Mittwoch, 29. Dezember 2010

Wie das Wetter zum Infotainmentbusiness wurde


Demnächst nur noch von Wüstenstürmen heimgesucht: Berlin

“Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.”
Prof. Dr. Mojib Latif, 2000
(Quelle: Readers Edition)


Ist es nicht erstaunlich, wie die westliche Welt Wetter und Klima binnen zehn Jahren zu einer gigantischen Infotainmentindustrie aufgebaut hat? Aus einem Randnotizthema, das früher zehn Quadratzentimeter im Kopf einer Tageszeitung verbrauchte, ist ein Business geworden, dessen Dimensionen sich von 24/7 bis zu hundert Jahren spannen.

Wo Inge Niedeck früher per Knopfdruck die dreiteilige ZDF-Wetterwandkarte umschaltete, nämlich von "Lage" auf "Niederschläge/Winde" und schließlich auf "Temperaturen" und dann noch in Worten etwas zu den Aussichten sagte, da haben wir heute Performer, mit einer Gestik wie Unternehmensberater und einem Ausdruck wie Verkaufsberater. Und einem Selbstbewusstsein, als würden sie das Wetter machen.

Wetter war früher eine seriöse Angelegenheit. Sie musste stimmen und hatte einen amtlichen Charakter. Aber wie so vieles, was wir der Privatisierung preis gegeben haben, besteht das Wetter heute hauptsächlich aus heißer Luft. Kachelmann war hier wohl einer wichtigsten Treiber, wie man in diesem Jahr lesen konnte. Wer das Wetter bringt, der macht dann auch Werbung für Hustenbonbons. Und fordert immer mehr Sendeminuten in den Tagesthemen ein. Und wenn es im Dezember mal schneit, gleich 'ne Liveschaltung.

Neulich twitterte jemand: "Als sie uns bei Stuttgart21 die Köpfe einschlugen, brachte der SWF ein Kochprogramm über Kandierte Früchte. Jetzt wo es schneit, gibts ne Sondersendung." Oder einen Brennpunkt. Und wenn wir Glatteis haben in Berlin, dann ist das dem Deutschen Wetterdienst eine Unwetterwarnung wert. Mit roter Zone.

Warum ist Wetter so populär? Weil es in dem modern gewordenen Dorfsaujournalismus als einziges Thema übrig geblieben ist, das die Menschen wirklich betrifft. Alles andere, was sie wirklich betrifft, fällt leider durch den Filter der politischen Korrektheit. Dadurch entsteht eine Fallhöhe, wenn das Wetter kommt, dann wird der Ton aufgedreht, und dann wird aus dem modernen Lagerfeuer wieder ein Fernsehen.

Aber nicht nur der Wetterbericht betrifft uns. Auch das Klima. Ja, wer sich so für's Wetter interessiert, der muss sich doch auch dafür interessieren, wie es entsteht? Und was wir an ihm verbrechen? Indem wir -entschuldigung- noch Auto fahren.

Das tolle am Klima ist nun für die Intotainmentindustrie, dass es keine Sau versteht. Durch die Verfügbarkeit von Superrechnern sind aber für viele Forscher tolle Alibis entstanden, mal ein bisschen damit herumzuprobieren, und dolle, mordskomplizierte Klimamodelle zu erfinden, über die sich nur noch die Experten selbst verständigen können. Und wie bei allen Vorhersagetechniken, die wir schon aus der Geschichte kennen - wie z.B. die Astrologie- sind ihre Autoren nie zu fassen.

Obiges Beispiel von Latif ist nur das schönste, das ich gefunden habe. Ich erinnere mich jedoch auch an Nachrichten über "beunruhigende Wetterkonstellationen" wie z.B. Tornados und andere Wirbelstürme, die Deutschland mehr oder weniger in Schutt und Asche legen sollten. Ich erinnere mich daran, wie ich mein Auto am Kyrill-Tag extra in der Tiefgarage unter meinem Büro stehen ließ, um mit Bus und Bahn nach Hause zu fahren. Für Berlin war der Weltuntergang vorhergesagt worden. Als ich abends die RBB Abendschau einschaltete, hieß es dort aber: "Der Sturm entpuppte sich als weitaus schwächer, als vorhergesagt. Dafür waren die Niederschläge weitaus ergiebiger als erwartet." Ich dachte: Säuft jetzt mein Auto etwa in der Tiefgarage ab, weil ich auf die Hornochsen gehört habe?

Aber eben auch, wenn sich solche Unwetterwarnungen nicht erfüllen, finden das irgendwelche Klimaforscher wieder "beunruhigend", weil es ihre Modelle widerlegt hat. Bzw. einen Anpassungsbedarf offen gelegt hat- und somit Forschungsbedarf - und somit einen Anlass, von Frau Schavan neue Fördermittel zu beantragen.

Nee. Nennen Sie mich einen "Klimaleugner" (infamer Begriff, weil mit dem Holocaustleugner verwandt), Ich wechsle wieder auf die Seite der Leute, die die Welt nicht spurlos verlassen wollen, sondern etwas aus ihr machen wollen. Der Besuch im Neuen Museum hat mich hier neue Bescheidenheit gelehrt. Und das Interview mit der Philosophin der moralischen Klarheit hat mich weiter darin bestätigt: Beim Wetter können wir alle mitreden. Aber wie beeinflussen es nicht. Jedenfalls nicht entscheidend. Es verändert sich eh andauernd. Wir sind zu unbedeutend, um es zu kontrollieren. So wie wir das unserer Umweltsenatorin mit ihrer Umweltzone jetzt auch bescheinigen konnten: Wir sind nicht der größte Faktor. Und jetzt haben wir wieder Winter, wie ich ihn nur von den Kindheitserzählungen meiner Eltern kannte. Aber auch darin sieht jetzt z.B. Günter Tiersch in einem Interview mit dem Deutschlandfunk nur wieder eine Besonderheit, die die große Lehre nicht widerlegt: "Das Jahr 2010 war das drittwärmste seit der Aufzeichnung. Neu ist, dass wir im Winter keinen Westwind mehr haben, sondern Nordwind. Und das hängt wieder mit dem Klimawandel zusammen."

Klar, irgendwie verändert sich dauernd alles und hängt alles mit allem zusammen.

+++ EIL ++++
In der vergangen Nacht ist mehr Schnee gefallen, als bislang bekannt!. Wie der deutsche Wetterdienst in einer Unwetterwarnung verkündete....

Dienstag, 28. Dezember 2010

"Moralische Klarheit" (Susan Neimann)



Wer die Moral den Konservativen und religiösen Extremisten wie Al Quaida und Folterern wie George W. Bush überlässt, verrät das Projekt der Aufklärung. Sagt die Direktorin des Potsdamer Einsteinforums Susan Neimann.

"Moralische Klarheit" ist ein Kampfbegriff der Rechten, sagt sie.

Neimann klärt -für "erwachsene Idealisten"- einige wichtige populäre Irrtümer auf, die der politischen Rechten bis jetzt faktisch das Privileg auf die Moral zusicherten. Einer politischen Rechten, zu der auch Präsident Bush gehörte, der im Namen der "moralischen Klarheit" Menschen foltern ließ. Moral als Kategorie und Argument ist deshalb in Misskredit geraten. Neimann will das ändern. Sie war Gast im philosophischen Radio von WDR5. Unter dem Begriff hat sie auch ein Buch veröffentlicht. Ich gebe hier kurz das wichtigste wieder, von dem was ich verstanden habe und für wichtig halte:

1. Populärer Irrtum:
Wir bekamen die Moral von Gott, weil der Mensch ausschließlich vom Eigennutz geleitet ist.

Gegendarstellung: Die Widerlegung führt sie sowohl anhand aktueller Erkenntnisse von Ökonomen, Tierversuchen mit Ratten und auch über die Bibel, sogar das Alte Testament: Abraham handelte Gott eine Bedingung ab, unter er Sodom und Gomorrah verschonen würde: Wenn Abraham 10 Gerechte aus Sodom finden würde.
Abraham wollte damit verhindern, dass mit den Schuldigen auch Unschuldige bestraft würden. Er führte damit gegenüber Gott eigene moralische Maßstäbe ein - der Beweis, dass der Mensch eine eigene Moral entwickeln kann.
Übrigens hier bei einem Dilemma, das wir noch heute aus der Innenpolitik kennen: Konservative nehmen unschuldige Gefangene in Kauf, wenn nur der Schuldige unter ihnen ist. Liberale tun das nicht, für sie hat Priorität, dass kein Unschuldiger verurteilt wird, nur um einen wahren Schuldigen zu fassen. (Für die Konservativen zählt die Rache, für die Liberalen die Freiheit.) Bei Ratten konnte nachgewiesen werden, dass sie auf eine Nahrung verzichten, wenn der Preis für die Nahrung wäre, dass einer ihrer Artgenossen dafür einen Schmerz erleiden müsste. Und die These, dass der Mensch auf dem Markt ein rein egoistisches Wesen sei, stimmte von je eher nur in den Gebäuden von Investmentbanken und anderen Managementetagen.

2. Populärer Irrtum:
Moralisches Verhalten ist angeboren. Wir wissen instinktiv, was moralisch ist und was nicht.

Gegendarstellung: Unsere moralische Beurteilung ist abhängig vom Kenntnisstand über die Situation. Aber gerade die, die die (göttliche) Moral im Munde führen, sind häufig die, die nicht alles über einen Fall wissen wollen. Sie bringen dann höhere "Argumente" ins Spiel. So habe sich beispielsweise George W. Bush (und das wusste ich noch nicht) auf einen Sendebefehl von Gott berufen, den Irak anzugreifen, nachdem er der Lüge in Sachen irakischer Massenvernichtungswaffen überführt worden war.

Die Bibel enthält aus moralischer Sicht jedoch viele gegensätzliche Geschichten. Dies erklärt nach Neimann die sehr unterschiedlich ausgerichteten Religionen, die aus ihr abgeleitet wurden. In jedem Fall sei -wie bei Gesetzen, die immer zwischen Abstraktheit und Konkretheit abgewogen werden müssen- eine Interpretation nötig. Niemand könne sich mit seiner Moral aber deshalb unmittelbar auf die Bibel berufen. Das tun nur religiöse Extremisten wie eben die Taliban oder die frühere Bush-Regierung.

Diese plumpe Form der Moral geht stets einher mit ihrer ebenso plumpen Instrumentalisierung: "Wenn Du der Anweisung Gottes nicht folgst, wird er Dich bestrafen. (Oder ich an seiner Stelle)" Diese Moral, die nicht auf Erkenntnis und Einsicht setzt, sondern auf Angst und Strafvermeidung, ist eine "infantile Moral", sagt Neimann, keine Moral für Erwachsene.

Dann ein Sprung ins Thema Helden und Vorbilder. Der (literarische) Held, der am Ende immer sterben musste bei der mutigen Erfüllung seiner moralischen Pflicht ist im Laufe der Geschichte dem (soziologischen) Vorbild gewichen. Immanuel Kant habe entscheidend dazu beigetragen. Das Problem: Das Vorbild emotionalisiert nicht mehr so, wie der Held. Damit sind beide schwächer geworden. Heute beschäftigen wir uns weder mit den einen noch den anderen. Nicht nur in Deutschland- stattdessen beschäftigen wir uns mit den "Betroffenen". Objekt im Fokus ist nicht mehr der, der etwas geleistet hat, sondern der, der etwas gelitten hat.

Man werde - und dass fasst unser Zeitalter meiner Meinung nach sehr gut zusammen: - heute nicht mehr danach beurteilt, was man in der Welt getan hat (kreativ, heilend, verbessernd, gestaltend), sondern danach, was sie einem angetan hat.

Quelle: WDR5 Philosophisches Radio (Link)

Montag, 27. Dezember 2010

Das Zeitgefühl im Neuen Museum (Nofretete)

Am Heiligen Abend sind die Schlangen vor dem Neuen Museum nicht so lang, deshalb nutzten wir das für einen Besuch. Und, naja, Jesu Geburtstag liegt ja auch schon lange zurück. Dachten wir auf dem Weg dorthin. Das Neue Museum birgt u.a. das Museum für Vor- und Frühgeschichte. Auch die Nofretete ist dort in einem sehr geschmackvollen Raum ausgestellt. Man darf alles fotografieren, aber eben nicht die Nofretete. Besucher müssen sich ein "Zeitfensterticket" für 10 EUR kaufen. Wir haben uns nicht jede Ton- und Bronzeschüssel genau angeschaut. Aber ein paar Dinge haben sich uns doch vermittelt:

Die Zeitachse der Menschheitsgeschichte, auf der auch Eis- und Wärmezeiten eingetragen sind, lehrt: Mehrere hunderttausend Jahre Menschheitsgeschichte werden wir sicherlich nicht mit ein paar Jahrzehnten Industrie- und Demokratiegeschichte umschmeißen. Das gilt sowohl für unser Klima. Als auch für den politischen Prozess. Es ist zu früh für Alarm und zu früh für Entwarnungen.

Es ist zu früh zu sagen: Das Zeitalter der Kriege und Nationalstaaten ist in Europa vorüber, dank Wohlstand und Demokratie. Das mag einen Wimpernschlag lang zutreffen. Aber sollten die Spekulanten unser Wirtschaftssystem doch noch gründlich ruinieren, dann würden wir wieder Kriege gegeneinander führen. Und es gäbe wieder Völkerwanderungen größeren Ausmaßes. Auch in Europa. Natürlich!

Dekadente, abgehobene Regierungen, Landesfürsten, Großgrund-, Manufaktur-, Gruben- und sonstige Besitzer, oder Erben, erleben wir derzeit nicht zum ersten mal in der Menschheitsgeschichte. Sie haben es bis jetzt noch immer geschafft, ihr Erbe vor die Hunde gehen zu lassen. Aus Habgier, Unfähigkeit, Größenwahn, Marktferne, Verwaltungsmentalität usw.

Aber bis dahin können wir die Zeit genießen, soweit möglich. Seien wir nur ein bisschen bescheidener mit der Bewertung unserer Errungenschaften.









Portale für die Bewertung von Arbeitgebern

Zwischen den Jahren kann man sich auch Gedanken über seinen weiteren beruflichen Weg machen. Wer einen Arbeitgeberwechsel plant, kann neuerdings nachlesen, was deren Angestellte von ihm halten.

Hier eine Auswahl:
- Kununu http://www.kununu.com/
Achtung: Das Ziel dieses Anbieters ist es, seine gelisteten Unternehmen nicht zu schlecht aussehen zu lassen. Er blockiert dementsprechend allzu schlechte Bewertungen (vgl. Diskussion im Onlineforum). Die Messlatte für die Auszeichnung als "Top Arbeitgeber" ist niedrig.

- Jobvoting: http://www.jobvoting.de/

- BizzWatch: http://www.bizzwatch.de/

Sonntag, 26. Dezember 2010

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Sonntag, 19. Dezember 2010

Geschenkideen aus Zuffenhausen

Wer noch eine Geschenkidee sucht - vielleicht für sich selbst- hier ein paar Tips ;-)


(Gefunden bei Paperblog)

Und wer jetzt sagt: Ach nee, der 911er. Für den hier noch eine -winterfestere- Alternative, für die man keinen Dachgepäckträger braucht, wenn man in Urlaub fährt:

Viele Stromversorger verlieren ihre Ingenieurskompetenzen

Der Verlust der Fachkompetenzen in den Hauptverwaltungen der großen Energieversorger begann mit der sogenannten Liberalisierung der Energiemärkte. Diese war für die Manager der Startschuss, ihre Ingenieursabteilungen zu entmachten um das Regiment allmählich an die Controller und Buchhalter zu übergeben. Die oberflächliche Begründung hieß Ende der neunziger Jahre: "Die haben unsere Kraftwerke überdimensioniert und die Netze vergoldet. Das können wir uns künftig nicht mehr leisten."

Ein Körnchen Wahrheit war da dran. Die Zuverlässigkeit der deutschen Stromversorgung war viel höher als man sie brauchte. Wir kannten höchstens sehr kurzzeitige Versorgungsunterbrechungen im Sekundenbereich, wenn überhaupt. Nur zu erkennen am Blinken der Radiowecker. Inzwischen hat die Zuverlässigkeit abgenommen. Im gleichen Maße hat die Sensibilität vieler Stromkunden zugenommen. Rechenzentren von Banken, Telekommunikation und Industriebetrieben brauchen heute unterbrechungsfreie Stromversorgungen in Form separater Batterien.

Die "vergoldeten" Netze hatten aber noch einen anderen Nutzen: Sie machten die Netze robust gegen Störungen wie Oberschwingungen, Überspannungen (durch Schaltvorgänge) und Kurzschlüsse. Diese Störungen, hervorgerufen durch Schaltnetzteile, Motoranläufe und -abschaltungen, Klimaanlagen, Röntgengeräte in Arztpraxen, verkürzen die Lebensdauer elektronischer Geräte. Denn auch bei denen wurde gespart: Wo früher ein klobiger Trafo das Gerät schützte, haben wir heute Billigschaltnetzteile deren Kondensatoren jedesmal einen "auf den Deckel" bekommen, wenn irgendwo im Haus, die Klimaanlage oder Motoren geschaltet werden.

Das Verständnis der Manager in Energieversorgungsunternehmen für die Funktionsweise von Netzen und Kraftwerken hat erschreckend abgenommen. Die Betriebswirte haben die aufgebaute gute Substanz als ein Naturgesetz angesehen und sie nach Kräften ausgequetscht. Wartuntgsintervalle wurden verlängert, Investitionen gestrichen. Im Ergebnis haben wir nicht nur veraltete Netze. Die Netzstruktur hat auch nicht mitgehalten mit der Veränderung der Erzeugungsstrukturen. Alte Kraftwerke stehen in der Nähe von Verbrauchsschwerpunkten oder -wie bei der Braunkohle- der Lagerstätten der Primärenergieträger. Dass Windparks hingegen stehen da, wo am meisten Wind weht. Künftig vor allem an und vor der Küste. Das alles wissen die Netzplaner schon lange. Aber ihre Manager haben die Hände auf dem Geld. Zwar stehen die großen Energieversorger die Scheinliberalisierungen vor allem zum Ausbau ihrer Gebietsmonopole nutzen können. Sie haben auch die Preise erhöht wie in Zeiten einer Hyperinflation. Aber sie haben nichts investiert.

Wozu das führt, kennen wir inzwischen von der Deutschen Bahn. Dort funktionieren Züge und Schienennetze immer weniger. Spricht man die Manager auf ihre Versäumnisse an, machen sie ihre Zulieferer für die schlechte Qualität verantwortlich. Doch in Wahrheit liegt es vor allem an der fatalen Kombination von Inkompetenz und Geiz.

Und weil die Finanzer das inzwischen verstehen, machen sie einen weiteren Schritt: Nein, sie heuern keine neue Fachkompetenz an, um ihre Versäumnisse nachzuholen. Stattdessen verkaufen sie die Restsubstanzen. Eon beschloss 2008, sein Netz zu verkaufen. RWE hat nun ebenfalls verkündet, sein Hochspannungsnetz (RWE amprion) verkaufen zu wollen. Mit AXA Privat Equity und einem Fonds der Deutschen Bank haben bereits zwei Finanzinvestoren Interesse angekündigt (Quelle: WSJ). Damit wäre dann auch RWE aus dem Geschäft mit Substanz, Betrieb und Knowhow ausgestiegen. RWE wäre feindlich übernommen. Von den eigenen Buchhaltern verscherbelt an Heuschrecken. Das wird dem Industriestandort Deutschland schaden. Dazu braucht man nicht viel Phantasie.

Wozu die schleichende Inkompetenz führen kann, hat neulich Vattenfall eindrucksvoll bewiesen. Nachdem das Management seinen Pannenreaktor Krümmel seit 2007 nicht mehr in den Begriff bekam, wollte man vor kurzem eine neue Kraftwerksleiterin ernennen. Doch die fiel bei der Eignungsprüfung durch die Atomaufsicht durch (WELT).

Die von der Atomaufsicht nicht akzeptierte Bewerberin soll laut "Lübecker Nachrichten" bei einer praktischen Abschlussprüfung durchgefallen sein. Die 56-Jährige habe bei einer Simulation den Reaktor in 30 bis 60 Minuten in einen sicheren Zustand bringen sollen, dies aber angeblich in zwei Stunden nicht geschafft.


Da kann einem Angst und Bange werden. Nicht unbedingt die Kraftwerke selbst entpuppen sich als untragbares Risiko. Sondern die Managementstrukturen und -philosophien der Kraftwerksbetreiber.

Vattenfall kämpft ja auch in Schweden mit Störfällen in seinen Kernkraftwerken. Das spricht nicht unbedingt gegen die schwedische Technik oder Techniker. Sondern gegen die langfristig wirkenden Heuschreckenmentalitäten in volkswirtschaftlich wichtigen Infrastrukturunternehmen.

Vattenfall Deutschland hat nun einen Schlussstrich gezogen. Es will den Betrieb seiner Kraftwerke Brunsbüttel und Krümmel an Eon übergeben. Das ist ein einmaliger Vorgang: Der Vorstand eines Energieversorgungsunternehmens räumt die eigene Inkompetenz ein, seine Pannenreaktoren in einen genehmigungsfähigen Zustand zu bringen und anschließend zu betreiben.

Die Atomenergie in Deutschland ist unsicher. Nicht, weil es den technischen Konstrukteuren und Betreibern an Kompetenz fehlt, sondern deren Managern.

Damit ist die Liberalisierung des deutschen Strommarktes eigentlich vollständig gescheitert: Sie hat die Nachteile von Monopolismus und Kapitalismus in der schlechtest möglichen Variante kombiniert: Nach der Verstärkung der Gebietsmonopole durch gegenseitige Übernahmen und Fusionen haben deren Manager die darauf folgenden Jahre damit verbracht, die vorhandenen Substanzen auszuquetschen, die Preise zu erhöhen und die eigenen Knowhowträger, die wertschöpfenden Abteilungen, wegzuekeln. Das einzige, was in dieser Zeit gewachsen ist, ist durch die immer neu Ausgründung und Umorganisation von Tochterunternehmen und Bereichen, die Anzahl der Vorstände. Und deren Bezüge.

Samstag, 18. Dezember 2010

Wie elektronische Produkte altern

Apple vertreibt sehr offensiv die gratis Namensgravuren auf den iPod und iPhone Geräten. Für den Kunden wertet es das Produkt auf, wenn es personalisiert wird. Das gilt auch für Geräte, die als Geschenk gedacht sind. Man kennt das von früher von Füllfederhaltern. Auch für den Hersteller hat die Gratis Gravur einen Wert: Es bremst den Markt für Gebrauchtgeräte. Ein für "Klaus" graviertes Gerät kommt für alle, die anders heißen, nicht mehr in Frage...

Digitale Musik und Filme kann man nicht mehr "gebraucht" verkaufen. Jedenfalls gegenwärtig noch nicht. Rechtlich wäre das eigentlich realisierbar. Und zwar genau mit der so verpönten Rechtetechnik DRM. DRM verwaltet die Rechte (Lizenzen) und Berechtigungen. Apple nutzt das bei iTunes für die virtuelle Nachbildung der Videothek: Ich muss einen Film nicht kaufen, ich kann ihn auch leihen. Das kostet weniger. Umgesetzt wird es durch eine Beschränkung des Replay und ein Verfallsdatum. Wenn ich einen Song an einen anderen User verkaufen wollte, müsste das so laufen, dass ich meine Lizenz auf einem Marktplatz anbiete und bei Verkauf entzieht iTunes mir die Berechtigung, den Song weiterhin abzuspielen. Allerdings macht es für den anderen Kunden keinen Qualitätsunterschied, man kann digitale Medien nicht gebraucht verkaufen, weil sie von ihrer Qualität her nicht altern. Nur die alte Vinylschallplatte alterte immer mehr, hörbar als zunehmendes Rauschen, bedingt durch den Verschleiß der Rillen durch die Abtastnadel. Die Klangqualität von CD's alterte nicht linear, sondern "digital". Entweder hört man neuwertige Qualität oder der Lesekopf springt.

Auch Autos altern nicht mehr "analog". 10 Jahre alte Autos stehen, wenn sie nicht misshandelt wurden, bestens im Lack. Auch innen altern sie nicht mehr so doll. Wir kennen immer weniger verschlissene technische Bauteile, für die wir früher viel häufiger in die Werkstatt mussten. Batterien, Reifen, der Stahl und auch das Motoröl halten heute länger (gemessen an der stark gestiegenen Motorleistung sogar viel länger). Stattdessen kämpfen Autobesitzer heute mit Softwareproblemen. Also Fehlern, die nicht durch Abnutzung entstehen sondern von Anfang an falsch programmiert wurden (Das Metier, das sich damit beschäftigt nennt sich "Funktionale Sicherheit"). Die meisten Fehlersuchen sind aber leider sehr langwierig, weil sich der Fehler nur unter bestimmten Bedingungen zeigt. Vorhersehbare Störungen sind heute elektronisch diagnostizierbar. Aber Fehler, die keiner vorausgesehen hat, sondern blind eingebaut wurden, sind nicht elektronisch diagnostizierbar. Hier braucht es richtiges Erfahrungswissen, um einen Fehler abzustellen. Denn der Austausch gegen ein "neues" Steuergerät hilft nicht, weil es genau so programmiert ist. In dem Sinne gibt es eben auch keine neuen und alten Steuergeräte. Es gibt nur neue Releases.
In diesem Sinne altern die Autos heute elektronisch: Wenn sie nicht fehlerbereinigt und vom Funktionsumfang erweitert werden.

Man könnte hier übrigens auf die Idee kommen, es den Computer- und Betriebssystemherstellern gleich zu tun: Ein MAC und ein Windows-PC altern wie folgt: Man bringt ein Betriebssystemupdate auf den Markt, das mehr Funktionen bietet, aber auch mehr Ressourcen benötigt - sonst sinkt die Performance. Hersteller wie Apple, die eine ganze Peripherie für das Kernprodukt anbieten, entziehen neuen z.B. neuen iPods einfach die Kompatibilität mit alten Betriebssystemständen. Dann MUSS man updaten. Dann wird der Rechner langsam, und dann denkt man bald über einen neuen Rechner nach. Auf diese Art könnte man z.B. das Navi aufwerten, oder die Betriebsstrategien für Hybridantriebe..

Was optisch allerdings auch bei digitalen Produkten altert sind die Anzeige- und Bedienoberflächen. Sie prägen immer mehr den Stil des Autos (vor allem für die im Internet großgewordenen Fahrer) und sie altern, in dem sie aus der Mode kommen.

Freitag, 17. Dezember 2010

Wie digitale Produkte altern...

Apple vertreibt sehr offensiv die gratis Namensgravuren auf den iPod und iPhone Geräten. Für den Kunden wertet es das Produkt auf, wenn es personalisiert wird. Das gilt auch für Geräte, die als Geschenk gedacht sind. Man kennt das von früher von Füllfederhaltern. Auch für den Hersteller hat die Gratis Gravur einen Wert: Es bremst den Markt für Gebrauchtgeräte. Ein für "Klaus" graviertes Gerät kommt für alle, die anders heißen, nicht mehr in Frage...

Digitale Musik und Filme kann man nicht mehr "gebraucht" verkaufen. Jedenfalls gegenwärtig noch nicht. Rechtlich wäre das eigentlich realisierbar. Und zwar genau mit der so verpönten Rechtetechnik DRM. DRM verwaltet die Rechte (Lizenzen) und Berechtigungen. Apple nutzt das bei iTunes für die virtuelle Nachbildung der Videothek: Ich muss einen Film nicht kaufen, ich kann ihn auch leihen. Das kostet weniger. Umgesetzt wird es durch eine Beschränkung des Replay und ein Verfallsdatum. Wenn ich einen Song an einen anderen User verkaufen wollte, müsste das so laufen, dass ich meine Lizenz auf einem Marktplatz anbiete und bei Verkauf entzieht iTunes mir die Berechtigung, den Song weiterhin abzuspielen. Allerdings macht es für den anderen Kunden keinen Qualitätsunterschied, man kann digitale Medien nicht gebraucht verkaufen, weil sie von ihrer Qualität her nicht altern. Nur die alte Vinylschallplatte alterte immer mehr, hörbar als zunehmendes Rauschen, bedingt durch den Verschleiß der Rillen durch die Abtastnadel. Die Klangqualität von CD's alterte nicht linear, sondern "digital". Entweder hört man neuwertige Qualität oder der Lesekopf springt.

Auch Autos altern nicht mehr "analog". 10 Jahre alte Autos stehen, wenn sie nicht misshandelt wurden, bestens im Lack. Auch innen altern sie nicht mehr so doll. Wir kennen immer weniger verschlissene technische Bauteile, für die wir früher viel häufiger in die Werkstatt mussten. Batterien, Reifen, der Stahl und auch das Motoröl halten heute länger (gemessen an der stark gestiegenen Motorleistung sogar viel länger). Stattdessen kämpfen Autobesitzer heute mit Softwareproblemen. Also Fehlern, die nicht durch Abnutzung entstehen sondern von Anfang an falsch programmiert wurden (Das Metier, das sich damit beschäftigt nennt sich "Funktionale Sicherheit"). Die meisten Fehlersuchen sind aber leider sehr langwierig, weil sich der Fehler nur unter bestimmten Bedingungen zeigt. Vorhersehbare Störungen sind heute elektronisch diagnostizierbar. Aber Fehler, die keiner vorausgesehen hat, sondern blind eingebaut wurden, sind nicht elektronisch diagnostizierbar. Hier braucht es richtiges Erfahrungswissen, um einen Fehler abzustellen. Denn der Austausch gegen ein "neues" Steuergerät hilft nicht, weil es genau so programmiert ist. In dem Sinne gibt es eben auch keine neuen und alten Steuergeräte. Es gibt nur neue Releases.
In diesem Sinne altern die Autos heute elektronisch: Wenn sie nicht fehlerbereinigt und vom Funktionsumfang erweitert werden.

Man könnte hier übrigens auf die Idee kommen, es den Computer- und Betriebssystemherstellern gleich zu tun: Ein MAC und ein Windows-PC altern wie folgt: Man bringt ein Betriebssystemupdate auf den Markt, das mehr Funktionen bietet, aber auch mehr Ressourcen benötigt - sonst sinkt die Performance. Hersteller wie Apple, die eine ganze Peripherie für das Kernprodukt anbieten, entziehen neuen z.B. neuen iPods einfach die Kompatibilität mit alten Betriebssystemständen. Dann MUSS man updaten. Dann wird der Rechner langsam, und dann denkt man bald über einen neuen Rechner nach. Auf diese Art könnte man z.B. das Navi aufwerten, oder die Betriebsstrategien für Hybridantriebe..

Was optisch allerdings auch bei digitalen Produkten altert sind die Anzeige- und Bedienoberflächen. Sie prägen immer mehr den Stil des Autos (vor allem für die im Internet großgewordenen Fahrer) und sie altern, in dem sie aus der Mode kommen.

Samstag, 11. Dezember 2010

Google soll die Kosten des europäischen Patentes reduzieren

Der Kostentreiber bei europäischen Patenten ist bekanntlich der Aufwand für die Übersetzungen in die europäischen Sprachen. Bis heute können sich die Mitgliedsstaaten nicht auf wenige Sprachen einigen, in die EP-Patente zu übersetzen sind. Zwar genügt für die EP-Anmeldung eine Schrift in englisch, französisch ODER deutsch. Nach erfolgreicher Prüfung und einem Erteilungsbeschluss muss der Patentanmelder aber für jedes europäische Land, für das sein EP-Patent dann gelten soll, eine nationale Übersetzung nachreichen. Verhandlungen über eine Auswahl von wenigen Sprachen, die die nationalen Patentämter Europas anerkennen, sind Anfang Dezember gescheitert. Danach schlossen sich elf EU-Länder (Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Litauen, Luxemburg, Slowenien, Schweden, die Niederlande, Großbritannien) zusammen, die das Projekt nun -gemäß einer Klausel im Lissabonvertrag- für sich umsetzen wollen, in dem sie EP-Patente anerkennen, wenn sie in englisch, französisch UND deutsch vorliegen. Die beiden wichtigsten Kritiker und Bremser des EU-Patentes sind Italien und Spanien.

Es sind die Übersetzungen, die einen Patentschutz für ganz Europa erheblich teurer machen, als eine Patenterteilung in den USA oder asiatischen Ländern. Stellt sich also die Frage, ob man wenigstens die Kosten für die Übersetzungen senken kann? Z.B. in dem man sie automatisiert, zumindest für Title und Zusammenfassung und Patentansprüche?

Das Europäische Patentamt hat hierzu Ende November ein Memorandum Of Understanding mit Google unterzeichnet. Googles Suchmaschine bietet seit längerem die Funktion an, Ganze Webseiten automatisiert zu übersetzen. Dabei bleibt die Website mit ihrem Layout erhalten, nur der Text wird von einer Maschine übersetzt. Das liest sich manchmal holprig, hilft aber auf jeden Fall, einen Eindruck vermitteln, worum es in dem Text geht. "Fit for purpose" nennt das EPA den Qualitätsmaßstab, dem die Google Übersetzungen genügen sollen.

Und wenn man die Funktion eh realisiert, kann sie auch gleich außereuropäische Patentschriften für Europäer lesbar machen.

Für Google ist das eine Gelegenheit, seine Übersetzungstechnik zu verbessern und zu promoten. Das Europäische Patentamt verwaltet 1,5 Mio Schriften und jährlich kommen ca. 50.000 hinzu.

Quelle: EPA, Süddeutsche

EPA will Patente mit Google übersetzen

Der Kostentreiber bei europäischen Patenten ist bekanntlich der Aufwand für die Übersetzungen in die europäischen Sprachen. Bis heute können sich die Mitgliedsstaaten nicht auf wenige Sprachen einigen, in die EP-Patente zu übersetzen sind. Zwar genügt für die EP-Anmeldung eine Schrift in englisch, französisch ODER deutsch. Nach erfolgreicher Prüfung und einem Erteilungsbeschluss muss der Patentanmelder aber für jedes europäische Land, für das sein EP-Patent dann gelten soll, eine nationale Übersetzung nachreichen. Verhandlungen über eine Auswahl von wenigen Sprachen, die die nationalen Patentämter Europas anerkennen, sind Anfang Dezember gescheitert. Danach schlossen sich elf EU-Länder (Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Litauen, Luxemburg, Slowenien, Schweden, die Niederlande, Großbritannien) zusammen, die das Projekt nun -gemäß einer Klausel im Lissabonvertrag- für sich umsetzen wollen, in dem sie EP-Patente anerkennen, wenn sie in englisch, französisch UND deutsch vorliegen. Die beiden wichtigsten Kritiker und Bremser des EU-Patentes sind Italien und Spanien.

Es sind die Übersetzungen, die einen Patentschutz für ganz Europa erheblich teurer machen, als eine Patenterteilung in den USA oder asiatischen Ländern. Stellt sich also die Frage, ob man wenigstens die Kosten für die Übersetzungen senken kann? Z.B. in dem man sie automatisiert, zumindest für Title und Zusammenfassung und Patentansprüche?

Das Europäische Patentamt hat hierzu Ende November ein Memorandum Of Understanding mit Google unterzeichnet. Googles Suchmaschine bietet seit längerem die Funktion an, Ganze Webseiten automatisiert zu übersetzen. Dabei bleibt die Website mit ihrem Layout erhalten, nur der Text wird von einer Maschine übersetzt. Das liest sich manchmal holprig, hilft aber auf jeden Fall, einen Eindruck vermitteln, worum es in dem Text geht. "Fit for purpose" nennt das EPA den Qualitätsmaßstab, dem die Google Übersetzungen genügen sollen.

Und wenn man die Funktion eh realisiert, kann sie auch gleich außereuropäische Patentschriften für Europäer lesbar machen.

Für Google ist das eine Gelegenheit, seine Übersetzungstechnik zu verbessern und zu promoten. Das Europäische Patentamt verwaltet 1,5 Mio Schriften und jährlich kommen ca. 50.000 hinzu.

Quelle: EPA, Süddeutsche