Immer noch mehr Fragen als Antworten in puncto "Netzpolitik". Deshalb ist es richtig, zunächst mal die Probleme klar zu formulieren und zu analysieren. Die SPD hat das 2012 im Prinzip gemacht. Ihre 12 Thesen (Quelle: iRights) und meine Meinung dazu:
1. Chancennutzung für beide Seiten
Die SPD will beides: Rechte der Urheber schützen und die neuen Möglichkeiten der Vermarktung und Kulturteilhabe für alle nutzen.
=> Ok, besser wissen wir es nicht. Die Lehre von Steve Jobs: Das Internet verbessert Künstlerchancen - wenn man es schlauer angeht als die großen Musikverlage. Stimmt. Aber Apple's iTunes hat nicht nur das Geschäft mit digitaler Musik angekurbelt, es hat auch die Preise für Musik gesenkt. Apple verkauft die Musik billig, um teure iPods verkaufen zu können.
2. Interessenausgleich
Wie Punkt 1. Enthält eine schüchterne Kritik an der intransparenten Geschäftspolitik der Musikverwertungsgesellschaft GEMA.
=> Die GEMA gibt vor, die Interessen von Musikern zu schützen, schützt aber vor allem die Verlage der Musiker. brand eins hatte in der Ausgabe "Digitale Wirtschaft" eine aufklärende Analyse dazu. Der GEMA Verteilschlüssel für Lizenzeinnahmen ist genauso wenig die Lösung wie eine Flatrate, die die Relevanz einzelner Künstler nicht berücksichtigt.
3. Urhebervertragsrecht
Die SPD will die Verhandlungspositionen von Künstlern gegenüber den Verwertungsgesellschaften stärken und dazu das Urhebervertragsrecht anpassen.
=> Ok, ich bin aber neugierig, wie sie das machen will.
4. Nutzfreundliche Angebote
Es soll den Musikkonsumenten einfach gemacht werden, digitale Musik legal erwerben zu können ohne versehentlich in die Illegalität zu geraten. Da nicht jeder Künstler, vor allem zu Beginn seiner Karriere, auf große Einnahmen aus ist, sondern das Internet benutzt, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern, sollen Common Criteria Lizenzmodelle gefördert werden. Vor allem soll die Benutzbarkeit vereinfacht werden.
=> Sehr gut. Die Musikverlage müssen ihre "Nuke Option" verlieren, mit der sie in der Vergangenheit mehr als eine Familie finanziell ruiniert haben. Zur Einfachheit der Benutzung gehört auch das andere Extrem: Nicht versehentlich in Abofallen treten.
5. Gegen die Kulturflatrate
Kritik der SPD: Die Kulturflatrate reflektiert nicht den verschieden starken Konsum. Warum sollen alle gleich viel zahlen, egal wie viel Kultur sie konsumieren? Zudem verliert der Künstler jeden individuellen Einfluss auf die Vermarktung seiner Werke, wenn alle alles pauschal benutzen dürfen. Zudem ist die Frage der Verteilung der Kulturflatrateeinnahmen kaum zu lösen.
=> Volle Zustimmung!
6. Verwertungsgesellschaften (GEMA usw.)
Die Verwertungsgesellschaften fördern die Kulturvielfalt, müssen aber transparenter agieren.
=> Korrekt. Die Verwertungsgesellschaften sollen nicht mehr verdienen als ihre Künstler. Sie sollen die gleiche Funktion erfüllen, wie z.B. Galeristen.
7. Keine Internetfilterung, keine Internetsperren
Keine Einschränkung von Bürgerrechten, sondern informationelle Selbstbestimmung.
=> Ganz recht. Der Internetanschluss gehört zur Daseinsvorsorge, das ist inzwischen sogar Rechtslage in Deutschland.
8. Verhältnismäßigkeit von Strafen
Kein Abmahnmissbrauch, keine Höchststrafen für den illegalen Download. Der Streitwert muss bei einmaligen Verstößen effektiv begrenzt werden.
9. Keine Massenkopierer als Geschäftsmodell
Der organisierte, illegale Massendownload als Geschäftsmodell muss unterbunden werden. Hostprovider sollen in die Mitverantwortung genommen werden.
=> Ok. Die Anbieter tun ja allesamt so, als würden sie den Austausch von Amateuraufnahmen fördern wollen. Und wenn dann einer einen geschützten Film einstellt...
10. Kein Leistungsschutzrecht für das geschriebene Wort
Unautorisierte Kopien von Texten können mit einfachen Mitteln (Suchmaschinen) verfolgt werden. Es bedarf keines besonderen Leistungsschutzrechtes. Google News verletzt keine Rechte, sondern fördert sie.
=> Zustimmung.
11. Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftsautoren
Fachbücher -auch von Hochschulforschern- werden immer teurer. Hier wird teuer verwertet, was mit Steuergeldern finanziert wurde: Forschung und Lehre. Es muss möglich sein, dass Hochschulen ihre eigenen Skripte mit einer eigenen Preisgestaltung zum Download anbieten.
=> Volle Zustimmung.
12. Kulturelles Erbe schützen und zugänglich halten
Wer Werke von verstorbenen Künstlern nutzen oder bekannt halten will, muss mit den Erben Lizenzen verhandeln. Wer diese Erben nicht ausfindig machen kann, soll mit einer Abgabe an eine Verwertungsgesellschaft seine Schuld einlösen können. Er soll nicht grundsätzlich im Risiko stehen, später teuer abgemahnt zu werden.
=> Ja.
Damit hat die SPD eine ziemlich vollständige, auf Ausgleich gerichtete Position erarbeitet.
Wichtige Ansprechpartner in der Partei sind: Lars Klingbeil MdB (netzpolitischer Sprecher) und Burkhard Lischka MdB (Leiter der Arbeitsgruppe).
Dienstag, 29. Januar 2013
Samstag, 26. Januar 2013
Annahme verweigert: ePetition "Sitzplatzanspruch im Eisenbahn Fernverkehr"
Im Dezember hatte ich eine ePetition zur Änderung der Eisenbahnverordnung eingereicht.
Ziel:
Änderung der Eisenbahnverordnung zur Verankerung eines Sitzplatzanspruchs in ICEs.
Auslöser:
Das Flottenmanagement des Fernverkehrs der Deutschen Bahn unter Verantwortung von Ulrich Homburg konfiguriert die ICEs auf der Strecke Berlin-Köln/Düsseldorf so, dass die Wagen der 2. Klasse chronisch überfüllt sind während die Wagen der 1. Kl. so gut wie leer bleiben. Auf dieser Strecke sind alltäglich viele Berufspendler unterwegs, die auf diese Weise offenbar zum Wechsel in die 1. Kl. bewegt werden sollen. Eine teure Maßnahme. Denn während die Bahncard 100 für die 2. Kl. gerade auf 4.090 EUR verteuert wurde, kostet die BC100 für die 1. Kl. fast 6.900 EUR. Mehrkosten, die man nicht in der Steuererklärung geltend machen kann.
Viel billiger wäre es, wenn die Bahn in beiden Zughälften jeweils einen Wagen der 1. Kl. gegen einen 2. Kl. austauschen würde.
Da die Bahn das nicht freiwillig tun wird, wollte ich hier einen gesetzlichen Hebel ansetzen: Einen Sitzplatzanspruch für Kunden des Fernverkehrs.
Ergebnis:
Diese Woche bekam ich den Bescheid vom Petitionsausschuss: Frau Oberamtsrätin Oltmann schreibt, dass die Annahme der Petition nach Konsultation des Verkehrsministeriums abgelehnt wurde.
Die Begründung ist interessant: Auf die Eisenbahnverkehrsordnung wird nicht eingegangen, stattdessen auf die "privatrechtlich organisierte" AG verwiesen. Damit einhergehend seien Fragen des Sitzplatzanspruchs Sache des Unternehmens. Eingriffe staatlicherseits verbiete das Aktienrecht.
Widerspruch:
Ein Widerspruch: Denn die EVO greift auch in die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn ein, indem sie ihren Kunden einen Sitzplatzanspruch ausdrücklich verwehrt (§13).
Ein weiterer Widerspruch: Die EVO steht sogar -als Abdruck, also: nicht in Hoheit der DB- im Anhang der AGB der Deutschen Bahn AG.
Entweder kennen Ramsauers Leute die EVO nicht, oder sie haben jetzt unbeabsichtigt einen bestehenden Widerspruch aufgedeckt. Es liegt auch nahe, dass das Ministerium die Deutsche Bahn gedanklich unter "privatisiert" abgelegt hat und mich für einen Nörgler oder Eisenbahnromantiker hält.
Die Ablehnung der Petition ist also falsch. Ich werde der Sache nachgehen und hier berichten. Ich sehe nicht ein, dass ich täglich zwei Stunden im ICE stehen muss.
Ziel:
Änderung der Eisenbahnverordnung zur Verankerung eines Sitzplatzanspruchs in ICEs.
Auslöser:
Das Flottenmanagement des Fernverkehrs der Deutschen Bahn unter Verantwortung von Ulrich Homburg konfiguriert die ICEs auf der Strecke Berlin-Köln/Düsseldorf so, dass die Wagen der 2. Klasse chronisch überfüllt sind während die Wagen der 1. Kl. so gut wie leer bleiben. Auf dieser Strecke sind alltäglich viele Berufspendler unterwegs, die auf diese Weise offenbar zum Wechsel in die 1. Kl. bewegt werden sollen. Eine teure Maßnahme. Denn während die Bahncard 100 für die 2. Kl. gerade auf 4.090 EUR verteuert wurde, kostet die BC100 für die 1. Kl. fast 6.900 EUR. Mehrkosten, die man nicht in der Steuererklärung geltend machen kann.
Viel billiger wäre es, wenn die Bahn in beiden Zughälften jeweils einen Wagen der 1. Kl. gegen einen 2. Kl. austauschen würde.
Da die Bahn das nicht freiwillig tun wird, wollte ich hier einen gesetzlichen Hebel ansetzen: Einen Sitzplatzanspruch für Kunden des Fernverkehrs.
Ergebnis:
Diese Woche bekam ich den Bescheid vom Petitionsausschuss: Frau Oberamtsrätin Oltmann schreibt, dass die Annahme der Petition nach Konsultation des Verkehrsministeriums abgelehnt wurde.
Die Begründung ist interessant: Auf die Eisenbahnverkehrsordnung wird nicht eingegangen, stattdessen auf die "privatrechtlich organisierte" AG verwiesen. Damit einhergehend seien Fragen des Sitzplatzanspruchs Sache des Unternehmens. Eingriffe staatlicherseits verbiete das Aktienrecht.
Widerspruch:
Ein Widerspruch: Denn die EVO greift auch in die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn ein, indem sie ihren Kunden einen Sitzplatzanspruch ausdrücklich verwehrt (§13).
Ein weiterer Widerspruch: Die EVO steht sogar -als Abdruck, also: nicht in Hoheit der DB- im Anhang der AGB der Deutschen Bahn AG.
Entweder kennen Ramsauers Leute die EVO nicht, oder sie haben jetzt unbeabsichtigt einen bestehenden Widerspruch aufgedeckt. Es liegt auch nahe, dass das Ministerium die Deutsche Bahn gedanklich unter "privatisiert" abgelegt hat und mich für einen Nörgler oder Eisenbahnromantiker hält.
Die Ablehnung der Petition ist also falsch. Ich werde der Sache nachgehen und hier berichten. Ich sehe nicht ein, dass ich täglich zwei Stunden im ICE stehen muss.
Dienstag, 22. Januar 2013
Grube: "Wir sind deutlich besser auf den Winter vorbereitet"
Quelle: WELT
Bahnchef Grube tönte im Herbst 2012:
Dass die Begründung für die Preiserhöhung eine bewusste Unwahrheit, also eine Lüge, war, war schnell herauszufinden. Die Bahn bezieht ihren Strom nicht teurer, weil sie von den EEG bedingten Preiserhöhungen ausgenommen ist.
Dass die angeblich bessere Vorbereitung auf den Winter auch eine bewusste Unwahrheit ist, erlebe ich seit Tagen. Der Winter war bis vorige Woche eher mild, da gab es keine Verspätungen. Doch seit einigen Tagen: Verspätungen von 45, 80, 120 oder wie heute "auf unbestimmte Zeit" sind am Bahnhof WOB wieder an der Tagesordnung.
Besonders dreist: Die Betriebsleitung in Hannover könnte die ICEs, die normalerweise in Wolfsburg nicht halten, außerplanmäßig halten lassen. Doch nichts da. Mit hohem Tempo rauschen sie an den überfüllten Bahnsteigen vorbei und nebeln die getäuschten Kunden mit Flugschnee ein. Meine Anfrage im Bahn Reisezentrum WOB führte zu nichts: "Ich verkaufe hier nur Fahrkarten, das ist meine Aufgabe." - Ich: "Aber irgendwer muss dafür verantwortlich sein. Ich will, dass die ICEs, die hier vorbei kommen hier halten." - "Das entscheidet die Betriebsleitung in Hannover. Hier haben Sie eine Visitenkarte." Mit einer 01805er Nummer. Anruf. Sprachcomputer. Dann eine Menschenstimme. Nein, sie könne überhaupt nichts machen, sie könne nur mein Lob oder Kritik aufnehmen.
Der blanke Hohn. Das ganze unseriöse Unternehmen.
Bahnchef Grube tönte im Herbst 2012:
Wir sind deutlich besser auf den Winter vorbereitet als vor zwei Jahren.und
Wir sind zunehmend besser vorbereitet. Nicht zuletzt haben wir auch sehr viel in eine besseren Prävention investiert.Dies sagte er zur Abmilderung seiner zeitgleich angekündigten Preiserhöhung, die er mit gestiegenen Energiekosten begründete.
Dass die Begründung für die Preiserhöhung eine bewusste Unwahrheit, also eine Lüge, war, war schnell herauszufinden. Die Bahn bezieht ihren Strom nicht teurer, weil sie von den EEG bedingten Preiserhöhungen ausgenommen ist.
Dass die angeblich bessere Vorbereitung auf den Winter auch eine bewusste Unwahrheit ist, erlebe ich seit Tagen. Der Winter war bis vorige Woche eher mild, da gab es keine Verspätungen. Doch seit einigen Tagen: Verspätungen von 45, 80, 120 oder wie heute "auf unbestimmte Zeit" sind am Bahnhof WOB wieder an der Tagesordnung.
Besonders dreist: Die Betriebsleitung in Hannover könnte die ICEs, die normalerweise in Wolfsburg nicht halten, außerplanmäßig halten lassen. Doch nichts da. Mit hohem Tempo rauschen sie an den überfüllten Bahnsteigen vorbei und nebeln die getäuschten Kunden mit Flugschnee ein. Meine Anfrage im Bahn Reisezentrum WOB führte zu nichts: "Ich verkaufe hier nur Fahrkarten, das ist meine Aufgabe." - Ich: "Aber irgendwer muss dafür verantwortlich sein. Ich will, dass die ICEs, die hier vorbei kommen hier halten." - "Das entscheidet die Betriebsleitung in Hannover. Hier haben Sie eine Visitenkarte." Mit einer 01805er Nummer. Anruf. Sprachcomputer. Dann eine Menschenstimme. Nein, sie könne überhaupt nichts machen, sie könne nur mein Lob oder Kritik aufnehmen.
Der blanke Hohn. Das ganze unseriöse Unternehmen.
Sonntag, 20. Januar 2013
Toyota geht in der Autokrise in die Hybridoffensive
Toyota gehört zu den wenigen Automarken, die in der gegnwärtigen Krise nicht in die Knie und Defensive gehen. Im Gegenteil. Online beschreibt das Unternehmen seine Hybridstrategie wie folgt (Stand: Oktober 2012, Link):
- Der (wachsende) Weltmarkt für Hybridfahrzeuge liegt 2012 bei 1 Mio.
- 2013 will man selbst 1 Mio Hybridfahrzeuge absetzen.
Maßnahmen hierzu:
- Kombination des Elektroantriebs mit unterschiedlichen Kraftstoffarten (Abdeckung aller Märkte).
- Eine Preisgestaltung, bei der Hybridvarianten günstiger als Dieselvarianten sind.
- Mehr Ausstattung.
- Ein Steckdosenausgang für elektrische Verbraucher (sozusagen: ein Plug-out).
Außerdem berichtet Toyota von Fortschritten in seiner Elektrofahrzeug- und Brennstoffzellenentwicklung:
- Die 12 kWh Li-Io-Batterie soll eine Reichweite von 100km bei einer Höchstgeschwindigkeit von 125km/h. Ein Auto für die Stadt und Landstraße.
- Die Leistungsdichte der Brennstoffzelle wurde auf 3 kW pro Liter erhöht und die Bordnetzspannung für die Traktion erhöht. Höhere Spannung erlaubt niedrigere Ströme, geringere Querschnitte, kleinere Baugröße des Elektromotors, geringeres Gewicht, geringerer Leistungsbedarf.
Man muss bei Toyota aber immer genau hinschauen, wie viel Leistung man fürs Geld bekommt. Der vermeintlich fortschrittliche Prius, den Renate Künast so hoch lobte, war schon immer nicht wegen einer intelligenten Hybridisierung so sparsam, sondern wegen seines kleinen Verbrennungsmotors. Die erste Version aus dem Jahr 2000 hatte einen Verbrennungsmotor mit 72 PS, der Elektromotor 44 PS bei einem Gewicht von 1,2 Tonnen. Mittlerweile hat der Verbrennungsmotor immerhin 99 PS.
Freitag, 18. Januar 2013
Mittwoch, 16. Januar 2013
Rallye Monte Carlo
Die Rallye Monte Carlo steht vor der Tür. Hier eine romantische Testfahrt durch verschneite Berge, mit dem neuen Rallye Polo :-)
Zum Vergleich 1980:
Montag, 14. Januar 2013
Was heißt "Plug-in"-Hybrid und wozu ist das gut?
Die meisten Hybridautos können im Vergleich zur Reichweite ihres Benzin- oder Dieseltanks nur wenige km rein elektrisch fahren. Aber für viele Fahrten reicht das aus, z.B. morgens ins Büro.
Voraussetzung: Man fährt mit einer vollen Batterie los.
Da man in der Regel dann mit einer fast leeren Batterie ankommt, hilft es, die Batterie über eine -normale- Steckdose oder Ladestation laden zu können. Hat man an Start und Ziel diese Möglichkeit, schafft man viele Kurzstrecken rein elektrisch und spart Kraftstoff und Motorverschleiß.
Technische Voraussetzung am Auto: Es muss ein "Stecker-rein-"Hybrid sein. Auf englisch: Plug-in.
Reine Elektroautos sind eigentlich immer Plug-ins. Manche von ihnen haben einen Reichweitenverlängerer zur Ladung der Traktionsbatterie an Bord, manche Leute sehen darin dann auch einen Plug-in Hybrid - naja.
Voraussetzung: Man fährt mit einer vollen Batterie los.
Da man in der Regel dann mit einer fast leeren Batterie ankommt, hilft es, die Batterie über eine -normale- Steckdose oder Ladestation laden zu können. Hat man an Start und Ziel diese Möglichkeit, schafft man viele Kurzstrecken rein elektrisch und spart Kraftstoff und Motorverschleiß.
Technische Voraussetzung am Auto: Es muss ein "Stecker-rein-"Hybrid sein. Auf englisch: Plug-in.
Reine Elektroautos sind eigentlich immer Plug-ins. Manche von ihnen haben einen Reichweitenverlängerer zur Ladung der Traktionsbatterie an Bord, manche Leute sehen darin dann auch einen Plug-in Hybrid - naja.
Samstag, 12. Januar 2013
Bauhaus AG mahnt Bauhaus-begeisterte Studenten ab
Einer meiner -wirklich so erlebten- Lieblingswitze über die Entfremdung zwischen Wessis und Ossis lautet ja: "Reisetipps für den Osten? Fahrt doch mal nach Dessau und schaut Euch das Bauhaus an." Antwort: "Warum sollen wir denn dafür bis nach Dessau fahren?"
Klar stolpert man nach einem Umzug immer mal über die Frage, ob die Baumarktkette irgendwas mit der Gropiusschule zu tun hatte. War es etwa nach der Gründung der Erstausrüster von Architekturstudenten und Möbeldesignern im Praktikum?
Nichts dergleichen. Der Baumarktkettengründer hat nichts mit Dessau, Weimar oder gar Berlin zu tun. Er ist gebürtiger Schwabe. Sein Name: Baus. (Der Mann lebt in der Schweiz, Zeitungen beißen sich an ihm die Zähne aus, z.B. Bilanz) Von Baus zum Bauhaus brauchte es vielleicht nur einen inspirierten Abend. Und ich kenne Leute, die sprechen Bauhaus durchaus so einsilbig wie den Namen dieses Gründers aus. Ich kenne aber auch Leute mit dem dicken BAUHAUS Wälzer im Bücherregal, den man auch auf irgendeinem Foto von John und Yoko sieht und mancher hält es für einen Katalog.
Vielleicht habe ich mich nach der Besichtigung der Meisterhäuser in Dessau mal flüchtig gefragt, warum ich erst hier erfuhr, dass diese Möbeldesigns, die ich schon lange kannte, a) aus den 20ern stammen und b) ich noch nie unter dem Namen Bauhaus wahrgenommen hatte. Die Frage verging dann wieder. Doch heute erfuhr ich die Antwort:
In einem Interview (Link) mit der Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs auf Dradio ging es zuerst darum, dass die Bauhausschule 1933 von den Nazis verboten wurde. So weit bekannt. Und nach dem Krieg meldete o.g. Baus Markenrechte fürs "Bauhaus" an. Er war einfach schneller als die Designschule, die diesen Namen erfunden hatte und in die USA emigriert war. Aus den USA brachte Baus auch seine Idee für einen Heimwerkermarkt mit. Baus wusste sicher, was er da tat. Aber bis heute verfolgt er Verletzungen seiner Markenrechte konsequent mit Abmanhnungen. Zuletzt bekam das eine Bauhausbegeisterte Studentengruppe zu spüren, die ein Textilunternehmen gründeten und Taschen mit der Aufschrift "My Bauhaus is better than yours" verkaufte (Link).
Ich habe mal im Register des Patentamtes nachgeschaut. Und tatsächlich: Seit 1970 ist Bauhaus eine eingetragene Marke für eine Fülle von Warenklassen: Link
Rechtlich kann man der Bauhaus AG nichts. Das Markengesetz ist anders als das Patentgesetz. Eine Wortmarke muss nicht neu sein, um sie anmelden zu können. Sie muss nur gerade frei sein. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurden z.B. auch viele etablierte Marken frei, die sich später andere aneigneten. Die Marke bleibt solange besetzt, bis der Inhaber aufhört, sie zu benutzen oder die Gebühren zu zahlen.
Ich finde das unerhört. Aus zwei Gründen:
Der Begriff Bauhaus ist erstens von einer kreativen Gruppe für eine Stilrichtung erfunden worden, die heute weltweit bekannt und als geniales Kreativwerk anerkannt ist. Große Unternehmer wie Max Braun und Steve Jobs haben auf deren Designprinzipien Weltunternehmen gegründet. Die Besetzung durch einen Schrauben, Hammer und Bohrmaschinenverkäufer, der sicher nicht ohne Bedacht auch stilisierte Lampen verkauft, hat dagegen nichts mit der Popularisierung der Bauhaus-Idee zu tun. Das zeigt er durch sein Vorgehen gegen die Studentengruppe.
Zweitens wären die Bauhaus Genies vielleicht noch selbst auf die Idee gekommen, ihre Wortschöpfung schützen zu lassen, sie waren eben noch nicht in der Kommerzialisierungsphase angekommen. Aber die Nazis machten ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Frau Jaegl sagt zum Schluss des Interviews, dass ihr Dessauer Kollege vorhat, der Bauhaus AG eine "kultivierte Koexistenz" vorzuschlagen. Denn Museen wie das Bauhaus sind auf private Einnahmen angewiesen. Dass die Museen ihre populären Ikonen als Re-Editionen nicht mal unter eigenem Namen verkaufen dürfen, ist ein ganz schlechter Witz.
Sollte die Bauhaus AG nicht mit sich reden lassen, sollten wir eine Bewegung daraus machen, bis der Gesetzgeber eingreift.
Besucht alle einfach mal: http://www.betterbauhaus.com/
Klar stolpert man nach einem Umzug immer mal über die Frage, ob die Baumarktkette irgendwas mit der Gropiusschule zu tun hatte. War es etwa nach der Gründung der Erstausrüster von Architekturstudenten und Möbeldesignern im Praktikum?
Nichts dergleichen. Der Baumarktkettengründer hat nichts mit Dessau, Weimar oder gar Berlin zu tun. Er ist gebürtiger Schwabe. Sein Name: Baus. (Der Mann lebt in der Schweiz, Zeitungen beißen sich an ihm die Zähne aus, z.B. Bilanz) Von Baus zum Bauhaus brauchte es vielleicht nur einen inspirierten Abend. Und ich kenne Leute, die sprechen Bauhaus durchaus so einsilbig wie den Namen dieses Gründers aus. Ich kenne aber auch Leute mit dem dicken BAUHAUS Wälzer im Bücherregal, den man auch auf irgendeinem Foto von John und Yoko sieht und mancher hält es für einen Katalog.
Vielleicht habe ich mich nach der Besichtigung der Meisterhäuser in Dessau mal flüchtig gefragt, warum ich erst hier erfuhr, dass diese Möbeldesigns, die ich schon lange kannte, a) aus den 20ern stammen und b) ich noch nie unter dem Namen Bauhaus wahrgenommen hatte. Die Frage verging dann wieder. Doch heute erfuhr ich die Antwort:
In einem Interview (Link) mit der Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs auf Dradio ging es zuerst darum, dass die Bauhausschule 1933 von den Nazis verboten wurde. So weit bekannt. Und nach dem Krieg meldete o.g. Baus Markenrechte fürs "Bauhaus" an. Er war einfach schneller als die Designschule, die diesen Namen erfunden hatte und in die USA emigriert war. Aus den USA brachte Baus auch seine Idee für einen Heimwerkermarkt mit. Baus wusste sicher, was er da tat. Aber bis heute verfolgt er Verletzungen seiner Markenrechte konsequent mit Abmanhnungen. Zuletzt bekam das eine Bauhausbegeisterte Studentengruppe zu spüren, die ein Textilunternehmen gründeten und Taschen mit der Aufschrift "My Bauhaus is better than yours" verkaufte (Link).
Ich habe mal im Register des Patentamtes nachgeschaut. Und tatsächlich: Seit 1970 ist Bauhaus eine eingetragene Marke für eine Fülle von Warenklassen: Link
Rechtlich kann man der Bauhaus AG nichts. Das Markengesetz ist anders als das Patentgesetz. Eine Wortmarke muss nicht neu sein, um sie anmelden zu können. Sie muss nur gerade frei sein. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurden z.B. auch viele etablierte Marken frei, die sich später andere aneigneten. Die Marke bleibt solange besetzt, bis der Inhaber aufhört, sie zu benutzen oder die Gebühren zu zahlen.
Ich finde das unerhört. Aus zwei Gründen:
Der Begriff Bauhaus ist erstens von einer kreativen Gruppe für eine Stilrichtung erfunden worden, die heute weltweit bekannt und als geniales Kreativwerk anerkannt ist. Große Unternehmer wie Max Braun und Steve Jobs haben auf deren Designprinzipien Weltunternehmen gegründet. Die Besetzung durch einen Schrauben, Hammer und Bohrmaschinenverkäufer, der sicher nicht ohne Bedacht auch stilisierte Lampen verkauft, hat dagegen nichts mit der Popularisierung der Bauhaus-Idee zu tun. Das zeigt er durch sein Vorgehen gegen die Studentengruppe.
Zweitens wären die Bauhaus Genies vielleicht noch selbst auf die Idee gekommen, ihre Wortschöpfung schützen zu lassen, sie waren eben noch nicht in der Kommerzialisierungsphase angekommen. Aber die Nazis machten ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Frau Jaegl sagt zum Schluss des Interviews, dass ihr Dessauer Kollege vorhat, der Bauhaus AG eine "kultivierte Koexistenz" vorzuschlagen. Denn Museen wie das Bauhaus sind auf private Einnahmen angewiesen. Dass die Museen ihre populären Ikonen als Re-Editionen nicht mal unter eigenem Namen verkaufen dürfen, ist ein ganz schlechter Witz.
Sollte die Bauhaus AG nicht mit sich reden lassen, sollten wir eine Bewegung daraus machen, bis der Gesetzgeber eingreift.
Besucht alle einfach mal: http://www.betterbauhaus.com/
Mittwoch, 9. Januar 2013
Energiewende-Gaga
Politik scheitert oft an ihren Zielkonflikten. Z.B. werden Produkte oder Verhalten mit einer Steuer belegt, angeblich damit die Leute sie aufgeben. Z.B. das Rauchen. Wenn die Leute dann trotzdem weitermachen, erhöht die Politik die Steuer solange, bis diese einen nennenswerten Anteil beim Steueraufkommen darstellen. Ab dann will die Politik nicht mehr, dass die Leute ihr Laster aufgeben.
Anderes Beispiel: Die Energiewende und das Erneuerbare-Energien-Gesetze, kurz: EEG. Es soll dem "Interesse des Klima- und Umweltschutzes dienen". Es schreibt die bevorzugte Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom ins Netz vor und garantiert seinen Erzeugern eine Vergütung. Diese wird über eine Umlage auf alle Stromkunden refinanziert. Somit erhöhen wir alle den regenerativen Anteil an unserem Stromverbrauch und schützen damit angeblich unser Klima.
Sehen wir mal davon ab, dass man Klima -genauso wenig wie Wetter- "schützen" kann: warum nimmt die Politik ausgerechnet die größten Stromverbraucher aus dieser -wie sie selbst ja immer betonen- wichtigsten Maßnahme für unsere Zukunft aus? Antwort: Weil da Arbeitsplätze dran hängen.
An den energieintensivsten Produkten -wie z.B. Stahl- hängen also Arbeitsplätze. Wer hätte das gedacht? Wie kann man erst NACH dem Nachdenken über die eigenen politischen Ziele und Maßnahmen auf diesen Zusammenhang kommen? Wenn man am Ende dieser Überlegungen ausgerechnet bei den wichtigsten Zielgruppen der eigenen Politik wackelt, "dann wackelt das Ganze", wie Marce Reiff sagen würde.
Die Politik bestraft das Autofahren, aber nicht die Produktion des Autos bzw. seines Werkstoffes Stahl. Obwohl ca. 20% der CO2 Emissionen eines Autos über seine Lebensdauer seiner Herstellung zuzurechnen sind.
Die Politik bildet also willkürlich Gruppen, denen sie die Finanzierung einer Maßnahme aufbürdet, an deren Notwendigkeit oder Wirkung sie selbst nicht glaubt.
Die Befreiung der energieintensiven Unternehmen von der EEG Umlage ist genau so, als würde man die USA und China von den globalen Klimazielen freistellen, weil sie die energieintensivsten Staaten sind und es uns schlecht ginge, wenn es ihnen wegen der CO2-Auflagen schlecht ginge.
Dienstag, 8. Januar 2013
Mitglieder"info" des SPD Landesvorsitzenden zur BER-Eröffnung
Komme gerade zur Tür rein, öffne meine Emails.. und finde diese Email von meinem Landesvorsitzenden (Hervorhebungen von mir). Wie soll ich das nennen? Volksverhöhnung (wie kommt er darauf, dass mir die Koalition wichtiger ist, als die Sache, für die sie verantwortlich ist?), Kapitulationserklärung (ist mir egal, nein, ich will dass Wowereit das Misstrauensvotum verliert)?
Wenn uns einer was zu sagen hat, und zwar eine Entschuldigung, die den Bodenstaub atmet, in dem er demütigst liegt, dann wäre es Klaus Wowereit persönlich. Aber der zieht sich gerade um. Zur Fashionweek..
Wenn uns einer was zu sagen hat, und zwar eine Entschuldigung, die den Bodenstaub atmet, in dem er demütigst liegt, dann wäre es Klaus Wowereit persönlich. Aber der zieht sich gerade um. Zur Fashionweek..
An die Mitglieder der SPD Berlin |
Lieber Frank, |
|
Donnerstag, 3. Januar 2013
Postholidare Traurigkeit
Sie erwischt mich zweimal im Jahr. Nach dem Sommerurlaub ist es die Naturverbundenheit, die mich der Vorstellung beraubt, jemals wieder ganze Tage in einem Büro verbringen zu können. Zu Weihnachten und Silvester ist es die Zeit mit Familie und Freunden, die mich vergessen lässt, eigentlich ein abhängig Beschäftigter zu sein.
Es beginnt immer mit dem schönen Gefühl am Feierabend des letzten Arbeitstages: Den ganzen Urlaub noch vor mir. Den ersten Feier"abend" im wörtlichen Sinne begehe ich vor Weihnachten immer mit einem Kollegen. Erst Weihnachtsmarkt, dann Kreuzberg. Die Freude des ersten Urlaubsabends speist sich aus dem Bewusstsein für den Unterschied, fürs erste nicht mehr arbeiten zu müssen.
Am zweiten Urlaubstag spätestens habe ich dann innerlich komplett umgeschaltet. Nein, ich brauche keinen Bürorythmus, damit meine Tage Struktur haben, ich kann mein, unser Leben auch ohne komplett füllen. Das gilt natürlich vor allem in den guten Jahren, in denen man keinen Ärger oder Ängste mit nach Hause nimmt.
Und verbringen wir nicht viel zu wenig Zeit mit denen, denen wir, und die uns soviel zu sagen haben? Ist es nicht dieser Austausch, der uns Bestätigung bringt, der uns immer wieder wundern lässt, wie ähnlich wir doch alle leben? Wir brauchen diesen Raum des Vertrauens, in dem wir offen reden können. Früher waren es mehr Freunde, heute mehr Familie. Doch es sind die gleichen Themen.
Dann liegen die Feste hinter einem. Noch einen Tag Urlaub. Auch ein gutes, zum Urlaub gehörendes Gefühl: Die anderen Arbeiten schon, ich habe noch frei. Dieses wohltuende Geräusch des Straßenverkehrs der frühen Pendler, die Schritte im Hausflur, die Haustür. Meine bessere Hälfte, die schon mit dem Geschirr klappert..
Doch auch dieser Tag vergeht und heute Morgen ist alles vorbei. Ich bin vor dem Wecker wach. Habe mir selbst Kaffee gemacht und frühstücke vor dem Rechner. Und sinniere nach einem Begriff, der mein momentanes Gefühl, oder den dahinter liegenden Befund beschreibt.
Wie wäre es mit: Postholidare Traurigkeit?
Es beginnt immer mit dem schönen Gefühl am Feierabend des letzten Arbeitstages: Den ganzen Urlaub noch vor mir. Den ersten Feier"abend" im wörtlichen Sinne begehe ich vor Weihnachten immer mit einem Kollegen. Erst Weihnachtsmarkt, dann Kreuzberg. Die Freude des ersten Urlaubsabends speist sich aus dem Bewusstsein für den Unterschied, fürs erste nicht mehr arbeiten zu müssen.
Am zweiten Urlaubstag spätestens habe ich dann innerlich komplett umgeschaltet. Nein, ich brauche keinen Bürorythmus, damit meine Tage Struktur haben, ich kann mein, unser Leben auch ohne komplett füllen. Das gilt natürlich vor allem in den guten Jahren, in denen man keinen Ärger oder Ängste mit nach Hause nimmt.
Und verbringen wir nicht viel zu wenig Zeit mit denen, denen wir, und die uns soviel zu sagen haben? Ist es nicht dieser Austausch, der uns Bestätigung bringt, der uns immer wieder wundern lässt, wie ähnlich wir doch alle leben? Wir brauchen diesen Raum des Vertrauens, in dem wir offen reden können. Früher waren es mehr Freunde, heute mehr Familie. Doch es sind die gleichen Themen.
Dann liegen die Feste hinter einem. Noch einen Tag Urlaub. Auch ein gutes, zum Urlaub gehörendes Gefühl: Die anderen Arbeiten schon, ich habe noch frei. Dieses wohltuende Geräusch des Straßenverkehrs der frühen Pendler, die Schritte im Hausflur, die Haustür. Meine bessere Hälfte, die schon mit dem Geschirr klappert..
Doch auch dieser Tag vergeht und heute Morgen ist alles vorbei. Ich bin vor dem Wecker wach. Habe mir selbst Kaffee gemacht und frühstücke vor dem Rechner. Und sinniere nach einem Begriff, der mein momentanes Gefühl, oder den dahinter liegenden Befund beschreibt.
Wie wäre es mit: Postholidare Traurigkeit?
Mittwoch, 2. Januar 2013
Industrie wird zum billigen Offshore-Windstrom wandern
In der Geschichte der Energieversorgung haben sich Manufakturen und Unternehmen immer dort angesiedelt. wo es die benötigte Energie am reichlichsten und günstigsten gab. Gerbereien an Flußläufen, die erste Aluhütte am Rheinfall von Schaffhausen und natürlich die raumgreifende Wertschöpfungskette der Montanindustrie an Ruhr und Saar.
Wo es die Technik erlaubte, Primärenergieträger in Nutzenergie zu wandeln, da entstanden ganze Industriegebiete.
Bei den regenerativen Energien gab es solche Ideen zuerst nicht, weil sie als gezielt dezentrale Energieformen den großen Energieversorgungsunternehmen Konkurrenz machen wollten. Bei den privaten Solarzellen wird das auch so bleiben.
Bei den Windparks an Land beantwortet sich die Frage oft mit den Eigentumsverhältnissen der Flächen, auf denen die Windparks stehen. Diese werden meist landwirtschaftlich genutzt.
Erst seitdem es große Windparks im Binnenland gibt und erst recht seit den Plänen für Offshore Windparks kann man allerdings fragen:
Warum siedeln sich energieintensive Industrien künftig nicht dort an wo die Energie verfügbar ist sondern werden hunderte von Kilometern lange Hochspannungsleitungen zu ihren heutigen Standorten geplant und gerade die energieintensiven Unternehmen von diesen Extrakosten auch noch entlastet?
Gerade die energieintensiven Unternehmen sollten ihren Standort künftig nach Norden zum Offshore Windstrom verlagern. Zuviel verlangt? Sicher nicht, denn um Lohnkosten zu sparen, war diesen Unternehmen früher auch kein Weg zu weit.
Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler gehen hier genau verkehrt vor. Sie sollten mit den Wirtschaftsministern der Nordländer zusammen planen. Es besteht das Risiko, dass die Bundespolitik und die großen Netzbetreiber hunderte von Prozessen für ihre Trassen führen müssen und gleichzeitig die anvisierten Großverbraucher ihren alten Standort verlassen.
Bei den Windparks an Land beantwortet sich die Frage oft mit den Eigentumsverhältnissen der Flächen, auf denen die Windparks stehen. Diese werden meist landwirtschaftlich genutzt.
Erst seitdem es große Windparks im Binnenland gibt und erst recht seit den Plänen für Offshore Windparks kann man allerdings fragen:
Warum siedeln sich energieintensive Industrien künftig nicht dort an wo die Energie verfügbar ist sondern werden hunderte von Kilometern lange Hochspannungsleitungen zu ihren heutigen Standorten geplant und gerade die energieintensiven Unternehmen von diesen Extrakosten auch noch entlastet?
Gerade die energieintensiven Unternehmen sollten ihren Standort künftig nach Norden zum Offshore Windstrom verlagern. Zuviel verlangt? Sicher nicht, denn um Lohnkosten zu sparen, war diesen Unternehmen früher auch kein Weg zu weit.
Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler gehen hier genau verkehrt vor. Sie sollten mit den Wirtschaftsministern der Nordländer zusammen planen. Es besteht das Risiko, dass die Bundespolitik und die großen Netzbetreiber hunderte von Prozessen für ihre Trassen führen müssen und gleichzeitig die anvisierten Großverbraucher ihren alten Standort verlassen.
So ein Strukturwandel würde sich natürlich über Jahrzehnte hinziehen, wäre aber nachhaltig. Denn die Windkraftanlagen rechnen sich erst über lange Zeiträume und das Wetter wird sich an der Küste auch so schnell nicht grundlegend ändern.
Samstag, 29. Dezember 2012
Problemaufsteiger
SPD Regierungsmitglieder, die der Öffentlichkeit ihre Bestechlichkeit als Aufstieg verkaufen, verraten die Idee der Sozialdemokratie.
Ja wir fallen in vordemokratische, also wilhelminische Gesellschaftsstrukturen zurück, getrieben von den oberen fünf Prozent. Das wäre aber so ruhig nicht möglich ohne unsere Vorzeigeaufsteiger. Denn das Ideal der alten Bundesrepublik dient immer noch nicht den Aufstiegswilligen, sondern den Recruitern der Machteliten.
Sowohl an der Spitze mancher Wirtschaftsunternehmen als auch in Regierungsämtern haben wir gezeigt bekommen, wie man den Ruf des Aufsteigers ruiniert und den Gegnern einer durchlässigen Gesellschaft Argumente liefert. Da war der Herr, der die Welt AG schmieden wollte, und etwas von Shareholder-Value dozierte. Am Ende hatte er soviel Kapital vernichtet, dass ihm der größte Tagesgewinn gelang, als er seinen Rücktritt ankündigte.
Da war der Bundeskanzler, der sich -die Angebote seines Landes nutzend- nach oben arbeitete. Oben angekommen erklärte er der Schicht aus der er stammt, den kalten Krieg: "Es gibt kein Recht auf Faulheit." Nein. Aber auf Arbeit? Es gibt vor allem keinen Grund, sich siegestrunken selbst zum Maßstab für alle zu machen und womöglich zum Vorbild zu erklären.
Was läuft in den Köpfen solcher Problemaufsteiger ab?
Was ich selbst kenne ist: Wenn du der erste warst, der in deiner Familie, Verwandschaft Abitur machte und studierte, dann warst du auf dich alleine gestellt. Dann hat dich schon früh keiner wirklich verstanden, außer deiner Grundschulllehrerin. Aber immer gab es auch den einen Onkel, oder die Großmutter, die dich doch verstand, weil sie selbst mal in der Situation war, mehr zu wollen - aber dann nicht zu dürfen.
Du gehst aufs Gymnasium, machst aber deine Hausaufgaben allein. Deine Mutter kommt bei dem Stoff nicht mehr mit, sie hat auch keine Lust, ihn mit dir zu lernen. Sie hat zu tun. Du schaffst das Abi, und alle sind stolz. Stolz auf etwas, das sie aber nicht verstehen. Von dem sie aber wissen, dass dir jetzt "alle Türen offen stehen" und du mehr erreichen kannst als sie selbst. Damit meinen die meisten dann aber nicht so etwas wie Horizont oder ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben. Viele meinen damit nur: den größeren Fernseher, das größere Auto. Nicht mehr auf den Pfennig gucken. Weil du später nicht am Band oder der Drehbank oder im Lager arbeiten wirst, sondern "auf dem Büro", wo sie den ganzen Tag nur Telefonieren und am Computer sitzen..
Kann sein, dass du ein Gefühl der Isolation entwickelst, vielleicht auch einer diffusen Schuld, weil du offenbar mehr Chancen bekommen wirst, als sie, die immer nur vom Kriegsende und den Ruinen erzählt haben.
Auf dem Spielplatz wurdest du von prügelnden Nachbarskindern verfolgt. Natürlich nur von älteren. Du entwickeltest Strategien, Gewalt aus dem Wege zu gehen. Aber ganz kamst du nie drum herum. Hier legst du, nein legen sie vielleicht die Saat für deine spätere Abgrenzung, wenn es dir mal besser geht als ihnen.
Beim Bund warst du derjenige, der mit "beiden" konnte: mit den höheren Söhnen und den "Proleten". Also kamst du in die Problemgruppe und durftest den Trupp führen.
Später auf der Uni musstest du dich alleine organisieren, weil dir niemand aus Verwandtschaft und Freundeskreis helfen konnte. Deinen Traum vom Studium in Berlin oder München schiebst du vorerst auf. "Wie willst du dich denn da über Wasser halten?". Du ackerst dich durch, fragst dich, wie man sich dem vermeintlichen Studentenleben hingeben kann, wenn man nebenbei jobben muss, um nicht bis Ende zwanzig zuhause leben zu müssen. Als du dann auch anfängst, dein schon quasi immer vorhandenes Interesse für Politik auszuleben, gucken sie dich alle schief an: deine Familie, aber auch die Kommilitonen aus deinem Ingenieursstudium. Nach dem Abschluss promovieren die Guten weiter, aber du sagst -was gerne gehört wird: Ich will jetzt erst mal Geld verdienen. Und das kannst du auch, weil du schon seit dem Hauptdiplom Beziehungen in die Industrie aufbaust. Eigene natürlich, weil dich deine Familie nirgendwohin vermitteln kann.
Du trittst ins Berufsleben und denkst: Geschafft. Das verdanke ich nur mir. Und meinen Kommilitonen, oder wie du sie nennst: Studienkollegen. Du hast eine Antenne dafür entwickelt, wie man weiterkommt, wenn einem nichts geschenkt wird. Du weißt, wie man gefällt - aber auch, wie man sich dabei entfremdet. Du machst deine Sache gut ('good job!'), bekommst mehr Gehalt (mehr als du brauchst) und deine Arbeit interessiert dich.
Deine Eltern sind stolz auf dich. Erzählen gerne, was aus dir "geworden ist", haben aber nie verstanden, oder sich nie interessiert, was du jetzt machst. Für ihre Gespräche mit Nachbarn und Freunden genügt die Information, dass du "auf der Arbeit" Krawatte trägst und viel unterwegs bist. Und du erzählst gerne rum, wenn dein Chef dich lobt und du eine Gehaltserhöhung kriegst.
Du hälst die Zügel in der Hand und geniesst deine materielle Freiheit. Du hälst es für Freiheit, weil du dein eigenes Leben lebst. Und hier scheiden sich irgendwann die Geister.
Es gibt die, die die Ziele anderer verfolgen, als wären es eigene. Das Arbeiterkind glaubt an das Ethos der Leistungsgesellschaft. Es hat aber kein liberales Modell davon entwickelt, sondern eine Mischung aus protestantisch-mystischem Belohnungs- und Strafsystem und irdischem Obrigkeitsdenken. Die unbewusste Motivation ist das Lob von oben, kein innerer Maßstab. Man bekommt Zielvorgaben und entwickelt deshalb keine eigenen. Das aufsteigende Arbeiterkind will oben dazu gehören. Schulterklopfer bekommen, und das möglichst breit herum erzählen. Statusdenken bedienen.
Und diese Angebote kommen. Hast du erst auf dich aufmerksam gemacht, laden sie dich auf eine Zigarre ein und machen die Tür hinter dir zu. Machen dir Angebote. Es sind die, die anders als du wissen, dass das Leistungsprinzip bei Hofe nur ein Spiel ist, in dem man seine Rolle spielt. Den Unterschied zwischen Rolle und Persönlichkeit kennst du noch gar nicht. Aber jetzt lernst du es von den Kindern der oberen Mittelschicht und unteren Oberschicht. Die es verinnerlicht hat, danach zu fragen, was für sie drin ist, wenn sie einen Raum betritt. Erst recht, wenn man etwas von ihnen will. Allein schon aus Selbstachtung. Dem Aufsteiger stellen sie schöne Belohnungen in Aussicht. Ein iPad, den Parkplatz, mehr Geld. Alles, was die anderen sehen lässt, dass sie dich gut (also nützlich) finden. Aber der Preis ist hoch. Nicht nur der persönliche Einsatz von Zeit und Kraft. Du wirst Menschen führen, d.h. verwerten müssen. Und aussortieren, wenn es mal nicht so läuft. (Jetzt kannst du es den Typen aus dem Sandkasten, auf dem Schulhof heimzahlen..)
Wer die Einladung in den exklusiven Club annimmt, muss die Mitgliedschaft in seinem alten Club kündigen und sich diesem als Vorbild empfehlen: "Ihr versteht, ich bin jetzt keiner mehr von euch. Ist nichts gegen euch. Ich weiß ja, dass ihr genau so handeln würdet, wenn ihr an meiner Stellt wärt." So denken die Führungsspitzen der deutschen Sozialdemokratie.
Die Denkfehler und Anmaßungen darin sind:
1. Sie halten sich für selbstbestimmt, verfolgen aber verordnete Ziele. Solange, bis ihnen die Entfremdung auf den Magen schlägt. Die Verstellung und Eitelkeit reicht sogar soweit, Menschen, die ihnen Haarfärbemittel unterstellen, juristisch zu verfolgen.
2. Sie unterstellen ihrer Umwelt den gleichen Charakterfehler, den sie selbst kultiviert haben.
3. Sie glauben ernsthaft, sie gehörten nach dem Jawort tatsächlich zum inneren und oberen Kreis.
Ein FROG sagt ja und erklärt denen, die er verlassen hat, anschließend die Welt. Zum Wohlgefallen derer, die die Einladung ausgesprochen haben. Wenn er zur Werke geht, zeigt er zuerst, dass er von keinen Sentimentalitäten mehr belastet ist und beginnt mit der Umverteilung von unten nach oben. Er saugt seine Einsichten in den Liberalismus geradezu auf. Er hält sich ja selbst auch für einen Glücksschmied. Wer kein Glücksschmied sein will, na gut, der will halt nicht. Der soll denn Willigen, den Aufsteigern, die er auf dem Schulhof belästigt hat, aber nicht auf der Tasche liegen.
Das mit den politischen Lagern rechts und links erklärt er für unmodern. Ein rhetorischer Kniff, der es ihm erspart, Position beziehen zu müssen. Modern ist, die neuen Chancen zu ergreifen, sich selbständig zu machen, an die Börse zu gehen, sich "etwas aufzubauen". Unmodern ist, sich dem Lamentieren hinzugeben, und dem Neid.
Dieser Typus stürzt irgendwann ab. Was sie für Eigenleistung hielten, war Gunst der Stunde. Das Husarenstück misslingt, es wird abgebrochen, rückgängig gemacht. Oder sie werden abgewählt. Beides natürlich ein Irrtum der Geschichte, der Gesellschaft, der Obrigkeit. Gut, gut. Die da oben sind ja nicht so, und wissen, wie viel (eigentlich: wie wenig) es braucht, um seinen Schmerz zu betäuben. Er privatisiert, gibt sich dem Weinberg oder der Schuhmanufaktur hin. Oder geht in den Aufsichtsrat. Er belästigt vielleicht noch zehn Jahre lang seine Nachfolger. Die Öffentlichkeit, die ihn eigentlich nicht vermisst, erinnert er regelmäßig daran, dass es ihn noch gibt. Wenn ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, mischt er sich wieder in seine Partei, oder schickt seine Frau.
Aufsteigertum im Sinne dieser SPDler heißt, zu beweisen, dass man die SPD irgendwann nicht mehr braucht, dass das sogar das Ziel eines Aufsteigers sein muss. Sich verkaufen zu können, und das auch durchzuziehen. Von zu Hause zu wissen, dass nur unten ist, wer unten sein will. Niemandem etwas schuldig zu sein. Oder zu glauben, durch den eigenen Aufstieg schon etwas zurückgegeben zu haben: Dem Land, dem Unternehmen. Dank zu erwarten, dafür dass man hinter sich die Zugbrücke zwar hoch gezogen hatte, sie aber nun wieder ein bisschen herunterlässt. Vorgeblich, um sich mit den Bauern zu identifzieren. In Wahrheit aber aus Heimweh, aus Einsamkeit, aus Sehnsucht nach Aufmerksamkeit.
All das hat nichts mit Peer Steinbrück zu tun. Steinbrück gehört zu einer anderen Gruppe, nämlich der, die in der SPD nicht rekrutiert werden sondern, die die sie entführen.
Ja wir fallen in vordemokratische, also wilhelminische Gesellschaftsstrukturen zurück, getrieben von den oberen fünf Prozent. Das wäre aber so ruhig nicht möglich ohne unsere Vorzeigeaufsteiger. Denn das Ideal der alten Bundesrepublik dient immer noch nicht den Aufstiegswilligen, sondern den Recruitern der Machteliten.
Sowohl an der Spitze mancher Wirtschaftsunternehmen als auch in Regierungsämtern haben wir gezeigt bekommen, wie man den Ruf des Aufsteigers ruiniert und den Gegnern einer durchlässigen Gesellschaft Argumente liefert. Da war der Herr, der die Welt AG schmieden wollte, und etwas von Shareholder-Value dozierte. Am Ende hatte er soviel Kapital vernichtet, dass ihm der größte Tagesgewinn gelang, als er seinen Rücktritt ankündigte.
Da war der Bundeskanzler, der sich -die Angebote seines Landes nutzend- nach oben arbeitete. Oben angekommen erklärte er der Schicht aus der er stammt, den kalten Krieg: "Es gibt kein Recht auf Faulheit." Nein. Aber auf Arbeit? Es gibt vor allem keinen Grund, sich siegestrunken selbst zum Maßstab für alle zu machen und womöglich zum Vorbild zu erklären.
Was läuft in den Köpfen solcher Problemaufsteiger ab?
Was ich selbst kenne ist: Wenn du der erste warst, der in deiner Familie, Verwandschaft Abitur machte und studierte, dann warst du auf dich alleine gestellt. Dann hat dich schon früh keiner wirklich verstanden, außer deiner Grundschulllehrerin. Aber immer gab es auch den einen Onkel, oder die Großmutter, die dich doch verstand, weil sie selbst mal in der Situation war, mehr zu wollen - aber dann nicht zu dürfen.
Du gehst aufs Gymnasium, machst aber deine Hausaufgaben allein. Deine Mutter kommt bei dem Stoff nicht mehr mit, sie hat auch keine Lust, ihn mit dir zu lernen. Sie hat zu tun. Du schaffst das Abi, und alle sind stolz. Stolz auf etwas, das sie aber nicht verstehen. Von dem sie aber wissen, dass dir jetzt "alle Türen offen stehen" und du mehr erreichen kannst als sie selbst. Damit meinen die meisten dann aber nicht so etwas wie Horizont oder ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben. Viele meinen damit nur: den größeren Fernseher, das größere Auto. Nicht mehr auf den Pfennig gucken. Weil du später nicht am Band oder der Drehbank oder im Lager arbeiten wirst, sondern "auf dem Büro", wo sie den ganzen Tag nur Telefonieren und am Computer sitzen..
Kann sein, dass du ein Gefühl der Isolation entwickelst, vielleicht auch einer diffusen Schuld, weil du offenbar mehr Chancen bekommen wirst, als sie, die immer nur vom Kriegsende und den Ruinen erzählt haben.
Auf dem Spielplatz wurdest du von prügelnden Nachbarskindern verfolgt. Natürlich nur von älteren. Du entwickeltest Strategien, Gewalt aus dem Wege zu gehen. Aber ganz kamst du nie drum herum. Hier legst du, nein legen sie vielleicht die Saat für deine spätere Abgrenzung, wenn es dir mal besser geht als ihnen.
Beim Bund warst du derjenige, der mit "beiden" konnte: mit den höheren Söhnen und den "Proleten". Also kamst du in die Problemgruppe und durftest den Trupp führen.
Später auf der Uni musstest du dich alleine organisieren, weil dir niemand aus Verwandtschaft und Freundeskreis helfen konnte. Deinen Traum vom Studium in Berlin oder München schiebst du vorerst auf. "Wie willst du dich denn da über Wasser halten?". Du ackerst dich durch, fragst dich, wie man sich dem vermeintlichen Studentenleben hingeben kann, wenn man nebenbei jobben muss, um nicht bis Ende zwanzig zuhause leben zu müssen. Als du dann auch anfängst, dein schon quasi immer vorhandenes Interesse für Politik auszuleben, gucken sie dich alle schief an: deine Familie, aber auch die Kommilitonen aus deinem Ingenieursstudium. Nach dem Abschluss promovieren die Guten weiter, aber du sagst -was gerne gehört wird: Ich will jetzt erst mal Geld verdienen. Und das kannst du auch, weil du schon seit dem Hauptdiplom Beziehungen in die Industrie aufbaust. Eigene natürlich, weil dich deine Familie nirgendwohin vermitteln kann.
Du trittst ins Berufsleben und denkst: Geschafft. Das verdanke ich nur mir. Und meinen Kommilitonen, oder wie du sie nennst: Studienkollegen. Du hast eine Antenne dafür entwickelt, wie man weiterkommt, wenn einem nichts geschenkt wird. Du weißt, wie man gefällt - aber auch, wie man sich dabei entfremdet. Du machst deine Sache gut ('good job!'), bekommst mehr Gehalt (mehr als du brauchst) und deine Arbeit interessiert dich.
Deine Eltern sind stolz auf dich. Erzählen gerne, was aus dir "geworden ist", haben aber nie verstanden, oder sich nie interessiert, was du jetzt machst. Für ihre Gespräche mit Nachbarn und Freunden genügt die Information, dass du "auf der Arbeit" Krawatte trägst und viel unterwegs bist. Und du erzählst gerne rum, wenn dein Chef dich lobt und du eine Gehaltserhöhung kriegst.
Du hälst die Zügel in der Hand und geniesst deine materielle Freiheit. Du hälst es für Freiheit, weil du dein eigenes Leben lebst. Und hier scheiden sich irgendwann die Geister.
Es gibt die, die die Ziele anderer verfolgen, als wären es eigene. Das Arbeiterkind glaubt an das Ethos der Leistungsgesellschaft. Es hat aber kein liberales Modell davon entwickelt, sondern eine Mischung aus protestantisch-mystischem Belohnungs- und Strafsystem und irdischem Obrigkeitsdenken. Die unbewusste Motivation ist das Lob von oben, kein innerer Maßstab. Man bekommt Zielvorgaben und entwickelt deshalb keine eigenen. Das aufsteigende Arbeiterkind will oben dazu gehören. Schulterklopfer bekommen, und das möglichst breit herum erzählen. Statusdenken bedienen.
Und diese Angebote kommen. Hast du erst auf dich aufmerksam gemacht, laden sie dich auf eine Zigarre ein und machen die Tür hinter dir zu. Machen dir Angebote. Es sind die, die anders als du wissen, dass das Leistungsprinzip bei Hofe nur ein Spiel ist, in dem man seine Rolle spielt. Den Unterschied zwischen Rolle und Persönlichkeit kennst du noch gar nicht. Aber jetzt lernst du es von den Kindern der oberen Mittelschicht und unteren Oberschicht. Die es verinnerlicht hat, danach zu fragen, was für sie drin ist, wenn sie einen Raum betritt. Erst recht, wenn man etwas von ihnen will. Allein schon aus Selbstachtung. Dem Aufsteiger stellen sie schöne Belohnungen in Aussicht. Ein iPad, den Parkplatz, mehr Geld. Alles, was die anderen sehen lässt, dass sie dich gut (also nützlich) finden. Aber der Preis ist hoch. Nicht nur der persönliche Einsatz von Zeit und Kraft. Du wirst Menschen führen, d.h. verwerten müssen. Und aussortieren, wenn es mal nicht so läuft. (Jetzt kannst du es den Typen aus dem Sandkasten, auf dem Schulhof heimzahlen..)
Wer die Einladung in den exklusiven Club annimmt, muss die Mitgliedschaft in seinem alten Club kündigen und sich diesem als Vorbild empfehlen: "Ihr versteht, ich bin jetzt keiner mehr von euch. Ist nichts gegen euch. Ich weiß ja, dass ihr genau so handeln würdet, wenn ihr an meiner Stellt wärt." So denken die Führungsspitzen der deutschen Sozialdemokratie.
Die Denkfehler und Anmaßungen darin sind:
1. Sie halten sich für selbstbestimmt, verfolgen aber verordnete Ziele. Solange, bis ihnen die Entfremdung auf den Magen schlägt. Die Verstellung und Eitelkeit reicht sogar soweit, Menschen, die ihnen Haarfärbemittel unterstellen, juristisch zu verfolgen.
2. Sie unterstellen ihrer Umwelt den gleichen Charakterfehler, den sie selbst kultiviert haben.
3. Sie glauben ernsthaft, sie gehörten nach dem Jawort tatsächlich zum inneren und oberen Kreis.
Ein FROG sagt ja und erklärt denen, die er verlassen hat, anschließend die Welt. Zum Wohlgefallen derer, die die Einladung ausgesprochen haben. Wenn er zur Werke geht, zeigt er zuerst, dass er von keinen Sentimentalitäten mehr belastet ist und beginnt mit der Umverteilung von unten nach oben. Er saugt seine Einsichten in den Liberalismus geradezu auf. Er hält sich ja selbst auch für einen Glücksschmied. Wer kein Glücksschmied sein will, na gut, der will halt nicht. Der soll denn Willigen, den Aufsteigern, die er auf dem Schulhof belästigt hat, aber nicht auf der Tasche liegen.
Das mit den politischen Lagern rechts und links erklärt er für unmodern. Ein rhetorischer Kniff, der es ihm erspart, Position beziehen zu müssen. Modern ist, die neuen Chancen zu ergreifen, sich selbständig zu machen, an die Börse zu gehen, sich "etwas aufzubauen". Unmodern ist, sich dem Lamentieren hinzugeben, und dem Neid.
Dieser Typus stürzt irgendwann ab. Was sie für Eigenleistung hielten, war Gunst der Stunde. Das Husarenstück misslingt, es wird abgebrochen, rückgängig gemacht. Oder sie werden abgewählt. Beides natürlich ein Irrtum der Geschichte, der Gesellschaft, der Obrigkeit. Gut, gut. Die da oben sind ja nicht so, und wissen, wie viel (eigentlich: wie wenig) es braucht, um seinen Schmerz zu betäuben. Er privatisiert, gibt sich dem Weinberg oder der Schuhmanufaktur hin. Oder geht in den Aufsichtsrat. Er belästigt vielleicht noch zehn Jahre lang seine Nachfolger. Die Öffentlichkeit, die ihn eigentlich nicht vermisst, erinnert er regelmäßig daran, dass es ihn noch gibt. Wenn ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, mischt er sich wieder in seine Partei, oder schickt seine Frau.
Aufsteigertum im Sinne dieser SPDler heißt, zu beweisen, dass man die SPD irgendwann nicht mehr braucht, dass das sogar das Ziel eines Aufsteigers sein muss. Sich verkaufen zu können, und das auch durchzuziehen. Von zu Hause zu wissen, dass nur unten ist, wer unten sein will. Niemandem etwas schuldig zu sein. Oder zu glauben, durch den eigenen Aufstieg schon etwas zurückgegeben zu haben: Dem Land, dem Unternehmen. Dank zu erwarten, dafür dass man hinter sich die Zugbrücke zwar hoch gezogen hatte, sie aber nun wieder ein bisschen herunterlässt. Vorgeblich, um sich mit den Bauern zu identifzieren. In Wahrheit aber aus Heimweh, aus Einsamkeit, aus Sehnsucht nach Aufmerksamkeit.
All das hat nichts mit Peer Steinbrück zu tun. Steinbrück gehört zu einer anderen Gruppe, nämlich der, die in der SPD nicht rekrutiert werden sondern, die die sie entführen.
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