"Ah, jetzt verstehe ich es: Ich lebe!"
Frank Cross in: Die Geister, die ich rief
Sylvester läuft auf 3sat ja immer das Dauerprogramm von Rock- und Popkonzerten. Spontan begeisterten mich 2009 die Altrocker von Status Quo. Eine Band, die ich immer hartnäckig ignoriert hatte, weil ich ihren Boogierock -also jedenfalls in den Radioedits- immer irgendwie trivial fand. Ich stand immer auf Alternativrock, den ich im Rückblick inzwischen nur noch für eine depressive Form, der Angst vor dem Atomkrieg geschuldet, des ursprünglich lebensfrohen Rock'n'Roll halte. Ich dachte damals: Wer keine tiefergehende Botschaft hat, der ist trivial.
Oh, welch Frevel. Als wir Status Quo also auf 3sat sahen, lief da ein Laufband von einer bevorstehenden Deutschlandtour. Aus der Laune heraus bestellte ich online sofort Tickets für ihren Auftritt im Kreuzberger Tempodrom am 26. Oktober.
Am Dienstag war es soweit! Doch vor den Genuss haben die Götter den Schweiß gesetzt. In Berlin den Angstschweiß, ob man es mit dem ÖPNV rechtzeitig zum Anhalter Bahnhof schaffen wird. Weder S-Bahn noch BVG waren also jenem Abend in der Lage, die Rockpilger zum Ort ihres Begehrs zu bringen. Wie könnte es auch anders sein...
Gut, irgendwann kamen wir an. Das Tempodrom gilt unter Berliner Politikern als Mahnmal für gut gemeinte aber schlecht gemanagte, vor allem schlecht finanzierte Kulturprojekte. Es hat die Form eines Zirkuszeltes, und innen ist es einfach genial gestaltet: Man checkt so schnell ein wie früher am Flughafen Tempelhof. Es gibt eine breite Gardrobe, es gibt Getränkerbars im Außenring und im Innenraum. Alles geht irgendwie schnell. Als wir unsere Jacken abgegeben und uns ein Bier genehmigt haben, öffnen wir die Tür zum Innenraum. Da strömen uns bayerische Zeilen und Melodien entgegen, es erwarten uns auf der Bühne ausgerechnet die Altmeister aus München, die ich für ihren Song "Sommer in der Stadt" so ins Herz geschlossen habe: Die Spider Murphy Gang. Ich sehe die zum ersten mal live und es hat etwas Surreales, dass fast 1.000 Kehlen den Song mitgröhlen, der heute als Soundtrack für diverse Onlinepartnerbörsen durchgehen könnte: "Wo, wo bist Du-huu?". Is ja nett, wie der Leadsänger Günter sich ins Zeug legt. Und das Publikum ist soo entspannt. Partykellerstimmung. Nicht übermäßig laut, auch fällt es dem Drummer schwer, den Takt zu halten. Aber alle mögen Spider Murphy..
Dann ist die Vorgruppe vorbei und es fließt wieder sechziger und siebziger Jahremucke aus den Boxen. Hier gibts dann einen zweiten Höhepunkt: Einer der Rowdies, die die Status - Bühne präparieren, schiebt tatsächlich einen Staubsauger über das Podest. Und der DJ nutzt die Gelegenheit, Freddie Mercurys Staubsaugerhymne "I want to break free" aufzulegen. Das Publikum gröhlt, der Staubsauger genießt seine aufwallende Popularität. Dann plötzlich -und ich liebe diesen Moment der Vorfreude, der seinen Ursprung in frühkindlichen Heiligabendbescherungen haben muss- geht das Zirkuskuppellicht aus.
Und die lila Lightshow, die an die Grafiken der ersten iTunesversion erinnert, geht los und die Intromusik schwillt an. Dann kommen die Chefs auf die Bühne. Aus dem Synthysound heben sich die ersten Lebenszeichen der E-Gitarren ab. Sweet Caroline dreht ihre Aufwärmrunde. Dann plötzlich und entschlossen fällt das Startsignal und die Gitarren legen los. Die Chefs des Boogierock. Routiniert lässig, hart, laut und perfekt abgestimmt startet die Show und nach wenigen Sekunden ist klar, dass Rock eine Domäne der Altrocker ist. Dass es ihr Revier ist, in dem alle nachfolgenden Alternative-, Depri und Gott weiß welche Abwandlungen immer nur geduldete Gäste waren. Das hier, das ist schnell klar, ist das Werk geniöser Miterfinder des Rock. Mich packt es. Alle anderen auch, aber mit dem Unterschied, dass die es schon immer wussten, und ich ein bisschen spät dran bin, mit meiner Erkenntnis, dass diese Musik, dass der Ursprung dieser Musik, nicht die Klage sondern die Freude ist. Die Freude darüber, sich im klaren zu sein und daraus die Entspannung im Hier und Jetzt abzuleiten. Was ich hier in bemühten Worten umbeschreibe vollzieht sich in der Wirklichkeit über Saiten, Verstärker, Boxen direkt in Herz und Hüften der hier Anwesenden. Der Zirkus hat abgehoben und fliegt. Um uns herum Mittvierziger, Fünfziger und direkt neben uns saugt ein verwitterter Typ im Trenchcoat die Atmosphäre auf, ein Bahnvorstand oder so. Klar ist: Die Chefs rocken das Haus. Wenn diese Floskel je stimmte, dann heute...
Der Bandname stimmt noch immer. Keine Band hat mehr Songs in die UK-Charts gebracht und Frontmann Francis Rossi sagt irgendwann, "all of these songs are from SOME TIME ago". Und ich denke: Das ist unsere klassische Musik. Die Menge an Bands und Songs zwischen den Sechzigern und Achtzigern, das ist eine eigene musikalische Epoche, Geschichte. Und man muss es live erlebt haben, um ihre Wirkung und ihre Bedeutung verstanden zu haben. Status Quo wiederholen und variieren, wie eigentlich jeder bedeutende Künstler, ihre immer gleiches Thema, ihr Ding. Aber es ist so verdammt gut. Auf der Bühne entfaltet sich beides: Unmittelbare Wirkung der Musik und das Bewusstsein, damit etwas Neues in die Welt gesetzt zu haben. "Together we can rock and roll!"
Francis und Rhytmusgitarrist Rick Pafitt wechseln sich mit dem Gesang ab. Beide sind so alt wie meine Eltern, aber sie werden immer Rocker sein. Mit einer gewissen professionellen Distanz zu ihrem Werk, mag sein, aber um so würdevoller wirkt ihr Auftritt. Rock ist keine Frage des Alters und der Zeit. Auch im Publikum geht es nicht darum, alte Zeiten aufleben zu lassen, sondern seinen Platz zu behaupten. Das hier ist und wird sein.
Freitag, 29. Oktober 2010
Dienstag, 26. Oktober 2010
Montag, 18. Oktober 2010
Auf Schalke
Nicht weitersagen: am Wochenende war ich zum ersten mal in der Veltins-Arena. Es war mein zweites Heimspiel der Schalker. Das erste mal sah ich sie 1998 gegen Juve aus dem UEFA-Cup rausfliegen. Von der Atmosphäre im Parkstadion war ich aber selbst als Dortmunder echt ergriffen. Naja, neben VfL Wolfsburg und dem FC Eisern Union habbich eben auch ne Beziehung zu Schalke. Und deshalb wollte ich da schon lange mal unbedingt hin.
Wie kommt man an Tickets? Nur online. Ist n bisschen etepitete. Man registriert sich einfach und bestellt, nein, man wird irgendwie erstmal gefilzt und bekommt dann irgendwann seine Freischaltmitteilung. Vom Amt für Schalketickets.
Egal. Auf gehts an einem verregnetem Oktobersamstag.
Am Vorabend hatten wir uns die Regenrallye auf der A2 gegeben. Mehr als 140 ging nich. Deshalb neuer Verbrauchsrekord: Noch Sprit und Öl über als wir ankamen. Aber das beste: In dem wir vor die Haustür der Schalker rollen, schiesst der BvB das 1-2 gegen die Geißböcke. Darauf ersmal nen Kartoffelsalat und n Stauder :-))
Annäherung ans Gazpromtor. Ein Checkin wie am Flughafen..
Dem Ernst-Kuzorra seine Andenkenkneipe in der Arena. Für die Schalker eine Art Integrationsobjekt. Hier sippeln Schalker aller Gesellschaftsschichten an ihrem Pillek,
Wat dem BVB-Fan seine Aktie, das soll dem Schalker die Anleihe werden. Die Werbung sagt: Hier kannze bei Schalke unterschreiben. Ich sach nur: Subprime! Finger weg!
Dmals wars so: Als wir 2001 nach Berlin gezogen waren, wurde Schalker beinahe Meister. Im Jahr darauf holtense dann immerhin den DFB-Pokal. Sogar zweimal hintereinander. Besuch war garantiert. Seitdem sind wir die ständige Vertretung in Berlin. Hier ist der Beweis:
Ja und Fussek gespielt wurde auch noch. Not gegen Elend, nannte Tom das. Da lag er richtig.
Für die 61.000 Fans die reinste Nervenprobe... Stuttgart ging zweimal in Führung. Aber wer 1-0 führt, der stets...
Ja, und dann gabs in der zweiten Halbzeit, direkt vor unserer Nase, einen Freistoß für Schalke. Getreten von halb links in den Strafraum. Die Schalker springen hoch und sämtlich am Ball vorbei. Einer von ihnen fällt plötzlich um. Eine ewig lange Sekunde später pfeift der Schiri Elfer für Schalker. Den habe ich dann mal festgehalten:
Die letzten zehn Minuten dann waren ne echte Frechheit von den Schalkern. Es lief schon die ganze Zeit eigentlich nie was zusammen. Keine Spielideen, keine Pässe in den Lauf des Kollegen. Immer nur quer und erstmal Ball annehmen und dann nächste Anspielstation suchen. Dass sie nicht mal in der Schlussphase einen Drang und ne Idee zum Tor entwickelten, das war die reinste Arbeitsverweigerung. Strukturwandel hin, Gentrification her: Wer in jungen Jahren soviel Geld verdient, von dem würde ich als Fan vollen Einsatz erwarten. Nicht so auf Schalke. Hier muss nur das Konzept stimmen. Das durften wir auch schon morgens im großen WAZ-Interview mit dem Herrn Magath lesen: "Ich bin kein Schalke-Fan." (Ernsthaft!) Und: "Das muss allen klar gewesen sein, dass es schwierig wird."
Ich für meinen Teil glaube nicht, dass es bei Schalke noch ne Wende gibt. Das geht abwärts diese Saison. Da stimmen die Einstellung von Manschaft und Manager nicht.
Als wir dann mit der Bahn noch nen Abstecher nach Buer machen wollten, gab es für alle noch ein bisschen Loveparade Feeling: Die Bogestra muss -wie alle 14 Tage - vom ausverkauften Heimspiel überrascht gewesen sein. Sie fuhr erstmal nach Fahrplan. Es sollen sogar leere Wagen planmäßig abgefahren sein, die dann später einfach fehlten. Über all das gleiche. In Köpenick is das ja auch nicht anders..
Den ganzen Ärger spülten wir dann ersmal runter in der Hexe. Szenekneipe von Schalkern und Sozialdemokraten.
Wie kommt man an Tickets? Nur online. Ist n bisschen etepitete. Man registriert sich einfach und bestellt, nein, man wird irgendwie erstmal gefilzt und bekommt dann irgendwann seine Freischaltmitteilung. Vom Amt für Schalketickets.
Egal. Auf gehts an einem verregnetem Oktobersamstag.
Am Vorabend hatten wir uns die Regenrallye auf der A2 gegeben. Mehr als 140 ging nich. Deshalb neuer Verbrauchsrekord: Noch Sprit und Öl über als wir ankamen. Aber das beste: In dem wir vor die Haustür der Schalker rollen, schiesst der BvB das 1-2 gegen die Geißböcke. Darauf ersmal nen Kartoffelsalat und n Stauder :-))
Annäherung ans Gazpromtor. Ein Checkin wie am Flughafen..
Dem Ernst-Kuzorra seine Andenkenkneipe in der Arena. Für die Schalker eine Art Integrationsobjekt. Hier sippeln Schalker aller Gesellschaftsschichten an ihrem Pillek,
Wat dem BVB-Fan seine Aktie, das soll dem Schalker die Anleihe werden. Die Werbung sagt: Hier kannze bei Schalke unterschreiben. Ich sach nur: Subprime! Finger weg!
Dmals wars so: Als wir 2001 nach Berlin gezogen waren, wurde Schalker beinahe Meister. Im Jahr darauf holtense dann immerhin den DFB-Pokal. Sogar zweimal hintereinander. Besuch war garantiert. Seitdem sind wir die ständige Vertretung in Berlin. Hier ist der Beweis:
Ja und Fussek gespielt wurde auch noch. Not gegen Elend, nannte Tom das. Da lag er richtig.
Für die 61.000 Fans die reinste Nervenprobe... Stuttgart ging zweimal in Führung. Aber wer 1-0 führt, der stets...
Ja, und dann gabs in der zweiten Halbzeit, direkt vor unserer Nase, einen Freistoß für Schalke. Getreten von halb links in den Strafraum. Die Schalker springen hoch und sämtlich am Ball vorbei. Einer von ihnen fällt plötzlich um. Eine ewig lange Sekunde später pfeift der Schiri Elfer für Schalker. Den habe ich dann mal festgehalten:
Die letzten zehn Minuten dann waren ne echte Frechheit von den Schalkern. Es lief schon die ganze Zeit eigentlich nie was zusammen. Keine Spielideen, keine Pässe in den Lauf des Kollegen. Immer nur quer und erstmal Ball annehmen und dann nächste Anspielstation suchen. Dass sie nicht mal in der Schlussphase einen Drang und ne Idee zum Tor entwickelten, das war die reinste Arbeitsverweigerung. Strukturwandel hin, Gentrification her: Wer in jungen Jahren soviel Geld verdient, von dem würde ich als Fan vollen Einsatz erwarten. Nicht so auf Schalke. Hier muss nur das Konzept stimmen. Das durften wir auch schon morgens im großen WAZ-Interview mit dem Herrn Magath lesen: "Ich bin kein Schalke-Fan." (Ernsthaft!) Und: "Das muss allen klar gewesen sein, dass es schwierig wird."
Ich für meinen Teil glaube nicht, dass es bei Schalke noch ne Wende gibt. Das geht abwärts diese Saison. Da stimmen die Einstellung von Manschaft und Manager nicht.
Als wir dann mit der Bahn noch nen Abstecher nach Buer machen wollten, gab es für alle noch ein bisschen Loveparade Feeling: Die Bogestra muss -wie alle 14 Tage - vom ausverkauften Heimspiel überrascht gewesen sein. Sie fuhr erstmal nach Fahrplan. Es sollen sogar leere Wagen planmäßig abgefahren sein, die dann später einfach fehlten. Über all das gleiche. In Köpenick is das ja auch nicht anders..
Den ganzen Ärger spülten wir dann ersmal runter in der Hexe. Szenekneipe von Schalkern und Sozialdemokraten.
Sonntag, 17. Oktober 2010
Die Porsche Saga
Vox hat vorige Woche eine lange Doku über die Geschichte der Firma Porsche gesendet. Absolut sehenswert. Wer es verpasst hat, kann es gerade auf YouTube noch ansehen - wer weiß, wie lange noch..
Donnerstag, 14. Oktober 2010
That's what it is...
"There's frost on the graves and the monuments
But the taverns are warm in town
People curse the government
And shovel hot food down
Lights are out in the city hall
The castle and the keep
The moon shines down upon it all
The legless and asleep..
..There's a chink of light, there's a burning wick
There's a lantern in the tower
Wee Willie Winkie with a candlestick
Still writing songs in the wee wee hours
On Charlotte Street I take
A WALKING stick for my hotel
The ghost of Dirty Dick
Is still in search of Little Nell
That's what it is.."
Mark Knopfler, What it is
Dienstag, 12. Oktober 2010
Solid Gold?
Achtung: Die Goldpreisentwicklung wird in den Medien häufig in US-Dollar gezeigt. Die Langzeitkurven besagen, dass sich die Unze Gold innerhalb von zehn Jahren von 200 auf 1350 Dollar entwickelt habe. Ist das die Wachstumgsstory des zurückliegenden, phantasielosen Jahrzehnts?
Nein, es ist die Verluststory des US-Dollars. Aus EURO-Sicht gilt eigentlich: Nicht Gold steigt, sondern der Dollar sinkt in die Bedeutungslosigkeit. Nur weil etliche Regierungen das Heil für ihre Exportwirtschaft darin sehen, gegenüber dem Dollar künstlich abzuwerten, steht der Dollar noch relativ gut dar. Das treibt den Goldpreis aber künstlich weiter hoch.
Während der Bush-Jahre drohten die arabischen Erdölländer schon einmal damit, Öltanker nicht mehr in Dollar sondern in EURO abzurechnen. Damit wäre der Dollar in die zweite Liga abgestiegen und die US-Regierung konnte das abwenden. Dann kamen die Spielverluste, der Bankrott der Finanzkrise dazu. Das hat nicht nur zu einer exorbitanten Staatsverschuldung der USA geführt, sondern auch zu einem tief sitzenden Vertrauensverlust in die Bilanzen von US-Unternehmen, vor allem aus dem Bankensektor.
Welche innere Stärke der US-Wirtschaft bleibt eigentlich übrig? Mir fällt keine ein. Aus unserem New York Urlaub habe ich keine anderen Eindrücke mitgenommen, als dass es den USA an kreativen und wirtschaftlichen Impulsen fehlt. Außer Apple ist da nichts. Die Immobilienpreise sind günstig. Selbst Appartements in New York werden für Normalbürger erschwinglich.
Die US-Amerikaner sind ein betrogenes, verschüchtertes, bespitzeltes und ausgelaugtes Volk geworden. Das ist das Ergebnis der Bush-Jahre. Trotzdem glaube ich an die innere Stärke Amerikas. Damit die sich wieder Bahn bricht, sind aber gewaltige gesellschaftliche Umbrüche nötig. Erste zaghafte Ansätze dafür haben wir wahrgenommen. Z.B. scheinen immer mehr Menschen die Oberflächlichkeit, die Lüge und die Angst satt zu haben. Ein neuer Sinn für Qualität entsteht. Aber es kann zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis sich das in einer wiedererstarkten Volkswirtschaft äußert.
Für europäische, vor allem deutsche, Anleger folgt daraus aus meiner Sicht: Nicht jetzt noch in Gold einsteigen, und wenn, dann nicht in EURO bezahlen, sondern in US-Dollar.
Nein, es ist die Verluststory des US-Dollars. Aus EURO-Sicht gilt eigentlich: Nicht Gold steigt, sondern der Dollar sinkt in die Bedeutungslosigkeit. Nur weil etliche Regierungen das Heil für ihre Exportwirtschaft darin sehen, gegenüber dem Dollar künstlich abzuwerten, steht der Dollar noch relativ gut dar. Das treibt den Goldpreis aber künstlich weiter hoch.
Während der Bush-Jahre drohten die arabischen Erdölländer schon einmal damit, Öltanker nicht mehr in Dollar sondern in EURO abzurechnen. Damit wäre der Dollar in die zweite Liga abgestiegen und die US-Regierung konnte das abwenden. Dann kamen die Spielverluste, der Bankrott der Finanzkrise dazu. Das hat nicht nur zu einer exorbitanten Staatsverschuldung der USA geführt, sondern auch zu einem tief sitzenden Vertrauensverlust in die Bilanzen von US-Unternehmen, vor allem aus dem Bankensektor.
Welche innere Stärke der US-Wirtschaft bleibt eigentlich übrig? Mir fällt keine ein. Aus unserem New York Urlaub habe ich keine anderen Eindrücke mitgenommen, als dass es den USA an kreativen und wirtschaftlichen Impulsen fehlt. Außer Apple ist da nichts. Die Immobilienpreise sind günstig. Selbst Appartements in New York werden für Normalbürger erschwinglich.
Die US-Amerikaner sind ein betrogenes, verschüchtertes, bespitzeltes und ausgelaugtes Volk geworden. Das ist das Ergebnis der Bush-Jahre. Trotzdem glaube ich an die innere Stärke Amerikas. Damit die sich wieder Bahn bricht, sind aber gewaltige gesellschaftliche Umbrüche nötig. Erste zaghafte Ansätze dafür haben wir wahrgenommen. Z.B. scheinen immer mehr Menschen die Oberflächlichkeit, die Lüge und die Angst satt zu haben. Ein neuer Sinn für Qualität entsteht. Aber es kann zehn bis zwanzig Jahre dauern, bis sich das in einer wiedererstarkten Volkswirtschaft äußert.
Für europäische, vor allem deutsche, Anleger folgt daraus aus meiner Sicht: Nicht jetzt noch in Gold einsteigen, und wenn, dann nicht in EURO bezahlen, sondern in US-Dollar.
Sonntag, 10. Oktober 2010
Freitag, 8. Oktober 2010
Green New York
Deja vu: Ankündigung von Radrennen in der Stadt
Nachdem sie zweimal von Intensivtätern an den Rand des Abgrunds gedrängt wurden, wenden sich die New Yorker anscheinend wieder den wahren Dingen des Lebens zu. Auf unseren Spaziergängen durch die Lower Eastside, Greenwich Village und Chelsea, aber auch im Financial District fiel uns auf: Die Leute sind langsamer geworden. Bewusster. Die Deli-Shops werben mit Qualität und lokaler Herkunft.
Home made: Cup Cake Konditor
Das Personal ist nicht mehr aufgesetzt freundlich, sondern freundlich. Es scheinen andere Leute das Geschäft zu machen, als noch vor fünf Jahren. Im Hotel Houston werden wir von der asiatischen Empfangsdame begrüßt und erfahren, dass das Frühstück inklusive ist. Und das Frühstück ist gut. Die anderen Gäste witzig und sehr freundlich.
In den Villagebewohnern erkennen wir Gutmenschen. Aber angenehmeren Typs als in Berlin. Nicht ideologisch aufgeladen, nicht vorrangig darauf bedacht, moralisch immer recht zu haben und im Recht zu sein, wenn er die Regeln zu seinen Gunsten zurecht biegt. Z.B. im Straßenverkehr. Nein, es gibt auch den Typus "guter Mensch", der Qualität will, der im Gleichgewicht sein will und der sich von Hypes, Ängsten und anderen Manipulationen nicht mehr beirren lassen will. Dem Familie wichtig ist, der aber auch die Manipulationen seiner eigenen Familie austherapiert hat - und sei es nur durch die Identifikation mit den Romanfiguren eines Jonathan Franzen..
Wir machen unseren ersten Spaziergang Richtung Manhattanbridge und erfahren, dass die Stadt am Wochenende wegen eines Radrennens gesperrt wird. Das kennen wir aus Berlin, allerdings ideologischer. Wir wollen mit dem Bus fahren, zählen die 1-Dollar-Scheine ab. Der Busfahrer klärt uns auf, dass wir in Münzen bezahlen müssen. Haben wir nicht. "Habt Ihr nicht? Then go ahead.." Er nimmt uns so mit und wünscht uns beim Aussteigen noch ein "Enjoy New York!". Mit der U-Bahn durchqueren wir den East River nach Brooklyn. Ich erinnere mich an die Story des Ruhrbarons Arnold Voss über Gentrification in Williamsburg. Wir wollen den Brooklyn Bridge Park sehen und die neu gestalteten Piers. Und werden nicht enttäuscht. Der Uferweg unter der Brücke führt ins Grüne. Einen Park, den ein junges Paar für seine Hochzeitszeremonie nutzt (was wir gut verstehen können ;-). Die Atmosphäre ist hier einzigartig. Die Oktobersonne strahlt, der Verkehr hoch oben auf der Brooklyn Bridge rauscht vorbei. Dieser Blick auf Manhattan unter einem strahlend blauen Himmel ist unersättlich. Wir gehen weiter zu den Piers. Hier gibt es ein Brücken-Cafe und der Parkweg führt vom Pier 1 zum Ufer. Dort entlang bis zum Ende und zurück durch den hügeligen Park. Von dort schaut man über grüne Wiese und durch herbstliche Bäume rüber nach Manhattan. Ein Bauschild sagt, dass man hier im nächsten Jahr auch mit Kanus Richtung East River ablegen kann.
Der neue grüne Deal: die New Yorker Brückentechnologie
Auf den Straßen gibt es einen Trend zu Hybridantrieben. Die neue Taxigeneration, Modell Ford Escape, hat durchweg Hybridantrieb. Einige Linienbusse auch. Und sogar Stretchlimos tragen das Schild an ihren Flanken. Der Lexus 400 Hybrid ist eines der häufigsten "Manhattan Cars".
What if God was one of us? Just the driver of the Hybrid bus..
Dieses New York ist das Gegenteil von 1999. Damals: Business und Technologie Hype. Angst etwas zu verpassen. Die Börse fährt ohne einen ab, wenn man zu spät kommt. Atemlosigkeit. Die Hand am Zentralrechner der New Yorker Börse. Heute: Ruhig, grün, auf dem Ökotrip. Zum ersten mal konnte ich mir realistisch vorstellen, dort zu leben und zu arbeiten.
Zurück in Manhatten, an der Westside, gibt es eine still gelegte Hochbahnlinie aus den 30er Jahren.(Eine Güterzuglinie, hoch gebaut, damit sie den Straßenverkehr nicht gefährdete). In Berlin und Dortmund lässt man so was einfach verrotten und nennt es dann Gleismeer oder Vintage. Die New Yorker Regierung und die "Freunde der Highline" hingegen veranstalteten einen Ideenwettbewerb und eröffneten im Sommer 2009 den ersten gestalteten Abschnitt. (Mehr Infos: TheHighline.org)
Last not least: The very special Jefferson Market Garden in Greenwich Village
Fotos: Frontmotor
Mittwoch, 6. Oktober 2010
"No standing any time": Die Wallstreetboys
Wir waren ein paar Tage in New York. Es hat sich einiges getan seit dem letzten Besuch 2005. Und erst recht, wenn man zehn Jahre zurück blickt. Ich werde in den kommenden Tagen darüber berichten. Anfangen will ich mit den Bänkern. Dann habe ich sie hinter mir..
Vor zehn Jahren waren sie die Herren des Universums. Heute wirken sie nur noch peinlich: Die Banker. Der Hass auf sie hat sich gelegt, die New Yorker belächeln und bemitleiden sie inzwischen eher. Wer vom Leben nicht mehr erwartet, als seine Gier in einer Spielhölle auszuleben, hat auch nicht mehr verdient.
Das intellektuelle New York ist von der grünen Welle erfasst. Überall liest man von "organic", "hybrid" oder "home made". Man achtet wieder auf Qualität und hat die Blasen satt. Zieht man durch die Lower East Side, Greenwich Village oder Chellsea, sieht die aufs aufrichtige Gutsein bedachten Menschen und laufen einem dann Anzug tragende Banker über den Weg, wird es unübersehbar: Dieses Investmentzeitalter war wie ein Big Mac. Nichts dran, nichts dahinter und man hat bald wieder Hunger. Sie wirken um so peinlicher, je überheblicher sie daher kommen. Überheblichkeit ist es etwas, was in New York inzwischen völlig verpönt ist. Man ist freundlich, hört zu, stellt Fragen. Nur die Bänker nicht.
Man hat die Banker rausgehauen, wie die notorisch prügelnden Typen aus den Problemfamilien. Sie haben sich nicht bedankt. Sie haben bis jetzt ihre Schuld nicht bekannt. Kaum geht es ihnen besser, fangen sie schon wieder von vorne an. Die einzige Geste, die sie für ihre Umwelt übrig haben ist der Zaun, den sie um die Börse gezogen haben. Man kommt nicht mehr an sie ran. Sogar die U-Bahnzugänge haben sie dicht gemacht. Sie haben Schiss, weil sie vielleicht doch ein schlechtes Gewissen haben?
Gut passt auch das rote Verkehrsschild, das auf sie zeigt und sagt: NO STANDING ANY TIME:
Fotos: Frontmotor
Vor zehn Jahren waren sie die Herren des Universums. Heute wirken sie nur noch peinlich: Die Banker. Der Hass auf sie hat sich gelegt, die New Yorker belächeln und bemitleiden sie inzwischen eher. Wer vom Leben nicht mehr erwartet, als seine Gier in einer Spielhölle auszuleben, hat auch nicht mehr verdient.
Das intellektuelle New York ist von der grünen Welle erfasst. Überall liest man von "organic", "hybrid" oder "home made". Man achtet wieder auf Qualität und hat die Blasen satt. Zieht man durch die Lower East Side, Greenwich Village oder Chellsea, sieht die aufs aufrichtige Gutsein bedachten Menschen und laufen einem dann Anzug tragende Banker über den Weg, wird es unübersehbar: Dieses Investmentzeitalter war wie ein Big Mac. Nichts dran, nichts dahinter und man hat bald wieder Hunger. Sie wirken um so peinlicher, je überheblicher sie daher kommen. Überheblichkeit ist es etwas, was in New York inzwischen völlig verpönt ist. Man ist freundlich, hört zu, stellt Fragen. Nur die Bänker nicht.
Man hat die Banker rausgehauen, wie die notorisch prügelnden Typen aus den Problemfamilien. Sie haben sich nicht bedankt. Sie haben bis jetzt ihre Schuld nicht bekannt. Kaum geht es ihnen besser, fangen sie schon wieder von vorne an. Die einzige Geste, die sie für ihre Umwelt übrig haben ist der Zaun, den sie um die Börse gezogen haben. Man kommt nicht mehr an sie ran. Sogar die U-Bahnzugänge haben sie dicht gemacht. Sie haben Schiss, weil sie vielleicht doch ein schlechtes Gewissen haben?
Gut passt auch das rote Verkehrsschild, das auf sie zeigt und sagt: NO STANDING ANY TIME:
Fotos: Frontmotor
Montag, 27. September 2010
So geht Bank heute: Sohn vom Sohn vom Sohn vom Sohn
Es klang wie ein verfrühter Aprilscherz. Am Morgen des 17. März 2010 veröffentlichte die Lobbyagentur Hering Schuppner per Pressemitteilung, dass Henriette Peucker ab dem 01.04. die "perfekte Ergänzung für unseren Geschäftsbereich Corporate Affairs" sei.
Dies gelte besonders für "unseren integrierten Ansatz Kapitalmarktnähe, Corporate Perspektive und Politik-Erfahrung" (Link). Das kann man wohl sagen. Denn Henriette Peucker leitete davor die Berliner "Repräsentanz" der Deutschen Börse. Sie trieb also die Gesetzgebung zur Öffnung des Wertpapierhandels für verbriefte Kreditforderungen voran. Adressat ihrer Forderungen war der Mann, mit dem sie auch privat liiert ist: der damalige Ministerialdirektor und heutige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Jörg Asmussen. Über den schrieb der SPIEGEL, dass er immer rausgehe, wenn es in einer Sitzung um Geschäfte ginge, in die auch seine Liierte involviert sei..
Diese Mission ist längst erfüllt. Sie hat große private und Landesbanken erschüttert. Die Börse hat an allen, Gewinnern und Verlierern verdient. Die Herren Bankvorstände hingegen waren groß mit dem Wort, aber klein in ihren Fähigkeiten. Leute wie die IKB-Aufsichtsräte Ulrich Hartmann und Michael Rogowski durchschauten die Spiele an der Wallstreet nicht. Sie gaben ihren Vorständen aber Verträge wie an der Wallstreet, fühlten sich wie die Kapitäne großer Ozeandampfer. Nur als alles zusammenbrach und man sie nach ihrer Verantwortung fragte, als man von ihnen im Nachhinein Qualität einforderte, fassten sie das als ungebührliche Provokation Subalterner auf. Und pochten auf die Einhaltung ihrer Bonus- und Pensionszusagen. Zu begleichen bitte schön durch die Steuerzahler. Das galt nicht nur für die glücklosen Spieler, sondern auch für die nicht minder glücklosen "Sanierer".
Zu dieser Gattungsart gehören z.B. die Herren Axel Wieandt (Ex-HRE Vorstand) und sein Vorgänger Georg Funke, der die HRE auf insgesamt 12 Mio. EURO verklagte. An diesem Typus stört, dass er VOR dem Amtsantritt seine hohen materiellen Forderung damit begründet, dass er zur weltweit knappen Elite gehöre, die bereit und fähig sei, hohe Verantwortung zu übernehmen. Wenn er dann versagt hat, begründet er die Durchsetzung seiner Ansprüche mit dem privaten Vertragsrecht.
Bleiben wir bei Axel Wieandt, dem Sohne von Paul Wieandt, seines Zeichens Banksanierer, der z.B. die SchmidtBank sanierte und im Zuge dessen die Online Bank Consors von Karl-Matthäus Schmidt verkaufte. Axel Wieandt studierte an der WHU und ging dann zu: McKinsey. Dort lernte er Martin Blessing kennen, der später Axels Schwester Dorothee heiratete. Blessing ist auch ein Bankierssohn und -enkel: sein Vater war Vorstand der Deutschen Bank, sein Großvater Präsident der Bundesbank. Dorothee übrigens arbeitet bei den Erfindern und größten Profiteuren der Finanzkrise: Goldman Sachs.
Zur Ablenkung der Politik von den eigentlich wichtigen Fragen, zündeten diese Angehörigen einer neuen Täterschicht Nebenkriegsschauplätze. Deutschland diskutierte zwei Jahre lang darüber, ob nun die privaten oder die öffentlichen Banken schlimmere Täter gewesen seien. Dabei ist diese Frage ganz unwichtig. Wichtiger ist die Frage: Was verbindet die Handelnden? Und schaut man da mal näher hin, erkennt man also, dass man es hier mit Familienangelegenheiten zu tun hat. Die Damen und Herren kennen sich gut und schon lange. Die wichtigsten sind sogar miteinander verwandt. Und mancher trott sowohl bei privaten als auch bei öffentlichen Banken auf: Namentlich Hilmar Kopper. Damals Nachfolger des 1989 ermorderten Alfred Herrhausen. Heute Aufsichtsrat bei der HSH Nordbank. Kopper ist ein Beispiel dafür, dass die gleiche Person sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor Schaden anrichten kann.
Hans Martin Bury hingegen ist ein Seitenwechsler der anderen Art. Nicht genug, dass er -wie Asmussen- Mitglied der SPD ist. 2005 wechselte er vom Auswärtigen Amt auf einen Direktorenposten bei den Pleitebänkern der Gebrüder Lehman. Hm, danach wurde er Managing Partner bei HERING SCHUPPENER Consulting.
Solche Seitenwechsel ermöglicht unser Konzept von Rollen und Personen. Jeder darf im Prinzip jede Rolle ausfüllen. Auch wenn der größte Nutzen eines Rollenspielers darin läge, dass er seinen vorherigen Rollengeber verraten würde. Das ist falsch verstandene Berufsfreiheit.
Wir müssen alle genannten Fälle im Zusammenhang mit der Frage sehen: Wer refinanziert die Finanzkrise? Wer kommt für die Depotverluste abgestürzter Großbürger und die Saläre "glückloser" Bankierssöhne auf?
Die 5 EURO Hartz IV Erhöhung sind eine Antwort darauf. Eiskalt vorgetragen von der ausgeguckten Vollstreckerin der Umverteilung von unten nach oben: Der Albrechttochter Ursula von der Leyen.
Dies gelte besonders für "unseren integrierten Ansatz Kapitalmarktnähe, Corporate Perspektive und Politik-Erfahrung" (Link). Das kann man wohl sagen. Denn Henriette Peucker leitete davor die Berliner "Repräsentanz" der Deutschen Börse. Sie trieb also die Gesetzgebung zur Öffnung des Wertpapierhandels für verbriefte Kreditforderungen voran. Adressat ihrer Forderungen war der Mann, mit dem sie auch privat liiert ist: der damalige Ministerialdirektor und heutige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Jörg Asmussen. Über den schrieb der SPIEGEL, dass er immer rausgehe, wenn es in einer Sitzung um Geschäfte ginge, in die auch seine Liierte involviert sei..
Diese Mission ist längst erfüllt. Sie hat große private und Landesbanken erschüttert. Die Börse hat an allen, Gewinnern und Verlierern verdient. Die Herren Bankvorstände hingegen waren groß mit dem Wort, aber klein in ihren Fähigkeiten. Leute wie die IKB-Aufsichtsräte Ulrich Hartmann und Michael Rogowski durchschauten die Spiele an der Wallstreet nicht. Sie gaben ihren Vorständen aber Verträge wie an der Wallstreet, fühlten sich wie die Kapitäne großer Ozeandampfer. Nur als alles zusammenbrach und man sie nach ihrer Verantwortung fragte, als man von ihnen im Nachhinein Qualität einforderte, fassten sie das als ungebührliche Provokation Subalterner auf. Und pochten auf die Einhaltung ihrer Bonus- und Pensionszusagen. Zu begleichen bitte schön durch die Steuerzahler. Das galt nicht nur für die glücklosen Spieler, sondern auch für die nicht minder glücklosen "Sanierer".
Zu dieser Gattungsart gehören z.B. die Herren Axel Wieandt (Ex-HRE Vorstand) und sein Vorgänger Georg Funke, der die HRE auf insgesamt 12 Mio. EURO verklagte. An diesem Typus stört, dass er VOR dem Amtsantritt seine hohen materiellen Forderung damit begründet, dass er zur weltweit knappen Elite gehöre, die bereit und fähig sei, hohe Verantwortung zu übernehmen. Wenn er dann versagt hat, begründet er die Durchsetzung seiner Ansprüche mit dem privaten Vertragsrecht.
Bleiben wir bei Axel Wieandt, dem Sohne von Paul Wieandt, seines Zeichens Banksanierer, der z.B. die SchmidtBank sanierte und im Zuge dessen die Online Bank Consors von Karl-Matthäus Schmidt verkaufte. Axel Wieandt studierte an der WHU und ging dann zu: McKinsey. Dort lernte er Martin Blessing kennen, der später Axels Schwester Dorothee heiratete. Blessing ist auch ein Bankierssohn und -enkel: sein Vater war Vorstand der Deutschen Bank, sein Großvater Präsident der Bundesbank. Dorothee übrigens arbeitet bei den Erfindern und größten Profiteuren der Finanzkrise: Goldman Sachs.
Zur Ablenkung der Politik von den eigentlich wichtigen Fragen, zündeten diese Angehörigen einer neuen Täterschicht Nebenkriegsschauplätze. Deutschland diskutierte zwei Jahre lang darüber, ob nun die privaten oder die öffentlichen Banken schlimmere Täter gewesen seien. Dabei ist diese Frage ganz unwichtig. Wichtiger ist die Frage: Was verbindet die Handelnden? Und schaut man da mal näher hin, erkennt man also, dass man es hier mit Familienangelegenheiten zu tun hat. Die Damen und Herren kennen sich gut und schon lange. Die wichtigsten sind sogar miteinander verwandt. Und mancher trott sowohl bei privaten als auch bei öffentlichen Banken auf: Namentlich Hilmar Kopper. Damals Nachfolger des 1989 ermorderten Alfred Herrhausen. Heute Aufsichtsrat bei der HSH Nordbank. Kopper ist ein Beispiel dafür, dass die gleiche Person sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor Schaden anrichten kann.
Hans Martin Bury hingegen ist ein Seitenwechsler der anderen Art. Nicht genug, dass er -wie Asmussen- Mitglied der SPD ist. 2005 wechselte er vom Auswärtigen Amt auf einen Direktorenposten bei den Pleitebänkern der Gebrüder Lehman. Hm, danach wurde er Managing Partner bei HERING SCHUPPENER Consulting.
Solche Seitenwechsel ermöglicht unser Konzept von Rollen und Personen. Jeder darf im Prinzip jede Rolle ausfüllen. Auch wenn der größte Nutzen eines Rollenspielers darin läge, dass er seinen vorherigen Rollengeber verraten würde. Das ist falsch verstandene Berufsfreiheit.
Wir müssen alle genannten Fälle im Zusammenhang mit der Frage sehen: Wer refinanziert die Finanzkrise? Wer kommt für die Depotverluste abgestürzter Großbürger und die Saläre "glückloser" Bankierssöhne auf?
Die 5 EURO Hartz IV Erhöhung sind eine Antwort darauf. Eiskalt vorgetragen von der ausgeguckten Vollstreckerin der Umverteilung von unten nach oben: Der Albrechttochter Ursula von der Leyen.
Donnerstag, 23. September 2010
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