martenstein einen Praktikanten gehalten. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich hatte ihn für Vertreter der wortreich nichtssagenden Generation Judith Hermans verwechselt. Vielleicht hatte ich auch nur eine ausnahmsweise schwache Kolumne von ihm gelesen. Nach einem halben Jahr ZEIT Lektüre weiß ich aber, er gehört zu den Stärken dieses Wochenmagazins.

Martenstein ist in dem Alter, in dem man über Leute, vor allem Jüngere als man selbst, nichts Konkretes mehr wissen muss, weil man sie alle schon im Groben kennt und einem das genügt, um nicht mehr wissen zu wollen. Z.B. über die blonde Anfangdreißigerin, die beim Smalltalk auf dem Fest glaubt, sie werde gerade von MTV interviewt. (Oder glaubt, sie sei selbst MTV-Moderatorin und erweise freundlicherweise ihre Gunst, sich über ihr aufregendes Leben interviewen zu lassen.) Die ihren Blondschopf mit der einwandfreien, aber auch nicht besonders originellen Frisur nach vorne beugt, als müsse sie dem Szenelärm um sie herum entkommen um mich "akustisch" zu verstehen und dabei angestrengt auf eine fiktive Kamera neben mir stiert. Und die sich dabei -anscheinend unvermeidbar- alle fünf Sekunden mit dem Zeigefinger die Strähnen aus dem Gesicht streift, von denen sie so tut als würden sie sie stören, sie in Wahrheit aber genau so geföhnt hat, dass sie spätestens alle 5 Sekunden einen authentischen Vorwand für die Verlegenheitsgeste eines phantasierten Fernsehstars hat.

Das ZEIT-Magazin bringt diese Woche das Thema "Ab 18". Muss man sich übr 18-Jährige auslassen? Ja, wenn sie einem als Generation präsentiert werden, auf die es ankommt. Auf sie kommt es nicht an. Das lese ich aus dem Satz der frischgebackenen Führerscheinbesitzerin, die bei ihrer ersten Fahrt ohne Lehrer auf die Klimaanlage verzichtet mit der tiefenpsychologischen Feststellung, sie sei "mehr so ein Fensteraufmachtyp". Man sieht an diesem Satz zweierlei: Erstens: Die ruinöse Sprachunkultur unserer Kanzlerin hinterlässt allmählich erste Wirkungen. Zweitens: Die Identifikation mit etwas Irrelavanten.

Auch satt gehört: Unpassend übertriebene und erkennbar förmlich gemeinte Danksagungen. Zum Beispiel: "Sehr gerne." So wie Sounddesigner in Sportwagenfabriken alles über die Wirkung von Motorensound auf unser Hormonsystem wissen, so wissen Kommunikationsberater heute alles über die Wirkung von Phrasen, Worte und Stimmlagen. Doch wie alles psychologische Wissen wird auch dieses ausgehöhlt und industriell verwertet, am Ende aller Wirkung beraubt, wie denaturierter Orangensaft.

Allen gemeinsam ist das ständige Scannen nach kurzen Feedbackkonsummöglichkeiten. In der U-Bahn, auf der Rolltreppe, im Bus, auf der Straße: Ihnen keinen Blick zu gönnen, verstört sie, unterbricht die Bestätigungszufuhr für das hungrige Ego, kann den Rest des Tages verderben und schlechte Laune machen.

In den viel zitierten 80er Jahren bewunderte man Männer die von sich sangen, sie seien mit 18 in Düsseldorf herumgerannt, als Sänger einer Rocknroll Band. Und von Müttern, die ihnen das immer krumm genommen hätten. Heute weiß man auf mancher Feier nicht, wer die Mutter und wer die Tochter ist. Eltern, die die Rollen umkehren und ihre Verantwortung vermutlich nie angenommen haben. Die eine "Kumpelbeziehung" zu ihren Kindern "pflegen". Die nie die Gelegenheit zur Identitätsfindung durch Protest gaben, sondern ihre eigene Identität über ihre Kinder definierten. Die Angst vor dem Alter haben, nicht weil es biologisch Spuren hinterlässt, sondern weil es endlich Verantwortung bringen könnte.

Noch schlimmer: Männer zwischen 25 und 35 mit schwachem (weil entweder gar nicht oder -frei nach Alice Miller- nur bedingt geliebten) Ego. Hängen besonders gerne Verschwörungstheorien an, weil sie alles, was in der Welt passiert, auf sich beziehen. Die Amokpläne gegen Lehrerinnen schmieden, wenn diese nicht auf deren Ödipusphantasien reagieren. Das ist kein Privileg arabisch-muslimischer Jugendlicher, das ist gängig. Das eigene Ego nicht auf die Reihe bekommen, und dies zu einer Angelegenheit der öffentlichen inneren Sicherheit zu machen.

Hinter Agression und Verschwörungstheorie steht die Angst, ausgeliefert zu sein. Agression ist die Auflehnung gegen die vermutete Infragestellung. Die intellektuelleren unter ihnen flüchten in religiösen oder politischen Extremismus. In Berlin wimmelt es z.B. von Fahrradfaschos (wie Roger Beueys sie nennt), die den Kampf mit den stärkeren Autos suchen um sich darin als Märtyrer zu suhlen. Die in ihrem gutmenschlichem Agrowahn auch noch anzuhupen kann bürgerkriegsähnliche Zustände heraufbeschwören. Ich habe noch nie solch entstellte Gesichter junger Männer gesehen, wie die von Berliner Radfahrern, männlich, Ende Zwanzig, die ich angehup habe, weil sie mir bei Rot oder von rechts auf der falschen Radwegseite in die Quere kamen. Man findet sie auch mit Videokamera auf Demos, da stellen sie sich mutig surrend vor Polizisten auf, spießig darauf lauernd, dass denen ein Formfehler unterläuft. Das wirkt so albern, wenn man es sieht, das man sich schämt.

Sich in andere hineinzuversetzen ist eine Tugend, die aussterben wird. Ich habe im Bürogebäude am Ernst-Reuter-Platz Informatiker erlebt, die auf der Suche nach Informationen quer durch den Konzern telefonierten und ihr Gespräch wie folgt begannen: "Hallo, hier ist Tobias Müller und zwar brauche ich von Ihnen..." Ich kenne IT-Verantwortliche, die es für geschäftsschädigend halten, die Anwender zu fragen, was die geplante Softwareanschaffung so alles können soll. Leider machen gerade die psychisch oder sozial Defekten ohne Empathie oft die Karriere, weil bollerig-dumpfes Durchziehen von anderen Bollerköppen als Stärke interpretiert wird. Ich kann von solchen Umgebungen nur abraten. Der ständige Umgang mit mental ungesunden Menschen, die offen oder subtil ihre Agressionen ausleben, kann einen selber krank machen. Und zwar umso mehr, je mehr man selbst über die Tugend der Reflexion und eine Ausbildung des Herzens verfügt.

Dienstag, 24. August 2010

Neues vom Porsche 924


Foto: Frontmotor. 944 und 928 Typen

Ein regelmäßiger Teilnehmer unseres Frontmotor "Stammtisches" ist Dirk Weisbrod (Website: diweis.com). Er repariert, überholt und restauriert alte 924 und 944 Porsches und ihre Teile. Wir haben großen Respekt vor ihm, manche nennen ihn "Guru".

Im vergangenen Herbst ging ihm ein mysteriöser Prototyp ins Netz, der es in sich hatte und dessen Enträtselung Dirk zu der Erkenntnis brachte, dass die Geschichte des 924/944 evtl. neu geschrieben muss.

Offiziell hieß es schon immer, der 924 sei ein Entwicklungsauftrag (EA425) von VW an Porsche gewesen, um den Verkaufserfolg des 914 VW-Porsche fortzusetzen. Leider sei die Fertigstellung der Konstruktion mitten in die Ölkrise gefallen. VW (und alle anderen) hätten damals geglaubt, niemals wieder werde jemand Sportwagen kaufen. Und deshalb habe VW auf die Produktion des neuen Sportwagen verzichtet. Daraufhin habe Porsche die Rechte an seiner Dienstleistung zurückgekauft und das Ding selbst auf die Räder gestellt.

Doch niemand -so fragt Dirk in seiner Story (Link) scharfsinnig- habe VW jemals gefragt, warum sie dann 1974 den Scirocco auf den Markt gebracht haben - ein dreitüriges Sportcoupe. Das war sogar ein Jahr vor dem Launch des Golf.


Foto: Porsche. Kundenzeitschrift Christopherus

Führt man Dirks Geschichte mit der Entwicklungsgeschichte des Scirocco laut Wikipedia zusammen, dann wird klar, wie knapp sich VW vom 924 Typ zugunsten des Scirocco verabschiedete. Und zwar aus dem Grund, der heute noch Volkswagenphilosophie ist: der Plattformtechnik.

Noch während die Produktion des großen Karmann Ghia lief, bekam der Designer des Golf I die Idee, auf dessen Basis den Nachfolger des Karmann zu entwickeln. 1971 stimmte der VW-Vorstand dem zu und beauftrage Karmann, den Scirocco zu entwickeln (EA 398) und ab 1974 zu produzieren. Doch bereits 1970 hatte er auch Porsche mit ersten Aufträgen zur Entwicklung eines Karmann Ghia Nachfolgers (später als EA 425) beschickt. (Übrigens kommt daher das böse Gerücht, der 924 sei als "Hausfrauenporsche" gemeint gewesen: VW hatte den Karmann Ghia damals selbst als "Lady's Sportscar" positioniert.) 1973, also nachdem Karmann bereits mit der Scirocco Entwicklung beauftragt war, stellte Porsche seine Konstruktion vor. Zu spät in doppelter Hinsicht: 1973 war die Ölkrise auf ihrem Höhepunkt. Und VW wollte nun erst recht keine zwei Sportwagenprojekte.

Was aber tun, wenn man plötzlich zwei gute Konstruktionen für den gleichen Zweck an der Hand hat? VW schaute sich im Konzern um: Da war das 1969 einverleibte Werk der NSU, das wegen der Ölkrise nicht ausgelastet war. Da war der 2,0l-Motor, den VW im Auftrag von Mercedes für deren Transporter produzierte und dessen Rechte sie erworben hatten - für eigene Transporterpläne. Und da war Porsche selbst, dass angesichts der einbrechenden Verkaufszahlen des 911 vielleicht eine Innovation gut gebrauchen könnte. Die Porschekonstrukteure schwörten auf das Transaxle-Prinzip und planten es für die kommenden Frontmotormodelle fest ein. In dem VW Entwicklungsauftrag hatten sie sich gerne selbstverwirklicht, sie wollten es jetzt nicht aufgeben.

Die Lösung hieß: Porsche bekommt die Rechte an ihrer Entwicklung für einen günstigen Preis zurück. Muss dafür aber Gleichteile, insbesondere den 2,0l-Motor nutzen und in Neckarsulm produzieren lassen. So fügt Dirk Weisbrod die Puzzleteile zusammen.

Es ist eine inzwischen typische Geschichte aus dem Volkswagenkonzern. Zuerst angefeuert von technischen Innovationen wie Wasserkühlung, Frontmotor und Transaxle dann ausgebremst von der weltweiten Ölkrise. Dann die Karten neu gemischt und das Beste für alle daraus gemacht: Sowohl der Scirocco als auch der Porsche 924 wurden ein Erfolg.

Doch kaum lief es wieder, forcierte man die Entwicklung weiter. Audi legte den Grundstein für den kommenden 5 Zylinder Quattro, VW verwertete die Technologie von NSU (K70) und entwickelte neue Dieselmotoren und Porsche entwickelte das neue Flaggschiff, den 928 samt neuem Motor.

Dirk erzählt die Geschichte sehr spannend: Die Einstellung des 2,0 l-Motors, die schwierige Suche nach einem Ersatz, warum das Transaxleprinzip eine Herausforderung an Motorenkonstrukteure ist. Er erklärt auch, warum 1985 der 924 und der 924S gleichzeitig verkauft wurden. Ich lege jedem 924 Freund ans Herz, die Story vom 946 auf Dirk Weisbrods Website zu lesen: Link


Ein harter Typ ;-)