Dienstag, 8. Juli 2025

Paul Auster's "Baumgartner" - ein Pensionär widmet sich seinen Erinnerungen

Wenn es etwas gibt, woran ich mein Bedauern darüber dass ich nicht ewig leben werde, festmachen kann, dann ist es die Erkenntnis, dass ich nicht mehr alle Bücher lesen werde, die ich gerne gelesen hätte. Nicht dass ich schon wüsste welche das alles sind, denn wenn ich sie jetzt benennen sollte, wäre die Liste sicher nicht so lang, dass meine Lebenserwartung dafür nicht reichen sollte. Aber andererseits ist es so, dass ich immer noch mehr entdecke als ich weglese.

So ging ich neulich nach Feierabend noch zu dem Buchhändler in der Einkaufspassage gegenüber dem Bahnhof von dem aus ich zur Arbeit pendle. Um ein paar bestellte Bücher abzuholen. Bücher die ich bestellte hatte, weil ich sie irgendwo aufgeschnappt hatte. Aber trotzdem streifte ich, wo ich nun mal da war, über die Bestsellerlisten. Aber alles langweilig. Das meiste über Probleme, die ich lange hinter mir habe oder mit deren Lösung ich mich nicht mehr beschäftigten muss. Und das galt sowohl für die Sachbücher als auch Romane und Erzählungen. Es galt aber auch für die Emporkömmlinge, die sich ohne Berufsabschluss für "Wissenschaftsjoirnalisten" halten, und mir auf YouTube die Lichtgeschwindigkeit erklären wollen. Ich ging also am Regal mit den Bestsellern vorbei ins Innere des Ladens. Das hätte ich sowieso tun müssen, denn im Inneren des Ladens war ja die Kasse, bei der meine Bestellungen hinterlegt waren. Und bog ich noch mal rechts ab zu den Romanen. Und wie von der Geisterhand meines Überich bestellt lag da ein Buch von Paul Auster. Amerikanischer Gegenwartsautor. Der Gatte von Siri Hustvedt, der Autorin von "Was ich liebte", einem der dichtesten und verstörendsten Roman, die ich gelesen habe, vergleichbar noch am ehesten mit Don de Lillo's Atombombenroman. Also, bei bekannten Namen greife ich gerne mal zu und lese den Buchrücken.

Und da traf es mich. "Seit seiner Pensionierung widmet sich Professor Baumgartner statt der wissenschaftlichen Arbeit seinen Erinnerungen." Unglaublich. Denn, obwohl ich noch nicht pensioniert bin, habe ich auch damit angefangen, "mich meinen Erinnerungen zu widmen". Seitdem bei meinem Arbeitgeber das Wort Altersteilzeit die Runde macht, kaum dass ich endlich obenauf angekommen war, hatte ich damit begonnen, nein eigentlich hatte es mich begonnen, mich mit meinem Jahrzehnte langen Tagebuch zu beschäftigen. Eine der Disziplinen, die ich seit Jahrzehnten durchhalte. Ich kann quasi in meinem eigenen Leben spazieren gehen, wenn mir danach ist. Aber ich hatte auch begonnen, darüber nachzudenken, ob ein Tagebuch nicht eigentlich der Fundus für eine Biografie oder eine Sammlung von Erzählungen sein kann. Ja und als ich damit anfing, merkte ich, dass es mir Spaß macht. Und wie das so ist. Wie bei Gesprächen mit langjährigen Bekannten oder Freunden muss man mehrere Runden um den See oder Teich drehen, bis man der Sache auf den Grund kommt. Unter der Oberfläche bergen wir unglaubliche Tiefen von Erinnerungen. Die uns gar nicht sichtbar und bewusst sein, solange wir auf der Oberfläche des Sees herumschippern

Dieser Professor Baumgartner also hat ein Arbeitszimmer, dass er sich früher mit seiner verstorbenen Frau geteilt hat, einer Übersetzerin und Lektorin. Beide haben viel geschrieben und in ihren Schreibtischschubladen gesammelt. Und Baumgartner fängt irgendwann an, darin abzutauchen.

Ich las also ein bisschen in dem gerade mal 200 Seiten langen Roman und dachte, den nehme ich auch noch mit und lese ihn als erstes. Und da bin ich gerade mittendrin. Paul Auster beschreibt hier mit Sicherheit sein eigenes Altern und sein Hadern damit. Und vieles, dass ich auch gerade bei Bronnie Ware gelesen hatte (die mit den "5 Dingen"..). Die Kunst beim Schreiben über das eigene Leben ist aber, eine Erzählperspektive zu finden, die es für andere interessant machen könnte. Denn einerseits habe ich ja nur erlebt, was Millionen andere auch erlebt haben. Aber andererseits auch wieder nicht. Denn wenn ich so darüber nachdenke, habe ich vielleicht Dinge erlebt, die andere nicht erlebt haben. Oder in dieser Kombination nicht erlebt haben. Wer weiß das schon.

Was also könnte das Besondere an meiner Perspektive sein? Darüber denke ich nach. Und was mir als erstes auffiel war, dass es manche Stationen zum Beispiel meines Berufslebens inzwischen nicht mehr gibt. Ich war bei Deutschlands größtem Stromversorger in der Hauptverwaltung, Zentralbereich "Energieübertragung". Den gibt es nicht mehr, nicht mal mehr das Gebäude. Dann war ich beim größten IT-Unternehmen der USA. Es hat seitdem seine Bedeutung eingebüßt. Jetzt bin ich bei Europas größtem Autohersteller und sein Management arbeitet hart, auch ihn in die Bedeutungslosigkeit zu verwalten. Ich bin also quasi ein umherreisender Ingenieur, der Arbeitgeber betritt, wenn diese gerade auf ihrem Höhepunkt sind. Danach geht es nur noch bergab. Und wo ich so spreche: Ich bin auch in ein Land geboren, als es gerade auf seinem Höhepunkt war. Danach ging es nur noch bergab. Zuerst schleichend, dann immer deutlicher.

Nun können sich auch Abstiege dramatisch und aufregend gestalten. Aber ich erlebe es eher nicht so interessant. Eher so wie das eigene Altern. Jeden Tag ein bisschen. Undramatisch im Erleben, aber schon dramatisch in den Ergebnissen, wenn sie einem bewusst werden. "Abstieg" könnt ein erster Titel sein. Aber wer will sowas lesen, die meisten erleben das doch auch selbst. Aber vielleicht für nachkommende Generationen interessant. So wie ich mich nicht satt lesen kann an Stefan Zweigs "Unsere Welt von gestern", das seit 20 Jahren unsere Gegenwart beschreibt.

Ich muss mal sehen, mir das Ganze durch den Kopf gehen lassen. Vor allem aber Momente der Muße und der Kontraktion finden.

Sonntag, 6. Juli 2025

Es ist Sommer

Der Urlaub naht. Die Sommertemperaturen kündigen es an. Die Kinder der Kollegen haben Zeugnisse bekommen (das bekam ich mit) und haben Ferien (auch das bekomme ich mit). 

Vorigen Mittwoch hatten wir 36 Grad oder mehr. Und wir sind wegen Sanierungsarbeiten (im doppelten Sinne, ha ha) derzeit in einem Bürohochhaus vor den Werkstoren untergebracht. Ein 60er Jahre Bau. Ohne Klimaanlagen und halb defekten Aufzügen. Ja, wir sollen wieder mehr im Büro arbeiten. Nein, für adäquate Bedingungen ist kein Geld da. Das hat der Vorstand mit Skandalen, Fehlentscheidungen und Unvermögen verprasst. Freitagabend erst haben sie unseren Personalvorstand geschasst. Dem Aufsichtsrat war er zu weich, der Betriebsrätin zu hart.

Aber zurück. Es gibt dieses Sommergefühl, das sich oberhalb der 30 Grad einstellt. Die Luft ist dann dermaßen warm, dass man nichts mehr machen kann. Und die anderen natürlich auch nicht. Die Natur sagt: Du sollst nichts machen. Also an den Strand, an den See oder auf die Gartenliege. Oder halt, wie wir, zusammenkommen und einander versichern, dass man bei der Hitze gar nichts mehr machen kann.

Der Chef meldet sich ab für einen Termin in der Hauptverwaltung (er meint: einem klimatisierten Büro). Seine Chefin, die dieses Ausweichquartier ausgesucht hatte, erschien erst gar nicht. Ob sie auch in der Hauptverwaltung ist oder im Homeoffice wagte niemand zu fragen.

Das alles wären noch typische Sommergeschichten und Tagesaufreger, an die man sich später halb romantisch erinnert. Zum Ärgernis wird es immer erst durch die Deutsche Bahn. Und den Bürgermeister. Und meine Erwartung wurde nicht enttäuscht. Hatte es vor einer Woche noch 7 Stunden gebraucht, wegen eines gefallen Baumes und einer abgerissenen Oberleitung, verloren wir heute 30 Minuten vor einer aufgeweichten Weiche kurz vor Berlin. Ich hatte in dem prall gefüllten Touristen ICE eh keinen Sitzplatz bekommen und saß wie meistens auf dem Boden im Übergang zwischen den Waggons. (Im Alten ICE hatte man hier reichlich Platz, aber der neue ist dichter gepackt und man muss die Beine anziehen.) Diese Übergangsräume sind nicht klimatisiert. Und bereits 20 Minuten vor der angekündigten Ankunft drängt sich der deutsche Tourist bereits mit seinem Riesenkoffer an die Tür. Man will der Erste sein. Und das ist um so wichtiger, je größer der Koffer und je immobiler man selbst ist. (Vergleichbar mit den Nissan Micras, die einem auf der linken Spur vor die Nase ziehen, sobald das Tempolimit aufgehoben ist.) Also 20 Minuten erwärmten diese Touristen mir auf der Pelle hängend bereits die Luft. Dann kam noch eine halbe Stunde dazu. In diese Stunde erfuhr ich alles über das Leben der Anderen. Der eine war in Berlin geboren, die andere besuchte nicht ihre Enkelin. 

Irgendwann kamen wir im Bahnhof an. Ich ging zu meinem Auto im Parkhaus und dachte: Das einzig gute an der Verspätung ist, dass ich zu Hause einen Parkplatz kriegen könnte. Denn bei uns um die Ecke ist ein öffentlicher Parkplatz für eine Badestelle. Und da spielen sich bei Sommertemperaturen immer die gleichen Szenen ab. Die Werktätigen kommen nach Hause und alles ist zugeparkt von den dicken Karren der Großfamilien, die hier von Sonnenauf- bis Untergang alles belegen. Die parken alles zu, auch die Wiese gegenüber. Das Ordnungsamt weiß das. Und während es uns immer auflauert, ob wir die bezahlte Parkzeit nicht überschritten haben, drückt es bei den Großfamilien immer beide Augen zu. Weiter unten in Kladow sind neulich zwei Afrikaner ertrunken. Die Gratiswochenzeitung berichtet darüber. Und im Nebensatz die Zitate der Anwohner, dass man selbst die Badestellen gar nicht mehr aufsuchen kann, wenn man mal Zeit hat. Es ist alles voll, laut und uselig. Das stimmt. Kommt aber von den gleichen Leuten, die ansonsten CDU wählen. Denn auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner wohnt hier. Und er betreibt diese typische schwarzgrüne Politik, die sonntags Willkommenskultur predigt und von montags bis freitags dafür sorgt, dass das neue Containerdorf oben in Wilhelmstadt errichtet wird. Nur ihre Badestelle können sie nicht "schützen", denn das würde auffallen. Also versuchen sie es jetzt mit Seenotrettungsgeschichten aus denen sich evtl. Restriktionen ableiten lassen.

Sommer heißt also: Im Büro schwitzen, in der Bahn ausharren, zu Hause keinen Parkplatz finden. Während sich das obere Management in klimatisierten Büros tummelt, der Bahnvorstand im klimatisierten Dienstwagen chauffiert wird und Flüchtlinge in Besitz nehmen. 

Und die Betroffenen? Sagen nix. "Man müsste..", "man sollte..." am besten, wenn jemand anderes mal was tun und sich den Mund verbrennen würde. So sind grüne CDU Wähler. Wenn sie übers Geben sprechen, wollen sie gehört und gesehen werden. Aber sie geben nichts. Gegen Missstände tun sie nichts, weil das Mühe macht und man dabei aneckt. Gerne mokieren sie sich über diejenigen, die etwas tun auch über deren "Ton". (Im Bundestag kopiert man gerne die Anträge der AfD und sagt: In der Sache haben die ja recht, aber deren Ton...)

Jedesmal wenn wir was getan haben, wurde uns nicht gedankt, sondern wir wurden noch angeschwärzt. Und so ist es uns beinahe recht, wenn die Verursacher dieser voran schreitenden Verkommenheit die Folgen ihres Tuns und Unterlassens selbst "ausbaden".

Wir selbst hauen so oft es geht einfach ab nach Brandenburg. Hier spricht man noch deutsch und kümmert sich nur um den eigenen Kram. Die Leute gehen morgens arbeiten, mähen freitagabends den Rasen und wollen am Wochenende ihre Ruhe am Grill und auf der Liege.

Und wenn es wieder mal zu warm ist zum Rasen mähen, dann eben nicht. Dann hat man ein Alibi. Genau das ist das deutsche Sommergefühl..

King Crimson - Starless (Live in Takamatsu, Japan 2015)

Der Tipp eines regelmäßigen Lesers - Danke dafür :-)

Freitag, 4. Juli 2025

Eagles - One of These Nights (Live 1977)

Pink Floyd at Pompeii – MCMLXXII - One of These Days (Official Music Video)

The Wrong Thing To Do - MUDCRUTCH, April 20, 2008

"Well, my daddy took me campin'
Out under the stars
Left me by the fire
While he hit the bars
And I broke my finger
On a trailer hitch
Mamma called daddy
That son of a bitch, alright

Well a hundred miles to go
You draggin' your ass
I'm in a Japanese car
That ain't gonna last
And you forever drivin'
On the wrong side of the road
Wearing dungarees
That your mother stole

(Chorus)
Well my mamma loved me
But my daddy don't
I'm tryin' to work it all out
But I probably won't
I got a woman waiting
At the top of the stairs
It's the wrong thing to do
But I don't care"



Landgericht Braunschweig praktiziert deutsches Recht zum Schutz der Führungseliten

Das Landgericht Braunschweig verurteilte vor einigen Wochen verantwortliche Führungskräfte im Dieselskandal wie folgt:

  • den Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung: 4,5 Jahre Haft
  • den Leiter der Antriebselektronik: 2 Jahre, 7 Monate Haft
  • den Entwicklungsvorstand: 1 Jahr, 3 Monate auf Bewährung

Schon hier nahm das Gericht den höchsten Rang, den Entwicklungsvorstand, von seiner direkten Verantwortung aus. Dieser bleibt auf Bewährung in Freiheit, während die beiden mittleren Führungskräfte in Haft sind. 

Begründung: Das deutsche Strafrecht verlangt Beweise für die direkte Schuld der Angeklagten. Es müsste eine belegte Anweisung gegeben haben, die Abschalteinrichtung einzubauen. Oder: es müsste eine direkte Information "von unten" an den Vorstand gegeben haben "wir bauen das ein, sag Bescheid wenn du dagegen bist". Und dann müsste der Vorstand zu seiner Entlastung belegen, dass er dem widersprochen hat. Der Vorstand ist raus, wenn es hier eine Befehlskette oder Meldung nur in gesprochenen Worten ohne Zeugen gegeben hat. Der Vorstand ist in Deutschland NICHT schon deshalb mitschuldig, wenn eine Straftat unter ihm passiert ist. 

Man muss als Führungskraft somit nur organisieren, dass das passiert was man will, aber dies nicht schriftlich verankert wird. Vor allem aber: jede bindende Verpflichtung delegieren, die heikel sein könnte. Ein Vorstand delegiert entweder an seine untergebenen Bereichsleiter und diese an ihre Hauptabteilungsleiter, die wiederum an ihre Unterabteilungsableiter. Man muss regeln, wie weit herunter solche Verantwortlichkeiten delegiert werden können. Und man muss als Empfangender wissen, welche Risiken man dabei eingeht. 

Klar ist natürlich: je höher man steht, desto mehr kann man delegieren und sich entlasten. Man muss nur immer dafür sorgen, dass es keine Protokolle gibt, bzw. Einfluss nehmen, dass heikle Dinge nicht darin stehen. Und den Mitarbeiter möchte ich sehen, der einem Vorstand widerspricht, wenn dieser etwas aus dem Protokoll gestrichen haben will. 

Am höchsten stand CEO Martin Winterkorn. Das gleiche Landgericht Braunschweig, dass zwei mittlere Führungskräfte zu Haftstrafen verurteilte hat jetzt anerkannt, dass Martin Winterkorn "verhandlungsunfähig" ist und das Verfahren "bis auf weiteres" ausgesetzt. 

So etwas wäre in Deutschland oder den USA undenkbar. In Japan wäre ein Martin Winterkorn öffentlich geächtet. In den USA wäre er höchstwahrscheinlich in Haft. Da läuft es so, dass die Staatsanwaltschaft nicht danach suchen lässt, wer die eigentliche Tat begangen hat, sondern oben anfängt zu verdächtigen und der Verdächtigte Beweise für seine Unschuld finden muss. 

U. a. deshalb werden Vorstände dort viel höher bezahlt als in Deutschland. Wir erinnern uns, als deutsche Vorstände ihre Gehaltserhöhungen damit rechtfertigten, sie seien weltweit nachgefragte Führungskrafteliten, denen man schon etwas anbieten müsse, damit sie hier bleiben. In Wahrheit wissen sie schon zu schätzen, dass sie in Deutschland keine strafbewehrte Haftungsrisiken tragen, wenn sie nur daran denken, ihre Verantwortungslosigkeit zu organisieren. 

Das wissen Vorstände. Das wussten die SED- und Stasieliten. Das wussten im Prinzip schon die Nazifunktionäre. Niemand gab den Befehl zum Mauerschuss. Niemand hatte die Gaskammern befohlen. Und Hitler wollte das alles nicht ("Wenn das der Führer wüsste."). 

Das deutsche Rechtssystem, dass die obersten Ränge schützt, genießt Kontinuität über die Systemwechsel hinaus. 

Dienstag, 1. Juli 2025

Nach sechs Jahren wollen die Autohersteller Software jetzt doch als Open Source entwickeln

 Es gibt Branchennachrichten, da kriege ich Puls. Die Entwicklungsmanager der deutschen Automobilbranche haben jetzt erkannt, dass man sich etliche Softwareentwicklungsarbeiten teilen könnte. Schließlich ist da nicht alles, was man codieren muss, wettbewerbsdifferenzierend. In der sog. "Middleware" setzt man sogar nur Anforderungen um, die man vorher in einem Standardisierungsgremium gemeinsam spezifiziert hat.

Dazu muss man allerdings in seinen Spaghetti-Code ("Bring es irgendwie zum Laufen, morgen ist Produktionsstart!") in eine Struktur, d. h. Architektur, bringen. Und: sich daran bis zum Schluss halten.

Und denkt man sich all die Softwarekomponenten der Hauptsysteme (Antrieb, Fahrwerk, Bedienung und Anzeige, Infotainment,..) sortiert in Schichten und vertikalen Schnitten, kommt man darauf, dass man sich Basisfunktionen gleich teilen kann. Die Ermittlung und Aufbereitung von Sensordaten z. B., oder die Grundfunktionen von Aktoren, die nicht nur zufällig bei allen Herstellern gleich ist, sondern vom Gesetzgeber vorgeschrieben.

Als ich vor sechs Jahren von einem Zulieferer zu einem OEM wechselte, hatte ich genau das erkannt. Alle Softwareentwickler, quer durch alle Branchen, sind es gewohnt, sich aus offenen Quellen zu bedienen und Beiträge zu leisten. Die Randbedingungen dafür sind in jedem guten Haus geregelt. Seit Jahren und Jahrzehnten. In der Automobilbranche nicht.

Als ich das Managern von zwei Wettbewerbern vorschlug, hörte ich von der einen Seite: "Nein, brauchen wir nicht. Wir sind vorne, das machen wir allein." Wenige Jahre später war keiner der Verantwortlichen mehr im Amt, weil sie Milliarden verballert hatten um am Ende Produktionsstarts zu verschieben. Jetzt kommen ihre Nachfolger selbst darauf es zu tun.

Der VDA will künftig unter dem Dach der Eclipse Foundation einen gemeinsamen "Core Stack" entwickeln. Da sage ich: Herzlichen Glückwunsch zu der Erkenntnis. Jetzt müsst Ihr es nur noch umsetzen... :-)

Quelle: automotiveIT

Montag, 30. Juni 2025

Highlights aus dem Bundeshaushalt 2025

 Der Gesamthaushalt überschreitet erstmals die 500 Mrd. EUR Grenze. Wir geben mehr für Zinsen aus als für Forschung und Entwicklung.

Den höchsten Posten hat "Soziales", der höchste Einzelposten sind mit 140 Mrd. Zuschüsse zur Rente. Interessant die Aufschlüsselung, in der sich der Bundeszuschuss zum Bürgergeld verbirgt. Hierzu muss man noch Unterkunft- und Heizkosten addieren um auf die Gesamtsumme von 40 Mrd. zu kommen. Und das sind nur die Zuschüsse vom Bund. Länder und Kommunen tragen hier auch noch Kosten.

5 Mrd. kostet der Verteilungsapparat selbst.

Auch interessant: Im Verteidigungshaushalt gehen weiterhin nur ein kleiner Prozentanteil in die Beschaffung von Wehrmaterial:



Samstag, 28. Juni 2025

Depeche Mode - "Walking In My Shoes" (Live on Letterman)

"I could tell 'bout the things they put me through
The pain I've been subjected to
The Lord himself, oh, would blush
The countless feasts laid at my feet
Forbidden fruits for me to eat
I think your pulse would start to rush 
Now I'm not looking for absolution
Forgiveness for the things I do
But before you come to any conclusions
Try walking in my shoes

You'll stumble in my footsteps
Keep the same appointments I kept
If you try walking in my shoes
If you try walking in my shoes 
Morality would frown upon
Decency look down upon
The scapegoat fate's made of me
But I promise now, my judge and jurors
My intentions couldn't have been purer
My case is easy to see"

"5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen" - ein eindrucksvolles Buch

Das Buch von Bronnie Ware (einer Sängerin, die sich vor ihrem Durchbruch mit Pflegearbeit über Wasser hielt), war fast 10 Jahre auf meiner Warteliste. Jetzt habe ich es endlich gelesen. Es hat mich bewegt, aber anders als ich erwartet hätte.

Ich erinnere mich noch, wie mich die Verinnerlichung der Erkenntnis, selbst auch sterblich zu sein ;-) zuerst schockierte und dann befreite. Es befreite mich vom Perfektionismus, von zu hohen Erwartungen an andere und an mich selbst. Und es ermutigte mich zu Expeditionen in Gefilde, die ich vorher nicht gewagt hätte.

Aber Bronnie Ware geht noch weiter. Dabei fängt ihr Buch eher langweilig und enttäuschend an. Sie erzählt aus ihrem eigenen Leben. Wie sie als Bankangestellte ausbrach, sich den Erwartungen ihrer Familie entzog, die Sprüche der anderen aushielt, ignorierte und sich nur noch darauf besann, Sängerin werden zu wollen. Auch hierzu bedurfte es nicht nur eines Übermaßes an Verdrusses über die Ist-Situation, sondern der eigenen Erfahrung und Bestätigung, das was man eigentlich will, auch wirklich zu können - und darauf zu vertrauen.

Sie beginnt ein Singer-Songwriter Leben, das aus ersten Auftritten auf Festivals besteht, auf denen sie Lieder von anderen singt, die ihr etwas bedeuten. Sie übernachtet im eigenen Auto und zeltet. Sie lernt "rock bottom" kennen. Irgendwann zeigt sie anderen zum ersten Mal eigene Texte. komponiert eigene Melodien usw. Präsentiert eigene Songs, die Anklang finden. Sie lernt einen Produzenten kennen usw. Sie arbeitet sich die Erfolgstreppe langsam hoch. Geschichten, wie man sie zuhauf auf Peter Urbans Podcast "Urban Pop" hören kann.

In der Zeit lebt sie als angestellte Pflegerin für Sterbende, und zwar die eher wohlhabenderen. Was bedeutet, dass sie nicht in Heimen arbeitet sondern Zimmer in den Häusern der Patienten bezieht und sich ihnen widmet. Die Patienten schauen auf interessante, gefüllte Leben zurück. Haben sich etwas aufgebaut, Haben im Beruf Einsatz gezeigt, an sich gearbeitet, geheiratet, Familien gegründet - und vor allem, immer lange gearbeitet. Und darüber die eigene Familie, eigene Freunde, eigene Freuden vernachlässigt. Darüber ging die eigene innere Stimme verschütt. Das eigene Beziehungsnetzwerk bestand irgendwann nur noch aus Geschäftspartnern. Und dann plötzlich der Ausstieg und Ruhestand.

Und die Erkenntnis, sich im eigenen Leben gar nicht gut auszukennen. Viel Anerkennung, aber eher aus der Distanz. Die innere Stimme kehrt zurück und fragt: Wer bist Du? Und wer weiß davon?

Und dann dämmert es: Ich habe viel zu einseitig gelebt. Aber warum? Die vordergründige Begründung: Ich wollte meine Familie absichern. Dann: für die Kinder etwas aufbauen, was ich ihnen später mitgeben kann. Damit sie den Rücken frei haben, zu studieren, was und wo sie wollen. Die hintergründige Motivation: Weil ich es "ihnen" (dem strengen, misstrauischen Vater, den Klassenkameraden, die nichs von mir wissen wollten, dem Jugendschwarm, der mich verschmähte, den Nachbarn usw.) zeigen wollte. Je mehr sie mich ignorierten, desto mehr habe ich reingehauen.

Das alles gepaart, und das ist eine wichtige Randbedingung für die Botschaft, die dieses Buch erzählt, mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten. Intelligenz, Tatkraft. Ressourcen, die wirksam werden wollen und sich nicht nach unten anpassen wollen.

Das alles bricht sich Bahn, man baut auf, sammelt an. Aber unbemerkt häufen sich auch Schulden an. Man entzieht sich, man schweigt, man vereinsamt. 

Und dann, während man das im Ruhestand allmählich erkennt, schwinden die eigenen Fähigkeiten, Versäumtes nachzuholen. Direkt nach dem Übergang rollt man noch und hat viel Energie, die "Bucket List" zu komplettieren. Man hat Geld, man kann sich auf dem Globus bewegen, man ist auf Ballhöhe. Aber dann schwinden plötzlich nach und nach die körperlichen Fähigkeiten. Und während einem unwohl darüber wird ist man unbewusst für das was noch geht. Wie gut es einem gestern doch noch ging, weiß man erst, wenn der nächste Schritt nach unten kommt. ("Ok, gestern war schon schlecht. Aber das hier ist ja noch schlechter...!")

Und die Patienten bekamen irgendwann die Diagnose über den nahenden Tod. Es gibt Leute, denen es tatsächlich erst jenseits der 80 klar wird, selbst auch sterblich zu sein. Aber die meisten lernen es schon vorher.

Und dann kommen die inneren Konflikte hoch. Dann wird plötzlich klar, was einem wirklich wichtig gewesen wäre und was man dermaßen versäumt hat, dass es nicht mehr nachzuholen ist. Und da sind fast alle gleich:

  • Ich hätte mich nicht so entziehen sollen. Meine Familie weiß gar nicht, wer ich bin. Ich fühle mich unverstanden. Meine Freunde sterben, meine Frau / Mann ist schon weg oder tot. Bald gibt es niemanden mehr, der weiß wer ich bin. Und denen, die noch da sind, habe ich die Gelegenheit verwehrt, mich kennen zu lernen.
  • Ich hätte meinen Erwartungen und Wünschen folgen sollen, nicht denen der anderen. Oder der Beweisführung gegenüber Leuten, denen ich gar nichts beweisen musste. (Eine unglaubliche Energie, wie ich aus eigenen Gesprächen mit Vorständen und Geschäftsführern weiß. Tag und Nacht gearbeitet um dem Vater zu beweisen, dass man es zum Vorstand bringen kann. Die Frau trennt sich, die Geliebte, das Luxusauto, den Kindern finanziert man später ein Apartment an dem Ort wo sie studieren wollen. Aber all das ersetzt kein erfülltes Leben in Beziehungen.)
  • Ich hätte mir mehr Freude und Glück gönnen sollen. Ich habe es verdient, glücklich zu sein. Nicht erst, wenn ich etwas erreicht habe. 
  • Ich hätte öfter im Hier und Jetzt leben sollen. Wir planen, wir hoffen, wir fürchten die große Sache. Aber der Eindruck, dass andere glücklicher sind und mehr Glück haben, kommt von der eigenen Unfähigkeit, das Schöne im Hier und Jetzt zu sehen. Es scheint einfacher, sich Ärger als Glück von der Seele zu schreiben. Aber was die Poeten sehen, sehen sie nur, weil sie sich selbst ins Hier und Jetzt rufen.
  • Sage allen, die dir wichtig sind, was sie dir bedeuten. Viele Schuld- und Versäumnisgefühle kommen daher, nie ausgesprochen zu haben, was man für jemanden empfindet. 
Den letzten Punkt erkannte ich, als ein mir nahestehender Onkel verstarb. Wir hatten uns oft und sehr offen ausgetauscht. Wir wussten voneinander, was und wie wir denken. Er hatte mir als Kind einen Elektrobaukasten geschenkt. Der hatte mich so interessiert, dass ich mit 10 Jahren quasi schon wusste, was ich beruflich einmal machen will. Ich habe ihm das auch gesagt. Man entlang des Weges viele Leute, ohne die man nicht seine Richtung eingeschlagen hätte. Ohne die man nicht auf den nächsten höheren Ast gesprungen wäre. Die Grundschullehrerin, der Onkel, der Doktorand am Lehrstuhl mit dem Kontakt zum späteren ersten Arbeitgeber, Chefs, die einem vertrauten, denen man lieferte, und die einen  hochstiften.

Aber auch die Frau, die man nur scheinbar zufällig kennen lernte, die man zum zweiten mal traf, der Urknall, die Expansion ins Universum, die Gravitation, aber auch emotionalen Kreditlinien die das Beraterleben einfordert und die man irgendwann zurückzahlt. Die alten Schulfreunde aus der Oberstufe. Irgendwann komplett getrennt, dann wiedergefunden ("Dein Haaransatz war auch schon mal niedriger.." )

Und dann die Familie, aus der man kommt. Wer schuldet wem was? Ich kenne bisher nur Geschichten von anderen über Erbstreitereien. Zwischen Geschwistern ist es am schlimmsten. Rechnungen, die bis ins Kinderzimmer zurückreichen. 

Bronnie Ware erzählt davon, wie sie stets schnell das Vertrauen ihrer Patienten errang, indem sie auch selbst aus ihrem Leben erzählte. Den einen oder anderen bringt sie dazu, sich mit dem eigenen Sohn auszusprechen. Damit dieser Frieden mit seinen Schuldgefühlen macht. So dass Frieden zu seinen Geschwistern entstehen kann. Ganz harte Kämpfe mit sich selbst und Überwindungen. Aber dann auch große Erlösung unter Tränen. Auf den letzten Metern über den eigenen Schatten gesprungen und so dankbar, diesen Konflikt losgeworden zu sein, bevor man geht. 


Ich machte Frieden mit meinen Eltern (in dem Sinne, dass ich keine Erwartungen mehr an sie richtete und auch keine alten Klagen mehr führte), indem ich erkannte, dass auch sie Menschen sind. Und auch schon waren, als wir Kinder waren. Auch sie hatten ihr Leben und wollten leben. Um uns Kinder drehte sich das meiste, aber wenn es sich einmal nicht um uns drehte, oder wir nicht bekamen was andere von ihren Eltern bekamen, stellten wir einen Schuldschein aus. Und die verglichen wir dann miteinander. Wenn das bis ans Ende so gehen würde, wäre auch hier der Kampf ums Erbe vorprogrammiert. Es geht dabei gar nicht darum, etwas zu bekommen. Sondern peinlichst darauf zu achten, nicht -vermeintlich schon wieder- benachteiligt zu werden. Im Freundeskreis meiner Mutter kursierte der Spruch: "Erbt ihr schon, oder sprecht ihr noch miteinander?" Der Schlüssel zur Lösung liegt hier nicht in einer Due Diligance der Hinterlassenschaft. Sondern darum, auszusprechen was ist. Tilgungsbescheide für alte Schuldscheine auszustellen.

Es ist übrigens einfacher, das alles anderen zu empfehlen, als es selbst zu tun ;-). Vieles habe ich schon in Angriff genommen oder gar erledigt. Aber alles noch nicht. Ich wünsche jedem, dass er es hinkriegt. Dieses Buch kann dabei helfen.

Freitag, 27. Juni 2025

Drei Bahnfahrten, drei lange Verspätungen

An den letzten drei Tagen, an denen ich mit dem ICE zur Arbeit gependelt bin, und ich pendle jetzt wieder öfter, hatte ich Verspätungen von mehr als einer Stunde. Normalerweise dauert die Fahrt 50 Minuten.

  • Am Don., 19. Juni, warf sich zwischen Stendal (an der Elbe, nördlich von Magdeburg) und Gardelegen (zwischen Wolfsburg und Stendal) morgens ein Lebensmüder vor unseren Zug. Wir strandeten in Stendal. Der Navigator zeigte nacheinander mehrere Ausweichrouten. Am Ende arbeiteten die "Tatortreiniger" doch so schnell, dass es nach anderthalb Stunden mit dem gleichen Zug weiter ging.
  • Am Mi., 25. Juni, warf sich morgens etwa zur gleichen Zeit wieder ein Selbstmörder vor unseren Zug. Der Halt in Wolfsburg fielt aus, wir mussten in Braunschweig umsteigen. Und rennen. Zum Umstieg blieben nur 5 Minuten. Aber die Bahn macht es noch spannender. Am angesagten Bahnsteig 4b stand oben "Bitte nicht einsteigen!" und über Lautsprecher kam die Ansage, unser RE würde an Gleis 2 abfahren. Lautes Fluchen auf den Treppen "Diese Ar****löcher!". Der RE war brechend voll, 
  • Am Don. 26. Juni zogen Orkanböen mit Starkregen durch Nordostdeutschland. Ein Baum fiel vor einen ICE auf unserer Strecke und beide gemeinsam holten die Oberleitung runter. Wir Pendler waren vorgewarnt gewesen und hatten unseren Workshop früher beendet (bei Sonnenschein sahen wir durchs Fenster dunkle Wolken und einen Blitz. Schnell packten wir ein, um zur Bushaltestelle zu kommen. Als wir unten auf der Straße waren regnete es schon. Als wir im Bus waren kam ein Starkregen herunter, wie ich ihn selten erlebt habe. Am Hauptbahnhof hatte der Kollege Glück, sein RE fuhr pünktlich ab. Ich hatte das Pech mit dem Baum. Nach drei Stunden hatte die Bahn einen Plan: Sie sagte alle gestrandeten ICEs Richtung Berlin ab, bis auf einen. In den quetschten wir uns alle rein und fuhren mit Umweg über Braunschweig und Magdeburg nach Berlin. Um 23:30h kam ich an.
Für keine der genannten äußeren Ursachen war die Bahn verantwortlich. In manchen Fällen reagiert sie auch so schnell, wie es eben geht. Aber bei Großstörungen braucht sie doch lange, bis sie weiß, weiß sie tun kann und will. Vor allem aber gibt es doch wenig Ausweichrouten bzw. Gleise. Bei einem Oberleitungsschaden würden ja schon elektrifizierte Nebengleise helfen. Gibt es aber alles nicht mehr, soll durch die geplanten Großsanierungen ja teilweise wieder hergestellt werden. 

Was ich nach 25 Jahren als ICE Fernfahrer aber sagen kann: Die Schwächen der Bahn haben sich gewandelt. 
  • Vor 15 Jahren waren die Züge selbst das Problem. Liegenbleiber, defekte oder zu schwach ausgelegte Klimaanlagen und Toiletten.
  • Vor 10 Jahren fing es an mit defekten Signalen und Stellwerken.
  • Inzwischen sind es die Gleise. Sie verschleißen unter den immer schnelleren ICEs und es gibt von ihnen grundsätzlich zu wenig.

Montag, 23. Juni 2025

Merkel und Steinmeier legten Grundstein für Ukraine- und Iran-Krise

Zweimal haben Merkel und Steinmeier (als Außenminister) versagt:
  • Beim "Minsker Abkommen" 2015 über Frieden in der Ostukraine.
  • Bei der "Wiener Nuklearvereinbarung" ebenfalls 2015 mit dem Iran.
Beide Abkommen funktionierten nicht. Minsk 1 und 2 berücksichtigten die Interessen der Beteiligten nicht ausreichend. Wien war am Ende nicht so durchführbar wie gemeint. (Wien wurde übrigens von einer gewissen Helga Schmid verhandelt.)

Wenn Parteien unaufrichtig verhandeln und bei der Unterschrift schon einen Plan haben, den Vertrag zu brechen, kann man als Unterhändler nichts machen. Man verhandelt in der Annahme, dass beide Seiten schon wollen, sofern ihre Interessen in einem gesunden Kompromiss berücksichtigt sind.

Man kann Maklern wie Merkel und Steinmeier aber einen Vorwurf machen, wenn sie von ihrer Friedensmission zu beseelt sind, um die Realitäten zu sehen. Dieser Multilateralismus ging immer davon aus, dass alle Parteien öffentlich als Gutmenschen wahrgenommen werden wollen und sieh dem Du-Du-Du der Mutti beugen wenn sie mal über die Stränge schlagen. Vor allem aber verließen sich alle auf den großen Bruder und verscherzten es sich mit ihm, während sie sich einen schlanken Fuß machten und als Friedensstifter posierten.

Wir erleben mit beiden Kriegen jetzt, wie hart der Boomerung zurück kommt, wenn man rein ideologisch vorgeht. Dann sind es ausgerechnet diejenigen, die soviel Theater um "Multilateralismus" machen, die am Ende keine gute Diplomatie hinbekommen.

Die Kombination aus Russland- und Iran-Krise, mit der losen Achse Russland-Iran in der Mitte, ist kritisch. Außerdem sind inzwischen zu große Großmächteinteressen im Spiel, die immer schwieriger zu verhandeln sind.

Putin will die USA von Europa trennen. Putin will Russland und China trennen. Die Westeuropäer interessiert der Krieg in der Ukraine nicht so sehr wie das Baltikum. Und Europa interessiert offenbar nicht, wer zwischen USA und China als Gewinner vom Platz gehen wird. Nur Russland soll es nicht werden.

Das Ding liegt mir flau im Magen..Merz ist besser als Merkel. Aber Wadephul ist genauso so ein Ausfall wie Steinmeier und Baerbock.