Montag, 11. Juni 2012

Debatte mit @sigmargabriel und @oberfranke über #ESM

Am 28.6. stimmt der Bundestag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, ESM, ab. Den Termin hatten wir gerüchtehalber gehört. Sigmar Gabriel bestätigte ihn denn auch:

Sonntag, 10. Juni 2012

Cruise über die Kantstraße, Berlin

So wie in der Woche zwischen Vatertag und Pfingsten ist Berlin am schönsten: Parks und Gärten grün und sonnenüberflutet. Angenehme dreiundzwanzig Grad. Urlaub. Die Berliner sind verreist nach Brandenburg. Die Touris tummeln sich an den Hot Spots des Karnevals der Kulturen. Wo man auch hinkommt, es ist angenehm leer.

Das ist ungewohnt. Man braucht dann mit dem Auto nur wenige Minuten vom ICC Messegelände bis zur Goldelse. Und bekommt trotzdem noch mit, wie sich die Kantstraße zum Positiven entwickelt. Die Straße führt vom Messegelände im Westen gerade über den Lietzensee, schneidet die -ebenfalls neu hergemachte- Fußgängerzone der Wilmersdorferstraße, hat zur Linken das berühmte Kant-Kino und kommt dann am Savignyplatz an.





Wenn man länger nicht in Cha-Wi war, fällt einem das satte, fette Grün der Bäume auf. Das ist der Unterschied zum Prenzlberg, zu Mitte und Kreuzberg: Viel mehr Bäume, hinter denen die Altbaufassaden fast verschwinden.




Licht und Schatten auf der Straße, sogar Parklücken am Straßenrand. Die Kantstraße endet an der Großbaustelle nahe Bahnhof Zoo. Dort ist das neue Zoofenster empor geschossen. Es sind über zwanzig Stockwerke - ungewöhnlich für Berlin, und von weitem schon sichtbar. Ich finde das gut. Hochhäuser symbolisieren Urbanität, Optimismus und (altmodische) Tatkraft.






Und überall nur wenige Leute auf den Straßen und Plätzen, so dass man die Architektur stärker wahrnimmt. So wie auf den alten Fotos, die in manchen U-Bahnhöfen hängen. Z.B. am Hauptbahnhof. Auf den Schwarzweißfotos sieht man die alten Kopfbahnhöfe Berlins zur Zeit der Jahrhundertwende. Extrem auffällig: Kaum Menschen. Als hätte man sie für die Aufnahme alle verbannt. Aber ich habe vor kurzem solche Fotos auch am Bauzaun in Antwerpen gesehen. Und auch hier: Kaum Menschen.

Das Flair der Großstädte muss ein ganz anderes gewesen als heute. Heute -berichtet der tip in seinem  Titelthema- haben wir jährlich 9 Millionen Touristen hier, das Dreifache der Anwohner, die -da staunt man- 9 Mrd. EURO hier lassen. Ein Segen! Rechnet man noch die boomenden Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer hinzu, profitiert Berlin von einem leistungslosen Einkommen. Wobei leistungslos nicht ganz stimmt, denn der Deal kostet uns schon etwas: Nerven. Ab einer bestimmten Fülle schlagen Urbanität und "pulsierend" um in schlichte Panik. Panik davor, dass der Moment, in dem man einfach mal die Luft anhalten muss, nicht mehr vorbei geht. Dass die Sommermittagsspitze zur Grundlast wird. Überfüllung allerorten. Und das einer Generation, die beim längerem Schlangestehen -womöglich ohne Smartphone!- ganz ernsthafte Schwierigkeiten mit sich selbst bekommt.

Aber ich reihe mich nicht ein bei den Kiezlern, die sich öffentlich empören aber insgeheim doch was drauf einbilden, wenn die Generation ihrer Eltern in Touristenbussen über den Wrangelkiez zieht. Die "Berlin doesn't love you" kleben, nur um noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Denn dort passt es zu gut zusammen. Als würden die Eltern einmal im Jahr im Kinderzimmer nach dem rechten sehen.

Mich stören eigentlich nur Touristen, die keine Großstadtprofis sind. Die auf dem Leihfahrrad glauben, sie seien auf dem Deich und könnten beim Kreuzen des Potsdamer Platzes einfach mal abschalten. Vielleicht fühlt sich aber auch jeder Berliner einfach nur von dem Typus provoziert, vor dem er einmal hierher geflohen ist und jetzt gestalkt fühlt..

Freitag, 8. Juni 2012

Wende im Mordfall Orhan S.

Orhan S. war ein Schulabbrecher und arbeitete in der Baubranche. Mit fahrlässiger Körperverletzung, Verkehrs- und Drogendelikten war er schon früher aufgefallen. Während seiner Tat rief er Allah an. Aber weil er neben Drogen auch Psychopharmaka nahm, sitzt er nicht im Untersuchungsgefängnis, sondern in einer Psychiatrie.

Die Berliner Medien berichteten Anfang der Woche (Tagesspiegel 04.06.) über Orhans Konflikte mit seiner Ehefrau und mit einer anderen, mit der er ein Verhältnis nebst Kindern hatte. Da wir auf den Fotos von Tagesspiegel und Berliner Zeitung eigentlich immer nur trauernde Frauen sehen, nehme ich an, dass sie die Quelle für die Berichte über das Privatleben sind. Die Frauen, die das Opfer Semanur kannten, reden, auch weil sie sich, wie meistens nach solchen Taten, fragen, ob sie die Warnsignale der Ermordeten nicht hätten ernster nehmen sollen.

Interessant ist, dass Polizei und Staatsanwaltschaft aus dem was die Frauen berichten nur das verwenden, was entlastend für Orhan S. wirkt: Semanur habe ihren Mann mal schizzophren genannt und er habe Medikamente genommen.

Daraufhin brach im Tagesspiegel Leserforum die Diskussion darüber aus, ob Orhan schuldfähig sei und ob er überhaupt, auch wenn er gesund wäre, wegen Mordes angeklagt werden könnte. Denn schließlich, so ein notorischer Forist vom Südkreuz, sei die Frau schon tot gewesen, als der Mörder sie köpfte. Deshalb falle das Mordkriterium besondere Grausamkeit weg.

Und tatsächlich, der Staatsanwalt übernimmt diese Argumentation und übersieht alle anderen Kriterien für Mord, die hier auch zutreffen könnten. Der Tagesspiegel schreibt gestern (Don., 07.06.):

Weil die nach deutschem Recht geltenden Mordmerkmale wie Habgier, Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Heimtücke und Grausamkeit nicht gegeben sind, wird gegen Orhan S. derzeit auch nur wegen Totschlags ermittelt. Das Mordmerkmal der Grausamkeit ist nicht erfüllt, weil er seine Frau erst köpfte und zerstückelte als sie schon tot war. Sie starb nach bisherigen Erkenntnissen an den Stichverletzungen, die ihr Mann ihr zufügte. Während Mord mit lebenslanger Haft bestraft wird, kann ein Totschläger mit fünf Jahren Gefängnis davonkommen.

Die WELT berichtete, mit welcher Begründung der begutachtende Psychologe Rudolf Egg zu dem Schluss kam, dass der kulturelle Hintergrund nicht entscheidend für das Ritual des Köpfens gewesen sein könne:
"Nicht selten sind ja das Machoverhalten und die Intoleranz von Männern ein Auslöser für eheliche Streitigkeiten. Als Erklärung für diese ungewöhnlich brutale Tat reicht dieser Hintergrund jedoch nicht aus."
Lassen wir den seine eigenen Vorstellungsgrenzen zur Wissenschaft erhebenden "Psychologen" mal wortlos stehen und gehen weiter: Ein Forist der Welt klärt uns über die Bedeutung des Ausrufs Allah sei größer auf:

Ein anderer fragt, was in den Medien los gewesen wäre, wäre der Täter ein Neonazi gewesen und hätte statt Allah seinen "Führer" angerufen..

Aber selbst wenn Orhan schizzophren ist, ist er damit nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Die Berliner Zeitung interviewt und zitiert einen Gerichtspsychiater über die Wirkung, die Medikamente abzusetzen (Berliner Zeitung, 07.06.):
Die Krankheit lässt sich mit Medikamenten gut behandeln, aber die Tabletten haben Nebenwirkungen wie etwa Bewegungsstörungen. Lässt man die Tabletten weg, geht es einem erstmal besser und man glaubt, man braucht sie nicht mehr. Bis die Symptome allmählich wiederkommen, Schlafstörungen, das Getriebensein, die Aggressivität. Schizophrenie erfordert meist eine lebenslange Therapie.
Mir fällt ein, dass es erst vorige Woche eine Diskussion im Berliner Abgeordnetenhaus über die fehlende "Kultursensibilität" der Mehrheiten für die in Berlin lebenden Minderheiten gab. Vielleicht beeinflusst das den Staatsanwalt, vielleicht wird dieser politischer beeinflusst. Aber es stimmt ja auch. Wir müssen sensibler werden. Allerdings nicht für gekränkte, "ehrenmordende" Machos, sondern für die, die sie bedrohen. Wer von Gewalt in der Nachbarschaft hört, muss dabei kultursensibel den Hintergrund des Gewalt

Gestern Abend dann eine Wende in dem Fall: Der Tagesspiegel berichtet, dass ein Cousin, Mahmut S. , von Orhan vor sieben Jahren ebenfalls seine Frau ermordert hat, ebenfalls auf besonders grausame Weise (Tagesspiegel, 08.06.):

Im Alkoholrausch erwürgte S. am 4. Januar 2005 seine Frau Meyrem Ö. 
Und Achtung: Diesen Zusammenhang haben nicht Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelt. Sondern:
Das ehemalige Mitglied der Linken-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Giyasettin Sayan, bestätigte dem Tagesspiegel, dass es sich bei den beiden Männern um Cousins handelt. Er hatte sich damals intensiv mit der Familie S. beschäftigt, da er zwischen den Familien des Täters und des Opfers „vermittelt“ hat, wie er selbst sagt, weil schon vor der Tat eine Art „Blutrache“ zu befürchten war.
Auch Mahmut hat Kinder, fünft Stück. Die beiden völlig übersteuerten Mörder haben elf eigenen Kindern die Mütter genommen. Um sie kümmern sich Jugendheime und ämter.

Der Vorsitzende des Vereins „Aufbruch Neukölln“, Kazim Erdogan "erinnert sich gut an den Fall", schreibt der TS. Ich frage mich allerdings, warum erinnert er sich erst, wenn er dazu befragt wird?

Das Forum tobt angesichts des neuen Blicks auf den Fall. Da die These von der Schuldunfähigkeit als vorschnell bewertet werden muss, wanken hier Weltbilder. Der Diskussionseröffner fragt allen Ernstes, welche Erkenntnisse diese Information bringen soll? Naja. Im Forum darf jeder seine Meinung sagen.

Die rotgrüne Argumentation, die die Anarchotäter in Schutz nimmt, und damit automatisch die mit diesen eingewanderten Frauen schutzlos ausliefert und zu Verantwortlichen zur VERHINDERUNG solcher Taten macht, geht so:
  • Der Mann "war chancenlos". Falsch: Als Schulabbrecher hat er sich selbst aller Chancen beraubt.
  • Man spricht einerseits von "Migrationshintergrund" für den wir bitteschön "kultursensibel" zu sein haben. Wenn sich prägende Merkmale wie Machoanarchismus in den Vordergrund schieben, dann wird der kulturelle Einfluss ganz schnell weggeschaltet.
  • Eingeschaltet wird dann ein anderer kultureller Hintergrund, nämlich unser. Wir "als Gesellschaft" sollen dann noch sensibler und noch aufmerksamer sein und den Tätern noch mehr Chancen hinterher tragen.
Geht's noch?

Ich hoffe aber, dass der Staatsanwalt nicht weiter so stark filtert und dem neuen Befund einfach mal nachgeht..

Mittwoch, 6. Juni 2012

Ein Rundgang um den Tatort Kreuzberg

Als ich die trauernden Frauen da stehen sah, an der Stelle im Hof, auf die der Mörder den abgetrennten Kopf seiner Ehefrau hatte fallen lassen, da ergriff es mich nicht mehr länger nur im Kopf, sondern körperlich. Sie standen vor den Blumen und dem Foto der Ermordeten und schwiegen. Steht man an einem Tatort unvorstellbarer Grausamkeit, wird man in der Tat sprachlos, vor Entsetzen und Trauer. 

Das erste Foto unten zeigt rechts, mit violetter Fassade, das Haus, auf dessen Dachterrasse es passierte. Die Straße in der ich das Foto aufnahm kreuzt die Köthener Straße. Im weiteren Verlauf führt eine Treppe auf den Übergang zum Potsdamer Platz, dessen Gebäude man ganz hinten sieht. Es stimmt, hier wohnen gestrandete Einwanderer neben Studenten der Technischen Kunsthochschule fast Tür an Tür mit den "Gentrifizierern" und den überheblichen Angestellten von Pfizer am Potsdamer Platz. Aber mit Gentrifizierung hat diese Tat überhaupt nichts zu tun. Das hätten nur einige grüne Bezirkspolitiker gerne, die jetzt vor den Scherben ihrer gescheiterten "Integrationspolitik" stehen.



Der Mörder Orhan S. rief seinen Gott Allah an, als er die Messer wetzte. Wäre er ein Glatzkopf gewesen, der seinen Führer angerufen hätte, wäre sonnenklar, welche Schlagzeilen in dieser Woche die Medien beherrschen würden. So aber recherchiert der Tagesspiegel die entlastenden Befunde für den Täter. Gestern zitierte er Experten, die via Ferndiagnose feststellten: Gerade aus der Grausamkeit der Tat müsse man schließen, dass der Mörder entweder unter Drogen gestanden oder umgekehrt auf Entzug gewesen sein muss. Heute legen sie nach: Heute war die Tat nicht mal mehr grausam genug, um als Mord durchzugehen. Tagesspiegel wörtlich (Link): "Weil die Frau schon tot war, als er sie köpfte und zerstückelte", sei das Mordkriterium besondere Grausamkeit nicht gegeben.


Gehen wir weiter und vergessen vor lauter Sprachlosigkeit das Atmen nicht. Direkt nebenan die berühmten Hansa Tonstudios. Und gegenüber sind der Bundesumweltminister und die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit sowie KPMG "abgestiegen."


Berlin gibt sehr viel Geld (das es nicht hat) für Beratungs-, Integrations- und sonst was für Stellen aus. Mit "Häkeln für Migrantinnen" kümmert man sich allerdings bequemerweise nicht um die, die das Problem sind: Die Frauen. Es sind die Frauen, die schnell verstehen, dass man in Deutschland etwas erreichen kann, wenn man in Schule und Ausbildung die Gelegenheit beim Schopfe packt. Nicht wenige studieren oder machen sich selbständig. Wer mit ihnen nicht mitkommt, sind ihre gleichaltrigen Männer. Die bevorzugen es, auf dem Schulhof mit Dummheit zu glänzen, sich in den Schritt zu packen und die Größe ihrer gestern geraubten Smarktphones zu vergleichen. Nein, das ist keine Projektion oder Vorurteil, ich habe es in der S-Bahn schon selbst mitbekommen.

Diese Männer machen bei den schlauen Miteinwanderinnen keinen Schnitt. Deshalb fordern sie bei ihren Eltern in Anatolien "Importbräute" an. Eine von ihnen war die Ermorderte. Sie wurde gezwungen, sie kannte hier fast niemanden und lebte wohl vor allem für ihre Kinder. Ihr Mann lebte orientalische Traditionen aus und gönnte sich gleich noch eine Nebenfrau. Als beide Frauen von einander erfuhren, drohten sie mit Trennung. Zu viel für den Gekränkten, er musste zur Tat schreiten.


Ist das ein Einzelfall? Nein, familiäre Gewalt ist alltäglich. Hat es was mit Religion zu tun? Ich würde sagen: Ja, weil er Gott anrief, was auch immer er ihm glaubte beweisen zu müssen. Hat es was mit Integrationspolitik zu tun? Ja, besonders mit dem Scheitern des Konzeptes, das auf "Angeboten" basiert. Gewaltbereiten Männern darf man keine Angebote machen, man muss ihnen Grenzen setzen. Auch seitens Politik und Polizei.

Aber so wie die Dinge liegen, drohen dem Mann, wenn er nicht als völlig schuldunfähig begutachtet wird, ca. 5 Jahre wegen Totschlages unter Drogeneinfluss.

Mittwoch, 30. Mai 2012

Photovoltaikbetreiber sollten sich an den Markt trauen

Operation misslungen, Patient gerade noch gerettet. So könnte man die letzten Wochen in der Photovoltaikbranche deuten. Dass die Pläne von Ex-Umweltminister Röttgen zur abrupten Kürzung der Einspeisevergütung im Bundesrat gestoppt wurden, kam für manche Entwickler und Hersteller in Deutschland zu spät. Sie meldeten Insolvenz an, weil ihre Nachfrage ebenfalls abrupt zurückgegangen war. Kein Wunder, denn die Kürzung sollte massiv ausfallen: Von bisher rd. 24 Ct/kWh auf rd. 18. Da musste jeder neu rechnen, der eine solche Investition plante.

Wehmütig schauten deutsche Hersteller sicherlich auf die USA, wo Obama Importzöller auf die zu  Dumpingpreisen vertriebenen chinesischen Anlagen ankündigte. (Ganz schlecht fand ich dem Zusammenhang Aussagen von FDP Mitgliedern, wir sollten uns doch über die gesunkenen Anlagepreise freuen.)

Im deutschen Markt aber gingen Nachfrage und auch Aktienkurse stark zurück. Doch Pfingsten könnte die erneute Wende gebracht haben: Die Nachricht von den 22 Gigawatt Einspeiseleistung, die 20 Atomkraftwerke ersetzen würden, war beste PR, hat die Phantasie neu angeregt und die Aktienkurse gestern um bis zu 7% steigen lassen. Zusätzliche Phantasie bewirkte Peter Altmaier mit der Aussage, er wolle im Bundesrat schnelle eine Einigung mit den Ländern erzielen.

Bisher war die gesetzliche Einspeisevergütung auf diesem Niveau eine bequeme und lukrative Grundlage für die privaten Betreiber von PVA Anlagen. Allerdings bekamen sie auch nur soviel, wie die großen Stromversorgungsunternehmen selbst für eine Kilowattstunde Ökostrom verlangen. Eigentlich noch weniger, denn einen Grundpreis ("festen Leistungspreis"), der das Investitionsrisiko zu einem Fixanteil auf den Abnehmer abwälzt, konnten sie nicht in Rechnung stellen.

Was die Vergütungspläne des Energieeinspeisegesetztes EEG bisher auch nicht berücksichtigt haben, ist die unterschiedliche Wertigkeit von Leistung und Energie abhängig von der Tageszeit. Die würde Photovoltaik aber zugute kommen.

Denn die Einspeiseleistung geht mit dem Sonnenstand und hat mittags ihr Maximum. Also genau dann, wenn auch die Stromnachfrage ihr Maximum hat. Weil alle konventionellen Kraftwerke nach dieser Spitzenlast (die man auch noch übers Jahr betrachten muss) ausgelegt sind, ist die Last- bzw. Leistungsspitze ein gewichtiger Faktor für den Strompreis. Photovoltaik mit ihre Mittagsspitze senkt also die Leistungskosten im Kraftwerkspark, was sich über die Jahrzehnte mit kleineren Auslegungen bemerkbar machen müsste. Schon heute merkt man den positiven Effekt an den gesunkenen Preisen an der Strombörse.

Röttgens Vorhaben hätte man deshalb auch so interpretieren können: Nachdem die Privaten nun kräftig in Spitzenlastkraftwerke investiert haben und nicht mehr zurückkönnen, könnte man diesen Nutzeneffekt doch einfach mitnehmen und den Preis dafür nun kürzen. Zugunsten der großen Energieversorger, die davon durch künftig geringeren Bedarf an teuren Spitzenlastkraftwerken und geringere Einspeisevergütung  profitieren. (Sie gehen sogar noch weiter und wollen sich auch die verbliebenen Investitionen in Spitzenlastkraftwerke subventionieren lassen. Sie rechnen das so, dass die Experten in den Ministerien womöglich kaum durchblicken..)

Die privaten Betreiber könnten darauf mutig und marktwirtschaftlich reagieren: Indem sie ihre Anlagen mittags vom Netz nehmen und sich bessere Angebote machen lassen. Sie könnten sich virtuell zusammen schließen und gemeinsam am Markt anbieten. Wäre doch spannend, wo der Preis dann liegen würde.

Was ich allerdings noch nicht verstanden habe in dem ganzen Spiel: Warum verbrauchen private Erzeuger ihren selbsterzeugten Strom nicht zuerst selbst? Gibt es ein besseres Gefühl, als sich zumindest etwas von den steigenden Strompreisen unabhängig zu machen? Zumindest auf dem Lande müsste der Trend doch dahin gehen, lokale Teilnetze zu betreiben, um Schwankungen in Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. NATÜRLICH WÜRDE SONNENSTROM DEN BEDARF BEI DUNKELHEIT NICHT DECKEN, das weiß ich selbst. Aber man würde mit den Großanbietern anders ins Geschäft kommen.


Sonntag, 20. Mai 2012

Die beste Saison aller Zeiten



Ich kann mich an keine so gute Fussballsaison erinnern wie diese. Double-Jubel in Dortmund. Herablassende Worte aus München, und eine Woche drauf die passende Antwort. Die Borussia auf bestem Wege und der FC Bayern am Boden. Ich bin eigentlich zu alt, um Fussball zu wichtig zu nehmen und auch für eine solche Schadenfreude. Aber in dem Moment, in dem es passiert, tut es doch  gut.

Nur wenige Bundesligamannschaften beherrschen Fussball als Mannschaftsspiel so wie die Dortmunder Borussen und versetzen Fans wie neutrale Zuschauer in Begeisterung. Die Bayern beherrschen es nicht. Ein Mario Gomez richtet sich als erstes das Haar, wenn er mal zu Boden gegangen ist. Ribery und Robben spielen einander um Verrecken keinen Ball zu, wenn der andere besser steht. Sie lauern alle auf ihren Alleingang, und der führte gestern für jeden von ihnen ins Abseits. Recht so. Es war schon etwas außergewöhnliches, dass der Torschütze Müller nicht den Weg zur Bayernkurve oder Fernsehkamera suchte, sondern sich von seinen Mannschaftskameraden bejubeln ließ.

Doch schon bei Robbens Elfmeter staunte man, dass der überhaupt schießen durfte. Noch bezeichnender später, die Weigerung etlicher Bayernspieler, beim Elfmeterschießen anzutreten. Normalerweise schießt der Torwart nur, wenn alle Feldspieler schon dran waren. Aber Neuer zeigte gestern Verantwortungsbewusstsein, als die anderen kniffen.

Wie bei Twitter jemand schrieb: Das ist Fussball der 90er, und es trägt die Handschrift von Jupp Heynckes, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge.

Die Arroganz der Bayern zeigte sich auch in den schlechten Verlieren. Sie schlugen den tröstenden Händedruck des Bundespräsidenten aus, sie vergaßen dem Championsleaguegewinner Chelsea zu gratulieren, und die Fans strömten in Scharen heim, als die Siegerehrung noch lief.

Den Satz "Wir waren eigentlich die bessere Mannschaft und haben hervorragend gespielt." kann ich nicht mehr hören. Ich hoffe, dass die "Biggest Loser" (Sat1 Werbeeinblendung gestern), ihr Verlierergen nicht in die Nationalmannschaft tragen. Ich hoffe auch, dass sie von Löw und Co. keine Sondertherapie erwarten. Entweder stoßen Schweinsteiger und Kollegen fit und motiviert zum Kader oder Löw sucht Ersatz.

Uli Hoeneß hat angedroht, seine Ungeduld auf den nächsten Titel mit "Brute Force" erlösen zu wollen. Mit Geld. "Wir werden so lange Spieler kaufen, bis wir gegen Dortmund wieder gewinnen." Das ist Bonzenrhetorik. Er wird sicher auch vielen Dortmundern ein vulgäres Angebot machen. Vielleicht sogar Jürgen Klopp. Vielleicht aber ist es schon bald auch irrelevant, was ein Uli Hoeneß denkt und sagt und wie viele EUROS er auf den Tisch legt.

War es die beste Saison aller Zeiten für BvB-Fans? Als Schüler war ich Dauergast auf der Südtribüne. Es waren die Zeiten von Burgsmüller, Raducanu, Huber, Immel und: Zorc. Jedes Jahr ging es um die Teilnahme am UEFA-Cup und oft wurde sie am letzten Spieltag versemmelt. Ich erinner mich heute noch an das 4-6 gegen die Namensvettern aus Gladbach. Später klappte es dann öfter. Erst als ich die Lust verlor zum Spiel zu gehen, wurde es besser. Es kam die Ottmar Hitzfeld Zeit. Ich war Student und hatte zum ersten mal Satellitenfernsehen - und deshalb Championsleague live. Es war super, aber an Karten kam man nur noch als Dauerkarteninhaber. Dann zog ich nach Essen, dann nach Schalker (!) und schließlich nach Berlin. Der Championsleaguegewinn war der letzte größtmögliche Triumph. Aber er war anders errungen als die Titel unter Klopp, sagen wir so. So wie Klopp es macht, so ist Fussball gemeint. Ich hoffe, dass das im kommenden Herbst dann auch in der CL besser läuft. Und dass Klopp dann noch Trainer des BvB ist.


Donnerstag, 17. Mai 2012

Wie soll der Fiskalpakt durchgesetzt werden?

Bei Unternehmensfinanzierungen gibt es im wesentlichen zwei Varianten:

Kredite gegen Sicherheit, dafür ohne Mitspracherecht.
Beteiligung ohne Sicherheit, dafür mit Mitspracherecht.

Staaten geben keine Beteiligungen heraus, sondern nehmen Kredite auf, in dem sie Anleihen emittieren. Der Anleihezeichner hat nur Anspruch auf Zinszahlungen und Kapitalrückzahlung. Mitspracherechte hat er nicht.

Genau das ist den "Geberländern" der EU ein Dorn im Auge und begründet die Vorlage eines sog. Fiskalpaktes. Er schreibt den Mitgliedsstaaten ein Mitspracherecht ins Stammbuch, wenn diese die Schuldengrenze überschreiten. Mitspracherecht heißt derzeit aber lediglich: Pflicht zur Berichtserstattung an den Europäischen Rat und das Recht, den Staat zu verklagen.

Die Frage ist: Wer exekutiert gegebenfalls ein Urteil auf Schuldensenkung? Schickt die EU dann ihre Geheimpolizei? Und wer sagt, wie die Schulden gesenkt werden: Ausgabensenkung, Einnahmenerhöhung - oder gar: Eintreibung hinterzogener Steuern bei schweizer Banken?

Wer den Fiskalpakt vorantreibt muss also längst weitergehende Pläne haben..

Mittwoch, 16. Mai 2012

Energiewende a la Eon: Nach Stromlücke jetzt Überlast

Wir erinnern uns: Seit den 80ern warnen die Energiemonopolisten vor Stromlücken, wenn wir Atom- und Kohlekraftwerke durch Wind, Sonne und Laufwasser ersetzen sollten. Das Licht würde flackern, Rechner abstürzen, das Mittagessen bliebe kalt.

Sonne und Wind gebe es in DE prinzipiell zu wenig, um damit den Strombedarf zu decken. Sagten die, die auch nichts unterließen, den Strombedarf künstlich zu pushen. Z.B. mit Stromheizungen, die sie grob irreführend "Fernwärme per Draht" nannten.

Die Monopolisten rechneten ihre Anlagen schön, indem sie -ähnlich wie heute die Banken- Risiken an den Steuerzahler auslagerten. Forschung und Entsorgung von Kernbrennstäben z.B. überließen sie großzügig uns. Oder wie es mal ein SZ Redakteur formulierte: Die Risiken der Kernenergie trägt zur Hälfte der Stromkunde, die andere Hälfte trägt der Steuerzahler.

Laut Eon und Co. also würde der Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen nur noch aus der Leitung tröpfeln.

Inzwischen haben Wind und Sonne ihren Anteil an der Stromversorgung auf 11%, die Regenerativen insgesamt auf 20% hochgeschraubt. Und der Anschluss von Seewindkraft ans Transportnetz steht erst noch bevor. Sonnenstrom, der natürlich nicht nachts verfügbar ist, hat die hohen Kosten für die Lastspitze am Mittag deutlich gekappt, also verbilligt. Die Warnungen der Monopolanbieter sind also widerlegt.

Doch was jetzt? Jetzt wenden auch sie. Allerdings nur ihre Argumentation für neue Subventionen. Jetzt drohen Stromlücken nicht mehr wegen zu wenig, sondern zu viel Windstrom. Jetzt stellt sich heraus, dass sie ihre goldenen Netze jahrzehntelang falsch geplant haben, bzw. planerisch überhaupt nicht auf den Energietrend reagiert haben. Jetzt droht plötzlich Überlast, also: Netzabschaltung, also: eine neue Stromlücke. Und natürlich halten sie wieder die Hand auf beim Steuerzahler. Obwohl sie seit fast zehn Jahren die Monopolpreise für Strom kräftigst erhöht haben, nehmen sie weiter kräftig Einfluss auf den Wirtschaftsminister, um neue Abgaben einzuführen. Mit Erfolg: Heute berichtet die FAZ von einer neuen Umlage, mit der Planungs- und Wartungsfehler bei Netzanschlüssen von Offshore-Anlagen abgesichert werden sollen. Der Netzbetreiber Tennet, an den man die Nordnetze vergeben hat, ist finanziell zu schwach auf der Brust, um das Unternehmen Energiewende tatsächlich stemmen zu können. Mehr Chaos, mehr Dilettantismus in der Energiepolitik geht kaum.

Strom und Benzin sind bereits Inflationstreiber Nummer eins. Aber Rösler, Mitglied der Steuersenkungspartei, packt noch einen drauf.


Dienstag, 15. Mai 2012

Aktuelle Varianten der Projektion

Im April berichtete die SZ (Link) über eine angelsächsische Studie, nach der die extremsten Eiferer gegen Homosexualität mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre eigene, verdrängte Neigung bekämpfen. Woher sollte auch sonst die Phantasie kommen, die diesen Eifer nährt? Noch eine Spur verwerflicher ist es, wenn Homophobie mit Verweis auf höhere Mächte wie z.B. einen Gott "gerechtfertigt" wird.

Ich ergänze aus eigener Beobachtung: Auch unter Heteros gibt es extreme Homophobie. Nämlich solche, die Frauen vorrangig als verfügbare Objekte betrachten. Und dem Schwulen unterstellen, er würde nun seinerzeit ihn, den Macho, genauso betrachten, wie dieser die Frau: Also als verfügbares Objekt. Der Anblick des Schwulen erzürnt den Macho, weil er sich als souveränes, über andere bestimmender Mann in Frage gestellt sieht.

Es gibt noch eine Variante der Projektion: Die, des schlechten Gewissens. Wenn z.B. heute Frankfurter Banker öffentlich ihrer Angst vor Ausschreitungen der Blockupy-Aktivisten Ausdruck geben (Handelsblatt, Link), muss man sich fragen: Wie kommen die darauf? Hätten die Aktivisten etwa Anlass dazu? Ich finde es niederträchtig als Finanzindustrie selbst unserer Gesellschaft zur Last zu sein und wenn diese sich wehrt, vor "Ausschreitungen" zu warnen. Das ist Manipulation.


Samstag, 12. Mai 2012

BvB Fantreff an der Gedächtniskirche

Inzwischen ist es schon Tradition, dass der Breitscheidplatz an der Gedächtniskirche vor dem DFB Pokal vom Ruhrpott dominiert wird. Voriges Jahr die Schalker, dieses Jahr die Dortmunder. In der Hoffnung auf Double-Jubel :-) Dass es ein "Heimspiel in Berlin" sei, war nicht übertrieben.  Bayernfans waren so gut wie keine zu sehen.











Dienstag, 8. Mai 2012

Hoimar von Ditfurths Blick auf die Welt

In Zeiten, in denen der Aberglaube wieder um sich greift, muss man an längst erzählte, aber wieder vergessene Befunde (um das verdächtige Wort "Wahrheiten" zu vermeiden) erinnern. Dass wir sie vergessen konnten liegt nicht an einem Mangel an Erzählern. Wir hatten in den Achtzigern Hoimar von Ditfurth, Joachim Bublath und Carl Sagan. Heute haben wir Yogeshwar. Das Problem ist, dass Erzähler heute nicht mehr durchkommen, im sogenannten Informationszeitalter. "Populist" ist ein Schimpfort unter Politikern geworden. "Populärwissenschaftler" eines unter Wissenschaftlern.

Also, von Sonnenwinden haben wir in der BILD gelesen. Geladene Teilchen, die die Sonne in die Gegend spuckt. Kein Atommüll wie aus einem Kraftwerk, sondern im wesentlichen aus Plasma bestehend - also freien Elektronen und Protonen. Mit ein paar Heliumkernen. Also durchaus ungesund. Und die DNA verändernd.

Vor ihnen uns schützt das Magnetfeld der Erde, indem es den Sonnenwind ablenkt. Nur deshalb konnte sich Leben auf der Erde erhalten. Aber auch nur, weil der Sonnenwind in der Stärke schwankt und das Magnetfeld ihn nicht vollständig ablenkt, kommt soviel Strahlung durch, dass es hin und wieder zu Mutationen kommt. Ohne Magnetfeld hätten wir keine Überlebenschance. Aber ohne Sonnenwind wären wir über das Amöbenstadium nicht hinausgekommen, weil die Mutationen gefehlt hätten. Bis hierhin ist es schon spannend, es kommt aber noch besser:

Links die Sonne, rechts irdisches Magnetfeld. Grafik: NASA

Das Erdmagnetfeld entsteht aufgrund einer Besonderheit der Erdmasse: Erdkern und Oberfläche sind fest, die dicke Schicht "in der Mitte" besteht aus heißen, (mehrere tausend Grad) flüssigen Metallen, Wie der Informationsdienst IDW schrieb (Link):

Das Magnetfeld der Erde entsteht dadurch, dass Materie - im Wesentlichen flüssige Metalle - im Erdinnern unter dem Einfluß physikalischer Kräfte schraubenförmige Bewegungen ausführt. Unter bestimmten Bedingungen soll dabei ein sich selbst erhaltendes Magnetfeld entstehen, der so genannte Geodynamo. 

Die speziellen Strömungen, die es für einen dauerhaften "Geodynamo" braucht, entstehen wegen des Mondes. Ohne ihn würden sich die Rotationen von Erdmantel und die Schichten des flüssigem Inneren irgendwann aneinander anpassen, es würden die Relativbewegungen fehlen, die ein Dynamo braucht. Es ist die Gravitation des um die Erde eiernden Mondes, die das Notwendige bewirkt.

Dies ist die Versuchsanordnung, in der unsere Biologie aus dem "Nichts" entstehen und sich entwickeln konnte. Fällt es da schwer an "Zufall" zu glauben?

Die Stoffe, aus denen die Biologie entstand, waren in der Uratmosphäre reichlich vorhanden:  Wasser (H2O), Methan (CH4), Ammoniak(NH3), Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffmonoxid (CO). 

In den fünfziger Jahren experimentierten zwei Chicagoer (Miller und Urey) mit einer solchen Ur-Atmosphäre in ihrem Labor, indem sie Blitze auf die o.g. Stoffe gaben. Wie Hoimar v. Ditfurth in einem Interview des Saarländischen Rundfunks mal erklärte, dauerte es gerade eine Nacht, um in dem Glaskobeln 3 der damals 20 (heute: 22) bekannten Aminosäuren zu erzeugen. (Nebenbei; Ein interessanter Fingerzeig darauf, warum das menschliche Kollektivgedächtnis Gewitter für göttlich hält.). Aminosäuren sind die Bausteine unserer Peptide und Proteine (Eiweiße).  Aus diesen gerade mal 20 Säuren, hundert- bis tausendfach, kombiniert sich der Aufbau unseres Organismus. Die angewandte Kombinationsvorschrift ist in der DNA gespeichert.

Einige Aminosäuren müssen wir unserer Nahrung entnehmen, weil unser Körper sie nicht selbst herstellen kann. Dass wir überhaupt einen Stoffwechsel haben, der weiß, was er der Nahrung entnehmen kann und dafür sorgt, dass wir -fast egal was wir essen, solange es ungiftig und mindestens zum Teil wertvoll ist- immer gleich aussehen, das finde ich fast so erstaunlich wie Intelligenz und Bewusstsein. Wir mutieren nicht durch das, was wir zu uns nehmen, sondern nur durch Manipulationen an unserer Erbsubstanz.


Freitag, 27. April 2012

Resümee über Kreativität nach sechzehn Ingenieursjahren


Resümee aus meinen Ingenieursjahren in Konzernen und kleinen Organisationen:

  • Ja, ich habe mir angewöhnt, Erfindungs-und Verbesserungsideen schriftlich festzuhalten und einzureichen.
  • Ja, ich habe ein Skizzenbuch, in dem ich auch noch nach Jahren Werdegänge von Ideen verfolgen kann und immer wieder erstaunt feststelle, wie schnell "utopische" Annahmen von der Realität übertroffen werden.
  • Nein, meine besten Inspirationen hatte ich nicht in Brainstormingsitzungen, sondern wenn ich einen Mangel oder Bedarf entdeckte, den man durch Transformation von Erfahrenem oder Gelesenem bedienen könnte.
  • Ich hatte gleich mit der ersten Idee den größten Erfolg. Es hat mich ermutigt, Ideen nicht wegzuschmeißen, sondern zu entwickeln. 
  • Besser als eine Brainstorminggruppe ist das Gespräch mit einem oder zwei Gleichgesinnten, die aus unterschiedlichen Ausbildungsrichtungen kommen. Ungefilterte Assoziationen kommen nur in vertrauenswürdiger Umgebung oder wenn klar ist, dass die Ideenurheber als solche anerkannt bleiben (d.h. wenn der Chef teilnimmt, der aber selbst als starker Filter wirkt).
  • Im trockenem Konzernumfeld fliegt mir mehr Inspiration zu als in einer aufgekratzten  "Kreativagentur" oder "Beratung". Eitle Konkurrenz stachelt nicht an, sondern törnt ab. Die Antwort auf die Frage liegt nicht darin, das Fragezeichen wegzuwischen.
  • Viele Manager, sogar solche, die Ideenwettbewerbe organisieren, dementieren es, selbst auch kreativ sein zu müssen. Als "unsere Kreativen" bezeichnen sie nämlich gerne die unteren Gehaltsbänder in der FuE.
  • Politiker verstehen nicht, dass Kreativität erst dann wirtschaftlich zündet, wenn sie zu Massenprodukten führt, die sich exportieren lassen. Sie halten eine "kreative" Dienstleisterszene aus Auftragsprogrammierern bereits für Erfolg.
  • Viele wahrhaft kreative Menschen unterschätzen ihre Ideen und trauen sich nicht, eine Erfindungsmeldung einzureichen. 
  • Bring Funktionenerfinder mit Technologieerfindern zusammen. 
  • Bring ITler mit Prozessorganisatoren zusammen. 
  • Bring Absolventen mit Seniorberatern zusammen.
  • Vorsicht: Der Ideenklau geht um. Ein Kollege reichte einen fremden Beratungsthemenvorschlag  als Beitrag zu einem Ideenwettbewerb ein. Und verlor ;-)
  • In der Wertschöpfungskette der Piraterie folgt nach dem Ideenklau der Kampf um die Projektleitung. Ok, das Management hat das Go! gegeben. Und wer setzt es nun um? 
  • Die Geschäftsführung (und der Parteivorstand) tendieren dazu, die Organisatoren der Workshops auszuzeichnen, nicht die, die entscheidende Impulse geben. Jedenfalls eine Zeit lang. 
  • Andererseits: Eine solche Arbeitsteilung ist sinnvoll (vgl. Thomas Edison), die Rollenbesetzung gehört aber in den Nachspann.
  • Hinweis: Wenn das Patent des Angestellten "in Serie geht", bekommt er zusätzlich zu dem Gehalt eine Erfindervergütung. Das ist Gesetz, wissen aber die wenigsten! (Wo das nicht der Fall ist: den Betriebsrat ansprechen.)
  • Alte Erfinderhasen wissen, wie man seine Patente in Serie bringt ;-)
  • Sei nicht stolz auf Deine erste Erfindungsmeldung und Dein erstes Patent. Sei stolz, wenn Dein erstes Patent in Serie geht. Dazu brauchst Du voraussichtlich zig  Erfindungsmeldungen.
  • Finanziere die Umsetzung Deiner Idee in konzentrischen Kreisen: Wärst Du bereit, eigenes Geld zu investieren (nur dann glaubst Du wirklich an sie)? Könntest Du Verwandte und Freunde überzeugen, mit Dir zu investieren? Gehe erst danach zum Chef oder zur Bank.
  • Businesspläne schreibt man vor allem für sich selbst. Wie man überhaupt nur schreibt, um sich selbst etwas klar zu machen. 

Resümee über Kreativität nach sechzehn Ingenieursjahren

Resümee aus meinen Ingenieursjahren in Konzernen und kleinen Organisationen:

  • Ja, ich habe mir angewöhnt, Erfindungs-und Verbesserungsideen schriftlich festzuhalten und einzureichen.
  • Ja, ich habe ein Skizzenbuch, in dem ich auch noch nach Jahren Werdegänge von Ideen verfolgen kann und immer wieder erstaunt feststelle, wie schnell "utopische" Annahmen von der Realität übertroffen werden.
  • Nein, meine besten Inspirationen hatte ich nicht in Brainstormingsitzungen, sondern wenn ich einen Mangel oder Bedarf entdeckte, den man durch Transformation von Erfahrenem oder Gelesenem bedienen könnte.
  • Ich hatte gleich mit der ersten Idee den größten Erfolg. Es hat mich ermutigt, Ideen nicht wegzuschmeißen, sondern zu entwickeln. 
  • Besser als eine Brainstorminggruppe ist das Gespräch mit einem oder zwei Gleichgesinnten, die aus unterschiedlichen Ausbildungsrichtungen kommen. Ungefilterte Assoziationen kommen nur in vertrauenswürdiger Umgebung oder wenn klar ist, dass die Ideenurheber als solche anerkannt bleiben (d.h. wenn der Chef teilnimmt, der aber selbst als starker Filter wirkt).
  • Im trockenem Konzernumfeld fliegt mir mehr Inspiration zu als in einer aufgekratzten  "Kreativagentur" oder "Beratung". Eitle Konkurrenz stachelt nicht an, sondern törnt ab. Die Antwort auf die Frage liegt nicht darin, das Fragezeichen wegzuwischen.
  • Viele Manager, sogar solche, die Ideenwettbewerbe organisieren, dementieren es, selbst auch kreativ sein zu müssen. Als "unsere Kreativen" bezeichnen sie nämlich gerne die unteren Gehaltsbänder in der FuE.
  • Politiker verstehen nicht, dass Kreativität erst dann wirtschaftlich zündet, wenn sie zu Massenprodukten führt, die sich exportieren lassen. Sie halten eine "kreative" Dienstleisterszene aus Auftragsprogrammierern bereits für Erfolg.
  • Viele wahrhaft kreative Menschen unterschätzen ihre Ideen und trauen sich nicht, eine Erfindungsmeldung einzureichen. 
  • Bring Funktionenerfinder mit Technologieerfindern zusammen. 
  • Bring ITler mit Prozessorganisatoren zusammen. 
  • Bring Absolventen mit Seniorberatern zusammen.
  • Vorsicht: Der Ideenklau geht um. Ein Kollege reichte einen fremden Beratungsthemenvorschlag  als Beitrag zu einem Ideenwettbewerb ein. Und verlor ;-)
  • In der Wertschöpfungskette der Piraterie folgt nach dem Ideenklau der Kampf um die Projektleitung. Ok, das Management hat das Go! gegeben. Und wer setzt es nun um? 
  • Die Geschäftsführung (und der Parteivorstand) tendieren dazu, die Organisatoren der Workshops auszuzeichnen, nicht die, die entscheidende Impulse geben. Jedenfalls eine Zeit lang. 
  • Andererseits: Eine solche Arbeitsteilung ist sinnvoll (vgl. Thomas Edison), die Rollenbesetzung gehört aber in den Nachspann.
  • Hinweis: Wenn das Patent des Angestellten "in Serie geht", bekommt er zusätzlich zu dem Gehalt eine Erfindervergütung. Das ist Gesetz, wissen aber die wenigsten! (Wo das nicht der Fall ist: den Betriebsrat ansprechen.)
  • Alte Erfinderhasen wissen, wie man seine Patente in Serie bringt ;-)
  • Sei nicht stolz auf Deine erste Erfindungsmeldung und Dein erstes Patent. Sei stolz, wenn Dein erstes Patent in Serie geht. Dazu brauchst Du voraussichtlich zig  Erfindungsmeldungen.
  • Finanziere die Umsetzung Deiner Idee in konzentrischen Kreisen: Wärst Du bereit, eigenes Geld zu investieren (nur dann glaubst Du wirklich an sie)? Könntest Du Verwandte und Freunde überzeugen, mit Dir zu investieren? Gehe erst danach zum Chef oder zur Bank.
  • Businesspläne schreibt man vor allem für sich selbst. Wie man überhaupt nur schreibt, um sich selbst etwas klar zu machen.