Freitag, 2. Januar 2009
A new line on the horizon
Frohes neues Jahr allerseits! Der Jahreswechsel im Himmel über Berlin war das reinste Inferno. Als der Sekundenzeiger über die Zwölf strich, ergoss sich ein gigantischer Strauss an Feuerwerk. Von Geiz und Sparsamkeit keine Spur. Die Leute igonieren Gott sei Dank die Weltuntergangsprophezeiungen der nacheilenden Propheten aus der BWL und VWL Zunft. Wäre wohl noch schöner, sich nach sieben Jahren geschürter Terrorangst nun weiteren sieben Jahren geschürter Wohlstandsangst auszuliefern.
Im Gegenteil: Es ist Zeit, die Stiefel anzuziehen. Vor einem Jahr startete der DAX mit einem Einbruch, der ein dunkles Omen für das gesamte Jahr war. Heute sind die Börsen mit sattem Plus ins neue Jahr gestartet.
Es zahlt sich manchmal aus, nach intensivem Beobachten und Nachdenken einfach nichts zu tun. Drin zu bleiben, wenn man schon drin ist. Auf keinen Fall der operativen Panik und Hektik zu verfallen. An der Börse wird immer das gleiche Spiel gespielt: Mach sie glauben, dass diesmal alles anders ist. Und im Moment der tiefsten Verzweiflung, wenn alle (nacheilenden) Propheten die steil abfallenden Trendkurven für die nächsten fünf Jahre festschreiben wollen, ist der Tiefpunkt in Wahrheit schon erreicht.
Die Automobilindustrie hingegen weiß im Moment überhaupt nicht mehr, warum es ihr schlecht geht: Im Sommer waren es die Benzinpreise. Die sind inzwischen dramatisch gefallen und jetzt kaufen die Leute weder die alten SUVs noch die neuen Hybridautos. Was wollen die Leute? Antworten liefern die Leserbriefe in der ADAC-Motorwelt zu einem Lobgesang auf die einmaligen Gelegenheiten beim Autokauf:
- Die unkalkulierbaren Umweltzonen in der EU, die sogar zwei Jahre alte Diesel mit Fahrverboten belegen, wenn sie nicht nachrüstbar sind.
- Die hohen Anschaffungskosten. Es mangelt an abgerüsteten, preiswerten Basisversionen im Kleinwagen- und Mittelklassebereich.
- Es mangelt an aufregenden Designs, an erschwinglichen Autos, die "man haben will".
- Die alten Autos funktionieren noch.
Das sind allesamt Marktlücken, also Chancen! Man hätte meinen können, auch für neue Anbieter. Aber genau denen geht gerade die Luft aus. Der norwegische Elektroautoanbieter Think! beispielsweise steht kurz vor der Pleite. Und dem Staat sind 200 Arbeitsplätze zu wenig, um mit Krediten oder Subventionen auszuhelfen. Auch Tesla Motors kämpft derzeit hart. Das israelische Better Place- Projekt scheint dagegen besser gebettet - weil es mit Renault und Nissan etablierte Partner im Boot hat.
Immerhin lässt sich die Automobilindustrie nicht von massiven Entwicklungsinvestitionen abhalten. Hybrid- und Elektroprojekte galten bis vor kurzem sogar als sakrosankt. Dann aber entspannte die EU die CO2-Roadmap etwas und es entsteht Luft, auch solche Projekte zu schieben - wenn man will, oder muss.
Es kann aber eigentlich keine Strategie sein, auf einen Käuferstreik mit einem Entwicklungsstop zu reagieren.
Gerade in Deutschland wird das Thema Hybridantriebe sehr spannend. Denn über Continental liest man von finanziellen Problemen durch die Schaeffler-Übernahme. Und von Bosch liest man allen Ernstes, die Elektroeuphorie sei übertrieben. Soo schlecht kann es der Branche also gar nicht gehen, wenn man sich solchen Luxus leistet...
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