Wir kommen mit der Aufklärung erst weiter, wenn wir uns (wieder) unsere Natur eingestehen und nicht weiter versuchen, die Vernunft von der Natur weiter zu entfernen. Mit diesen Worten hat der Berliner Religionsphilosoph im philosophischen Radio im WDR die richtige Antwort auf den grünen Zeitgeist gegeben. Einen Zeitgeist, der begonnen hat, Biologie für ein "soziales Konstrukt" zu halten.
Mit Natur ist hier das in uns angelegte gemeint, die Natur, die zur Freude, zum Rausch, zur Befriedigung führt. Nicht die Natur, die die Tempolimit- und Rauchverbotsfreunde "schützen" wollen.
Intelligent Design vs. SozialkonstrukteÜber George W. lachen und sich selbst für aufgeklärt halten, weil er dem "intelligent Design" anhängt. Und dann Geschlechter zu Konstrukten erklären. Die Natur da draußen auf den Sockel heben, aber die eigene Natur wie etwas fremdes, aufgezwungenes abstreifen wollen. Die Probleme mit dem eigenen Selbst, dem stockenden Heranreifen, der tiefen Verzweiflung über die Einsamkeit, die Beziehungsunfähigkeit, diese Verunsicherung -wenn nicht Depression- zu einem Lifestyle erheben und massenhaft über die Gesellschaft kippen und zu deren Angelegenheit machen, und zu behaupten, das sei Aufklärung, genau das ist Berlin.
"Leugner" spricht die InquisitionMan soll anders Denkende ja nicht als Leugner bezeichnen. Es leugnet nicht der, der nach Beweisen verlangt. Es leugnet der, der die Beweise übergeht, ignoriert, verbietet oder behauptet, sie träfen nicht zu. Der Begriff "Holocaust-Leugner" ist eine zutreffende Bezeichnung, denn den Holocaust gab es. Wie praktisch, dass das Publikum fortan alles was "geleugnet" wird, als dem Holocaust vergleichbar bewertet. So wie nach dem Neonazi alles niedergemacht werden kann, indem man es mit dem Attribut "Neo-" belegt.
Der Begriff "Klima-Leugner" ist eine inquisitorische Anmaßung, denn von ihm wird nicht Gewesenes in Zweifel gezogen, sondern Belege oder Beweise für eine Prognose oder Behauptung verlangt. Wenn ich sage, ich glaube dem Wetterbericht nicht mehr, weil er in der Vergangenheit immer seltener gestimmt hat, handle ich vernünftig. Wenn ich sage, ich glaube der Klimaprognose nicht, werde ich als "Leugner" tituliert. So als lästerte ich den neuen Klimagöttern, anstatt mich bei den Klimagläubigen einzureihen.
Selbstverantwortung ist das neue "Rechts"Umgekehrt, wenn ich vor der Eurokrise warne, gelte ich als "rechts". Wobei man sich nicht mal mehr die Mühe macht zu erklären, was daran denn verwerflich sei. Das Publikum soll den Umkehrschluss ziehen: "Rechts" ist die Bezeichnung für Leute mit abweichenden Meinungen und Handlungen. Die Abweichung liegt in diesem Fall darin, dass ich meinem Interesse an meiner Existenz, Wohlergehen Vorrang einräume gegenüber einem Problem am Ende der Welt. Das Bescheidwissen (bzw. rezitieren können) über alle dortigen Probleme, diese im Internet angelesene Vielwisserei gilt heute als Aufklärung. Worüber man jede Woche "aufgeklärt" wird, überlässt man den Nach-richten-portalen.
Also, wer die Behauptung der Linken anzweifelt, ist ein Leugner. Linke, die Evidenzen abstreiten (wie z. B. das Geschlecht), sind keine Leugner, sondern erweitern -aus ihrer Sicht- die Aufklärung. Aufklärung vollzieht sich, indem man naturwissenschaftliche Befunde wieder zu Konstrukten ("Designs") erklärt. In Wahrheit ist es eine Form der Selbstverleugnung, die zu einem Kollektivverhalten ausgebaut werden soll.
Wenn Klaus Heinrich sagt, die Aufklärung stocke, weil wir unter einem Bann stehen, dann halte ich das noch für optimistisch. Ich habe vielmehr seit längerem den Eindruck, dass wir zurücktreiben. Den Umkehrpunkt, hinter dem wir zu Rede- und Denkverboten zurückkehrten, war uns noch bewusst. (Vgl. z. B. die vor kurzem im Internet herumgereichte Episode aus dem "Lehrer Dr. Specht", in dem dieser im ZDF ganz unverblümt über die Politische Korrektheit aufklären durfte. Das ist heute nicht mehr denkbar.)
Die politische Korrektheit wurde nach meiner Erinnerung von den Clintons in die Welt gesetzt. Vorgeblich um Minderheiten vor der Verletzung mit Worten zu schützen ("gewaltfreie Kommunikation"). Inzwischen missbrauchen viele der so Geschützten ihre Immunität für ganz reale Gewalt auf der Straße. Wir sollen Toleranz gegen Intolerante üben. Auch das ist eine Form der Selbstverleugnung.
Die Gattung Mensch folgt der Entwicklung des MenschenHeinrich verweist auf Freud, um diese Selbstverleugnung als pubertäre Erscheinung auslegen zu können. Freud hatte den Schock über die Gewalt des ersten Weltkrieges zu der Erkenntnis verarbeitet, dass das wesentliche an unserem Zeitalter die Rivalität, das Nichtaushaltenkönnen der Unsicherheit, ob der andere stärker ist als ich/wir gedeutet. Er sah uns in der Menschheitsgeschichte deshalb in der "phallischen Phase", die sich im friedlichsten Fall als Revier- und Weitwinkeln pubertierender Jünglinge äußere und im schlimmsten Fall in der Vernichtung des Anderen, um sich der eigenen Überlegenheit ein für alle mal sicher sein zu können. Es ist klar, dass die in den Anderen projizierten Feindbilder und Beschuldigungen natürlich Spiegelbilder der eigenen Seele sind. Das Eigene wird im Anderen bekämpft.
Der nächste Schritt folge also aus der Erkenntnis, dass es im Leben keinen Sinn zu suchen gebe außer dem, es zu genießen.
Hier kann man einen der Autoren einrühren, von dem die Tische in den Buchläden derzeit voll sind: Albert Camus. Das Leben vom Tode her denken macht frei. Dazu muss aber zuvor der Schock der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit überwunden werden. Es ist also ein Zeichen von Unreife, um jetzt den Schluss aus Heinrich und Camus zu ziehen, die Vernunft oder das Ego über den Tode siegen lassen zu wollen. Nein, der Anblick des Endes am Ende der Strecke macht frei. Die Erkenntnis der Knappheit des eigenen Lebens gibt ihm Wert. Wer den Tod besiegen will, entwertet es wieder und outet sich als kindisch.
Diese Freiheit wirft mich voller Wohligkeit und Entlastung auf mich selbst zurück. Nicht die Probleme der anderen sind mein Lebenssinn. Sondern der Genuss meines eigenen. Natürlich gehört dazu auch Empathie für alle, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin. Aber nicht die, bei denen ich nicht weiß, ob sie sich umgekehrt so für mich entschieden so wie ich mich für sie entscheiden soll.
Im übrigen sind Menschen, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, die friedlichsten. Den Terror bringen die in die Welt, die von anderen permanent Dementis einer Gewaltbereitschaft einfordern, die doch nur ein Spiegel ihrer selbst ist. Und die auch als Beleg für die eigene Existenz dienen. Ich unterstelle, also bin ich.